Urteil des EuGH vom 03.03.2005

EuGH: grundsatz der gleichbehandlung, verordnung, verbundenes unternehmen, umsetzung des gemeinschaftsrechts, verfälschen, wasser, energie, abgabe, einfluss, befragung

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Zweite Kammer)
3. März 200
„Öffentliche Aufträge – Bauleistungen, Lieferungen und Dienstleistungen – Bereiche Wasser-, Energie- und
Verkehrsversorgung sowie Telekommunikationssektor – Ausschluss jener von der Teilnahme an einem
Verfahren oder von der Angebotsabgabe, die zur Entwicklung der betroffenen Bauleistungen, Lieferungen
oder Dienstleistungen beigetragen haben“
In den verbundenen Rechtssachen C‑21/03 und C-34/03
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Conseil d'État (Belgien)
mit Entscheidungen vom 27. Dezember 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 29. und 22. Januar 2003, in
den Verfahren
Fabricom SA
gegen
Belgischer Staat
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans (Berichterstatter), der Richter C. Gulmann
und J.‑P. Puissochet, der Richterin N. Colneric und des Richters J. N. Cunha Rodrigues,
Generalanwalt: P. Léger,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
der Fabricom SA, vertreten durch J. Vanden Eynde und J.‑M. Wolter, avocats,
der österreichischen Regierung, vertreten durch M. Fruhmann als Bevollmächtigten,
der finnischen Regierung, vertreten durch T. Pynnä als Bevollmächtigte,
der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch K. Wiedner und B. Stromsky als
Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. November 2004,
folgendes
Urteil
1
Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni
1992 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209,
S. 1) in der Fassung der Richtlinie 97/52/EG des Europaïschen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober
1997 (ABl. L 328, S. 1) (im Folgenden: Richtlinie 92/50), insbesondere ihres Artikels 3 Absatz 2, der Richtlinie
93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher
Lieferaufträge (ABl. L 199, S. 1) in der Fassung der Richtlinie 97/52 (im Folgenden: Richtlinie 93/36),
insbesondere ihres Artikels 5 Absatz 7, der Richtlinie 93/37/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur
Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge (ABl. L 199, S. 54) in der Fassung der
Richtlinie 97/52 (im Folgenden: Richtlinie 93/37), insbesondere ihres Artikels 6 Absatz 6, und der Richtlinie
93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch Auftraggeber im
Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. L 199,
S. 84) in der Fassung der Richtlinie 98/4/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar
1998 (ABl. L 101, S. 1) (im Folgenden: Richtlinie 93/38), insbesondere ihres Artikels 4 Absatz 2, in Verbindung
mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, der Handels- und Gewerbefreiheit und dem Eigentumsrecht.
Diese Ersuchen betreffen außerdem die Auslegung der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember
1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der
Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. L 395, S. 33),
insbesondere ihrer Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a und 5, und der Richtlinie 92/13/EWG des Rates vom 25.
Februar 1992 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der
Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der Wasser‑, Energie‑
und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor (ABl. L 76, S. 14), insbesondere ihrer Artikel 1
und 2.
2
Diese Ersuchen ergehen in Rechtsstreitigkeiten zwischen der Fabricom SA (im Folgenden: Fabricom) und
dem Belgischen Staat wegen der Rechtmäßigkeit nationaler Vorschriften, die unter bestimmten
Voraussetzungen ausschließen, dass eine Person, die mit vorbereitenden Arbeiten im Rahmen eines
öffentlichen Auftrags betraut war, oder ein mit dieser verbundenes Unternehmen an diesem Auftrag
teilnimmt.
Rechtlicher Rahmen
3
Artikel VI Absatz 4 des Übereinkommens über das öffentliche Beschaffungswesen, das dem Beschluss
94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der
multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986–1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in
Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. L 336, S. 1, im Folgenden: Übereinkommen
über das öffentliche Beschaffungswesen) beigefügt ist, sieht vor:
„Die Auftraggeber dürfen nicht in einer Weise, die eine Ausschaltung des Wettbewerbs bewirken würde, Rat
einholen oder entgegennehmen, der bei der Vorbereitung der Spezifikation für einen bestimmten Auftrag
von einer Firma verwendet werden kann, die möglicherweise ein kommerzielles Interesse an dem Auftrag
hat.“
4
Artikel 3 Absatz 2 der Richtlinie 92/50 lautet:
„Die Auftraggeber sorgen dafür, dass keine Diskriminierung von Dienstleistungserbringern stattfindet.“
5
Artikel 5 Absatz 7 der Richtlinie 93/36 sieht vor:
„Die öffentlichen Auftraggeber tragen dafür Sorge, dass nicht zwischen den verschiedenen Lieferanten
diskriminiert wird.“
6
Artikel 6 Absatz 6 der Richtlinie 93/37 bestimmt:
„Die öffentlichen Auftraggeber tragen dafür Sorge, dass nicht zwischen den verschiedenen Unternehmen
diskriminiert wird.“
7
Artikel 4 Absatz 2 der Richtlinie 93/38 lautet:
„Die Auftraggeber sorgen dafür, dass keine Diskriminierung von Lieferanten, Unternehmen oder
Dienstleistungserbringern stattfindet.“
8
Die zehnte Begründungserwägung der Richtlinie 97/52, deren Wortlaut im Wesentlichen der dreizehnten
Begründungserwägung der Richtlinie 98/4 entspricht, lautet:
„Auftraggeber können einen Rat einholen bzw. entgegennehmen, der bei der Erstellung der Spezifikationen
für einen bestimmten Auftrag verwendet werden kann, vorausgesetzt, dass dieser Rat nicht den Wettbewerb
ausschaltet.“
9
Artikel 2 der Richtlinie 89/665 sieht vor:
„(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass für die in Artikel 1 genannten Nachprüfungsverfahren die
erforderlichen Befugnisse vorgesehen werden,
a)
damit so schnell wie möglich im Wege der einstweiligen Verfügung vorläufige Maßnahmen ergriffen
werden können, um den behaupteten Rechtsverstoß zu beseitigen oder weitere Schädigungen der
betroffenen Interessen zu verhindern; dazu gehören Maßnahmen, um das Verfahren zur Vergabe
eines öffentlichen Auftrags auszusetzen oder die Aussetzung zu veranlassen oder Maßnahmen der
Durchführung jeder sonstigen Entscheidung der öffentlichen Auftraggeber;
…“
10
Artikel 1 der Richtlinie 92/13 bestimmt:
„(1) Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass Entscheidungen
von Auftraggebern wirksam und vor allem möglichst rasch nach Maßgabe der nachstehenden Artikel,
insbesondere des Artikels 2 Absatz 8, auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich der
Auftragsvergabe oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, hinsichtlich
a)
der in den Anwendungsbereich der Richtlinie 90/531/EWG
fallenden Auftragsvergabeverfahren und
b)
der Beachtung von Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe a) derselben Richtlinie im Falle der Auftraggeber, auf
die die besagte Bestimmung Anwendung findet,
nachgeprüft werden können.
(2) Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass die in dieser Richtlinie getroffene Unterscheidung zwischen
einzelstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung des Gemeinschaftsrechts und sonstigen innerstaatlichen
Bestimmungen nicht zu Diskriminierungen zwischen Unternehmen führt, die im Rahmen eines
Auftragsvergabeverfahrens einen Schaden geltend machen könnten.
(3) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass das Nachprüfungsverfahren entsprechend den gegebenenfalls
von den Mitgliedstaaten festzulegenden Bedingungen zumindest jedem zur Verfügung steht, der ein
Interesse an einem bestimmten Auftrag hat oder hatte und dem durch einen behaupteten Rechtsverstoß
ein Schaden entstanden ist bzw. zu entstehen droht. Die Mitgliedstaaten können insbesondere verlangen,
dass derjenige, der ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten beabsichtigt, den Auftraggeber zuvor von dem
behaupteten Rechtsverstoß und von der beabsichtigten Nachprüfung unterrichten muss.“
11
Artikel 2 der Richtlinie 92/13 bestimmt:
„(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass für die in Artikel 1 genannten Nachprüfungsverfahren die
erforderlichen Befugnisse vorgesehen werden, damit
entweder
a)
so schnell wie möglich im Wege der einstweiligen Verfügung vorläufige Maßnahmen ergriffen werden
können, um den behaupteten Rechtsverstoß zu beseitigen oder weitere Schädigungen der
betroffenen Interessen zu verhindern; dazu gehören Maßnahmen, um das Auftragsvergabeverfahren
oder die Durchführung jeder Entscheidung der öffentlichen Auftraggeber auszusetzen oder die
Aussetzung zu veranlassen;
b)
die Aufhebung rechtswidriger Entscheidungen, einschließlich der Streichung diskriminierender
technischer, wirtschaftlicher oder finanzieller Spezifikationen in der Vergabebekanntmachung, in der
regelmäßigen Bekanntmachung, in der Bekanntmachung eines Qualifikationssystems, in der
Aufforderung zur Angebotsabgabe, in den Verdingungsunterlagen oder in jedem sonstigen sich auf
das betreffende Vergabeverfahren beziehenden Dokument vorgenommen oder veranlasst werden
kann;
oder
c)
so schnell wie möglich – möglichst im Wege der einstweiligen Verfügung oder falls erforderlich im
endgültigen Verfahren zur Sache – andere als die unter den Buchstaben a) und b) vorgesehenen
Maßnahmen ergriffen werden können, um den festgestellten Rechtsverstoß zu beseitigen und
Schädigungen der betroffenen Interessen zu verhindern, insbesondere damit eine Aufforderung zur
Zahlung eines Geldbetrags in bestimmter Höhe für den Fall ergehen kann, dass der Rechtsverstoß
nicht beseitigt oder verhindert wird.
Die Mitgliedstaaten können diese Wahl entweder für alle Auftraggeber oder anhand von objektiven Kriterien
für bestimmte Kategorien von Auftraggebern treffen, wobei in jedem Fall die Wirksamkeit der
Maßnahmen zur Verhinderung einer Schädigung der betreffenden Interessen gewahrt bleiben muss;
…“
12
Artikel 32 der Königlichen Verordnung vom 25. März 1999 zur Änderung der Königlichen Verordnung vom 8.
Januar 1996 über öffentliche Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge sowie öffentliche Baukonzessionen
( vom 9. April 1999, S. 11690, im Folgenden: Königliche Verordnung vom 25. März 1999 zur
Änderung der Königlichen Verordnung vom 8. Januar 1996) sieht vor:
„…
§ 1. Eine Person, die mit Forschungs‑, Erprobungs‑, Planungs‑ oder Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen,
Lieferungen oder Dienstleistungen betraut war, ist nicht zur Einreichung eines Teilnahmeantrags oder eines
Angebots für diesen öffentlichen Bau‑, Liefer‑ oder Dienstleistungsauftrag zugelassen.
§ 2. Ein Unternehmen, das mit einer der in § 1 genannten Personen verbunden ist, ist nicht zur Einreichung
eines Teilnahmeantrags oder eines Angebots zugelassen, es sei denn, dass es nachweist, dass es hieraus
keine ungerechtfertigten Vorteile zieht, die den normalen Wettbewerb verfälschen könnten. ‚Verbundenes
Unternehmen‘ im Sinne dieser Vorschrift ist jedes Unternehmen, auf das eine Person gemäß § 1 direkt oder
indirekt einen beherrschenden Einfluss ausüben kann, oder jedes Unternehmen, das auf diese Person
einen beherrschenden Einfluss ausüben kann oder das ebenso wie diese aufgrund der
Eigentumsverhältnisse, finanzieller Beteiligung oder der insoweit geltenden Vorschriften unter dem
beherrschenden Einfluss eines weiteren Unternehmens steht. Ein beherrschender Einfluss wird vermutet,
wenn ein Unternehmen direkt oder indirekt
1. die Mehrheit des gezeichneten Kapitals eines anderen Unternehmens besitzt oder
2. über die Mehrheit der Stimmen verfügt, die mit den von einem anderen Unternehmen ausgegebenen
Beteiligungen verknüpft sind, oder
3. mehr als die Hälfte der Mitglieder der Verwaltungs-, Geschäftsleitungs- oder Überwachungsorgane
eines anderen Unternehmens bestimmen kann.
Vor dem möglichen Ausschluss eines Unternehmens wegen eines zu dessen Gunsten vermuteten
ungerechtfertigten Vorteils muss der öffentliche Auftraggeber dieses Unternehmen durch eingeschriebenen
Brief auffordern, innerhalb einer Frist von zwölf Kalendertagen, wenn nicht die besonderen Umstände des
Einzelfalls eine längere Frist erfordern, Angaben über seine Verbindungen, seinen Grad an Eigenständigkeit
und sonstige Umstände vorzutragen, die es erlauben, festzustellen, dass ein beherrschender Einfluss nicht
besteht oder keine Auswirkungen auf den betreffenden Auftrag hat.
§ 3. Die §§ 1 und 2 sind nicht anwendbar:
1. auf öffentliche Aufträge, die sowohl die Erstellung eines Projekts als auch seine Durchführung
betreffen;
2. auf öffentliche Aufträge, die im Verhandlungsverfahren ohne Veröffentlichung außerhalb des
Verfahrens gemäß Artikel 17 § 2 des Gesetzes vergeben werden.“
13
Artikel 26 der Königlichen Verordnung vom 25. März 1999 zur Änderung der Königlichen Verordnung vom 10.
Januar 1996 über öffentliche Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Bereich der Wasser-, Energie- und
Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor ( vom 28. April 1999, S. 14144, im
Folgenden: Königliche Verordnung vom 25. März 1999 zur Änderung der Königlichen Verordnung vom 10.
Januar 1996) entspricht in seinem Wortlaut im Wesentlichen Artikel 32 der Königlichen Verordnung vom 25.
März 1999 zur Änderung der Königlichen Verordnung vom 8. Januar 1996.
Ausgangsrechtsstreite und Vorlagefragen
14
Fabricom ist ein Bauunternehmen, das regelmäßig Angebote für öffentliche Aufträge, insbesondere im
Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor, abgibt.
15
Mit am 25. Juni 1999 beim Conseil d’État eingereichter Klageschrift beantragte Fabricom, Artikel 26 der
Königlichen Verordnung vom 25. März 1999 zur Änderung der Königlichen Verordnung vom 10. Januar 1996
aufzuheben.
16
Sie macht geltend, dass diese Bestimmung gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bieter, den
Grundsatz der wirksamen gerichtlichen Nachprüfung, wie sie von der Richtlinie 92/13 garantiert werde, und
den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie gegen die Handels‑ und Gewerbefreiheit und gegen das
Eigentumsrecht verstoße, wie es in Artikel 1 des Zusatzprotokolls zu der am 4. November 1950 in Rom
unterzeichneten Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vorgesehen sei.
17
Der Belgische Staat tritt den Klagegründen von Fabricom entgegen.
18
Hinsichtlich Artikel 26 der Königlichen Verordnung vom 25. März 1999 zur Änderung der Königlichen
Verordnung vom 10. Januar 1996 weist der Conseil d’État darauf hin, dass diese Bestimmung nach dem
Wortlaut der Präambel der Königlichen Verordnung vom 25. März 1999 und dem ihr vorangehenden Bericht
an den König verhindern solle, dass eine Person, die sich um einen öffentlichen Auftrag bewerbe, einen dem
freien Wettbewerb widersprechenden Vorteil aus Forschungs‑, Erprobungs‑, Planungs‑ oder
Entwicklungsarbeiten für sich hierauf beziehende Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen ziehen
könne.
19
Nach Auffassung des Conseil d’État steht diese Bestimmung allgemein und ohne Unterschied der
Beteiligung einer Person an einem Auftrag entgegen, die mit derartigen Forschungs‑, Erprobungs‑,
Planungs‑ oder Entwicklungsarbeiten betraut gewesen sei, oder der Abgabe eines Angebots durch eine
solche Person sowie des Weiteren auch der Beteiligung oder der Angebotsabgabe durch ein Unternehmen,
das als mit dieser Person verbunden gelte. Die Bestimmung gebe außerdem dieser Person – anders als dem
verbundenen Unternehmen – keine Möglichkeit, zu beweisen, dass sie nach den Umständen des Einzelfalls
keinen Vorteil aus einer dieser Tätigkeiten habe ziehen können, der die Gleichheit der Bieter
beeinträchtigen könnte. Für den Auftraggeber sehe sie nicht ausdrücklich die Verpflichtung vor, sich binnen
einer bestimmten Frist zu den Angaben zu äußern, die das verbundene Unternehmen mache, um zu
beweisen, dass ein beherrschender Einfluss nicht bestehe oder keine Auswirkungen auf den betreffenden
Auftrag habe.
20
Der Conseil d’État ist der Auffassung, dass die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits die
Auslegung bestimmter Vorschriften der Vergaberichtlinien erfordert, und hat deshalb beschlossen, das
Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1.
Stehen die Richtlinie 93/38, insbesondere ihr Artikel 4 Absatz 2, und die Richtlinie 98/4 in Verbindung
mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der Handels- und Gewerbefreiheit, der Achtung des
Eigentums, die insbesondere durch das Zusatzprotokoll vom 20. März 1952 zur Konvention zum
Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten garantiert wird, dem entgegen, dass eine Person,
die mit Forschungs‑, Erprobungs‑, Planungs‑ oder Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen,
Lieferungen oder Dienstleistungen betraut war, nicht zur Einreichung eines Teilnahmeantrags oder
eines Angebots für einen öffentlichen Bau‑, Liefer‑ oder Dienstleistungsauftrag zugelassen ist, ohne
dass ihr die Möglichkeit gegeben wird, zu beweisen, dass nach den Umständen des Einzelfalls die von
ihr erworbene Erfahrung den Wettbewerb nicht hat verfälschen können?
2.
Lautet die Antwort auf die vorstehende Frage anders, wenn die genannten Richtlinien in Verbindung
mit diesem Grundsatz, dieser Freiheit und diesem Recht so ausgelegt werden, dass sie sich nur auf
private Unternehmen oder auf Unternehmen beziehen, die entgeltliche Leistungen erbracht haben?
3.
Kann die Richtlinie 92/13, insbesondere ihre Artikel 1 und 2, so ausgelegt werden, dass der öffentliche
Auftraggeber ein Unternehmen, das mit einer Person verbunden ist, die im Rahmen der Vorbereitung
der Ausschreibung mit Forschungs‑, Erprobungs‑, Planungs‑ oder Entwicklungsarbeiten für
Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen betraut war, bis zum Ende des Verfahrens der
Prüfung der Angebote von der Teilnahme an dem Verfahren oder von der Abgabe eines Angebots
ausschließen kann, obwohl dieses Unternehmen auf Befragung durch den öffentlichen Auftraggeber
versichert, dass ihm hieraus kein ungerechtfertigter Vorteil erwachse, der geeignet wäre, den
normalen Wettbewerb zu verfälschen?
21
Mit am 8. Juni 1999 beim Conseil d’État eingereichter Klageschrift beantragt Fabricom, Artikel 32 der
Königlichen Verordnung vom 25. März 1999 zur Änderung der Königlichen Verordnung vom 8. Januar 1996
aufzuheben.
22
Die Klagegründe von Fabricom sind im Wesentlichen die gleichen wie in der Rechtssache C‑21/03. Die
Ausführungen des Conseil d’État zu Artikel 32 entsprechen denen in der Rechtssache C‑21/03 zu Artikel 26
der Königlichen Verordnung vom 25. März 1999 zur Änderung der Königlichen Verordnung vom 10. Januar
1996.
23
Der Conseil d’État hat daher beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen
zur Vorabentscheidung vorzulegen:
1.
Stehen die Richtlinie 92/50, insbesondere ihr Artikel 3 Absatz 2, die Richtlinie 93/36, insbesondere ihr
Artikel 5 Absatz 7, die Richtlinie 93/37, insbesondere ihr Artikel 6 Absatz 6, und die Richtlinie 97/52,
insbesondere ihre Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b und 3 Absatz 1 Buchstabe b, in Verbindung mit dem
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der Handels- und Gewerbefreiheit, der Achtung des Eigentums, die
insbesondere durch das Zusatzprotokoll vom 20. März 1952 zur Konvention zum Schutze der
Menschenrechte und Grundfreiheiten garantiert wird, dem entgegen, dass eine Person, die mit
Forschungs‑, Erprobungs‑, Planungs‑ oder Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen, Lieferungen oder
Dienstleistungen betraut war, nicht zur Einreichung eines Teilnahmeantrags oder eines Angebots für
einen öffentlichen Bau‑, Liefer‑ oder Dienstleistungsauftrag zugelassen ist, ohne dass ihr die
Möglichkeit gegeben wird, zu beweisen, dass nach den Umständen des Einzelfalls die von ihr
erworbene Erfahrung den Wettbewerb nicht hat verfälschen können?
2.
Lautet die Antwort auf die vorstehende Frage anders, wenn die genannten Richtlinien in Verbindung
mit diesem Grundsatz, dieser Freiheit und diesem Recht so ausgelegt werden, dass sie sich nur auf
private Unternehmen oder auf Unternehmen beziehen, die entgeltliche Leistungen erbracht haben?
3.
Kann die Richtlinie 89/665, insbesondere ihre Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a und 5, so ausgelegt
werden, dass der öffentliche Auftraggeber ein Unternehmen, das mit einer Person verbunden ist, die
im Rahmen der Vorbereitung der Ausschreibung mit Forschungs‑, Erprobungs‑, Planungs‑ oder
Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen betraut war, bis zum Ende
des Verfahrens der Prüfung der Angebote von der Teilnahme an dem Verfahren oder von der Abgabe
eines Angebots ausschließen kann, obwohl dieses Unternehmen auf Befragung durch den
öffentlichen Auftraggeber versichert, dass ihm hieraus kein ungerechtfertigter Vorteil erwachse, der
geeignet wäre, den normalen Wettbewerb zu verfälschen?
24
Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 4. März 2003 sind die Rechtssachen C‑21/03 und
C‑34/03 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung
verbunden worden.
Zu den Vorlagefragen
25
Mit seiner ersten Frage in den Rechtssachen C‑21/03 und C‑34/03 möchte das vorlegende Gericht im
Wesentlichen wissen, ob die von ihm angeführten Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts einer
Bestimmung wie Artikel 26 der Königlichen Verordnung vom 25. März 1999 zur Änderung der Königlichen
Verordnung vom 10. Januar 1996 und Artikel 32 der Königlichen Verordnung vom 25. März 1999 zur Änderung
der Königlichen Verordnung vom 8. Januar 1996 entgegenstehen, nach der eine Person, die mit
Forschungs‑, Erprobungs‑, Planungs‑ oder Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen, Lieferungen oder
Dienstleistungen betraut war, nicht zur Teilnahme an einem öffentlichen Bau‑, Liefer‑ oder
Dienstleistungsauftrag oder zur Abgabe eines Angebots für einen solchen Auftrag zugelassen ist, ohne dass
ihr die Möglichkeit gegeben wird, zu beweisen, dass nach den Umständen des Einzelfalls die von ihr
erworbene Erfahrung den Wettbewerb nicht hat verfälschen können (im Folgenden: im Ausgangsverfahren
streitige Bestimmung).
26
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Pflicht zur Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung dem
Wesen der Richtlinien auf dem Gebiet der öffentlichen Aufträge entspricht, die namentlich die Entwicklung
eines echten Wettbewerbs auf den Gebieten fördern sollen, die in ihren jeweiligen Anwendungsbereich
fallen, und die Zuschlagskriterien aufstellen, die einen solchen Wettbewerb gewährleisten sollen (Urteil vom
17. September 2002 in der Rechtssache C‑513/99, Concordia Bus Finland, Slg. 2002, I‑7213, Randnr. 81 und
zitierte Rechtsprechung).
27
Darüber hinaus verlangt nach ständiger Rechtsprechung der Grundsatz der Gleichbehandlung, dass
vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte nicht gleich behandelt
werden, sofern eine solche Behandlung nicht objektiv gerechtfertigt ist (Urteile vom 14. Dezember 2004 in
den Rechtssachen C‑434/02, Arnold André, Slg. 2004, I‑0000, Randnr. 68 und zitierte Rechtsprechung, sowie
C‑210/03, Swedish Match u. a., Slg. 2004, I‑0000, Randnr. 70 und zitierte Rechtsprechung).
28
Eine Person, die mit Forschungs‑, Erprobungs‑, Planungs‑ oder Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen,
Lieferungen oder Dienstleistungen hinsichtlich eines öffentlichen Auftrags betraut war (im Folgenden:
Person, die bestimmte vorbereitende Arbeiten ausgeführt hat), befindet sich in Bezug auf die Teilnahme am
Verfahren zur Vergabe dieses Auftrags nicht notwendig in der gleichen Situation wie jemand, der keine
derartigen Arbeiten ausgeführt hat.
29
Eine Person, die bestimmte vorbereitende Arbeiten ausgeführt hat, kann nämlich zum einen wegen der
Informationen, die sie im Hinblick auf den fraglichen öffentlichen Auftrag erlangen konnte, bei der Erstellung
ihres Angebots begünstigt sein. Alle Bieter müssen aber bei der Erstellung ihrer Angebote über die gleichen
Chancen verfügen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. April 1996 in der Rechtssache C‑87/94,
Kommission/Belgien, I‑2043, Randnr. 54).
30
Zum anderen kann sie sich in einer Lage befinden, die möglicherweise insoweit auf einen Interessenkonflikt
hinausläuft, als sie, worauf die Kommission zutreffend hinweist, die Bedingungen für den fraglichen
öffentlichen Auftrag, und sei es unbeabsichtigt, in einem für sie günstigen Sinne beeinflussen kann, wenn
sie selbst Bieter für diesen Auftrag ist. Eine solche Situation wäre geeignet, den Wettbewerb zwischen den
Bietern zu verfälschen.
31
Daher lässt sich in Anbetracht dieser Situation, in der sich die Person befinden kann, die bestimmte
vorbereitende Arbeiten ausgeführt hat, nicht geltend machen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung es
erfordert, dass sie in der gleichen Weise behandelt wird wie jeder andere Bieter.
32
Fabricom sowie die österreichische und die finnische Regierung machen indessen im Wesentlichen geltend,
dass die unterschiedliche Behandlung, die durch eine Bestimmung wie die im Ausgangsverfahren streitige
aufgestellt werde und die darin bestehe, unter allen Umständen der Person, die bestimmte vorbereitende
Arbeiten ausgeführt habe, zu untersagen, sich an einem Verfahren zur Vergabe des betreffenden
öffentlichen Auftrags zu beteiligen, nicht objektiv gerechtfertigt sei. Denn ein solches Verbot sei
unverhältnismäßig. Die Gleichbehandlung der Bieter werde ebenso gut gewährleistet, wenn es ein Verfahren
gebe, nach dem in jedem konkreten Fall beurteilt werde, ob die Ausführung bestimmter vorbereitender
Arbeiten demjenigen, der sie ausgeführt habe, gegenüber den anderen Bietern einen Wettbewerbsvorteil
verschafft habe. Eine solche Maßnahme sei für ihn eine weniger einschneidende Beschränkung.
33
Hierzu ist festzustellen, dass eine Bestimmung wie die im Ausgangsverfahren streitige der Person, die
bestimmte vorbereitende Arbeiten ausgeführt hat, keine Möglichkeit gibt, zu beweisen, dass sich die in den
Randnummern 29 und 30 angesprochenen Probleme in ihrem besonderen Fall nicht stellen.
34
Eine solche Bestimmung geht über das hinaus, was erforderlich ist, um das Ziel der Gleichbehandlung aller
Bieter zu erreichen.
35
Die Anwendung dieser Bestimmung kann nämlich dazu führen, dass Personen, die bestimmte vorbereitende
Arbeiten ausgeführt haben, vom Vergabeverfahren ausgeschlossen werden, ohne dass ihre Beteiligung
daran eine Gefahr für den Wettbewerb unter den Bietern bedeuten würde.
36
Demnach ist auf die erste in den Rechtssachen C‑21/03 und C‑34/03 gestellte Frage zu antworten, dass die
Richtlinie 92/50, insbesondere ihr Artikel 3 Absatz 2, die Richtlinie 93/36, insbesondere ihr Artikel 5 Absatz 7,
die Richtlinie 93/37, insbesondere ihr Artikel 6 Absatz 6, und die Richtlinie 93/38, insbesondere ihr Artikel 4
Absatz 2, einer Bestimmung wie Artikel 26 der Königlichen Verordnung vom 25. März 1999 zur Änderung der
Königlichen Verordnung vom 10. Januar 1996 und Artikel 32 der Königlichen Verordnung vom 25. März 1999
zur Änderung der Königlichen Verordnung vom 8. Januar 1996 entgegenstehen, nach der eine Person, die
mit Forschungs‑, Erprobungs‑, Planungs‑ oder Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen, Lieferungen oder
Dienstleistungen betraut war, nicht zur Einreichung eines Antrags auf Teilnahme an einem öffentlichen Bau‑,
Liefer‑ oder Dienstleistungsauftrag oder eines Angebots für einen solchen Auftrag zugelassen ist, ohne dass
ihr die Möglichkeit gegeben wird, zu beweisen, dass nach den Umständen des Einzelfalls die von ihr
erworbene Erfahrung den Wettbewerb nicht hat verfälschen können.
37
Mit seiner zweiten Frage in den Rechtssachen C‑21/03 und C‑34/03 möchte das vorlegende Gericht wissen,
ob die Antwort auf die vorstehende Frage anders lautet, wenn die Richtlinien 92/50, 93/36, 93/37 und 93/38
in Verbindung mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der Handels- und Gewerbefreiheit und dem
Eigentumsrecht so ausgelegt werden, dass sie sich nur auf private Unternehmen oder auf Unternehmen
beziehen, die entgeltliche Leistungen erbracht haben.
38
Diese Frage beruht auf einer Hypothese, die nicht zugrunde gelegt werden kann.
39
Die genannten Richtlinien enthalten nämlich nichts, was ihre Auslegung dahin zuließe, dass sie sich
hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit auf Unternehmen, die an einem öffentlichen Vergabeverfahren teilnehmen
oder dies beabsichtigen, nur auf private Unternehmen oder auf Unternehmen beziehen, die entgeltliche
Leistungen erbracht haben. Im Übrigen läuft es dem Grundsatz der Gleichbehandlung zuwider, nur private
Unternehmen oder solche, die entgeltliche Leistungen erbracht haben, einer Bestimmung wie der im
Ausgangsverfahren streitigen zu unterwerfen, wenn sie bestimmte vorbereitende Arbeiten ausgeführt
haben, nicht aber Unternehmen, die keine dieser Eigenschaften aufweisen und die ebenfalls derartige
vorbereitende Arbeiten ausgeführt haben.
40
Somit ist auf die zweite in den Rechtssachen C‑21/03 und C‑34/03 gestellte Frage nicht zu antworten.
41
Mit seiner dritten Frage in den Rechtssachen C‑21/03 und C‑34/03 möchte das vorlegende Gericht im
Wesentlichen wissen, ob die Richtlinie 89/665, insbesondere ihre Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a und 5,
sowie die Richtlinie 92/13, insbesondere ihre Artikel 1 und 2, so ausgelegt werden können, dass der
öffentliche Auftraggeber ein Unternehmen, das mit einer Person verbunden ist, die bestimmte vorbereitende
Arbeiten ausgeführt hat, bis zum Ende des Verfahrens der Prüfung der Angebote von der Teilnahme an dem
Verfahren oder von der Abgabe eines Angebots ausschließen kann, obwohl dieses Unternehmen auf
Befragung durch den öffentlichen Auftraggeber versichert, dass ihm hieraus kein ungerechtfertigter Vorteil
erwachse, der geeignet wäre, den normalen Wettbewerb zu verfälschen.
42
In dieser Hinsicht ist zu beachten, dass die praktische Wirksamkeit der Richtlinie 89/665 nicht beeinträchtigt
werden darf, soweit es um die Modalitäten gerichtlicher Verfahren zum Schutz der Rechte geht, die das
Gemeinschaftsrecht den durch Entscheidungen der öffentlichen Auftraggeber geschädigten Bewerbern und
Bietern einräumt (Urteil vom 12. Dezember 2002 in der Rechtssache C‑470/99, Universale Bau u. a., Slg.
2002, I‑11617, Randnr. 72).
43
Außerdem zielen die Bestimmungen der Richtlinien 89/665 und 92/13, die die Bieter vor Willkür des
öffentlichen Auftraggebers schützen sollen, darauf ab, die vorhandenen Mechanismen zur Gewährleistung
der effektiven Anwendung der Gemeinschaftsvorschriften im Bereich des öffentlichen Auftragswesens zu
verstärken, vor allem dann, wenn Verstöße noch beseitigt werden können. Ein solcher Schutz kann nicht
effektiv sein, wenn sich der Bieter gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber nicht auf diese Vorschriften
berufen kann (Urteil vom 24. Juni 2004 in der Rechtssache C‑212/02, Kommission/Österreich, nicht in der
amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 20 und zitierte Rechtsprechung).
44
Dass der öffentliche Auftraggeber bis zu einem sehr fortgeschrittenen Verfahrensstadium die Entscheidung
darüber hinauszögern kann, ob sich ein mit einer Person, die bestimmte vorbereitende Arbeiten ausgeführt
hat, verbundenes Unternehmen am Verfahren beteiligen oder ein Angebot abgeben kann, obwohl er über
alle für diese Entscheidung nötigen Informationen verfügt, nimmt diesem Unternehmen die Möglichkeit, sich
gegenüber dem öffentlichen Auftraggeber während eines Zeitraums auf die Gemeinschaftsregeln auf dem
Gebiet der Vergabe öffentlicher Aufträge zu berufen, der allein im Belieben des Auftraggebers steht und sich
gegebenenfalls bis zu einem Zeitpunkt erstrecken kann, in dem Verstöße nicht mehr wirksam beseitigt
werden können.
45
Eine solche Situation ist geeignet, die praktische Wirksamkeit der Richtlinien 89/665 und 92/13 zu
beeinträchtigen, weil sie dazu führen kann, für die Beteiligten ungerechtfertigt lange die Möglichkeit
hinauszuzögern, die ihnen vom Gemeinschaftsrecht verliehenen Rechte auszuüben. Außerdem widerspricht
sie dem Ziel der Richtlinien 89/665 und 92/13, das im Schutz der Bieter gegenüber dem öffentlichen
Auftraggeber besteht.
46
Somit ist auf die dritte in den Rechtssachen C‑21/03 und C‑34/03 gestellte Frage zu antworten, dass die
Richtlinie 89/665, insbesondere ihre Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a und 5, sowie die Richtlinie 92/13,
insbesondere ihre Artikel 1 und 2, dem entgegenstehen, dass der öffentliche Auftraggeber ein
Unternehmen, das mit einer Person verbunden ist, die mit Forschungs‑, Erprobungs‑, Planungs‑ oder
Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen betraut war, bis zum Ende des
Verfahrens der Prüfung der Angebote von der Teilnahme an dem Verfahren oder von der Abgabe eines
Angebots ausschließen kann, obwohl dieses Unternehmen auf Befragung durch den öffentlichen
Auftraggeber versichert, dass ihm hieraus kein ungerechtfertigter Vorteil erwachse, der geeignet wäre, den
normalen Wettbewerb zu verfälschen.
Kosten
47
Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden
Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen
anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:
1.
Die Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die Koordinierung der Verfahren
zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge in der Fassung der Richtlinie 97/52/EG
des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Oktober 1997, insbesondere ihr
Artikel 3 Absatz 2, die Richtlinie 93/36/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über die
Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Lieferaufträge in der Fassung der
Richtlinie 97/52, insbesondere ihr Artikel 5 Absatz 7, die Richtlinie 93/37/EWG des Rates
vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge in
der Fassung der Richtlinie 97/52, insbesondere ihr Artikel 6 Absatz 6, und die Richtlinie
93/38/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 zur Koordinierung der Auftragsvergabe durch
Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im
Telekommunikationssektor in der Fassung der Richtlinie 98/4/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998, insbesondere ihr Artikel 4 Absatz 2,
stehen einer Bestimmung wie Artikel 26 der Königlichen Verordnung vom 25. März 1999 zur
Änderung der Königlichen Verordnung vom 10. Januar 1996 über öffentliche Bau-, Liefer-
und Dienstleistungsaufträge im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung
sowie im Telekommunikationssektor und Artikel 32 der Königlichen Verordnung vom 25.
März 1999 zur Änderung der Königlichen Verordnung vom 8. Januar 1996 über öffentliche
Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge sowie öffentliche Baukonzessionen entgegen,
nach der eine Person, die mit Forschungs‑, Erprobungs‑, Planungs‑ oder
Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen, Lieferungen oder Dienstleistungen betraut war,
nicht zur Einreichung eines Antrags auf Teilnahme an einem öffentlichen Bau‑, Liefer‑ oder
Dienstleistungsauftrag oder eines Angebots für einen solchen Auftrag zugelassen ist,
ohne dass ihr die Möglichkeit gegeben wird, zu beweisen, dass nach den Umständen des
Einzelfalls die von ihr erworbene Erfahrung den Wettbewerb nicht hat verfälschen
können.
2.
Die Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts-
und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen
der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge, insbesondere ihre Artikel 2 Absatz 1
Buchstabe a und 5, sowie die Richtlinie 92/13/EWG des Rates vom 25. Februar 1992 zur
Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der
Gemeinschaftsvorschriften über die Auftragsvergabe durch Auftraggeber im Bereich der
Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie im Telekommunikationssektor und
insbesondere ihre Artikel 1 und 2 stehen dem entgegen, dass der öffentliche
Auftraggeber ein Unternehmen, das mit einer Person verbunden ist, die mit Forschungs‑,
Erprobungs‑, Planungs‑ oder Entwicklungsarbeiten für Bauleistungen, Lieferungen oder
Dienstleistungen betraut war, bis zum Ende des Verfahrens der Prüfung der Angebote von
der Teilnahme an dem Verfahren oder von der Abgabe eines Angebots ausschließen kann,
obwohl dieses Unternehmen auf Befragung durch den öffentlichen Auftraggeber
versichert, dass ihm hieraus kein ungerechtfertigter Vorteil erwachse, der geeignet wäre,
den normalen Wettbewerb zu verfälschen.
Unterschriften.
Verfahrenssprache: Französisch.