Urteil des EuGH vom 13.09.2001
EuGH: kommission, kontrolle vor ort, verordnung, regierung, spanien, grobe fahrlässigkeit, unternehmen, garantiefonds, landwirtschaft, rüge
WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES (Fünfte Kammer)
13. September 2001
„EAGFL - Rechnungsabschluss - Haushaltsjahr 1995 - Verbrauchsbeihilfen für Olivenöl - Prämien für Schafe
und Ziegen“
In der Rechtssache C-374/99
Königreich Spanien,
Luxemburg,
Kläger,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
wegen teilweiser Nichtigerklärung der Entscheidung 1999/596/EG der Kommission vom 28. Juli 1999 zur
Änderung der Entscheidung 1999/187/EG über den Rechnungsabschluss der Mitgliedstaaten für die vom
Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung Garantie, im
Haushaltsjahr 1995 finanzierten Ausgaben (ABl. L 226, S. 26) in dem Teil, der das Königreich Spanien betrifft,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. La Pergola sowie der Richter M. Wathelet, D. A. O. Edward, P.
Jann (Berichterstatter) und L. Sevón,
Generalanwalt: L. A. Geelhoed
Kanzler: R. Grass
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. April 2001,
folgendes
Urteil
1.
Das Königreich Spanien hat mit Klageschrift, die am 7. Oktober 1999 bei der Kanzlei des
Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 230 Absatz 1 EG Klage erhoben auf teilweise
Nichtigerklärung der Entscheidung 1999/596/EG der Kommission vom 28. Juli 1999 zur Änderung der
Entscheidung 1999/187/EG über den Rechnungsabschluss der Mitgliedstaaten für die vom
Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft (EAGFL), Abteilung Garantie, im
Haushaltsjahr 1995 finanzierten Ausgaben (ABl. L 226, S. 26, im Folgenden: angefochtene
Entscheidung) in dem Teil, der Spanien betrifft.
2.
Die angefochtene Entscheidung ergänzt und vervollständigt die Entscheidung 1999/187/EG der
Kommission vom 3. Februar 1999 über den Rechnungsabschluss der Mitgliedstaaten für die vom
Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft, Abteilung Garantie, im
Haushaltsjahr 1995 finanzierten Ausgaben (ABl. L 61, S. 37). Die Entscheidung 1999/187 war vor dem
Abschluss des Schlichtungsverfahrens erlassen worden, das verschiedene Mitgliedstaaten, zu denen
das Königreich Spanien gehört, gemäß der Entscheidung 94/442/EG der Kommission vom 1. Juli 1994
zur Schaffung eines Schlichtungsverfahrens im Rahmen desRechnungsabschlusses des EAGFL -
Abteilung Garantie (ABl. L 182, S. 45) eingeleitet haben. Die angefochtene Entscheidung wurde zum
Zweck des Rechnungsabschlusses für die Ausgaben erlassen, für die das Verfahren abgeschlossen
worden war.
3.
In Bezug auf das Königreich Spanien beziffert die angefochtene Entscheidung die anerkannten
Kosten auf insgesamt 868 161 191 634 ESP und die nicht übernommenen Kosten auf insgesamt 30
727 280 399 ESP. Vom letztgenannten Betrag entsprechen 24 935 116 620 ESP den bereits mit der
Entscheidung 1999/187 nicht übernommenen Kosten. Die Berichtigung durch die angefochtene
Entscheidung bezieht sich somit auf einen zusätzlichen Betrag von 5 792 163 779 ESP.
4.
Die Gründe für die auf diese Weise vorgenommenen Berichtigungen sind in den
Zusammenfassenden Berichten über die Kontrollergebnisse für den Rechnungsabschluss des EAGFL,
Abteilung Garantie, für die Haushaltsjahre 1994 (Dokument Nr. VI/7421/97, im Folgenden:
Zusammenfassender Bericht 1994) und 1995 (Dokument Nr. VI/6462/98, im Folgenden:
Zusammenfassender Bericht 1995) sowie in einer Ergänzung zum Zusammenfassenden Bericht 1995
vom 7. Juni 1999 zusammengefasst.
5.
Die Berichtigungen, die im Sektor der Verbrauchsbeihilfen für Olivenöl vorgenommen wurden,
entsprechen 10 % der in Spanien in diesem Sektor in den Haushaltsjahren 1994 und 1995 getätigten
Ausgaben. Die im Sektor der Prämien für Schafe und Ziegen vorgenommenen Berichtigungen
entsprechen 5 % der in vier spanischen Provinzen getätigten Ausgaben und 2 % der Ausgaben in
einer fünften spanischen Provinz in den Haushaltsjahren 1993 bis 1995.
Zu den Verbrauchsbeihilfen für Olivenöl
6.
Die bei den Verbrauchsbeihilfen für Olivenöl vorgenommenen Berichtigungen werden in den
Zusammenfassenden Berichten 1994 und 1995 sowie in der Ergänzung zum Zusammenfassenden
Bericht 1995 mit den Mängeln der von den spanischen Behörden für die Auszahlung der Beihilfen, ihre
Kontrollen und die damit verbundenen Sanktionen eingeführten Systeme begründet.
7.
Die spanische Regierung rügt sowohl das Berichtigungsverfahren, wie es von der Kommission
durchgeführt worden ist, als auch die Feststellungen in der angefochtenen Entscheidung.
Zur Berücksichtigung des Berichtes der Schlichtungsstelle
8.
Die spanische Regierung rügt, dass die Kommission den Bericht der durch die Entscheidung 94/442
eingerichteten Schlichtungsstelle nicht berücksichtigt habe. GemäßArtikel 1 Absatz 1 Buchstabe b der
Entscheidung 94/442 bestehe die Aufgabe der Schlichtungsstelle darin, „die unterschiedlichen
Standpunkte der Kommission und des betreffenden Mitgliedstaates einander anzunähern“. Dies
bedeute, dass die Kommission vor dem Erlass einer Entscheidung den Bericht dieser Stelle prüfen und
berücksichtigen müsse.
9.
Gemäß Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe a der Entscheidung 94/442 greift „[d]er Standpunkt der
Schlichtungsstelle ... der endgültigen Entscheidung der Kommission über den Rechnungsabschluss
[nicht] voraus“. Daher ist die Kommission beim Erlass ihrer Entscheidung nicht an das Ergebnis der
Schlichtungsstelle gebunden (Urteil vom 21. Oktober 1999 in der Rechtssache C-44/97,
Deutschland/Kommission, Slg. 1999, I-7177, Randnr. 18).
10.
Im vorliegenden Fall geht aus den Akten hervor, dass die Kommission von dem Bericht der
Schlichtungsstelle Kenntnis genommen und ihren ursprünglichen Vorschlag einer finanziellen
Berichtigung angesichts der Ausführungen der Schlichtungsstelle in bestimmten Punkten geändert
hat.
11.
Daher geht die Rüge der spanischen Regierung in tatsächlicher Hinsicht fehl und ist somit
zurückzuweisen.
Zur Repräsentativität der Nachprüfungen der Kommission
12.
Die spanische Regierung macht geltend, dass die 22 Vorgänge, auf die die Kommission ihre
Schlussfolgerungen gestützt habe, Unternehmen beträfen, bei denen die nationale Aufsichtsbehörde
Unregelmäßigkeiten entdeckt habe. Da dies eine verzerrte Stichprobe sei und da es in Spanien mehr
als 400 Verpackungsunternehmen gebe, könnten diese Vorgänge nicht als repräsentativ betrachtet
werden. Auch die Ergebnisse einer zusätzlichen Kontrolle, die bei sechs großen Unternehmen
durchgeführt worden sei, könnten dem Königreich Spanien nicht entgegengehalten werden, da sie
ihm nicht rechtzeitig vorgelegt worden seien, und sie bestätigten auf alle Fälle seine Ansichten.
13.
Die Kommission erwidert, dass ihre Schlussfolgerungen nicht auf einer Untersuchung der konkreten
Vorgänge, sondern auf einer Untersuchung des gesamten Systems der Verwaltung der
Verbrauchsbeihilfen für Olivenöl, wie es von den spanischen Behörden eingeführt worden sei,
beruhten. Die Stichprobe bei 22 Vorgängen, auf die sich die spanische Regierung beziehe, habe nur
der Bewertung der Wirksamkeit der verhängten Sanktionen gedient.
14.
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass der EAGFL nur die nach Gemeinschaftsvorschriften
vorgenommenen Interventionen im Rahmen der gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte finanziert
(Urteile vom 11. Januar 2001 in der Rechtssache C-247/98, Griechenland/Kommission, Slg. 2001, I-1,
Randnr. 7, und vom 6. März 2001 in der Rechtssache C-278/98, Niederlande/Kommission, noch nicht in
der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 38).
15.
Zwar obliegt es der Kommission, das Vorliegen eines Verstoßes gegen die Regeln der
gemeinsamen Organisation der Agrarmärkte nachzuweisen, doch ist sie nicht verpflichtet, die
Unzulänglichkeit der von den nationalen Verwaltungen durchgeführten Kontrollen oder die
Unrichtigkeit der von diesen mitgeteilten Zahlen umfassend darzulegen, sondern sie braucht nur
glaubhaft zu machen, dass an diesen Kontrollen oder diesen Zahlen ernsthafte und berechtigte
Zweifel bestehen (Urteile Griechenland/Kommission, Randnrn. 7 und 8, und Niederlande/Kommission,
Randnrn. 39 und 40).
16.
Im Übrigen bildet die Angabe von Einzelfällen, in denen die Kommission die Missachtung der
anwendbaren Agrarregelung feststellt, wenn sie die Wirksamkeit des von einem Mitgliedstaat
angewandten Überwachungs- und Kontrollsystems rügt, nur ein Element neben anderen (Urteile vom
12. Juni 1990 in der Rechtssache C-8/88, Deutschland/Kommission, Slg. 1990, I-2321, Randnr. 42, und
vom 10. November 1993 in der Rechtssache C-48/91, Niederlande/Kommission, Slg. 1993, I-5611,
Randnr. 32).
17.
Im vorliegenden Fall stellen die von der Kommission angegebenen Einzelfälle in Anbetracht der von
ihr erhobenen Rügen in Bezug auf die mangelnde Wirksamkeit des von den spanischen Behörden
eingeführten Systems nur ein zusätzliches Element zur Stützung ihrer Beanstandungen dar, deren
Stichhaltigkeit in der Sache zu prüfen ist.
18.
Somit ist die Rüge der spanischen Regierung, die geprüften Unternehmen seien nicht
repräsentativ, gegenstandslos und daher zurückzuweisen.
Zum System der Zahlung der Beihilfen
19.
Die spanische Regierung wendet sich gegen die Auslegung der Gemeinschaftsregelung durch die
Kommission, wonach bei jedem Antrag eine Prüfung an Ort und Stelle vorgenommen werden müsse,
bevor der Anspruch auf die Beihilfe anerkannt werde.
20.
Sie räumt ein, dass die Verordnung (EWG) Nr. 2677/85 der Kommission vom 24. September 1985
über die Durchführungsvorschriften für die Verbrauchsbeihilfe für Olivenöl (ABl. L 254, S. 5) in der
Fassung der Verordnung (EWG) Nr. 643/93 der Kommission vom 19. März 1993 (ABl. L 69, S. 19, im
Folgenden: Verordnung Nr. 2677/85 in der geänderten Fassung) in Artikel 9 Absatz 3 vorsieht: „Der
Mitgliedstaat zahlt innerhalb von 150 Tagen nach der Antragstellung die Beihilfe für die Mengen aus,
bei denen der Beihilfeanspruch aufgrund der Kontrollen vor Ort anerkannt worden ist.“ Sie weist
jedoch darauf hin, dass Artikel 12 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2677/85 in der geänderten Fassung
nur verlange, dass im Rahmen der in der Verordnung (EWG) Nr. 3089/78 des Rates vom 19. Dezember
1978 über die allgemeinen Durchführungsvorschriften für die Verbrauchsbeihilfe für Olivenöl (ABl.L
369, S. 12) vorgesehenen Kontrollen „jeder Betrieb alle zwölf Monate mindestens einmal aufgesucht
werden [muss].“
21.
Die spanische Regierung hält wegen des zwischen den beiden erwähnten Bestimmungen
bestehenden Widerspruchs das von den spanischen Behörden eingeführte System für korrekt, das
darin bestehe, keinen Bericht über einen Beihilfeantrag zu erstellen, solange bei dem Unternehmen
keine Prüfung an Ort und Stelle vorgenommen worden sei, und die Berichte über die später
eingereichten Anträge im selben Wirtschaftsjahr anhand der monatlich von dem Unternehmen
mitgeteilten Abrechnungen zu erstellen und geeignete Prüfungen von Unterlagen vorzunehmen.
22.
Der Wortlaut des Artikels 12 der Verordnung Nr. 2677/85 wurde bereits durch die Verordnung
(EWG) Nr. 571/91 der Kommission vom 8. März 1991 (ABl. L 63, S. 19) dahin geändert, dass die
Kontrolle jedes betroffenen Unternehmens „in jedem Wirtschaftsjahr mindestens einmal“
vorgeschrieben wurde. Die Verordnung Nr. 643/93, die nach ihrer zweiten Begründungserwägung eine
„wirksamere Kontrolle der beihilfefähigen Mengen“ herbeiführen soll, änderte diesen Artikel leicht
dahin, dass die Kontrolle danach „alle zwölf Monate mindestens einmal“ stattzufinden hat. Im Übrigen
änderte die Verordnung Nr. 643/93 in dem Bestreben, die Kontrollen zu verstärken, Artikel 9 der
Verordnung Nr. 2677/85 dahin, dass jede Beihilfe von einer vorherigen Kontrolle vor Ort abhängig ist.
23.
Im allgemeinen Kontext der Verordnung Nr. 2677/85 in der geänderten Fassung betrachtet,
erweisen sich die Artikel 9 Absatz 3 und 12 Absatz 1 dieser Verordnung nicht als einander
widersprechend, sondern ergänzend. Artikel 12 Absatz 1 ist so auszulegen, dass er die
Mindestanforderung aufstellt, dass eine Kontrolle vor Ort alle zwölf Monate mindestens einmal
stattzufinden hat. Diese Mindestanforderung wird durch Artikel 9 Absatz 3 verstärkt, wonach jeder
Beihilfeantrag von einer vorherigen Kontrolle vor Ort abhängig ist.
24.
Somit vermag das Vorbringen der spanischen Regierung die Rüge der Kommission nicht zu
widerlegen, dass das System der Zahlung der Verbrauchsbeihilfen für Olivenöl, das die spanischen
Behörden eingeführt haben, nicht den Anforderungen der Gemeinschaftsregelung entspricht.
Zum Kontrollsystem
25.
Die spanische Regierung macht geltend, die Kommission selbst habe eingeräumt, dass die von den
spanischen Behörden eingeführten Kontrollverfahren gegenüber den Haushaltsjahren 1992 und 1993
verbessert worden seien. Für diese habe die angewandte pauschale Berichtigung nur 2 % betragen.
Daher sei es nicht gerechtfertigt gewesen, den pauschalen Berichtigungssatz auf 10 % anzuheben,
da kein Wiederholungsfall vorgelegen habe.
26.
Wenn die Kommission in einem Haushaltsjahr Mängel feststellt, aber daraus keine finanziellen
Konsequenzen zieht, so kann ihr dies vor allem dann nicht die Befugnisnehmen, dies in späteren
Haushaltsjahren zu tun, wenn diese Mängel weiter bestehen, und auch erstmals festgestellte Mängel
können berücksichtigt werden, um die Höhe der pauschalen Berichtigung zu ermitteln (Urteil vom 21.
Oktober 1999, Deutschland/Kommission, Randnr. 14).
27.
Nach dem Belle-Bericht der Kommission (Dokument Nr. VI/216/93 vom 1. Juni 1993), der die Leitlinien
festlegt, nach denen finanzielle Berichtigungen gegenüber einem Mitgliedstaat vorgenommen werden
müssen, erfolgt eine pauschalierte Berichtigung um 10 % der Ausgaben, wenn „der Mangel das
gesamte oder doch wesentliche Einzelheiten des Kontrollsystems betrifft oder sich auf die
Durchführung von Kontrollen bezieht, die von wesentlicher Bedeutung sind, um die Regelmäßigkeit der
Ausgaben zu gewährleisten, so dass der Schluss zulässig ist, dass die Gefahr eines sehr hohen
Verlustes zum Schaden des EAGFL bestand“.
28.
Im vorliegenden Fall wird in dem Zusammenfassenden Bericht 1994 die Anwendung einer
pauschalen Berichtigung von 2 % für das Haushaltsjahr 1993 damit erklärt, dass „es aufgrund des
begrenzten Umfangs der Vorarbeiten für den Rechnungsabschluss 1993 nicht möglich war, schärfere,
aber zutreffendere Beanstandungen zu begründen“.
29.
Die Anwendung einer pauschalen Berichtigung von 10 % für die in der angefochtenen Entscheidung
erfassten Haushaltsjahre wurde im Zusammenfassenden Bericht 1995 mit der Erwägung begründet,
dass die festgestellten Mängel das gesamte System betrafen (Zahlung, Kontrollen und Sanktionen),
dass es sich um einen besonders ... betrugsanfälligen Sektor handele und dass die spanischen
Behörden nicht bereit seien, neue Berichtigungsmaßnahmen zu ergreifen.
30.
Daher ist das Vorbringen des Königreichs Spanien nicht geeignet, darzutun, dass die Anwendung
einer pauschalen Berichtigung von 10 % im Bereich der Verbrauchsbeihilfen für Olivenöl
ungerechtfertigt gewesen wäre.
Zum Sanktionssystem
31.
Nach Artikel 2 Absatz 4 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember
1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 312, S. 1)
unterliegen „die Verfahren für die Anwendung der gemeinschaftlichen Kontrollen, Maßnahmen und
Sanktionen dem Recht der Mitgliedstaaten“.
32.
In Bezug auf die Fälle, in denen die spanischen Behörden nach Feststellung der
Unregelmäßigkeiten bei den Lagerbeständen der kontrollierten Unternehmen nur den Umfang der in
den Prüfungsmonaten beantragten Beihilfen kürzten, macht die spanische Regierung geltend, dass
nach Artikel 2 Absatz 3 der Verordnung Nr. 2988/95 die Sanktionen „entsprechend der Art und
Schwere der Unregelmäßigkeit“ festzusetzen seien. Da kein Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit
vorliege, sei die von denspanischen Behörden verhängte Sanktion sowohl angemessen als auch
hinreichend abschreckend.
33.
Hierzu ist zu bemerken, dass zwar nach Artikel 2 Absatz 4 der Verordnung Nr. 2988/95 die Verfahren
über die Anwendung von Gemeinschaftssanktionen dem Recht der Mitgliedstaaten unterliegen,
jedoch „[v]orbehaltlich des anwendbaren Gemeinschaftsrechts“. Insbesondere dürfen die im
nationalen Recht vorgesehenen Einzelheiten nicht dazu führen, dass die Durchführung der
Gemeinschaftsregelung praktisch unmöglich gemacht oder dessen Wirksamkeit beeinträchtigt wird
(Urteile vom 21. September 1989 in den Rechtssachen 205/82 bis 215/82, Deutsche Milchkontor u. a.,
Slg. 1983, 2633, Randnr. 19, und vom 14. Dezember 2000 in der Rechtssache C-110/99, Emsland-
Stärke, Slg. 2000, I-11569, Randnr. 54).
34.
Artikel 1 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2988/95 definiert eine Unregelmäßigkeit, die mit einer
Sanktion belegt werden kann, als „jede[n] Verstoß gegen eine Gemeinschaftsbestimmung als Folge
einer Handlung oder Unterlassung eines Wirtschaftsteilnehmers ..., die einen Schaden für den
Gesamthaushaltsplan der Gemeinschaften ... bewirkt hat bzw. haben würde“. Wie die Kommission zu
Recht ausgeführt hat, definiert sich die Unregelmäßigkeit somit durch ihr Ergebnis und nicht durch
das Vorliegen von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Daher hindert das Fehlen eines solchen
Merkmals nicht die Verhängung der in der Gemeinschaftsregelung vorgesehenen Sanktion für eine
Unregelmäßigkeit, deren Vorliegen dargetan ist.
35.
Somit vermag das Vorbringen der spanischen Regierung die Rüge der Kommission nicht zu
widerlegen, dass das von den spanischen Behörden eingeführte Sanktionssystem nicht den
Erfordernissen der Gemeinschaftsregelung genügt.
36.
Somit ist das gesamte Vorbringen der spanischen Regierung in Bezug auf die von der
angefochtenen Entscheidung vorgenommenen Berichtigungen im Bereich der Verbrauchsbeihilfen für
Olivenöl zurückzuweisen.
Zu den Prämien für Schafe und Ziegen
37.
Die spanische Regierung macht geltend, die Beträge, die für die Berechnung der für das
Haushaltsjahr 1994 vorzunehmenden finanziellen Berichtigungen herangezogen worden seien,
stimmten nicht mit den in diesem Haushaltsjahr getätigten Ausgaben überein, sondern umfassten
auch Ausgaben des Haushaltsjahres 1993. Der Rechnungsabschluss für dieses Jahr sei bereits durch
die Entscheidungen 97/333/EG der Kommission vom 23. April 1997 über den Rechnungsabschluss der
Mitgliedstaaten für die vom Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds für die Landwirtschaft
(EAGFL), Abteilung Garantie, im Haushaltsjahr 1993 finanzierten Ausgaben (ABl. L 139, S. 30) und
97/608/EG der Kommission vom 30. Juli 1997 zur Änderung der Entscheidung 97/333 (ABl. L 245, S. 20)
vorgenommen worden.
38.
Die vorletzte Begründungserwägung der Entscheidung 97/333, wonach diese „etwaigen finanziellen
Folgerungen nicht vor[greift], die bei einem späteren Rechnungsabschlussdurch die Kommission zu
ziehen sind, im Zusammenhang mit derzeit noch laufenden Untersuchungen“, beziehe sich
ausschließlich auf Untersuchungen, die zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Entscheidung noch im
Gang gewesen seien und die Abtrennung der entsprechenden Ausgaben begründet hätten. Im Fall
Spaniens seien die in Rede stehenden Ausgaben jedoch nicht abgetrennt worden.
39.
Die Kommission macht geltend, die Prämien für Schafe und Ziegen nach den Verordnungen (EWG)
Nr. 3013/89 des Rates vom 25. September 1989 über die gemeinsame Marktorganisation für Schaf-
und Ziegenfleisch (ABl. L 289, S. 1) und Nr. 2700/93 der Kommission vom 30. September 1993 mit
Durchführungsbestimmungen zur Gewährung der Prämie an die Erzeuger von Schaf- und Ziegenfleisch
(ABl. L 245, S. 99) unterlägen einem außerordentlich komplexen Auszahlungsverfahren, da die
Empfänger für ein und dasselbe Wirtschaftsjahr Mittel im Laufe mehrerer Haushaltsjahre erhielten. So
hätten sich die Zahlungen für das Wirtschaftsjahr 1993 über die Jahre 1993 bis 1995 verteilt. Aus
diesem Grund sei die Gemeinschaftskontrolle des spanischen Systems für die Haushaltsjahre 1993 bis
1995 gemeinsam vorgenommen worden.
40.
Gegen die von der spanischen Regierung vertretene enge Auslegung der vorletzten
Begründungserwägung der Entscheidung 97/333 sprechen verschiedene bei den Akten befindliche
Schriftstücke. So heißt es in den Schlussfolgerungen des Zusammenfassenden Berichts für das
Wirtschaftsjahr 1993: „Die Fortschritte bei den Kontrollen sollen bei künftigen Prüfungen in Spanien
überprüft werden.“ Im Übrigen geht, wie der Generalanwalt in Nummer 72 seiner Schlussanträge
ausgeführt hat, aus den vor diesem Bericht erstellten Schriftstücken hervor, dass die spanischen
Behörden wissen mussten, dass zum einen das in Spanien durchgeführte Kontrollsystem als
unzureichend oder sogar inexistent angesehen wurde und dass zum anderen beim
Rechnungsabschluss in Bezug auf Prämien für Schafe und Ziegen die Kommission die Praxis verfolgte,
in mehreren Haushaltsjahren getätigte Zahlungen zu berücksichtigen.
41.
Daher kann dem Vorbringen der spanischen Regierung zu den durch die angefochtene
Entscheidung vorgenommenen Berichtigungen im Bereich von Prämien für Schafe und Ziegen nicht
gefolgt werden.
42.
Nach allem ist die Klage des Königreichs Spanien abzuweisen.
Kosten
43.
Nach Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der
Kosten zu verurteilen. Da die Kommission die Verurteilung des Königreichs Spanien zur Tragung der
Kosten beantragt hat und dieses mit seinem Vorbringen unterlegen ist, sind ihm die Kosten
aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Das Königreich Spanien trägt die Kosten des Verfahrens.
La Pergola
Wathelet
Edward
Jann Sevón
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. September 2001.
Der Kanzler
Der Präsident der Fünften Kammer
R. Grass
A. La Pergola
Verfahrenssprache: Spanisch.