Urteil des EuGH vom 29.04.2004

EuGH: kommission, treu und glauben, projekt, neues vorbringen, klage auf nichtigerklärung, wider besseres wissen, vorschlag, unternehmen, rechtsmittelgrund, ungerechtfertigte bereicherung

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Sechste Kammer)
29. April 2004
„Rechtsmittel – Entscheidung der Kommission, den Restbetrag eines Zuschusses nicht auszuzahlen“
In den verbundenen Rechtssachen C-199/01 P und C-200/01 P
IPK-München GmbH
Zustellungsanschrift in Luxemburg,
und
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Rechtsmittelführerinnen,
betreffend zwei Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
(Dritte Kammer) vom 6. März 2001 in der Rechtssache T-331/94 (IPK-München/Kommission, Slg. 2001, II-779)
wegen teilweiser Aufhebung dieses Urteils
erlässt
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Sechsten
Kammer, der Richter J. N. Cunha Rodrigues, J.-P. Puissochet und R. Schintgen sowie der Richterin F. Macken
(Berichterstatterin),
Generalanwalt: J. Mischo,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des Berichts der Berichterstatterin,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. Juli 2003,
folgendes
Urteil
1
Mit zwei Rechtsmittelschriften, die am 14. Mai 2001 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen sind,
haben die IPK‑München GmbH (im Folgenden: Klägerin) und die Kommission der Europäischen
Gemeinschaften jeweils gemäß Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen das
Urteil des Gerichts erster Instanz vom 6. März 2001 in der Rechtssache T‑331/94 (IPK‑München/Kommission,
Slg. 2001, II‑779, im Folgenden: angefochtenes Urteil) eingelegt, mit dem das Gericht die Entscheidung der
Kommission vom 3. August 1994, der Klägerin den Restbetrag eines Zuschusses im Rahmen eines Projekts
zur Errichtung einer Datenbank zum ökologischen Fremdenverkehr in Europa nicht auszuzahlen (im
Folgenden: streitige Entscheidung), für nichtig erklärt hat.
2
Mit Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 15. Oktober 2001 sind die beiden Rechtssachen zu
gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden
worden.
Sachverhalt
3
Der Sachverhalt wird, so wie er vom Gericht in dem angefochtenen Urteil festgestellt worden ist, wie folgt
zusammengefasst.
4
Am 26. Februar 1992 veröffentlichte die Kommission im eine
Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen, um Projekte zum Thema Fremdenverkehr und Umwelt zu
fördern (ABl. C 51, S. 15).
5
Am 22. April 1992 legte die Klägerin, die im Fremdenverkehrsbereich tätig ist, der Kommission einen
Vorschlag über die Errichtung einer Datenbank zum ökologischen Fremdenverkehr in Europa vor (im
Folgenden: Vorschlag). Diese Datenbank sollte den Namen „Ecodata“ tragen (im Folgenden: Projekt). Dem
Vorschlag nach, der für die Durchführung des Projekts sieben Abschnitte vorsah, sollte die Klägerin dessen
Koordination übernehmen und bei der Durchführung der Arbeiten von drei Partnern unterstützt werden, und
zwar von dem französischen Unternehmen Innovence, dem italienischen Unternehmen Tourconsult und dem
griechischen Unternehmen 01 Pliroforiki.
6
Mit Schreiben vom 4. August 1992 unterrichtete die Kommission die Klägerin von ihrer Entscheidung, das
Projekt mit 530 000 ECU zu bezuschussen, was 53 % der vorgesehenen Projektkosten ausmachte, und
forderte sie auf, die dem Schreiben beigefügte Erklärung des Zuschussempfängers (im Folgenden:
Erklärung), in der die Bewilligungsbedingungen festgelegt waren, zu unterschreiben und zurückzuschicken.
7
In der Erklärung hieß es, dass 60 % des Zuschussbetrags nach Eingang der von der Klägerin
ordnungsgemäß unterzeichneten Erklärung bei der Kommission ausgezahlt würden und dass der Restbetrag
nach Eingang einer Reihe von Berichten über die Durchführung des Projekts und ihrer Anerkennung durch
die Kommission gezahlt werde; dabei handelte es sich um einen Zwischenbericht, der innerhalb von drei
Monaten nach Beginn der Durchführung des Projekts vorzulegen war, und einen mit Buchungsbelegen
versehenen Abschlussbericht, der innerhalb von drei Monaten nach Abschluss des Projekts, spätestens zum
31. Oktober 1993, vorzulegen war.
8
Die Erklärung wurde am 23. September 1992 von der Klägerin unterzeichnet; am 29. September 1992 wurde
ihr Eingang bei der Generaldirektion „Unternehmenspolitik, Handel, Tourismus und Sozialwirtschaft“ (GD XXIII)
der Kommission vermerkt.
9
Mit Schreiben vom 23. Oktober 1992 teilte die Kommission der Klägerin mit, sie erwarte den ersten Bericht
bis zum 15. Januar 1993. In demselben Schreiben bat die Kommission die Klägerin ferner, noch zwei weitere
Zwischenberichte vorzulegen, und zwar zum 15. April 1993 und zum 15. Juli 1993. Schließlich erinnerte sie
daran, dass der Abschlussbericht spätestens am 31. Oktober 1993 abgegeben werden müsse. Außerdem
schlug die Kommission der Klägerin vor, ein deutsches Unternehmen, den Studienkreis für Tourismus (im
Folgenden: Studienkreis), am Projekt zu beteiligen.
10
Am 24. November 1992 lud ein Abteilungsleiter in der GD XXIII die Klägerin und 01 Pliroforiki zu einer
Besprechung, die in Abwesenheit von Innovence und Tourconsult stattfand. In dieser Besprechung soll er
gefordert haben, 01 Pliroforiki einen Großteil der Arbeit und der Mittel zu überlassen. Die Klägerin soll sich
diesem Ansinnen widersetzt haben.
11
Der erste Teil des Zuschusses, 318 000 ECU (60 % des gesamten Zuschusses von 530 000 ECU), wurde im
Januar 1993 ausgezahlt.
12
In einer Besprechung bei der Kommission am 19. Februar 1993 wurde die Beteiligung des Studienkreises am
Projekt erörtert. Einige Tage nach dieser Besprechung wurde dem genannten Abteilungsleiter in der GD XXIII
die Akte über das Projekt entzogen. Anschließend wurde gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet, das
zu seiner Entfernung aus dem Dienst führte.
13
Letztendlich wurde der Studienkreis nicht in das Projekt einbezogen. Am 29. März 1993 trafen die Klägerin,
Innovence, Tourconsult und 01 Pliroforiki eine förmliche Vereinbarung über die Verteilung der Aufgaben und
der Mittel im Rahmen des Projekts. Diese Verteilung wurde im Anfangsbericht der Klägerin, der im April 1993
eingereicht wurde, klar dargelegt.
14
Im Juli 1993 legte die Klägerin einen zweiten Bericht und im Oktober 1993 einen Abschlussbericht vor. Sie lud
die Kommission auch zu einer Vorführung der erzielten Ergebnisse ein, die am 15. November 1993 stattfand.
15
Mit Schreiben vom 30. November 1993 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass ihrer Auffassung nach die
bis zum 31. Oktober 1993 abgeschlossene Tätigkeit nicht in ausreichendem Maß dem entspreche, was im
Vorschlag vorgesehen gewesen sei, und dass sie die noch offenen 40 % des beabsichtigten Zuschusses
von 530 000 ECU für dieses Projekt nicht auszahlen werde. Die Kommission legte die Gründe, die sie zum
Erlass dieser Entscheidung veranlasst hatten, in den Nummern 1 bis 5 des genannten Schreibens wie folgt
dar:
„1.
Das Projekt ist in keiner Weise abgeschlossen. Der ursprüngliche Vorschlag sah eine Pilotphase als
fünften Abschnitt des Projekts vor. Die Abschnitte sechs und sieben waren der Bewertung des
Systems und seiner Erstreckung (auf zwölf Mitgliedstaaten) gewidmet, und aus dem Zeitplan auf Seite
17 des Vorschlags geht klar hervor, dass diese beiden Abschnitte als Teil des von der Kommission
mitzufinanzierenden Projekts abgeschlossen sein sollten.
2.
Der Pilot-Fragebogen war offenkundig für das fragliche Projekt im Hinblick insbesondere auf die zur
Verfügung stehenden Mittel und die Art des Projekts zu detailliert. Er hätte auf eine realistischere
Einschätzung der wesentlichen Informationen gestützt werden müssen, die die für Fragen des
Tourismus und der Umwelt Verantwortlichen benötigen ...
3.
Die Verbindung einer Anzahl von Datenbanken, um ein zugängliches System von Datenbanken zu
schaffen, war am 31. Oktober 1993 nicht abgeschlossen.
4.
Art und Qualität der Daten aus den Testgebieten sind sehr enttäuschend, zumal es nur um vier
Mitgliedstaaten mit jeweils drei Regionen ging. Ein großer Teil der im System vorhandenen Daten ist
entweder von marginalem Interesse oder für Fragen im Zusammenhang mit Umweltaspekten des
Tourismus insbesondere auf regionaler Ebene irrelevant.
5.
Diese und andere gleichfalls offenkundige Gründe zeigen zur Genüge, dass das Projekt von der
[Klägerin] schlecht geführt und koordiniert und nicht pflichtgemäß durchgeführt wurde.“
16
Außerdem unterrichtete die Kommission die Klägerin in diesem Schreiben davon, dass sie sich vergewissern
müsse, dass die bereits gezahlten 60 % des Zuschusses (318 000 ECU) entsprechend der Erklärung nur für
die Durchführung des Projekts verwendet worden seien, und machte in den Nummern 6 bis 12 des
Schreibens Anmerkungen zu dem Bericht der Klägerin über die Verwendung dieser Mittel.
17
Die Klägerin brachte u. a. in einem Schreiben an die Kommission vom 28. Dezember 1993 zum Ausdruck,
dass sie mit dem Inhalt des Schreibens vom 30. November 1993 nicht einverstanden sei. Am 29. April 1994
fand eine Besprechung zwischen der Klägerin und Vertretern der Kommission statt, um zwischen ihnen
bestehende Streitpunkte zu erörtern.
18
Mit der streitigen Entscheidung teilte ein Direktor in der Generaldirektion XXIII der Klägerin mit, dass deren
Schreiben vom 28. Dezember 1993 die Kommission nicht zu einer Änderung ihrer Auffassung habe
veranlassen können. Er hielt daran fest, dass die Kommission aus den Gründen, die sich aus dem Schreiben
vom 30. November 1993 ergäben, keine weiteren Zahlungen für das Projekt vornehmen werde. Außerdem
werde die Generaldirektion zusammen mit den anderen Diensten weiter die Frage einer Rückforderung eines
Teils der bereits gezahlten 60 % des Zuschusses prüfen.
Verfahren
19
Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 13. Oktober 1994 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist,
Klage auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung erhoben.
20
Mit Urteil vom 15. Oktober 1997 in der Rechtssache T‑331/94 (IPK/Kommission, Slg. 1997, II‑1665) hat das
Gericht die Klage abgewiesen.
21
In Randnummer 47 dieses Urteils hat das Gericht ausgeführt:
„ ... kann die Klägerin der Kommission auch nicht vorwerfen, die Verzögerungen in der Durchführung des
Projekts verursacht zu haben. Die Klägerin hat erst im März 1993 Verhandlungen mit ihren Partnern über die
Verteilung der Aufgaben für die Durchführung des Projekts geführt, dessen Koordinatorin sie war. Sie hat
damit die Hälfte der für die Durchführung des Projekts vorgesehenen Zeit verstreichen lassen, ohne mit
effektiven Arbeiten beginnen zu können. Selbst wenn die Klägerin Hinweise dafür beigebracht hat, dass ein
oder mehrere Beamte der Kommission sich in der Zeit von November 1992 bis zum Februar 1993 in
problematischer Weise in das Projekt eingemischt haben, so hat sie doch nicht aufgezeigt, dass diese
Einmischungen ihr die Möglichkeit nahmen, vor März 1993 eine wirksame Zusammenarbeit mit ihren Partnern
in die Wege zu leiten.“
22
Die Klägerin hat mit Rechtsmittelschrift, die am 22. Dezember 1997 bei der Kanzlei des Gerichtshofes
eingegangen ist, gemäß Artikel 49 der EG-Satzung des Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen das Urteil
IPK/Kommission des Gerichts vom 15. Oktober 1997 eingelegt.
23
In seinem Urteil vom 5. Oktober 1999 in der Rechtssache C‑433/97 P (IPK/Kommission, Slg. 1999, I‑6795) hat
der Gerichtshof ausgeführt:
„15
Wie sich aus Randnummer 47 des [Urteils IPK/Kommission des Gerichts vom 15. Oktober 1997] ergibt,
hat die [Klägerin] Hinweise für Einmischungen in die Durchführung des Projekts beigebracht. Diese
Einmischungen von Beamten der Kommission, die in Randnummern 9 und 10 des [o. g. Urteils
IPK/Kommission des Gerichts] näher beschrieben sind, könnten Auswirkungen auf die
ordnungsgemäße Abwicklung des Projekts gehabt haben.
16
Unter diesen Umständen war es Sache der Kommission, nachzuweisen, dass die [Klägerin] trotz der
fraglichen Vorkommnisse weiterhin imstande war, das Projekt zufrieden stellend durchzuführen.
17
Demzufolge hat das Gericht einen Rechtsfehler begangen, als es von der [Klägerin] den Nachweis
gefordert hat, dass ihr durch die Vorgehensweise der Beamten der Kommission die Möglichkeit
genommen wurde, eine wirksame Zusammenarbeit mit den Projektpartnern in die Wege zu leiten.“
24
Der Gerichtshof hat folglich das Urteil IPK/Kommission des Gerichts vom 15. Oktober 1997 aufgehoben und
die Rechtssache nach Artikel 54 Absatz 1 der EG-Satzung des Gerichtshofes an das Gericht zurückverwiesen.
25
Nach dieser Zurückverweisung hat sich die Klägerin vor dem Gericht auf zwei Nichtigkeitsgründe berufen,
nämlich auf Verstöße gegen bestimmte allgemeine Rechtsgrundsätze und gegen Artikel 190 EG‑Vertrag
(jetzt Artikel 253 EG).
Angefochtenes Urteil
26
Zum Streitgegenstand hat das Gericht in Randnummer 35 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass das
Schreiben vom 30. November 1993 aus zwei Teilen bestehe. Der erste Teil mit den Nummern 1 bis 5 der
Gründe betreffe die Weigerung der Kommission, die zweite Rate des Zuschusses zu zahlen, und enthalte
somit die Gründe für die streitige Entscheidung. Der zweite Teil mit den Nummern 6 bis 12 der Gründe
betreffe die etwaige Rückforderung der bereits gezahlten 60 % des Zuschusses.
27
In Randnummer 36 des angefochtenen Urteils hat das Gericht ausgeführt, dass die Nummern 6 bis 12 der
Gründe des Schreibens vom 30. November 1993, wie die Kommission in der Sitzung eingeräumt habe, nicht
zu den Gründen der streitigen Entscheidung gehörten. Da diese Nummern nur eine etwaige künftige
Entscheidung der Kommission, die Rückzahlung des bereits gezahlten Teils des Zuschusses zu fordern,
betroffen hätten, sei das dazu von der Klägerin in der Klageschrift entwickelte Vorbringen unzulässig.
28
Zum ersten Klagegrund, mit dem ein Verstoß gegen mehrere allgemeine Rechtsgrundsätze gerügt wurde,
hat das Gericht, erstens, in den Randnummern 42 bis 55 des angefochtenen Urteils das Vorbringen der
Parteien zum vorgesehenen Termin für den Abschluss des Projekts zusammengefasst. Es kam zu dem
Schluss, dass die Entscheidung über die Gewährung des Zuschusses vom 4. August 1992 und die ihr
beigefügte Erklärung die Klägerin verpflichtet hätten, das Projekt bis zum 31. Oktober 1993 abzuschließen,
und dass die Klägerin auf Seite 89 ihres Abschlussberichts auch eingeräumt habe, dass dies der Termin für
den Abschluss des Projekts gewesen sei.
29
Zweitens hat das Gericht in den Randnummern 56 bis 63 des angefochtenen Urteils das Vorbringen der
Parteien zum Stand des Projekts am 31. Oktober 1993 untersucht und daraus den Schluss gezogen, dass
das Projekt zu diesem Zeitpunkt unstreitig zumindest hinsichtlich des Abschnitts 7 nicht dem Vorschlag der
Klägerin entsprach.
30
Drittens hat das Gericht in den Randnummern 64 bis 75 des angefochtenen Urteils die Umstände
aufgeführt, die von der Klägerin zur Rechtfertigung der Überschreitung des Endtermins 31. Oktober 1993
geltend gemacht werden, nämlich die verspätete Auszahlung der ersten Zuschussrate, die Besprechung
vom 24. November 1992 und die Versuche der Kommission, den Studienkreis in die Durchführung des
Projekts einzubeziehen. Nach Auffassung des Gerichts geht aus den Akten hervor, dass die Kommission die
Klägerin ab Sommer 1992 bis mindestens 15. März 1993 unter Druck gesetzt hat, um den Studienkreis in das
Projekt einzubinden.
31
Viertens hat das Gericht in den Randnummern 76 bis 85 des angefochtenen Urteils geprüft, ob die
Kommission den Nachweis erbracht hat, dass die Klägerin trotz der Einmischungen mit dem Ziel, den
Studienkreis an dem Projekt zu beteiligen, weiterhin imstande war, das Projekt zufrieden stellend
durchzuführen (vgl. das Urteil IPK/Kommission des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1999, Randnr. 16). Da die
Einmischung der Kommission die Durchführung des Projekts bis März 1993 verzögert habe, lasse sich – so
das Gericht in Randnummer 84 des angefochtenen Urteils – nicht sagen, es sei auch auf die Unfähigkeit der
Klägerin zurückzuführen, dass das Projekt am 31. Oktober 1993 nur teilweise durchgeführt gewesen sei.
32
In dem angefochtenen Urteil hat das Gericht insbesondere ausgeführt:
„85
Mangels weiterer Argumente hat die Kommission somit nicht den Nachweis erbracht, dass die Klägerin
trotz ihrer Einmischungen, insbesondere jener mit dem Ziel, den Studienkreis am … Projekt zu
beteiligen, ‚weiterhin imstande war, das Projekt zufrieden stellend durchzuführen‘.
86
Da zum einen die Kommission von Sommer 1992 bis mindestens 15. März 1993 gegenüber der Klägerin
darauf drängte, den Studienkreis – dessen Beteiligung am Projekt weder im Vorschlag der Klägerin
noch in der Entscheidung über die Gewährung der Subvention vorgesehen war – in das Projekt
einzubinden, was zwangsläufig eine Verzögerung des Projekts bewirken musste, und da zum anderen
die Kommission nicht den Nachweis erbracht hat, dass die Klägerin trotz dieser Einmischung weiterhin
imstande war, das Projekt zufrieden stellend durchzuführen, hat die Kommission gegen den Grundsatz
von Treu und Glauben verstoßen, als sie sich mit der Begründung, das Projekt sei am 31. Oktober
1993 nicht abgeschlossen gewesen, weigerte, die zweite Subventionsrate zu zahlen.“
33
Das Gericht hat damit diesen Klagegrund durchdringen lassen, ohne die anderen Verhaltensweisen der
Kommission zu untersuchen.
34
In den Randnummern 88 und 89 des angefochtenen Urteils hat das Gericht das Vorbringen der Kommission
hinsichtlich eines kollusiven Zusammenwirkens zwischen dem in Randnummer 10 des vorliegenden Urteils
genannten Abteilungsleiter in der GD XXIII Tzoanos, dem Unternehmen 01 Pliroforiki und der Klägerin
wiedergegeben. Sodann hat es dieses Vorbringen wie folgt zurückgewiesen:
„90
Weder in der [streitigen] Entscheidung noch in dem darin in Bezug genommenen Schreiben vom 30.
November 1993 ist die Rede von einem kollusiven Zusammenwirken von Herrn Tzoanos, 01 Pliroforiki
und der Klägerin, das der Zahlung der zweiten Subventionsrate an letztere entgegengestanden hätte.
Die [streitige] Entscheidung und das Schreiben vom 30. November 1993 enthalten außerdem keinen
Hinweis darauf, dass die Kommission der Ansicht war, dass die Subvention der Klägerin nicht
ordnungsgemäß gewährt worden sei. Damit ist das Vorbringen der Kommission zum angeblichen
kollusiven Zusammenwirken zwischen den Beteiligten nicht als Klarstellung von bereits in der
[streitigen] Entscheidung vorgebrachten Gründen während des Verfahrens anzusehen (siehe in
diesem Sinn Urteil des Gerichtshofes vom 26. November 1981 in der Rechtssache 195/80,
Michel/Parlament, Slg. 1981, 2861, Randnr. 22, Urteile des Gerichts vom 12. Dezember 1996 in der
Rechtssache T‑16/91 RV, Rendo u. a./Kommission, Slg. 1996, II‑1827, Randnr. 45, und vom 25. Mai
2000 in der Rechtssache T‑77/95 RV, Ufex u. a./Kommission, Slg. 2000, II‑2167, Randnr. 54).
91
Da das Gericht nach Artikel 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) nur die
Rechtmäßigkeit der [streitigen] Entscheidung auf der Grundlage der darin enthaltenen Gründe
überprüft, ist das Vorbringen der Kommission zum Grundsatz fraus omnia corrumpit zurückzuweisen.
92
Wenn außerdem die Kommission nach Erlass der [streitigen] Entscheidung der Ansicht war, dass die
in Randnummer 89 erwähnten Anhaltspunkte belegten, dass Herr Tzoanos, 01 Pliroforiki und die
Klägerin kollusiv zusammengewirkt und dadurch einen Verfahrensfehler bei der Gewährung der
Subvention für das … Projekt verursacht hätten, so hätte sie, statt im vorliegenden Verfahren einen in
der [streitigen] Entscheidung nicht erwähnten Grund vorzubringen, diese zurücknehmen und eine
neue Entscheidung erlassen können, mit der nicht nur die Zahlung der zweiten Subventionsrate
verweigert, sondern auch die Rückzahlung der bereits gezahlten ersten Rate hätte angeordnet
werden können.
93
Nach alledem ist die [streitige] Entscheidung für nichtig zu erklären, ohne dass der andere von der
Klägerin vorgebrachte Klagegrund zu prüfen wäre.“
35
Folglich hat das Gericht die streitige Entscheidung für nichtig erklärt und der Kommission ihre eigenen sowie
die Kosten der Klägerin aus den Verfahren vor dem Gericht und dem Gerichtshof auferlegt.
Die Rechtsmittel
36
Die Klägerin beantragt mit ihrem Rechtsmittel,
das angefochtene Urteil aufzuheben, soweit darin unter den Randnummern 34 bis 36 davon
ausgegangen wird, dass die Nummern 6 bis 12 in den Gründen des Schreibens der Kommission vom
30. November 1993 nicht zu den Gründen der streitigen Entscheidung gehörten;
das Rechtsmittel der Kommission als unzulässig oder hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen;
der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
37
Die Klägerin trägt für ihr Rechtsmittel drei Gründe vor: erstens eine Verkennung des Streitgegenstands,
zweitens eine Verletzung der Begründungspflicht und drittens einen Verstoß gegen die Bindungswirkung des
o. g. Urteils IPK/Kommission des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1999.
38
Die Kommission beantragt mit ihrem Rechtsmittel,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage gegen die streitige Entscheidung abzuweisen;
hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Rechtssache an das Gericht
zurückzuverweisen;
das Rechtsmittel der Klägerin als unzulässig oder hilfsweise als unbegründet zurückzuweisen;
der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
39
Die Kommission beruft sich in ihrer Rechtsmittelschrift auf fünf Gründe: erstens auf eine unvollständige
Würdigung der Begründung der streitigen Entscheidung und einen Verstoß gegen das Verbot
ungerechtfertigter Bereicherung, zweitens auf eine fehlerhafte Würdigung des angeblichen kollusiven
Zusammenwirkens zwischen Herrn Tzoanos, dem Unternehmen 01 Pliroforiki und der Klägerin, drittens auf
eine fehlerhafte Würdigung des Vorschlags der Kommission, den Studienkreis in das Projekt einzubeziehen,
viertens auf eine unterlassene Prüfung der Folgen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben und fünftens
auf eine unterlassene Prüfung der Grundsätze dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est und fraus
omnia corrumpit.
Zur Zulässigkeit der Rechtsmittel
40
Artikel 92 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes lautet:
„Der Gerichtshof kann jederzeit von Amts wegen prüfen, ob unverzichtbare Prozessvoraussetzungen fehlen,
oder nach Anhörung der Parteien feststellen, dass die Klage gegenstandslos geworden und die Hauptsache
erledigt ist; die Entscheidung ergeht gemäß Artikel 91 §§ 3 und 4.“
41
In Artikel 49 Absätze 1 und 2 der EG-Satzung des Gerichtshofes heißt es:
„Gegen die Endentscheidungen des Gerichts und gegen die Entscheidungen, die über einen Teil des
Streitgegenstands ergangen sind oder die einen Zwischenstreit beenden, der eine Einrede der
Unzuständigkeit oder Unzulässigkeit zum Gegenstand hat, kann ein Rechtsmittel beim Gerichtshof eingelegt
werden; die Rechtsmittelfrist beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung der angefochtenen
Entscheidung.
Dieses Rechtsmittel kann von einer Partei eingelegt werden, die mit ihren Anträgen ganz oder teilweise
unterlegen ist. …“
42
Wie sich aus Randnummer 28 des angefochtenen Urteils ergibt, hatte die Klägerin beantragt, die streitige
Entscheidung für nichtig zu erklären. Indem das Gericht diese Entscheidung im Tenor des angefochtenen
Urteils insgesamt für nichtig erklärt hat, hat es dem Antrag der Klägerin demnach in vollem Umfang
stattgegeben. Daraus folgt, dass die Klägerin, da sie mit ihren Anträgen bei dem Gericht weder ganz noch
teilweise unterlegen ist, nach Artikel 49 Absatz 2 der EG-Satzung des Gerichtshofes gegen das
angefochtene Urteil kein Rechtsmittel beim Gerichtshof einlegen kann.
43
Somit ist das Rechtsmittel der Klägerin als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass die von der Kommission
erhobene Einrede der Unzulässigkeit geprüft werden müsste.
44
Die Klägerin macht geltend, dass das von der Kommission eingelegte Rechtsmittel offensichtlich unzulässig
sei. Die Kommission rüge ausdrücklich nur Verfahrensfehler. Jedoch handele es sich dabei gar nicht um
Verfahrensfehler, die im Rahmen eines Rechtsmittelverfahrens vor dem Gerichtshof geltend gemacht werden
könnten. Denn Verfahrensfehler seien nur Verstöße gegen Normen über das gerichtliche Verfahren, die
weder den Inhalt des Urteils noch Fehler bei der Anwendung des materiellen Rechts beträfen.
45
Außerdem stelle eine unvollständige oder fehlerhafte rechtliche Würdigung, wie sie die Kommission mit ihrer
ersten, zweiten und dritten Verfahrensfehlerrüge geltend mache, keinen solchen Verfahrensfehler dar. Das
ergebe sich daraus, dass die fehlerhafte oder unvollständige rechtliche Würdigung den Inhalt eines Urteils
betreffe. Darüber hinaus stelle die unterlassene Prüfung der Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen
allgemeine Rechtsgrundsätze einen materiellen Fehler bei der Rechtsfindung und keinen Verfahrensfehler
dar.
46
Im Übrigen beträfen die erste, die zweite, die vierte und die fünfte Rüge zum einen die Frage der angeblichen
Schlechtleistung der Klägerin und zum anderen die Frage eines angeblichen, wider besseres Wissen
behaupteten kollusiven Zusammenwirkens zwischen dem Abteilungsleiter in der GD XXIII, dem Unternehmen
01 Pliroforiki und der Klägerin. Dabei handele es sich indes allein um tatsächliche Fragen, die nicht der
Nachprüfung durch den Gerichtshof unterlägen, der im Rechtsmittelverfahren allein auf eine Rechtskontrolle
beschränkt sei. In Wirklichkeit ziele das Rechtsmittel der Kommission auf die erneute Prüfung der bereits vor
dem Gericht vorgetragenen Argumente ab, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes nicht möglich
sei.
47
Hierzu ist, erstens, zu sagen, dass alle Rechtsmittelgründe der Kommission darauf gerichtet sind, die
Entscheidung des Gerichts über Rechtsfragen in Frage zu stellen, und somit auf eine Überprüfung der
rechtlichen Bewertung der Tatsachen und der vom Gericht daraus abgeleiteten Rechtsfolgen abzielen; die
Einrede der Unzulässigkeit, die die Klägerin mit dem Vortrag erhoben hat, diese Rechtsmittelgründe bezögen
sich nur auf die Beurteilung der Tatsachen durch das Gericht, ist daher unbegründet. Dass die Kommission
diese Gründe fehlerhaft als angebliche Verfahrensunregelmäßigkeiten bezeichnet hat, ist für die Frage ihrer
Zulässigkeit irrelevant.
48
Zweitens folgt aus den Artikeln 225 EG, 58 Absatz 1 der Satzung des Gerichtshofes und 112 § 1 Buchstabe c
der Verfahrensordnung des Gerichtshofes, dass ein Rechtsmittel die beanstandeten Teile des Urteils,
dessen Aufhebung beantragt wird, sowie das rechtliche Vorbringen, das diesen Antrag spezifisch stützt,
genau bezeichnen muss (vgl. insbesondere Urteile vom 4. Juli 2000 in der Rechtssache C‑352/98 P,
Bergaderm und Goupil/Kommission, Slg. 2000, I‑5291, Randnr. 34, vom 8. Januar 2002 in der Rechtssache
C‑248/99 P, Frankreich/Monsanto und Kommission, Slg. 2002, I‑1, Randnr. 68, und vom 6. März 2003 in der
Rechtssache C‑41/00 P, Interporc/Kommission, Slg. 2003, I‑2125, Randnr. 15).
49
Ein Rechtsmittel, das nur die bereits vor dem Gericht geltend gemachten Klagegründe oder Argumente
einschließlich derjenigen wiederholt oder wörtlich wiedergibt, die auf ein ausdrücklich vom Gericht
zurückgewiesenes Tatsachenvorbringen gestützt waren, genügt somit nicht den
Begründungserfordernissen, die sich aus diesen Vorschriften ergeben (vgl. insbesondere Beschluss vom 25.
März 1998 in der Rechtssache C‑174/97 P, FFSA u. a./Kommission, Slg. 1998, I‑1303, Randnr. 24, und Urteil
Interporc/Kommission, Randnr. 16).
50
Jedoch können im ersten Rechtszug geprüfte Rechtsfragen in einem Rechtsmittelverfahren erneut
aufgeworfen werden, wenn ein Rechtsmittelführer die Auslegung oder Anwendung des Gemeinschaftsrechts
durch das Gericht beanstandet (Urteil vom 13. Juli 2000 in der Rechtssache C‑210/98 P,
Salzgitter/Kommission, Slg. 2000, I‑5843, Randnr. 43). Denn wenn Rechtsmittelführer ihr Rechtsmittel nicht
auf bereits vor dem Gericht geltend gemachte Klagegründe und Argumente stützen könnten, würde dem
Rechtsmittelverfahren ein Teil seiner Bedeutung genommen (vgl. insbesondere Urteil Interporc/Kommission,
Randnr. 17, und Beschluss vom 11. November 2003 in der Rechtssache C‑488/01 P, Martinez/Parlament, Slg.
2003, I-0000, Randnr. 39).
51
Im vorliegenden Fall wird mit dem Rechtsmittel aber gerade die Entscheidung des Gerichts über mehrere ihm
in erster Instanz unterbreitete Rechtsfragen gerügt. Das Rechtsmittel enthält genaue Angaben zu den
gerügten Aspekten des Urteils sowie zu den Gründen und Argumenten, auf die es gestützt wird.
52
Doch ist nach Artikel 118 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes Artikel 42 § 2 dieser Verfahrensordnung,
der neues Vorbringen im Laufe des Verfahrens grundsätzlich ausschließt, auf das Verfahren vor dem
Gerichtshof über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Gerichts anwendbar. Im Rahmen eines
Rechtsmittels kann der Gerichtshof daher nur überprüfen, wie das Gericht das vor ihm erörterte Vorbringen
gewürdigt hat (vgl. Urteile vom 1. Juni 1994 in der Rechtssache C‑136/92 P, Kommission/Brazzelli Lualdi u. a.,
Slg. 1994, I‑1981, Randnr. 59, und vom 28. Mai 1998 in der Rechtssache C‑7/95 P, Deere/Kommission,
Slg. 1998, I‑3111, Randnr. 62, sowie Beschluss vom 28. Juni 2001 in der Rechtssache C‑352/99 P, Eridania
u. a./Rat, Slg. 2001, I‑5037, Randnrn. 52 und 53).
53
Was dies betrifft, rügt die Kommission zum einen mit dem ersten Teil ihres ersten Rechtsmittelgrundes, das
Gericht habe die Begründung der streitigen Entscheidung unvollständig gewürdigt, indem es außer Acht
gelassen habe, dass diese Entscheidung auf zwei völlig verschiedenen Gründen beruhe, nämlich erstens
darauf, dass das Projekt zum 31. Oktober 1993 nicht abgeschlossen gewesen sei, da die Abschnitte 6 und 7
gefehlt hätten (vgl. Nrn. 1 und 3 des Schreibens vom 30. November 1993), und zweitens darauf, dass die
von der Klägerin in den Abschnitten 1 bis 5 bereits durchgeführte und zu einem hohen Preis abgerechnete
Arbeit unbrauchbar gewesen sei (vgl. Nrn. 2 und 4 des genannten Schreibens).
54
Obwohl die Ausführungen der Kommission unter den Nummern 2 und 4 des Schreibens vom 30. November
1993 nicht die Projektabschnitte 6 und 7 beträfen, sondern die vorgelagerten Phasen des Projektes, in
denen die Klägerin umfangreiche, aber sinnlose Arbeiten durchgeführt habe, für die sie offensichtlich auch
genug Zeit gehabt habe, beziehe sich das angefochtene Urteil, indem es allein die Nummer 1 dieses
Schreibens zitiere, ausschließlich auf die unterbliebene Durchführung dieser Projektabschnitte 6 und 7. Da
das Gericht diesen zweiten Grund, den die Kommission in der streitigen Entscheidung für die Verweigerung
der Zahlung angeführt habe, nicht geprüft habe, sei das angefochtene Urteil unzureichend begründet und
rechtsfehlerhaft.
55
Wie der Generalanwalt jedoch in Nummer 45 seiner Schlussanträge festgestellt hat, hat die Kommission vor
dem Gericht nicht geltend gemacht, dass die Ausführungen in den Nummern 2 und 4 des Schreibens vom
30. November 1993 für sich allein ausreichten, um die Entscheidung zu begründen und vor der
Nichtigerklärung durch das Gericht wegen Verstoßes gegen den Grundsatz von Treu und Glauben zu
bewahren.
56
Da der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrundes somit auf neuem Vorbringen beruht, ist er als unzulässig
zurückzuweisen.
57
Zum anderen rügt die Kommission mit ihrem vierten Rechtsmittelgrund, dass das Gericht aus dem Verstoß
gegen den Grundsatz von Treu und Glauben die Nichtigkeit der streitigen Entscheidung insgesamt
abgeleitet habe. Das Gericht habe zu Unrecht eine Korrelation zwischen dem finanziellen Wert der nicht
durchgeführten Projektabschnitte 6 und 7 und der Höhe der nicht gezahlten zweiten Zuschussrate
unterstellt, d. h., es sei davon ausgegangen, dass der Wert der Projektabschnitte 6 und 7 genau 40 % der
gesamten Projektkosten betrage.
58
Das Gericht habe die streitige Entscheidung nur insoweit für nichtig erklären dürfen, als die Kommission es
darin abgelehnt habe, sich finanziell an den Kosten zu beteiligen, die der [Klägerin] rechtmäßig für die
Projektabschnitte 6 und 7 aufgewandt habe, die anschließend aus Zeitmangel nicht verwirklicht worden
seien. Indem das Gericht in Randnummer 93 des angefochtenen Urteils erklärt habe, dass die Entscheidung
insgesamt für nichtig zu erklären sei, habe es einen Rechtsfehler begangen.
59
Jedoch hat die Kommission vor dem Gericht weder beantragt, die Entscheidung ggf. nur teilweise für nichtig
zu erklären, noch einen Grund wie den hier vorgebrachten geltend gemacht.
60
Daraus folgt, dass die Kommission, weil sie sich vor dem Gerichtshof auf neues Vorbringen beruft, dem
Gericht nicht vorwerfen kann, dass es die streitige Entscheidung nicht nur zum Teil, nämlich in Bezug auf die
Weigerung der Kommission, den Zuschuss für die Projektabschnitte 6 und 7 zu zahlen, für nichtig erklärt hat,
so dass der vierte Rechtsmittelgrund als unzulässig zurückzuweisen ist.
61
Aus dem Vorstehenden ergibt sich insgesamt, dass das Rechtsmittel der Kommission mit Ausnahme des
ersten Teils des ersten Rechtsmittelgrundes und des vierten Rechtsmittelgrundes zulässig ist.
Zur Begründetheit des Rechtsmittels der Kommission
62
Mit ihrem zweiten und ihrem fünften Rechtsmittelgrund, die zusammen an erster Stelle zu prüfen sind, rügt
die Kommission, das Gericht habe die Ausführungen in den Randnummern 15 und 16 des Urteils
IPK/Kommission des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1999 insbesondere zur Bedeutung des behaupteten
kollusiven Zusammenwirkens zwischen dem Abteilungsleiter in der GD XXIII, dem Unternehmen 01 Pliroforiki
und der Klägerin verkannt.
63
Diese Kollusion habe die Durchführung des Projekts mindestens bis Februar 1993 verzögert, da sich zum
einen die Projektpartner nicht über die von dem genannten Abteilungsleiter in der GD XXIII geforderte
Aufteilung der Mittel zugunsten des griechischen Partners hätten einigen können, wodurch das Projekt
stagniert habe, und da zum anderen die Klägerin die Machenschaften des Abteilungsleiters ausdrücklich
gedeckt habe. Nach den Randnummern 15 und 16 des Urteils IPK/Kommission des Gerichtshofes vom 5.
Oktober 1999 hätte das Gericht überprüfen müssen, ob die Kommission den Nachweis erbracht habe, dass
die Klägerin trotz der fraglichen Machenschaften imstande gewesen sei, das Projekt zufrieden stellend
durchzuführen. Somit habe das Gericht einen Rechtsfehler begangen, indem es ihr Vorbringen zur Kollusion
als nicht zur Sache gehörig außer Acht gelassen habe.
64
Zum anderen habe das Gericht mit der Feststellung, dass es kein Strafgericht sei und die Frage einer
solchen Kollusion nicht prüfen könne, die Grundsätze dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est und
fraus omnia corrumpit verkannt.
65
Die Klägerin trägt dagegen vor, es habe kein kollusives Zusammenwirken zwischen dem Abteilungsleiter in
der GD XXIII, dem Unternehmen 01 Pliroforiki und ihr selbst gegeben. Jedenfalls sei die Rechtmäßigkeit der
Entscheidung allein anhand der Begründung zu beurteilen, mit der sie erlassen worden sei, und die streitige
Entscheidung enthalte, wie das Gericht ausgeführt habe, keine Feststellungen zu einem angeblichen
kollusiven Zusammenwirken der Klägerin mit dem genannten Abteilungsleiter und dem Unternehmen 01
Pliroforiki.
66
Nach ständiger Rechtsprechung soll die Verpflichtung, eine beschwerende Entscheidung zu begründen, dem
Gerichtshof die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung dem Betroffenen die Feststellung
ermöglichen, ob die Entscheidung begründet ist oder ob sie unter einem Mangel leidet, aufgrund dessen
ihre Rechtmäßigkeit in Frage gestellt werden kann. Daraus ergibt sich, dass die Begründung dem
Betroffenen grundsätzlich gleichzeitig mit der ihn beschwerenden Entscheidung mitzuteilen ist und dass das
Fehlen der Begründung nicht dadurch geheilt werden kann, dass der Betroffene die Gründe für die
Entscheidung während des Verfahrens vor dem Gerichtshof erfährt (Urteil Michel/Parlament, Randnr. 22).
67
Außerdem hat sich das Gericht nach Artikel 173 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 230 EG) auf eine
Überprüfung der Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung anhand der darin aufgeführten Gründe zu
beschränken.
68
Im vorliegenden Fall hat es die Kommission mit der streitigen Entscheidung aus den Gründen, die in dem
Schreiben vom 30. November 1993 aufgeführt sind, abgelehnt, der Klägerin die noch ausstehenden 40 %
des für das Projekt vorgesehenen finanziellen Zuschusses von 530 000 ECU zu zahlen. In diesem Schreiben
teilte die Kommission der Klägerin mit, dass ihrer Auffassung nach die bis zum 31. Oktober 1993
abgeschlossene Arbeit nicht in ausreichendem Maß dem entspreche, was im Vorschlag vorgesehen
gewesen sei, und gab in den Nummern 1 bis 6 des Schreibens die Gründe für den Erlass dieser
Entscheidung an.
69
Aus Randnummer 15 des vorliegenden Urteils ergibt sich, dass eine Kollusion zwischen dem Abteilungsleiter
in der GD XXIII, 01 Pliroforiki und der Klägerin weder in dem Schreiben vom 30. November 1993 noch in der
streitigen Entscheidung erwähnt wird. Daher hat das Gericht in Randnummer 90 des angefochtenen Urteils
zu Recht angenommen, dass ein solches kollusives Zusammenwirken nicht zu den Gründen der streitigen
Entscheidung gehöre.
70
Im Übrigen hat das Gericht aus der Annahme, dass das Schreiben vom 30. November 1993 und die streitige
Entscheidung keinen Hinweis darauf enthalten hätten, dass die Kommission der Ansicht gewesen sei, dass
der finanzielle Zuschuss der Klägerin nicht ordnungsgemäß gewährt worden sei, zu Recht den Schluss
gezogen, dass das Vorbringen der Kommission zum angeblichen kollusiven Zusammenwirken zwischen den
Beteiligten nicht als Klarstellung von bereits in der streitigen Entscheidung vorgebrachten Gründen während
des Verfahrens anzusehen sei und dass daher die in Randnummer 66 des vorliegenden Urteils angeführte
Rechtsprechung Anwendung finde.
71
Daher konnte das Gericht in Randnummer 91 des angefochtenen Urteils aus der Gesamtheit dieser Gründe
rechtsfehlerfrei den Schluss ziehen, dass das Vorbringen der Kommission zum Grundsatz fraus omnia
corrumpit nicht durchgreife. Da der Grundsatz dolo agit, qui petit, quod statim redditurus est vor dem
Gericht nicht geltend gemacht worden ist, ist das Vorbringen der Kommission, das Gericht habe diesen
Grundsatz verkannt, unzulässig.
72
Somit sind der zweite und der fünfte Rechtsmittelgrund der Kommission als teilweise unbegründet und
teilweise unzulässig zurückzuweisen.
73
Mit dem dritten Rechtsmittelgrund, der an zweiter Stelle zu untersuchen ist, macht die Kommission geltend,
dass das Gericht in den Randnummern 64 bis 86 des angefochtenen Urteils ihren Vorschlag der Beteiligung
des Studienkreises fehlerhaft und widersprüchlich gewürdigt habe.
74
Obwohl das Gericht festgestellt habe, dass sie die Gewährung des finanziellen Zuschusses nicht von der
Zustimmung zur Beteiligung des Studienkreises abhängig gemacht habe, habe es ausgeführt, dass sie eine
solche Beteiligung durch eine entsprechende Bedingung in der Entscheidung über die Bewilligung hätte
durchsetzen können. Damit seien die Erwägungen des Gerichts widersprüchlich, da es nichtsdestotrotz den
Schluss gezogen habe, dass der tatsächliche Vorschlag der Kommission über die Beteiligung des
Studienkreises gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen habe.
75
Dieser Rechtsmittelgrund beruht auf einem fehlerhaften Verständnis des angefochtenen Urteils.
76
Das Gericht hat in Randnummer 69 des angefochtenen Urteils ausgeführt, dass die Kommission, wenn sie
die Beteiligung des Studienkreises als für die erfolgreiche Durchführung des Projekts für wichtig oder
wünschenswert angesehen hätte, diese in ihrer Entscheidung über die Gewährung des Zuschusses zur
Bedingung hätte machen können. Die möglichen Bewerber hätten dann gewusst, woran sie seien, und
entsprechend disponieren können. Aus den Akten ergibt sich jedoch, dass die Kommission in ihrer
Entscheidung über die Gewährung des Zuschusses den Vorschlag der Klägerin akzeptiert hatte, ohne eine
mögliche Beteiligung des Studienkreises an der Durchführung des Projekts zur Bedingung zu machen.
77
Im Übrigen übte die Kommission, wie das Gericht in den Randnummern 70 bis 75 des angefochtenen Urteils
ausgeführt hat, von Sommer 1992 bis mindestens zum 15. März 1993 Druck auf die Klägerin aus, den
Studienkreis in das Projekt einzubinden. Das Gericht hat demnach zu Recht entschieden, dass dieser Druck
der Kommission auf die Klägerin eine Einmischung darstellte, die die Klägerin bei der Durchführung des
Projekts behinderte.
78
In den Randnummern 76 bis 85 des angefochtenen Urteils hat das Gericht außerdem ausgeführt, dass die
Kommission nicht den Beweis erbracht habe, dass die Klägerin trotz ihrer Einmischungen, insbesondere
jener mit dem Ziel, den Studienkreis am Projekt zu beteiligen, weiterhin imstande war, das Projekt zufrieden
stellend durchzuführen. Daher hat das Gericht in Randnummer 86 seines Urteils zu Recht den Schluss
gezogen, dass die Kommission gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstoßen habe, als sie sich mit
der Begründung, das Projekt sei am 31. Oktober 1993 nicht abgeschlossen gewesen, geweigert habe, die
zweite Zuschussrate zu zahlen.
79
Demnach kann diese Analyse des Gerichts entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht als
widersprüchlich angesehen werden.
80
Somit ist der dritte Rechtsmittelgrund als unbegründet zurückzuweisen.
81
Mit dem zweiten Teil ihres ersten Rechtsmittelgrundes, der zuletzt zu prüfen ist, wirft die Kommission dem
Gericht vor, eine ungerechtfertigte Bereicherung der Klägerin veranlasst zu haben, weil es die Gemeinschaft
ohne angemessene rechtliche Prüfung verpflichte, sinnlose und projektwidrige Arbeiten zu bezahlen.
82
Dazu ist darauf zu verweisen, dass der Gerichtshof im Rahmen seiner Kontrolle der Handlungen der
Gemeinschaftsorgane die angefochtene Handlung, wenn eine Klage begründet ist, nach Artikel 231 Absatz
1 EG für nichtig erklärt.
83
Nach Artikel 233 Absatz 1 EG hat das Organ, dem das für nichtig erklärte Handeln zur Last fällt, die sich aus
dem Urteil des Gerichtshofes ergebenden Maßnahmen zu ergreifen. Diese Vorschrift verpflichtet das
betreffende Organ, anstelle der für nichtig erklärten Handlung keine Handlung zu setzen, die eben die Fehler
aufweist, die im Nichtigkeitsurteil festgestellt wurden (Urteil vom 14. September 1999 in der Rechtssache
C‑310/97 P, Kommission/AssiDomän Kraft Products u. a., Slg. 1999, I‑5363, Randnr. 56).
84
Mit ihrer Rüge verkennt die Kommission sowohl die Wirkung des angefochtenen Urteils nach Artikel 231
Absatz 1 EG, mit dem die streitige Entscheidung für nichtig erklärt wurde, als auch die Maßnahmen, die sie
nach Artikel 233 Absatz 1 EG treffen muss, um diesem Urteil nachzukommen.
85
Das Gericht hat die streitige Entscheidung, mit der die Kommission der Klägerin die noch nicht gezahlten
40 % des für das Projekt vorgesehenen Zuschusses von 530 000 ECU verweigert hat, für nichtig erklärt. In
Randnummer 94 des angefochtenen Urteils hat es ausgeführt, dass die Kommission die sich aus diesem
Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen habe. Das Gericht hat der Kommission damit auferlegt, anstelle
der streitigen Entscheidung eine Entscheidung zu erlassen, die nicht eben die Fehler aufweist, die im
angefochtenen Urteil festgestellt wurden. Entgegen dem Vorbringen der Kommission hat es die
Gemeinschaft nicht verpflichtet, die noch nicht ausgezahlten 40 % des Zuschusses zu gewähren, und sie
damit nicht gezwungen, Arbeiten zu vergüten, die nach Ansicht der Kommission sinnlos und projektwidrig
sind.
86
Somit ist der zweite Teil des ersten Rechtsmittelgrundes als unbegründet zurückzuweisen.
87
Da die Gründe, auf die die Kommission ihr Rechtsmittel stützt, zum Teil unzulässig und zum Teil unbegründet
sind, ist dieses insgesamt zurückzuweisen.
Kosten
88
Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der gemäß ihrem Artikel 118 auf das Rechtmittelverfahren
anwendbar ist, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Doch kann der
Gerichtshof nach Artikel 69 § 3 Absatz 1 der Verfahrensordnung die Kosten teilen oder beschließen, dass
jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt und teils unterliegt. Da beide
Rechtsmittelführerinnen mit ihren Anträgen im Rechtsmittelverfahren unterlegen sind, ist zu beschließen,
dass jede von ihnen ihre eigenen Kosten trägt.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Sechste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1.
Die Rechtsmittel werden zurückgewiesen.
2.
Jede Beteiligte trägt ihre eigenen Kosten.
Skouris
Cunha Rodrigues
Puissochet
Schintgen
Macken
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 29. April 2004.
Der Kanzler
Der Präsident
R. Grass
V. Skouris
Verfahrenssprache: Deutsch.