Urteil des EuG vom 17.03.2015

Staatliche Beihilfe, Hessen, Beteiligung am Verfahren, Wirtschaftliche Einheit

URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)
17. März 2015
)
„Staatliche Beihilfen – Staatliche Maßnahmen betreffend die Errichtung eines
Sägewerks im Land Hessen – Nichtigkeitsklage – Schreiben an die Beschwerdeführer –
Nicht anfechtbare Handlung – Unzulässigkeit – Entscheidung, mit der festgestellt wird,
dass keine staatliche Beihilfe vorliegt – Nichteröffnung des förmlichen Prüfverfahrens –
Ernsthafte Schwierigkeiten – Berechnung des Beihilfeelements der staatlichen
Bürgschaften – Mitteilung der Kommission über staatliche Beihilfen in Form von
Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften – Unternehmen in Schwierigkeiten – Verkauf
eines staatlichen Grundstücks – Verteidigungsrechte – Begründungspflicht“
In der Rechtssache T‑89/09
Pollmeier Massivholz GmbH & Co. KG
Prozessbevollmächtigte: zunächst Rechtsanwälte J. Heithecker und F. von Alemann,
dann Rechtsanwalt J. Heithecker,
Klägerin,
gegen
Europäische Kommission,
Bevollmächtigte,
Beklagte,
unterstützt durch
Land Hessen
P. Melcher,
Streithelfer,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K(2008)6017 endgültig der Kommission vom
21. Oktober 2008, Staatliche Beihilfe N 512/2007 – Deutschland, Abalon Hardwood
Hessen GmbH, und der Entscheidung zum Beihilfeverfahren CP 195/2007 – Abalon
Hardwood Hessen GmbH, die in dem Schreiben D/55056 der Kommission vom 15.
Dezember 2008 enthalten sein soll,
erlässt
DAS GERICHT (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen, der Richterin I. Pelikánová und des
unter Mitwirkung des Präsidenten H. Kanninen, der Richterin I. Pelikánová und des
Richters E. Buttigieg (Berichterstatter),
Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. März
2014
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits
A – Verwaltungsverfahren
1
Die Klägerin, die Pollmeier Massivholz GmbH & Co. KG, ist eine in der
Laubholzsägebranche tätige Gesellschaft deutschen Rechts, die in der Nähe der Grenze
des Landes Hessen (Deutschland) mehrere Sägewerke für Buchenholz betreibt.
2
Am 25. Juni und am 6. August 2007 gingen bei der Kommission der Europäischen
Gemeinschaften zwei Beschwerden ein, von denen die erste vom Verband der Säge-
und Holzindustrie Nord e. V. und die zweite von der Klägerin eingelegt wurde. Beide
Beschwerden, mit denen gerügt wurde, dass der Abalon Hardwood Hessen GmbH (im
Folgenden: Beihilfeempfängerin oder Abalon Hessen) für die Errichtung eines neuen
Sägewerks für Buchenholz in Hessen rechtswidrige Beihilfen gewährt worden seien,
wurden unter dem Aktenzeichen CP 195/2007 registriert. Die Beschwerdeführer
übermittelten der Kommission in den Jahren 2007 und 2008 weitere Informationen.
3
Auf ein Auskunftsersuchen der Kommission hin meldeten die deutschen Behörden die
beiden nachfolgend in den Rn. 4 und 5 beschriebenen Maßnahmen zur Förderung der
Errichtung des neuen Sägewerks im Land Hessen mit Schreiben vom 6. September
2007 aus Gründen der Rechtssicherheit an.
4
Erstens meldeten sie einen regionalen Investitionszuschuss in Höhe von insgesamt
4 500 000 Euro an, der vom Land Hessen aufgrund einer bestehenden Beihilferegelung
gewährt wurde. Nach den Angaben der deutschen Behörden, die die Kommission ihrer
Entscheidung zugrunde legte, wurde dieser Zuschuss durch zwei Bescheide vom 20.
Dezember 2006 bewilligt. Der erste Bewilligungsbescheid bezog sich auf einen aus dem
Bundeshaushalt finanzierten Teilbetrag von 3 780 000 Euro, der zweite auf einen aus
Mitteln des Landes Hessen finanzierten Teilbetrag von 720 000 Euro.
5
Zweitens meldeten die deutschen Behörden zwei staatliche Bürgschaften an, die nach
Maßgabe der Richtlinien des Landes Hessen für die Übernahme von Bürgschaften und
Garantien für die gewerbliche Wirtschaft gewährt wurden. Im Einzelnen handelte es sich
um
– eine Bürgschaft in Höhe von 70 % des verbürgten Betrags für ein
Investitionsdarlehen in Höhe von 19 500 000 Euro;
Investitionsdarlehen in Höhe von 19 500 000 Euro;
– eine Bürgschaft in Höhe von 50 % des verbürgten Betrags für einen
Betriebsmittelkredit in Höhe von 10 000 000 Euro.
6
Die Kommission ging davon aus, dass die Bürgschaften am 28. Dezember 2006
gewährt worden seien.
7
Die deutschen Behörden stellten klar, dass die genannten Maßnahmen nur aus
Gründen der Rechtssicherheit angemeldet worden seien. Sie seien nicht
anmeldepflichtig. Bei dem Investitionszuschuss handele es sich nämlich um eine
Einzelbeihilfe, die auf der Grundlage einer genehmigten regionalen Beihilferegelung
gewährt worden sei, und bei den staatlichen Bürgschaften um De-minimis-Beihilfen, die
unter die Verordnung (EG) Nr. 69/2001 der Kommission vom 12. Januar 2001 über die
Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf „De-minimis“-Beihilfen (ABl. L 10,
S. 30) fielen. Die Bewilligungsbeschlüsse seien im Dezember 2006 gefasst worden,
Zahlungen würden aber erst nach einer positiven Entscheidung der Kommission
geleistet.
8
Die deutschen Behörden versicherten außerdem, dass die Beihilfeempfängerin keine
weiteren Zuwendungen erhalten habe.
9
Das durch die Anmeldung in Gang gesetzte Verfahren wurde unter dem Aktenzeichen
N 512/2007 – Deutschland, Abalon Hardwood Hessen GmbH, in das Register
eingetragen.
10
Die Beschwerdeführer wandten sich im Verwaltungsverfahren nicht nur gegen die
genannten angemeldeten Beihilfemaßnahmen, sondern auch gegen folgende
Maßnahmen:
– Verkauf eines staatlichen Grundstücks an die Beihilfeempfängerin zu einem Preis,
der unter dem Marktwert gelegen habe;
– zwei Vereinbarungen (Rahmenvereinbarung und Einzelvereinbarung für das Jahr
2008) über die Lieferung von Buchenholz an die Beihilfeempfängerin;
– Verlagerung von Geräten, für die bereits eine staatliche Beihilfe gewährt worden
sei, von der Schwestergesellschaft Abalon Hardwood GmbH (im Folgenden:
Abalon Österreich) mit Sitz in Heiligenkreuz (Österreich) zur Beihilfeempfängerin.
B – Entscheidung, mit der das Verfahren N 512/2007 abgeschlossen wurde
11
Am 21. Oktober 2008 erließ die Kommission die an die Bundesrepublik Deutschland
gerichtete Entscheidung K(2008)6017 endgültig, Staatliche Beihilfe N 512/2007 –
Deutschland, Abalon Hardwood Hessen GmbH (im Folgenden: Entscheidung vom 21.
Oktober 2008 oder angefochtene Entscheidung), in der sie sowohl auf die angemeldeten
Maßnahmen als auch auf die unter dem Aktenzeichen CP 195/2007 in das Register
eingetragenen Beschwerden einging.
12
Die Kommission erläuterte, dass sie erstens prüfen werde, ob die angemeldeten
Maßnahmen neue Beihilfen im Sinne von Art. 1 Buchst. c der Verordnung (EG)
Maßnahmen neue Beihilfen im Sinne von Art. 1 Buchst. c der Verordnung (EG)
Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die
Anwendung von Artikel [88 EG] (ABl. L 83, S. 1) darstellten, und zweitens, ob die
zusätzlichen Maßnahmen, auf die sich die Beschwerden bezögen, staatliche Beihilfen
im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG darstellten (32. Erwägungsgrund der Entscheidung vom
21. Oktober 2008).
13
Damit entschieden werden könne, ob es sich bei den angemeldeten Maßnahmen um
eine neue oder bestehende Beihilfe handele, müsse zunächst festgestellt werden, ob die
Beihilfeempfängerin ein gesundes Unternehmen oder ein Unternehmen in
Schwierigkeiten sei. Als gesundes Unternehmen könnte sie die genehmigte
Beihilferegelung und die nach der Verordnung Nr. 69/2001 eingeführte Beihilferegelung
in Anspruch nehmen, um die angemeldeten Beihilfemaßnahmen rechtmäßig zu erhalten
(33. Erwägungsgrund der Entscheidung vom 21. Oktober 2008).
14
Um zu ermitteln, ob es sich bei der Beihilfeempfängerin um ein gesundes Unternehmen
oder um ein Unternehmen in Schwierigkeiten handele, werde zunächst die Lage der
Beihilfeempfängerin als solche geprüft, und dann, ob zwischen ihr und ihrer
Schwestergesellschaft Abalon Österreich eine Verbindung bestehe, über die die
angeblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Schwestergesellschaft auf die
Beihilfeempfängerin durchschlagen könnten (34. Erwägungsgrund der Entscheidung
vom 21. Oktober 2008). Nach dieser zweistufigen Prüfung vertrat die Kommission die
Auffassung, dass in Anbetracht der Art der zur Beihilfeempfängerin bestehenden
Verbindung von Abalon Österreich nicht geklärt zu werden brauche, ob diese ein
Unternehmen in Schwierigkeiten gewesen sei (42. Erwägungsgrund der Entscheidung
vom 21. Oktober 2008), und gelangte zu dem Schluss, dass die Beihilfeempfängerin ein
gesundes Unternehmen sei (Erwägungsgründe 35 bis 43 der Entscheidung vom 21.
Oktober 2008).
15
Nach der Einstufung der Beihilfeempfängerin als gesundes Unternehmen beurteilte die
Kommission den Investitionszuschuss und die staatlichen Bürgschaften in der
nachfolgend in den Rn. 16 und 17 dargestellten Weise.
16
Zum Investitionszuschuss stellte die Kommission fest, dass er eine Einzelbeihilfe
darstelle, die auf der Grundlage der mit der Entscheidung K(2003) 3368 endg. der
Kommission vom 1. Oktober 2003, Staatliche Beihilfe N 642/2002 – Deutschland,
Verlängerung der Beihilferegelung Gemeinschaftsaufgabe (GA) „Verbesserung der
regionalen Wirtschaftsstruktur“ zugunsten von Unternehmen in Regionalfördergebieten
nach Art. 87 Absatz 3 a) und c) EG-Vertrag auf der Basis von Teil II des 31.
Rahmenplans (im Folgenden: Regelung N 642/2002), genehmigten Beihilferegelung
gewährt worden sei. Der Zuschuss erfülle die Genehmigungsvoraussetzungen der
genannten Regelung, so dass er eine bestehende Beihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. b
Ziff. iii der Verordnung Nr. 659/1999 darstelle, deren Vereinbarkeit mit dem
Gemeinsamen Markt bereits durch die Entscheidung, die genannte Beihilferegelung zu
genehmigen, festgestellt worden sei (Erwägungsgründe 46 und 59 Buchst. a der
Entscheidung vom 21. Oktober 2008).
17
Zu den staatlichen Bürgschaften stellte die Kommission fest, sie seien nach der zum
Zeitpunkt der Bewilligung im Jahr 2006 geltenden De-minimis-Regel gewährt worden.
Zeitpunkt der Bewilligung im Jahr 2006 geltenden De-minimis-Regel gewährt worden.
Das Beihilfeelement dieser Bürgschaften sei anhand der von ihr genehmigten und in
mehreren Entscheidungen bestätigten Praxis berechnet worden. Das aus dieser
Berechnung resultierende Beihilfeelement von 93 250 Euro überschreite nicht die De-
minimis-Obergrenze von 100 000 Euro und falle daher in den Anwendungsbereich der
Verordnung Nr. 69/2001. Die Bürgschaften seien mithin keine staatlichen Beihilfen im
Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG und unterlägen daher auch nicht der in Art. 88 Abs. 3 EG
vorgesehenen Anmeldepflicht (Erwägungsgründe 47 und 59 Buchst. b der Entscheidung
vom 21. Oktober 2008).
18
Schließlich stellte die Kommission zu den übrigen Maßnahmen, gegen die sich die
Beschwerde der Klägerin richtete, fest, dass es sich bei ihnen nicht um staatliche
Beihilfen handele.
19
Aufgrund dieser Erwägungen und ohne Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens gemäß
Art. 88 Abs. 2 EG entschied die Kommission, keine Einwände gegen die genannten
Maßnahmen zu erheben, da diese entweder keine staatlichen Beihilfen oder bestehende
Beihilfen darstellten (60. Erwägungsgrund der Entscheidung vom 21. Oktober 2008).
C – Schreiben zum Verfahren CP 195/2007
20
Mit Schreiben vom 15. Dezember 2008 zum Verfahren CP 195/2007 teilte die
Kommission der Klägerin im Wesentlichen mit, dass ihre Beschwerde im Rahmen der
Sache N 512/2007 behandelt worden sei, und fügte eine Kopie der Entscheidung vom
21. Oktober 2008 bei. In dem Schreiben hieß es weiter, dass das Verfahren CP 195/2007
von den Dienststellen der Kommission nun als abgeschlossen betrachtet werde.
Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten
21
Mit Klageschrift, die am 25. Februar 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist,
hat die Klägerin die vorliegende Klage erhoben.
22
Mit Schriftsatz, der am 11. Juni 2009 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat
das Land Hessen beantragt, als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der
Kommission zugelassen zu werden.
23
Durch Beschluss des Präsidenten der Dritten Kammer des Gerichts vom 22. September
2009 ist diesem Antrag stattgegeben worden.
24
Das Land Hessen hat seinen Streithilfeschriftsatz am 3. Dezember 2009 eingereicht. Zu
diesem Schriftsatz haben die Klägerin am 22. Januar 2010 und die Kommission am 21.
Januar 2010 fristgerecht Stellung genommen.
25
Durch Änderungen in der Besetzung der Kammern des Gerichts ist der Berichterstatter
der Ersten Kammer zugewiesen worden, an die die vorliegende Rechtssache deshalb
verwiesen worden ist.
26
Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht (Erste Kammer) beschlossen, die
mündliche Verhandlung zu eröffnen, und im Rahmen prozessleitender Maßnahmen
gemäß Art. 64 seiner Verfahrensordnung den Verfahrensbeteiligten schriftliche Fragen
gestellt
und
sie
aufgefordert,
bestimmte
Unterlagen
vorzulegen.
Die
Verfahrensbeteiligten sind diesen Aufforderungen innerhalb der gesetzten Frist
nachgekommen.
27
In der Sitzung vom 18. März 2014 haben die Verfahrensbeteiligten mündlich verhandelt
und Fragen des Gerichts beantwortet.
28
Die Klägerin beantragt,
– die Entscheidung vom 21. Oktober 2008 für nichtig zu erklären;
– die Entscheidung der Kommission vom 15. Dezember 2008 zum Verfahren
CP 195/2007 für nichtig zu erklären;
– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
29
Die Kommission beantragt,
– die Klage teilweise als unzulässig, teilweise als unbegründet abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
30
Der Streithelfer beantragt,
– die Klage als unbegründet abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten des Verfahrens einschließlich seiner Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
A – Zur Zulässigkeit der Klage, soweit sich diese gegen die Entscheidung richtet, die im
Schreiben der Kommission vom 15. Dezember 2008 enthalten sein soll
31
Die Kommission macht geltend, die Klage sei, soweit sie sich gegen das Schreiben
vom 15. Dezember 2008 richte, unzulässig, da die Klägerin kein Klageinteresse gegen
dieses Schreiben geltend machen könne. Das Schreiben habe lediglich informativen
Charakter und ändere nichts an der Rechtsposition der Klägerin. Wirkung für die
Klägerin könne allein die an die Bundesrepublik Deutschland gerichtete Entscheidung
vom 21. Oktober 2008 haben, die alle in der Beschwerde der Klägerin aufgeworfenen
Fragen zum Gegenstand habe.
32
Weder die Klägerin noch der Streithelfer haben sich zu der von der Kommission
aufgeworfenen Frage der Zulässigkeit geäußert. In der mündlichen Verhandlung hat die
Klägerin auf eine Frage des Gerichts jedoch erklärt, dass sie die Klage gegen das
Schreiben vom 15. Dezember 2008 aufrechterhalte.
33
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Nichtigkeitsklage im Sinne von Art. 230 EG
gegen alle Handlungen der Organe gegeben, die – unabhängig von ihrer Rechtsnatur
oder Form – dazu bestimmt sind, verbindliche Rechtswirkungen zu erzeugen, die die
Interessen des Klägers durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung berühren
Interessen des Klägers durch eine qualifizierte Änderung seiner Rechtsstellung berühren
(vgl. Urteil vom 17. Juli 2008, Athinaïki Techniki/Kommission, C‑521/06 P, Slg,
EU:C:2008:422, Rn. 29 und die dort angeführte Rechtsprechung).
34
Adressaten der Entscheidungen, die die Kommission im Bereich der staatlichen
Beihilfen erlässt, sind die betroffenen Mitgliedstaaten, wie der Unionsrichter bereits im
Urteil vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France (C‑367/95 P, Slg,
EU:C:1998:154, Rn. 45), festgestellt hat. Dies gilt auch, wenn solche Entscheidungen
staatliche Maßnahmen betreffen, die in Beschwerden als vertragswidrige staatliche
Beihilfen beanstandet werden, und sich aus ihnen ergibt, dass die Kommission es
ablehnt, das in Art. 88 Abs. 2 EG vorgesehene Verfahren einzuleiten, weil die
beanstandeten Maßnahmen nach ihrer Auffassung keine staatlichen Beihilfen im Sinne
von Art. 87 EG oder mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sind. Wenn die Kommission
solche Entscheidungen erlässt und im Einklang mit ihrer Pflicht zur ordnungsgemäßen
Verwaltung die Beschwerdeführer davon unterrichtet, muss der Beschwerdeführer
gegebenenfalls die an den Mitgliedstaat gerichtete Entscheidung und nicht das an ihn
gerichtete Schreiben, mit dem er von der Entscheidung unterrichtet wird, anfechten.
35
Im vorliegenden Fall hat die Kommission in der an die Bundesrepublik Deutschland
gerichteten Entscheidung vom 21. Oktober 2008 sowohl die von diesem Mitgliedstaat
angemeldeten Maßnahmen untersucht als auch die Maßnahmen, gegen die sich die
Beschwerde der Klägerin richtete. Diese Entscheidung wurde auf der – nicht
ausdrücklich genannten – Grundlage des Art. 88 Abs. 3 EG und des Art. 4 Abs. 2 und 3
der Verordnung Nr. 659/1999 erlassen. Die Kommission hat darin die Auffassung
vertreten, dass die untersuchten Maßnahmen entweder keine staatlichen Beihilfen
darstellten oder dass keine Zweifel an ihrer Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt
bestünden, und deshalb entschieden, das in Art. 88 Abs. 2 EG vorgesehene förmliche
Prüfverfahren nicht zu eröffnen. Es ist unstreitig, dass diese Entscheidung gegenüber der
Klägerin insofern verbindliche Rechtswirkungen im Sinne der oben in Rn. 33
angeführten Rechtsprechung erzeugt, als sie sie daran hindert, sich im Rahmen eines
förmlichen Prüfverfahrens als Beteiligte im Sinne von Art. 88 Abs. 2 EG zu äußern.
Deshalb stellt die Entscheidung vom 21. Oktober 2008 eine Handlung dar, gegen die die
Klägerin Klage erheben kann.
36
Mit dem Schreiben vom 15. Dezember 2008 teilte die Kommission der Klägerin mit,
dass deren Beschwerde im Rahmen der Sache N 512/2007 behandelt worden sei, und
übermittelte ihr die Entscheidung vom 21. Oktober 2008. Die Kommission wies die
Klägerin ferner darauf hin, dass das auf deren Beschwerde hin eingeleitete Verfahren
CP 195/2007 von ihren Dienststellen nun als abgeschlossen betrachtet werde. Das
Schreiben enthält also keine Entscheidung, mit der im Sinne der oben in Rn. 33
angeführten Rechtsprechung verbindliche Rechtswirkungen gegenüber der Klägerin
erzeugt werden sollten. Mit ihm sollten der Klägerin lediglich der Erlass und der Inhalt
der Entscheidung vom 21. Oktober 2008 mitgeteilt werden.
37
Das Schreiben der Kommission vom 15. Dezember 2008 stellt für die Klägerin somit
keine anfechtbare Handlung dar. Daher ist ihre Klage, soweit sie sich gegen dieses
Schreiben richtet, als unzulässig abzuweisen.
B – Zur Begründetheit
1. Vorbemerkungen
38
Die Klägerin macht sieben Klagegründe geltend.
39
Mit dem ersten Klagegrund rügt sie einen Verstoß gegen Art. 88 Abs. 2 und 3 EG und
gegen die Verordnung Nr. 659/1999. Er betrifft im Wesentlichen die Bestimmung des für
die Beurteilung der angemeldeten Beihilfemaßnahmen maßgeblichen Zeitpunkts.
40
Mit dem zweiten, hilfsweise (für den Fall, dass das Gericht den ersten Klagegrund
zurückweisen sollte) geltend gemachten Klagegrund rügt die Klägerin, dass die
Kommission dadurch gegen Art. 88 Abs. 3 EG und die Verordnung Nr. 659/1999
verstoßen habe, dass sie das Verfahren für angemeldete Beihilfen nach Art. 4 der
Verordnung Nr. 659/1999 durchgeführt habe, obwohl die betreffenden Beihilfen bereits
gewährt worden seien.
41
Mit dem dritten Klagegrund wird ein Verstoß gegen Art. 88 Abs. 2 und 3 EG gerügt. Die
Kommission habe kein förmliches Prüfverfahren eröffnet, obwohl ernsthafte
Schwierigkeiten bestanden hätten. Dafür gibt es nach Auffassung der Klägerin folgende
Anhaltspunkte:
– lange Dauer des Vorprüfungsverfahrens;
– Ersuchen der Kommission um zusätzliche Auskünfte der Bundesrepublik
Deutschland;
– weiter Untersuchungsbereich des Vorprüfungsverfahrens;
– offensichtlicher Beurteilungsfehler der Kommission hinsichtlich des Zeitpunkts, auf
den sie bei ihrer Beurteilung der angemeldeten Beihilfemaßnahmen abgestellt
habe;
– ungenügende und unvollständige Prüfung folgender problematischer Punkte:
Verkauf eines staatlichen Grundstücks an die Beihilfeempfängerin, Lieferung von
Holz an die Beihilfeempfängerin, Verwendung von Maschinen durch die
Beihilfeempfängerin, die von ihrer Schwestergesellschaft in Österreich genutzt und
für die dort staatliche Beihilfen gewährt worden seien, Folgen des
Änderungsbescheids vom 5. April 2007 und Zugrundelegung eines pauschalen
Satzes von 0,5 % bei der Ermittlung des Beihilfewerts der staatlichen Bürgschaften.
42
Mit dem vierten Klagegrund wird ein Verstoß gegen den Grundsatz der
ordnungsgemäßen Verwaltung gerügt. Die Kommission habe die Argumente, die die
Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgebracht habe, nicht sorgfältig und
unvoreingenommen geprüft.
43
Mit dem fünften Klagegrund wird gerügt, die Kommission habe gegen die
Begründungspflicht verstoßen.
44
Mit dem sechsten Klagegrund wird eine Verletzung des Rechts der Klägerin auf
44
Mit dem sechsten Klagegrund wird eine Verletzung des Rechts der Klägerin auf
angemessene Beteiligung am Verwaltungsverfahren vor der Kommission gerügt.
45
Mit dem siebten Klagegrund wird ein Verstoß gegen Art. 87 Abs. 1 EG und Art. 88
Abs. 3 EG gerügt. Die Klägerin macht im Rahmen dieses Klagegrundes geltend, die
gewährten staatlichen Bürgschaften hätten nach der Rechtslage zum Zeitpunkt ihrer
Bewilligung nicht als De-Minimis-Beihilfen angesehen werden dürfen.
46
Beantragt ein Kläger die Nichtigerklärung einer Entscheidung, keine Einwände zu
erheben, rügt er nach einer nunmehr gefestigten Rechtsprechung im Wesentlichen, dass
die Kommission die Entscheidung über die fragliche Beihilfe getroffen habe, ohne das
förmliche Prüfverfahren zu eröffnen, und dadurch seine Verfahrensrechte verletzt habe.
Um mit seiner Nichtigkeitsklage durchzudringen, kann der Kläger jeden Klagegrund
anführen, der geeignet ist, zu zeigen, dass die Beurteilung der Informationen und
Angaben, über die die Kommission in der Vorprüfungsphase der angemeldeten
Maßnahme verfügt, Anlass zu Bedenken hinsichtlich ihrer Vereinbarkeit mit dem
Gemeinsamen Markt hätte geben müssen. Werden solche Argumente vorgebracht, kann
dies aber weder den Gegenstand der Klage noch die Voraussetzungen ihrer Zulässigkeit
ändern. Vielmehr liegt im Bestehen von Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem
Gemeinsamen Markt gerade der Nachweis, der zu erbringen ist, um zu zeigen, dass die
Kommission verpflichtet war, das förmliche Prüfverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG und
Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 zu eröffnen (vgl. Urteil vom 13. Juni 2013,
Ryanair/Kommission, C‑287/12 P, EU:C:2013:395, Rn. 60 und die dort angeführte
Rechtsprechung).
47
Ferner ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass der Begriff der staatlichen Beihilfe, wie
er im EG-Vertrag definiert ist, ein anhand objektiver Kriterien auszulegender
Rechtsbegriff ist. Deshalb hat der Unionsrichter die Frage, ob eine Maßnahme in den
Anwendungsbereich von Art. 87 Abs. 1 EG fällt, grundsätzlich unter Berücksichtigung der
konkreten Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits und des technischen oder
komplexen Charakters der von der Kommission vorgenommenen Beurteilungen
umfassend zu prüfen (Urteil vom 22. Dezember 2008, British Aggregates/Kommission,
C‑487/06 P, Slg, EU:C:2008:757, Rn. 111).
48
Dies gilt umso mehr, als die Kommission nach ständiger Rechtsprechung, wenn sie
nach einer ersten Prüfung im Rahmen des Verfahrens von Art. 88 Abs. 3 EG nicht die
Überzeugung gewinnen kann, dass die in Rede stehende staatliche Maßnahme keine
Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG darstellt oder dass sie, wenn sie als Beihilfe
eingestuft wird, mit dem Vertrag vereinbar ist, oder wenn dieses Verfahren es ihr nicht
erlaubt hat, alle Schwierigkeiten hinsichtlich der Beurteilung der Vertragskonformität der
betreffenden Maßnahme auszuräumen, verpflichtet ist, das in Art. 88 Abs. 2 EG
vorgesehene Verfahren einzuleiten, „ohne hierbei über einen Ermessensspielraum zu
verfügen“. Diese Verpflichtung findet im Übrigen eine ausdrückliche Bestätigung in Art. 4
Abs. 4 in Verbindung mit Art. 13 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 (Urteil British
Aggregates/Kommission, oben in Rn. 47 angeführt, EU:C:2008:757, Rn. 113).
49
Der Begriff der ernsthaften Schwierigkeiten, bei deren Bestehen die Kommission das
förmliche Prüfverfahren eröffnen muss, ist nach der Rechtsprechung seinem Wesen nach
objektiv. Ob solche Schwierigkeiten bestehen, ist anhand der Umstände des Erlasses
objektiv. Ob solche Schwierigkeiten bestehen, ist anhand der Umstände des Erlasses
des angefochtenen Rechtsakts sowie seines Inhalts in objektiver Weise zu beurteilen,
wobei die Gründe der Entscheidung zu den Angaben in Beziehung zu setzen sind, über
die die Kommission verfügen konnte, als sie sich zur Vereinbarkeit der streitigen
Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt äußerte. Die Rechtmäßigkeitskontrolle des
Gerichts hinsichtlich der Frage, ob ernsthafte Schwierigkeiten bestanden, geht deshalb
ihrem Wesen nach über die Prüfung offensichtlicher Beurteilungsfehler hinaus (vgl. Urteil
vom 10. Juli 2012, Smurfit Kappa Group/Kommission, T‑304/08, Slg, EU:T:2012:351,
Rn. 80 und die dort angeführte Rechtsprechung).
50
Nach der Rechtsprechung stellt es einen Anhaltspunkt für das Bestehen ernsthafter
Schwierigkeiten dar, wenn die Prüfung durch die Kommission im Vorprüfungsverfahren
unzureichend oder unvollständig war (vgl. Urteil vom 10. Februar 2009, Deutsche Post
und DHL International/Kommission, T‑388/03, Slg, EU:T:2009:30, Rn. 95 und die dort
angeführte Rechtsprechung).
51
Der Kläger trägt die Beweislast dafür, dass ernsthafte Schwierigkeiten bestanden, und
er kann diesen Beweis durch ein Bündel übereinstimmender Anhaltspunkte erbringen
(vgl. Urteil vom 10. Juli 2012, TF1 u. a./Kommission, T‑520/09, EU:T:2012:352, Rn. 49
und die dort angeführte Rechtsprechung).
52
Da die angefochtene Entscheidung im vorliegenden Fall ohne Eröffnung des förmlichen
Prüfverfahrens erging, war die Kommission somit zu ihrem Erlass nur berechtigt, wenn
sich bei der Vorprüfung keine ernsthaften Schwierigkeiten ergaben. Hätten nämlich
solche Schwierigkeiten bestanden, könnte die Entscheidung allein deshalb wegen
Unterlassung der im EG-Vertrag vorgesehenen kontradiktorischen und eingehenden
Prüfung für nichtig erklärt werden, selbst wenn nicht nachgewiesen wäre, dass die
Bewertungen, die die Kommission in der Sache vorgenommen hat, Rechts‑ oder
Tatsachenfehler enthielten (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 9. September 2010, British
Aggregates u. a./Kommission, T‑359/04, Slg, EU:T:2010:366, Rn. 58).
53
Daraus folgt, dass sämtliche von der Klägerin mit dem Ziel der Nichtigerklärung der
angefochtenen Entscheidung geltend gemachten Klagegründe zu prüfen sind, um u. a.
zu ermessen, ob sie ernsthafte Schwierigkeiten erkennen lassen, aufgrund deren die
Kommission das förmliche Prüfverfahren nach Art. 88 Abs. 2 EG hätte eröffnen müssen
(vgl. Urteil British Aggregates u. a./Kommission, oben in Rn. 52 angeführt,
EU:T:2010:366, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung).
54
Insoweit sind zunächst – zusammen – die Klagegründe zu prüfen, mit denen dargetan
werden soll, dass ernsthafte Schwierigkeiten bestanden hätten und dass die
Kommission deshalb gegen ihre Verpflichtung zur Eröffnung des förmlichen
Prüfverfahrens verstoßen habe, d. h. der erste, der dritte und der siebte Klagegrund.
55
Sodann ist der zweite Klagegrund zu prüfen, dessen Beurteilung von der Beurteilung
der oben genannten Klagegründe abhängt, insbesondere von der Beurteilung des ersten
Klagegrundes.
56
Schließlich sind nacheinander der vierte, der sechste und der fünfte Klagegrund zu
prüfen.
2. Zu den Klagegründen, mit denen ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Eröffnung
des förmlichen Prüfverfahrens dargetan werden soll
a) Zu den im Rahmen des ersten und des dritten Klagegrundes vorgebrachten Rügen
in Bezug auf die Bestimmung des für die Beurteilung der angemeldeten Beihilfen
maßgeblichen Zeitpunkts
57
Die im Rahmen des ersten und des dritten Klagegrundes vorgebrachten Rügen in
Bezug auf die Bestimmung des für die Beurteilung der angemeldeten Beihilfen
maßgeblichen Zeitpunkts lassen sich in zwei Teile gliedern.
58
Im Rahmen des ersten Teils macht die Klägerin geltend, die Kommission habe bei der
Beurteilung der angemeldeten Beihilfemaßnahmen zu Unrecht auf die Rechtslage zum
Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfen durch die deutschen Behörden statt auf die
Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung abgestellt.
Zwischen diesen beiden Zeitpunkten habe sich die für die Beurteilung der angemeldeten
Beihilfemaßnahmen maßgebliche Rechtslage aber geändert, so dass die angefochtene
Entscheidung rechtswidrig sei.
59
Im Rahmen des zweiten Teils macht die Klägerin geltend, die angefochtene
Entscheidung sei auch dann rechtswidrig, wenn man auf den Zeitpunkt der Gewährung
der Beihilfen durch die deutschen Behörden abstelle, da die Kommission zu Unrecht
davon ausgegangen sei, dass der Investitionszuschuss am 20. Dezember 2006 und die
Bürgschaften am 28. Dezember 2006 gewährt worden seien. Die Klägerin vertritt im
Wesentlichen die Auffassung, beide Maßnahmen seien im Jahr 2007 gewährt worden,
so dass für sie eine andere als die von der Kommission in der angefochtenen
Entscheidung angewandte rechtliche Regelung gelte.
Zum ersten Teil: Fehler bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts
60
Die Klägerin macht geltend, die angefochtene Entscheidung verstoße gegen Art. 88
Abs. 2 und 3 EG und gegen die Verordnung Nr. 659/1999, da die Kommission bei ihrer
Beurteilung der angemeldeten Beihilfemaßnahmen zu Unrecht auf den Zeitpunkt der
Gewährung der Beihilfen abgestellt habe. Bei angemeldeten Beihilfen sei die
Rechtslage zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung über die angemeldeten
Maßnahmen maßgebend. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass die
Bundesrepublik Deutschland die Beihilfen „aus Gründen der Rechtssicherheit“
angemeldet habe, denn die Verordnung Nr. 659/1999 unterscheide nicht nach
Anmeldungen aus Gründen der Rechtssicherheit und sonstigen Anmeldungen. Wenn
ein Mitgliedstaat eine Maßnahme, aus welchen Gründen auch immer, anmelde, müsse
er hinnehmen, dass die Maßnahme nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der
Entscheidung der Kommission beurteilt werde. Die Beurteilung einer angemeldeten
Maßnahme nach der Rechtslage zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe würde
letztlich bedeuten, den Mitgliedstaaten die Befugnis zur Bestimmung des in zeitlicher
Hinsicht anwendbaren Rechts einzuräumen, was nicht mit dem Grundsatz der
Rechtssicherheit vereinbar wäre.
61
Im vorliegenden Fall habe sich die Rechtslage zwischen dem Zeitpunkt der Gewährung
61
Im vorliegenden Fall habe sich die Rechtslage zwischen dem Zeitpunkt der Gewährung
der angemeldeten Beihilfen und dem Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen
Entscheidung erheblich geändert, so dass das Ergebnis, zu dem die Kommission
gekommen sei, falsch sei.
62
Die Kommission und der Streithelfer treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
63
Das Vorbringen der Klägerin ist zum einen hinsichtlich des Investitionszuschusses und
zum anderen hinsichtlich der staatlichen Bürgschaften zu beurteilen.
– Zum Investitionszuschuss
64
Wie sich insbesondere aus den Erwägungsgründen 12, 46 und 59 Buchst. a der
angefochtenen Entscheidung ergibt, hat die Kommission den Investitionszuschuss in der
Annahme, dass er im Dezember 2006 gewährt worden sei, als eine auf der Grundlage
der Regelung N 642/2002 gewährte Einzelbeihilfe angesehen. Sie ist in der
angefochtenen Entscheidung daher zu dem Schluss gelangt, dass der
Investitionszuschuss eine bestehende Beihilfe im Sinne von Art. 1 Buchst. b Ziff. ii der
Verordnung Nr. 659/1999 darstelle.
65
Nach einer gefestigten Rechtsprechung braucht die Kommission, nachdem eine
allgemeine Beihilferegelung genehmigt worden ist, über die individuellen
Durchführungsmaßnahmen nicht mehr unterrichtet zu werden, es sei denn, sie hat in
ihrer Genehmigungsentscheidung entsprechende Vorbehalte gemacht. Da die
individuellen Beihilfen bloße Maßnahmen zur Durchführung der allgemeinen
Beihilferegelung sind, hätte die Kommission bei der Beurteilung der Beihilfen die
gleichen Faktoren wie bei ihrer Prüfung der allgemeinen Regelung zu berücksichtigen.
Es ist daher unnötig, die individuellen Beihilfen der Kommission zur Prüfung vorzulegen
(Urteil vom 5. Oktober 1994, Italien/Kommission, C‑47/91, Slg, EU:C:1994:358, Rn. 21;
Urteil vom 24. September 2008, Kahla/Thüringen Porzellan/Kommission, T‑20/03, Slg,
EU:T:2008:395, Rn. 92).
66
Der Unionsrichter hat ferner ausgeführt, dass die Kommission, wenn sie es mit einer
individuellen Beihilfe zu tun hat, die aufgrund einer zuvor genehmigten Regelung
gewährt worden sein soll, ihre Gewährung nicht ohne Weiteres unmittelbar am Vertrag
messen kann. Sie darf zunächst, bevor sie ein Verfahren eröffnet, nur prüfen, ob die
Beihilfe durch die allgemeine Regelung gedeckt ist und die in der Entscheidung über die
Genehmigung dieser Regelung gestellten Bedingungen erfüllt. Andernfalls könnte die
Kommission bei der Überprüfung jeder individuellen Beihilfe ihre Entscheidung über die
Genehmigung der Beihilferegelung, die bereits eine Prüfung anhand von Art. 87 des
Vertrags voraussetzte, rückgängig machen. Dann wäre aber die Einhaltung der
Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit sowohl gegenüber den
Mitgliedstaaten als auch gegenüber den Wirtschaftsteilnehmern gefährdet, da
individuelle Beihilfen, die der Entscheidung über die Genehmigung der Beihilferegelung
in vollem Umfang entsprechen, von der Kommission jederzeit wieder in Frage gestellt
werden könnten (Urteile Italien/Kommission, oben in Rn. 65 angeführt, EU:C:1994:358,
Rn. 24, und vom 10. Mai 2005, Italien/Kommission, C‑400/99, Slg, EU:C:2005:275,
Rn. 57).
67
Stellt die Kommission im Anschluss an eine in dieser Weise beschränkte Überprüfung
67
Stellt die Kommission im Anschluss an eine in dieser Weise beschränkte Überprüfung
fest, dass die individuelle Beihilfe mit ihrer Entscheidung über die Genehmigung der
Regelung im Einklang steht, so muss sie sie wie eine genehmigte, d. h. wie eine
bestehende Beihilfe behandeln. Umgekehrt ist die individuelle Beihilfe wie eine neue
Beihilfe anzusehen, wenn die Kommission feststellt, dass sie nicht durch ihre
Entscheidung über die Genehmigung der Regelung gedeckt ist (Urteile
Italien/Kommission, oben in Rn. 65 angeführt, EU:C:1994:358, Rn. 25 und 26, und
Italien/Kommission, oben in Rn. 66 angeführt, EU:C:2005:275, Rn. 57).
68
Im vorliegenden Fall hatte die Kommission es mit einer individuellen Beihilfe, dem
streitigen Investitionszuschuss, zu tun, von dem die deutschen Behörden behaupteten, er
sei auf der Grundlage der von der Kommission genehmigten Regelung N 642/2002
gewährt worden. Nach den oben genannten Grundsätzen hatte die Kommission also zu
prüfen, ob die Maßnahme durch diese Regelung gedeckt war und, wenn ja, ob sie die in
der Entscheidung über ihre Genehmigung gestellten Bedingungen erfüllte. Die
Kommission hat dies in der angefochtenen Entscheidung bejaht (Erwägungsgründe 44
bis 46 der angefochtenen Entscheidung).
69
Da die Kommission im vorliegenden Fall in Übereinstimmung mit den oben in den
Rn. 66 und 67 genannten Grundsätzen geprüft hat, ob die angemeldete
Beihilfemaßnahme mit der Regelung N 642/2002 im Einklang steht, hat sie zu Recht auf
den Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfemaßnahme abgestellt. Da diese nach der oben
in Rn. 65 angeführten Rechtsprechung nicht anmeldepflichtig war und die Kommission
sie grundsätzlich nicht zu prüfen hatte (sondern erst auf die Beschwerde der Klägerin
und die anschließende Anmeldung der Maßnahme durch die Bundesrepublik
Deutschland hin), verstieße es nämlich gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes
und der Rechtssicherheit, wenn die Maßnahme ohne Weiteres nach Maßgabe der zum
Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung anwendbaren rechtlichen
Regelung geprüft würde. Obwohl die Beihilfemaßnahme der Entscheidung über die
Genehmigung der Regelung N 642/2002 entspricht, könnte sie dann nämlich von der
Kommission jederzeit je nach der zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung anwendbaren
rechtlichen Regelung wieder in Frage gestellt werden.
70
Dem Vorbringen der Klägerin, wenn bei der Bestimmung der anwendbaren Rechtslage
auf den Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfe abgestellt würde, könnten die
Mitgliedstaaten, indem sie eine Beihilfe nach der Gewährung aus Gründen der
„Rechtssicherheit“ anmeldeten, im Wesentlichen das in zeitlicher Hinsicht anwendbare
Recht bestimmen, kann nicht gefolgt werden. Die auf eine Maßnahme in zeitlicher
Hinsicht anwendbare rechtliche Regelung wird nämlich nicht durch die Anmeldung der
Maßnahme bestimmt, sondern durch die Art der Maßnahme als bestehende,
grundsätzlich nicht anmeldepflichtige Beihilfe oder als neue, nach Art. 88 Abs. 3 EG
anmeldepflichtige Beihilfe, die nicht durchgeführt werden darf. Die Anmeldung stellt nur
ein Verfahrensinstrument dar, das der Kommission die Überprüfung der betreffenden
Maßnahme ermöglichen soll, und lässt die materielle Rechtslage unberührt (vgl. in
diesem Sinne Urteil vom 11. Dezember 2008, Kommission/Freistaat Sachsen,
C‑334/07 P, Slg, EU:C:2008:709, Rn. 52).
71
Schließlich ist festzustellen, dass das Urteil Kommission/Freistaat Sachsen (oben in
71
Schließlich ist festzustellen, dass das Urteil Kommission/Freistaat Sachsen (oben in
Rn. 70 angeführt, EU:C:2008:709), auf das sich die Klägerin beruft, deren Auffassung
hinsichtlich der Bestimmung des von der Kommission bei der Beurteilung des
Investitionszuschusses heranzuziehenden Zeitpunkts nicht stützt. In der Rechtssache, in
der dieses Urteil ergangen ist, hatte die Kommission nämlich den Entwurf einer neuen
Beihilfe zu prüfen, die von der Bundesrepublik Deutschland angemeldet worden war,
während es im vorliegenden Fall um die Prüfung einer Beihilfemaßnahme geht, von der
behauptet wird, dass sie eine bestehende Beihilfe darstelle.
72
Die Kommission hatte im vorliegenden Fall also eine andere Prüfung vorzunehmen als
in der Rechtssache, in der das Urteil Kommission/Freistaat Sachsen (oben in Rn. 70
angeführt, EU:C:2008:709) ergangen ist, da sich die in beiden Rechtssachen in Rede
stehenden Maßnahmen hinsichtlich ihrer Art unterscheiden. Die Feststellung des
Gerichtshofs in Rn. 50 des Urteils Kommission/Freistaat Sachsen (oben in Rn. 70
angeführt, EU:C:2008:709) ist deshalb für den vorliegenden Fall irrelevant.
73
Im Ergebnis hat die Kommission somit bei ihrer Beurteilung zu Recht auf den Zeitpunkt
der Gewährung des Investitionszuschusses abgestellt und ist insoweit nicht auf
ernsthafte Schwierigkeiten gestoßen.
– Zu den staatlichen Bürgschaften
74
Wie aus dem 47. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, ist die
Kommission unter Zugrundelegung der Tatsache, dass die staatlichen Bürgschaften im
Dezember 2006 gewährt wurden, davon ausgegangen, dass sie in den
Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 69/2001 über De-minimis-Beihilfen fielen.
75
Die Klägerin wirft der Kommission im Wesentlichen vor, die staatlichen Bürgschaften
nach der zum Zeitpunkt ihrer Gewährung anwendbaren Verordnung Nr. 69/2001 beurteilt
zu haben und nicht nach der zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen
Entscheidung anwendbaren Verordnung (EG) Nr. 1998/2006 der Kommission vom 15.
Dezember 2006 über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf „De-minimis“-
Beihilfen (ABl. L 379, S. 5).
76
Diese Rüge der Klägerin ist zurückzuweisen.
77
Nach Art. 5 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1998/2006 ist nämlich für die Beurteilung der
Frage, ob zwischen dem 2. Februar 2001 und dem 30. Juni 2007 gewährte Beihilfen die
Voraussetzungen der De-minimis-Beihilfen erfüllen, die Verordnung Nr. 69/2001
maßgebend. Da die streitigen staatlichen Bürgschaften, wie nachfolgend in den Rn. 110
bis 114 festgestellt wird, im Dezember 2006 gewährt wurden, hat die Kommission sie zu
Recht anhand der Verordnung Nr. 69/2001 geprüft.
78
Der erste Teil der Rügen in Bezug auf die Bestimmung des für die Beurteilung der
angemeldeten Beihilfen maßgeblichen Zeitpunkts ist daher zurückzuweisen.
Zum zweiten Teil: Zeitpunkt der Gewährung der angemeldeten Beihilfen
79
Die Klägerin wendet sich gegen die in der angefochtenen Entscheidung
herangezogenen Zeitpunkte der Gewährung des Investitionszuschusses und der
herangezogenen Zeitpunkte der Gewährung des Investitionszuschusses und der
staatlichen Bürgschaften (siehe oben, Rn. 59).
– Zum Zeitpunkt der Gewährung des Investitionszuschusses
80
In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission ausgeführt, dass der
Investitionszuschuss mit zwei Bescheiden vom 20. Dezember 2006 bewilligt worden sei,
von denen sich der erste auf einen aus dem Bundeshaushalt finanzierten Teilbetrag von
3 780 000 Euro und der zweite auf einen aus Mitteln des Landes Hessen finanzierten
Teilbetrag von 720 000 Euro bezogen habe (Erwägungsgründe 4 Buchst. a, 6 und 12 der
angefochtenen Entscheidung).
81
Die Kommission hat als Zeitpunkt der Gewährung des Investitionszuschusses nicht den
5. April 2007, den Tag des Erlasses eines Bescheids zur Änderung der beiden
genannten Bewilligungsbescheide, herangezogen, weil die einzige Wirkung dieses
Änderungsbescheids darin bestanden habe, die Finanzierungsquelle zu ändern, und
dies nicht genüge, um die Feststellung in Frage zu stellen, dass der Investitionszuschuss
rechtlich am 20. Dezember 2006 gewährt worden sei (Fn. 7 der angefochtenen
Entscheidung).
82
Die Klägerin beanstandet diese Beurteilung der Kommission. Der Investitionszuschuss
sei nicht am 20. Dezember 2006, sondern am 5. April 2007, dem Tag des
Änderungsbescheids, gewährt worden. Zu diesem Zeitpunkt sei das Gebiet, in dem sich
das geförderte Sägewerk befinde – der Schwalm-Eder-Kreis im Bundesland Hessen –
nicht mehr gemäß Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG förderfähig gewesen.
83
Die Klägerin stützt ihre Argumentation auf zwei Erwägungen.
84
Sie macht in erster Linie geltend, im Anschluss an den Erlass des Änderungsbescheids
vom 5. April 2007 sei dieser die alleinige Rechtsgrundlage für den Investitionszuschuss
in Höhe von insgesamt 4 500 000 Euro geworden. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut
von Punkt IV des Änderungsbescheids und daraus, dass der Bescheid eine
Rechtsbehelfsbelehrung enthalte. Der Änderungsbescheid vom 5. April 2007 enthalte
darüber hinaus auch materielle Änderungen des ersten Bewilligungsbescheids vom 20.
Dezember 2006 hinsichtlich der Höhe des Investitionszuschusses und der förderfähigen
Kosten.
85
Hilfsweise macht die Klägerin geltend, mit dem Änderungsbescheid vom 5. April 2007,
mit dem die ursprünglich zugesagten Mittel aus dem Programm des Landes Hessen
widerrufen und aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe neu bewilligt worden seien, sei
der zweite Bescheid über die Bewilligung des Investitionszuschusses vom 20.
Dezember 2006 widerrufen worden. Nach deutschem Recht habe dieser widerrufene
zweite Bescheid aber seine Wirksamkeit vollständig verloren und stelle nicht mehr die
Rechtsgrundlage für die Gewährung des Investitionszuschusses in Höhe von 720 000
Euro dar. Dieser Betrag werde nun auf der Grundlage des Änderungsbescheids vom 5.
April 2007 und aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe gewährt.
86
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass bei einer Beihilfe als Bewilligungszeitpunkt der
Zeitpunkt gelten sollte, zu dem der Beihilfeempfänger nach dem anwendbaren
einzelstaatlichen Recht einen Rechtsanspruch auf die Beihilfe erwirbt (10.
einzelstaatlichen Recht einen Rechtsanspruch auf die Beihilfe erwirbt (10.
Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1998/2006). Es ist also zu prüfen, ob die
Kommission nach dem Vorprüfungsverfahren auf der Grundlage der Angaben der
deutschen Behörden annehmen durfte, dass der Rechtsanspruch auf den
Investitionszuschuss durch die beiden Bewilligungsbescheide vom 20. Dezember 2006
und nicht durch den Änderungsbescheid vom 5. April 2007 begründet wurde und dass,
allgemeiner gesehen, diese Frage keine ernsthaften Schwierigkeiten bereitete.
87
Insoweit geht erstens aus den Akten hervor, dass die deutschen Behörden der
Kommission mit Schreiben vom 3. Dezember 2007 (A/39983) die beiden Bescheide über
die Bewilligung des Investitionszuschusses vom 20. Dezember 2006 und den
Änderungsbescheid vom 5. April 2007 übermittelten.
88
Den beiden Bescheiden vom 20. Dezember 2006 ist zu entnehmen, dass das
Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung des Landes Hessen die
Gewährung eines Investitionszuschusses in Höhe von insgesamt 4 500 000 Euro an die
Beihilfeempfängerin bewilligte. Im Einzelnen sah der erste Bescheid (GA-Nr.:
36061 054) die Gewährung von 3 780 000 Euro aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe
„Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ vor. Mit ihm wurden Ausgaben in
Höhe von 21 000 000 Euro als förderfähig anerkannt und die Ausgaben für den Erwerb
eines Grundstücks (1 000 000 Euro) sowie die Ausgaben für bauliche Investitionen
(4 000 000 Euro) als nicht förderfähig eingestuft. Der zweite Bescheid (SFP-Nr.:
2006 007) sah die Gewährung von 720 000 Euro auf der Grundlage des Programms
„Förderung betrieblicher Investitionen“ des Landes Hessen vor. Mit ihm wurden
Ausgaben in Höhe von 4 000 000 Euro als förderfähig anerkannt und die Ausgaben für
den Erwerb eines Grundstücks (1 000 000 Euro) als nicht förderfähig eingestuft.
89
Im Änderungsbescheid vom 5. April 2007 teilte die Investitionsbank Hessen der
Beihilfeempfängerin mit, dass die zugesagten Mittel aus dem Programm des Landes
Hessen aufgrund einer Mittelumverteilung in voller Höhe widerrufen und aus Mitteln der
Gemeinschaftsaufgabe neu bewilligt würden. Der Zuschuss aus Mitteln der
Gemeinschaftsaufgabe erhöhe sich somit um 720 000 Euro auf insgesamt 4 500 000
Euro. Aufgrund der Mittelumverteilung werde der Zuschuss in voller Höhe aus Mitteln der
Gemeinschaftsaufgabe finanziert.
90
Aus Abschnitt II des Änderungsbescheids vom 5. April 2007 ergibt sich ferner, dass mit
ihm aufgrund der genannten teilweisen Änderung der Finanzierungsquelle des
Zuschusses der erste Bewilligungsbescheid vom 20. Dezember 2006 geändert wurde,
u. a. indem die nach diesem Bescheid förderfähigen Ausgaben nun auf 25 000 000 Euro
festgesetzt und dazu Ausgaben für bauliche Investitionen (4 000 000 Euro) gezählt
wurden.
91
Zweitens geht aus den Akten hervor, dass die Kommission die deutschen Behörden mit
Schreiben vom 25. April 2008 (D/51686) aufforderte, zu erläutern, ob der
Änderungsbescheid vom 5. April 2007 rückwirkend gelte, d. h. ab dem 20. Dezember
2006, und aus welchem Grund sie annähmen, dass der Investitionszuschuss vor dem 31.
Dezember 2006 gewährt worden sei. Die Kommission forderte die deutschen Behörden
außerdem auf, zu bestätigen, dass die einzige Wirkung des Änderungsbescheids darin
bestehe, die Finanzierungsquelle des Zuschusses zu ändern, und dass alle übrigen
bestehe, die Finanzierungsquelle des Zuschusses zu ändern, und dass alle übrigen
Bedingungen für dessen Gewährung weiter gälten. Schließlich forderte die Kommission
die deutschen Behörden auf, zu bestätigen, dass der Betrag der förderfähigen Ausgaben
(25 000 000 Euro), der endgültige Förderbetrag (4 500 000 Euro) und der Betrag der
Fremdfinanzierung (18 000 000) diejenigen seien, die im Änderungsbescheid vom 5.
April 2007 angegeben würden.
92
Drittens ergibt sich aus den Akten, dass die deutschen Behörden mit Schreiben vom 19.
Mai 2008 (A/9267) in Beantwortung des Schreibens der Kommission vom 25. April 2008
bestätigten, dass die einzige Wirkung des Änderungsbescheids vom 5. April 2007 darin
bestanden habe, die Finanzierungsquelle zu ändern, und dass alle anderen
Bedingungen für die Gewährung des Zuschusses weiter gälten. Die deutschen
Behörden wiesen im Übrigen darauf hin, dass es der Verwaltungspraxis der deutschen
Förderstellen entspreche, kleinere technische Modifikationen (Änderung der
Finanzierungsquelle
aus
haushaltsrechtlichen
Gründen,
Anpassung
des
Investitionsbetrags) durch nachfolgende Änderungsbescheide vorzunehmen, ohne dass
sich hierdurch die beihilferechtlich maßgebliche Rechtsgrundlage ändere. Die
deutschen Behörden bestätigten schließlich das Verständnis der Kommission
hinsichtlich der im Schreiben vom 25. April 2008 genannten Beträge und stellten klar,
dass den drei Bescheiden (vom 20. Dezember 2006 und vom 5. April 2007) die
einheitliche Annahme zugrunde liege, dass die Kosten des Grunderwerbs nicht
förderfähig seien und die Beihilfeempfängerin zu den 26 000 000 Euro der
Gesamtinvestition 3 500 000 Euro Eigenmittel beisteuern werde.
93
Wie der dargestellte Schriftwechsel zeigt, hatte die Kommission am Ende der
Vorprüfungsphase keine Zweifel daran, dass mit dem Änderungsbescheid vom 5. April
2007 lediglich die Finanzierungsquellen des Investitionszuschusses teilweise geändert
wurden, indem dieser in vollem Umfang aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe finanziert
wurde, ohne dass Änderungen an dem geförderten Projekt und den in den beiden
Bewilligungsbescheiden vom 20. Dezember 2006 festgelegten Voraussetzungen für die
Gewährung des Zuschusses vorgenommen wurden. So sah der Änderungsbescheid
vom 5. April 2007 keine Änderung der Höhe der Gesamtinvestition von 26 000 000 Euro,
des Gesamtbetrags der förderfähigen Ausgaben von 25 000 000 Euro, des
Gesamtbetrags des Zuschusses von 4 500 000 Euro und des Gesamtbetrags der
Eigenmittel der Beihilfeempfängerin von 3 500 000 Euro vor.
94
Unter diesen Umständen durfte die Kommission am Ende der Vorprüfungsphase davon
ausgehen, dass dem Änderungsbescheid keine Rechtswirkung zukam, aufgrund deren
er nach deutschem Recht als der Rechtsakt eingestuft werden könnte, durch den die
Beihilfeempfängerin einen Rechtsanspruch auf den Investitionszuschuss erwarb. Die
Kommission durfte daher davon ausgehen, dass dieser Anspruch durch die beiden
Bescheide vom 20. Dezember 2006 erworben worden war.
95
Die von der Klägerin vorgebrachten Argumente belegen nicht, dass ernsthafte
Schwierigkeiten bestanden hätten, aufgrund deren die Kommission das förmliche
Prüfverfahren hätte eröffnen müssen.
96
Zwar enthält der Änderungsbescheid vom 5. April 2007 Bestimmungen, die bei einer
den relevanten Zusammenhang außer Acht lassenden Betrachtung zu der Annahme
den relevanten Zusammenhang außer Acht lassenden Betrachtung zu der Annahme
verleiten könnten, dass er rechtlich für die Gewährung des Investitionszuschusses
maßgebend ist.
97
Die Klägerin beruft sich insoweit auf folgenden Passus des Änderungsbescheids: „Die
zugesagten Mittel aus dem Landesprogramm … werden in voller Höhe widerrufen und
aus Mitteln der Gemeinschaftsaufgabe neu bewilligt.“ Dieser Passus beschreibt aber
lediglich den teilweisen Austausch der Finanzierungsquelle des Zuschusses. Er belegt
nicht, dass der Änderungsbescheid die oben in Rn. 94 beschriebene Rechtswirkung hat.
98
Die Klägerin beruft sich ferner auf Abschnitt IV des Änderungsbescheids, in dem es
heißt:
„Voraussetzung für die Auszahlung ist die Bestandskraft des Änderungsbescheides.
Diese tritt einen Monat nach Bekanntgabe des Bescheides ein, es sei denn, Sie erklären,
dass Sie auf die Einlegung eines Rechtsbehelfs verzichten. Dann wird der Bescheid
bereits mit dem Eingang des Verzichts bestandskräftig.“
99
Außerdem weist die Klägerin darauf hin, dass der Änderungsbescheid eine
Rechtsbehelfsbelehrung enthalte.
100
Trotz der angeführten Bestimmungen, auf die sich die Klägerin beruft, durfte die
Kommission am Ende der Vorprüfungsphase in Anbetracht der Angaben und
Erläuterungen der deutschen Behörden im Verwaltungsverfahren annehmen, dass der
Änderungsbescheid vom 5. April 2007 nicht die oben in Rn. 94 beschriebene
Rechtswirkung hatte. Sie konnte sich dabei auch auf Abschnitt III des
Änderungsbescheids berufen, in dem es heißt, dass die Bedingungen und Auflagen des
Bescheids vom 20. Dezember 2006 unverändert weiter gälten.
101
Im Übrigen ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, der Änderungsbescheid
vom 5. April 2007 enthalte materielle Änderungen des ersten Bewilligungsbescheids
vom 20. Dezember 2006 hinsichtlich der Höhe des gewährten Zuschusses und der
Förderfähigkeit der Ausgaben für Bauinvestitionen. Die mit dem Änderungsbescheid am
ersten Bewilligungsbescheid vom 20. Dezember 2006 vorgenommenen Änderungen
spiegeln nämlich lediglich die Tatsache wider, dass aufgrund des Austauschs der
Finanzierungsquelle zum einen der Betrag des mit dem ersten Bewilligungsbescheid
vom 20. Dezember 2006 bewilligten Zuschusses von 3 780 000 Euro auf 4 500 000 Euro
stieg und zum anderen die Förderfähigkeit der Ausgaben für Bauinvestitionen, die
ursprünglich nur für den auf das Landesprogramm gestützten Zuschuss anerkannt
worden war, nun auch für den auf die Gemeinschaftsaufgabe gestützten Zuschuss
anerkannt wurde. Wie die deutschen Behörden gegenüber der Kommission bestätigt
haben, hat sich der Gesamtbetrag der in den beiden Bewilligungsbescheiden vom 20.
Dezember 2006 anerkannten förderfähigen Ausgaben (25 000 000 Euro) durch den
Änderungsbescheid vom 5. April 2007 nicht geändert.
102
Aus den vorstehenden Ausführungen ist zu schließen, dass die Kommission keinen
Fehler begangen hat, als sie den 5. April 2007 nicht als Zeitpunkt der Gewährung des
Investitionszuschusses ansah.
103
Schließlich ist festzustellen, dass sich die Klägerin auch auf einen Bescheid des
Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung des Landes Hessen vom 6.
Dezember 2007 beruft, der für einen Betrag in Höhe von 720 000 Euro den Zeitraum der
Gewährung des Investitionszuschusses ändere. Nach dieser Änderung bestehe somit,
zumindest was den genannten Betrag angehe, erst ab dem 6. Dezember 2007 – und
nicht ab dem 20. Dezember 2006, auf den in der angefochtenen Entscheidung abgestellt
worden sei – ein Rechtsanspruch auf den Zuschuss.
104
Nach ständiger Rechtsprechung ist die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung im Bereich
staatlicher Beihilfen anhand der Informationen zu beurteilen, über die die Kommission
bei Erlass der Entscheidung verfügen konnte. Diese Rechtsprechung gilt nicht nur für
Klagen gegen eine Entscheidung der Kommission, die nach Abschluss des in Art. 88
Abs. 2 EG vorgesehenen förmlichen Prüfverfahrens ergangen ist, sondern auch für
Klagen gegen eine Entscheidung, keine Einwände gegen eine Beihilfe zu erheben, die
nach Abschluss des Vorprüfungsverfahrens gemäß Art. 88 Abs. 3 EG ergangen ist (vgl.
in diesem Sinne Urteile vom 15. April 2008, Nuova Agricast, C‑390/06, Slg,
EU:C:2008:224, Rn. 54 und 55 sowie die dort angeführte Rechtsprechung, und vom 22.
Dezember 2008, Régie Networks, C‑333/07, Slg, EU:C:2008:764, Rn. 81).
105
Überdies hat der Unionsrichter im Rahmen seiner Prüfung des Umfangs der Pflichten
der Kommission bei Eingang einer Beschwerde, mit der nationale Maßnahmen wie
staatliche Beihilfen beanstandet werden, festgestellt, dass die Kommission nicht
verpflichtet ist, von Amts wegen die Rügen zu prüfen, die der Beschwerdeführer mit
Sicherheit erhoben hätte, wenn ihm die Ermittlungsergebnisse ihrer Untersuchung
bekannt geworden wären (Urteil Kommission/Sytraval und Brink’s France, oben in
Rn. 34 angeführt, EU:C:1998:154, Rn. 60).
106
Diese Feststellung bedeutet jedoch nicht, dass die Kommission nicht verpflichtet ist, bei
der Bearbeitung einer Beschwerde gegebenenfalls über die bloße Prüfung der ihr vom
Beschwerdeführer zur Kenntnis gebrachten tatsächlichen und rechtlichen
Gesichtspunkte hinauszugehen. Die Kommission hat nämlich im Interesse einer
ordnungsgemäßen Anwendung der grundlegenden Vorschriften des Vertrags auf dem
Gebiet staatlicher Beihilfen die Beschwerde sorgfältig und unvoreingenommen zu
prüfen, was die Prüfung von Gesichtspunkten erforderlich machen kann, die der
Beschwerdeführer nicht ausdrücklich erwähnt hat (Urteil Kommission/Sytraval und
Brink’s France, oben in Rn. 34 angeführt, EU:C:1998:154, Rn. 62).
107
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten, dass der Bescheid vom 6. Dezember
2007 im Verwaltungsverfahren nicht erwähnt wurde. Die Klägerin hat ihn erstmals vor
dem Gericht in ihrer Stellungnahme zum Streithilfeschriftsatz angeführt. Überdies geht
weder aus den Akten noch aus dem Vorbringen der Parteien hervor, dass die
Kommission beim Erlass der angefochtenen Entscheidung von der Existenz dieses
Bescheids wissen konnte. Dass er in der angefochtenen Entscheidung nicht
berücksichtigt wurde, ist also nicht darauf zurückzuführen, dass die Kommission die
Beschwerde der Klägerin und die ihr im Verwaltungsverfahren vorgelegten Informationen
nicht sorgfältig und unparteiisch geprüft hätte. Wie bereits ausgeführt, bat die
Kommission die deutschen Behörden vielmehr mit Schreiben vom 25. April 2008
ausdrücklich, ihr zu bestätigen, dass ihr Verständnis der rechtlichen und tatsächlichen
ausdrücklich, ihr zu bestätigen, dass ihr Verständnis der rechtlichen und tatsächlichen
Gegebenheiten in Bezug auf den Investitionszuschuss zutreffe, was die deutschen
Behörden mit Schreiben vom 19. Mai 2008 taten.
108
Jedenfalls wird mit dem Bescheid vom 6. Dezember 2007 inhaltlich lediglich der
Änderungsbescheid vom 5. April 2007 wiederholt, so dass er keine Auswirkungen auf
das Ergebnis der Prüfung der Kommission haben konnte.
109
Daher sind das auf den Bescheid vom 6. Dezember 2007 gestützte Vorbringen der
Klägerin und infolgedessen ihre sämtlichen die Bestimmung des Zeitpunkts der
Gewährung des Investitionszuschusses betreffenden Rügen zurückzuweisen.
– Zum Zeitpunkt der Gewährung der staatlichen Bürgschaften
110
In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission festgestellt, dass die
staatlichen Bürgschaften am 28. Dezember 2006 von der Investitionsbank Hessen
namens und im Auftrag des Ministeriums der Finanzen des Landes Hessen bewilligt
worden seien (Erwägungsgründe 13 und 47 der angefochtenen Entscheidung).
111
Die Klägerin wendet sich in der Klageschrift gegen diese Beurteilung der Kommission.
Sie vertritt die Auffassung, die Bürgschaften seien am 21. Mai 2007 gewährt worden,
dem Tag, an dem die zuständigen Behörden des Landes Hessen der
Beihilfeempfängerin zwei Bürgschaftsurkunden übergeben hätten.
112
Auf das Vorbringen der Klägerin hin hat die Kommission ihrer Klagebeantwortung das
von den deutschen Behörden im Verwaltungsverfahren vorgelegte Schreiben der
Investitionsbank Hessen vom 28. Dezember 2006 beigefügt, mit dem die
Beihilfeempfängerin über die Gewährung der Bürgschaften durch den zuständigen
Minister des Landes Hessen informiert wurde.
113
Die Klägerin hat daraufhin im weiteren Verlauf des Verfahrens vor dem Gericht nicht
erläutert, warum auf den 21. Mai 2007 und nicht auf den 28. Dezember 2006 abzustellen
sein soll.
114
Aus den Akten, insbesondere den Informationen, die die Kommission in der
Klagebeantwortung geliefert hat, ergibt sich, dass die Kommission zu Recht
angenommen hat, dass die staatlichen Bürgschaften am 28. Dezember 2006 gewährt
worden seien, was die Klägerin in ihrer Erwiderung im Übrigen nicht wirksam bestritten
hat. Die Rüge der Klägerin betreffend den Zeitpunkt der Gewährung der staatlichen
Bürgschaften ist daher zurückzuweisen.
115
Somit sind alle im Rahmen des ersten und des dritten Klagegrundes erhobenen Rügen
in Bezug auf die Bestimmung des für die Beurteilung der angemeldeten Beihilfen
maßgeblichen Zeitpunkts zurückzuweisen.
b) Zu den im Rahmen des siebten Klagegrundes erhobenen Rügen in Bezug auf die
unterbliebene Einstufung der Beihilfeempfängerin als Unternehmen in Schwierigkeiten
116
Die Klägerin wendet sich gegen die Feststellung der Kommission, wonach es sich bei
der Beihilfeempfängerin zum Zeitpunkt der Gewährung der angemeldeten Beihilfen nicht
der Beihilfeempfängerin zum Zeitpunkt der Gewährung der angemeldeten Beihilfen nicht
um ein Unternehmen in Schwierigkeiten gehandelt habe. Die Beihilfeempfängerin habe
finanzielle Schwierigkeiten, weil sie das neue Sägewerk in einem schwierigen
Marktumfeld errichtet habe und weil ihre Schwestergesellschaft Abalon Österreich nach
den verfügbaren Informationen insolvent sei. Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten von
Abalon Österreich brächten die Beihilfeempfängerin wegen der zwischen beiden
Gesellschaften bestehenden Verbindungen in eine schwierige wirtschaftliche Situation.
117
Die Kommission und der Streithelfer treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
118
Es ist zu prüfen, ob die Kommission am Ende der Vorprüfungsphase, ohne das
förmliche Prüfverfahren gemäß Art. 88 Abs. 2 EG zu eröffnen, annehmen durfte, dass die
Beihilfeempfängerin zum Zeitpunkt der Gewährung der angemeldeten Beihilfen, d. h. im
Dezember 2006, kein Unternehmen in Schwierigkeiten gewesen sei.
119
Zunächst ist festzustellen, dass die Beihilfeempfängerin nach den Angaben der
deutschen Behörden im Verwaltungsverfahren zum Zeitpunkt der Gewährung der
Beihilfen ein neu gegründetes Unternehmen war, dessen Gründung von den Behörden
des Landes Hessen und von auf Start-ups spezialisierten Kreditinstituten positiv bewertet
worden war, wie im Übrigen im 35. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung
festgestellt wurde. Aus diesen Angaben durfte die Kommission am Ende der
Vorprüfungsphase schließen, dass die Empfängerin kein Unternehmen in
Schwierigkeiten sei.
120
Diese Feststellung wird nicht durch das Vorbringen der Klägerin in Frage gestellt, die
Beihilfeempfängerin habe wegen des schwierigen Marktumfelds zum Zeitpunkt der
Gewährung der Beihilfen und der mit der Investition in die Gründung eines neuen
Laubholzsägewerks verbundenen Risiken mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu
kämpfen. Abgesehen davon, dass dieses Vorbringen spekulativen Charakter hat, bezieht
es sich auf Umstände – die allgemeine Marktlage und die mit einer bestimmten
Investition verbundenen Risiken –, die für alle Unternehmen der Sägewerkbranche
gleich sind, unabhängig davon, ob sie sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden
oder nicht. Es beweist nicht, dass sich die Beihilfeempfängerin zum Zeitpunkt der
Gewährung der Beihilfen in einer schwierigen finanziellen Situation befand.
121
Zum Vorbringen der Klägerin zu den Auswirkungen, die die behauptete Insolvenz von
Abalon Österreich, der Schwestergesellschaft der Beihilfeempfängerin, auf deren
finanzielle Situation haben soll, ist Folgendes festzustellen.
122
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass rechtlich eigenständige natürliche oder
juristische Personen, sofern sie eine wirtschaftliche Einheit bilden, im Hinblick auf die
Anwendung der gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln als ein einziges Unternehmen
zu behandeln sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 1984, Hydrotherm Gerätebau,
170/83, Slg, EU:C:1984:271, Rn. 11).
123
Wie aus der Rechtsprechung hervorgeht, stellt sich im Bereich der staatlichen Beihilfen
die Frage, ob eine wirtschaftliche Einheit vorliegt, insbesondere bei der Bestimmung des
Empfängers einer Beihilfe (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 14. November 1984,
Intermills/Kommission, 323/82, Slg, EU:C:1984:345, Rn. 11 und 12; vom 25. Juni 1998,
British Airways u. a./Kommission, T‑371/94 und T‑394/94, Slg, EU:T:1998:140, Rn. 313,
British Airways u. a./Kommission, T‑371/94 und T‑394/94, Slg, EU:T:1998:140, Rn. 313,
und vom 14. Oktober 2004, Pollmeier Malchow/Kommission, T‑137/02, Slg,
EU:T:2004:304, Rn. 51). Hierzu ist entschieden worden, dass die Kommission bei der
Feststellung, ob zu einem Konzern gehörende Gesellschaften für die Anwendung der
Regeln über staatliche Beihilfen als eine wirtschaftliche Einheit oder als rechtlich und
finanziell unabhängig anzusehen sind, über ein weites Ermessen verfügt (vgl. Urteil
Pollmeier Malchow/Kommission, EU:T:2004:304, Rn. 51 und die dort angeführte
Rechtsprechung).
124
Im vorliegenden Fall hatte die Kommission in der angefochtenen Entscheidung in der
Tat zu prüfen, ob die Beihilfeempfängerin und ihre Schwestergesellschaft Abalon
Österreich eine wirtschaftliche Einheit bildeten, so dass die behauptete Insolvenz
Letzterer die finanzielle Lage Ersterer beeinträchtigt. Das Gericht muss klären, ob die
Kommission im Rahmen ihrer Prüfung mit ernsthaften Schwierigkeiten konfrontiert war,
aufgrund deren sie das förmliche Prüfverfahren hätte eröffnen müssen.
125
In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission die Aktionärsstruktur der
beiden Gesellschaften zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfen berücksichtigt. Die
Aktien von Abalon Hessen wurden zu 51 % von Herrn R. und zu 49 % von der Gafluna
Handels- und Beteiligungs Gesellschaft mbH (im Folgenden: Gafluna) gehalten, die
Aktien von Abalon Österreich zu 80 % von Gafluna und zu 20 % von Herrn T. (achter
Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
126
Nach den Informationen, über die die Kommission verfügte, war Gafluna eine
Gesellschaft, die ausschließlich Beteiligungen an Abalon Hessen und Abalon Österreich
hielt. Sie war eine 100%ige Tochtergesellschaft der Valluga Handels- und
Beteiligungsgesellschaft mbH, die wiederum mehrheitlich der Rätia Privatstiftung
gehörte (achter Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
127
Die Kommission hat ferner berücksichtigt, dass Herr R. nicht nur
Mehrheitsgesellschafter von Abalon Hessen war, sondern auch Geschäftsführer von
Abalon Hessen und Abalon Österreich. Herr R. war jedoch nicht Aktionär von Abalon
Österreich (achter Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission
hat darauf hingewiesen, dass sich die Aktionärsstruktur von Abalon Österreich ab Mai
2007 – also nach der Gewährung der Beihilfen – geändert habe. Ab diesem Zeitpunkt
hätten Herr R. 51 % und Gafluna die restlichen 49 % der Aktien von Abalon Österreich
gehalten (Fn. 2 der angefochtenen Entscheidung).
128
Nach Ansicht der Kommission machte der Umstand, dass Herr R. Geschäftsführer der
beiden Gesellschaften war, diese rechtlich nicht zu einem Unternehmen (36.
Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Da die Aktionäre der beiden
Gesellschaften zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfen nur teilweise identisch
gewesen seien, hätten etwaige Schwierigkeiten von Abalon Österreich keine
gravierenden Auswirkungen auf die Situation von Abalon Hessen. Im Fall einer
Insolvenz von Abalon Österreich könnten deren Aktionäre die Gesellschaft ohne Folgen
für Abalon Hessen abwickeln (38. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
129
Die Kommission hat außerdem festgestellt, dass die beiden Gesellschaften auf
verschiedenen räumlichen Märkten tätig seien und dass Transaktionen zwischen ihnen
verschiedenen räumlichen Märkten tätig seien und dass Transaktionen zwischen ihnen
nach dem Bescheid über die Bewilligung der streitigen Bürgschaften vom 28. Dezember
2006 wie Transaktionen unter fremden Dritten zu erfolgen hätten.
130
Schließlich hat die Kommission darauf hingewiesen, dass Abalon Hessen alleinige
Nutznießerin der Beihilfen sei. Sie hat insoweit auf die Bescheide über die Bewilligung
des Investitionszuschusses verwiesen, die die Gewährung des Zuschusses einer
Zweckbindung zugunsten der Betriebsstätte von Abalon Hessen in Schwalmstadt
(Deutschland) unterwürfen (41. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
131
Wie sich aus den Akten ergibt, basieren alle diese Erwägungen der Kommission auf
Angaben, die sie im Verwaltungsverfahren von den deutschen Behörden erlangt hat, und
mit ihnen wird auf die wesentlichen Argumente und auf die Tatsachen eingegangen, die
die Klägerin in diesem Verfahren vorgebracht hat. Überdies geht aus dem Ablauf des
Verwaltungsverfahrens nicht hervor, dass die Kommission Zweifel gehabt hätte oder die
ihr vorliegenden Informationen unvollständig gewesen wären, so dass sie das förmliche
Prüfverfahren hätte eröffnen müssen. Denn die Kommission ist bis zum Erlass der
angefochtenen Entscheidung nicht auf die Problematik der zwischen Abalon Hessen
und Abalon Österreich bestehenden Verbindungen zurückgekommen. In dem auf das
Schreiben der deutschen Behörden vom 3. Dezember 2007 mit Angaben zu diesen
Verbindungen folgenden Schriftwechsel hat sie nämlich keine zusätzlichen
Informationen oder Klarstellungen verlangt.
132
Überdies beweist das Vorbringen der Klägerin vor dem Gericht nicht, dass ernsthafte
Schwierigkeiten bestanden hätten.
133
Die Klägerin hat nämlich eine Reihe tatsächlicher Umstände angeführt, die beweisen,
dass Abalon Hessen und Abalon Österreich eine wirtschaftliche Einheit bildeten.
134
Sie hat erstens auf die Aktionärsstruktur der beiden Gesellschaften und die Beteiligung
von Gafluna hingewiesen sowie auf den Gesellschaftsvertrag von Abalon Hessen, nach
dem keiner der beiden Aktionäre (Herr R. und Gafluna) ohne den anderen
Entscheidungen habe treffen können.
135
Zweitens sei Herr R. Mehrheitsgesellschafter von Abalon Hessen sowie
Geschäftsführer dieser Gesellschaft und von Abalon Österreich gewesen.
136
Drittens habe sich die Aktionärsstruktur von Abalon Österreich ab Mai 2007 geändert
(siehe oben, Rn. 127).
137
Viertens signalisiere der einheitliche Name der beiden Gesellschaften ein
gemeinsames Auftreten am Markt und eine damit verbundene wirtschaftliche
Koordinierung.
138
Hierzu ist festzustellen, dass dieses gesamte tatsächliche Vorbringen bereits in der am
6. August 2007 bei der Kommission eingegangenen Beschwerde enthalten war. Es
wurde von ihr im Verwaltungsverfahren in vollem Umfang berücksichtigt und in der
angefochtenen Entscheidung in vollem Umfang geprüft. Darin hat die Kommission –
auch aufgrund ihres Ermessens (siehe oben, Rn. 123) – im Wesentlichen die Auffassung
vertreten, dass die zwischen den beiden Gesellschaften bestehenden rechtlichen und
vertreten, dass die zwischen den beiden Gesellschaften bestehenden rechtlichen und
wirtschaftlichen Verbindungen nicht für den Nachweis genügten, dass die behaupteten
wirtschaftlichen Schwierigkeiten oder gar die Insolvenz von Abalon Österreich finanzielle
Auswirkungen auf Abalon Hessen haben würden. In der Tat ergab sich aus der
Aktionärsstruktur der beiden Gesellschaften zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfen,
dass Gafluna zwar Aktionärin beider Gesellschaften war, Herr R. sich als
Mehrheitsaktionär von Abalon Hessen aber einer etwaigen Übertragung finanzieller
Mittel von Abalon Hessen auf Abalon Österreich, an der er, da er nicht Aktionär war, kein
persönliches wirtschaftliches Interesse hatte, widersetzen konnte. Überdies konnten die
Aktionäre von Abalon Österreich – Gafluna und Herr T. –, wie die Kommission im 38.
Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, beschließen, diese
Gesellschaft abzuwickeln, ohne dass sich dies in irgendeiner Weise auf Abalon Hessen
ausgewirkt hätte. Die tatsächlichen Umstände, auf die sich die Klägerin vor dem Gericht
erneut beruft, beweisen nicht, dass in Bezug auf diese Problematik ernsthafte
Schwierigkeiten bestanden hätten.
139
Zum Beweis der von beiden Gesellschaften gebildeten wirtschaftlichen Einheit hat die
Klägerin vor dem Gericht ferner darauf hingewiesen, dass Abalon Österreich in der
Vergangenheit ebenso wie die Beihilfeempfängerin Buchenrundholz aus dem Land
Hessen bezogen habe. Dieses Vorbringen entkräftet aber nicht die Feststellung der
Kommission in Rn. 39 der angefochtenen Entscheidung, wonach die beiden
Gesellschaften wegen der Transportkosten auf verschiedenen räumlichen Märkten tätig
seien und sich zum Teil auch Holz auf verschiedenen räumlichen Märkten beschafften.
140
Die Klägerin hat sich außerdem auf eine Bestimmung der 2006 von Hessen-Forst,
Herrn R. und Abalon Österreich geschlossenen Rahmenvereinbarung über die Lieferung
von Holz berufen, die eine weitere Belieferung des Werkes von Abalon Österreich in
Heiligenkreuz vorsehe, auch wenn unmittelbarer Vertragsgegenstand die Belieferung
des Sägewerks im Land Hessen sei. Die Klägerin meint, diese Bestimmung zeige, dass
die beiden Gesellschaften eine wirtschaftliche Einheit bildeten. Hierzu ist festzustellen,
dass die fragliche Rahmenvereinbarung von den deutschen Behörden im
Verwaltungsverfahren vorgelegt und von der Kommission bei ihrer Beurteilung
berücksichtigt wurde. In der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission
insbesondere darauf abgestellt, dass zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfen keine
finanzielle Verbindung zwischen den beiden Gesellschaften bestanden habe, und aus
den Akten ist nicht ersichtlich, dass die Kommission hinsichtlich der Beurteilung des
Inhalts der Rahmenvereinbarung mit ernsthaften Schwierigkeiten konfrontiert gewesen
wäre.
141
Zur Stützung ihrer Argumentation, dass Abalon Hessen und Abalon Österreich eine
wirtschaftliche Einheit bildeten, weil der Mehrheitsgesellschafter von Abalon Hessen,
Herr R., auch Geschäftsführer beider Gesellschaften sei, hat sich die Klägerin schließlich
auf die Urteile Intermills/Kommission (oben in Rn. 123 angeführt, EU:C:1984:345) und
vom 29. April 2004, Italien/Kommission (C‑91/01, Slg, EU:C:2004:244), sowie auf die
Entscheidung 2002/468/EG der Kommission vom 15. Januar 2002 über die staatliche
Beihilfe, die Deutschland zugunsten der Klausner Nordic Timber GmbH & Co. KG,
Wismar, Mecklenburg-Vorpommern, gewährt hat (ABl. L 165, S. 15), berufen. Diese
Urteile und diese Entscheidung sind jedoch nicht einschlägig. Bei den dortigen
Urteile und diese Entscheidung sind jedoch nicht einschlägig. Bei den dortigen
Gesellschaften waren die Aktionärsstruktur (in Prozentsätzen an Aktien) und die
Beziehungen zwischen den Aktionären völlig anders als bei den beiden Gesellschaften,
um die es im vorliegenden Fall geht, so dass sich aus der genannten Entscheidung und
den genannten Urteilen für die vorliegende Rechtssache nichts ableiten lässt.
142
Somit ist festzustellen, dass die Klägerin nicht bewiesen hat, dass die Kommission
aufgrund ernsthafter Schwierigkeiten daran gehindert gewesen wäre, am Ende der
Vorprüfungsphase festzustellen, dass es sich bei der Beihilfeempfängerin nicht um ein
Unternehmen in Schwierigkeiten handelte. Die vorliegende, im Rahmen des siebten
Klagegrundes erhobene Rüge ist daher zurückzuweisen.
c) Zu den im Rahmen des dritten und des siebten Klagegrundes erhobenen Rügen in
Bezug auf die Einstufung der staatlichen Bürgschaften als De-minimis-Beihilfen
143
Im Rahmen des dritten und des siebten Klagegrundes zieht die Klägerin in Zweifel,
dass es sich bei den angemeldeten staatlichen Bürgschaften um De-minimis-Beihilfen
handele, und beanstandet insoweit, dass die Kommission akzeptiert habe, dass die
deutschen Behörden zur Bestimmung des Beihilfeelements der streitigen Bürgschaften
einen pauschalen Satz von 0,5 % zugrunde gelegt hätten.
144
In der Tat geht aus dem 14. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervor,
dass die Kommission dem Vorbringen der deutschen Behörden im
Verwaltungsverfahren gefolgt ist, sie hätten das Beihilfeelement staatlicher Bürgschaften
an gesunde Unternehmen im Einklang mit der von der Kommission bereits genehmigten
Praxis bis zum 31. Dezember 2006 mit 0,5 % des verbürgten Betrags angesetzt. Nach
dieser Berechnungsmethode betrage das Beihilfeelement der streitigen Bürgschaften
93 250 Euro.
145
Im 47. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission ihre
Analyse mit der Feststellung eingeleitet, dass die streitigen Bürgschaften nach der zum
Zeitpunkt der Bewilligung (2006) geltenden De-minimis-Regel gewährt worden seien.
Sodann hat sie bestätigt, dass die Zugrundelegung eines pauschalen Satzes von 0,5 %
des verbürgten Betrags eine von ihr bereits genehmigte Praxis dargestellt habe, wie aus
mehreren ihrer Entscheidungen hervorgehe, von denen drei in Fn. 9 der angefochtenen
Entscheidung angeführt sind. Deshalb ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass
das Beihilfeelement der streitigen Bürgschaften 93 250 Euro betrage und somit unter der
in der Verordnung Nr. 69/2001 vorgesehenen De-minimis-Obergrenze von 100 000 Euro
liege.
146
Im Rahmen des dritten Klagegrundes macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die
Zugrundelegung eines pauschalen Satzes von 0,5 % durch die deutschen Behörden sei
keine von der Kommission generell genehmigte Praxis. Sie meint, die Prüfung der Frage,
ob die Zugrundelegung dieses Prozentsatzes im vorliegenden Fall rechtmäßig sei, hätte
die Kommission dazu veranlassen müssen, das förmliche Prüfverfahren gemäß Art. 88
Abs. 2 EG zu eröffnen.
147
Im Rahmen des siebten Klagegrundes zieht die Klägerin die Rechtmäßigkeit der
Zugrundelegung des pauschalen Satzes von 0,5 % des verbürgten Betrags bei der
Zugrundelegung des pauschalen Satzes von 0,5 % des verbürgten Betrags bei der
Bestimmung des Beihilfeelements der streitigen Bürgschaften im vorliegenden Fall in
Zweifel. Eine solche Berechnungsmethode sei ungeeignet, um die Höhe der
Begünstigung durch die Gewährung dieser Bürgschaften festzustellen. Die angefochtene
Entscheidung verstoße insoweit gegen Art. 87 Abs. 1 EG und Art. 88 Abs. 3 EG.
148
Die Kommission und der Streithelfer treten dem Vorbringen der Klägerin entgegen. Sie
machen im Wesentlichen geltend, die Zugrundelegung des Satzes von 0,5 % entspreche
einer Praxis, die Gegenstand von Gesprächen zwischen der Kommission und den
deutschen Behörden gewesen und von der Kommission schließlich akzeptiert worden
sei. Es gebe keinen Grund, im vorliegenden Fall von dieser Praxis abzuweichen.
149
Es ist zu prüfen, ob die Kommission am Ende der Vorprüfungsphase, ohne das
förmliche Prüfverfahren gemäß Art. 88 Abs. 2 EG zu eröffnen, bei der Bestimmung des
Beihilfeelements der streitigen Bürgschaften durch die deutschen Behörden die
Zugrundelegung eines pauschalen Satzes von 0,5 % des verbürgten Betrags
akzeptieren durfte. Seiner Akzeptanz kam in der Systematik der angefochtenen
Entscheidung entscheidende Bedeutung zu, da die streitigen Bürgschaften unter
Zugrundelegung des genannten Prozentsatzes als De-minimis-Beihilfen eingestuft
wurden.
150
Zur Art der vom Gericht vorzunehmenden Kontrolle ist darauf hinzuweisen, dass, wie
bereits ausgeführt, der Unionsrichter die Frage, ob eine Maßnahme in den
Anwendungsbereich von Art. 87 Abs. 1 EG fällt, grundsätzlich unter Berücksichtigung der
konkreten Umstände des bei ihm anhängigen Rechtsstreits und des technischen oder
komplexen Charakters der von der Kommission vorgenommenen Beurteilungen
umfassend zu prüfen hat (siehe oben, Rn. 47) und dass die Rechtmäßigkeitskontrolle
des Gerichts hinsichtlich der Frage, ob ernsthafte Schwierigkeiten bestanden haben,
ihrem Wesen nach über die Prüfung offensichtlicher Beurteilungsfehler hinausgeht
(siehe oben, Rn. 49).
151
Ferner ist zu beachten, dass die Kommission, indem sie Verhaltensnormen erlässt und
durch ihre Veröffentlichung ankündigt, dass sie diese von nun an auf die von ihnen
erfassten Fälle anwenden werde, die Ausübung ihres Ermessens selbst beschränkt und
nicht von diesen Normen abweichen kann, ohne dass dies gegebenenfalls wegen eines
Verstoßes gegen allgemeine Rechtsgrundsätze wie die Gleichbehandlung oder den
Vertrauensschutz geahndet würde, es sei denn, sie gibt Gründe an, die im Hinblick auf
diese Grundsätze eine Abweichung von ihren eigenen Normen rechtfertigen (vgl. in
diesem Sinne Urteile vom 28. Juni 2005, Dansk Rørindustri u. a./Kommission,
C‑189/02 P, C‑202/02 P, C‑205/02 P bis C‑208/02 P und C‑213/02 P, Slg,
EU:C:2005:408, Rn. 211, und vom 11. September 2008, Deutschland u. a./Kronofrance,
C‑75/05 P und C‑80/05 P, Slg, EU:C:2008:482, Rn. 60).
152
Speziell im Bereich der staatlichen Beihilfen hat der Unionsrichter bereits
hervorgehoben, dass sich die Kommission für die Ausübung ihres Ermessens Leitlinien
setzen kann und dass diese, soweit die darin enthaltenen Orientierungsregeln nicht von
den Bestimmungen des Vertrags abweichen, für das Organ bindend sind (vgl. Urteil vom
13. Juni 2002, Niederlande/Kommission, C‑382/99, Slg, EU:C:2002:363, Rn. 24 und die
dort angeführte Rechtsprechung).
dort angeführte Rechtsprechung).
153
Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Akten, dass die beiden streitigen Bürgschaften
auf der Grundlage der Richtlinien für die Übernahme von Bürgschaften und Garantien
durch das Land Hessen für die gewerbliche Wirtschaft gewährt wurden. Diese
Richtlinien sehen ausdrücklich vor, dass der Subventionswert von Bürgschaften der
Behörden des Landes Hessen für nicht in Schwierigkeiten befindliche Unternehmen
0,5 % des verbürgten Betrags beträgt und dass die solchen Unternehmen gewährten
Bürgschaften bis zu einem Betrag von 20 000 000 Euro somit in den
Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 69/2001 fallende De-minimis-Beihilfen
darstellen.
154
Es ist unstreitig, dass die streitigen Bürgschaften nicht unter eine von der Kommission
genehmigte Beihilferegelung fallen, da die genannten Richtlinien des Landes Hessen
zum Zeitpunkt der Gewährung der Beihilfen (Dezember 2006) bei der Kommission nicht
angemeldet
und
daher
nicht
Gegenstand
einer
entsprechenden
Genehmigungsentscheidung waren.
155
Da die streitigen Bürgschaften nicht unter eine genehmigte Beihilferegelung fallen, sind
sie anhand von Art. 87 Abs. 1 EG zu prüfen (vgl. in diesem Sinne Urteil Kahla/Thüringen
Porzellan/Kommission, oben in Rn. 65 angeführt, EU:T:2008:395, Rn. 93 und 94 und die
dort angeführte Rechtsprechung).
156
In Art. 2 Abs. 1 bis 3 der zum Zeitpunkt der Gewährung der streitigen Bürgschaften
anwendbaren Verordnung Nr. 69/2001, die die Kommission in der angefochtenen
Entscheidung ihrer Beurteilung zugrunde gelegt hat, heißt es:
„De-minimis-Beihilfen
(1) Beihilfen, die die Voraussetzungen der Absätze 2 und 3 des vorliegenden Artikels
erfüllen, gelten als Maßnahmen, die nicht alle Tatbestandsmerkmale des Artikels 87
Absatz 1 EG-Vertrag erfüllen, und unterliegen damit nicht der Anmeldungspflicht gemäß
Artikel 88 Absatz 3 EG-Vertrag.
(2) Die Gesamtsumme der einem Unternehmen gewährten De-minimis-Beihilfen darf
100 000 [Euro] bezogen auf einen Zeitraum von drei Jahren nicht übersteigen. Dieser
Schwellenwert gilt für Beihilfen gleich welcher Art und Zielsetzung.
(3) Der Schwellenwert des Absatzes 2 bezieht sich auf den Fall einer Barzuwendung.
Bei den eingesetzten Beträgen sind die Bruttobeträge, d. h. die Beträge vor Abzug der
direkten Steuern, zugrunde zu legen. Wird die Beihilfe nicht als Zuschuss, sondern in
anderer Form gewährt, bestimmt sich die Höhe der Beihilfe nach ihrem
Bruttosubventionsäquivalent.
…“
157
Nach Art. 2 Abs. 3 Unterabs. 1 der Verordnung Nr. 69/2001 ist bei staatlichen
Bürgschaften, da es sich bei ihnen um eine Art von Beihilfe handelt, die nicht als
Zuschuss, sondern in anderer Form gewährt wird, das Beihilfeelement zu berechnen.
Von dessen Betrag hängt ab, ob die staatlichen Bürgschaften in den
Von dessen Betrag hängt ab, ob die staatlichen Bürgschaften in den
Anwendungsbereich der zum Zeitpunkt ihrer Gewährung anwendbaren De-minimis-
Regel fallen. Wie das Beihilfeelement zu berechnen ist, ist in der Verordnung
Nr. 69/2001 nicht näher bestimmt.
158
Die Kommission hat aber ihre Praxis zur Berechnung des Beihilfeelements einer
Bürgschaft in ihrer Mitteilung über die Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag auf
staatliche Beihilfen in Form von Haftungsverpflichtungen und Bürgschaften (ABl. 2000,
C 71, S. 14, im Folgenden: Mitteilung von 2000 über Bürgschaften) im Einzelnen
dargelegt.
159
In Rn. 3.2 der Mitteilung von 2000 über Bürgschaften hat die Kommission darauf
hingewiesen, dass sich das Barzuschussäquivalent einer Kreditgarantie in einem
bestimmten Jahr nach einer der drei nachfolgend in den Rn. 160 bis 162 genannten
Methoden berechnen lasse.
160
Erstens lasse sich das Barzuschussäquivalent genauso wie das Zuschussäquivalent
eines zinsvergünstigten Darlehens berechnen. Der Zinszuschuss mache dabei die
Differenz zwischen dem Marktzins und dem Zins aus, der dank der staatlichen Garantie
angewandt werde, nach Abzug etwaiger Prämienzahlungen.
161
Zweitens lasse sich das Barzuschussäquivalent berechnen als Differenz zwischen dem
ausstehenden
garantierten
Betrag,
multipliziert
mit
dem
Risikofaktor
(Ausfallwahrscheinlichkeit) einerseits und allen gezahlten Garantieprämien andererseits,
d. h. (garantierter Betrag × Risiko) – Prämie.
162
Drittens lasse sich das Barzuschussäquivalent mit Hilfe anderer sachlich
gerechtfertigter und allgemein akzeptierter Verfahren berechnen.
163
In Rn. 3.2 der Mitteilung von 2000 über Bürgschaften hat die Kommission ferner
klargestellt, dass für Einzelbeihilfen grundsätzlich die erste der oben genannten
Methoden die Standardvariante der Berechnung des Barzuschussäquivalents darstellen
sollte, für Beihilferegelungen die zweite.
164
In Rn. 3.2 der Mitteilung von 2000 über Bürgschaften heißt es weiter, dass der
Risikofaktor auf den Erfahrungen mit Kreditausfällen unter ähnlichen Umständen
(Branche, Unternehmensgröße, Konjunkturlage) beruhen sollte.
165
In Rn. 3.5 der Mitteilung von 2000 über Bürgschaften führt die Kommission aus, bei
Staatsgarantieregelungen sei unter Umständen zu dem Zeitpunkt, zu dem die Regelung
bewertet werden solle, nicht bekannt, wie die einzelnen Garantien jeweils ausgestaltet
sein würden. In diesen Fällen sei das Beihilfeelement unter Bezugnahme auf die
Bestimmungen der Garantieregelung zu beurteilen, die u. a. Folgendes beträfen:
Höchstbetrag und Laufzeit der Kredite, Kategorie des Unternehmens und Art des in
Frage kommenden Projekts, vom Kreditnehmer zu verlangende Sicherheiten, zu
entrichtende Prämie und Zinssätze.
166
Schließlich geht die Kommission in Rn. 4.5 der Mitteilung von 2000 über Bürgschaften
auf die Situation von Unternehmen ein, die sich in der Startphase befinden. Solche
Unternehmen könnten in die Kategorie der Unternehmen mit sehr hohem Risiko fallen
Unternehmen könnten in die Kategorie der Unternehmen mit sehr hohem Risiko fallen
(bei denen davon auszugehen sei, dass sie erst längerfristig die Gewinnzone erreichten,
oder die eine besonders hohe Ausfallquote hätten). Unter derartigen Umständen zu
vergebende Garantien seien rechtzeitig bei ihr anzumelden.
167
Nach den oben in den Rn. 151 und 152 genannten Grundsätzen war die Mitteilung von
2000 über Bürgschaften Bestandteil des rechtlichen Rahmens, anhand dessen die
Kommission im vorliegenden Fall die streitigen Bürgschaften zu beurteilen hatte, zumal
die Kommission in Rn. 1.4 der Mitteilung darauf hinweist, dass sie den Mitgliedstaaten
damit ausführlichere Erläuterungen über die Grundsätze an die Hand geben will, auf die
sie sich bei ihrer Auslegung der Art. 87 EG und 88 EG und deren Anwendung auf
staatliche Bürgschaften und Haftungsverpflichtungen stütze, um die Voraussehbarkeit
ihrer Entscheidungen und die Gleichbehandlung sicherzustellen.
168
Wie aus den Erwägungsgründen 14 und 47 der angefochtenen Entscheidung und den
Erläuterungen der Kommission in der mündlichen Verhandlung hervorgeht, hat die
Kommission die Mitteilung von 2000 über Bürgschaften im vorliegenden Fall jedoch
nicht angewandt. Sie hat in der mündlichen Verhandlung nämlich vorgetragen, die
Mitteilung komme zur Anwendung, wenn die betreffende Beihilfe die De-minimis-
Schwelle überschreite und somit anmeldepflichtig werde. Im vorliegenden Fall seien die
streitigen Bürgschaften unter die durch die Verordnung Nr. 69/2001 eingeführte De-
minimis-Regelung gefallen und deshalb nicht anmeldepflichtig gewesen, so dass sie
nicht nach der genannten Mitteilung geprüft worden seien.
169
Diese Analyse der Kommission ist nicht zutreffend, denn es handelt sich um einen
Zirkelschluss. Die Feststellung, dass die streitigen Bürgschaften im vorliegenden Fall
unter die De-minimis-Regelung fallen, setzt nämlich voraus, dass zuvor geprüft wird, ob
im vorliegenden Fall die Zugrundelegung eines Satzes von 0,5 % rechtsmäßig ist, da
unter Zugrundelegung dieses Prozentsatzes festgestellt wurde, dass das Beihilfeelement
der genannten Bürgschaften unter der De-minimis-Schwelle lag. Wie bereits ausgeführt,
war die Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Zugrundelegung des genanten Prozentsatzes
anhand der Mitteilung von 2000 über Bürgschaften vorzunehmen, die nähere
Ausführungen zur Berechnung des Beihilfeelements staatlicher Bürgschaften enthält.
Die Kommission hat aber keine solche Prüfung durchgeführt.
170
Außerdem durfte sich die Kommission im vorliegenden Fall nicht auf ihre Praxis
berufen, die darin bestand, die Zugrundelegung eines Satzes von 0,5 % bei der
Berechnung des Beihilfeelements von Bürgschaften der deutschen Behörden für nicht in
Schwierigkeiten befindliche Unternehmen zu akzeptieren (siehe oben, Rn. 148).
171
Wie aus den Akten hervorgeht, entstand diese Praxis nämlich zwischen 1991 und 1998
im Rahmen der von der Kommission gemäß Art. 88 Abs. 1 EG vorgenommenen
fortlaufenden Prüfung bestehender Beihilferegelungen, konkret der Leitlinien der
verschiedenen Länder und des Bundes für staatliche Bürgschaften. Diese Leitlinien
waren früher angemeldet und von der Kommission genehmigt worden. Wie die
Kommission selbst einräumt, waren die Leitlinien des Landes Hessen für Bürgschaften
nie Gegenstand dieser fortlaufenden Prüfung, da solche Leitlinien nie angemeldet
wurden.
172
Die Kommission schloss die fortlaufende Prüfung der genannten Leitlinien mit ihrem
Schreiben D/54570 vom 11. November 1998 ab. In Rn. 9 dieses Schreibens heißt es:
„Bezüglich der noch nicht endgültig abgeschlossenen Punkte, insbesondere auch der
Frage der Definition der Unternehmen in Schwierigkeiten und der Anwendung der ‚de-
minimis‘-Regel auf Bürgschaften für Unternehmen, die sich nicht in Schwierigkeiten
befinden, schlägt die Kommission vor, die Verabschiedung der Änderung der Leitlinien
für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen abzuwarten. Anschließend an diese
Entscheidung werden, soweit eine Anpassung an diese Leitlinien erforderlich ist, die
noch offenen Punkte angepasst. Zur Wahrung der Rechtssicherheit ist die Kommission
bis zur weiteren Festlegung der Beihilfeintensität auf der Grundlage von weiteren
Studien bereit, die Position der deutschen Behörden zu akzeptieren, nach der für
Bürgschaften an Unternehmen, die nicht die in dem Schreiben der deutschen Behörden
vom 29.6.1998 aufgezählten Kriterien für Unternehmen in Schwierigkeiten erfüllen, ein
Beihilfeelement von 0,5 % festgelegt werden kann.“
173
Mithin ist die Praxis, auf die sich die Kommission beruft, vor der Mitteilung von 2000
über die Bürgschaften im Rahmen eines speziellen Verfahrens zur fortlaufenden Prüfung
bestehender Beihilfen entstanden. Zudem waren die Bürgschaftsleitlinien des Landes
Hessen nie Gegenstand dieses Verfahrens.
174
Überdies ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission die Praxis der Zugrundelegung
eines Satzes von 0,5 %, wie sich aus dem Schreiben vom 11. November 1998 (siehe
oben, Rn. 172) ergibt, nur vorläufig akzeptiert hatte und dass eine Überprüfung der
Situation im Anschluss an die Änderung der Leitlinien für Rettungs- und
Umstrukturierungsbeihilfen für Unternehmen in Schwierigkeiten und die „weitere
Festlegung der Beihilfeintensität auf der Grundlage von weiteren Studien“ vorgesehen
war, wie es in dem genannten Schreiben heißt.
175
Eine Beschränkung der Kommission bei der Beurteilung staatlicher Bürgschaften, die
wie im vorliegenden Fall nach der Mitteilung von 2000 über Bürgschaften gewährt
wurden und nicht unter bereits genehmigte Regelungen fielen, wurde mit der Akzeptanz
der Zugrundelegung eines Satzes von 0,5 % im genannten Zusammenhang folglich
weder bezweckt noch bewirkt. Wie bereits ausgeführt, war die genannte Mitteilung ab
dem Jahr 2000 vielmehr Bestandteil des rechtlichen Rahmens, anhand dessen die
Kommission die nicht unter genehmigte Regelungen fallenden Bürgschaften, wie es hier
der Fall ist, zu prüfen hatte.
176
Diese Feststellungen werden weder durch die in Fn. 9 der angefochtenen
Entscheidung genannten noch durch die vom Streithelfer vor dem Gericht angeführten
Entscheidungen der Kommission in Frage gestellt. Die staatlichen Bürgschaften, um die
es in allen diesen Entscheidungen ging, fielen nämlich – mit Ausnahme einer staatlichen
Bürgschaft, die Gegenstand der Entscheidung 2003/875/EG der Kommission vom 23.
Dezember 2002 über die staatliche Beihilfe Deutschlands an Klausner Nordic Timber
GmbH & Co. KG, Mecklenburg-Vorpommern (ABl. 2003, L 337, S. 1), war – unter die
genehmigte Regelung N 297/91, die zu den oben in den Rn. 171 und 172
angesprochenen Regelungen gehörte, so dass die Kommission die Zugrundelegung
eines Satzes von 0,5 % in den fraglichen Entscheidungen vor diesem Hintergrund
eines Satzes von 0,5 % in den fraglichen Entscheidungen vor diesem Hintergrund
akzeptierte. Desgleichen fiel die staatliche Bürgschaft, die Gegenstand der Entscheidung
2003/875 war, unter eine Bürgschaftsregelung der Bundesregierung (N 287/91), die mit
Entscheidung der Kommission vom 3. Juli 1991, also vor der Mitteilung von 2000 über
Bürgschaften, genehmigt worden war.
177
Folglich belegen die vorgenannten Entscheidungen nicht, dass die Kommission darin
im Anschluss an eine Prüfung nach der Mitteilung von 2000 über Bürgschaften einen
Satz von 0,5 % akzeptierte. Infolgedessen belegen sie auch nicht, dass eine
Entscheidungspraxis bestanden hätte, auf die sich die Kommission im vorliegenden Fall
mit Erfolg berufen könnte.
178
Auch das Urteil vom 10. Dezember 2008, Kronoply und Kronotex/Kommission
(T‑388/02, EU:T:2008:556), auf das sich die Kommission vor dem Gericht berufen hat,
stellt die vorstehenden Erwägungen nicht in Frage. Denn in Rn. 145 dieses Urteils trifft
das Gericht lediglich die oben in den Rn. 171 und 172 wiedergegebenen Feststellungen,
dass die deutschen Behörden im Rahmen der von der Kommission genehmigten
Beihilferegelung N 297/91 (in der durch das Verfahren zur Prüfung bestehender Beihilfen
E 24/95 geänderten Fassung) einen Satz von 0,5 % zugrunde gelegt und diesen seitdem
bei allen gewährten Bürgschaften angewandt hatten. An keiner Stelle hat sich das
Gericht zur Rechtmäßigkeit der Zugrundelegung dieses Satzes in einem Kontext wie
dem des vorliegenden Falles geäußert, in dem die streitigen Bürgschaften nicht unter
eine genehmigte Beihilferegelung fallen und daher anhand von Art. 87 Abs. 1 EG und
der Mitteilung von 2000 über Bürgschaften zu beurteilen sind.
179
Die Kommission hat ihre Akzeptanz der Zugrundelegung eines Satzes von 0,5 % im
vorliegenden Fall schließlich damit gerechtfertigt, dass die Grundsätze der
Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sowie das Diskriminierungsverbot dies
geboten hätten. Nach diesen Grundsätzen sei sie verpflichtet gewesen, den genannten
Prozentsatz auch bei Bürgschaften für nicht in Schwierigkeiten befindliche Unternehmen
von Gebietskörperschaften anzuwenden, deren Bürgschaftsleitlinien nicht Gegenstand
des oben in den Rn. 171 und 172 genannten Verfahrens gewesen seien, also u. a. bei
Bürgschaften für Unternehmen im Land Hessen. Es bestehe kein objektiv rechtfertigbarer
Grund, eine Bürgschaft für ein nicht in Schwierigkeiten befindliches Unternehmen im
Land Hessen anders zu behandeln als eine Bürgschaft für ein solches Unternehmen in
anderen Ländern. Überdies hätten die deutschen Behörden in Bezug auf das Land
Hessen auch ein schutzwürdiges Vertrauen in die Praxis der Kommission entwickelt.
180
Diesem Vorbringen kann nicht gefolgt werden.
181
Zunächst ist festzustellen, dass sich nach ständiger Rechtsprechung auf den Grundsatz
des Vertrauensschutzes jeder berufen kann, bei dem ein Unionsorgan durch klare
Zusicherungen begründete Erwartungen geweckt hat. Klare, nicht an Bedingungen
geknüpfte und übereinstimmende Auskünfte stellen unabhängig von der Form ihrer
Mitteilung solche Zusicherungen dar (vgl. Urteil vom 16. Dezember 2010, Kahla
Thüringen Porzellan/Kommission, C‑537/08 P, Slg, EU:C:2010:769, Rn. 63 und die dort
angeführte Rechtsprechung).
182
Ferner verlangt der Grundsatz der Rechtssicherheit nach ständiger Rechtsprechung,
182
Ferner verlangt der Grundsatz der Rechtssicherheit nach ständiger Rechtsprechung,
dass Rechtsakte der Union eindeutig und ihre Anwendung für die Betroffenen
vorhersehbar sind (Urteile vom 22. Juni 2006, Belgien und Forum 187/Kommission,
C‑182/03 und C‑217/03, Slg, EU:C:2006:416, Rn. 69, und vom 14. Oktober 2010, Nuova
Agricast und Cofra/Kommission, C‑67/09 P, Slg, EU:C:2010:607, Rn. 77).
183
Im vorliegenden Fall ist im Hinblick auf die angeführte Rechtsprechung festzustellen,
dass das Schreiben vom 11. November 1998 (siehe oben, Rn. 172) aufgrund seines
ganz besonderen Kontexts und der – unbestimmten – zeitlichen Beschränkungen der
Akzeptanz des Satzes von 0,5 % durch die Kommission (siehe oben, Rn. 173 und 174)
nicht als Grundlage für eine Berufung auf die Grundsätze des Vertrauensschutzes und
der Rechtssicherheit zur Stützung der Zugrundelegung dieses Satzes im vorliegenden
Fall dienen kann. Eine Berufung auf die genannten Grundsätze kann erst recht keinen
Erfolg haben, weil die Praxis der Zugrundelegung des Satzes von 0,5 %, wie bereits
ausgeführt, vor der Mitteilung von 2000 über Bürgschaften entstand und die Kommission
im vorliegenden Fall nicht geprüft hat, ob seine Zugrundelegung nach dieser Mitteilung
rechtmäßig war. Gerade mit ihr wollte die Kommission aber ihre Haltung gegenüber
staatlichen Beihilfen in Form von Garantien darlegen und die Voraussehbarkeit ihrer
Entscheidungen in diesem Bereich sicherstellen (vgl. Rn. 1.1 und 1.4 der Mitteilung von
2000 über Bürgschaften).
184
Der Grundsatz der Gleichbehandlung, auf den sich die Kommission beruft, besagt, dass
vergleichbare Sachverhalte nicht unterschiedlich und unterschiedliche Sachverhalte
nicht gleich behandelt werden dürfen, es sei denn, dass eine solche Behandlung
objektiv gerechtfertigt ist (vgl. Urteil vom 16. Dezember 2008, Arcelor Atlantique und
Lorraine u. a., C‑127/07, Slg, EU:C:2008:728, Rn. 23 und die dort angeführte
Rechtsprechung).
185
Im vorliegenden Fall kann es insoweit mit der Feststellung sein Bewenden haben, dass
die Kommission die Zugrundelegung eines Satzes von 0,5 % durch die deutschen
Behörden vor der Veröffentlichung der Mitteilung von 2000 über Bürgschaften akzeptiert
hatte. Dies geschah also in einem anderen rechtlichen Rahmen als dem, anhand dessen
die Kommission im vorliegenden Fall die streitigen Bürgschaften zu beurteilen hatte;
dieser war gerade durch die Existenz der genannten Mitteilung gekennzeichnet. Erst
recht hat sich die Kommission dadurch, dass sie nicht geprüft hat, ob die
Zugrundelegung eines Satzes von 0,5 % nach dieser Mitteilung, mit deren Anwendung
gerade die Gleichbehandlung sichergestellt werden sollte (vgl. Rn. 1.4 der Mitteilung von
2000 über Bürgschaften), rechtmäßig war, nicht in die Lage versetzt, im vorliegenden
Fall die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung zu gewährleisten. Daher
kann die Heranziehung des Satzes von 0,5 % im vorliegenden Fall nicht mit Erfolg mit
dem Grundsatz der Gleichbehandlung gerechtfertigt werden.
186
In Anbetracht der vorstehenden Erwägungen stellt die Tatsache, dass die Kommission
im vorliegenden Fall nicht geprüft hat, ob die Zugrundelegung eines Satzes von 0,5 %
des verbürgten Betrags bei der Bestimmung des Beihilfeelements der streitigen
Bürgschaften nach der Mitteilung von 2000 über Bürgschaften rechtmäßig war, mithin ein
Indiz für das Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten hinsichtlich der Frage dar, ob die
streitigen Bürgschaften als De-minimis-Beihilfen eingestuft werden konnten. Das
Bestehen solcher Schwierigkeiten hätte die Kommission zur Eröffnung des förmlichen
Bestehen solcher Schwierigkeiten hätte die Kommission zur Eröffnung des förmlichen
Prüfverfahrens veranlassen müssen. Dem dritten Klagegrund ist daher, soweit er die
streitigen staatlichen Bürgschaften betrifft, stattzugeben.
d) Zu den im Rahmen des dritten Klagegrundes erhobenen Rügen in Bezug auf den
Verkauf eines staatlichen Grundstücks an die Beihilfeempfängerin
187
Im Rahmen des dritten Klagegrundes rügt die Klägerin, die Kommission habe nicht
ausreichend geprüft, ob der Verkauf eines staatlichen Grundstücks an die
Beihilfeempfängerin Elemente einer staatlichen Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG
enthalte.
188
In der angefochtenen Entscheidung ist die Kommission zu dem Ergebnis gekommen,
dass der Verkauf des streitigen staatlichen Grundstücks an die Beihilfeempfängerin
dieser keinen Vorteil verschafft habe und deshalb keine Elemente einer staatlichen
Beihilfe enthalte. Sie hat dies unter Bezugnahme auf die in ihrer Mitteilung betreffend
Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten oder Grundstücken durch die
öffentliche Hand (ABl. 1997, C 209, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über Verkäufe von
Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand) aufgestellten Grundsätze daraus
gefolgert, dass die deutschen Behörden belegt hätten, dass der Kaufpreis auf der
Grundlage eines vor dem Verkauf erstellten unabhängigen Sachverständigengutachtens
festgesetzt worden sei. Die Kommission hat ferner darauf hingewiesen, dass sie auch
den entsprechenden Kaufvertrag berücksichtigt habe (Erwägungsgründe 50 und 51 der
angefochtenen Entscheidung).
189
Die Klägerin erhebt folgende Rügen. Sie bezweifelt erstens, dass das unabhängige
Sachverständigengutachten über den Wert des streitigen Grundstücks vor Beginn der
Verkaufsverhandlungen erstattet worden sei, wie es die Mitteilung über Verkäufe von
Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand vorsehe. Zweites sei das erstellte
Gutachten für die Berechnung des Kaufpreises des Grundstücks untauglich. Drittens
gehe das erstellte Gutachten von falschen Voraussetzungen aus, so dass der Wert des
streitigen Grundstücks zu niedrig angesetzt worden sei. Viertens seien die
kaufpreismindernd berücksichtigten Abrisskosten entgegen Abschnitt II Ziff. 2 Buchst. c
der genannten Mitteilung nicht durch einen unabhängigen Sachverständigen ermittelt
worden. Auch habe sich die Kommission nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob die
Abrisskosten nach der genannten Bestimmung als „besondere Verpflichtungen“ mit dem
Kaufpreis für das streitige Grundstück hätten verrechnet werden dürfen. Fünftens komme
der Umstand, dass die Verpflichtung zum Abbruch innerhalb einer Frist von zehn Jahren
zu erfüllen sei, während der Betrag von 1 400 000 Euro zum Zeitpunkt des
Vertragsschlusses auf den Kaufpreis angerechnet worden sei, einer zinslosen
Teilfinanzierung des Kaufpreises in der genannten Höhe durch den Staat gleich (erste
Teilrüge der fünften Rüge). Außerdem habe die Beihilfeempfängerin dadurch einen
zusätzlichen Vorteil erlangt, dass sie während des genannten Zeitraums von zehn
Jahren die Gebäude unentgeltlich nutzen könne, weil die Zahlung am Ende des
Zeitraums nach dem Kaufvertrag nur den dann aktuellen Gebäudewert abgelte, nicht
aber die vorherige Nutzung (zweite Teilrüge der fünften Rüge).
190
Nach der Rechtsprechung hat die Kommission bei der Prüfung, ob der Verkauf eines
Grundstücks durch die öffentliche Hand an eine Privatperson eine staatliche Beihilfe
darstellt, das Kriterium des unter Marktbedingungen handelnden privaten Investors
heranzuziehen, um festzustellen, ob der Preis, den der vermeintliche Beihilfeempfänger
gezahlt hat, dem Preis entspricht, den ein privater, unter normalen
Wettbewerbsbedingungen handelnder Investor hätte festsetzen können (Urteil vom 2.
September 2010, Kommission/Scott, C‑290/07 P, Slg, EU:C:2010:480, Rn. 68; Urteil vom
13. Dezember 2011, Konsum Nord/Kommission, T‑244/08, EU:T:2011:732, Rn. 61).
191
Im Rahmen des dritten Klagegrundes hat das Gericht zu prüfen, ob die Kommission zu
dem Schluss berechtigt war, dass der Verkauf des Grundstücks hinsichtlich seiner
Einstufung als Beihilfe keine Zweifel aufwerfe. Dabei sind die Gründe der angefochtenen
Entscheidung zu den Angaben in Beziehung zu setzen, über die die Kommission zum
Zeitpunkt ihres Erlasses verfügen konnte (siehe oben, Rn. 49).
192
Nach § 1 Nr. 6 des Kaufvertrags war Kaufgegenstand ein Grundstück mit sämtlichen
aufstehenden Gebäuden. Die deutschen Behörden haben der Kommission mitgeteilt,
dass das Grundstück auf einem ehemaligen Militärgelände liege, das dem Land Hessen
gehöre. Die Information über den Verkauf des Grundstücks sei über das Internet seit
Langem für jedermann zugänglich gewesen. Die Beihilfeempfängerin sei aber das
einzige Unternehmen gewesen, das eine vergleichbare gewerbliche Verwendung des
gesamten Militärgeländes oder eines Teils davon vorgeschlagen habe.
193
Nach § 3 Nr. 1 des Kaufvertrags betrug der Preis für den genannten Kaufgegenstand
1 000 000 Euro.
194
In § 4 Nr. 6 des Kaufvertrags ist ferner bestimmt:
„Die Käuferin ist verpflichtet, die vorhandenen – [in] Anlage 3 aufgeführten – Gebäude,
Bauwerke und sonstigen baulichen oder technischen Anlagen auf dem Kaufobjekt in
einem Zeitraum von 10 Jahren allesamt abzubrechen. Diese Freilegungskosten wurden
bei der Vereinbarung des oben genannten Kaufpreises bereits berücksichtigt. Die
Käuferin hat die erforderlichen Abbruch-/Freilegungs/Entsorgungskosten bis zur Höhe
von 1.400.000,00 € mit mindestens 2 substantiierten nachprüfbaren Kostenangeboten
nachzuweisen, kann jedoch den Abbruch in Eigenleistung durchführen. Für Gebäude,
deren Abbruch nicht fristgerecht erfolgt, sind die verkehrsüblichen Abbruch- und
Entsorgungskosten auf den Kaufpreis nachzuzahlen. Es bleibt der Verkäuferin
vorbehalten, einen angemessenen, ortsüblichen Wert für dauerhaft verbleibende
Gebäude oder Bauwerke zu berechnen. Dies gilt auch für den Fall des Weiterverkaufs.“
195
Die deutschen Behörden haben im Verwaltungsverfahren erläutert, dass die
Vertragsparteien bei der Festsetzung des Kaufpreises auf 1 000 000 Euro ein 2006
erstelltes unabhängiges Sachverständigengutachten zugrunde gelegt hätten, nach dem
der Wert des rohen, d. h. freigeräumten Grundstücks, 2 490 000 Euro betragen habe. Das
veräußerte Grundstück sei zum Zeitpunkt der Veräußerung noch mit Bestandsgebäuden
und Altanlagen aus der Zeit der militärischen Nutzung des Geländes bebaut gewesen,
die „für eine gewerbliche Nutzung grundsätzlich ungeeignet“ seien. Bei der Bestimmung
des marktüblichen Kaufpreises hätten daher wertmindernd zusätzliche notwendige
Abbruch-, Freilegungs- und Entsorgungskosten (wie im Sachverständigengutachten
ermittelt) berücksichtigt werden müssen. Von dem Ausgangsbetrag in Höhe von
ermittelt) berücksichtigt werden müssen. Von dem Ausgangsbetrag in Höhe von
2 490 000 Euro seien daher 1 400 000 Euro für Abbruch-, Freilegungs- und
Entsorgungskosten abgezogen worden. Außerdem sei ein marktüblicher
Größenabschlag in Höhe von 90 000 Euro vorgenommen worden. So sei man zu einem
Kaufpreis von 1 000 000 Euro gelangt.
196
Unter Bezugnahme auf § 4 Nr. 6 des Kaufvertrags haben die deutschen Behörden im
Verwaltungsverfahren ferner darauf hingewiesen, dass die Abbruch- und
Freilegungsmaßnahmen vom Käufer in einem Zeitraum von zehn Jahren durchzuführen
und mit entsprechenden Kostennachweisen zu belegen seien. Lägen die dem Käufer
entstehenden Kosten unter 1 400 000 Euro, erfolge eine Nachzahlung. Zudem könne für
dauerhaft auf dem Grundstück verbleibende Gebäude eine Werterstattung verlangt
werden. Dadurch sei gewährleistet, dass die Veräußerung des Grundstücks zu
Marktpreisen erfolge und kein Beihilfeelement enthalte.
197
In Anbetracht dieser Angaben ist zunächst die erste Rüge der Klägerin zurückzuweisen,
dass das Sachverständigengutachten nicht vor Beginn der Verkaufsverhandlungen
erstattet worden sei. Aus den Akten geht nämlich hervor, dass das Gutachten vom 6. Juni
2006 datiert, der Kaufvertrag hingegen vom 1. August 2007. Die Kommission war daher
am Ende der Vorprüfungsphase zu dem Schluss berechtigt, dass das betreffende
Gutachten vor Beginn der Verkaufsverhandlungen erstattet worden sei.
198
Im Rahmen ihrer zweiten Rüge führt die Klägerin zunächst aus, dass das erstellte
Sachverständigengutachten allein das Grundstück betreffe; zu dem verkauften
Grundstück gehörten aber auch Gebäude, die von der Beihilfeempfängerin im Rahmen
ihrer Sägewerkstätigkeit genutzt würden. Die Klägerin macht somit geltend, dass das
Sachverständigengutachten nicht dem Kaufgegenstand entspreche und daher bei der
Festsetzung des Kaufpreises des Grundstücks nicht zugrunde gelegt werden könne. Die
Klägerin beruft sich dabei auf die Entscheidung 2002/142/EG der Kommission vom 18.
Juli 2001 über die Maßnahme, die die Niederlande zugunsten von Valmont Nederland
BV durchgeführt haben (ABl. 2002, L 48, S. 20), um ihre Auffassung zu stützen, dass der
Wert des Grundstücks unter Einbeziehung seiner tatsächlich geplanten Nutzung hätte
ermittelt werden müssen. Die Klägerin macht ferner geltend, die Kommission habe in
ihrer Entscheidungspraxis festgestellt, dass sich der Wert eines Grundstücks bei einer
anderen als der bei der Wertermittlung zugrunde gelegten Nutzung ändere. Dies sei hier
der Fall, weil die vorhandenen Gebäude weiter genutzt würden.
199
Erstens ist festzustellen, dass sich das Sachverständigengutachten nicht auf die
Gebäude der auf dem verkauften Grundstück befindlichen Kaserne bezog, wie sich aus
seinem Abschnitt 2.2. ergibt. Bei der Bewertung von Grund und Boden wurde im
Gutachten „von der Fiktion ausgegangen, dass die Grundstücke von der Bebauung
freigeräumt und nicht notwendige Befestigungen entfernt sind“. Allerdings heißt es in
dem Gutachten, dass die genannten Gebäude „aufgrund ihrer Anzahl und/oder ihrer
Bausubstanz für eine Folgenutzung als überwiegend ungeeignet“ anzusehen seien.
200
Zweitens ist festzustellen, dass § 4 Nr. 6 des Kaufvertrags (siehe oben, Rn. 194) der
Beihilfeempfängerin die Verpflichtung zum Abbruch sämtlicher auf dem verkauften
Grundstück befindlicher Gebäude innerhalb von zehn Jahren auferlegt. Dort ist auch der
Grundstück befindlicher Gebäude innerhalb von zehn Jahren auferlegt. Dort ist auch der
Fall geregelt, dass der Abbruch nicht oder nur teilweise erfolgt.
201
Aus diesen Erwägungen folgt, dass das vor dem Verkauf erstellte unabhängige
Sachverständigengutachten entgegen dem Vorbringen der Klägerin dem Gegenstand
des Kaufvertrags entsprach, nämlich dem betreffenden, auf einem ehemaligen
Militärgelände belegenen Grundstück, wobei bei den auf dem Gelände befindlichen
Gebäuden davon ausgegangen wurde, dass sie keinen Wert hätten und daher
abzubrechen seien.
202
Deshalb steht die Entscheidung 2002/142 (siehe oben, Rn. 198), in der die Kommission
ein Sachverständigengutachten zurückwies, weil es „eine Schätzung des gesamten
Betriebsgeländes, einschließlich des Gebäudes[, aber] keine Schätzung des Werts des
Grundstücks in dem Zustand [enthält], in dem es von der Gemeinde verkauft wurde, d. h.
unbebaut“ (17. Erwägungsgrund der Entscheidung 2002/142), auch nicht in Widerspruch
zu dem Ansatz, dem die Kommission in der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der
Berücksichtigung des Sachverständigengutachtens bei der Festlegung des Marktpreises
des verkauften streitigen Grundstücks gefolgt ist. Schließlich ist auch das Vorbringen der
Klägerin zurückzuweisen, das Grundstück werde anders genutzt als im Gutachten
angenommen. Aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass die Beihilfeempfängerin das
Grundstück anders als gewerblich nutzte. Dem Gutachten ist aber zu entnehmen, dass
die Sachverständigen als zulässige künftige Nutzung des Grundstücks u. a. eine
gewerbliche Nutzung in Betracht zogen.
203
Im Rahmen ihrer dritten Rüge macht die Klägerin geltend, das erstattete
Sachverständigengutachten gehe von falschen Prämissen aus, soweit es darin heiße,
dass das streitige Grundstück nicht erschlossen sei und die bestehenden Gebäude nicht
für eine Nutzung geeignet seien. Aufgrund dieser falschen Prämissen sei der Wert des
Grundstücks insofern zu niedrig angesetzt worden, als der Wert der Gebäude nicht zum
Kaufpreis hinzugefügt worden sei. Stattdessen seien die Gebäude als wertlos
angesehen worden, so dass die Abbruchkosten vom Grundstückswert abgezogen
worden seien.
204
Zunächst ist die von der Kommission in der mündlichen Verhandlung erhobene Einrede
der Unzulässigkeit, mit der gerügt wurde, das Vorbringen der Klägerin, der Kaufpreis des
streitigen Grundstücks hätte um den Wert der bestehenden Gebäude erhöht werden
müssen, sei neu, als unbegründet zurückzuweisen. Dieses Vorbringen der Klägerin
findet sich nämlich bereits in den Rn. 23 bis 32 der Klageschrift und in den Rn. 30 und 31
der Erwiderung.
205
Was die Begründetheit des Vorbringens der Klägerin angeht, ist zu prüfen, ob die
Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung über
ausreichend Informationen verfügte, um zu dem Schluss kommen zu können, dass die
auf dem streitigen Grundstück befindlichen Gebäude keinen Wert hätten – im Einklang
mit der dem Kaufvertrag zugrunde liegenden Vorstellung, dass diese Gebäude keinen
Wert hätten, so dass die Abbruchkosten vom Wert des Grundstücks abgezogen wurden.
206
Insoweit ist festzustellen, dass der Kommission das unabhängige
Sachverständigengutachten vorlag, in dem es hieß, dass die auf dem streitigen
Grundstück befindlichen Gebäude „aufgrund ihrer Anzahl und/oder ihrer Bausubstanz für
eine Folgenutzung als überwiegend ungeeignet“ anzusehen seien. In dem Gutachten
hieß es weiter, dass Arbeiten am Grundstück erforderlich seien und dass es nicht
erschlossen sei.
207
Die Kommission verfügte aufgrund des genannten Sachverständigengutachtens im
Verwaltungsverfahren also über ausreichend Informationen, um der Auffassung der
deutschen Behörden, die auf dem streitigen Grundstück befindlichen Gebäude hätten
keinen Marktwert, folgen zu können.
208
Diese Feststellung wird nicht durch die von der Klägerin im Verwaltungsverfahren
vorgelegte Broschüre „Konversion in Hessen“ in Frage gestellt, mit der Werbung für
verschiedene Liegenschaften des Landes Hessen gemacht werden sollte, um Investoren
anzuziehen. Zu der Kaserne auf dem streitigen Grundstück heißt es darin, sie sei in
gutem Bauerhaltungszustand, für eine industrielle Verwendung umnutzungsfähig und an
das öffentliche Versorgungsnetz (Strom, Gas, Wasser, Abwasser, Telefon)
angeschlossen. Die Klägerin hat sich auf diese Broschüre berufen, um ihr Vorbringen zu
untermauern, dass das unabhängige Sachverständigengutachten falsch sei.
209
Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Kommission, wie aus Fn. 10 der
angefochtenen Entscheidung hervorgeht, die genannte Broschüre nicht außer Acht
gelassen, sondern bei ihrer Beurteilung berücksichtigt hat. Auch wenn die Broschüre –
entgegen dem unabhängigen Sachverständigengutachten – so verstanden werden
könnte, dass darin den auf dem streitigen Grundstück befindlichen Gebäuden ein
gewisser Wert beigemessen wird, ist ferner zu bedenken, dass die Broschüre
Werbezwecken diente und ihr Beweiswert deshalb geringer ist als der des genannten
Gutachtens. Da sich die Sachverständigen sowohl zum Wert der Gebäude geäußert
haben als auch zum Erschließungszustand des Grundstücks, kann der Kommission, die
die genannte Broschüre berücksichtigte und daher über ausreichend vollständige
Informationen verfügte, kein Vorwurf daraus gemacht werden, dass sie ihrer Beurteilung
die Meinung der Sachverständigen zugrunde legte.
210
Zur Stützung ihres Vorbringens, dass die auf dem streitigen Grundstück befindlichen
Gebäude einen Wert gehabt hätten, hat die Klägerin im Verwaltungsverfahren und vor
dem Gericht ferner ausgeführt, die Beihilfeempfängerin habe seinerzeit bestimmte
Gebäude genutzt und dadurch Aufwendungen erspart. Weder die Kommission noch der
Streithelfer haben diese Angabe der Klägerin nachhaltig bestritten.
211
Dass die Beihilfeempfängerin aufgrund ihres Tätigkeitsbereichs – Betrieb eines
Sägewerks – in der Lage gewesen sein mag, eine Verwendung für die Gebäude zu
finden und ihnen auf diese Weise einen Wert zu geben, ist aber nicht geeignet, Zweifel
an der Richtigkeit des unabhängigen Sachverständigengutachtens zu wecken. Wie sich
nämlich bereits aus dem Inhalt des Gutachtens ergibt, haben die Sachverständigen es
unter Berücksichtigung des Zustands der Gebäude und des Grundstücks, aber
unabhängig von den die Gebäude und das Grundstück betreffenden Plänen eines
bestimmten Investors erstattet. Die Kommission durfte sich beim Erlass der
angefochtenen Entscheidung daher auf das Gutachten und auf § 4 Nr. 6 des
Kaufvertrags – der u. a. den Fall regelt, dass der Abbruch nicht innerhalb der Frist von
Kaufvertrags – der u. a. den Fall regelt, dass der Abbruch nicht innerhalb der Frist von
zehn Jahren erfolgt, und den Fall, dass die Gebäude entgegen der Abbruchverpflichtung
dauerhaft auf dem Grundstück verbleiben – stützen, um zu dem Schluss zu gelangen,
dass der Verkauf des Grundstücks die Beihilfeempfängerin nicht im Sinne von Art. 87
Abs. 1 EG begünstige.
212
Zur vierten Rüge der Klägerin ist festzustellen, dass es in Abschnitt II Ziff. 2 Buchst. c
der Mitteilung über Verkäufe von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand
im Wesentlichen heißt, dass an den Verkauf im öffentlichen Interesse besondere
Verpflichtungen geknüpft werden könnten, die mit dem Gebäude oder Grundstück und
nicht mit dem Käufer oder seinen Wirtschaftstätigkeiten verbunden seien. Wirtschaftliche
Nachteile solcher Verpflichtungen sollten getrennt bewertet und könnten mit dem
Kaufpreis verrechnet werden.
213
Die Kommission hat vor dem Gericht ausgeführt, Abschnitt II Ziff. 2 Buchst. c der
Mitteilung über Verkäufe von Bauten oder Grundstücken durch die öffentliche Hand sei
im vorliegenden Fall nicht einschlägig, da die Abbruchverpflichtung die
Beihilfeempfängerin treffe. Es handele sich also nicht um eine „besondere Verpflichtung“
im Sinne der genannten Bestimmung.
214
Hierzu ist festzustellen, dass die Abbruchverpflichtung in § 4 Nr. 6 des Kaufvertrags in
der Tat die Beihilfeempfängerin trifft. Weiter ist festzustellen, dass die Problematik der
Anwendung der genannten Bestimmung im vorliegenden Fall im Verwaltungsverfahren
von keiner Partei angesprochen wurde und dass ganz allgemein aus der Akte nicht
ersichtlich ist, dass die Kommission hinsichtlich der Frage, ob die genannte Bestimmung
im vorliegenden Fall einschlägig ist, mit ernsthaften Schwierigkeiten konfrontiert
gewesen wäre. Im Rahmen der Prüfung der Frage, ob ernsthafte Schwierigkeiten
bestanden, besteht daher kein Anlass, die Auslegung der genannten Bestimmung durch
die Kommission und ihre Anwendung im vorliegenden Fall in Frage zu stellen.
215
Da bei der Festsetzung des Kaufpreises für das Grundstück die Abbruchkosten
berücksichtigt wurden, hatte die Kommission allerdings zu prüfen, ob diese den
Marktpreisen entsprachen. Das Gericht hat also zu prüfen, ob die Kommission in
Anbetracht der Informationen, über die sie in der Vorprüfungsphase verfügte, daran
Zweifel hätte haben müssen.
216
Hierzu ergibt sich erstens aus den Akten, dass die deutschen Behörden in der
Vorprüfungsphase gegenüber der Kommission angegeben haben, dass sich die
Abbruchkosten für das gesamte und nicht nur das an die Beihilfeempfängerin veräußerte
Militärgelände nach den Berechnungen eines Architektenbüros auf 6 175 014,70 Euro
beliefen. Nach den Erläuterungen der deutschen Behörden haben die Vertragsparteien
zum einen diese Berechnung des Architektenbüros und zum anderen die – auch der
Kommission vorgelegte – Liste der Gebäude im Umfang von etwa 140 000 m
3
, die sich
auf dem an die Beihilfeempfängerin veräußerten Grundstück befinden, berücksichtigt
und dann in § 4 Nr. 6 des Kaufvertrags den Betrag von 1 400 000 Euro festgelegt, also
etwa 10 Euro pro m
3
. Dass dieser Betrag dem Marktpreis entsprach, wurde im
Verwaltungsverfahren nicht in Frage gestellt.
217
Somit war die Kommission berechtigt, am Ende der Vorprüfungsphase nicht in Zweifel
217
Somit war die Kommission berechtigt, am Ende der Vorprüfungsphase nicht in Zweifel
zu ziehen, dass der Betrag von 1 400 000 Euro dem Marktpreis entsprach.
218
Zweitens ist festzustellen, dass die Abbruchverpflichtung nach § 4 Nr. 6 des
Kaufvertrags innerhalb einer Frist von zehn Jahren zu erfüllen ist. Nach dieser
Bestimmung muss die Beihilfeempfängerin die ihr normalerweise entstehenden
Abbruchkosten mit mindestens zwei „substantiierten nachprüfbaren“ Kostenangeboten
nachweisen. Diese Kostenangebote werden also den Marktpreis des Abbruchs zu dem
Zeitpunkt, zu dem dieser erfolgt, wiedergeben.
219
§ 4 Nr. 6 des Kaufvertrags sieht zwar nicht ausdrücklich vor, dass die
Beihilfeempfängerin, falls die Abbruchkosten unter 1 400 000 Euro liegen sollten, eine
Nachzahlung vorzunehmen hat, damit dieser Betrag erreicht wird. Eine solche
Nachzahlungspflicht ergibt sich aber zum einen bereits aus dem Wortlaut der
Bestimmung, in der es heißt, dass „[d]ie Käuferin … die erforderlichen Abbruch-
/Freilegungs-/Entsorgungskosten bis zur Höhe von 1.400.000,00 € … nachzuweisen
[hat]“; zum anderen haben die deutschen Behörden im Verwaltungsverfahren bestätigt,
dass eine solche Nachzahlung vorzunehmen sei. Überdies durften die Dienststellen der
Kommission in Anbetracht der Information, dass der Betrag von 1 400 000 Euro dem
Marktpreis entspreche (siehe oben, Rn. 216 und 217), davon ausgehen, dass es wenig
wahrscheinlich sei, dass die tatsächlichen Abbruchkosten zum Zeitpunkt des Abbruchs
niedriger ausfallen würden.
220
Drittens ist festzustellen, dass § 4 Nr. 6 des Kaufvertrags auch den Fall regelt, dass der
Abbruch nicht fristgerecht erfolgt. Für diesen Fall ist vorgesehen, dass die
verkehrsüblichen Abbruch- und Entsorgungskosten auf den Kaufpreis nachzuzahlen
sind.
221
Viertens ist festzustellen, dass § 4 Nr. 6 des Kaufvertrags auch den Fall regelt, dass die
Gebäude oder Bauwerke trotz der Abbruchpflicht dauerhaft stehen bleiben. Für diesen
Fall ist vorgesehen, dass die Behörden einen angemessenen, ortsüblichen Wert
berechnen können; dies gilt auch für den Fall des Weiterverkaufs. Vor dem Gericht
haben die Kommission und der Streithelfer darauf hingewiesen, dass diese
Formulierung trotz der Verwendung des Ausdrucks „es bleibt … vorbehalten“ den
Behörden kein Ermessen lasse, sondern sie verpflichte, „einen angemessenen,
ortsüblichen Wert“ zu verlangen, wenn die Gebäude dauerhaft stehen blieben.
Unabhängig von der Auslegung dieser Klausel, die im Verwaltungsverfahren nicht
erörtert wurde, ist festzustellen, dass sich ein etwaiges Beihilfeelement allenfalls aus
ihrer künftigen Anwendung – insbesondere dann, wenn die Behörden darauf verzichten,
ihre Rechte geltend zu machen, falls am Ende der Frist von zehn Jahren kein Abbruch
vorgenommen wurde – ergeben könnte, so dass die Kommission, ohne vom Vorliegen
ernsthafter Schwierigkeiten ausgehen zu müssen, zu dem Schluss berechtigt war, dass
die Klausel zum Zeitpunkt der Veräußerung des Grundstücks keine Begünstigung der
Beihilfeempfängerin im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG enthalten habe.
222
Aus den vorstehenden Erwägungen ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission
am Ende der Vorprüfungsphase annehmen durfte, dass die im Kaufvertrag festgelegten
Abbruchkosten dem Marktpreis entsprachen.
223
Was die fünfte Rüge der Klägerin angeht, ist zunächst die von der Kommission in der
mündlichen Verhandlung erhobene Einrede, bei der zweiten Teilrüge (siehe oben,
Rn. 189) handele es sich um neues Vorbringen, als unbegründet zurückzuweisen. Diese
Teilrüge findet sich nämlich bereits in den Rn. 30 bis 32 der Klageschrift.
224
Zur Begründetheit der ersten Teilrüge (siehe oben, Rn. 189) ist festzustellen, dass der
wirtschaftliche Vorteil für die Beihilfeempfängerin, den die Klägerin in einer „zinslosen
Teilfinanzierung“ sieht, von zukünftigen ungewissen Ereignissen wie dem Preis, der für
den Abbruch anfällt, abhängt. Es ist durchaus möglich, dass der Abbruch zu einem Preis
erfolgt, bei dem der etwaige wirtschaftliche Vorteil in Form von Zinsen aufgrund der
sofortigen Anrechnung des Betrags von 1 400 000 Euro auf den Kaufpreis ausgeglichen
wird. Der von der Klägerin angeführte Vorteil ist also hypothetisch und stand dem von der
Kommission am Ende der Vorprüfungsphase auf der Grundlage der für sie verfügbaren
Informationen – die insbesondere dem Sachverständigengutachten und dem Kaufvertrag
entstammten – gezogenen Schluss, dass der Verkauf des Grundstücks die
Beihilfeempfängerin nicht begünstige, nicht entgegen.
225
Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich der hypothetische wirtschaftliche Vorteil
für die Beihilfeempfängerin, den die Klägerin in einer „zinslosen Teilfinanzierung“ sieht,
zwingend aus dem Inhalt von § 4 Nr. 6 des Kaufvertrags ergibt, nach dem die
Abbruchverpflichtung innerhalb einer Frist von zehn Jahren zu erfüllen ist, während der
Betrag von 1 400 000 Euro zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses vom Kaufpreis
abgezogen wurde. Ein solcher hypothetischer wirtschaftlicher Vorteil stellt gleichwohl
keinen „Vorteil“ im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG nach dessen Auslegung durch die
Rechtsprechung dar, d. h. eine staatliche Maßnahme, die in verschiedener Form die von
einem Unternehmen normalerweise zu tragenden Belastungen erleichtert und die somit
einer Subvention gleichkommt (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 16. September 2004,
Valmont/Kommission, T‑274/01, Slg, EU:T:2004:266, Rn. 44 und die dort angeführte
Rechtsprechung). Die Klägerin hat nämlich nicht dargetan, dass die genannte
Vertragsbestimmung von den normalen Marktbedingungen abwich, und diese Frage ist
im Verwaltungsverfahren nicht aufgeworfen worden.
226
Zur Begründetheit der zweiten Teilrüge (siehe oben, Rn. 189) ist festzustellen, dass sie
auf der Prämisse beruht, dass die Beihilfeempfängerin die auf dem Grundstück
befindlichen Gebäude nutzt. Wie bereits ausgeführt (siehe oben, Rn. 211), konnte die
Möglichkeit der Nutzung der Gebäude durch die Beihilfeempfängerin die Kommission
nicht daran hindern, am Ende der Vorprüfungsphase auf der Grundlage der ihr
vorliegenden Informationen – insbesondere der Informationen aus dem
Sachverständigengutachten, wonach die Gebäude für eine weitere Nutzung ungeeignet
seien – zu dem Schluss zu kommen, dass der Verkauf des Grundstücks die
Beihilfeempfängerin nicht begünstige.
227
Somit sind alle Rügen, die die Klägerin im Rahmen des dritten Klagegrundes in Bezug
auf den Verkauf eines staatlichen Grundstücks an die Beihilfeempfängerin erhoben hat,
zurückzuweisen.
e) Zu den im Rahmen des dritten Klagegrundes in Bezug auf die Vereinbarungen über
die Lieferung von Holz an die Beihilfeempfängerin erhobenen Rügen
die Lieferung von Holz an die Beihilfeempfängerin erhobenen Rügen
228
Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe die Frage der Marktüblichkeit der
Vereinbarungen über die Lieferung von Holz an die Beihilfeempfängerin nur
unzureichend überprüft und sich mit keinem der Argumente auseinandergesetzt, die sie
dazu in ihrem im Verwaltungsverfahren übersandten Schriftsatz vom 6. August 2008
vorgebracht habe.
229
In ihrem Schriftsatz vom 6. August 2008 hatte die Klägerin erstens geltend gemacht,
dass die Rahmenvereinbarung von 2006, deren Gegenstand u. a. die Lieferung von Holz
an die Beihilfeempfängerin gewesen sei, eine marktunübliche Niedrigpreisgarantie
zugunsten der Beihilfeempfängerin enthalten habe. Durch diese Garantie habe Abalon
Hessen automatisch vom Ergebnis der Verhandlungen ihrer Wettbewerber mit Hessen-
Forst über den Preis von Rundholz profitiert, was ihr einen Vorteil verschafft habe.
Zweitens berief sich die Klägerin auf Nr. 4 der genannten Rahmenvereinbarung, in der
von einer „Optimierung der Lieferradien“ und einer „Win-Win-Situation“ die Rede sei.
Diese Klausel zeige, dass Hessen-Forst die Beihilfeempfängerin unterstütze, was nicht
mit dem Verhalten eines privaten Marktteilnehmers vereinbar sei. Drittens äußerte die
Klägerin den Verdacht, dass Hessen-Forst die Beihilfeempfängerin durch die kostenlose
Nasslagerung des von ihr erworbenen Holzes begünstige.
230
Die Klägerin wirft der Kommission ferner vor, dass sie ihre Entscheidung getroffen
habe, ohne über ausreichende Informationen zur Knappheit von Buchenrundholz zu
verfügen.
231
Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
232
Aus der angefochtenen Entscheidung geht hervor, dass die Kommission auf die beiden
von der Klägerin im Vorprüfungsverfahren vorgebrachten Argumente eingegangen ist:
Das erste Argument bestand darin, dass die Rahmenvereinbarung zu einer
Verknappung des Angebots auf dem Markt für Buchenholz führe und die Wettbewerber
der Beihilfeempfängerin Schwierigkeiten hätten, sich diesen Rohstoff zu beschaffen
(Erwägungsgründe 22 und 23 der angefochtenen Entscheidung), das zweite darin, dass
die Rahmenvereinbarung und der Liefervertrag für das Jahr 2008 Beihilfeelemente
enthielten (22. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
233
Zum ersten Argument hat die Kommission in der angefochtenen Entscheidung im
Wesentlichen festgestellt, dass eine eventuelle Verknappung des Angebots auf dem
Markt für Buchenrundholz durch den Rahmenvertrag beihilferechtlich irrelevant sei,
sofern der Beihilfeempfängerin nicht ein unmittelbarer Vorteil aus staatlichen Mitteln
verschafft werde (52. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Die
Rahmenvereinbarung sei eine übliche Geschäftspraxis und stelle für sich genommen
keine staatliche Beihilfe im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG dar (53. Erwägungsgrund der
angefochtenen Entscheidung).
234
Jedenfalls führe die Rahmenvereinbarung nach den von den deutschen Behörden
übermittelten Informationen nicht zu einer Verknappung des Angebots an
Buchenrundholz für die Sägewerke, die Wettbewerber der Beihilfeempfängerin seien
(54. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
(54. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
235
Die Klägerin ist vor dem Gericht der Erwägung der Kommission, dass die Frage der
behaupteten Verknappung von Buchenrundholz durch die Rahmenvereinbarung
beihilferechtlich irrelevant sei, nicht entgegengetreten und hat auch nicht dargetan, dass
hinsichtlich der Frage, ob der Beihilfeempfängerin durch die behauptete Verknappung
ein Vorteil aus staatlichen Mitteln verschafft werde, ernsthafte Schwierigkeiten bestanden
hätten. Folglich ist die oben in Rn. 230 dargestellte Rüge der Klägerin als unbegründet
zurückzuweisen.
236
Zum zweiten Argument ist festzustellen, dass die Kommission im 55. Erwägungsgrund
der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen hat, dass nach der
Rahmenvereinbarung eine garantierte Menge Holz zu Marktpreisen geliefert werde und
dass die Preise jährlich neu ausgehandelt würden.
237
Überdies hat die Kommission im 56. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung
ausgeführt, dass sie aufgrund der ihr im Verwaltungsverfahren zur Verfügung stehenden
Informationen der Auffassung sei, dass die zwischen Hessen-Forst und der Empfängerin
vereinbarten Preise nicht unter den Marktpreisen für Rundholz lägen. Sie habe dabei
insbesondere berücksichtigt, dass alle im Liefervertrag für 2008 (der im September 2007
unterzeichnet worden sei) angegebenen Preise der von Hessen-Forst veröffentlichten
Preisliste entsprächen und für diesen Vertrag die Allgemeinen Geschäftsbedingungen
von Hessen-Forst gegolten hätten. Sie sei daher zu dem Schluss gelangt, dass weder
die Rahmenvereinbarung noch der Liefervertrag für 2008 Elemente staatlicher Beihilfe
enthielten.
238
Aus den Akten geht ferner hervor, dass die Kommission die deutschen Behörden mit
Schreiben vom 1. Februar 2008 speziell zu den von der Klägerin angesprochenen
Fragen der „Niedrigpreisgarantie“ und der „Win-Win-Situation“ (siehe oben, Rn. 229)
befragte, um zu überprüfen, ob die Rahmenvereinbarung und der Liefervertrag für 2008
den Marktbedingungen entsprachen.
239
Mit Schreiben vom 25. Februar 2008 gaben die deutschen Behörden Erläuterungen zu
den beiden genannten Fragen. Zur „Niedrigpreisgarantie“ führten sie aus, dass die
Preise zwischen Hessen-Forst und der Beihilfeempfängerin jährlich neu ausgehandelt
würden und dabei das Marktpreisniveau zugrunde gelegt werde. Zur „Win-Win-Situation“
führten sie im Wesentlichen aus, dass diese mit den niedrigeren Kosten des Transports
des Holzes zu den Sägewerken zusammenhänge, die bei den Forstbetrieben zu einem
höheren Erlös und bei den Sägewerken zu Kosteneinsparungen führten („Win-Win-
Situation“). Dies sei keine Sonderstellung der Beihilfeempfängerin, sondern eine
Stellung, in deren Genuss alle Sägewerke kommen könnten, die in der Nähe der von
Hessen-Forst bewirtschafteten Wälder lägen.
240
Zwar ist aus den Akten nicht ersichtlich, dass die Kommission die deutschen Behörden
im Verwaltungsverfahren zu dem Vorbringen der Klägerin in Bezug auf einen etwaigen
Vorteil für die Beihilfeempfängerin durch die kostenlose Nasslagerung des Holzes (siehe
oben, Rn. 229) befragt hätte. Zum einen hatte der Gegenstand dieses – im Schriftsatz
vom 6. August 2008 enthaltenen – Vorbringens aber nichts mit der Problematik zu tun,
die Gegenstand der Prüfung der Kommission im Rahmen der Verfahren N 512/2007 und
CP 195/2007 war, also der Frage, ob die Holzlieferverträge Elemente staatlicher
Beihilfen zugunsten der Beihilfeempfängerin enthielten. Zum anderen war das
Vorbringen allgemein und spekulativ gehalten. Folglich kann der Kommission nicht
vorgeworfen werden, darauf im Verwaltungsverfahren bei ihrem Schriftwechsel mit den
deutschen Behörden nicht eingegangen zu sein.
241
Aus den vorstehenden Erwägungen ist der Schluss zu ziehen, dass die Kommission
die Beschwerde der Klägerin ausreichend untersucht hat und dass sie, allgemeiner, am
Ende der Vorprüfungsphase auf der Grundlage der ihr vorliegenden Informationen
annehmen durfte, dass die Vereinbarungen über die Lieferung von Holz an die
Beihilfeempfängerin kein Element einer staatlichen Beihilfe enthielten. Mithin sind die
entsprechenden Rügen der Klägerin zurückzuweisen.
f) Zu den im Rahmen des dritten Klagegrundes erhobenen Rügen in Bezug auf die
etwaige Nutzung von Maschinen durch die Beihilfeempfängerin, die von ihrer
Schwestergesellschaft Abalon Österreich genutzt und für die bereits staatliche Beihilfen
geleistet worden waren
242
Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe die Frage der Verlagerung von
Maschinen der Schwestergesellschaft Abalon Österreich, für die bereits staatliche
Beihilfen geleistet worden seien, zu den Einrichtungen der Beihilfeempfängerin nicht
ausreichend untersucht. Die Kommission habe sich ohne nähere Prüfung auf die Zusage
der deutschen Behörden verlassen, dass es nicht zu einer Doppelförderung komme.
243
Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.
244
Wie sich aus den Akten ergibt, befragte die Kommission die deutschen Behörden mit
Schreiben vom 18. Juli 2008 zu dem genannten Vorbringen der Klägerin. In ihrem
Schreiben vom 29. Juli 2008 erläuterten die deutschen Behörden, dass die
Beihilfeempfängerin selbst sie über die Verlagerung bestimmter gebrauchter
Wirtschaftsgüter aus dem Werk von Abalon Österreich zu ihren Einrichtungen informiert
habe und dass die zuständigen Behörden des Landes Hessen dies bei der Auszahlung
des Investitionszuschusses berücksichtigen würden.
245
Im 41. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission darauf
hingewiesen, dass die Behörden des Landes Hessen zugesichert hätten,
sicherzustellen, dass bereits geförderte Wirtschaftsgüter nicht erneut durch den
Investitionszuschuss gefördert würden.
246
Somit hat die Kommission die Rüge der Klägerin rechtlich hinreichend geprüft. Nach
Auffassung des Gerichts war die Kommission auch berechtigt, bei der Feststellung, dass
die in Rede stehende Maßnahme keine staatliche Beihilfe darstelle, die von den
zuständigen nationalen Behörden freiwillig eingegangenen Verhaltenspflichten zu
berücksichtigen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28. März 2012, Ryanair/Kommission,
T‑123/09, Slg, EU:T:2012:164, Rn. 95 und 96).
247
Angesichts dieser Erwägungen sind die genannten Rügen der Klägerin
zurückzuweisen.
g) Zu dem die Dauer und die Umstände des Vorprüfungsverfahrens betreffenden
Vorbringen der Klägerin im Rahmen des dritten Klagegrundes
248
Die Klägerin schließt aus der Dauer des Vorprüfungsverfahrens, dass die Kommission
mit ernsthaften Schwierigkeiten konfrontiert gewesen sei. In diesem Verfahren sei die in
Art. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 vorgesehene Frist weit überschritten worden. Die
Klägerin beruft sich ferner auf die Umstände des Erlasses der angefochtenen
Entscheidung und den weiten Untersuchungsbereich der Kommission im
Vorprüfungsverfahren.
249
Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
250
Nach der Rechtsprechung können der Ablauf eines Zeitraums, der beträchtlich über das
hinausgeht, was normalerweise für eine Vorprüfung erforderlich ist, und der Inhalt der
Erörterungen zwischen der Kommission und dem betreffenden Mitgliedstaat während der
Vorprüfungsphase
Anhaltspunkte
für
das
Vorliegen
ernsthafter
Beurteilungsschwierigkeiten sein (vgl. Urteil vom 3. März 2010, Bundesverband
deutscher Banken/Kommission, T‑36/06, Slg, EU:T:2010:61, Rn. 132 und die dort
angeführte Rechtsprechung).
251
Im vorliegenden Fall hatte sich die Kommission sowohl mit den Beschwerden vom 25.
Juni und vom 6. August 2007 als auch mit der Anmeldung der deutschen Behörden vom
6. September 2007 zu befassen. Die angefochtene Entscheidung wurde am 21. Oktober
2008 erlassen. Die Kommission hat darauf hingewiesen, dass sie das
Notifizierungsverfahren und das Beschwerdeverfahren aus Gründen der
Verfahrensökonomie parallel geführt habe.
252
Wie sich aus Art. 13 Abs. 2 der Verordnung Nr. 659/1999 ergibt, ist die Kommission bei
der Untersuchung streitiger staatlicher Maßnahmen, die nicht angemeldet wurden, nicht
verpflichtet, innerhalb einer bestimmten Frist eine Vorprüfung dieser Maßnahmen
durchzuführen. Bei angemeldeten Maßnahmen gelten für die von der Kommission
durchgeführte Vorprüfung hingegen die in Art. 4 Abs. 5 der Verordnung Nr. 659/1999
festgelegten Fristen. Diese Bestimmung sieht im Wesentlichen vor, dass
Entscheidungen im Rahmen des Vorprüfungsverfahrens innerhalb von zwei Monaten
erlassen werden, wobei diese Frist am Tag nach dem Eingang der vollständigen
Anmeldung beginnt.
253
Im vorliegenden Fall geht aus dem Schreiben der Kommission vom 3. September 2008
hervor, dass sie die Anmeldung der deutschen Behörden am 29. Juli 2008 für vollständig
erachtete, dem Tag, an dem die deutschen Behörden die letzten Informationen zu den
angemeldeten Maßnahmen und den Maßnahmen, die Gegenstand der Beschwerden
waren, übermittelten. Im Schreiben vom 3. September 2008 bat die Kommission gemäß
Art. 4 Abs. 5 der Verordnung Nr. 659/1999 um eine Verlängerung der Frist zum Erlass
der angefochtenen Entscheidung bis zum 31. Oktober 2008. Sie begründete dies mit
dem Umfang der von ihr auch wegen der vorliegenden Beschwerden zu bearbeitenden
Informationen. Die angefochtene Entscheidung wurde schließlich am 21. Oktober 2008
erlassen.
254
Zwar hat das Vorprüfungsverfahren ab dem Zeitpunkt der Anmeldung durch die
254
Zwar hat das Vorprüfungsverfahren ab dem Zeitpunkt der Anmeldung durch die
deutschen Behörden etwas mehr als 13 Monate gedauert und ab dem Zeitpunkt der am
25. Juni 2007 eingereichten Beschwerde fast 16 Monate. Außerdem wurde die in Art. 4
Abs. 5 der Verordnung Nr. 659/1999 vorgesehene Frist von zwei Monaten um fast einen
Monat überschritten. Gleichwohl beweist dies unter den Umständen des vorliegenden
Falles nicht, dass ernsthafte Schwierigkeiten bestanden hätten. Wie bereits ausgeführt,
hat die Kommission nämlich das aufgrund der Beschwerden eingeleitete Verfahren mit
dem aufgrund der Anmeldung eingeleiteten Verfahren verbunden, so dass sie im
Verwaltungsverfahren eine große Menge von Informationen der Parteien zu prüfen hatte.
Die Kommission hat vor dem Gericht ferner vorgebracht, dass durch die parallele
Führung der beiden Verfahren Zeitverluste u. a. durch Überschneidungen von
Mitteilungen zwischen der Klägerin, der Bundesrepublik Deutschland und der
Kommission und durch das Erfordernis der Wahrung von Geschäftsgeheimnissen
entstanden seien. Die Klägerin hat dies nicht bestritten. Das Gericht gelangt daher zu
dem Schluss, dass die Dauer des Vorprüfungsverfahrens und die Überschreitung der in
Art. 4 Abs. 5 der Verordnung Nr. 659/1999 vorgesehenen Frist um fast einen Monat unter
den Umständen des vorliegenden Falles nicht beweisen, dass ernsthafte
Schwierigkeiten bestanden hätten.
255
Diese Feststellung wird durch den Inhalt des Schriftwechsels zwischen der Kommission
und den deutschen Behörden nicht entkräftet.
256
Wie die Klägerin hervorhebt, verlangte die Kommission viermal, nämlich mit Schreiben
vom 5. November 2007, vom 1. Februar 2008, vom 25. April 2008 und vom 18. Juli 2008,
ergänzende Angaben von den deutschen Behörden. Mit diesen Schreiben ersuchte die
Kommission die deutschen Behörden im Wesentlichen um Erläuterungen und um die
Vorlage bestimmter Dokumente zu speziellen Fragen in Bezug auf die angemeldeten
Maßnahmen und die Maßnahmen, gegen die sich die Beschwerden richteten. Der Inhalt
der genannten Schreiben beweist nicht, dass die Kommission davon ausging, dass
irgendeine der angesprochenen Fragen in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht
komplex sei.
257
Die Klägerin macht schließlich unter Berufung auf das Urteil Deutsche Post und DHL
International/Kommission (oben in Rn. 50 angeführt, EU:T:2009:30) geltend, dass der
weite Untersuchungsbereich des Vorprüfungsverfahrens im vorliegenden Fall einen
weiteren Anhaltspunkt für das Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten darstelle.
258
Hierzu ist festzustellen, dass das Gericht im Urteil Deutsche Post und DHL
International/Kommission (oben in Rn. 50 angeführt, EU:T:2009:30, Rn. 101 bis 106) das
Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten aus einer Reihe von Gesichtspunkten abgeleitet
hat, die mit den Umständen des Ablaufs des Verwaltungsverfahrens zusammenhingen.
Zu ihnen zählte nicht nur der „sehr weit[e]“ Untersuchungsbereich der Kommission, auf
den das Gericht in Rn. 101 des genannten Urteils hingewiesen hat, sondern auch die
Komplexität des Vorgangs. Im vorliegenden Fall waren die von der Kommission
untersuchten streitigen Maßnahmen nach Auffassung des Gerichts aber nicht besonders
komplex.
259
Aus den vorstehenden Ausführungen ist zu schließen, dass die Dauer und die
Umstände des Vorprüfungsverfahrens nicht das Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten
Umstände des Vorprüfungsverfahrens nicht das Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten
beweisen.
260
Nach Prüfung aller Klagegründe, mit denen das Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten
dargetan werden soll, gelangt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Kommission mit
solchen Schwierigkeiten nur hinsichtlich der Zugrundelegung des Satzes von 0,5 % des
verbürgten Betrags bei der Bestimmung des Beihilfeelements der streitigen Bürgschaften
konfrontiert war. Dem dritten Klagegrund ist somit, soweit er diese Bürgschaften betrifft,
stattzugeben. Im Übrigen ist er zurückzuweisen, ebenso wie der erste und der siebte
Klagegrund.
3 . Zum zweiten, hilfsweise geltend gemachten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 88
Abs. 3 EG und die Verordnung Nr. 659/1999
261
Im Rahmen des zweiten Klagegrundes, der hilfsweise für den Fall der Zurückweisung
des ersten Klagegrundes geltend gemacht wird, rügt die Klägerin, dass die Kommission
dadurch gegen Art. 88 Abs. 3 EG und die Verordnung Nr. 659/1999 verstoßen habe,
dass sie das in Art. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 vorgesehene Verfahren für
angemeldete Beihilfen durchgeführt habe, obwohl die betreffenden Beihilfen bereits
gewährt worden seien. Nach Auffassung der Klägerin hätte im vorliegenden Fall das in
Kapitel III der Verordnung Nr. 659/1999 vorgesehene Verfahren bei rechtswidrigen
Beihilfen durchgeführt werden müssen.
262
Die Klägerin führt aus, da die streitigen Maßnahmen bereits durchgeführt worden seien,
hätten die deutschen Behörden keine Anmeldung gemäß Art. 88 Abs. 3 EG oder Art. 3
der Verordnung Nr. 659/1999 mehr vornehmen können. Eine solche nachträgliche
Anmeldung sei weder in den Rechtsvorschriften vorgesehen noch in der
Rechtsprechung anerkannt und stelle einen Missbrauch dar, da sie die in Art. 4 Abs. 5
der Verordnung vorgesehenen Fristen in Gang setze, die für die Kommission und die von
ihr vorzunehmende Prüfung strenger seien.
263
Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
264
Wie bereits ausgeführt, hat sich die Kommission im vorliegenden Fall aus Gründen der
Verfahrensökonomie dafür entschieden, die unter dem Aktenzeichen CP 195/2007 in
das Register eingetragenen Beschwerden im Rahmen des aufgrund der Anmeldung der
deutschen Behörden eingeleiteten Verfahrens N 512/2007 zu untersuchen. Die
Kommission hat also alle streitigen Maßnahmen im verfahrensrechtlichen Rahmen von
Art. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 geprüft und ging, wie sich aus ihrem Schreiben vom
3. September 2008 an die deutschen Behörden ergibt, davon aus, an die in Art. 4 Abs. 5
der Verordnung vorgesehene Frist von zwei Monaten gebunden zu sein. Die Klägerin
beanstandet im Wesentlichen, dass die Kommission die Prüfung der streitigen
Maßnahmen nicht im verfahrensrechtlichen Rahmen des Kapitels III der Verordnung
Nr. 659/1999 durchgeführt habe, nach deren Art. 13 Abs. 2 für diese Prüfung die
genannte Frist von zwei Monaten nicht gegolten hätte.
265
Als Beteiligter im Sinne von Art. 1 Buchst. h der Verordnung Nr. 659/1999 stehen der
Klägerin die Rechte zu, die ihr Art. 20 dieser Verordnung gewährt. Die Abs. 2 und 3
dieser Bestimmung lauten:
dieser Bestimmung lauten:
„(2) Jeder Beteiligte kann der Kommission Mitteilung über mutmaßlich rechtswidrige
Beihilfen und über eine mutmaßlich missbräuchliche Anwendung von Beihilfen machen.
Bestehen für die Kommission in Anbetracht der ihr vorliegenden Informationen keine
ausreichenden Gründe, zu dem Fall eine Auffassung zu vertreten, so unterrichtet sie den
betreffenden Beteiligten hiervon. Trifft die Kommission in einem Fall, zu dem ihr eine
solche Mitteilung zugegangen ist, eine Entscheidung, so übermittelt sie dem
betreffenden Beteiligten eine Kopie der Entscheidung.
(3) Jeder Beteiligte erhält auf Antrag eine Kopie jeder nach den Artikeln 4 und 7, nach
Artikel 10 Absatz 3 und Artikel 11 getroffenen Entscheidung.“
266
Wie der Unionsrichter wiederholt entschieden hat, können sich Beteiligte im
vorgenannten Sinne im Vorprüfungsverfahren nicht auf die Verteidigungsrechte berufen
(Urteile Kommission/Sytraval und Brink’s France, oben in Rn. 34 angeführt,
EU:C:1998:154,
Rn.
58
und
59,
vom
13.
Dezember
2005,
Kommission/Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum, C‑78/03 P, Slg, EU:C:2005:761,
Rn. 34, und Athinaïki Techniki/Kommission, oben in Rn. 33 angeführt, EU:C:2008:422,
Rn. 38).
267
Der Unionsrichter hat ferner entschieden, dass die Kommission die Beschwerde im
Interesse einer ordnungsgemäßen Anwendung der grundlegenden Vorschriften des
Vertrags auf dem Gebiet der staatlichen Beihilfen sorgfältig und unvoreingenommen zu
prüfen hat (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Sytraval und Brink’s France, oben in
Rn. 34 angeführt, EU:C:1998:154, Rn. 62).
268
Außerdem stellt die Dauer der von der Kommission vorgenommenen Prüfung, wie
bereits ausgeführt, ein Indiz für das Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten dar, aufgrund
deren sie das förmliche Prüfverfahren zu eröffnen hätte.
269
Aus der einschlägigen Regelung und der Rechtsprechung ergibt sich somit, dass die
Klägerin als Beschwerdeführerin und Beteiligte im Sinne der Verordnung Nr. 659/1999
die Dauer der Prüfung ihrer Beschwerde und das von der Kommission durchgeführte
Verfahren nur zum Beleg dafür anführen kann, dass die Kommission die Beschwerde
nicht sorgfältig und unparteiisch geprüft habe oder mit ernsthaften Schwierigkeiten
konfrontiert gewesen sei.
270
Hierzu ist aber zum einen festzustellen, dass die Klägerin nicht erläutert, inwiefern sich
die Dauer der Prüfung ihrer Beschwerde durch die Kommission und das von dieser
gewählte Verfahren auf die Sorgfältigkeit und Unparteilichkeit der Prüfung ausgewirkt
haben soll, und dazu keine Argumente vorbringt. Zum anderen stellte die Dauer der
Vorprüfungsphase im vorliegenden Fall, wie bereits ausgeführt, kein Indiz für das
Bestehen ernsthafter Schwierigkeiten dar.
271
Der vorliegende, hilfsweise geltend gemachte Klagegrund ist daher zurückzuweisen.
4
. Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen die Pflicht zur sorgfältigen und
unparteiischen Prüfung der Beschwerde der Klägerin
272
Die Klägerin macht erstens geltend, die Kommission habe ihre Pflicht zur sorgfältigen
und unparteiischen Prüfung der Beschwerde nicht beachtet und dadurch gegen den
Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung verstoßen. Insbesondere sei die
Kommission in der angefochtenen Entscheidung nicht hinreichend auf ihr Vorbringen zur
Rechtswidrigkeit der Zugrundelegung des Satzes von 0,5 % bei der Bestimmung des
Beihilfeelements der streitigen Bürgschaften eingegangen, und außerdem habe sie sich
mit keinem der in ihrem Schriftsatz vom 6. August 2008 enthaltenen Argumente
auseinandergesetzt.
273
Zweitens habe die Kommission dadurch gegen die Pflicht zur unparteiischen Prüfung
verstoßen, dass sie die in ihrer Beschwerde erhobenen Rügen im Rahmen des
Anmeldeverfahrens gemäß Art. 4 der Verordnung Nr. 659/1999 geprüft habe, ohne ihr
mitzuteilen, dass sie nicht das insbesondere in den Art. 10 bis 13 der Verordnung
geregelte Verfahren bei rechtswidrigen Beihilfen durchführe.
274
Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.
275
Zur ersten Rüge ist festzustellen, dass die Kommission nicht auf alle Argumente
einzugehen braucht, die die Betroffenen vor ihr geltend gemacht haben; es reicht aus,
wenn sie die Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen in der Systematik
der Entscheidung wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. Urteil Ryanair/Kommission,
oben in Rn. 246 angeführt, EU:T:2012:164, Rn. 179 und die dort angeführte
Rechtsprechung). Folglich ist die erste Rüge, soweit mit ihr allein deshalb die
Feststellung begehrt wird, dass die Beschwerde nicht sorgfältig und unparteiisch
untersucht worden sei, weil die angefochtene Entscheidung keine Ausführungen zu
bestimmten Argumenten der Klägerin enthält, als ins Leere gehend zurückzuweisen.
276
Jedenfalls ist darauf hinzuweisen, dass das Gericht im Rahmen des dritten
Klagegrundes der Frage nachgegangen ist, ob die Beurteilung der Informationen und
Elemente, über die die Kommission in der Vorprüfungsphase verfügte – also auch der
Schriftsätze der Klägerin –, Zweifel hinsichtlich der Einstufung der streitigen Maßnahmen
als staatliche Beihilfen im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG hätte wecken müssen. In diesem
Zusammenhang und angesichts der oben in Rn. 50 enthaltenen Erwägung hat das
Gericht geprüft, ob die von der Kommission vorgenommene Prüfung ausreichend und
vollständig war, und ist zu dem Schluss gelangt, dass dies lediglich bei den streitigen
staatlichen Bürgschaften nicht der Fall war.
277
Die zweite Rüge wird im Rahmen des sechsten Klagegrundes, mit dem ein Verstoß
gegen das Recht der Klägerin auf angemessene Beteiligung am Verfahren gerügt wird,
wiederholt. Sie wird daher im Rahmen dieses Klagegrundes geprüft.
278
Somit ist der vierte Klagegrund, beschränkt auf die erste Rüge, als unbegründet
zurückzuweisen.
5 . Zum sechsten Klagegrund: Verletzung des Rechts der Klägerin auf angemessene
Beteiligung am Verfahren
279
Die Klägerin macht geltend, die angefochtene Entscheidung verletze ihr Recht auf
angemessene Beteiligung am Verfahren.
angemessene Beteiligung am Verfahren.
280
Hierzu trägt sie vor, die Kommission habe ihr keine Informationen dazu gegeben,
welches Verfahren sie durchführen werde. Bis zum Schluss sei sie daher im Unklaren
darüber geblieben, ob die Kommission ihre Beschwerde anhand der Art. 10 bis 13 der
Verordnung Nr. 659/1999 prüfen werde oder ob sie die Anmeldung der deutschen
Behörden anhand von Art. 4 dieser Verordnung prüfen werde.
281
Außerdem habe die Kommission ihr die Äußerungen der Bundesrepublik Deutschland
zum Vorprüfungsverfahren mit ihrem Schreiben vom 9. Juli 2008 nur auszugsweise zur
Verfügung gestellt. Diese kurzen Auszüge beschränkten sich auf einzelne Aspekte der
von diesem Mitgliedstaat vorgebrachten Tatsachen. Ihr sei es zu keinem Zeitpunkt des
Verfahrens vor der Kommission möglich gewesen, zu den von der Bundesrepublik
Deutschland vorgebrachten Argumenten in Bezug auf die Bürgschaften und den
Investitionszuschuss Stellung zu nehmen.
282
Die Kommission tritt diesem Vorbringen entgegen.
283
Zunächst ist festzustellen, dass der Unionsrichter im Urteil Athinaïki
Techniki/Kommission (oben in Rn. 33 angeführt, EU:C:2008:422, Rn. 38) bekräftigt hat,
dass sich die Beteiligten im Sinne der Verordnung Nr. 659/1999 im
Vorprüfungsverfahren zwar nicht auf die Verteidigungsrechte berufen können, aber das
Recht haben, am Verfahren so weit beteiligt zu werden, wie es unter Berücksichtigung
der Umstände des Einzelfalls angemessen ist.
284
Zu einer solchen Beteiligung am Verfahren gehört es, dass die Kommission, wenn sie
die Beteiligten gemäß Art. 20 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung Nr. 659/1999 darüber
unterrichtet, dass keine ausreichenden Gründe bestehen, zu dem Fall eine Auffassung
zu vertreten, auch verpflichtet ist, ihnen die Möglichkeit zu geben, ihr binnen einer
angemessenen Frist zusätzliche Ausführungen vorzulegen (Urteil Athinaïki
Techniki/Kommission, oben in Rn. 33 angeführt, EU:C:2008:422, Rn. 39).
285
Im vorliegenden Fall beziehen sich die Rügen der Klägerin nicht auf die Anwendung
von Art. 20 Abs. 2 Satz 2 der Verordnung Nr. 659/1999.
286
Zu den beiden speziellen Rügen der Klägerin ist festzustellen, dass die Kommission
nicht verpflichtet ist, die Beschwerdeführer oder die anderen Beteiligten im Sinne von
Art. 88 Abs. 2 EG und der Verordnung Nr. 659/1999 anzuhören oder mit ihnen in einen
Meinungsaustausch zu treten. Die Kommission hat die Beschwerde aber sorgfältig und
unvoreingenommen zu prüfen, was eine Prüfung von rechtlichen und tatsächlichen
Gesichtspunkten erforderlich machen kann, die der Beschwerdeführer nicht ausdrücklich
erwähnt hat (Urteil Kommission/Sytraval und Brink’s France, oben in Rn. 34 angeführt,
EU:C:1998:154, Rn. 62).
287
Im vorliegenden Fall bestand die Verpflichtung der Kommission zur angemessenen
Beteiligung der Klägerin am Vorprüfungsverfahren folglich darin, von ihr Informationen zu
verlangen, die sie für erforderlich hielt, um das Vorprüfungsverfahren durch den Erlass
einer Entscheidung im Sinne von Art. 4 Abs. 2, 3 oder 4 der Verordnung Nr. 659/1999
abschließen zu können, also einer Entscheidung, das Nichtvorliegen einer Beihilfe
abschließen zu können, also einer Entscheidung, das Nichtvorliegen einer Beihilfe
festzustellen, einer Entscheidung, keine Einwände zu erheben, oder einer Entscheidung
über die Eröffnung des förmlichen Prüfverfahrens. Hingegen war die Kommission weder
verpflichtet, der Klägerin mitzuteilen, welches Verfahren sie anwenden werde, um ihre
Beschwerde zu prüfen, noch, ihr Gelegenheit zu geben, zu den Äußerungen der
deutschen Behörden Stellung zu nehmen, sofern dies ihrer Auffassung nach für eine
sorgfältige und unparteiische Prüfung nicht erforderlich war. Die Klägerin hat im Rahmen
des vorliegenden Klagegrundes aber nicht dargetan, dass ein solches Erfordernis
bestand.
288
Jedenfalls hat die Kommission, wie aus dem dritten Erwägungsgrund der
angefochtenen Entscheidung hervorgeht, den Beschwerdeführerinnen mit zwei
Schreiben vom 9. Juli 2008 (D/5274 und D/5273) eine nicht vertrauliche Fassung der
Stellungnahme der deutschen Behörden übermittelt. Dem Schreiben vom 9. Juli 2008
(D/5274), das die Klägerin dem Gericht vorgelegt hat, ist überdies zu entnehmen, dass
die Kommission sie bat, Anmerkungen zu den Problemkreisen des Verkaufs des
staatlichen Grundstücks, der Vereinbarungen über die Lieferung von Holz an die
Beihilfeempfängerin und der Infrastrukturmaßnahmen zu machen. Aus den Akten des
Verfahrens vor dem Gericht ist nicht ersichtlich, dass die Kommission es für erforderlich
erachtet hätte, die Klägerin um Stellungnahme zu den Problemkreisen des
Investitionszuschusses und der staatlichen Bürgschaften zu bitten. Das Gericht ist bereits
im Rahmen des dritten Klagegrundes der Frage nachgegangen, ob die Kommission
hinsichtlich dieser beiden Problemkreise mit ernsthaften Schwierigkeiten konfrontiert
war, und hat in diesem Zusammenhang geprüft, ob die Untersuchung der Kommission
insoweit vollständig und sorgfältig war.
289
Somit ist der vorliegende Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.
6. Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht
290
Die Klägerin macht geltend, für wesentliche Erwägungen, auf denen die angefochtene
Entscheidung beruhe, fehle die Begründung völlig oder sei unzureichend, was zur
Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung wegen der Verletzung wesentlicher
Formvorschriften führen müsse.
291
Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
292
Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Art. 253 EG vorgeschriebene
Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die
Überlegungen des Organs, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum
Ausdruck bringen, dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme
entnehmen können und das zuständige Gericht seine Kontrollaufgabe wahrnehmen
kann (vgl. Urteil Ryanair/Kommission, oben in Rn. 246 angeführt, EU:T:2012:164,
Rn. 177 und die dort angeführte Rechtsprechung).
293
Das Begründungserfordernis ist anhand der Umstände des Einzelfalls, insbesondere
des Inhalts des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und des Interesses zu
beurteilen, das die Adressaten oder andere durch den Rechtsakt unmittelbar und
individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung
brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu
brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu
werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des
Art. 253 EG genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts, sondern auch anhand seines
Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet zu beurteilen
ist (vgl. Urteil Ryanair/Kommission, oben in Rn. 246 angeführt, EU:T:2012:164, Rn. 178
und die dort angeführte Rechtsprechung).
294
Insbesondere braucht die Kommission nicht auf alle Argumente einzugehen, die die
Betroffenen vor ihr geltend gemacht haben, sondern es reicht aus, wenn sie die
Tatsachen und rechtlichen Erwägungen anführt, denen in der Systematik der
Entscheidung wesentliche Bedeutung zukommt (vgl. Urteil Ryanair/Kommission, oben in
Rn. 246 angeführt, EU:T:2012:164, Rn. 179 und die dort angeführte Rechtsprechung).
295
Im speziellen Fall einer Entscheidung, mit der verneint wird, dass es sich bei einer von
einem Beschwerdeführer gerügten Maßnahme um eine staatliche Beihilfe handelt, hat
die Kommission dem Beschwerdeführer in hinreichender Weise die Gründe darzulegen,
aus denen die in der Beschwerde angeführten tatsächlichen und rechtlichen
Gesichtspunkte zum Nachweis des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe nicht
ausreichten. Die Kommission braucht jedoch nicht zu Gesichtspunkten Stellung zu
nehmen, die offensichtlich neben der Sache liegen oder keine oder eindeutig
untergeordnete Bedeutung haben (vgl. Urteil Ryanair/Kommission, oben in Rn. 246
angeführt, EU:T:2012:164, Rn. 180 und die dort angeführte Rechtsprechung).
296
Eine Entscheidung wie die im vorliegenden Fall angefochtene Entscheidung, die am
Ende der Vorprüfungsphase der Beihilfen und folglich innerhalb kurzer Frist ergeht, muss
nur die Gründe enthalten, aus denen die Kommission keine ernsthaften Schwierigkeiten
bei der Beurteilung der Vereinbarkeit der betreffenden Beihilfe mit dem Gemeinsamen
Markt sieht (vgl. Urteil Ryanair/Kommission, oben in Rn. 246 angeführt, EU:T:2012:164,
Rn. 181 und 182 und die dort angeführte Rechtsprechung).
297
Im vorliegenden Fall sind die Rügen der Klägerin nach Maßgabe dieser Grundsätze zu
prüfen.
298
Die Klägerin macht erstens geltend, die angefochtene Entscheidung enthalte keine
Ausführungen zur Problematik des für die beihilferechtliche Beurteilung durch die
Kommission maßgeblichen Zeitpunkts. Die angefochtene Entscheidung ermögliche es
ihr mithin nicht, nachzuvollziehen, warum die Kommission den Zeitpunkt der Bewilligung
der Beihilfen als relevant für ihre Beurteilung angesehen habe.
299
Hierzu ist zunächst festzustellen, dass sich aus der angefochtenen Entscheidung ergibt,
dass die Kommission bei ihrer Beurteilung der beiden angemeldeten
Beihilfemaßnahmen auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Gewährung der betreffenden
Beihilfen abgestellt hat. Ferner geht aus der angefochtenen Entscheidung hervor, dass
die Kommission geprüft hat, ob der Investitionszuschuss unter eine genehmigte
Beihilferegelung fiel und somit eine bestehende Beihilfe darstellte und ob die staatlichen
Bürgschaften De-minimis-Beihilfen darstellten. Angesichts der Art der angemeldeten
Beihilfen und der auf diese Weise durchgeführten Kontrolle der Kommission, deren Inhalt
in der angefochtenen Entscheidung klar beschrieben war, war für die Klägerin
erkennbar, dass die Kommission u. a. wegen der a priori nicht gegebenen
erkennbar, dass die Kommission u. a. wegen der a priori nicht gegebenen
Anmeldepflicht der Beihilfen auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der Gewährung der
Beihilfen abstellte. Die erste Rüge der Klägerin ist daher nicht begründet.
300
Zweitens wirft die Klägerin der Kommission vor, keine hinreichende Begründung für
ihre Schlussfolgerung gegeben zu haben, dass die streitigen staatlichen Bürgschaften
kein Beihilfeelement enthielten.
301
Diese Rüge ist nicht begründet, da die Kommission, wie oben in den Rn. 144 und 145
ausgeführt, ihre Überlegungen in den Erwägungsgründen 14 und 47 der angefochtenen
Entscheidung rechtlich hinreichend dargelegt hat. In Anbetracht der Ausführlichkeit der
eingereichten Schriftsätze hinsichtlich der Begründetheit stellt das Gericht fest, dass die
in der angefochtenen Entscheidung enthaltene Begründung es der Klägerin ermöglicht
hat, ihre Rechte effektiv auszuüben. Überdies hat diese Begründung es dem Gericht
offenkundig ermöglicht, seine Rechtmäßigkeitskontrolle auszuüben, da es dem dritten
Nichtigkeitsgrund in Bezug auf die streitigen staatlichen Bürgschaften stattgegeben hat.
302
Drittens wirft die Klägerin der Kommission vor, nicht erläutert zu haben, weshalb sie bei
der
Beurteilung
des
Investitionszuschusses
auf
den
ursprünglichen
Bewilligungsbescheid und nicht auf den späteren Änderungsbescheid abgestellt habe.
In Anbetracht der Erläuterungen, die in Fn. 7 der angefochtenen Entscheidung (siehe
oben, Rn. 81) enthalten sind, ist auch diese Rüge nicht begründet.
303
Viertens wirft die Klägerin der Kommission vor, nicht erläutert zu haben, weshalb sie
das Wertgutachten trotz der von ihr gegen dieses Gutachten erhobenen Einwände als
taugliche Grundlage zur Bestimmung des Marktpreises des verkauften staatlichen
Grundstücks angesehen habe. Auch diese Rüge ist zurückzuweisen. Im 50.
Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hat die Kommission nämlich
ausgeführt, dass die deutschen Behörden belegt hätten, dass der Kaufpreis auf der
Grundlage eines vor dem Verkauf erstellten unabhängigen Sachverständigengutachtens
festgesetzt worden sei. Diese Erwägungen stellten in Verbindung mit der in den
Erwägungsgründen 49 und 50 der angefochtenen Entscheidung enthaltenen
Bezugnahme auf die Mitteilung über Verkäufe von Bauten oder Grundstücken durch die
öffentliche Hand die für das Verständnis der Argumentation der Kommission zu dem
Wertgutachten erforderlichen rechtlichen und tatsächlichen Erwägungen dar und
erfüllten somit die Anforderungen an die Begründung.
304
Fünftens schließlich wirft die Klägerin der Kommission vor, nicht erläutert zu haben,
weshalb sie angenommen habe, dass die Verlagerung bereits geförderter Maschinen zu
den Einrichtungen der Beihilfeempfängerin in Deutschland keine beihilferechtlichen
Probleme aufwerfe. In Anbetracht des Inhalts des 41. Erwägungsgrundes der
angefochtenen Entscheidung (siehe oben, Rn. 245) ist diese Rüge zurückzuweisen.
305
Somit ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.
306
Nach Prüfung aller Klagegründe ist dem dritten Nichtigkeitsgrund stattzugeben, soweit
er die streitigen staatlichen Bürgschaften betrifft. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.
Kosten
Kosten
307
Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur
Tragung der Kosten zu verurteilen. Nach Art. 87 § 3 Abs. 1 der Verfahrensordnung kann
das Gericht die Kosten teilen, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt.
308
Im vorliegenden Fall unterliegen die Kommission und der Streithelfer teilweise, da die
angefochtene Entscheidung teilweise für nichtig zu erklären ist. Die Klägerin hat
allerdings nicht beantragt, dem Streithelfer die Kosten aufzuerlegen, sondern nur der
Kommission.
309
Daher sind der Klägerin vier Fünftel ihrer eigenen Kosten aufzuerlegen sowie, nach
Maßgabe der dahin gehenden Anträge, vier Fünftel der Kosten der Kommission und vier
Fünftel der Kosten des Streithelfers. Die Kommission trägt ein Fünftel ihrer eigenen
Kosten und, nach Maßgabe des Antrags der Klägerin, ein Fünftel von deren Kosten. Der
Streithelfer trägt ein Fünftel seiner eigenen Kosten.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Erste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1 . Die Entscheidung K(2008)6017 endgültig der Kommission vom 21. Oktober
2008, Staatliche Beihilfe N 512/2007 – Deutschland, Abalon Hardwood Hessen
GmbH, wird für nichtig erklärt, soweit darin festgestellt wird, dass die vom
Land Hessen gewährten staatlichen Bürgschaften keine staatlichen Beihilfen
im Sinne von Art. 87 Abs. 1 EG darstellen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3 . Die Pollmeier Massivholz GmbH & Co. KG trägt vier Fünftel ihrer eigenen
Kosten, vier Fünftel der Kosten der Europäischen Kommission und vier
Fünftel der Kosten des Landes Hessen.
4 . Die Kommission trägt ein Fünftel ihrer eigenen Kosten und ein Fünftel der
Kosten der Pollmeier Massivholz GmbH & Co. KG.
5. Das Land Hessen trägt ein Fünftel seiner eigenen Kosten.
Kanninen
Pelikánová
Buttigieg
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 17. März 2015.
Unterschriften
Inhaltsverzeichnis
Vorgeschichte des Rechtsstreits
A – Verwaltungsverfahren
B – Entscheidung, mit der das Verfahren N 512/2007 abgeschlossen wurde
C – Schreiben zum Verfahren CP 195/2007
Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten
Rechtliche Würdigung
A – Zur Zulässigkeit der Klage, soweit sich diese gegen die Entscheidung richtet, die im
Schreiben der Kommission vom 15. Dezember 2008 enthalten sein soll
B – Zur Begründetheit
1. Vorbemerkungen
2. Zu den Klagegründen, mit denen ein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Eröffnung des
förmlichen Prüfverfahrens dargetan werden soll
a) Zu den im Rahmen des ersten und des dritten Klagegrundes vorgebrachten Rügen in
Bezug auf die Bestimmung des für die Beurteilung der angemeldeten Beihilfen maßgeblichen
Zeitpunkts
Zum ersten Teil: Fehler bei der Bestimmung des anwendbaren Rechts
– Zum Investitionszuschuss
– Zu den staatlichen Bürgschaften
Zum zweiten Teil: Zeitpunkt der Gewährung der angemeldeten Beihilfen
– Zum Zeitpunkt der Gewährung des Investitionszuschusses
– Zum Zeitpunkt der Gewährung der staatlichen Bürgschaften
b) Zu den im Rahmen des siebten Klagegrundes erhobenen Rügen in Bezug auf die
unterbliebene Einstufung der Beihilfeempfängerin als Unternehmen in Schwierigkeiten
c) Zu den im Rahmen des dritten und des siebten Klagegrundes erhobenen Rügen in Bezug
auf die Einstufung der staatlichen Bürgschaften als De-minimis-Beihilfen
d) Zu den im Rahmen des dritten Klagegrundes erhobenen Rügen in Bezug auf den Verkauf
eines staatlichen Grundstücks an die Beihilfeempfängerin
e) Zu den im Rahmen des dritten Klagegrundes in Bezug auf die Vereinbarungen über die
e) Zu den im Rahmen des dritten Klagegrundes in Bezug auf die Vereinbarungen über die
Lieferung von Holz an die Beihilfeempfängerin erhobenen Rügen
f) Zu den im Rahmen des dritten Klagegrundes erhobenen Rügen in Bezug auf die etwaige
Nutzung von Maschinen durch die Beihilfeempfängerin, die von ihrer Schwestergesellschaft
Abalon Österreich genutzt und für die bereits staatliche Beihilfen geleistet worden waren
g) Zu dem die Dauer und die Umstände des Vorprüfungsverfahrens betreffenden Vorbringen
der Klägerin im Rahmen des dritten Klagegrundes
3. Zum zweiten, hilfsweise geltend gemachten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 88 Abs. 3 EG
und die Verordnung Nr. 659/1999
4. Zum vierten Klagegrund: Verstoß gegen die Pflicht zur sorgfältigen und unparteiischen
Prüfung der Beschwerde der Klägerin
5. Zum sechsten Klagegrund: Verletzung des Rechts der Klägerin auf angemessene
Beteiligung am Verfahren
6. Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen die Begründungspflicht
Kosten
Verfahrenssprache: Deutsch.
Das vorliegende Urteil wird in Auszügen veröffentlicht.