Urteil des EuGH vom 26.02.2002

EuGH: verordnung, kommission, rat der europäischen union, halten von tieren, klage auf nichtigerklärung, stoff, vereinigtes königreich, nummer, beschränkung, inverkehrbringen

WICHTIGER RECHTLICHER HINWEIS:
und Urheberrechtsschutz.
URTEIL DES GERICHTSHOFES
26. Februar 2002
„Rechtsmittel - Tierarzneimittel - Teilnichtigerklärung der Verordnung (EG) Nr. 1312/96, soweit darin bei der
Festsetzung der zulässigen Rückstandshöchstmengen von Clenbuterolhydrochlorid auch die für diesen Stoff
zugelassenen therapeutischen Indikationen genannt werden - Befugnis der Kommission, bei der Festsetzung
der Rückstandshöchstmengen von Tierarzneimitteln die Richtlinie 96/22/EG über das Verbot der Verwendung
bestimmter Stoffe zu berücksichtigen“
In der Rechtssache C-32/00 P
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Rechtsmittelführerin,
betreffend ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften
(Zweite Kammer) vom 1. Dezember 1999 in den verbundenen Rechtssachen T-125/96 und T-152/96
(Boehringer/Rat und Kommission, 1999, Slg. II-3427) wegen Aufhebung dieses Urteils,
andere Verfahrensbeteiligte:
Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH,
C. H. Boehringer Sohn
mit Sitz in Ingelheim am Rhein (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: D. Waelbroeck und D. Fosselard,
avocats, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerinnen im ersten Rechtszug,
Rat der Europäischen Union,
Beklagter im ersten Rechtszug in der Rechtssache T-125/96 und Streithelfer im ersten Rechtszug in der
Rechtssache T-152/96,
Fédération européenne de la santé animale (Fedesa)
Prozessbevollmächtigte: A. Vandencasteele und D. Brinckmann, avocats, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Stichting Kwaliteitsgarantie Vleeskalverensector (SKV)
Prozessbevollmächtigte: G. van der Wal, advocaat, und L. Parret, avocat, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Streithelferinnen im ersten Rechtszug,
und
Vereinigtes Königreich Großbritannien und Nordirland,
Streithelfer im ersten Rechtszug
in der Rechtssache T-125/96,
erlässt
DER GERICHTSHOF
unter Mitwirkung des Präsidenten G. C. Rodríguez Iglesias, des Kammerpräsidenten P. Jann, der
Kammerpräsidentinnen F. Macken und N. Colneric sowie der RichterA. La Pergola (Berichterstatter), J.-P.
Puissochet, M. Wathelet, R. Schintgen und V. Skouris,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer
Kanzler: R. Grass
aufgrund des Berichts des Berichterstatters,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 4. Oktober 2001,
folgendes
Urteil
1.
Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften hat mit Rechtsmittelschrift, die am 7. Februar
2000 bei der Kanzlei des Gerichtshofes eingegangen ist, gemäß Artikel 49 der EG-Satzung des
Gerichtshofes ein Rechtsmittel gegen das Urteil des Gerichts erster Instanz vom 1. Dezember 1999 in
den verbundenen Rechtssachen T-125/96 und T-152/96 (Boehringer/Rat und Kommission, Slg. 1999, II-
3427, im Folgenden: angefochtenes Urteil) wegen Teilaufhebung dieses Urteils eingelegt.
Rechtlicher Rahmen
2.
Der Rat erließ am 26. Juni 1990 die Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 zur Schaffung eines
Gemeinschaftsverfahrens für die Festsetzung von Höchstmengen für Tierarzneimittelrückstände in
Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs (ABl. L 224, S. 1).
3.
Nach dieser Verordnung legt die Kommission Höchstmengen von Rückständen (im Folgenden: HMR)
fest, die in Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung definiert werden als „die
Höchstkonzentration von Rückständen aus der Verwendung von Tierarzneimitteln, bei der die
Gemeinschaft akzeptieren kann, dass sie legal zugelassen wird, oder die als eine in oder auf einem
Nahrungsmittel annehmbare Konzentration anerkannt wird“.
4.
Gemäß der Verordnung Nr. 2377/90 sind die pharmakologisch wirksamen Stoffe, die in
Tierarzneimitteln verwendet werden, nach einer Beurteilung ihrer Risiken für die menschliche
Gesundheit in eine der vier Listen aufzunehmen, die in den Anhängen I bis IV der Verordnung
enthalten sind. Anhang I betrifft die Stoffe, für die eine HMR festgesetzt werden kann, in Anhang II
werden die Stoffe aufgeführt, für die die Festsetzung einer HMR nicht erforderlich erscheint, Anhang III
bezieht sich auf die Stoffe, für die unter bestimmten Voraussetzungen eine vorläufige HMR
festgelegtwerden kann, und in Anhang IV werden die Stoffe genannt, für die wegen ihrer
Gefährlichkeit keine HMR festgesetzt werden kann.
5.
Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung Nr. 2377/90 bestimmt:
„Die Aufnahme eines neuen pharmakologisch wirksamen Stoffes, der
- in Tierarzneimitteln verwendet werden soll, die für die Verabreichung an zur
Nahrungsmittelerzeugung genutzte Tiere bestimmt sind, und
- in einem oder mehreren Mitgliedstaaten, die die Verwendung des betreffenden Stoffes bei zur
Nahrungsmittelerzeugung genutzten Tieren zuvor nicht zugelassen haben, in den Verkehr gebracht
werden soll,
in Anhang I, II oder III wird von dem für die Vermarktung Verantwortlichen bei der Kommission
beantragt.“
6.
Nach dem Ende der Übergangszeit gemäß Artikel 14 der Verordnung Nr. 2377/90 ist die
Verabreichung von Tierarzneimitteln, die in Anhang I, II oder III nicht aufgeführte pharmakologisch
wirksame Stoffe enthalten, an zur Nahrungsmittelerzeugung genutzte Tiere in der Gemeinschaft
verboten.
7.
Gemäß Artikel 15 der Verordnung Nr. 2377/90 steht keine ihrer Vorschriften der Anwendung
gemeinschaftlicher Rechtsvorschriften über das Verbot bestimmter Stoffe mit hormonaler Wirkung in
der Tierhaltung sowie vorbeugenden Maßnahmen der Mitgliedstaaten gegen die unzulässige
Verwendung von Tierarzneimitteln entgegen.
8.
Am 29. April 1996 erließ der Rat die Richtlinie 96/22/EG über das Verbot der Verwendung
bestimmter Stoffe mit hormonaler bzw. thyreostatischer Wirkung und von ß-Agonisten in der tierischen
Erzeugung und zur Aufhebung der Richtlinien 81/602/EWG, 88/146/EWG und 88/299/EWG (ABl. L 125, S.
3).
9.
Laut der sechsten Begründungserwägung der Richtlinie 96/22 kann die missbräuchliche
Verwendung von ß-Agonisten die menschliche Gesundheit ernsthaft gefährden und ist es im Interesse
des Verbrauchers angezeigt, den Besitz und die Verabreichung von ß-Agonisten an Tiere jeglicher Art
sowie das Inverkehrbringen dieser Stoffe zu diesem Zweck zu untersagen.
10.
Demgemäß haben die Mitgliedstaaten nach Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 96/22 dafür Sorge
zu tragen, dass „das Inverkehrbringen von ß-Agonisten zur Verabreichung an Tiere, die zur Gewinnung
von Fleisch und anderen Erzeugnissen für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, zu anderen als
den in Artikel 4 Nummer 2 vorgesehenen Zwecken“ verboten wird.
11.
Artikel 3 der Richtlinie 96/22 bestimmt:
„Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, dass Folgendes verboten wird:
a) die Verabreichung ... von ß-Agonisten an Nutztiere ...;
b) das Halten von Tieren im Sinne des Buchstabens a) in einem Betrieb, sofern sie nicht unter
amtlicher Aufsicht stehen, die Vermarktung oder die Schlachtung - im Hinblick auf den menschlichen
Verzehr - von Nutztieren ..., die unter Buchstabe a) genannte Stoffe enthalten oder in denen das
Vorhandensein solcher Stoffe festgestellt worden ist, es sei denn, sie wurden nachweislich gemäß
den Artikeln 4 oder 5 behandelt;
...
d) die Vermarktung von Fleisch von Tieren im Sinne des Buchstabens b);
e) die Verarbeitung von Fleisch im Sinne des Buchstabens d).“
12.
Gemäß Artikel 4 Nummer 2 der Richtlinie 96/22 können die Mitgliedstaaten abweichend von den
Artikeln 2 und 3 der Richtlinie die Verabreichung von zugelassenen Tierarzneimitteln, die u. a. ß-
Agonisten enthalten können, zu verschiedenen festgelegten therapeutischen Zwecken an bestimmte
Rinderarten, Equiden und Heimtiere zulassen.
13.
In Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe b der Richtlinie 96/22 wird „therapeutische Behandlung“ definiert
als die „individuelle Verabreichung - gemäß Artikel 4 - eines der zugelassenen Stoffe an ein Nutztier
zur Behandlung einer Fruchtbarkeitsstörung ... sowie, im Fall von ß-Agonisten, zur Induktion der
Tokolyse bei weiblichen Rindern zum Zeitpunkt des Abkalbens sowie zur Behandlung von
Atemstörungen und zur Induktion der Tokolyse bei nicht für die Fleischerzeugung gehaltenen
Equiden“.
14.
Am 8. Juli 1996 erließ die Kommission die Verordnung (EG) Nr. 1312/96 zur Änderung des Anhangs III
der Verordnung Nr. 2377/90 (ABl. L 170, S. 8).
15.
Mit dieser Änderungsverordnung wurden in den Anhang III der Verordnung Nr. 2377/90 vorläufige
HMR für einen bestimmten ß-Agonisten, nämlich Clenbuterolhydrochlorid (im Folgenden: Clenbuterol),
aufgenommen. Der Anhang bestimmt unter der Rubrik „Sonstige Vorschriften“, dass diese vorläufigen
HMR am 1. Juli 2000 auslaufen, und nennt als einzige für diesen Stoff zulässige therapeutische
Indikationen im Fall von Rindern die Tokologie bei gebärenden Kühen und im Fall der Equiden die
Tokologie und Erkrankungen der Atemwege.
16.
Dazu wird in der siebten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1312/96 darauf hingewiesen,
dass die „Richtlinie [96/22] ... die Verwendung von Clenbuterol bei allen Nutztieren mit Ausnahme zu
bestimmten therapeutischen Zwecken bei [Equiden] und Kühen [verbietet]“.
Sachverhalt und Verfahren beim Gericht
17.
Dem Rechtsstreit liegt der folgende, in den Randnummern 3, 4, 36 und 37 des angefochtenen
Urteils wiedergegebene Sachverhalt zugrunde.
18.
Die Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH (im Folgenden: BI Vetmedica) entwickelt und vertreibt
Tierarzneimittel. Sie ist eine Tochtergesellschaft der C. H. Boehringer Sohn (im Folgenden: Boehringer)
und gehört dieser vollständig; Boehringer ist einer der zwanzig größten Arzneimittelhersteller weltweit.
19.
Die BI Vetmedica ist einer der beiden Arzneimittelhersteller in der Europäischen Union, die einen ß-
Agonisten, nämlich Clenbuterol, enthaltende Tierarzneimittel für die Behandlung von
Atemwegserkrankungen von Nutztieren - d. h. Tieren, die zur Vermarktung und deren Fleisch und
Erzeugnisse zum menschlichen Verzehr bestimmt sind - erzeugen und vertreiben. Nach ihren eigenen
Angaben vor dem Gericht hielt die BI Vetmedica einen Marktanteil von etwa 99 % aller Verkäufe von
Tierarzneimitteln mit Clenbuterol in der Europäischen Union.
20.
Am 20. Juli 1994 reichte BI Vetmedica bei der Kommission gemäß der Verordnung Nr. 2377/90 einen
Antrag auf Festsetzung einer HMR für Clenbuterol im Hinblick auf Rinder und Equiden ein. Mit
Stellungnahme vom 3. Januar 1996 empfahl der Ausschuss für Tierarzneimittel aus Gründen der
wissenschaftlichen Methodologie die Festsetzung vorläufiger HMR mit Wirkung bis zum 1. Juli 2000.
Daraufhin erließ die Kommission die Verordnung Nr. 1312/96.
21.
Unter diesen Umständen haben BI Vetmedica und Boehringer am 9. August 1996 beim Gericht eine
- unter der Nummer T-125/96 in das Register eingetragene - Klage erhoben, mit der sie u. a.
beantragt haben,
- die Artikel 1, 2, 3 und 4 der Richtlinie 96/22 für nichtig zu erklären, soweit darin das
Inverkehrbringen von ß-Agonisten enthaltenden Tierarzneimitteln zur Verabreichung an Tiere, die zur
Gewinnung von Fleisch und anderen Erzeugnissen für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, zu
therapeutischen Zwecken untersagt wird;
- die Kommission zu verurteilen, den ihnen durch den Erlass des angefochtenen Rechtsakts
verursachten Schaden zu ersetzen.
22.
Am 27. September 1996 haben BI Vetmedica und Boehringer beim Gericht eine - unter der Nummer
T-152/96 in das Register eingetragene - zweite Klage erhoben, mit der sie u. a. beantragt haben,
- gemäß Artikel 184 EG-Vertrag (jetzt Artikel 241 EG) festzustellen, dass die Richtlinie 96/22, soweit
darin das Inverkehrbringen von ß-Agonisten enthaltenden Tierarzneimitteln zur Verabreichung an
Nutztiere zu therapeutischen Zwecken untersagt wird, rechtswidrig ist und demgemäß nichtals
Grundlage für die in der Verordnung Nr. 1312/96 vorgesehenen Beschränkungen dienen kann;
- die Verordnung Nr. 1312/96 für nichtig zu erklären, soweit darin die Gültigkeit der für Clenbuterol
festgesetzten HMR auf bestimmte, genau bezeichnete therapeutische Anwendungen beschränkt wird.
23.
Mit Beschluss vom 13. Juni 1997 hat das Gericht in der Rechtssache T-125/96 die Fédération
européenne de la santé animale (im Folgenden: Fedesa) und das Vereinigte Königreich
Großbritannien und Nordirland als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge von BI Vetmedica und
Boehringer sowie die Stichting Kwaliteitsgarantie Vleeskalverensector (im Folgenden: SKV) und die
Kommission als Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge des Rates zugelassen. Mit Beschluss
vom selben Tag hat das Gericht in der Rechtssache T-152/96 die Fedesa als Streithelferin zur
Unterstützung der Anträge von BI Vetmedica und Boehringer und die SKV und den Rat als Streithelfer
zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen.
Das angefochtene Urteil
24.
In dem angefochtenen Urteil hat das Gericht in den Randnummern 59 bis 141 die Rechtmäßigkeit
der Richtlinie 96/22 geprüft und als Ergebnis dieser Prüfung in Randnummer 142 des Urteils
festgestellt, dass die vier Klagegründe, auf die BI Vetmedica und Boehringer ihre Auffassung von der
Rechtswidrigkeit der Richtlinie 96/22 stützten, als unbegründet zurückzuweisen seien.
25.
Hieraus hat das Gericht sodann in Randnummer 143 des angefochtenen Urteils den Schluss
gezogen, dass der Antrag von BI Vetmedica und Boehringer in der Rechtssache T-125/96 auf
Teilnichtigerklärung der Richtlinie 96/22 jedenfalls als unbegründet abzuweisen sei, ohne dass über
die vom Rat erhobene Einrede der Unzulässigkeit entschieden zu werden brauche.
26.
Dementsprechend hat das Gericht in Randnummer 146 des angefochtenen Urteils nach dem
Hinweis, es habe bereits festgestellt, dass die Richtlinie 96/22 keine der von BI Vetmedica und
Boehringer geltend gemachten rechtlichen Regeln verletze, entschieden, dass der
Schadensersatzantrag in der Rechtssache T-125/96 auf einen angeblichen Verstoß gegen diese
Regeln gestützt und darum jedenfalls als unbegründet zurückzuweisen sei, ohne dass über die vom
Rat erhobene Einrede der Unzulässigkeit entschieden zu werden brauche.
27.
In der Rechtssache T-152/96 hat das Gericht zunächst in den Randnummern 173 und 175 des
angefochtenen Urteils die von BI Vetmedica und Boehringer erhobene Nichtigkeitsklage gegen die
Verordnung Nr. 1312/96 für zulässig erklärt.
28.
In der Sache hat das Gericht sodann in Randnummer 176 des angefochtenen Urteils festgestellt,
dass die beiden von BI Vetmedica und Boehringer geltend gemachtenKlagegründe auf dieselbe
Einrede, nämlich die der Rechtswidrigkeit der Richtlinie 96/22, gestützt seien.
29.
In Randnummer 180 des angefochtenen Urteils heißt es weiter, da die von BI Vetmedica und
Boehringer geltend gemachten Klagegründe der Rechtswidrigkeit der Richtlinie 96/22 nicht
durchgriffen, sei die von ihnen erhobene Einrede der Rechtswidrigkeit jedenfalls als unbegründet
zurückzuweisen, ohne dass darüber entschieden zu werden brauche, ob diese Einrede, wie die
Kommission und der Rat geltend machten, unzulässig sei.
30.
Demgemäß hat das Gericht in Randnummer 181 des angefochtenen Urteils entschieden, dass die
beiden Klagegründe, auf die BI Vetmedica und Boehringer ihre Nichtigkeitsklage gegen die
Verordnung Nr. 1312/96 stützten, ebenfalls insoweit als unbegründet zurückzuweisen seien, als sie
auf die behauptete Rechtswidrigkeit der Richtlinie 96/22 gestützt seien.
31.
Schließlich hat das Gericht in den Randnummern 182 bis 197 des angefochtenen Urteils einen
dritten, von der Fedesa in ihrem Streithilfeschriftsatz und von BI Vetmedica und Boehringer in ihren
Antworten auf schriftliche Fragen des Gerichts geltend gemachten Klagegrund geprüft, wonach die
Kommission ihre Befugnisse aus der Verordnung Nr. 2377/90 dadurch überschritten habe, dass sie
die Gültigkeit der HMR für ein Tierarzneimittel auf einzelne, spezifische therapeutische Indikationen
beschränkt habe.
32.
Dabei hat das Gericht in Randnummer 186 des angefochtenen Urteils festgestellt, dass nach der
Verordnung Nr. 2377/90 für das Verfahren der Festsetzung - u. U. vorläufiger - HMR für einen
pharmakologisch wirksamen Stoff allein maßgebend sei, ob die Rückstände des in Frage stehenden
Stoffes in den vorgeschlagenen Mengen die Gesundheit des Verbrauchers gefährden könnten. In
Randnummer 187 hat das Gericht weiter erwähnt, dass nach der Verordnung die Aufnahme eines
Stoffes in einen ihrer Anhänge I bis III nicht davon abhänge, dass das diesen Stoff enthaltende
Erzeugnis unmittelbar verwendet und in den Verkehr gebracht werden könne.
33.
In den Randnummern 188 bis 191 des angefochtenen Urteils hat sich das Gericht sodann wie folgt
auf sein Urteil vom 25. Juni 1998 in der Rechtssache T-120/96 (Lilly Industries/Kommission, Slg. 1998, II-
2571, im Folgenden: Urteil Lilly) bezogen:
„188 Insoweit hat das Gericht bereits in dem Urteil Lilly entschieden, dass das Verfahren der
Festsetzung einer HMR nach der Verordnung Nr. 2377/90 eigenständig ist und sich von den Verfahren
unterscheidet, in denen gemäß der Richtlinie 81/851 und der Verordnung Nr. 2309/93
Genehmigungen für das Inverkehrbringen erteilt werden (vgl. Urteil Lilly, Randnr. 88).
189 Es hat (im Urteil Lilly, Randnr. 89) weiter festgestellt, dass nach den beiden letztgenannten
Regelungen, die die Erteilung der nationalen und gemeinschaftlichen Genehmigungen für das
Inverkehrbringen von Tierarzneimitteln zum Gegenstand haben, die Genehmigung für
dasInverkehrbringen eines Produktes ausdrücklich versagt wird, wenn seine Verwendung aufgrund
anderer Vorschriften des Gemeinschaftsrechts verboten ist (siehe Artikel 11 Absatz 1 Nummer 3 der
Richtlinie 81/851 und Artikel 33 Absatz 1 Nummer 3 der Verordnung Nr. 2309/93).
190 Die Verordnung Nr. 2377/90 enthält dagegen keine Vorschrift, die die Kommission ermächtigt,
ein Verbot des Inverkehrbringens zu berücksichtigen, um die Festsetzung von HMR zu versagen (Urteil
Lilly, Randnr. 90).
191 Das Gericht gelangte deshalb (im Urteil Lilly, Randnr. 92) zu dem Ergebnis, dass die Kommission
ihre Entscheidung, die Festsetzung einer HMR für Somidobove, ein rekombiniertes Rindersomatotropin
(BST), abzulehnen, nicht auf das für BST bestehende Moratorium stützen durfte.“
34.
In Randnummer 192 des angefochtenen Urteils hat das Gericht entschieden, dass die Kommission
auch im Verfahren der Festsetzung einer HMR für Clenbuterol gemäß der Verordnung Nr. 2377/90 die
Beschränkung der Gültigkeit dieser HMR nicht auf die Richtlinie 96/22 habe stützen dürfen.
35.
In Randnummer 194 des angefochtenen Urteils hat das Gericht sodann hervorgehoben, dass das
Verfahren für die Festsetzung einer HMR gemäß der Verordnung Nr. 2377/90 einzig der Festlegung der
Schwelle diene, unterhalb deren die Rückstände eines bestimmten Erzeugnisses, die in oder auf
Lebensmitteln vorhanden seien, als ungefährlich für die menschliche Gesundheit gelten könnten.
Seien die Gemeinschaftsorgane dennoch aus anderen Gründen der Auffassung, dass das
Inverkehrbringen des in Frage stehenden Erzeugnisses zu untersagen sei, so hätten sie die hierfür
geeignete Vorgehensweise, wie hier den Erlass der Richtlinie 96/22, zu wählen.
36.
In Randnummer 196 des angefochtenen Urteils heißt es sodann:
„Die Kommission war zudem nach keiner Bestimmung der Verordnung Nr. 2377/90 dazu befugt, die in
Lebensmitteln tierischen Ursprungs zulässigen HMR eines Tierarzneimittels auf bestimmte
therapeutische Indikationen zu beschränken. Eine solche Beschränkung wird auch nicht durch die
Erfordernisse des Schutzes der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt, die der Verordnung Nr.
2377/90 zugrunde liegen. Nach diesen Erfordernissen ist die zulässige Höchstkonzentration von
Rückständen eines Stoffes in zum menschlichen Verzehr bestimmten Lebensmitteln unabhängig davon
festzulegen, für welche therapeutische Indikation der in Frage stehende Stoff verschrieben wird. Die
Gefährlichkeit in Lebensmitteln tierischen Ursprungs vorhandener Rückstände eines pharmakologisch
wirksamen Stoffes hängt selbstverständlich auch nicht davon ab, wegen welcher therapeutischen
Indikation der Stoff verordnet wurde. Die HMR für einen pharmakologisch wirksamen Stoff dürfen
deshalb nicht nach Maßgabe der - möglicherweise vielfältigen - therapeutischen Eigenschaften oder
Indikationen des Stoffes festgelegt werden (vgl. analog Urteil desGerichtshofes vom 29. April 1999 in
der Rechtssache C-293/97, Standley u. a., Slg. 1999, I-2603, Randnr. 34).“
37.
In Randnummer 197 des angefochtenen Urteils hat das Gericht hinzugefügt, dass die Verordnung
Nr. 1312/96 Maßnahmen der Mitgliedstaaten gegen die unzulässige Verwendung von Tierarzneimitteln
unter Verstoß gegen Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 2377/90 vorgreife, da die in ihr
festgelegten Beschränkungen der Gültigkeit der HMR für Clenbuterol auch bei Nichtigerklärung,
Aufhebung oder Änderung der einschlägigen Vorschriften der Richtlinie 96/22 fortbestünden.
38.
Nach alledem ist das Gericht in Randnummer 198 des angefochtenen Urteils zu dem Ergebnis
gelangt, dass die Kommission ihre Befugnisse aus der Verordnung Nr. 2377/90 überschritten habe,
indem sie die Gültigkeit der für Clenbuterol festgelegten HMR in der Verordnung Nr. 1312/96 auf
einzelne, spezifische therapeutische Indikationen für Rinder und Equiden beschränkt habe.
39.
Das Gericht hat demgemäß in Randnummer 199 des angefochtenen Urteils abschließend
festgestellt, dass die Verordnung Nr. 1312/96 für nichtig zu erklären sei, soweit sie die Gültigkeit der
für Clenbuterol festgelegten HMR auf einzelne, spezifische therapeutische Indikationen für Rinder und
Equiden beschränkt.
40.
Aus diesen Gründen hat das Gericht für Recht erkannt und entschieden:
„1. Die Rechtssachen T-125/96 und T-152/96 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
2. Die Verordnung ... Nr. 1312/96 ... wird für nichtig erklärt, soweit sie die Gültigkeit der in ihr für
Clenbuterol festgelegten HMR auf einzelne, spezifische therapeutische Indikationen für Rinder und
Equiden beschränkt.
3. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
4. In der Rechtssache T-125/96 tragen die Klägerinnen und die Fédération européenne de la santé
animale (Fedesa) als Streithelferin ihre eigenen Kosten und die Kosten des Rates. Das Vereinigte
Königreich, die Kommission und die Stichting Kwaliteitsgarantie Vleeskalverensector (SKV) tragen ihre
eigenen Kosten.
5. In der Rechtssache T-152/96 trägt die Kommission außer ihren eigenen Kosten die Hälfte der
Kosten der Klägerinnen und der Fédération européenne de la santé animale (Fedesa); die andere
Hälfte tragen letztere selbst. Der Rat und die Stichting Kwaliteitsgarantie Vleeskalverensector (SKV)
tragen ihre eigenen Kosten.“
Das Rechtsmittel
41.
Die Kommission beantragt in ihrer Rechtsmittelschrift, die SKV in ihrer Rechtsmittelbeantwortung,
- den Teil des angefochtenen Urteils aufzuheben, mit dem die Verordnung Nr. 1312/96 für nichtig
erklärt wird, soweit sie die Gültigkeit der in ihr für Clenbuterol festgelegten HMR auf einzelne,
spezifische therapeutische Indikationen für Rinder und Equiden beschränkt;
- die Klage von BI Vetmedica und Boehringer auf Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 1312/96 in der
Rechtssache T-152/96 als unbegründet abzuweisen;
- der BI Vetmedica und Boehringer die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen;
- der BI Vetmedica und Boehringer die Kosten im ersten Rechtszug hinsichtlich der Nichtigkeitsklage
in der Rechtssache T-152/96 aufzuerlegen.
42.
Die BI Vetmedica, Boehringer und die Fedesa beantragen,
- das Rechtsmittel als unbegründet zurückzuweisen;
- der Kommission die Kosten des Rechtsmittelverfahrens aufzuerlegen;
- der Kommission sämtliche der BI Vetmedica und Boehringer durch ihre Nichtigkeitsklage in der
Rechtssache T-152/96 entstandenen Kosten aufzuerlegen.
43.
Nach Abschluss des schriftlichen Verfahrens haben die BI Vetmedica und Boehringer gemäß Artikel
42 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichtshofes nachträglich geltend gemacht, dass die Kommission
inzwischen, am 27. Oktober 2000, die Verordnung (EG) Nr. 2391/2000 zur Änderung der Anhänge I, II
und III der Verordnung Nr. 2377/90 (ABl. L 276, S. 5) erlassen habe.
44.
Da die Verordnung Nr. 2391/2000, mit der Clenbuterol in Anhang I der Verordnung Nr. 2377/90
aufgenommen worden sei, die für diesen Stoff zulässigen therapeutischen Indikationen nicht mehr
erwähne, habe sich die Kommission offenbar dafür entschieden, dem angefochtenen Urteil
nachzukommen, was aber ihr Rechtsmittelvorbringen in Frage stelle.
45.
Soweit dieses neue Vorbringen von BI Vetmedica und Boehringer als die Einrede zu werten sein
sollte, dass an der Klage kein Rechtsschutzinteresse mehr bestehe, istdarauf hinzuweisen, dass mit
dem Erlass der Verordnung Nr. 2391/2000, die u. a. mit Wirkung ab 27. Dezember 2000 endgültige
HMR für Clenbuterol festlegt, das Interesse an der Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der
Verordnung Nr. 1312/96 schon deshalb nicht entfallen ist, weil deren Rechtswirkungen für die Zeit
vom 7. September 1996 bis 1. Juli 2000, für die sie vorläufige HMR für Clenbuterol festlegte, zu
ermitteln bleiben.
46.
Als ersten Rechtsmittelgrund macht die Kommission geltend, die Feststellung des Gerichts, dass
die Kommission mit der Beschränkung der Geltung der in der Verordnung Nr. 1312/96 festgesetzten
HMR ihre Befugnisse überschritten habe, sei rechtlich fehlerhaft.
47.
Im Rahmen des ersten Teils dieses Rechtsmittelgrunds führt die Kommission aus, der dem Gericht
unterlaufene Rechtsfehler liege darin, dass es die in den Randnummern 88 bis 90 des Urteils Lilly
enthaltenen Erwägungen zum Ausgangspunkt seiner Prüfung gemacht habe, woraus es dann in der
weiteren Begründung des angefochtenen Urteils gleichfalls fehlerhafte Konsequenzen abgeleitet
habe. Mit dem zweiten Teil des Rechtsmittelgrunds rügt sie, das Gericht habe in Randnummer 187 des
angefochtenen Urteils rechtlich fehlerhaft festgestellt, es sei gemäß Artikel 6 Absatz 1 der
Verordnung Nr. 2377/90 für die Aufnahme eines Stoffes in einen der Anhänge I bis III der Verordnung
Nr. 2377/90 nicht Voraussetzung, dass das diesen Stoff enthaltende Erzeugnis unmittelbar verwendet
und in den Verkehr gebracht werden könne.
48.
Zum ersten Teil des ersten Rechtsmittelgrunds trägt die Kommission vor, das Gericht habe in
Randnummer 190 des angefochtenen Urteils unter Bezugnahme auf Randnummer 90 des Urteils Lilly
rechtlich fehlerhaft festgestellt, dass die Verordnung Nr. 2377/90 keine Vorschrift enthalte, die die
Kommission ermächtige, ein Verbot des Inverkehrbringens zu berücksichtigen, um die Festsetzung von
HMR zu versagen.
49.
Entgegen dieser Feststellung habe sie im Verfahren der Festsetzung von HMRfür Clenbuterol
gemäß der Verordnung Nr. 2377/90 alle für diesen Stoff geltenden Verbote oder Einschränkungen
des Inverkehrbringens, darunter die in der Richtlinie 96/22 normierten, berücksichtigen dürfen.
50.
Die SKV unterstützt in ihrer Rechtsmittelbeantwortung besonders das Argument der Kommission,
dass das Gericht das Verhältnis zwischen den einschlägigen gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften
falsch ausgelegt habe, nämlich unter Vernachlässigung der Notwendigkeit, dass deren Kohärenz
gewährleistet werden müsste. Das Gericht habe es zu Unrecht beanstandet, dass sich die Kommission
in der Richtlinie 96/22 auf die Verordnung Nr. 1312/96 bezogen habe; damit habe es verkannt, welche
Bedeutung transparente und kohärente Gemeinschaftsbestimmungen hätten.
51.
Insoweit ist zunächst zu prüfen, welche rechtliche Tragweite es hat, dass in der Rubrik „Sonstige
Vorschriften“ des Anhangs III der Verordnung Nr. 2377/90 in der Fassung der Verordnung Nr. 1312/96
bestimmte therapeutische Indikationen aufgeführt sind.
52.
Wie aus der siebten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 1312/96 erhellt, soll die Angabe
dieser Indikationen lediglich daran erinnern, dass gemäß der Richtlinie 96/22 die Verwendung von
Clenbuterol bei allen Nutztieren außer zu bestimmten therapeutischen Zwecken bei Equiden und
Rindern verboten ist.
53.
Eine Durchführungsverordnung ist außerdem nach Möglichkeit in Übereinstimmung mit der
Grundverordnung auszulegen (Urteile vom 24. Juni 1993 in der Rechtssache C-90/92, Dr. Tretter, Slg.
1993, I-3569, Randnr. 11, und vom 10. September 1996 in der Rechtssache C-61/94,
Kommission/Deutschland, Slg. 1996, I-3989, Randnr. 52). Die Prüfung der Verordnung Nr. 1312/96 im
Licht der ihre Rechtsgrundlage bildenden Verordnung Nr. 2377/90 bestätigt indessen, dass den
fraglichen Angaben nur deklaratorischer Charakter, aber kein eigener Normgehalt zukommt.
54.
Zum einen nämlich können diese Angaben nicht dahin aufgefasst werden, dass sie die Festlegung
eines Verbotes des Inverkehrbringens und der Verwendung von Clenbuterol - mit Ausnahme der
angegebenen therapeutischen Indikationen - bezwecken oder bewirken, das gegenüber dem in der
Richtlinie 96/22 normierten Verbot eigenständig wäre. Insoweit ist daran zu erinnern, dass gemäß
Artikel 15 der Verordnung Nr. 2377/90 deren Vorschriften gemeinschaftlichen und nationalen
Maßnahmen gegen die unzulässige Verwendung von Tierarzneimitteln in keiner Weise
entgegenstehen.
55.
Zum anderen lassen sich die fraglichen Angaben auch nicht so verstehen, dass mit ihnen eine
Beschränkung der Geltung der im Rahmen der Verordnung Nr. 2377/90 für Clenbuterol festgelegten
HMR bezweckt oder bewirkt würde. Dazu ist hervorzuheben, dass die einzige in der Verordnung Nr.
2377/90 vorgesehene Beschränkung der Geltung einer HMR die Angabe ihrer begrenzten
Geltungsdauer ist, wenn der fragliche Stoff in Anhang III der Verordnung Nr. 2377/90 aufgenommen
wird.
56.
Deshalb bedurfte die Kommission, wie sie im Rahmen des ersten Teils ihres ersten
Rechtsmittelgrunds geltend macht, für die Einfügung der Angabe zulässiger therapeutischer
Indikationen für Clenbuterol in Anhang III der Verordnung Nr. 2377/90 in der Fassung der Verordnung
Nr. 1312/96, um klarstellend auf die einschlägigen Vorschriften der Richtlinie 96/22 hinzuweisen,
keiner Ermächtigung durch die Verordnung Nr. 2377/90. So wie keine Bestimmung der Verordnung Nr.
2377/90 die Kommission dazu verpflichtete, solche rechtlich nicht erforderlichen Angaben in den
Anhang aufzunehmen, war ihr dies andererseits auch durch keine Bestimmung untersagt.
57.
Daher gelangte das Gericht aufgrund seiner Erwägungen in den Randnummern 190 und 191 des
angefochtenen Urteils in dessen Randnummer 192 rechtlich fehlerhaft zu demErgebnis, dass die
Kommission nicht aus der Richtlinie 96/22 eine Beschränkung der Gültigkeit der HMR für Clenbuterol
habe herleiten dürfen, denn zum einen wurde mit der Angabe der zulässigen therapeutischen
Indikationen für Clenbuterol eine Beschränkung der Gültigkeit der mit der Verordnung Nr. 1312/96
festgesetzten HMR weder bezweckt noch bewirkt, und zum anderen war die Kommission durch keinerlei
Vorschrift daran gehindert, in Anhang III der Verordnung Nr. 2377/90 in der Fassung der Verordnung
Nr. 1312/96 einen klarstellenden Hinweis auf die Richtlinie 96/22 hinsichtlich der zulässigen
therapeutischen Anwendungen für Clenbuterol aufzunehmen.
58.
Da der erste Teil des ersten Rechtsmittelgrunds begründet ist, brauchen dessen zweiter Teil und
der zweite Rechtsmittelgrund, die Begründung des angefochtenen Urteils sei widersprüchlich,
unvollständig und fehlerhaft, nicht mehr geprüft zu werden.
59.
Die Nummern 2 und 5 des Tenors des angefochtenen Urteils sind demgemäß aufzuheben.
Zur Begründetheit der Klage
60.
Gemäß Artikel 54 der EG-Satzung des Gerichtshofes ist über den Rechtsstreit, da er
entscheidungsreif ist, in der Sache zu entscheiden.
61.
Da die Kommission das Urteil mit ihrem Rechtsmittel nur hinsichtlich der Rechtssache T-152/96
angefochten hat, hat der Gerichtshof im vorliegenden Urteil lediglich über den von der BI Vetmedica
und Boehringer in der Rechtssache T-152/96 beim Gericht gestellten Antrag auf Teilnichtigerklärung
der Verordnung Nr. 1312/96 zu entscheiden.
62.
Die BI Vetmedica und Boehringer haben ihre Klage auf Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 1312/96
auf drei Gründe gestützt.
63.
Das Rechtsmittel der Kommission richtet sich nur gegen den die Rechtssache T-152/96
betreffenden Teil des angefochtenen Urteils, in dem das Gericht - in den Randnummern 182 bis 199 -
die Gründe darlegt, die die notwendige Grundlage für die Teilnichtigerklärung der Verordnung Nr.
1312/96 in Nummer 2 des Tenors des angefochtenen Urteils bilden.
64.
Somit richtet sich das Rechtsmittel der Kommission weder gegen den die Rechtssache T-152/96
betreffenden Teil des angefochtenen Urteils, in dem das Gericht die Klage der BI Vetmedica und von
Boehringer auf Teilnichtigerklärung der Verordnung Nr. 1312/96 für zulässig erklärt, noch gegen den
Urteilsteil, mit dem das Gericht die ersten beiden von den klagenden Unternehmen geltend
gemachten Nichtigkeitsgründe zurückweist. Die BI Vetmedica und Boehringer - und ebenso wenig die
Fedesa - haben diesen letzteren Teil des Urteils des Gerichts auch nicht angefochten, wie sie es
durch ein Anschlussrechtsmittel in der Rechtsmittelbeantwortung hätten tun können.
65.
Demgemäß hat der Gerichtshof nur über den Klagegrund zu entscheiden, wonach die Kommission
beim Erlass der Verordnung Nr. 1312/96 ihre Befugnisse aus derVerordnung Nr. 2377/90 dadurch
überschritten habe, dass sie die Gültigkeit der HMR für Clenbuterol auf einzelne, spezifische
therapeutische Indikationen für Rinder und Equiden beschränkt habe.
66.
Dieser Klagegrund ist als unbegründet zurückzuweisen, da die Kommission aus den oben in den
Randnummern 51 bis 57 dargelegten Gründen bei der Änderung des Anhangs III der Verordnung Nr.
2377/90 durch die Verordnung Nr. 1312/96 in diesen Anhang rechtmäßig Angaben aufnehmen
konnte, die sich mit nur deklaratorischer Wirkung auf die zulässigen therapeutischen Indikationen für
Clenbuterol gemäß der Richtlinie 96/22 bezogen.
67.
Demnach ist die Nichtigkeitsklage gegen die Verordnung Nr. 1312/96 abzuweisen.
Kosten
68.
Gemäß Artikel 122 der Verfahrensordnung entscheidet der Gerichtshof über die Kosten, wenn das
Rechtsmittel begründet ist und er selbst den Rechtsstreit endgültig entscheidet.
69.
Gemäß Artikel 69 § 2 der Verfahrensordnung, der nach ihrem Artikel 118 auf das
Rechtsmittelverfahren entsprechende Anwendung findet, ist die unterliegende Partei auf Antrag zur
Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die BI Vetmedica und Boehringer mit ihrem Vorbringen
unterlegen sind, sind ihnen sowohl im Verfahren vor dem Gericht in der Rechtssache T-152/96 als
auch im Verfahren vor dem Gerichtshof ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kommission
aufzuerlegen.
70.
Gemäß Artikel 69 § 4 Absatz 1 der Verfahrensordnung, der nach ihrem Artikel 118 ebenfalls im
Rechtsmittelverfahren anwendbar ist, tragen die Mitgliedstaaten und die Organe, die dem Rechtsstreit
als Streithelfer beigetreten sind, ihre eigenen Kosten. Nach dieser Bestimmung trägt der Rat seine
eigenen Kosten im Verfahren vor dem Gericht in der Rechtssache T-152/96.
71.
Gemäß Artikel 69 § 4 Absatz 3 der Verfahrensordnung, der nach ihrem Artikel 118 gleichfalls im
Rechtsmittelverfahren anwendbar ist, kann der Gerichtshof entscheiden, dass ein anderer Streithelfer
als ein Mitgliedstaat oder ein Organ seine eigenen Kosten trägt. Nach dieser Bestimmung ist zu
entscheiden, dass die Fedesa und die SKV ihre eigenen Kosten im Verfahren vor dem Gericht in der
Rechtssache T-152/96 und im Verfahren vor dem Gerichtshof tragen.
Aus diesen Gründen
hat
DER GERICHTSHOF
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Nummern 2 und 5 des Tenors des Urteils des Gerichts erster Instanz vom 1.
Dezember 1999 in den verbundenen Rechtssachen T-125/96 und T-152/96 (Boehringer/Rat
und Kommission) werden aufgehoben.
2. Die Klage der Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH und von C. H. Boehringer Sohn
auf Nichtigerklärung der Verordnung Nr. 1312/96 der Kommission vom 8. Juli 1996 zur
Änderung des Anhangs III der Verordnung (EWG) Nr. 2377/90 des Rates zur Schaffung eines
Gemeinschaftsverfahrens für die Festsetzung von Höchstmengen für
Tierarzneimittelrückstände in Nahrungsmitteln tierischen Ursprungs wird abgewiesen.
3. Die Boehringer Ingelheim Vetmedica GmbH und C. H. Boehringer Sohn tragen sowohl
im Verfahren vor dem Gericht in der Rechtssache T-152/96 als auch im Verfahren vor dem
Gerichtshof ihre eigenen Kosten und die Kosten der Kommission der Europäischen
Gemeinschaften.
4. Der Rat der Europäischen Union trägt seine eigenen Kosten im Verfahren vor dem
Gericht in der Rechtssache T-152/96.
6. Die Fédération européenne de la santé animale (Fedesa) und die Stichting
Kwaliteitsgarantie Vleeskalverensector (SKV) tragen ihre eigenen Kosten im Verfahren vor
dem Gericht in der Rechtssache T-152/96 und im Verfahren vor dem Gerichtshof.
Rodríguez Iglesias
Jann
Macken
Colneric
La Pergola
Puissochet
Wathelet
Schintgen
Skouris
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 26. Februar 2002.
Der Kanzler
Der Präsident
R. Grass
G. C. Rodríguez Iglesias
Verfahrenssprache: Englisch.