Urteil des EuGH vom 16.11.2000

EuGH: kommission, unternehmen, juristische person, holding, begründungspflicht, klage auf nichtigerklärung, klagegrund, unbeteiligter dritter, wirtschaftliche einheit, mildernder umstand

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Fünfte Kammer)
16. November 2000
„Rechtsmittel - Wettbewerb - Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG) - Zurechenbarkeit
der Zuwiderhandlung - Geldbuße - Begründung - Mildernde Umstände“
In der Rechtssache C-297/98 P
SCA Holding Ltd
Pheasant und N. Bromfield, Zustellungsanschrift: Kanzlei der Rechtsanwälte Loesch & Wolter, 11, rue
Goethe, Luxemburg,
Rechtsmittelführerin,
betreffend ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
(Dritte erweiterte Kammer) vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-327/94 (SCA Holding/Kommission, Slg.
1998, II-1373) wegen Aufhebung dieses Urteils,
anderer Verfahrensbeteiligter:
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Lyal, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: C. Gómez de la Cruz, Juristischer
Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,
Beklagte im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. La Pergola sowie der Richter M. Wathelet (Berichterstatter), D.
A. O. Edward, P. Jann und L. Sevón,
Generalanwalt: J. Mischo
Kanzler: R. Grass
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 18. Mai 2000,
folgendes
Urteil
1.
Die SCA Holding Ltd hat mit Rechtsmittelschrift, die am 29. Juli 1998 bei der Kanzlei des
Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel
gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 14. Mai 1998 in der Rechtssache T-327/94 (SCA
Holding/Kommission, Slg. 1998, II-1373; im Folgenden: angefochtenes Urteil) eingelegt, mit dem das
Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 94/601/EG der Kommission vom 13. Juli 1994
in einem Verfahren nach Artikel 85 EG-Vertrag (IV/C/33.833 - Karton) (ABl. L 243, S. 1; im Folgenden:
Entscheidung) abwies.
Sachverhalt
2.
Mit der Entscheidung setzte die Kommission gegen 19 Kartonhersteller und -lieferanten aus der
Gemeinschaft wegen Verstößen gegen Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz 1 EG)
Geldbußen fest.
3.
Aus dem angefochtenen Urteil geht hervor, dass diese Entscheidung erging, nachdem die British
Printing Industries Federation, eine Branchenorganisation der Mehrzahl der britischen
Kartonbedrucker, und die Fédération française du cartonnage im Jahr 1990 informelle Beschwerden
eingelegt hatten und nachdem Beamte der Kommission im April 1991 gemäß Artikel 14 Absatz 3 der
Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85
und 86 des Vertrages (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204), ohne Vorankündigung in den Geschäftsräumen
verschiedener Unternehmen und Branchenorganisationen des Kartonsektors Nachprüfungen
vorgenommen hatten.
4.
Aufgrund der im Rahmen dieser Nachprüfungen und im Anschluss an Ersuchen um Auskünfte und
Vorlage von Dokumenten erlangten Informationen kam die Kommission zu dem Ergebnis, dass sich die
betreffenden Unternehmen von etwa Mitte 1986 bis (in den meisten Fällen) mindestens April 1991 an
einer Zuwiderhandlung gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages beteiligt hätten. Sie beschloss daher,
ein Verfahren gemäß dieser Bestimmung einzuleiten, und richtete mit Schreiben vom 21. Dezember
1992 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte an jedes der fraglichen Unternehmen, die alle schriftlich
darauf antworteten. Neun Unternehmen baten um eine mündliche Anhörung.
5.
Am Ende des Verfahrens erließ die Kommission die Entscheidung, die folgende Bestimmungen
enthält:
Buchmann GmbH, Cascades S.A., Enso-Gutzeit Oy, Europa Carton AG, Finnboard - the Finnish Board
Mills Association, Fiskeby Board AB, Gruber & Weber GmbH & Co. KG, Kartonfabriek .De Eendracht' NV
(unter der Firma BPB de Eendracht handelnd), NV Koninklijke KNP BT NV (ehemals Koninklijke
Nederlandse Papierfabrieken NV), Laakmann Karton GmbH & Co. KG, Mo Och Domsjö AB (MoDo), Mayr-
Melnhof Gesellschaft mbH, Papeteries de Lancey S.A., RenaKartonfabrik A/S, Sarrió SpA, SCA Holding
Ltd (ehemals Reed Paper & Board (UK) Ltd), Stora Kopparbergs Bergslags AB, Enso Española S.A.
(früher Tampella Española S.A.) und Moritz J. Weig GmbH & Co. KG haben gegen Artikel 85 Absatz 1
des EG-Vertrages verstoßen, indem sie sich
- im Falle von Buchmann und Rena von etwa März 1988 bis mindestens Ende 1990,
- im Falle von Enso Española von mindestens März 1988 bis mindestens Ende April 1991 und
- im Falle von Gruber & Weber von mindestens 1988 bis Ende 1990,
- in den [übrigen] Fällen von Mitte 1986 bis mindestens April 1991,
an einer seit Mitte 1986 bestehenden Vereinbarung und abgestimmten Verhaltensweise beteiligten,
durch die die Kartonanbieter in der Gemeinschaft
- sich regelmäßig an einer Reihe geheimer und institutionalisierter Sitzungen zwecks Erörterung und
Festlegung eines gemeinsamen Branchenplans zur Einschränkung des Wettbewerbs trafen;
- sich über regelmäßige Preiserhöhungen für jede Kartonsorte in jeder Landeswährung
verständigten;
- gleichzeitige und einheitliche Preiserhöhungen für die gesamte Gemeinschaft planten und
durchführten;
- sich vorbehaltlich gelegentlicher Änderungen über die Aufrechterhaltung konstanter Marktanteile
der führenden Hersteller verständigten;
- in zunehmendem Maße ab Anfang 1990 abgestimmte Maßnahmen zur Kontrolle des
Kartonangebots in der Gemeinschaft trafen, um die Durchsetzung der vorerwähnten abgestimmten
Preiserhöhungen sicherzustellen;
- als Absicherung der vorgenannten Maßnahmen Geschäftsinformationen (über Lieferungen, Preise,
Abstellzeiten, Auftragsbestände und Kapazitätsauslastung) austauschten.
...
Gegen die nachstehenden Unternehmen werden für den in Artikel 1 festgestellten Verstoß folgende
Geldbußen festgesetzt:
...
xvi) gegen SCA Holding Limited eine Geldbuße in Höhe von 2 200 000 ECU;
...“
6.
Das angefochtene Urteil enthält ferner folgende Angaben zum Sachverhalt:
„13 Der Entscheidung zufolge geschah die Zuwiderhandlung im Rahmen einer aus mehreren
Gruppen oder Ausschüssen bestehenden Organisation namens .Produktgruppe Karton' (im
Folgenden: PG Karton).
14 Im Rahmen dieser Organisation sei Mitte 1986 ein Ausschuss namens .Presidents' Working
Group' (PWG) eingesetzt worden, der aus hochrangigen Vertretern der (etwa acht) führenden
Kartonlieferanten der Gemeinschaft bestanden habe.
15 Der PWG habe sich u. a. mit der Erörterung und Abstimmung der Märkte, Marktanteile, Preise
und Kapazitäten beschäftigt. Er habe insbesondere umfassende Beschlüsse über die zeitliche Folge
und die Höhe der von den Herstellern vorzunehmenden Preiserhöhungen gefasst.
16 Der PWG habe der .Präsidentenkonferenz' (PK) Bericht erstattet, an der (mehr oder weniger
regelmäßig) fast alle Generaldirektoren der betreffenden Unternehmen teilgenommen hätten. Die PK
habe im maßgeblichen Zeitraum zweimal pro Jahr getagt.
17 Ende 1987 sei das .Joint Marketing Committee' (JMC) eingesetzt worden. Die Hauptaufgabe des
JMC habe darin bestanden, zum einen zu ermitteln, ob und, wenn ja, wie sich Preiserhöhungen
durchsetzen ließen, und zum anderen die vom PWG beschlossenen Preisinitiativen nach Ländern und
wichtigsten Kunden im Detail auszuarbeiten, um zu einem einheitlichen Preissystem in Europa zu
gelangen.
18 Schließlich habe die .Wirtschaftliche Kommission' (WK) u. a. die Preisentwicklung auf den
nationalen Märkten und die Auftragslage erörtert und dem JMC oder - bis Ende 1987 - dessen
Vorgänger, dem .Marketing Committee', über die Ergebnisse ihrer Arbeit berichtet. Die WK habe aus
Vertriebs- und/oder Verkaufsleitern der meisten fraglichen Unternehmen bestanden und sei mehrmals
pro Jahr zusammengetreten.
19 Aus der Entscheidung geht ferner hervor, dass die Tätigkeiten der PG Karton nach Ansicht der
Kommission durch einen Informationsaustausch über die Treuhandgesellschaft FIDES mit Sitz in Zürich
(Schweiz) unterstützt wurden. In der Entscheidung heißt es, die meisten Mitglieder der PG Karton
hätten derFIDES regelmäßig Berichte über Auftragslage, Produktion, Verkäufe und
Kapazitätsauslastung geliefert. Diese Berichte seien im Rahmen des FIDES-Systems bearbeitet
worden, und die Teilnehmer hätten die zusammengefassten Daten erhalten.
20 Die Firma Reed Paper & Board Ltd (im Folgenden: Reed P & B) war während der gesamten Dauer
der Zuwiderhandlung Eigentümerin der Kartonfabrik Colthrop Mill (im Folgenden: Colthrop).
21 Reed P & B war bis Juli 1988 eine Tochtergesellschaft der Reed International plc. Im Juli 1988
führte die Übernahme mehrerer Unternehmen des Reed-International-Konzerns durch deren
Management zur Gründung der Reedpack Ltd (im Folgenden: Reedpack) und zum Erwerb von Reed P &
B durch Reedpack.
22 Im Juli 1990 übernahm der schwedische Konzern Svenska Cellulosa Aktiebolag (SCA) Reedpack
und damit Reed P & B sowie mehrere Fabriken, darunter Colthrop. Der Firmenname von Reed P & B
wurde erstmals am 1. Februar 1991 in SCA Aylesford Ltd (im Folgenden: SCA Aylesford) und ein zweites
Mal am 4. Februar 1992 in SCA Holding Ltd (im Folgenden: SCA Holding) geändert.
23 Im Mai 1991 wurde Colthrop an die Field Group Ltd verkauft, die sie im Oktober 1991 an die Mayr-
Melnhof AG weiterverkaufte. Zum letztgenannten Zeitpunkt war Colthrop bereits als
Kapitalgesellschaft unter dem Namen Colthrop Board Mill Ltd eingetragen worden.
24 Der Entscheidung zufolge beteiligte sich Reed P & B insbesondere durch die Teilnahme an
einigen Sitzungen des JMC und des PWG an der fraglichen Zuwiderhandlung. Darüber hinaus war die
Kommission der Ansicht, dass SCA Holding nur eine andere Bezeichnung für SCA Aylesford und Reed P
& B sei und dass es sich folglich um ein und dieselbe wirtschaftliche Einheit handele; sie richtete die
Entscheidung daher an SCA Holding (Randnrn. 155 ff. der Entscheidung).“
7.
Sechzehn der achtzehn anderen beschuldigten Unternehmen sowie vier finnische Unternehmen, die
als Mitglieder der Wirtschaftsvereinigung Finnboard gesamtschuldnerisch für die Zahlung der gegen
diese festgesetzten Geldbuße haftbar gemacht wurden, erhoben ebenfalls Klage gegen die
Entscheidung (Rechtssachen T-295/94, T-301/94, T-304/94, T-308/94 bis T-311/94, T-317/94, T-319/94,
T-334/94, T-337/94, T-338/94, T-347/94, T-348/94, T-352/94 und T-354/94 sowie verbundene
Rechtssachen T-339/94 bis T-342/94).
Das angefochtene Urteil
8.
Aus dem angefochtenen Urteil geht hervor, dass die Rechtsmittelführerin beantragte, die Artikel 1
und 3 der Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit sie sich auf sie bezogen, und, hilfsweise, die
gegen sie festgesetzte Geldbuße herabzusetzen.
9.
Die Rechtsmittelführerin stützte ihre Nichtigkeitsklage auf drei Gründe.
10.
Diese Klagegründe wurden vom Gericht zurückgewiesen. In Anbetracht des Vorbringens zur
Stützung des Rechtsmittels wird im Folgenden nur der Teil des angefochtenen Urteils wiedergegeben,
in dem auf die Rüge eingegangen wird, dass SCA Holding nicht die richtige Adressatin der
Entscheidung sei und dass ihr das Verhalten von Colthrop nicht hätte zugerechnet werden dürfen.
11.
Hierzu äußerte sich das Gericht wie folgt:
„61 Es steht fest, dass in der Fabrik von Colthrop Karton hergestellt wurde und dass diese Fabrik im
gesamten Zeitraum der Zuwiderhandlung zunächst Reed P & B, dann SCA Aylesford Ltd und
schließlich SCA Holding gehörte.
62 Sodann ist festzustellen, dass Reed P & B, SCA Aylesford Ltd und SCA Holding (die Klägerin) die
von derselben juristischen Person nacheinander geführten Firmennamen sind.
63 Unter den Umständen des vorliegenden Falles stellen sich daher keine Fragen der
Rechtsnachfolge. Nach der Rechtsprechung des Gerichts (Urteil Enichem Anic/Kommission, Randnrn.
236 bis 238) ist der juristischen Person, die für den Betrieb des Unternehmens verantwortlich war, als
die Zuwiderhandlung begangen wurde, dessen rechtswidriges Verhalten zuzurechnen. Solange diese
juristische Person besteht, haftet ihr die Verantwortung für das rechtswidrige Verhalten des
Unternehmens an, selbst wenn die materiellen und personellen Faktoren, die an der Begehung der
Zuwiderhandlung beteiligt waren, später auf Dritte übergingen.
64 Die Kommission hat die Entscheidung daher zu Recht an die juristische Person gerichtet, die für
das im Zeitraum der Zuwiderhandlung festgestellte wettbewerbswidrige Verhalten verantwortlich war
und die bis zum Erlass der Entscheidung fortbestand.
65 Selbst wenn man unterstellt, dass Colthrop als Unternehmen im Sinne von Artikel 85 des
Vertrages angesehen werden könnte und dass dieses Unternehmen zum Zeitpunkt des Erlasses der
Entscheidung im Eigentum der juristischen Person Colthrop Board Mill Ltd stand, könnte das
Vorbringen der Klägerin folglich allenfalls darauf hinauslaufen, dass die Kommission hinsichtlich des
Adressaten der Entscheidung eine Wahlmöglichkeit hatte. Dievon der Kommission getroffene Wahl
kann unter solchen Umständen nicht mit Erfolg in Frage gestellt werden.
66 Außerdem stand Reed P & B auf der Mitgliederliste der PG Karton.
67 Gemäß Randnummer 143 der Entscheidung hat die Kommission diese aber grundsätzlich an die
in der Mitgliederliste der PG Karton genannte Firma gerichtet, ausgenommen folgende Fälle:
.1. War mehr als ein Unternehmen eines Konzerns an dem Verstoß beteiligt oder
2. [lagen] ausdrückliche Beweise dafür vor, dass die Muttergesellschaft oder der Konzern in die
Kartellteilnahme der Tochtergesellschaft verwickelt war,
so war der (von der Muttergesellschaft vertretene) Konzern der Adressat.'
68 Da nach Ansicht der Kommission keine dieser beiden Voraussetzungen für eine Ausnahme von
dem in Randnummer 143 aufgestellten Grundsatz vorlag, war sie berechtigt, die Entscheidung nicht
an die Gesellschaften zu richten, die nacheinander die Muttergesellschaften von Reed P & B/SCA
Aylesford/SCA Holding waren.
69 Der vorliegende Klagegrund ist daher als unbegründet zurückzuweisen.“
12.
Die Rechtsmittelführerin hatte ihren Antrag auf Nichtigerklärung oder Herabsetzung der Geldbuße
vor dem Gericht auf fünf Gründe gestützt.
13.
Das Gericht wies diese Klagegründe zurück. In Anbetracht des Vorbringens im Rahmen des
vorliegenden Rechtsmittels ist die Darstellung der Gründe des angefochtenen Urteils auf die
Ausführungen zu den drei folgenden Klagegründen zu beschränken.
Zum Klagegrund, mit dem geltend gemacht wurde, dass die Kommission die bei der Festsetzung der
Geldbußen herangezogenen Kriterien auf SCA Holding/Colthrop nicht oder in diskriminierender Weise
angewandt habe
14.
Vor dem Gericht warf die Rechtsmittelführerin der Kommission u. a. vor, ihre Geldbuße nicht
herabgesetzt zu haben, obwohl sie in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte die
von der Kommission gegen Colthrop vorgebrachten Tatsachenbehauptungen in der Substanz nicht
bestritten habe.
15.
Diesen Klagegrund wies das Gericht mit folgenden Erwägungen zurück:
„155 [Es] ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der
Beschwerdepunkte folgendes ausführt:
.SCA Holding wird in ihrer Verteidigung dadurch beeinträchtigt, dass niemand bei SCA Kenntnis von
den Tätigkeiten der PG Karton oder dem in der Mitteilung [der Beschwerdepunkte] beschriebenen
Verhalten hat. Außerdem war SCA nie im Kartongeschäft tätig und hat keine Branchenkenntnis. SCA
Holding kann und wird daher zum Vorliegen oder dem Umfang der angeblichen Zuwiderhandlung nicht
Stellung nehmen.'
156 Die Kommission hat zu Recht die Ansicht vertreten, dass sich die Klägerin mit dieser Erwiderung
nicht in einer Weise verhalten habe, die eine Herabsetzung der Geldbuße aufgrund einer Kooperation
während des Verwaltungsverfahrens rechtfertige. Eine Herabsetzung aus diesem Grund ist nur dann
gerechtfertigt, wenn das Verhalten es der Kommission ermöglicht hat, eine Zuwiderhandlung leichter
festzustellen und gegebenenfalls zu beenden (vgl. Urteil des Gerichts vom 10. März 1992 in der
Rechtssache T-13/89, ICI/Kommission, Slg. 1992, II-1021, Randnr. 393).
157 Bei einem Unternehmen, das ausdrücklich erklärt, dass es die von der Kommission
vorgebrachten Tatsachenbehauptungen nicht bestreite, kann davon ausgegangen werden, dass es
zur Erleichterung der in der Feststellung und Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen die
Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft bestehenden Aufgabe der Kommission beigetragen hat. Die
Kommission ist berechtigt, ein solches Verhalten in ihren Entscheidungen, in denen sie eine
Zuwiderhandlung gegen diese Regeln feststellt, als Eingeständnis der behaupteten Tatsachen und
damit als Beweis für die Begründetheit der fraglichen Behauptungen zu werten. Dieses Verhalten kann
daher eine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertigen.
158 Etwas anderes gilt, wenn ein Unternehmen in seiner Erwiderung auf die Mitteilung der
Beschwerdepunkte die von der Kommission aufgestellten Behauptungen im Wesentlichen bestreitet,
wenn es gar nicht antwortet oder wenn es - wie die Klägerin - nur erklärt, dass es zu den von der
Kommission aufgestellten Tatsachenbehauptungen nicht Stellung nehme. Durch ein solches
Verhalten während des Verwaltungsverfahrens trägt das Unternehmen nicht zur Erleichterung der in
der Feststellung und Verfolgung von Zuwiderhandlungen gegen die Wettbewerbsregeln der
Gemeinschaft bestehenden Aufgabe der Kommission bei.
159 Wenn die Kommission in Randnummer 172 Absatz 1 der Entscheidung erklärt, dass sie gegen
die Unternehmen, die in ihren Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte die von ihr
vorgebrachten Tatsachenbehauptungen in der Substanz nicht angefochten hätten, eine niedrigere
Geldbuße festgesetzt habe, so können diese Bußgeldnachlässe folglich nur dann als zulässig
angesehenwerden, wenn die betreffenden Unternehmen ausdrücklich mitgeteilt haben, dass sie die
fraglichen Behauptungen nicht bestritten.
160 Selbst wenn man unterstellt, dass die Kommission ein rechtswidriges Kriterium angewandt
hätte, indem sie die Geldbußen von Unternehmen herabsetzte, die nicht ausdrücklich erklärt hatten,
dass sie die Tatsachenbehauptungen nicht bestritten, ist darauf hinzuweisen, dass die Beachtung
des Grundsatzes der Gleichbehandlung mit der Beachtung des Gebots rechtmäßigen Handelns in
Einklang gebracht werden muss, das besagt, dass sich niemand zu seinem Vorteil auf eine gegenüber
anderen begangene Rechtsverletzung berufen kann (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 4. Juli 1985
in der Rechtssache 134/84, Williams/Rechnungshof, Slg. 1985, 2225, Randnr. 14). Da die
Argumentation der Klägerin gerade darauf hinausläuft, ihr einen Anspruch auf eine rechtswidrige
Herabsetzung der Geldbuße einzuräumen, kann dem ersten Teil des Klagegrundes nicht gefolgt
werden.“
Zum Klagegrund, mit dem geltend gemacht wurde, dass die gegen die Klägerin festgesetzte Geldbuße
angesichts ihrer fehlenden Schuld und der Ziele von Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 dem
Betrag nach überhöht und unverhältnismäßig sei
16.
Vor dem Gericht machte die Rechtsmittelführerin geltend, dass die gegen sie verhängte Geldbuße
(7,5 % des Gesamtumsatzes von Colthrop auf dem relevanten Markt oder 9 % bei Abzug der internen
Verkäufe) wesentlich höher sei als die Geldbußen, die unter Berücksichtigung der Merkmale des
Unternehmens, des Umfangs seiner Tätigkeiten und des Ausmaßes seiner Beteiligung an der
Zuwiderhandlung in vergleichbaren Fällen verhängt worden seien. Ferner trug sie vor, die verhängte
Geldbuße stehe außer Verhältnis zu den Geldbußen von Unternehmen, die auch außerhalb des
relevanten Marktes beträchtliche Umsätze erzielten; dies widerspreche den vom Gericht im Urteil vom
14. Juli 1994 in der Rechtssache T-77/92 (Parker Pen/Kommission, Slg. 1994, II-549, Randnr. 94)
aufgestellten Erfordernissen. Schließlich führte sie unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen zur Stützung
des Klagegrundes, dass sie nicht die richtige Adressatin der Entscheidung sei, aus, im vorliegenden
Fall treffe die Geldbuße unter Verstoß gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 einen
unbeteiligten Dritten.
17.
Das Gericht äußerte sich dazu wie folgt:
„174 Zunächst sind der erste und der zweite Teil des Klagegrundes gemeinsam zu würdigen.
175 Nach Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 kann die Kommission gegen Unternehmen, die
vorsätzlich oder fahrlässig gegen Artikel 85 Absatz 1 des Vertrages verstoßen haben, durch
Entscheidung Geldbußen in Höhe von 1 000 ECU bis 1 000 000 ECU oder über diesen Betrag hinaus
bis zu 10 % des von dem einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen im letzten
Geschäftsjahr erzielten Umsatzes festsetzen. Die Höhe der Geldbuße richtetsich sowohl nach der
Schwere als auch nach der Dauer der Zuwiderhandlung. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes
ist die Schwere der Zuwiderhandlungen anhand einer Vielzahl von Gesichtspunkten zu ermitteln, zu
denen u. a. die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die Abschreckungswirkung
der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder abschließende Liste von Kriterien gäbe,
die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (Beschluss SPO u. a./Kommission, Randnr. 54).
176 Zu den Gesichtspunkten für die Beurteilung der Schwere können die Menge und der Wert der
Waren, auf die sich die Zuwiderhandlung erstreckte, sowie die Größe und die Wirtschaftskraft des
Unternehmens und damit der Einfluss gehören, den es auf den Markt ausüben konnte. Daraus ergibt
sich zum einen, dass bei der Festsetzung der Geldbuße sowohl der Gesamtumsatz des Unternehmens,
der - wenn auch nur annähernd und unvollständig - etwas über dessen Größe und Wirtschaftskraft
aussagt, als auch der Teil dieses Umsatzes herangezogen werden darf, der mit den Waren erzielt
wurde, auf die sich die Zuwiderhandlung erstreckte, und der somit einen Anhaltspunkt für das
Ausmaß dieser Zuwiderhandlung liefern kann. Zum anderen folgt daraus, dass weder der einen noch
der anderen dieser Umsatzzahlen eine im Verhältnis zu den anderen Beurteilungskriterien übermäßige
Bedeutung zugemessen werden darf und dass die Festsetzung der Geldbußen nicht das Ergebnis
eines bloßen, auf den Gesamtumsatz gestützten Rechenvorgangs sein kann (vgl. Urteil Musique
Diffusion française u. a./Kommission, Randnrn. 120 und 121).
177 Im vorliegenden Fall hat die Kommission bei der Festsetzung des allgemeinen Niveaus der
Geldbußen der Dauer der Zuwiderhandlung (Randnr. 167 der Entscheidung) und folgenden
Erwägungen Rechnung getragen (Randnr. 168 der Entscheidung):
.- Preis- und Marktaufteilungsabsprachen stellen als solche schwere
Wettbewerbsbeschränkungen dar;
- das Kartell erstreckte sich praktisch auf das ganze Gebiet der Gemeinschaft;
- der EG-Kartonmarkt ist ein bedeutender Industriesektor, der jedes Jahr einen Wert von bis zu 2,5
Milliarden ECU darstellt;
- die an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen repräsentieren praktisch den gesamten
Markt;
- das Kartell wurde in einem System regelmäßiger Sitzungen institutionalisiert, in denen der
Kartonmarkt in der Gemeinschaft im Einzelnen reguliert wurde;
- es wurden aufwendige Schritte unternommen, um die wahre Natur und das wahre Ausmaß der
Absprachen zu verschleiern (Fehlen jeglicher offiziellen Sitzungsniederschriften oder Dokumente für
den PWG und das JMC; Vorkehrungen gegen das Anfertigen von Notizen; Maßnahmen mit dem Ziel, die
Zeitpunkte und die zeitliche Reihenfolge der Preiserhöhungsankündigungen so zu inszenieren, dass
die Unternehmen behaupten können, einem Preisführer zu folgen usw.);
- das Kartell war, was die Erreichung seiner Ziele betrifft, weitgehend erfolgreich.'
178 Außerdem wurden Basissätze von 9 % für die .Anführer' des Kartells und von 7,5 % für dessen
.gewöhnliche Mitglieder' angewandt, um die gegen sie festzusetzende Geldbuße zu ermitteln ...
179 Erstens ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission bei ihrer Beurteilung des allgemeinen
Niveaus der Geldbußen der Tatsache Rechnung tragen darf, dass offenkundige Zuwiderhandlungen
gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft immer noch verhältnismäßig häufig sind, und dass es
ihr daher freisteht, das Niveau der Geldbußen anzuheben, um deren abschreckende Wirkung zu
verstärken. Folglich ist die Kommission dadurch, dass sie in der Vergangenheit für bestimmte Arten
von Zuwiderhandlungen Geldbußen in bestimmter Höhe verhängt hat, nicht daran gehindert, dieses
Niveau innerhalb der in der Verordnung Nr. 17 gezogenen Grenzen anzuheben, wenn dies erforderlich
ist, um die Durchführung der gemeinschaftlichen Wettbewerbspolitik sicherzustellen (vgl. u. a. Urteil
Musique Diffusion française u. a./Kommission, Randnrn. 105 bis 108, und Urteil ICI/Kommission,
Randnr. 385).
180 Zweitens hat die Kommission zu Recht geltend gemacht, dass aufgrund der Besonderheiten
des vorliegenden Falles kein direkter Vergleich zwischen dem allgemeinen Niveau der Geldbußen in
der streitigen Entscheidung und dem Niveau nach der früheren Entscheidungspraxis der Kommission -
insbesondere in der Polypropylen-Entscheidung, die die Kommission selbst als die mit dem
vorliegenden Fall am besten vergleichbare Entscheidung ansieht - vorgenommen werden kann. Im
Gegensatz zu dem Fall, der Gegenstand der Polypropylen-Entscheidung war, wurde hier nämlich bei
der Festlegung des allgemeinen Niveaus der Geldbußen kein genereller mildernder Umstand
berücksichtigt. Außerdem zeigen die zur Verschleierung der Absprache getroffenen Maßnahmen, dass
sich die betreffenden Unternehmen der Rechtswidrigkeit ihres Verhaltens voll und ganz bewusst
waren. Die Kommission konnte diese Maßnahmen folglich bei der Beurteilung der Schwere der
Zuwiderhandlung berücksichtigen, da sie einen besonders schwerwiegenden Aspekt der
Zuwiderhandlung darstellten, der diese von den zuvor von der Kommission aufgedeckten
Zuwiderhandlungen unterscheidet.
181 Drittens ist auf die lange Dauer und die Offenkundigkeit der Zuwiderhandlung gegen Artikel 85
Absatz 1 des Vertrages hinzuweisen, die trotz der Warnung begangen wurde, die die frühere
Entscheidungspraxis der Kommission und insbesondere die Polypropylen-Entscheidung hätte
darstellen müssen.
182 Aufgrund dieser Gesichtspunkte rechtfertigen die in Randnummer 168 der Entscheidung
wiedergegebenen Kriterien das von der Kommission festgelegte allgemeine Niveau der Geldbußen.
183 In diesem Zusammenhang ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, dass die Größe und
die Wirtschaftskraft von Colthrop nicht hätten berücksichtigt werden können, da der von ihr im Jahr
1990 erzielte Gesamtumsatz dem auf dem Kartonmarkt der Gemeinschaft in diesem Jahr erzielten
Umsatz entsprochen habe.
184 Zum einen hat die Kommission die oben genannten Gesichtspunkte bei der Beurteilung der
Schwere herangezogen. Zum anderen ist die Kommission nicht verpflichtet, bei der Beurteilung der
Schwere der Zuwiderhandlung das Verhältnis zwischen dem Gesamtumsatz eines Unternehmens und
dem Umsatz bei den Waren, auf die sich die Zuwiderhandlung erstreckte, zu berücksichtigen (Urteil
Musique Diffusion française u. a./Kommission, Randnr. 121, und Beschluss SPO u. a./Kommission,
Randnr. 54).
185 Da zur Ermittlung des Verhältnisses zwischen den festzusetzenden Geldbußen auf den Umsatz
der an derselben Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen abzustellen ist, ist die Kommission ferner
berechtigt, die Geldbußen der einzelnen Unternehmen durch Anwendung des maßgeblichen
Bußgeldsatzes auf einen für die betreffenden Unternehmen identischen Referenzumsatz zu
berechnen, damit die erlangten Zahlen möglichst gut vergleichbar sind.
186 Der erste und der zweite Teil des Klagegrundes sind daher als unbegründet zurückzuweisen.
187 Auch der dritte Teil des Klagegrundes, der auf der Annahme beruht, dass die Klägerin ein
.unbeteiligter Dritter' sei, ist zurückzuweisen. Insoweit genügt der Hinweis, dass die Kommission die
Entscheidung nach den Feststellungen des Gerichts zu Recht an die Klägerin richtete.
188 Der Klagegrund ist somit in vollem Umfang zurückzuweisen.“
Zum Klagegrund einer Verletzung der Begründungspflicht hinsichtlich der Geldbußen
18.
Vor dem Gericht wies die Rechtsmittelführerin darauf hin, dass sie von bestimmten wesentlichen
Aspekten der Gründe und Kriterien, auf die sich die Kommission bei der Bußgeldberechnung gestützt
habe, erst durch eine Aufzeichnung der Pressekonferenzerfahren habe, die das für Wettbewerbspolitik
zuständige Kommissionsmitglied am Tag des Erlasses der Entscheidung abgehalten habe. Die
Kommission sei zwar nach der Rechtsprechung nicht verpflichtet, die genaue Berechnung der
verhängten Geldbußen bekannt zu geben, doch dies bedeute nicht, dass ihre Erwägungen nicht
transparent sein müssten.
19.
Hierzu machte das Gericht folgende Ausführungen:
„195 Nach ständiger Rechtsprechung hat die Pflicht zur Begründung von Einzelfallentscheidungen
den Zweck, dem Gemeinschaftsrichter die Überprüfung der Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin
zu ermöglichen und den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob die
Entscheidung zutreffend begründet oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung
ermöglicht; dabei hängt der Umfang der Begründungspflicht von der Art des fraglichen Rechtsakts
und den Umständen ab, unter denen er erlassen wurde (vgl. u. a. Urteil des Gerichts vom 11.
Dezember 1996 in der Rechtssache T-49/95, Van Megen Sports/Kommission, Slg. 1996, II-1799,
Randnr. 51).
196 Handelt es sich um eine Entscheidung, mit der wie im vorliegenden Fall gegen mehrere
Unternehmen wegen einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft
Geldbußen festgesetzt werden, so ist bei der Bestimmung des Umfangs der Begründungspflicht
insbesondere zu berücksichtigen, dass die Schwere der Zuwiderhandlungen anhand einer Vielzahl von
Gesichtspunkten zu ermitteln ist, zu denen u. a. die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr
Kontext und die Abschreckungswirkung der Geldbußen gehören, ohne dass es eine zwingende oder
abschließende Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (Beschluss
SPO u. a./Kommission, Randnr. 54).
197 Außerdem verfügt die Kommission bei der Festlegung der Höhe der einzelnen Geldbußen über
ein Ermessen und ist nicht verpflichtet, insoweit eine genaue mathematische Formel anzuwenden (in
diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 6. April 1995 in der Rechtssache T-150/89,
Martinelli/Kommission, Slg. 1995, II-1165, Randnr. 59).
198 Die zur Ermittlung des allgemeinen Niveaus der Geldbußen und der Höhe der individuellen
Geldbußen herangezogenen Kriterien finden sich in den Randnummern 168 und 169 der
Entscheidung. Zudem führt die Kommission in Bezug auf die individuellen Geldbußen in Randnummer
170 aus, dass die Unternehmen, die an den Sitzungen des PWG teilgenommen hätten, grundsätzlich
als .Anführer' des Kartells und die übrigen Unternehmen als dessen .gewöhnliche Mitglieder'
angesehen worden seien. Schließlich weist sie in den Randnummern 171 und 172 darauf hin, dass die
gegen Rena und Stora festgesetzten Geldbußen erheblich niedriger auszufallen hätten, um deren
aktiver Kooperation mit der Kommission Rechnung zu tragen, und dass achtandere Unternehmen
ebenfalls in den Genuss einer in geringerem Umfang herabgesetzten Geldbuße kommen könnten, da
sie in ihren Erwiderungen auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte die vorgebrachten
Tatsachenbehauptungen der Kommission in der Substanz nicht bestritten hätten.
199 Wie bereits ausgeführt, hat die Kommission im Verfahren vor dem Gericht zusätzliche Angaben
zu der im vorliegenden Fall angewandten Berechnungsweise der Geldbußen gemacht ... Sie hat
erläutert, dass sie gegebenenfalls dem kooperativen Verhalten bestimmter Unternehmen während
des Verwaltungsverfahrens Rechnung getragen und aus diesem Grund die Geldbußen bei zwei
Unternehmen um zwei Drittel und bei anderen Unternehmen um ein Drittel herabgesetzt habe.
200 Im Übrigen ergibt sich aus einer von der Kommission vorgelegten Tabelle, die Angaben zur
Festlegung der Höhe aller individuellen Geldbußen enthält, dass diese zwar nicht durch streng
mathematische Anwendung allein der oben genannten Zahlen ermittelt wurden, dass diese Zahlen
jedoch bei der Berechnung der Geldbußen systematisch herangezogen wurden.
201 In der Entscheidung wird aber nicht erläutert, dass die Geldbußen auf der Grundlage des von
den einzelnen Unternehmen auf dem Kartonmarkt der Gemeinschaft im Jahr 1990 erzielten Umsatzes
berechnet wurden. Auch die zur Berechnung der festgesetzten Geldbußen angewandten Basissätze
von 9 % für die als .Anführer' angesehenen Unternehmen und von 7,5 % für die .gewöhnlichen
Mitglieder' sind in der Entscheidung nicht zu finden. Gleiches gilt für den Umfang der Herabsetzung bei
Rena und Stora einerseits und bei acht anderen Unternehmen andererseits.
202 Im vorliegenden Fall ist erstens davon auszugehen, dass die Randnummern 169 bis 172 der
Entscheidung bei einer Auslegung im Licht der in der Entscheidung zu findenden eingehenden
Darstellung der jedem ihrer Adressaten zur Last gelegten Sachverhalte ausreichende und
sachgerechte Angaben zu den Gesichtspunkten enthalten, die bei der Beurteilung der Schwere und
der Dauer der von den einzelnen Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung herangezogen wurden
(in diesem Sinne auch Urteil des Gerichts vom 24. Oktober 1991 in der Rechtssache T-2/89,
Petrofina/Kommission, Slg. 1991, II-1087, Randnr. 264).
203 Zweitens würde, wenn die Höhe der jeweiligen Geldbußen wie hier auf der Grundlage der
systematischen Heranziehung einiger ganz bestimmter Daten ermittelt wird, die Angabe all dieser
Faktoren in der Entscheidung den Unternehmen die Beurteilung der Frage erleichtern, ob die
Kommission bei der Festlegung der Höhe der individuellen Geldbuße Fehler begangen hat und ob die
Höhe jeder individuellen Geldbuße in Anbetracht der angewandten allgemeinen Kriterien
gerechtfertigt ist. Im vorliegenden Fall wäre mit derAngabe der fraglichen Faktoren - Referenzumsatz,
Referenzjahr, angewandte Basissätze und Umfang der Herabsetzung der Geldbußen - in der
Entscheidung keine möglicherweise gegen Artikel 214 des Vertrages verstoßende implizite Preisgabe
des genauen Umsatzes der Adressaten der Entscheidung verbunden gewesen. Denn der Endbetrag
der individuellen Geldbußen ergibt sich, wie die Kommission selbst ausgeführt hat, nicht aus einer
streng mathematischen Anwendung dieser Faktoren.
204 Die Kommission hat im Übrigen in der Verhandlung eingeräumt, dass sie in der Entscheidung
die systematisch berücksichtigten und in einer Pressekonferenz am Tag ihres Erlasses bekannt
gegebenen Faktoren durchaus hätte aufzählen können. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die
Begründung einer Entscheidung nach ständiger Rechtsprechung in der Entscheidung selbst
enthalten sein muss und dass nachträgliche Erläuterungen der Kommission nur unter
außergewöhnlichen Umständen berücksichtigt werden können (vgl. Urteil des Gerichts vom 2. Juli
1992 in der Rechtssache T-61/89, Dansk Pelsdyravlerforening/Kommission, Slg. 1992, II-1931, Randnr.
131; in diesem Sinne auch Urteil Hilti/Kommission, Randnr. 136).
205 Gleichwohl ist festzustellen, dass die Begründung zur Festlegung der Höhe der Geldbußen in
den Randnummern 167 bis 172 der Entscheidung mindestens ebenso detailliert ist wie die
Begründung in früheren Entscheidungen der Kommission, die ähnliche Zuwiderhandlungen betrafen.
Zwar ist der Klagegrund eines Begründungsmangels von Amts wegen zu berücksichtigen, doch hatte
der Gemeinschaftsrichter zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung noch in keinem Fall die Praxis
der Kommission bei der Begründung der festgesetzten Geldbußen gerügt. Erst im Urteil vom 6. April
1995 in der Rechtssache T-148/89 (Tréfilunion/Kommission, Slg. 1995, II-1063, Randnr. 142) und in
zwei anderen Urteilen vom selben Tag in den Rechtssachen T-147/89 (Société métallurgique de
Normandie/Kommission, Slg. 1995, II-1057, abgekürzte Veröffentlichung) und T-151/89 (Société des
treillis et panneaux soudés/Kommission, Slg. 1995, II-1191, abgekürzte Veröffentlichung) hat es das
Gericht erstmals als wünschenswert bezeichnet, dass die Unternehmen die Berechnungsweise der
gegen sie verhängten Geldbuße im Einzelnen in Erfahrung bringen können, ohne zu diesem Zweck
gerichtlich gegen die Entscheidung der Kommission vorgehen zu müssen.
206 Folglich muss die Kommission, wenn sie in einer Entscheidung eine Zuwiderhandlung gegen die
Wettbewerbsregeln feststellt und gegen die daran beteiligten Unternehmen Geldbußen verhängt und
wenn sie systematisch bestimmte Grundelemente bei der Festlegung der Höhe der Geldbußen
heranzieht, diese Elemente in der Entscheidung selbst angeben, um es deren Adressaten zu
ermöglichen, die Richtigkeit der Höhe der Geldbuße zu überprüfen und festzustellen, ob eine
Diskriminierung vorliegt.
207 Unter den zuvor in Randnummer 205 genannten besonderen Umständen und unter
Berücksichtigung der Tatsache, dass die Kommission bereit war, im gerichtlichen Verfahren alle
Auskünfte über den Berechnungsmodus der Geldbußen zu geben, kann das Fehlen einer speziellen
Begründung für den Berechnungsmodus der Geldbußen in der Entscheidung im vorliegenden Fall
nicht als Verstoß gegen die Begründungspflicht angesehen werden, der die völlige oder teilweise
Nichtigerklärung der festgesetzten Geldbußen rechtfertigt.
208 Daher kann dem vorliegenden Klagegrund nicht gefolgt werden.“
20.
Im Ergebnis wies das Gericht die Klage ab und erlegte der Rechtsmittelführerin die Kosten des
Verfahrens auf.
Das Rechtsmittel
21.
Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Rechtsmittelführerin, das angefochtene Urteil aufzuheben und
Artikel 1 der Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit er sich auf sie bezieht; hilfsweise beantragt
sie, die gegen sie festgesetzte Geldbuße für nichtig zu erklären oder zumindest herabzusetzen.
22.
Zur Stützung ihres Rechtsmittels beruft sich die Rechtsmittelführerin auf zwei Gründe, mit denen sie
geltend macht, zu Unrecht habe das Gericht ihr Vorbringen, sie sei nicht die richtige Adressatin der
Entscheidung, zurückgewiesen und die gegen sie festgesetzte Geldbuße bestätigt.
23.
Der erste Rechtsmittelgrund besteht aus drei Teilen; gerügt werden zunächst eine unzureichende
Begründung und ein Rechtsfehler, da sich dem Gericht zufolge unter den Umständen des
vorliegenden Falles keine Fragen der Rechtsnachfolge stellten, sodann ein Rechtsfehler des Gerichts,
weil es zu dem Ergebnis gekommen sei, dass die Kommission die Wahl gehabt habe, an welches der zu
verschiedenen Gruppen von Unternehmen gehörende Rechtssubjekt sie die Kartonentscheidung
richten wolle, und schließlich ein Rechtsfehler, da dem Gericht zufolge die von der Kommission
getroffene Wahl - sofern sie wählen durfte, welches Rechtssubjekt aus verschiedenen Gruppen von
Unternehmen sie zum Adressaten der Entscheidung machen wollte - nicht mit Erfolg in Frage gestellt
werden konnte.
24.
Die Rechtsmittelführerin wirft dem Gericht im Wesentlichen vor, davon ausgegangen zu sein, dass
sich unter den Umständen des vorliegenden Falles keine Fragen der Rechtsnachfolge stellten, ohne
geprüft zu haben, ob Colthrop zur Zeit der Zuwiderhandlung ein Unternehmen im Sinne von Artikel 85
des Vertrages gewesen sei und ob zwischen diesem Unternehmen und dem Unternehmen, das zum
Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung im Eigentum von Colthrop Board Mill Ltd gestanden habe,
eine funktionelle und wirtschaftliche Kontinuität bestanden habe. Die juristischePerson, die dem an
der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen am nächsten stehe, müsse für diese Zuwiderhandlung
zur Verantwortung gezogen werden. Die Bezugnahme des Gerichts auf sein Urteil vom 17. Dezember
1991 in der Rechtssache T-6/89 (Enichem Anic/Kommission, Slg. 1991, II-1623) in Randnummer 63 des
angefochtenen Urteils sei irrelevant, da es keine Parallelen zwischen dem Sachverhalt dieser und der
vorliegenden Rechtssache gebe.
25.
Nach Randnummer 63 des angefochtenen Urteils, in der auf das Urteil Enichem Anic/Kommission
Bezug genommen wird, „ist der juristischen Person, die für den Betrieb des Unternehmens
verantwortlich war, als die Zuwiderhandlung begangen wurde, dessen rechtswidriges Verhalten
zuzurechnen. Solange diese juristische Person besteht, haftet ihr die Verantwortung für das
rechtswidrige Verhalten des Unternehmens an, selbst wenn die materiellen und personellen Faktoren,
die an der Begehung der Zuwiderhandlung beteiligt waren, später auf Dritte übergingen.“
26.
Auf dieser Grundlage ist das Gericht im Anschluss an die Feststellung, dass in der Fabrik von
Colthrop Karton hergestellt worden sei (Randnr. 61 des angefochtenen Urteils) und dass sie im
gesamten Zeitraum der Zuwiderhandlung dem Unternehmen gehört habe, das nacheinander die
Firmennamen Reed P & B, SCA Aylesford und SCA Holding getragen habe (Randnr. 62 des
angefochtenen Urteils), zu dem Ergebnis gekommen, die Kommission habe „die Entscheidung ... zu
Recht an die juristische Person gerichtet, die für das im Zeitraum der Zuwiderhandlung festgestellte
wettbewerbswidrige Verhalten verantwortlich war und die bis zum Erlass der Entscheidung
wettbewerbswidrige Verhalten verantwortlich war und die bis zum Erlass der Entscheidung
fortbestand“ (Randnr. 64 des angefochtenen Urteils).
27.
Diese Erwägungen des Gerichts können nicht in Frage gestellt werden. Grundsätzlich muss die
natürliche oder juristische Person, die das fragliche Unternehmen leitete, als die Zuwiderhandlung
begangen wurde, für diese einstehen, auch wenn sie zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung
ergeht, mit der die Zuwiderhandlung festgestellt wird, nicht mehr für den Betrieb des Unternehmens
verantwortlich ist, z. B. weil dieses - wie im vorliegenden Fall - eigene Rechtspersönlichkeit erworben
hat.
28.
Im vorliegenden Fall hat das Gericht festgestellt, dass die juristische Person, die Colthrop während
der gesamten Dauer der Zuwiderhandlung geleitet habe, zum Zeitpunkt des Erlasses der
Entscheidung noch immer bestanden habe, dass sich nur ihr Firmenname mehrfach geändert habe
und dass es sich bei ihr um die Rechtsmittelführerin handele. Eine solche tatsächliche Feststellung
kann im Rahmen eines Rechtsmittels nicht in Frage gestellt werden.
29.
Folglich hat das Gericht keinen Rechtsfehler begangen, als es im vorliegenden Fall die Existenz
eines Rechtsnachfolgeproblems, das konkret voraussetzt, dass einer Person die Verantwortung für
das wettbewerbswidrige Verhalten einer anderen Person auferlegt wird - was hier nicht der Fall ist -,
verneinte und zu dem Schluss kam, dass die Rechtsmittelführerin die richtige Adressatin der
Entscheidung sei, da sie Colthrop im Zeitraum der Zuwiderhandlung, wenn auch unter anderem
Firmennamen, geleitet habe.
30.
Wie das Gericht in Randnummer 66 des angefochtenen Urteils bindend festgestellt hat, wird dies im
Übrigen dadurch bestätigt, dass Reed P & B, d. h. die Rechtsmittelführerin unter ihrem früheren
Namen, auf der Mitgliederliste der PG Karton stand, von der das Kartell organisiert wurde.
31.
Unter diesen Umständen brauchen die beiden anderen Rügen der Rechtsmittelführerin, die speziell
Randnummer 65 des angefochtenen Urteils betreffen, nicht geprüft zu werden, denn selbst wenn sie
zutreffen sollten, könnten sie die Schlussfolgerung des Gerichts, dass der Rechtsmittelführerin die
wettbewerbswidrigen Handlungen von Colthrop zuzurechnen seien, nicht in Frage stellen.
32.
Folglich ist der erste Rechtsmittelgrund zurückzuweisen.
33.
Der zweite Rechtsmittelgrund besteht ebenfalls aus drei Teilen. Erstens soll das Gericht einen
Rechtsfehler begangen haben, als es entschied, dass der Standpunkt der Rechtsmittelführerin im
Verwaltungsverfahren keine Herabsetzung der Geldbuße rechtfertige. Zweitens soll es auch mit der
Feststellung, dass die Entscheidung keine fehlerhafte Begründung enthalte, die die Nichtigerklärung
oder Herabsetzung der Geldbuße rechtfertige, einen Rechtsfehler begangen haben. Ein dritter
Rechtsfehler des Gerichts soll darin bestehen, dass es bei seiner Überprüfung der Höhe der Geldbuße
nicht berücksichtigt habe, dass die Kommission die Wahl getroffen habe, die Entscheidung an die
Rechtsmittelführerin und nicht an andere, zu anderen Gruppen von Unternehmen gehörende
Rechtssubjekte zu richten.
Zum ersten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes
34.
Mit dem ersten Teil ihres zweiten Rechtsmittelgrundes wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht
vor, in Randnummer 156 des angefochtenen Urteils entschieden zu haben, dass ihre Haltung im
Verwaltungsverfahren der Haltung von Unternehmen, die die Tatsachenbehauptungen, auf die sich
die Vorwürfe der Kommission stützten, nicht bestritten hätten und deren Geldbuße aus diesem Grund
herabgesetzt worden sei, nicht gleichgestellt werden könne. Der von ihr eingenommene Standpunkt,
sich nicht zum Vorliegen des Tatbestands der ihr zur Last gelegten Zuwiderhandlung zu äußern, sei
deshalb gerechtfertigt gewesen, weil sie über keine Angaben verfügt habe, mit deren Hilfe sie hätte
feststellen können, ob die Behauptungen der Kommission zuträfen. Damit habe sie der Kommission
gleichwohl ihre Aufgabe erleichtert.
35.
Entgegen dem Vorbringen der Kommission ist diese Rüge nicht unzulässig, denn mit ihr werden
keine bloßen Tatsachenfeststellungen des Gerichts in Frage gestellt, sondern dessen rechtliche
Würdigung angegriffen, dass bei der Prüfung, ob eine Geldbuße herabzusetzen sei, die Haltung eines
Unternehmens, das den ihm zur Last gelegten Sachverhalt nicht bestreite, der Haltung eines
Unternehmens, das sich daraufbeschränke, sich nicht zum Vorliegen dieses Sachverhalts zu äußern,
nicht gleichgestellt werden könne.
36.
Insoweit hat das Gericht in Randnummer 156 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden,
dass eine Herabsetzung der Geldbuße aufgrund einer Kooperation während des
Verwaltungsverfahrens nur dann gerechtfertigt ist, wenn das Verhalten des fraglichen Unternehmens
es der Kommission ermöglicht hat, das Vorliegen einer Zuwiderhandlung leichter festzustellen und
diese gegebenenfalls zu beenden.
37.
Dem Gericht ist darin zuzustimmen, dass ein Unternehmen, das sich - wie es die
Rechtsmittelführerin nach den Angaben in Randnummer 158 des angefochtenen Urteils getan hat - im
Verwaltungsverfahren darauf beschränkt, zu den von der Kommission aufgestellten
Tatsachenbehauptungen nicht Stellung zu nehmen, und somit deren Richtigkeit nicht einräumt, nicht
nachhaltig zur Erleichterung der Aufgabe der Kommission beiträgt. Räumt das beschuldigte
Unternehmen den Sachverhalt nicht ausdrücklich ein, so muss die Kommission ihn noch nachweisen,
und es steht dem Unternehmen frei, zu gegebener Zeit und insbesondere im Rahmen des
gerichtlichen Verfahrens alle ihm zweckdienlich erscheinenden Verteidigungsmittel vorzubringen.
38.
Folglich ist der erste Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.
Zum zweiten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes
39.
Mit dem zweiten Teil ihres zweiten Rechtsmittelgrundes wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht
vor, dadurch einen Rechtsfehler begangen zu haben, dass es die Entscheidung nicht für unzureichend
begründet und deshalb für nichtig erklärt habe, obwohl es in Randnummer 201 des angefochtenen
Urteils festgestellt habe, dass die Kommission die bei der Festlegung der Höhe der Geldbußen
systematisch herangezogenen Faktoren in der Entscheidung nicht angegeben habe.
40.
Solche Angaben müssten nach ständiger Rechtsprechung, auf die das Gericht in Randnummer 204
des angefochtenen Urteils hinweise, in der Entscheidung selbst enthalten sein; nachträgliche
Erläuterungen der Kommission gegenüber der Presse oder im Verfahren vor dem Gericht könnten nur
unter außergewöhnlichen Umständen berücksichtigt werden. Wie das Gericht in Randnummer 204
ausdrücklich festgestellt habe, habe die Kommission in der Verhandlung eingeräumt, dass sie in der
Entscheidung die fraglichen Gesichtspunkte durchaus hätte aufzählen können. Unter diesen
Umständen hätte das Gericht nicht berücksichtigen dürfen, „dass die Kommission bereit war, im
gerichtlichen Verfahren alle Auskünfte über den Berechnungsmodus der Geldbußen zu geben“
(Randnr. 207 des angefochtenen Urteils).
41.
Ferner sei dem Gericht vorzuwerfen, dass es die in seinen Urteilen Tréfilunion/Kommission, Société
métallurgique de Normandie/Kommission und Société des treillis et panneaux soudés/Kommission (im
Folgenden: Betonstahlmatten-Urteile), auf die in Randnummer 205 des angefochtenen Urteils
verwiesen werde, vorgenommene Auslegung der Anforderungen von Artikel 190 EG-Vertrag
(jetztArtikel 253 EG) im Bereich der Festsetzung von Geldbußen zeitlich begrenzt habe, obwohl der
Gerichtshof stets entschieden habe, dass durch seine Auslegung einer Vorschrift des
Gemeinschaftsrechts erläutert und verdeutlicht werde, in welchem Sinn und mit welcher Tragweite
diese Vorschrift von Anfang an zu verstehen und anzuwenden sei oder gewesen wäre, sofern im
auslegenden Urteil nichts anderes bestimmt werde.
42.
Die Kommission trägt vor, das Gericht habe in Randnummer 202 des angefochtenen Urteils die
Ansicht vertreten, dass die Randnummern 169 bis 172 der Entscheidung „ausreichende und
sachgerechte Angaben zu den Gesichtspunkten enthalten, die bei der Beurteilung der Schwere und
der Dauer der von den einzelnen Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung herangezogen
wurden“.
43.
Die Randnummern 203 bis 207 des angefochtenen Urteils seien an sich überflüssig, da dort auf die
Konsequenzen der Betonstahlmatten-Urteile hingewiesen werde. Überdies habe die
Rechtsmittelführerin diese Urteile falsch verstanden. Das Gericht habe dort, wie im angefochtenen
Urteil, die Begründung der Entscheidung der Kommission für ausreichend erklärt und zugleich den
Wunsch nach größerer Transparenz der angewandten Berechnungsmethode geäußert. Der
Standpunkt des Gerichts sei allenfalls in dem Sinne aus dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung
abzuleiten, dass den Adressaten von Entscheidungen nicht zugemutet werden solle, ein Verfahren vor
dem Gericht einzuleiten, um alle Einzelheiten der von der Kommission angewandten
Berechnungsmethode zu erfahren. Solche Erwägungen könnten jedoch für sich genommen keinen
Grund für eine Nichtigerklärung der Entscheidung darstellen.
44.
Schließlich habe das Gericht den in den Betonstahlmatten-Urteilen vertretenen Standpunkt kürzlich
bekräftigt. Seines Erachtens seien die Informationen, bei denen es wünschenswert sei, dass die
Kommission sie dem Empfänger einer Entscheidung mitteile, nicht als zusätzliche Begründung
anzusehen, sondern nur als zahlenmäßige Umsetzung in der Entscheidung aufgeführter Kriterien,
soweit diese quantifizierbar seien (vgl. u. a. Urteile des Gerichts vom 11. März 1999 in der
Rechtssache T-151/94, British Steel/Kommission, Slg. 1999, II-629, Randnrn. 627 und 628, und vom 20.
April 1999 in den Rechtssachen T-305/94 bis T-307/94, T-313/94 bis T-316/94, T-318/94, T-325/94, T-
328/94, T-329/94 und T-335/94, Limburgse Vinyl Maatschappij u. a./Kommission, Slg. 1999, II-931,
Randnrn. 1180 bis 1184).
45.
Zuerst sind die verschiedenen Stufen der Erwägungen darzulegen, mit denen das Gericht auf den
Klagegrund einer Verletzung der Begründungspflicht bei der Berechnung der Geldbußen eingegangen
ist.
46.
Das Gericht hat zunächst in Randnummer 195 des angefochtenen Urteils auf die ständige
Rechtsprechung hingewiesen, nach der die Pflicht zur Begründung von Einzelfallentscheidungen den
Zweck hat, dem Gemeinschaftsrichter die Überprüfung der Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin
zu ermöglichen und den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, dass er erkennen kann, ob die
Entscheidung zutreffendbegründet oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung
ermöglicht; dabei hängt der Umfang der Begründungspflicht von der Art des fraglichen Rechtsakts
und den Umständen ab, unter denen er erlassen wurde (vgl. neben der vom Gericht genannten
Rechtsprechung u. a. Urteil vom 15. April 1997 in der Rechtssache C-22/94, Irish Farmers Association
u. a., Slg. 1997, I-1809, Randnr. 39).
47.
Sodann hat das Gericht in Randnummer 196 des angefochtenen Urteils ausgeführt, wenn es sich
um eine Entscheidung handele, mit der wie im vorliegenden Fall gegen mehrere Unternehmen wegen
einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln der Gemeinschaft Geldbußen festgesetzt
würden, sei bei der Bestimmung des Umfangs der Begründungspflicht insbesondere zu
berücksichtigen, dass die Schwere der Zuwiderhandlungen von einer Vielzahl von Gesichtspunkten
abhänge, zu denen die besonderen Umstände der Rechtssache, ihr Kontext und die
Abschreckungswirkung der Geldbußen gehörten, ohne dass es eine zwingende oder abschließende
Liste von Kriterien gäbe, die auf jeden Fall berücksichtigt werden müssten (Beschluss des
Gerichtshofes vom 25. März 1996 in der Rechtssache C-137/95 P, SPO u. a./Kommission, Slg. 1996, I-
1611, Randnr. 54).
48.
Insoweit hat das Gericht in Randnummer 202 des angefochtenen Urteils folgende Auffassung
vertreten:
„[D]ie Randnummern 169 bis 172 der Entscheidung [enthalten] bei einer Auslegung im Licht der in der
Entscheidung zu findenden eingehenden Darstellung der jedem ihrer Adressaten zur Last gelegten
Sachverhalte ausreichende und sachgerechte Angaben zu den Gesichtspunkten ..., die bei der
Beurteilung der Schwere und der Dauer der von den einzelnen Unternehmen begangenen
Zuwiderhandlung herangezogen wurden ...“
49.
In den Randnummern 203 bis 207 des angefochtenen Urteils hat das Gericht die Tragweite der
Ausführungen in Randnummer 202 jedoch in nicht widerspruchsfreier Weise abgeschwächt.
50.
Den Randnummern 203 und 204 des angefochtenen Urteils zufolge enthält die Entscheidung keine
genauen Angaben zu den Faktoren, die die Kommission bei der Festlegung der Höhe der Geldbußen
systematisch herangezogen hat, obwohl sie diese hätte offen legen können und den Unternehmen
damit die Beurteilung der Frage erleichtert hätte, ob die Kommission bei der Festlegung der Höhe der
individuellen Geldbuße Fehler begangen hat und ob deren Höhe in Anbetracht der angewandten
allgemeinen Kriterien gerechtfertigt ist. In Randnummer 205 des angefochtenen Urteils hat das
Gericht hinzugefügt, es sei in den Betonstahlmatten-Urteilen als wünschenswert bezeichnet worden,
dass die Unternehmen die Berechnungsweise der gegen sie verhängten Geldbuße im Einzelnen in
Erfahrung bringen könnten, ohne zu diesem Zweck gerichtlich gegen die Entscheidung der
Kommission vorgehen zu müssen.
51.
Schließlich ist das Gericht in Randnummer 207 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis
gekommen, dass das „Fehlen einer speziellen Begründung für denBerechnungsmodus der Geldbußen
in der Entscheidung“ aufgrund der besonderen Umstände des Falles - Offenlegung der
Berechnungsfaktoren im gerichtlichen Verfahren und neue Auslegung von Artikel 190 des Vertrages in
den Betonstahlmatten-Urteilen - nicht zu beanstanden sei.
52.
Bevor auf das Vorbringen der Rechtsmittelführerin hin die Stichhaltigkeit der Erwägungen geprüft
wird, die das Gericht zu der Frage angestellt hat, welche Konsequenzen sich für die Einhaltung der
Begründungspflicht aus der Offenlegung der Berechnungsfaktoren im gerichtlichen Verfahren und der
Neuartigkeit der Betonstahlmatten-Urteile ergeben könnten, ist zu klären, ob die Kommission zur
Erfüllung der in Artikel 190 des Vertrages aufgestellten Begründungspflicht außer den
Gesichtspunkten, die ihr die Ermittlung von Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung ermöglichten,
eingehendere Angaben zum Berechnungsmodus der Geldbußen in die Entscheidung hätte aufnehmen
müssen.
53.
In Verfahren über Klagen gegen Entscheidungen der Kommission, mit denen gegen Unternehmen
wegen Verletzung der Wettbewerbsregeln Geldbußen festgesetzt werden, verfügt das Gericht über
zweierlei Befugnisse.
54.
Zum einen hat es gemäß Artikel 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) ihre
Rechtmäßigkeit zu prüfen. In diesem Rahmen muss es u. a. die Einhaltung der in Artikel 190 des
Vertrages aufgestellten Begründungspflicht überwachen, bei deren Verletzung die Entscheidung für
nichtig erklärt werden kann.
55.
Zum anderen hat es im Rahmen der ihm durch Artikel 172 EG-Vertrag (jetzt Artikel 229 EG) und
Artikel 17 der Verordnung Nr. 17 eingeräumten Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung zu
beurteilen, ob die Höhe der Geldbußen angemessen ist. Diese Beurteilung kann die Vorlage und
Heranziehung zusätzlicher Informationen erfordern, die an sich nicht in der Entscheidung erwähnt zu
werden brauchen, damit diese dem Begründungserfordernis gemäß Artikel 190 des Vertrages genügt.
56.
Bei der Prüfung, ob die Begründungspflicht eingehalten wurde, ist zu beachten, dass es in Artikel
15 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung Nr. 17 heißt: „Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße
ist neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen.“
57.
Unter diesen Umständen sind im Hinblick auf die in den Randnummern 195 und 196 des
angefochtenen Urteils erwähnte Rechtsprechung die Anforderungen an das wesentliche
Formerfordernis, um das es sich bei der Begründungspflicht handelt, erfüllt, wenn die Kommission in
ihrer Entscheidung die Beurteilungsgesichtspunkte angibt, die es ihr ermöglicht haben, Schwere und
Dauer der Zuwiderhandlung zu ermitteln. Fehlen diese Gesichtspunkte, so ist die Entscheidung wegen
unzureichender Begründung für nichtig zu erklären.
58.
Das Gericht hat in Randnummer 202 des angefochtenen Urteils zu Recht entschieden, dass die
Kommission diesen Anforderungen genügt hat. Wie das Gericht feststellt, werden in den
Randnummern 167 bis 172 der Entscheidung die Kriterien aufgeführt, die die Kommission bei der
Berechnung der Geldbußen herangezogen hat. So betrifft Randnummer 167 u. a. die Dauer der
Zuwiderhandlung; sie enthält ferner, ebenso wie Randnummer 168, die Erwägungen, auf die sich die
Kommission bei der Beurteilung der Schwere der Zuwiderhandlung und der Höhe der Geldbußen
gestützt hat; in Randnummer 169 sind die Umstände genannt, die die Kommission bei der Festsetzung
der Geldbußen gegen die einzelnen Unternehmen berücksichtigt hat; in Randnummer 170 werden die
als „Anführer“ des Kartells eingestuften Unternehmen genannt, die im Vergleich zu den anderen
Unternehmen eine besondere Verantwortung trugen; schließlich werden in den Randnummern 171
und 172 die Konsequenzen für die Höhe der Geldbußen gezogen, die sich daraus ergeben, dass
verschiedene Hersteller bei den Nachprüfungen zur Ermittlung des Sachverhalts oder in der
Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte mit der Kommission zusammenarbeiteten.
59.
Die Tatsache, dass später - bei einer Pressekonferenz oder im Lauf des gerichtlichen Verfahrens -
genauere Informationen wie die Umsätze der Unternehmen oder der Umfang der Herabsetzung der
Geldbußen durch die Kommission bekannt gegeben wurden, kann die Feststellung in Randnummer
202 des angefochtenen Urteils nicht in Frage stellen. Nähere Angaben des Autors einer
angefochtenen Entscheidung, die eine für sich bereits ausreichende Begründung ergänzen, fallen
nicht unter die eigentliche Begründungspflicht, auch wenn sie für die innere Kontrolle der
Entscheidungsgründe durch den Gemeinschaftsrichter nützlich sein können, da das Organ so die
seiner Entscheidung zugrunde liegenden Erwägungen erläutern kann.
60.
Die Kommission darf zwar nicht durch den ausschließlichen und mechanischen Rückgriff auf
mathematische Formeln auf ihr Ermessen verzichten. Es steht ihr jedoch frei, ihre Entscheidung mit
einer Begründung zu versehen, die über die in Randnummer 57 des vorliegenden Urteils genannten
Anforderungen hinausgeht und u. a. Zahlenangaben enthält, von denen sie sich vor allem hinsichtlich
der angestrebten Abschreckungswirkung leiten ließ, als sie bei der Festsetzung von Geldbußen gegen
mehrere Unternehmen, die in unterschiedlich starkem Maß an der Zuwiderhandlung teilgenommen
hatten, ihr Ermessen ausübte.
61.
Es kann wünschenswert sein, dass die Kommission von dieser Möglichkeit Gebrauch macht, um den
Unternehmen nähere Angaben zur Berechnungsweise der gegen sie verhängten Geldbuße zu
verschaffen. Darüber hinaus kann dies zur Transparenz des Verwaltungshandelns beitragen und dem
Gericht die Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung erleichtern, in deren Rahmen
es außer der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung auch die Angemessenheit der
festgesetzten Geldbuße zu beurteilen hat. Diese Befugnis ändert jedoch, wie die Kommission
ausgeführt hat, nichts am Umfang der Begründungspflicht.
62.
Folglich hat das Gericht die Tragweite von Artikel 190 des Vertrages verkannt, als es in
Randnummer 206 des angefochtenen Urteils die Ansicht vertrat, dass „dieKommission, wenn sie ...
systematisch bestimmte Grundelemente bei der Festlegung der Höhe der Geldbußen heranzieht,
diese Elemente in der Entscheidung selbst angeben [muss]“. Ferner hat es sich in den Gründen des
angefochtenen Urteils dadurch widersprochen, dass es im Anschluss an die Feststellung in
Randnummer 202, dass die Entscheidung „ausreichende und sachgerechte Angaben zu den
Gesichtspunkten [enthält], die bei der Beurteilung der Schwere und der Dauer der von den einzelnen
Unternehmen begangenen Zuwiderhandlung herangezogen wurden“, in Randnummer 207 vom
„Fehlen einer speziellen Begründung für den Berechnungsmodus der Geldbußen in der Entscheidung“
sprach.
63.
Der somit vom Gericht begangene Rechtsfehler kann jedoch nicht zur Aufhebung des
angefochtenen Urteils führen, denn nach den vorstehenden Erwägungen hat das Gericht den
Klagegrund einer Verletzung der Begründungspflicht bei der Berechnung der Geldbußen ungeachtet
der Randnummern 203 bis 207 des angefochtenen Urteils zu Recht zurückgewiesen.
64.
Da aus der Begründungspflicht nicht folgt, dass die Kommission in ihrer Entscheidung
Zahlenangaben zur Berechnungsweise der Geldbußen machen musste, brauchen die verschiedenen
Rügen der Rechtsmittelführerin, die auf dieser falschen Prämisse beruhen, nicht geprüft zu werden.
65.
Folglich ist der zweite Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.
Zum dritten Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes
66.
Mit dem dritten Teil ihres zweiten Rechtsmittelgrundes wirft die Rechtsmittelführerin dem Gericht
vor, selbst wenn man unterstelle, dass die Kommission zu einer Auswahl unter zu verschiedenen
Gruppen von Unternehmen gehörenden Rechtssubjekten berechtigt gewesen sei, was die
Rechtsmittelführerin bestreite, hätte das Gericht bei der Überprüfung der Höhe der Geldbuße
berücksichtigen müssen, dass die Kommission eine solche Auswahl getroffen habe.
67.
Mit der Wahl, die Entscheidung an die Rechtsmittelführerin und nicht an ein anderes Rechtssubjekt
zu richten, habe die Kommission ihr die Zuwiderhandlung ausschließlich zugerechnet. Dieser Umstand
hätte nach den Grundsätzen der Billigkeit und der Verhältnismäßigkeit bei der Beurteilung von
Schwere und Dauer der Zuwiderhandlung sowie der Höhe der Geldbuße berücksichtigt werden
müssen. Die Geldbuße hätte allenfalls für den Zeitraum der Zuwiderhandlung festgesetzt werden
dürfen, in dem Colthrop im Eigentum der Rechtsmittelführerin gestanden habe.
68.
Wie den Randnummern 25 bis 31 des vorliegenden Urteils zu entnehmen ist, war es gerechtfertigt,
der Rechtsmittelführerin die wettbewerbswidrigen Handlungen von Colthrop zuzurechnen, da sie, wenn
auch unter anderem Firmennamen, diese Kartonfabrik im gesamten Zeitraum der Zuwiderhandlung
leitete. Deshalb kommt eine Aufteilung der Verantwortung für die Zuwiderhandlung unter mehreren
Gesellschaften nicht in Betracht, so dass die Argumentation der Rechtsmittelführerin irrelevant ist.
69.
Folglich ist der dritte Teil des zweiten Rechtsmittelgrundes zurückzuweisen.
70.
Nach alledem ist das Rechtsmittel insgesamt zurückzuweisen.
Kosten
71.
Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der nach Artikel 118 auf das Rechtsmittelverfahren
anzuwenden ist, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die
Kommission beantragt hat, der Rechtsmittelführerin die Kosten aufzuerlegen, und diese mit ihrem
gesamten Vorbringen unterlegen ist, hat sie die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die SCA Holding Ltd trägt die Kosten des Verfahrens.
La Pergola
Wathelet
Edward
Jann Sevón
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. November 2000.
Der Kanzler
Der Präsident der Fünften Kammer
R. Grass
A. La Pergola
Verfahrenssprache: Englisch.