Urteil des EuG vom 13.05.2015

Markt, Osteuropa, Beherrschende Stellung, Rüge

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)
13. Mai 2015
)
„Wettbewerb – Zusammenschlüsse – Luftverkehr – Entscheidung, mit der der
Zusammenschluss für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wird – Beurteilung
der Auswirkungen des Vorgangs auf den Wettbewerb – Verpflichtungszusagen“
In der Rechtssache T‑162/10
Niki Luftfahrt GmbH
Rechtsanwälte H. Asenbauer und A. Habeler,
Klägerin,
gegen
Europäische
Kommission,
N. von Lingen, dann durch S. Noë, R. Sauer und H. Leupold als Bevollmächtigte,
Beklagte,
unterstützt durch
Republik Österreich,
dann durch C. Pesendorfer und M. Klamert als Bevollmächtigte,
durch
Deutsche Lufthansa AG
zunächst Rechtsanwälte S. Völcker und A. Israel, dann Rechtsanwälte S. Völcker und
J. Orologas,
und durch
Österreichische Industrieholding AG
Rechtsanwälte H. Kristoferitsch, P. Lewisch und B. Kofler-Senoner,
Streithelferinnen,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung K(2009) 6690 endg. der Kommission vom 28.
August 2009 zur Feststellung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem
Gemeinsamen
Markt
und
dem
EWR-Abkommen
(Sache
COMP/M.5440 – Lufthansa/Austrian Airlines)
erlässt
DAS GERICHT (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias, der Richterin M. Kancheva
(Berichterstatterin) und des Richters C. Wetter,
Kanzler: K. Andová, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni
2014
folgendes
Urteil
Sachverhalt
1. Betroffene Unternehmen
1
Die Deutsche Lufthansa AG (im Folgenden: Lufthansa) ist die größte deutsche
Fluggesellschaft. Sie bietet Linienflüge im Passagier- und im Frachtverkehr an und
erbringt entsprechende Dienstleistungen. 2008 verfügte Lufthansa über 272 Flugzeuge,
mit denen sie 45 000 000 Passagiere zu mehr als 200 Flugzielen in 85 Ländern
beförderte. Lufthansa nutzt den internationalen Flughafen Frankfurt am Main
(Deutschland) und den Flughafen München (Deutschland) als Drehkreuze und hat auch
eine Flughafenbasis in Düsseldorf (Deutschland). Lufthansa kontrolliert des Weiteren die
Swiss International Air Lines Ltd (im Folgenden: Swiss) mit einer Basis auf dem
Flughafen Zürich (Schweiz) sowie Air Dolomiti, Eurowings und die Eurowings-Tochter
und Billigfluggesellschaft Germanwings. Außerdem hat sie kürzlich British Midland (im
Folgenden: BMI) und Brussels Airlines (im Folgenden: SN Brussels) übernommen.
Darüber hinaus hält Lufthansa 19 % der Anteile von Jet Blue, einer in den Vereinigten
Staaten tätigen Billigfluggesellschaft. Lufthansa und Swiss sind Mitglieder der Star
Alliance.
2
Austrian Airlines (im Folgenden: Austrian) ist die größte österreichische
Fluggesellschaft und nutzt als Drehkreuz hauptsächlich den internationalen Flughafen
Wien (Österreich). Sie bietet Linienflüge im Passagier- und im Frachtverkehr an und
erbringt entsprechende Dienstleistungen. Austrian bedient 121 Flugziele in 63 Ländern,
u. a. mittels Code-Sharing-Vereinbarungen mit anderen Fluggesellschaften. Zu ihren
Tochtergesellschaften zählen insbesondere Lauda Air und Tyrolean Airways. Außerdem
ist sie zu 22,5 % an Ukraine International Airlines beteiligt. Austrian ist Mitglied der Star
Alliance.
3
Die Niki Luftfahrt GmbH ist eine Gesellschaft österreichischen Rechts mit Sitz in Wien,
die ein unter dem Namen „FlyNiki“ oder „Niki“ bekanntes Luftfahrtunternehmen betreibt.
Sie operiert von Wien, Linz (Österreich), Salzburg (Österreich), Graz (Österreich) und
Innsbruck (Österreich) aus und fliegt von dort insbesondere Ziele in ganz Europa und in
Nordafrika an. Zum Zeitpunkt der Klageerhebung wurden ihre Anteile zu 76 % von der
Privatstiftung Lauda und zu 24 % von der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft, Air
Berlin, gehalten.
2. Verwaltungsverfahren
4
2008 verzeichnete Austrian Verluste in Höhe von 430 000 000 Euro, und zum Halbjahr
2009 belief sich das Nettoergebnis für den Zeitraum Januar bis Juni 2009 auf einen
Verlust von 166 600 000 Euro. Im Juli 2008 gelangte der Aufsichtsrat von Austrian zu der
Überzeugung, dass es schwierig wäre, sie weiter als eigenständiges Unternehmen zu
führen. Er beantragte daher bei der Republik Österreich als Mehrheitsaktionärin von
Austrian, diese zu privatisieren. Daraufhin erteilte die österreichische Regierung einen
Privatisierungsauftrag, mit dem die staatliche Holdinggesellschaft Österreichische
Industrieholding Aktiengesellschaft (im Folgenden: ÖIAG) zur Veräußerung ihrer
gesamten Beteiligung an Austrian ermächtigt wurde.
5
Am 5. Dezember 2008 erklärte sich Lufthansa im Rahmen der Privatisierung von
Austrian damit einverstanden, von der ÖIAG indirekt eine Beteiligung von 41,56 % an
Austrian zu erwerben.
6
Außerdem gab Lufthansa am 27. Februar 2009 ein öffentliches Übernahmeangebot für
alle verbleibenden Aktien von Austrian aus dem Streubesitz ab, bei dem die
Mindestannahmequote erreicht wurde. Mit der von der ÖIAG erworbenen Beteiligung war
Lufthansa so in der Lage, 85 % der Anteile an Austrian zu erwerben.
7
Der sich aus der Beteiligung von Lufthansa an Austrian ergebende Zusammenschluss
wurde bei der Kommission der Europäischen Gemeinschaften am 8. Mai 2009
angemeldet.
8
Parallel zur Bewertung der Vereinbarkeit dieses Zusammenschlusses mit dem
Gemeinsamen Markt untersuchte die Kommission die Bedingungen der beabsichtigten
Übernahme der Beteiligung der Republik Österreich an Austrian durch Lufthansa,
einschließlich der Zahlung von 500 000 000 Euro durch die Republik Österreich zwecks
einer Kapitalerhöhung von Austrian, im Licht der Art. 87 EG und 88 EG.
9
Mit Entscheidung vom 1. Juli 2009 äußerte die Kommission ernsthafte Bedenken
hinsichtlich der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt
und dem EWR-Abkommen. Sie traf deshalb die Entscheidung, das Verfahren der
eingehenden Prüfung gemäß Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 139/2004
des
Rates
vom
20.
Januar
2004
über
die
Kontrolle
von
Unternehmenszusammenschlüssen
(ABl.
L
24,
S.
1,
im
Folgenden:
Fusionskontrollverordnung) einzuleiten.
10
Am 10. Juli 2009 bot Lufthansa Verpflichtungszusagen gemäß Art. 8 Abs. 2 der
Fusionskontrollverordnung an. Am 17. und 27. Juli 2009 übermittelte sie überarbeitete
Fassungen dieser Zusagen. Nach Erhalt der überarbeiteten Fassung führte die
Kommission einen Markttest durch, um bei Wettbewerbern, Kunden und anderen
Marktteilnehmern Einschätzungen dazu einzuholen. Die Ergebnisse dieses Markttests
wurden Lufthansa mitgeteilt, die daraufhin am 31. Juli 2009 eine endgültige Fassung
ihrer Verpflichtungszusagen (im Folgenden: Verpflichtungszusagen) vorlegte.
ihrer Verpflichtungszusagen (im Folgenden: Verpflichtungszusagen) vorlegte.
11
Da die Kommission die von Lufthansa vorgelegten Verpflichtungszusagen für
ausreichend hielt, um die ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des
Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt auszuräumen, teilte sie Lufthansa
keine Beschwerdepunkte mit und erließ die Entscheidung K(2009) 6690 endg. vom 28.
August 2009 (Sache COMP/M.5440 – Lufthansa/Austrian Airlines) (im Folgenden:
angefochtene Entscheidung). Mit dieser Entscheidung, von der eine Zusammenfassung
im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. 2010, C 16, S. 11) veröffentlicht wurde, stellte
die Kommission fest, dass der Zusammenschluss, durch den Lufthansa die Kontrolle
über Austrian im Sinne von Art. 3 Abs. 1 Buchst. b der Fusionskontrollverordnung
erwerbe, mit dem Gemeinsamen Markt und dem EWR-Abkommen vereinbar sei.
12
Parallel zum Fusionskontrollverfahren erließ die Kommission zwei
Beihilfeentscheidungen. Als Erstes billigte sie mit der Entscheidung vom 19. Januar
2009 über die staatliche Beihilfe NN 72/08, Austrian Airlines – Rettungsbeihilfe, eine
Rettungsbeihilfe in Form einer 100%igen Garantie der Republik Österreich für einen
Kredit in Höhe von 200 000 000 Euro zugunsten von Austrian, mit dem vorrangig deren
Schulden getilgt werden sollten. Als Zweites erließ sie am 28. August 2009 die
Entscheidung 2010/137/EG (ex N 663/08) – Österreich Austrian Airlines –
Umstrukturierungsplan (ABl. 2010, L 59, S. 1) (im Folgenden: Entscheidung über den
Umstrukturierungsplan), mit der die Austrian im Rahmen ihrer Übernahme durch die
Lufthansa-Gruppe von der Republik Österreich gewährte Umstrukturierungsbeihilfe in
Höhe von 500 000 000 Euro vorbehaltlich der Einhaltung bestimmter Bedingungen für
mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wurde. Diese Entscheidung ist
Gegenstand einer Nichtigkeitsklage, die beim Gericht unter der Rechtssachennr.
T‑511/09 im Register der Kanzlei eingetragen ist.
3. Inhalt der angefochtenen Entscheidung
Relevante Märkte
13
Hinsichtlich der Definition der relevanten Märkte identifizierte die Kommission mehrere
von Lufthansa und von Austrian erbrachte Dienstleistungen. Dabei handelt es sich um
Flüge im Passagierverkehr, Flüge im Frachtverkehr, den Verkauf von Sitzkontingenten
an Reiseveranstalter, Wartungs-, Reparatur- und Überholungsarbeiten, die
Bordverpflegung und die Bodenabfertigung. Im Rahmen des vorliegenden Rechtsstreits
sind jedoch allein der Passagierluftverkehr und der Verkauf von Sitzkontingenten an
Reiseveranstalter erheblich.
14
Was als Erstes den Passagierluftverkehr betrifft, prüfte die Kommission entsprechend
ihrer Praxis im Wesentlichen die Frage der Substituierbarkeit auf der Nachfrageseite. Bei
der Definition der relevanten Märkte wählte sie den „Ausgangsort–Zielort“-Ansatz (im
Folgenden nach den englischen Begriffen „point of origin“ und „point of destination“
„O&D-Ansatz“ genannt), wonach jede Verbindung zwischen einem Ausgangsort und
einem Zielort als getrennter Markt betrachtet wird. Für die Feststellung, ob eine
bestimmte Verbindung zwischen einem Ausgangs- und einem Zielort einen zu
berücksichtigenden Markt bildete, untersuchte die Kommission die verschiedenen
Möglichkeiten der Verbraucher, zwischen diesen beiden Orten zu reisen.
Möglichkeiten der Verbraucher, zwischen diesen beiden Orten zu reisen.
15
Was genauer die Fluggesellschaften mit umfassendem Streckennetz anbelangt,
berücksichtigte die Kommission jedoch bestimmte angebotsbezogene Merkmale wie den
Wettbewerb zwischen den Fluggesellschaften unter Zugrundelegung der Netzstruktur
traditioneller Fluggesellschaften mit zentralen Drehkreuzen. So stellte sie klar, dass zwar
aus Sicht der Angebotsseite eine Fluggesellschaft mit umfassendem Streckennetz
theoretisch von einem beliebigen Ausgangsort an einen beliebigen Zielort fliegen
könnte, in der Praxis die Fluggesellschaften mit umfassendem Streckennetz jedoch ihr
Netz entwickelten und entschieden, nahezu ausschließlich Strecken zu bedienen, die an
ihre Drehkreuze angebunden seien. Nach Ansicht der Kommission gelten ähnliche
Erwägungen für Fluggesellschaften, die sich auf Direktverbindungen konzentrierten. Sie
wies auch darauf hin, dass sie aus Sicht der Nachfrageseite in der Vergangenheit davon
ausgegangen sei, dass für Geschäftskunden, deren Nachfrage sowohl durch Netzeffekte
als auch durch Überlegungen im Zusammenhang mit dem Ausgangs- und dem Zielort
beeinflusst werde, Netze zwar von gewisser Bedeutung seien, Privatkunden aber
hauptsächlich die billigste und bequemste Verbindung zwischen zwei Städten suchten.
16
In der angefochtenen Entscheidung stellt die Kommission klar, dass die
Marktuntersuchung den O&D-Ansatz generell bestätigt habe. In manchen Antworten,
insbesondere denen der traditionellen Fluggesellschaften mit umfassendem
Streckennetz, sei jedoch darauf hingewiesen worden, dass beim O&D-Ansatz die
Drehkreuzfunktion von Großflughäfen und die daraus resultierenden Netzeffekte nicht
berücksichtigt würden. So hätten mehrere Fluggesellschaften erklärt, dass sowohl beim
Ausgangsort als auch beim Zielort alle Flughäfen einbezogen werden müssten, die aus
Sicht der Passagiere substituierbar seien.
17
In diesem Rahmen prüfte die Kommission die Substituierbarkeit von Flügen aus Sicht
der Fluggäste anhand folgender Faktoren: Vorhandensein von mindestens zwei
Flughäfen am Ausgangs- oder am Zielort, Zeitsensibilität der Reisenden und Eigenschaft
der Flüge als direkte oder indirekte Verbindung. Zunächst war sie hinsichtlich des
Vorhandenseins von mindestens zwei Flughäfen am Ausgangs- oder am Zielort der
Ansicht, dass das in ihrer Entscheidung K(2007) 3104 vom 27. Juni 2007, Ryanair/Aer
Lingus (Sache COMP/M.4439 – Ryanair/Aer Lingus) (ABl. 2008, C 47, S. 9), verwendete
Kriterium für die Substituierbarkeit zweier Flughäfen, bei dem das Vorhandensein von
Flughäfen in ein und demselben Einzugsgebiet – was einer Entfernung von 100 km oder
einer Stunde Fahrzeit zwischen dem Stadtzentrum und diesen Flughäfen entspreche –
berücksichtigt werde, nur eine vorläufige Annahme sei, die nicht zwangsläufig auch für
andere Fälle maßgeblich sei wie für die Verbindungen von zwei Fluggesellschaften mit
umfassendem Streckennetz. Es müssten daher die konkreten Merkmale des Einzelfalls
berücksichtigt werden, um den Wettbewerbsdruck zutreffend zu erfassen, den die
ankommenden bzw. ausgehenden Flüge auf zwei unterschiedlichen Flughäfen
aufeinander ausübten. Die Kommission prüfte deshalb die Substituierbarkeit von
unterschiedlichen Flughäfen ausgehender Flüge insbesondere im Hinblick auf die
folgenden Flughafenpaare: Flughafen Bratislava (Slowakei) und Internationaler
Flughafen Wien Schwechat; Flughafen Frankfurt Hahn und Internationaler Flughafen
Frankfurt am Main; Flughafen Köln-Bonn und Internationaler Flughafen Düsseldorf;
Flughafen Brüssel Süd Charleroi (Belgien) und Nationaler Flughafen Brüssel Zaventem.
18
Sodann erinnerte die Kommission in Bezug auf die Substituierbarkeit von Flügen nach
Maßgabe der Zeitsensibilität der Fluggäste daran, dass sie in früheren Entscheidungen
festgestellt habe, dass uneingeschränkte und im Wesentlichen von zeitsensiblen
Fluggästen gekaufte Flugtickets einen anderen Markt bilden könnten als eingeschränkte
und hauptsächlich von nicht zeitsensiblen Fluggästen gekaufte Flugtickets. Zum einen
sei bei zeitsensiblen Fluggästen festzustellen, dass sie tendenziell aus beruflichen
Gründen reisten, kurzfristig buchten, für ihre Tickets hohe Flexibilität wie eine kostenlose
Stornierung und Änderung der Abflugzeit verlangten, für diese Flexibilität höhere Preise
bezahlten und eine höhere Flugfrequenz zwischen bestimmten Abflug- und Zielorten
forderten. Zum anderen seien nicht zeitsensible Fluggäste vorwiegend als
Freizeitreisende oder zu Freundes- oder Verwandtenbesuchen unterwegs, buchten
langfristig und forderten keine flexiblen Buchungskonditionen. Zeitsensible Fluggäste
hätten somit andere Präferenzen als nicht zeitsensible Fluggäste, was sich in den
verschiedenen Ticketarten widerspiegele, die die Fluggesellschaften auf diese beiden
unterschiedlichen Fluggastgruppen ausrichteten.
19
Die Kommission sieht in der Untersuchung in der vorliegenden Sache bestätigt, dass es
im Wesentlichen zwei Kategorien von Fluggästen mit unterschiedlichen Bedürfnissen
und unterschiedlichem Preisbewusstsein gebe, auch wenn einige Teilnehmer an der
Marktuntersuchung angegeben hätten, dass diese Unterscheidung zwischen
zeitsensiblen und nicht zeitsensiblen Fluggästen nicht mehr so offensichtlich sei, da
selbst zeitsensible Reisende zunehmend auf den Preis achteten und dazu neigten, ein
eingeschränktes Ticket, wenn es billiger sei, einem uneingeschränkten Ticket
vorzuziehen. Angesichts der Verlagerung hin zu eingeschränkten Tickets böten die
meisten Fluggesellschaften einschließlich der Billigfluggesellschaften gegen eine
Gebühr Umbuchungsmöglichkeiten (Änderung des Zeitpunkts oder Übertragung auf
einen anderen Fluggast) auch für diese Tickets an. Die Unterscheidung zwischen
zeitsensiblen und nicht zeitsensiblen Fluggästen und damit zwischen
uneingeschränkten und eingeschränkten Tickets bleibe jedoch bedeutsam. So legten
zeitsensible Fluggäste weiterhin Wert auf eine hohe Flugfrequenz und bestimmte Abflug-
und Ankunftszeiten am Ausgangs- und am Zielort. Schließlich seien auf Flexibilität und
möglichst kurze Reisezeiten angewiesene zeitsensible Fluggäste weniger geneigt,
Sekundärflughäfen zu nutzen als nicht zeitsensible Fluggäste.
20
Insbesondere seien die Teilnehmer an der Marktuntersuchung mehrheitlich der Ansicht
gewesen, dass zeitsensiblen Fluggästen an einer möglichst langen Aufenthaltsdauer am
Zielort und einer möglichst kurzen Reisedauer gelegen sei. Folglich benötigten die
Fluggäste dieses Segments nach Aussage der meisten Teilnehmer an der
Marktuntersuchung Flüge am frühen Morgen und am späten Nachmittag (mit einer
idealen morgendlichen Abflugzeit gegen 7.00 Uhr bei einem maximalen Zeitfenster von
6.30 bis 8.30 Uhr und einer nachmittäglichen bzw. abendlichen Abflugzeit gegen 18.00
Uhr oder 19.00 Uhr bei einem maximalen Zeitfenster von 17.00 bis 20.00 Uhr).
Zeitsensible Fluggäste legten ferner Wert auf hinreichende tägliche Flugfrequenzen.
Damit Hin- und Rückflug am selben Tag möglich seien, müsse es täglich mindestens
zwei Flüge geben, auch wenn die meisten Teilnehmer an der Marktuntersuchung
angegeben hätten, dass zeitsensible Fluggäste je nach Flugziel mehr als zwei Flüge am
Tag benötigten. Auch der von zeitsensiblen Fluggästen bevorzugte Typ Fluggesellschaft
Tag benötigten. Auch der von zeitsensiblen Fluggästen bevorzugte Typ Fluggesellschaft
sei von Bedeutung: Nach mehrheitlicher Auffassung der Teilnehmer an der
Marktuntersuchung bevorzugten zeitsensible Fluggäste Full-Service-Fluggesellschaften
mit
umfassendem
Streckennetz
gegenüber
Billigfluggesellschaften.
Diese
Einschätzungen würden von allen an der Marktuntersuchung beteiligten Gruppen, also
Geschäftskunden, Reisebüros und konkurrierenden Fluggesellschaften, geteilt.
21
Im Übrigen weist die Kommission darauf hin, dass alle antwortenden Geschäftskunden
die Möglichkeit, bei Kurzstreckenzielen den Hin- und den Rückflug am selben Tag
anzutreten, hauptsächlich aus Zeit- und Kostengründen für wichtig gehalten hätten und
dass sie mehrheitlich sogar bereit seien, einen leichten Aufschlag zu zahlen, um Hin-
und Rückflug am selben Tag einrichten zu können. Bestätigung finde dies in den
Antworten der Reisebüros.
22
Hinsichtlich der Lage der Flughäfen hätten die meisten an der Untersuchung
teilnehmenden Reisebüros und konkurrierenden Fluggesellschaften erklärt, dass
Primärflughäfen in räumlicher Nähe zu Wirtschaftszentren und mit kurzen Anfahrtswegen
für zeitsensible Fluggäste wichtiger seien als für nicht zeitsensible Fluggäste. Die
Geschäftskunden hätten angegeben, ihnen sei eindeutig daran gelegen, die Reisezeit
(und die Kosten für Geschäftsreisen) ihrer Beschäftigten zu minimieren, und zwar
unabhängig davon, ob sie ihre Mitarbeiter als zeitsensibel oder nicht zeitsensibel
einstuften.
23
Schließlich war die Kommission in Bezug auf das Maß der Substituierbarkeit von
Direktflügen durch indirekte Flüge der Auffassung, dass es von der Flugdauer abhänge.
Im Allgemeinen sei die Wahrscheinlichkeit, dass indirekte Flüge Wettbewerbsdruck auf
direkte Flüge ausübten, umso größer, je länger ein Flug dauere. Hinsichtlich
Kurzstrecken erinnert die Kommission daran, dass sie in früheren Entscheidungen
festgestellt habe, dass indirekte Flüge keinen Wettbewerbsdruck auf Direktflüge
ausübten, wenn keine außergewöhnlichen Umstände vorlägen wie z. B. im Fall eines
Direktflugs, bei dem die für Geschäftsreisende besonders wichtige Möglichkeit eines
Hin- und Rückflugs an einem Tag nicht bestehe. Die Marktuntersuchung habe
weitgehend bestätigt, dass bei Kurzstreckenflügen indirekte Flüge in der Regel keine
wettbewerbsfähige Alternative zu Direktflügen darstellten, weil die Kunden in der Tat
Direktflüge bevorzugten. Die Kommission weist darauf hin, sie habe in früheren
Entscheidungen mittlere Strecken analysiert, d. h. Flüge mit einer Dauer von mehr als
drei Stunden, bei denen Direktflüge normalerweise keine Möglichkeit eines Hin- und
Rückflugs am selben Tag böten, so dass indirekte Flüge mit Direktflügen konkurrieren
könnten (Entscheidung der Kommission vom 4. Juli 2005 in der Sache COMP/M.3770 –
Lufthansa/Swiss [ABl. C 204, S. 3], 17. Erwägungsgrund, und Entscheidung der
Kommission in der Sache COMP/M.4439 – Ryanair/Aer Lingus, Erwägungsgründe
288 ff.).
24
Aufgrund der längeren Flugdauer auf diesen mittleren Strecken schienen indirekte
Flüge realistischere Alternativen darzustellen, und einige Teilnehmer an der
Marktuntersuchung hätten indirekte Flüge unter bestimmten Umständen als
konkurrenzfähige Alternativlösung bezeichnet. Diese Einschätzung stimme mit der
bisherigen Entscheidungspraxis der Kommission überein (siehe Entscheidung der
bisherigen Entscheidungspraxis der Kommission überein (siehe Entscheidung der
Kommission vom 22. Juni 2009 in der Sache COMP/M.5335 – Lufthansa/SN Airholding
[ABl. C 295, S. 11], 45. Erwägungsgrund).
25
In Bezug auf Langstreckenflüge (Flüge mit einer Dauer von mehr als sechs Stunden
und Entfernungen von über 5 000 km) erinnert die Kommission daran, dass sie in
früheren Entscheidungen festgestellt habe, dass indirekte Flüge unter bestimmten
Umständen eine konkurrenzfähige Alternative zu durchgehenden Flügen darstellten,
insbesondere dann, wenn sie erstens in den computergesteuerten Buchungssystemen
als Anschlussflüge zwischen dem Abflug- und dem Zielort vermarktet würden, zweitens
täglich angeboten würden und drittens die Reisedauer nur begrenzt verlängerten
(höchstens 150 Minuten) (siehe z. B. Entscheidung der Kommission vom 12. Januar
2001 in der Sache COMP/M.2041 – United/US Airways und Entscheidung der
Kommission vom 5. März 2002 in der Sache COMP/M.2672 – SAS/Spanair [ABl. C 93,
S. 7]). Die Marktuntersuchung habe im Großen und Ganzen bestätigt, dass indirekte
Flüge bei Flugzeiten von über sechs Stunden eine konkurrenzfähige Alternative
darstellten, und mehrere Teilnehmer an der Marktuntersuchung betrachteten sie als
Ausweichmöglichkeit.
26
Was als Zweites den Verkauf von Sitzkontingenten an Reiseveranstalter betrifft, war die
Kommission der Ansicht, dass die Marktuntersuchung ihren Feststellungen in früheren
Entscheidungen in Bezug auf das Bestehen eines solchen vom Markt für
Passagierluftverkehrsdienste getrennten Marktes (siehe z. B. Entscheidung der
Kommission vom 17. Dezember 2008 in der Sache COMP/M.5141 – KLM/Martinair [ABl.
2009, C 51, S. 4], 121. Erwägungsgrund, oder Entscheidung der Kommission in der
Sache COMP/M.4439 – RyanAir/AerLingus, 299. Erwägungsgrund) nicht widerspreche.
Die Marktuntersuchung habe jedoch nicht vollständig klären können, ob der Umfang
dieses Marktes national begrenzt sei oder sowohl Deutschland als auch Österreich
umfasse.
Beurteilung der Auswirkungen des Vorgangs auf den Wettbewerb
Konzeptioneller Rahmen für die Beurteilung des Zusammenschlusses
27
Vorab wies die Kommission in der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass bei ihr
am 26. November 2008, vor der Anmeldung des Vorhabens, die Anmeldung eines
Vorgangs eingegangen sei, mit dem Lufthansa beabsichtigt habe, die alleinige Kontrolle
über die als Holdinggesellschaft von SN Brussels fungierende SN Airholding SA/NV zu
übernehmen. Sie habe am 22. Juni 2009 die Übernahme von SN Brussels durch
Lufthansa mit Auflagen genehmigt (Sache COMP/M.5335 – Lufthansa/SN Airholding).
Außerdem sei bei ihr am 3. April 2009 auch die Anmeldung eines Vorgangs
eingegangen, mit dem Lufthansa beabsichtigt habe, die alleinige Kontrolle über BMI zu
übernehmen. Sie habe diesen Vorgang mit Entscheidung vom 14. Mai 2009 (Sache
COMP/M.5403 – Lufthansa/BMI [ABl. C 158, S. 1]) (im Folgenden: Entscheidung
Lufthansa/BMI) ohne Auflagen genehmigt. Die Zusammenschlüsse von Lufthansa mit
SN Brussels und BMI seien am 24. Juni und 1. Juli 2009 abgeschlossen und
anschließend
umgesetzt
worden.
Im
Rahmen
der
Untersuchung
des
Zusammenschlusses von Lufthansa mit Austrian habe sie deshalb SN Brussels und BMI
als Tochtergesellschaften von Lufthansa behandelt.
als Tochtergesellschaften von Lufthansa behandelt.
28
Die Kommission führte sodann aus, der Zusammenschluss werfe zwei konzeptionelle
Aspekte auf, deren erster die Behandlung der Partner von Lufthansa und Austrian
innerhalb der Star Alliance für die Zwecke der Bestimmung der betroffenen Märkte und
der wettbewerbsrechtlichen Würdigung des Vorgangs betreffe und deren zweiter sich auf
die Bestimmung des relevanten Vergleichsmaßstabs zur Beurteilung der Auswirkungen
des Zusammenschlusses auf die Strecken beziehe, auf denen Lufthansa (einschließlich
Swiss, Germanwings, SN Brussels und BMI) und Austrian zusammenarbeiteten.
29
Insoweit war die Kommission als Erstes der Ansicht, dass die Star-Alliance-Partner von
Lufthansa und von Austrian bei der Bestimmung der betroffenen Märkte nicht zu
berücksichtigen seien, da der Zusammenschluss weder eine automatische Ausdehnung
der Kooperationsvereinbarungen von Lufthansa und ihren Star-Alliance-Partnern auf
Austrian noch eine Ausdehnung der Kooperationsvereinbarungen von Austrian und
ihren Star-Alliance-Partnern auf Lufthansa bewirke. In Bezug auf die Prüfung des
Wettbewerbs auf den betroffenen Märkten vertrat die Kommission die Auffassung, dass
die Beziehungen zwischen den Fluggesellschaften und die entsprechenden
Auswirkungen des Zusammenschlusses auf deren Ansporn, nach dem
Zusammenschluss miteinander in Wettbewerb zu treten, für jede einzelne Strecke zu
beurteilen seien. So müsse es bei der Beurteilung berücksichtigt werden, wenn
festgestellt werde, dass eine Partei des Zusammenschlusses und ein Dritter infolge des
Zusammenschlusses einen geringeren Wettbewerbsanreiz hätten.
30
Als Zweites legte die Kommission den relevanten Vergleichsmaßstab für die
Beurteilung der Auswirkungen des Vorgangs auf die Strecken fest, auf denen Lufthansa
und Austrian zusammenarbeiteten. Sie verwies auf den Wortlaut von Nr. 9 der Leitlinien
zur Bewertung horizontaler Zusammenschlüsse gemäß der Ratsverordnung über die
Kontrolle von Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. 2004, C 31, S. 5, im Folgenden:
Leitlinien von 2004):
„Bei der Bewertung der wettbewerblichen Auswirkungen eines Zusammenschlusses
vergleicht die Kommission die Wettbewerbsbedingungen, die sich aus der
angemeldeten Fusion ergeben, mit den Bedingungen, wie sie ohne den
Zusammenschluss herrschen würden. In den meisten Fällen sind die zum Zeitpunkt des
Zusammenschlusses
vorherrschenden
Wettbewerbsbedingungen
der
Vergleichsmaßstab zur Bewertung der Auswirkungen einer Fusion. Unter besonderen
Umständen kann die Kommission jedoch zukünftige Änderungen im Markt
berücksichtigen, die mit einiger Sicherheit erwartet werden können …“
31
In diesem Zusammenhang war die Kommission der Ansicht, dass die für die
Beurteilung der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf den Wettbewerb
maßgeblichen Vergleichsmaßstäbe zum einen der Stand der Zusammenarbeit zwischen
den Fusionsparteien vor dem Zusammenschluss und zum anderen die am
wahrscheinlichsten anzunehmende Entwicklung im Fall des Ausbleibens einer
Übernahme von Austrian durch Lufthansa seien.
32
Zur bestehenden Zusammenarbeit zwischen Lufthansa und Austrian vor dem
Zusammenschluss führte die Kommission aus, dass sie mehrere Formen angenommen
Zusammenschluss führte die Kommission aus, dass sie mehrere Formen angenommen
habe. Es habe ein Gemeinschaftsunternehmen mit Kosten- und Gewinnaufteilung für alle
Strecken zwischen Deutschland und Österreich, eine weltweite bilaterale
Kooperationsvereinbarung, eine Code-Sharing-Vereinbarung für die Strecken zwischen
Österreich und der Schweiz sowie eine Code-Sharing-Vereinbarung zwischen der
Lufthansa-Tochtergesellschaft British Midlands und Austrian gegeben.
33
Was die am wahrscheinlichsten anzunehmende Entwicklung im Fall des Ausbleibens
einer Übernahme von Austrian durch Lufthansa betrifft, legte die Kommission in
Anbetracht des Entschlusses der österreichischen Regierung, einen Privatinvestor für
Austrian zu suchen, das Szenario einer Übernahme durch eine andere Fluggesellschaft,
genauer durch Air France-KLM, zugrunde. Bei diesem Szenario hätte Austrian ihre
Zusammenarbeit mit Lufthansa beendet und wäre aus der Star Alliance ausgeschieden,
um Mitglied des Sky-Team-Verbunds zu werden, dem Air France-KLM angehört habe.
Untersuchung des Wettbewerbs
34
Was als Erstes die Linienflüge im Passagierverkehr betrifft, war die Kommission der
Auffassung, der Zusammenschluss führe zu einer Reihe horizontaler Überschneidungen,
die in folgenden Kategorien zusammengefasst werden könnten:
– 23 Kurzstrecken zwischen Österreich und Deutschland, die im Rahmen des
Gemeinschaftsunternehmens mit Kosten- und Gewinnaufteilung bedient würden;
– drei Kurzstrecken zwischen Österreich und der Schweiz;
– eine Kurzstrecke zwischen Österreich und Belgien;
– eine Kurzstrecke zwischen Österreich und dem Vereinigten Königreich;
– „Überschneidungen von Direktflügen und indirekten Verbindungen“, d. h. Strecken,
auf denen eine Partei eine Direktverbindung und die andere eine indirekte
Verbindung anbiete;
– „Überschneidungen indirekter Verbindungen“, d. h. Strecken, auf denen beide
Fusionsparteien nur indirekte Verbindungen anböten.
35
Am Ende ihrer Untersuchung des Wettbewerbs im Hinblick auf die verschiedenen
horizontalen Überschneidungen gelangte die Kommission zu dem Ergebnis, dass der
Vorgang in Bezug auf folgende Strecken Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich
seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gebe: Wien–Stuttgart (Deutschland),
Wien–Köln/Bonn (Deutschland), Wien–München, Wien–Frankfurt am Main und Wien–
Brüssel (im Folgenden: identifizierte Städtepaare).
36
Was als Zweites den Verkauf von Sitzplätzen an Reiseveranstalter anbelangt, war die
Kommission der Ansicht, dass aufgrund der gemeinsamen Marktanteile von Lufthansa
und Austrian auf dem deutschen, dem österreichischen und dem gemeinsamen deutsch-
österreichischen Markt für Langstreckenflüge, die in allen drei Fällen zwischen 5 % und
10 % lägen, sowie der starken Präsenz von FlyNiki auf dem österreichischen Markt
(zwischen 40 % und 50 % Marktanteile bei kürzeren und mittleren Strecken) der
Zusammenschluss einen wirksamen Wettbewerb auf dem Markt für den Verkauf von
Zusammenschluss einen wirksamen Wettbewerb auf dem Markt für den Verkauf von
Sitzplätzen an Reiseveranstalter nicht erheblich behindern würde.
37
Im Übrigen hielt es die Kommission für erforderlich, auch die Auswirkung der Austrian
gewährten Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen insbesondere auf die Märkte für
den Passagierluftverkehr und für den Verkauf von Sitzkontingenten an Reiseveranstalter
zu prüfen, da die entsprechenden Mittel die Marktposition von Austrian stärken könnten.
38
Die Kommission wies insoweit jedoch darauf hin, dass sich Austrian in einer
schwierigen finanziellen Lage befinde. So führte sie aus, dass Österreich sie am 19.
Dezember 2008 über seine Entscheidung unterrichtet habe, der Austrian-Gruppe eine
Rettungsbeihilfe zu gewähren, und dass sie am 22. Dezember 2008 erfahren habe, dass
Austrian, um ihr eine Fortsetzung ihrer Geschäftstätigkeit zu ermöglichen, eine sich auf
67 000 000 Euro belaufende erste Tranche dieser Rettungsbeihilfe bewilligt worden sei.
Dies sei geschehen, bevor die Kommission ihren Standpunkt zur Vereinbarkeit der
Rettungsbeihilfe mit dem Gemeinsamen Markt habe beziehen können.
39
Die prekäre finanzielle Lage von Austrian werde dadurch veranschaulicht, dass ihr
Betrieb als eigenständiges Unternehmen zusätzliche Mittel erfordern würde, die deutlich
über den Betrag der Rettungs- und der Umstrukturierungsbeihilfe hinausgingen.
Außerdem sei die Rettungsbeihilfe von 200 000 000 Euro von Austrian bereits zu einem
ganz erheblichen Teil verwendet worden, um Verbindlichkeiten für ihre Flugzeuge zu
bedienen, und der Umfang des Finanzierungsbedarfs von Austrian decke sich mit den
Feststellungen in der Entscheidung 2010/137 der Kommission, wonach die
Umstrukturierungskosten weit über 500 000 000 Euro ausmachten.
40
Die Kommission schloss daraus, es sei unwahrscheinlich, dass Austrian die Rettungs-
und die Umstrukturierungsbeihilfe in einer Weise, etwa zur Verhinderung einer
Expansion ihrer Konkurrenten, genutzt hätte oder nutzen würde, die die von der
Kommission angestellte Analyse der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf die
betroffenen Märkte in Frage stellen würde. Sowohl die Rettungs- als auch die
Umstrukturierungsbeihilfe sollten die Übernahme von Austrian durch Lufthansa
wirtschaftlich tragfähig machen sowie insbesondere die Liquidität von Austrian
sicherstellen, ihre Verbindlichkeiten reduzieren und ihre langfristige Rentabilität
wiederherstellen. Die Verwendung dieser Mittel durch Austrian werde auch in der
Zukunft von der Kommission überwacht.
41
Die Kommission wies darauf hin, dass für ihre Schlussfolgerung auch die starke
finanzielle Position von Lufthansa spreche, die 2007 und 2008 Betriebsergebnisse von
über 1 000 000 000 Euro erwirtschaftet und am 31. März 2009 über eine Gesamtliquidität
von 5 200 000 000 Euro, davon 2 000 000 000 Euro strategische Mindestliquidität,
verfügt habe. Die Auswirkung der Rettungs- und der Umstrukturierungsbeihilfe sei in der
Tat gemessen an der Finanzstärke des aus dem Zusammenschluss hervorgehenden
Unternehmens begrenzt.
42
Außerdem habe hinsichtlich der nur von jeweils einer der Fusionsparteien bedienten
Direktverbindungen die Marktuntersuchung nicht ergeben, dass die Bewilligung der
zusätzlichen Mittel für Austrian etwas an den Feststellungen speziell zu diesen Strecken
ändere, d. h., dass der Vorgang einen potenziellen Wettbewerb beseitigen würde. Die
ändere, d. h., dass der Vorgang einen potenziellen Wettbewerb beseitigen würde. Die
Hauptgründe dafür, dass im Hinblick auf diesen Strecken kein Anlass zu
wettbewerbsrechtlichen Bedenken bestehe – die geringe Nachfrage auf den meisten
dieser Strecken, die Markteintrittsstrategien von Lufthansa und Austrian, wie sie durch
interne Dokumente belegt würden, das Fehlen paralleler Geschäftstätigkeit vor der
Zusammenarbeit auf fast allen der besagten Strecken –, hätten im Gegenteil unabhängig
von den betreffenden staatlichen Beihilfen Bestand. Im Übrigen habe, was genauer die
Markteintrittsstrategie von Austrian betreffe, die Marktuntersuchung keinen Hinweis
darauf ergeben, dass Austrian ihre Markteintrittsstrategie angesichts der in Rede
stehenden zusätzlichen Mittel ändern würde, was auch dadurch belegt werde, dass sie
bereits fast die gesamte Rettungsbeihilfe ausgeschöpft habe, ohne ihre
Markteintrittsstrategie zu ändern. Somit sei unwahrscheinlich, dass Austrian diese
zusätzlichen Mittel nutzen werde, um sich Zugang zu diesen Strecken zu verschaffen.
Verpflichtungszusagen
43
Zur Ausräumung der ernsthaften Bedenken, zu denen der Zusammenschluss
hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt Anlass gab, machten
Lufthansa und Austrian Verpflichtungszusagen, um die wettbewerbsrechtlichen
Probleme in Bezug auf die identifizierten Städtepaare zu lösen. Die
Verpflichtungszusagen, die die Hindernisse für den Markteintritt verringern und den
Markteintritt neuer Marktteilnehmer oder die Expansion auf den betreffenden Strecken
bereits vorhandener Konkurrenten erleichtern sollen, werden nachstehend
zusammengefasst.
Verpflichtungszusagen betreffend die Zeitnischen
– Freigabe von Zeitnischen bei Städtepaaren, die wettbewerbsrechtliche Bedenken
aufwerfen
44
Gemäß den Zusagen verpflichten sich die Fusionsparteien, nach einem bestimmten
Verfahren an den Flughäfen Wien, Stuttgart, Köln/Bonn, München, Frankfurt am Main
und Brüssel für die fünf Strecken, bei denen die Kommission wettbewerbsrechtliche
Bedenken ausgemacht hatte, Zeitnischen zur Verfügung zu stellen.
45
Die zur Verfügung zu stellenden Zeitnischen werden einem neuen Marktteilnehmer
ermöglichen, die im Folgenden jeweils genannte Zahl von Verbindungen zwischen den
identifizierten Städtepaaren durchzuführen:
– Wien–Stuttgart: bis zu drei Verbindungen am Tag;
– Wien–Köln/Bonn: bis zu drei Verbindungen am Tag, aber nicht mehr als 18
Verbindungen pro Woche;
– Wien–Frankfurt am Main: bis zu fünf Verbindungen am Tag;
– Wien–München: bis zu vier Verbindungen am Tag;
– Wien–Brüssel: bis zu vier Verbindungen am Tag, aber nicht mehr als 24
Verbindungen pro Woche.
Verbindungen pro Woche.
46
Die Zahl der vorstehend genannten Zeitnischen verringert sich um die einem neuen
Marktteilnehmer bereits gemäß den Verpflichtungszusagen zugewiesenen Zeitnischen,
sofern nicht der neue Marktteilnehmer die Nutzung dieser Zeitnischen einstellt und sie
daher wieder den Fusionsparteien zufallen.
47
Für alle identifizierten Städtepaare mit Ausnahme der Paare Wien–Frankfurt am Main
und Wien–München, für die besondere Bestimmungen gelten, werden Verbindungen,
die zwischen einem identifizierten Städtepaar bereits von einer von den Fusionsparteien
unabhängigen bzw. nicht mit ihnen verbundenen Fluggesellschaft durchgeführt werden,
auf die Zahl der Zeitnischen angerechnet, die die Fusionsparteien der betreffenden
Fluggesellschaft nach den Verpflichtungszusagen zur Verfügung stellen müssen.
48
Auf der Strecke Wien–Frankfurt am Main werden die von der Klägerin durchgeführten
zwei täglichen Verbindungen (drei Verbindungen, soweit die Klägerin von Lufthansa zur
Wintersaison 2009/2010 der International Air Transport Association [IATA] eine dritte
Zeitnische erhält) auf die Zahl der Zeitnischen angerechnet, die nach den
Verpflichtungszusagen zur Verfügung zu stellen sind. Sollte die Klägerin vor Erlangung
angestammter Rechte eine oder mehrere dieser Verbindungen einstellen, werden solche
Verbindungen nach den Verpflichtungszusagen neuen Marktteilnehmern zugänglich
gemacht.
49
Der Klägerin wird ein Anspruch eingeräumt, die von Lufthansa am Flughafen Frankfurt
am Main gemäß ihrer bestehenden Vereinbarung mit Lufthansa über die Vermietung von
Zeitnischen erhaltenen Zeitnischen gegen solche einzutauschen, die Lufthansa nach
den Verpflichtungszusagen zur Verfügung stellt. Mit Rücksicht auf die Wellenstruktur von
Lufthansa am Flughafen Frankfurt am Main wird diese jedoch nicht verpflichtet, der
Klägerin in jeder der nachstehenden Zeitspannen mehr als eine Zeitnische auf dem
Flughafen Frankfurt am Main zu übertragen:
Ankunft
Abflug
5.35 – 8.00 Uhr
6.30 – 8.15 Uhr
8.05 – 10.20 Uhr
8.20 – 11.35 Uhr
10.25 – 14.00 Uhr
11.40 – 15.05 Uhr
14.05 – 15.30 Uhr
15.10 – 16.15 Uhr
15.35 – 17.50 Uhr
16.20 – 19.45 Uhr
17.55 – 21.50 Uhr
19.50 – 22.25 Uhr
50
Unabhängig davon, ob die Klägerin die Möglichkeit wahrnimmt, von den
Fusionsparteien neue Zeitnischen im Austausch gegen ihre bestehenden Zeitnischen
am Flughafen Frankfurt am Main zu erhalten, verpflichtet sich Lufthansa außerdem zu
einer Änderung ihrer bestehenden Vereinbarung mit der Klägerin über die Vermietung
einer Änderung ihrer bestehenden Vereinbarung mit der Klägerin über die Vermietung
von Zeitnischen, um den Verpflichtungszusagen Rechnung zu tragen, und zwar
insbesondere hinsichtlich der Möglichkeit für die Klägerin, angestammte Rechte für diese
Zeitnischen zu erlangen.
51
Wenn kein Marktteilnehmer, der nicht der Star Alliance angehört, zur Abhilfe eine
Zeitnische für die IATA-Sommersaison 2010 (oder für die erste Saison, für die die
Verfahren zur Umsetzung der Verpflichtungszusagen eingerichtet sind, wobei die
spätere zählt) beantragt, wird außerdem eine der drei von Adria Airways auf der Strecke
Wien–Frankfurt am Main betriebenen Verbindungen auf die Zahl von Zeitnischen
angerechnet, die nach den Verpflichtungszusagen zur Verfügung zu stellen sind. Zur
Anwendung käme diese Anrechnung anfangs für einen Zeitraum von vier
aufeinanderfolgenden
IATA-Saisons
sowie
für
jeden
darauffolgenden
Zweijahreszeitraum, bis ein nicht der Star Alliance angehöriger Marktteilnehmer zur
Abhilfe eine Zeitnische beantragt.
52
Darüber hinaus verpflichtet sich Lufthansa, ihre bestehenden Vereinbarungen mit Adria
Airways in Bezug auf eine Zeitnische entsprechend den Verpflichtungszusagen zu
ändern, sofern allerdings Adria Airways keine angestammten Rechte erlangt.
53
Hinsichtlich der Strecke Wien–München, auf der die Klägerin drei tägliche
Verbindungen betreibt, für die sie Zeitnischen nach dem normalen Verfahren für die
Zuteilung von Zeitnischen bekam, sehen die Verpflichtungszusagen vor, dass Niki
Anspruch auf einen Austausch ihrer bestehenden Zeitnischen für diese Strecke gegen
Zeitnischen hat, die Lufthansa aufgrund der Verpflichtungszusagen zur Verfügung stellt.
Unabhängig davon, ob sich Niki zu einem Austausch ihrer bestehenden Zeitnischen
nach den Verpflichtungszusagen entschließt, werden ihre Verbindungen auf die
Gesamtzahl der von den Fusionsparteien für diese Strecke zur Verfügung zu stellenden
Zeitnischen angerechnet. Sollte Niki eine oder mehrere ihrer Verbindungen einstellen,
werden solche Verbindungen nach den Verpflichtungszusagen neuen Marktteilnehmern
zugänglich gemacht.
54
In Bezug auf die Strecken Wien–Stuttgart und Wien–Köln/Bonn ist Lufthansa bereits
gemäß einer früheren Fusionsentscheidung, nämlich der Entscheidung C 2006/018/07
der Kommission vom 22. Dezember 2005 in der Sache COMP/M.3940 –
Lufthansa/Eurowings (ABl. 2006, C 18, S. 22), verpflichtet, neuen Marktteilnehmern
Zeitnischen zugänglich zu machen. Soweit die Fusionsparteien einem neuen
Marktteilnehmer Zeitnischen bereits gemäß den Verpflichtungszusagen in jener Sache
zur Verfügung gestellt haben, werden diese Zeitnischen mit der Zahl der Zeitnischen
verrechnet, die nach den Verpflichtungszusagen in der vorliegenden Sache zur
Verfügung zu stellen sind. Neue Marktteilnehmer können bei der Wahl der Zeitnischen
für diese beiden Strecken die Verpflichtungszusagen heranziehen, die sie wünschen,
also diejenigen, die in der früheren Sache gemacht wurden, oder diejenigen, die in der
vorliegenden Sache gemacht wurden.
– Bedingungen für die Übertragung von Zeitnischen
55
Das in den Verpflichtungszusagen vorgesehene Verfahren für die Übertragung von
Zeitnischen kommt parallel zum normalen Verfahren für die Zuteilung von Zeitnischen
Zeitnischen kommt parallel zum normalen Verfahren für die Zuteilung von Zeitnischen
zur Anwendung. Eine Fluggesellschaft, die Zeitnischen für eines der identifizierten
Städtepaare wünscht, beantragt diese im normalen Verfahren für die Zuteilung von
Zeitnischen und stellt gleichzeitig einen Antrag auf Übertragung von Zeitnischen nach
den Verpflichtungszusagen. Wird der Antrag auf Zuteilung von Zeitnischen, den der
Antragsteller beim Koordinator stellt, infolge der IATA-Flugplan-Konferenz nicht
berücksichtigt, sehen die Verpflichtungszusagen vor, dass die Fusionsparteien eine
Übertragung der beantragten Zeitnischen auf den Antragsteller binnen einer Woche nach
der entsprechenden Nutzungszusage des Antragstellers anbieten müssen. Die
Zeitnischen müssen unentgeltlich und innerhalb eines Zeitfensters von 20 Minuten um
den vom Antragsteller begehrten Zeitpunkt freigegeben werden, wenn eine der
Fusionsparteien über Zeitnischen in diesem Zeitfenster verfügt. Andernfalls müssen die
Fusionsparteien die Zeitnischen anbieten, die dem Begehren des Antragstellers zeitlich
am nächsten kommen.
56
Die Unterzeichnung der Vereinbarung zwischen den Fusionsparteien und dem
Antragsteller über die Vermietung von Zeitnischen sowie die Übertragung müssen
binnen drei Wochen nach dem Stichtag für die Rückgabe von Zeitnischen, d. h. dem 15.
Januar für die IATA‑Sommersaison und dem 15. August für die IATA-Wintersaison,
erfolgen. Die Vereinbarung über die Vermietung von Zeitnischen entspricht in ihrer
Dauer dem Nutzungszeitraum für das identifizierte Städtepaar, aber der neue
Marktteilnehmer ist berechtigt, die Vereinbarung jeweils zum Ende einer IATA-Saison zu
kündigen,
ohne
dass
Strafzahlungen
anfallen.
Schließlich
sehen
die
Verpflichtungszusagen vor, dass der neue Marktteilnehmer den Vorzug erhält, der
beschließt, die größte Anzahl an Strecken zu betreiben.
– Angestammte Rechte
57
Nach den Verpflichtungszusagen besteht für den neuen Marktteilnehmer auch die
Möglichkeit, angestammte Rechte hinsichtlich der von den Fusionsparteien erhaltenen
Zeitnischen zu erwerben. Der neue Marktteilnehmer erwirbt angestammte Rechte an
diesen Zeitnischen – d. h. die Berechtigung, die von den Fusionsparteien übertragenen
Zeitnischen auf beiden Seiten eines beliebigen identifizierten Städtepaars für ein
innereuropäisches Städtepaar, das kein identifiziertes Städtepaar ist, zu nutzen –, wenn
er das identifizierte Städtepaar – mit Ausnahme der Strecke Wien–Frankfurt am Main – in
zwei aufeinanderfolgenden IATA-Saisons, bei der Strecke Wien–Frankfurt am Main in
acht aufeinanderfolgenden IATA-Saisons, bedient hat. Stellt dagegen der neue
Marktteilnehmer die Nutzung der für das betreffende identifizierte Städtepaar
übertragenen Zeitnischen vor Ablauf der vorstehend genannten zwei IATA-Saisons ein,
fallen diese Zeitnischen an Lufthansa zurück und werden nach den
Verpflichtungszusagen einem anderen neuen Marktteilnehmer zur Verfügung gestellt.
– Neue Marktteilnehmer, die der Star Alliance angehören
58
Die vorstehenden Verpflichtungszusagen sind in vollem Umfang nur auf neue
Marktteilnehmer anwendbar, die nicht der Star Alliance angehören. Grundsätzlich
können auch Mitglieder der Star Alliance Zeitnischen im Rahmen der
Verpflichtungszusagen erhalten, doch werden Fluggesellschaften, die nicht zur Star
Alliance gehören, mit Vorrang behandelt, wenn mehrere potenzielle Marktteilnehmer
Alliance gehören, mit Vorrang behandelt, wenn mehrere potenzielle Marktteilnehmer
Zeitnischen für dieselbe Strecke nach den Verpflichtungszusagen beantragen. Der
Vorrang wird immer einem Antragsteller eingeräumt, der nicht der Star Alliance angehört,
d. h. auch dann, wenn ein Mitglied der Star Alliance Zeitnischen für mehr Strecken
beantragt als ein Antragsteller, der nicht Mitglied der Star Alliance ist.
59
Außerdem kann ein der Star Alliance angehörender neuer Marktteilnehmer keine
angestammten Rechte in Bezug auf von den Fusionsparteien erhaltene Zeitnischen
erwerben. Ein neuer Marktteilnehmer, der Mitglied der Star Alliance ist, kann hinsichtlich
der identifizierten Städtepaare mit den Fusionsparteien oder anderen Star-Alliance-
Partnern keine Code-Sharing-Vereinbarung treffen und auch keine Vereinbarung über
ein Gemeinschaftsunternehmen mit Gewinn-/Ertragsaufteilung schließen. Stellt ein
Mitglied der Star Alliance die Nutzung nach den Verpflichtungszusagen zugeteilter
Zeitnischen ein, müssen die Fusionsparteien diese Zeitnischen erneut neuen
Marktteilnehmern anbieten.
60
Erhält ein Mitglied der Star Alliance Zeitnischen aufgrund der Verpflichtungszusagen,
kann die Kommission, insbesondere um die Unabhängigkeit des der Star Alliance
angehörenden Antragstellers von den Fusionsparteien sicherzustellen, besondere
Auflagen vorsehen.
Weitere Verpflichtungszusagen und sonstige Bestimmungen
– Spezielle Pro-rata- und Code-Sharing-Vereinbarungen
61
Die Verpflichtungszusagen geben einem neuen Marktteilnehmer die Möglichkeit,
spezielle Pro-rata- und Code-Sharing-Vereinbarungen zu treffen, die es ihm erlauben,
Flügen mit tatsächlichem Ausgangs- und Zielort in Österreich, Deutschland und/oder
Belgien seine Flugnummern zuzuweisen, sofern ein Teil der Reise ein identifiziertes
Städtepaar betrifft. Eine spezielle Pro-rata-Vereinbarung dieser Art muss so gestaltet
sein, dass dem neuen Marktteilnehmer für dasselbe identifizierte Städtepaar die gleiche
Behandlung zukommt wie den Star-Alliance-Partnern von Lufthansa.
– Sonstige Bestimmungen
62
Die Verpflichtungszusagen hinsichtlich der Freigabe von Zeitnischen werden durch
weitere Verpflichtungszusagen ergänzt wie die Möglichkeit für einen neuen
Marktteilnehmer,
mit
den
Fusionsparteien
Interlining-Vereinbarungen
und
Vereinbarungen über den Zugang zu Vielfliegerprogrammen zu treffen und
Intermodalvereinbarungen
mit
Bahngesellschaften
oder
sonstigen
Bodentransportunternehmen zu schließen.
63
Die Verpflichtungszusagen sehen die Benennung eines Überwachungsbeauftragten
(Monitoring Trustee) vor, der ihre Einhaltung durch die Fusionsparteien kontrolliert und
der Kommission während des nach ihnen vorgesehenen Verfahrens zur Übertragung
von Zeitnischen zur Seite steht.
64
Sie enthalten auch Bestimmungen über eine rasche Streitbeilegung, denen zufolge der
neue Marktteilnehmer entscheiden kann, jede Streitigkeit mit den Fusionsparteien
betreffend diese Zusagen im Schiedsverfahren beizulegen. Der Schiedsspruch bindet
betreffend diese Zusagen im Schiedsverfahren beizulegen. Der Schiedsspruch bindet
sowohl den neuen Marktteilnehmer als auch die Fusionsparteien. Nach den
Beweislastregeln für die Streitigkeiten obliegt es dem neuen Marktteilnehmer, seine
Darstellung durch Beweis des ersten Anscheins (prima facie) zu belegen, und den
Fusionsparteien, den Gegenbeweis zu erbringen.
65
Die Verpflichtungszusagen, insbesondere die Verpflichtung zur Übertragung von
Zeitnischen, sind nicht befristet, enthalten aber eine Überprüfungsklausel.
Bewertung der Verpflichtungszusagen
66
Im Rahmen der Bewertung der von Lufthansa und Austrian angebotenen
Verpflichtungszusagen weist die Kommission darauf hin, dass sie das von
Wettbewerbern bekundete Interesse an der Aufnahme eines Flugbetriebs zwischen
identifizierten Städtepaaren oder an der Ausweitung ihrer Tätigkeiten auf diesen
Strecken berücksichtigt und das Paket der Abhilfemaßnahmen in Anbetracht des
bestehenden wirtschaftlichen Umfelds der Luftfrachtbranche insgesamt für attraktiv
gehalten habe. Sie sei aufgrund dessen zu dem Schluss gelangt, dass die angebotenen
Verpflichtungszusagen wahrscheinlich und rechtzeitig den Markteintritt einer oder
mehrerer Fluggesellschaften auf den Strecken zwischen den identifizierten Städtepaaren
zur Folge haben würden und dass dieser Markteintritt hinreichend sein werde, um die für
diese Märkte ausgemachten ernsthaften Bedenken zu zerstreuen.
Schlussfolgerung
67
Die Kommission war demnach der Ansicht, der Zusammenschluss sei vorbehaltlich der
Einhaltung der Verpflichtungszusagen im Anhang der angefochtenen Entscheidung, der
integrierender
Bestandteil
derselben
sei,
nach
Art.
8
Abs.
2
der
Fusionskontrollverordnung für mit dem Gemeinsamen Markt und nach Art. 57 EWR-
Abkommen für mit dem EWR-Abkommen vereinbar zu erklären.
68
Sie stellte klar, dass diese Schlussfolgerung unabhängig von der Rettungs- und der
Umstrukturierungsbeihilfe gelte, da diese Mittel in erster Linie das Überleben von
Austrian sicherstellen sollten und im Vergleich zum Finanzierungsbedarf von Austrian
und zur gesamten finanziellen Leistungsfähigkeit von Lufthansa einen geringen Umfang
hätten.
Verfahren
69
Mit Klageschrift, die am 13. April 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat
Niki Luftfahrt Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung erhoben.
70
Mit Schriftsätzen, die am 9. und 20. Juli 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen
sind, haben Lufthansa und die ÖIAG beantragt, im vorliegenden Verfahren als
Streithelferinnen zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden.
Mit Beschluss vom 5. Oktober 2010 hat der Präsident der Siebten Kammer des Gerichts
Lufthansa und die ÖIAG als Streithelferinnen zugelassen.
71
Mit Schriftsatz, der am 2. August 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat
71
Mit Schriftsatz, der am 2. August 2010 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat
die Republik Österreich beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur
Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit Beschluss vom 5.
Oktober 2010 hat der Präsident der Siebten Kammer des Gerichts die Republik
Österreich als Streithelferin zugelassen.
72
Mit Schriftsätzen, die am 20. August und 1. September 2010 bei der Kanzlei des
Gerichts eingegangen sind, hat die Kommission beantragt, bestimmte, ihrer Ansicht nach
unter das Geschäftsgeheimnis fallende Daten gegenüber den Streithelferinnen als
vertraulich zu behandeln.
73
Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist die
Berichterstatterin der Siebten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende
Rechtssache demzufolge am 27. September 2010 zugewiesen worden ist.
74
Da die Streithelferinnen keine Einwände gegen den Antrag auf vertrauliche Behandlung
erhoben haben, ist ihnen, wie ursprünglich in den oben genannten Beschlüssen vom 5.
Oktober 2010 vorgesehen, eine nicht vertrauliche Fassung der Schriftsätze übermittelt
worden.
75
Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist die
Berichterstatterin der Ersten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache
demzufolge am 24. Mai 2012 zugewiesen worden ist.
76
Am 18. Februar 2013 hat das Gericht die Kommission im Wege einer prozessleitenden
Maßnahme nach Art. 64 § 3 Buchst. b und c seiner Verfahrensordnung um Mitteilung
gebeten, welche Methode sie verwendet hat, um sicherzustellen, dass die Antworten, die
von den Wettbewerbern, den Firmenkunden und den Reisebüros im Rahmen der
während Phase I der Prüfung des Zusammenschlusses durchgeführten
Marktuntersuchung gegeben wurden, repräsentativ sind.
77
Am selben Tag hat das Gericht die Kommission im Wege einer prozessleitenden
Maßnahme nach Art. 64 § 3 Buchst. d der Verfahrensordnung aufgefordert, die von den
Parteien
des
Zusammenschlusses
am
10.
Juli
2009
angebotenen
Verpflichtungszusagen, den am 27. Juli 2009 an die Marktteilnehmer gerichteten
Fragebogen, die von ihr vor dem Treffen vom 31. Juli 2009 erhaltenen Antworten auf
diesen Fragebogen – gegebenenfalls unter Anonymisierung der Namen der Teilnehmer
an der Marktuntersuchung – und die Antworten auf Frage 28 des am 12. Mai 2009
während Phase I der Prüfung an die Mitbewerber der Parteien des Zusammenschlusses
gerichteten Fragebogens vorzulegen.
78
Am 22. März 2013 hat die Kommission die Frage des Gerichts beantwortet und seiner
Aufforderung zur Vorlage von Dokumenten teilweise entsprochen.
79
Am 17. Juli 2013 hat das Gericht die Kommission mit einer neuerlichen
prozessleitenden Maßnahme nach Art. 64 § 3 Buchst. d der Verfahrensordnung
aufgefordert, die von den Parteien des Zusammenschlusses am 10. Juli 2009
angebotenen Verpflichtungszusagen und alle von ihr noch nicht beigebrachten
Antworten auf den am 27. Juli 2009 an die Marktteilnehmer gerichteten Fragebogen –
gegebenenfalls unter Anonymisierung der Namen der Antwortenden – vorzulegen. Die
gegebenenfalls unter Anonymisierung der Namen der Antwortenden – vorzulegen. Die
Kommission ist dieser Aufforderung am 19. August 2013 nachgekommen.
80
Im Zuge einer Änderung der Besetzung der Kammern des Gerichts ist die
Berichterstatterin der Achten Kammer zugeteilt worden, der die vorliegende Rechtssache
demzufolge am 1. Oktober 2013 zugewiesen worden ist.
Anträge der Parteien
81
Die Klägerin beantragt,
– die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;
– der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
82
Die Kommission, unterstützt durch die Republik Österreich, Lufthansa und die ÖIAG,
beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
83
Die Klägerin stützt ihre Klage auf drei Gründe. Mit dem ersten Klagegrund rügt sie einen
Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 und 3 EG, gegen Art. 8 der Fusionskontrollverordnung und
gegen die Leitlinien von 2004. Mit dem zweiten Klagegrund macht sie eine Verletzung
wesentlicher Formvorschriften geltend und mit dem dritten einen Ermessensmissbrauch.
84
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 2 Abs. 3 der Fusionskontrollverordnung
Zusammenschlüsse, durch die wirksamer Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in
einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert würde, insbesondere durch
Begründung einer beherrschenden Stellung, für mit dem Gemeinsamen Markt
unvereinbar zu erklären sind. Umgekehrt muss die Kommission nach Art. 2 Abs. 2
Zusammenschlüsse, die in den Geltungsbereich dieser Verordnung fallen, für mit dem
Gemeinsamen Markt vereinbar erklären, wenn das in Art. 2 Abs. 3 vorgesehene
Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt ist.
85
Nach ständiger Rechtsprechung räumen die Grundregeln der
Fusionskontrollverordnung und insbesondere ihr Art. 2 der Kommission vor allem bei
wirtschaftlichen Beurteilungen ein gewisses Ermessen ein, so dass die vom Richter
vorzunehmende Kontrolle der Ausübung eines solchen – für die Aufstellung der Regeln
über Zusammenschlüsse wesentlichen – Ermessens unter Berücksichtigung des
Beurteilungsspielraums erfolgen muss, der den Bestimmungen wirtschaftlicher Art, die
Teil der Regelung für Zusammenschlüsse sind, zugrunde liegt (vgl. Urteil vom 6. Juli
2010, Ryanair/Kommission, T‑342/07, Slg, EU:T:2010:280, Rn. 29 und die dort
angeführte Rechtsprechung).
86
Auch wenn der Richter der Europäischen Union anerkennt, dass der Kommission in
86
Auch wenn der Richter der Europäischen Union anerkennt, dass der Kommission in
Wirtschaftsfragen ein Beurteilungsspielraum zusteht, bedeutet dies nicht, dass er von
einer Kontrolle der Auslegung von Wirtschaftsdaten durch die Kommission absehen
müsste. Der Unionsrichter muss nämlich insbesondere nicht nur die sachliche Richtigkeit
der angeführten Beweise, ihre Zuverlässigkeit und ihre Kohärenz prüfen, sondern auch
kontrollieren, ob diese Beweise alle relevanten Daten darstellen, die bei der Beurteilung
einer komplexen Situation heranzuziehen waren, und ob sie die aus ihnen gezogenen
Schlüsse zu stützen vermögen (Urteil Ryanair/Kommission, oben in Rn. 85 angeführt,
EU:T:2010:280, Rn. 30).
87
Nach ständiger Rechtsprechung kommt zudem in den Fällen, in denen die Organe über
einen Beurteilungsspielraum verfügen, der Beachtung der Garantien, die die
Unionsrechtsordnung in Verwaltungsverfahren gewährt, eine umso größere Bedeutung
zu. Zu diesen Garantien gehören namentlich die Verpflichtung der Kommission,
sorgfältig und unparteiisch alle relevanten Gesichtspunkte des Einzelfalls zu
untersuchen, das Recht des Betroffenen, seinen Standpunkt zu Gehör zu bringen, und
das Recht auf eine ausreichende Begründung der Entscheidung (Urteil
Ryanair/Kommission, oben in Rn. 85 angeführt, EU:T:2010:280, Rn. 31).
88
Die Klagegründe und Argumente der Klägerin sind im Licht dieser Grundsätze zu
prüfen.
89
Das Gericht hält es für zweckmäßig, zuerst den zweiten Klagegrund zu prüfen, mit dem
eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften geltend gemacht wird.
1. Zum zweiten Klagegrund: Verletzung wesentlicher Formvorschriften
90
Der zweite Klagegrund gliedert sich in zwei Teile, mit denen erstens ein
Begründungsmangel in Bezug auf die Wettbewerbssituation auf Flugstrecken von
Mitteleuropa zu außerhalb der Union liegenden Zielen Osteuropas und zweitens eine
unzureichende Sachverhaltsermittlung durch die Kommission im Rahmen der
Marktuntersuchung geltend gemacht wird.
Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes: Verstoß gegen die Begründungspflicht
91
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, der angefochtenen Entscheidung hafte
ein Begründungsmangel hinsichtlich der Wettbewerbssituation auf den Flugstrecken
zwischen Mitteleuropa und Osteuropa an.
92
Insoweit ist das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, die Kommission habe sich in
der angefochtenen Entscheidung hinsichtlich der Untersuchung der Auswirkungen des
Zusammenschlusses auf die Strecken von Mitteleuropa nach Osteuropa mit einem
Verweis auf die Marktuntersuchung begnügt. Die Kommission führte nämlich, wie aus
der angefochtenen Entscheidung ersichtlich ist, in deren Erwägungsgründen 267 und
268 aus, dass „[d]as beabsichtigte Vorhaben … bei zahlreichen betroffenen Strecken zu
Überschneidungen direkter und indirekter Verbindungen bei [Lufthansa] und [Austrian]
sowohl innerhalb Europas als auch von europäischen Flughäfen zu außereuropäischen
Zielorten [führt]“ und dass die „Strecken … im Hinblick auf die Marktposition der Parteien
und die Zunahme des Marktanteils infolge des Vorhabens untersucht [wurden]“. Ferner
stellte die Kommission klar, dass „die Präsenz und die Position von Wettbewerbern und
stellte die Kommission klar, dass „die Präsenz und die Position von Wettbewerbern und
das Passagieraufkommen auf den einzelnen Strecken bewertet“ und, „wenn
erforderlich, … die Anzahl und die Dauer der von Wettbewerbern angebotenen Flüge
und [ihre Eignung] insbesondere aus Sicht zeitsensibler Passagiere geprüft [wurden]“.
Die Kommission fuhr sodann fort, dass „[g]emessen an diesen Kriterien … kein Anlass
zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken [bestand]“, weil „[i]n der Marktuntersuchung … bei
den ermittelten Überschneidungen zwischen direkten und indirekten Flügen und
zwischen indirekten Flügen … ebenfalls kein Anlass für wettbewerbsrechtliche
Bedenken festgestellt [wurde]; eine Ausnahme bildete nur die Marktposition von
[Lufthansa] und [Austrian] in Mittel- und Osteuropa“.
93
Auch ist festzustellen, dass die Kommission im 269. Erwägungsgrund der
angefochtenen Entscheidung ausführte, dass „[e]inige Befragte … in der
Marktuntersuchung in Phase I Bedenken bezüglich der starken Marktposition von
[Lufthansa] und [Austrian] in [Mittel- und Osteuropa] zum Ausdruck gebracht [haben]“,
wobei „Anlass für diese Bedenken … in erster Linie [war], dass [Lufthansa] nach
Umsetzung des Vorhabens einen erheblichen Anteil des so genannten
mitteleuropäischen Marktes kontrollieren werde, insbesondere, da [Lufthansa] die
wichtigsten Drehkreuze für Mittel- und Osteuropa kontrolliere und über sehr gut
ausgebaute Netze zur Abdeckung dieser Region verfüge“. Zudem wies die Kommission
darauf hin, dass „[i]n der gründlicheren Prüfung in der Marktuntersuchung in Phase II …
jedoch festgestellt [wurde], dass insbesondere die überwiegende Mehrheit der
Geschäftskunden keine nachteiligen Auswirkungen einer potenziell stärkeren Position
des durch den Zusammenschluss zu bildenden Unternehmens im Hinblick auf Flüge zu
Zielen in Mittel- und Osteuropa erkennt und auch auf alternative Wettbewerber verweist“.
94
Folglich ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung, dass die Kommission nach
ihren Angaben in einem ersten Schritt die Auswirkungen des Zusammenschlusses auf
die Strecken von Europa nach außerhalb Europas, worin also auch Osteuropa
inbegriffen ist, untersuchte, auf denen es bei den Dienstleistungen von Lufthansa und
Austrian Überschneidungen von Direktflügen und indirekten Flügen sowie
Überschneidungen indirekter Flüge gab. Diese Untersuchung ergab keine
wettbewerbsrechtlichen Bedenken für diese Strecken. Dann verwarf die Kommission in
einem zweiten Schritt die von einigen Teilnehmern an der Marktuntersuchung in Phase I
dieser Untersuchung geäußerten wettbewerbsrechtlichen Bedenken in Anbetracht der
Antworten, die die Teilnehmer an der Marktuntersuchung in der eingehenderen Phase II
dieser Untersuchung gegeben hatten.
95
Die Behauptung der Klägerin, die Kommission habe sich mit einem Verweis auf die
Ergebnisse der Marktuntersuchung begnügt, um zu erklären, weshalb für die Strecken
zwischen Mitteleuropa und Osteuropa keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken
bestünden, entbehrt somit einer Grundlage.
96
Das Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe im Rahmen der Untersuchung der
Wettbewerbssituation auf den Strecken zwischen Mitteleuropa und Osteuropa nicht
dargelegt, auf welchen dieser Strecken die Fluggesellschaften Air France-KLM, British
Airways, CSA und Malev glaubhafte Alternativen zu Lufthansa und Austrian dargestellt
hätten, ist ebenfalls zurückzuweisen.
97
Die Erwägungsgründe 270 und 271 der angefochtenen Entscheidung, in denen die
Kommission die vorstehend genannten Fluggesellschaften erwähnt, beziehen sich
nämlich nicht auf die Untersuchung, aufgrund deren die Kommission im 268.
Erwägungsgrund dieser Entscheidung zu der Feststellung gelangte, dass für die
Strecken zwischen Mitteleuropa und Osteuropa keine wettbewerbsrechtlichen Bedenken
bestünden. In Wirklichkeit handelt es sich um ein Eingehen auf die von der Kommission
im 269. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung in Bezug genommenen
Bedenken, die einige Teilnehmer an der Marktuntersuchung in Phase I dieser
Untersuchung geäußert hatten. Tatsächlich führte die Kommission im letztgenannten
Erwägungsgrund aus, dass einige Teilnehmer an der Marktuntersuchung Bedenken
hätten, dass Lufthansa infolge des Zusammenschlusses „einen erheblichen Anteil des
so genannten mitteleuropäischen Marktes kontrollieren werde, insbesondere, da
[Lufthansa] die wichtigsten Drehkreuze für Mittel- und Osteuropa kontrolliere und über
sehr gut ausgebaute Netze zur Abdeckung dieser Region verfüge“. Da sich diese
Bedenken nicht auf spezielle Strecken, sondern auf die angeblich stärkere Position von
Lufthansa auf dem gesamten „mitteleuropäischen Markt“ bezogen, beschränkte sich die
Kommission berechtigterweise auf die Feststellung, dass gemäß den Aussagen der
Teilnehmer an der Marktuntersuchung in Phase II wichtige Fluggesellschaften mit
umfassendem Streckennetz Mittel- und Osteuropa bedienten. Daraus kann also nicht
abgeleitet werden, dass die Kommission damit ihre Begründungspflicht verletzt hätte.
98
Zum Vorbringen der Klägerin, der Begründungsmangel der angefochtenen
Entscheidung hinsichtlich der Wettbewerbssituation auf den Strecken zwischen
Mitteleuropa und Osteuropa lasse sich nicht mit der Kürze der Frist für den Erlass einer
Entscheidung im Rahmen von Phase II des Prüfverfahrens erklären, da diese Frist erst
am 6. November 2009 abgelaufen sei, genügt der Hinweis, dass die Klägerin, wie oben
festgestellt, nicht dartut, dass die Kommission ihre Begründungspflicht in Bezug auf die
wettbewerbsrechtliche Untersuchung der Strecken zwischen Mitteleuropa und Osteuropa
verletzt hätte, so dass sich dieses Vorbringen als unbegründet erweist und
zurückzuweisen ist.
99
Soweit außerdem das Vorbringen der Klägerin dahin zu verstehen sein sollte, dass
damit der Kommission zum Vorwurf gemacht wird, dass die wettbewerbsrechtliche
Untersuchung aller Strecken zwischen Mitteleuropa und Osteuropa, auf denen es bei
den Dienstleistungen der Parteien des Zusammenschlusses Überschneidungen von
Direktflügen und indirekten Flügen sowie Überschneidungen indirekter Flüge gegeben
habe, nicht im Detail Eingang in die angefochtene Entscheidung gefunden habe, ist
daran zu erinnern, dass die nach Art. 296 AEUV vorgeschriebene Begründung der Natur
des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des Organs, das den
Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen muss, dass die
Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und das
zuständige
Gericht
seine
Kontrollaufgabe
wahrnehmen
kann.
Das
Begründungserfordernis ist daher nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere
nach dem Inhalt des Rechtsakts, der Art der angeführten Gründe und dem Interesse zu
beurteilen, das die Adressaten des Rechtsakts oder andere davon unmittelbar und
individuell betroffene Personen an Erläuterungen haben können. In der Begründung
brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu
brauchen nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen Gesichtspunkte genannt zu
werden, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des
Art. 296 AEUV genügt, nicht nur anhand seines Wortlauts zu beurteilen ist, sondern auch
anhand seines Kontextes sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden
Gebiet (Urteile vom 2. April 1998, Kommission/Sytraval und Brink’s France, C‑367/95 P,
Slg, EU:C:1998:154, Rn. 63, vom 22. Juni 2004, Portugal/Kommission, C‑42/01, Slg,
EU:C:2004:379, Rn. 66, und vom 15. April 2008, Nuova Agricast, C‑390/06, Slg,
EU:C:2008:224, Rn. 79).
100
Der Urheber eines Rechtsakts braucht jedoch nicht Stellung zu Gesichtspunkten von
eindeutig untergeordneter Bedeutung zu nehmen oder mögliche Einwände
vorwegzunehmen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 25. Oktober 2005, Deutschland und
Dänemark/Kommission, C‑465/02 und C‑466/02, Slg, EU:C:2005:636, Rn. 106).
Außerdem müssen die Anforderungen an die Genauigkeit der Begründung einer
Entscheidung den tatsächlichen Möglichkeiten sowie den technischen und zeitlichen
Bedingungen angepasst werden, unter denen die Entscheidung ergeht (Urteile vom 1.
Dezember 1965, Schwarze, 16/65, Slg, EU:C:1965:117, S. 1152, 1167 und 1168, sowie
vom 14. Februar 1990, Delacre u. a./Kommission, C‑350/88, Slg, EU:C:1990:71, Rn. 16).
So verstößt die Kommission nicht gegen ihre Begründungspflicht, wenn sie bei der
Ausübung ihrer Befugnis zur Kontrolle von Zusammenschlüssen in ihre Entscheidung
keine genaue Begründung für die Würdigung bestimmter Aspekte des
Zusammenschlusses aufnimmt, die ihrer Ansicht nach offenkundig neben der Sache
liegen oder keine oder eindeutig untergeordnete Bedeutung für die Einschätzung dieses
Zusammenschlusses haben (vgl. in diesem Sinne Urteil Kommission/Sytraval und
Brinkʼs France, oben in Rn. 99 angeführt, Rn. 64). Ein solches Erfordernis wäre nämlich
schwerlich mit dem Beschleunigungsgebot und den kurzen Verfahrensfristen vereinbar,
die für die Kommission bei der Ausübung ihrer Befugnis zur Kontrolle von
Zusammenschlüssen gelten und die zu den besonderen Umständen eines
Fusionskontrollverfahrens gehören. Daher ist, wenn die Kommission einen
Zusammenschluss auf der Grundlage des Art. 8 Abs. 2 der Fusionskontrollverordnung für
mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt, der Begründungspflicht genügt, wenn in
der Entscheidung deutlich dargelegt ist, aus welchen Gründen die Kommission der
Meinung ist, dass der fragliche Zusammenschluss, gegebenenfalls nach Änderungen
durch die beteiligten Unternehmen, einen wirksamen Wettbewerb im Gemeinsamen
Markt oder einem wesentlichen Teil davon insbesondere nicht durch die Begründung
oder Stärkung einer beherrschenden Stellung erheblich behindert.
101
In Anbetracht aber zum einen dessen, dass die Kommission bereits das Bestehen
wettbewerbsrechtlicher Bedenken für Strecken mit Überschneidungen von Direktflügen
festgestellt hatte – hinsichtlich deren die Fusionsparteien zufriedenstellende
Verpflichtungszusagen angeboten hatten – und dass sie keinerlei Anlass zu
wettbewerbsrechtlichen Bedenken für die Strecken mit Überschneidungen von
Direktflügen und indirekten Flügen sowie indirekter Flüge festgestellt hatte, zum anderen
der hohen Zahl der letztgenannten Strecken unter Berücksichtigung der Größe der
jeweiligen Streckennetze von Lufthansa und Austrian und schließlich der Verpflichtung,
eine Entscheidung zu erlassen, sobald keine ernsthaften Bedenken mehr bestehen,
namentlich aufgrund der Änderungen durch die am Zusammenschluss beteiligten
Unternehmen, konnte sie sich, ohne ihre Begründungspflicht zu verletzen, damit
Unternehmen, konnte sie sich, ohne ihre Begründungspflicht zu verletzen, damit
begnügen, die Wettbewerbssituation auf diesen Strecken so zu beschreiben, wie sie es
in den Erwägungsgründen 267 bis 273 der angefochtenen Entscheidung getan hat.
102
Daher ist der erste Teil des zweiten Klagegrundes, mit dem eine Verletzung der
Begründungspflicht in Bezug auf die Wettbewerbssituation auf den Strecken zwischen
Mitteleuropa und Osteuropa geltend gemacht wird, als unbegründet zurückzuweisen.
Zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes: unzureichende Sachverhaltsermittlung im
Rahmen der Marktuntersuchung
103
Die Klägerin macht geltend, die Kommission sei in Anbetracht der Umstände, unter
denen die Marktuntersuchung realisiert worden sei, materiell nicht in der Lage gewesen,
die Ergebnisse dieser Untersuchung betreffend die Marktbedingungen namentlich
hinsichtlich der Strecken zwischen Mitteleuropa und Osteuropa zu berücksichtigen.
104
Insbesondere bringt die Klägerin vor, die Kommission habe am 16. Juli 2009 im
Rahmen der Marktuntersuchung einen Fragebogen an die Mitbewerber von Lufthansa
und von Austrian versendet, der bis spätestens 24. Juli 2009 auszufüllen gewesen sei. In
diesem Fragebogen habe die Kommission eine Vielzahl von Informationen –
insbesondere zu den Flugstrecken nach Osteuropa und in den Mittleren Osten – erbeten.
Am 20. und 24. Juli 2009 habe die Kommission weitere, nur an die Klägerin gerichtete
Fragebögen übermittelt, die bis spätestens 27. bzw. 30. Juli 2009 auszufüllen gewesen
seien.
105
In der Folge habe Lufthansa am 27. Juli 2009 überarbeitete Verpflichtungszusagen
vorgeschlagen, die hinsichtlich der Bereitstellung von Zeitnischen insoweit weniger
weitgehend als die in Phase I der Prüfung des Zusammenschlusses angebotenen
gewesen seien, als sie die Abgabe von Zeitnischen für die Strecke Wien–Zürich nicht
mehr vorgesehen hätten, obwohl die Kommission, wie sich aus der Eröffnung von Phase
II der Prüfung ergebe, die Verpflichtungszusagen in Phase I für nicht ausreichend
erachtet habe.
106
Die Kommission habe noch am 27. Juli 2009 einen Fragebogen zu diesen neuen
Verpflichtungszusagen an die Wettbewerber versandt, der bis spätestens 30. Juli 2009
zu beantworten gewesen sei. In diesem Zusammenhang sei der Klägerin von einem
Mitglied des Arbeitsstabs der Kommission mitgeteilt worden, dass eine Auswertung der
zuvor übermittelten Fragebögen nicht mehr vorgenommen werde, sondern lediglich noch
die von Lufthansa zuletzt übermittelten Verpflichtungszusagen geprüft würden.
107
Außerdem betont die Klägerin, dass das zuständige Kommissionsmitglied, Neelie
Kroes, wie aus einer Pressemitteilung der Kommission hervorgehe, ihren Stab am 31.
Juli 2009, also nur einen Tag nach Ablauf der Bearbeitungsfrist für die letzten
Fragebögen, angewiesen habe, eine Entscheidung zur Genehmigung des
Zusammenschlusses zwischen Lufthansa und Austrian auszuarbeiten.
108
Die Kommission habe also offenkundig die von ihr selbst eingeleitete Untersuchung der
Marktverhältnisse insbesondere hinsichtlich der Flugstrecken nach Osteuropa nicht
ordnungsgemäß betrieben.
ordnungsgemäß betrieben.
109
Dazu ist darauf hinzuweisen, dass es Sache der Kommission ist, zu beurteilen, ob die
ihr vorliegenden Informationen für die wettbewerbliche Bewertung ausreichen, genauso
wie ihr die Beurteilung zusteht, ob die vorgelegten Verpflichtungszusagen mit
hinreichender Sicherheit die ausgemachten Wettbewerbsbedenken ausräumen.
110
Was als Erstes das Vorbringen der Klägerin betrifft, die Kommission habe die Antworten
auf den Fragebogen vom 16. Juli 2009 betreffend die Flugstrecken nach Osteuropa und
in den Mittleren Osten nicht berücksichtigt, so beruht es lediglich auf einer Aussage, die
ein Mitarbeiter der mit der Sache befassten Kommissionsdienststelle gegenüber der
Klägerin gemacht haben soll. Die Klägerin erbringt aber keinerlei Beweis für eine solche
Aussage, so dass das betreffende Vorbringen als bloße, unbewiesene Behauptung
zurückzuweisen ist.
111
Als Zweites ist zum Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe die Antworten auf
die Fragebögen zu den von den Fusionsparteien am 27. Juli 2009 vorgeschlagenen
neuen Verpflichtungszusagen aufgrund der kurzen Zeit zwischen der Frist für die
Beantwortung dieser Fragebögen und der Entscheidung des zuständigen
Kommissionsmitglieds, ihre Dienststellen mit der Ausarbeitung einer bedingten
Genehmigungsentscheidung zu beauftragen, nicht berücksichtigen können, darauf
hinzuweisen, dass die Kommission in ihren Schriftsätzen geltend macht, die Auswertung
der Antworten auf die Fragebögen zu diesen Verpflichtungszusagen habe aufgrund der
Geringfügigkeit der Änderungen an den von den Parteien des Zusammenschlusses am
10. Juli 2009 vorgelegten Verpflichtungszusagen sehr wenig Zeit in Anspruch
genommen.
112
Da die Verfahrensakte weder die Verpflichtungszusagen der Parteien des
Zusammenschlusses vom 10. Juli 2009 noch den Fragebogen vom 27. Juli 2009 zu den
Verpflichtungszusagen vom selben Tag und auch nicht die Antworten auf diesen
Fragebogen enthielt, hat das Gericht die Kommission mit prozessleitender Maßnahme
vom 18. Februar 2013 zur Vorlage dieser Dokumente aufgefordert, um zu prüfen, ob es
den Kommissionsdienststellen faktisch möglich war, die Antworten auf den Fragebogen
vom 27. Juli 2009 zu berücksichtigen, bevor sie durch das zuständige
Kommissionsmitglied zur Ausarbeitung einer bedingten Genehmigungsentscheidung
aufgefordert wurden.
113
Am 22. März 2013 hat die Kommission die Verpflichtungszusagen der Parteien des
Zusammenschlusses vom 27. Juli 2009 und die bis spätestens am frühen Morgen des
31. Juli 2009 eingegangenen Antworten auf den Fragebogen vom 27. Juli 2009 zu
diesen Verpflichtungszusagen vorgelegt. Sie hat in ihrem Schriftsatz, mit dem sie der
Aufforderung zur Vorlage von Dokumenten nachgekommen ist, angegeben, dass sie bei
ihrer Bewertung auch die von ihr nicht vorgelegten verspäteten Antworten, d. h. die am
Nachmittag des 31. Juli 2009 eingegangenen, berücksichtigt habe, was aber zu keinem
anderen Ergebnis geführt habe, so dass die Nichteinbeziehung dieser Antworten vor
Erlass
der
angefochtenen
Entscheidung
durch
das
Kollegium
der
Kommissionsmitglieder keine Folgen gehabt habe. Nicht vorgelegt hat sie dagegen die
Verpflichtungszusagen vom 10. Juli 2009.
114
Unter diesen Umständen hat das Gericht die Kommission mit einer neuerlichen
prozessleitenden
Maßnahme
aufgefordert,
die
von
den
Parteien
des
Zusammenschlusses am 10. Juli 2009 angebotenen Verpflichtungszusagen sowie alle
von ihr noch nicht beigebrachten Antworten auf den am 27. Juli 2009 an die
Marktteilnehmer gerichteten Fragebogen vorzulegen. Die Kommission ist dieser
Aufforderung am 19. August 2013 nachgekommen.
115
Bei einer vergleichenden Betrachtung der Verpflichtungszusagen der Parteien des
Zusammenschlusses vom 10. und 27. Juli 2009 lässt sich feststellen, dass sich die
Unterschiede zwischen ihnen allein auf die Bereitstellung von Zeitnischen für die
Strecken zwischen identifizierten Städtepaaren durch die Fusionsparteien beschränken.
Insbesondere sehen die Verpflichtungszusagen vom 27. Juli 2009 vor, dass neuen
Marktteilnehmern vier Zeitnischen täglich für die Strecke Wien–München zur Verfügung
gestellt werden, während die Verpflichtungszusagen vom 10. Juli 2009 die Bereitstellung
von zwei täglichen Zeitnischen für die Strecke Wien–Genf vorsahen. Auch bei der Art
und Weise der Überarbeitung der bestehenden Vereinbarungen zwischen Lufthansa und
der Klägerin in Bezug auf die Zurverfügungstellung von Zeitnischen für die Strecke
Wien–Frankfurt am Main entsprechend den Verpflichtungszusagen von Lufthansa gibt es
leichte Unterschiede (Nrn. 1.1.1 und 1.1.3 der beiden aufeinanderfolgenden Fassungen
der Verpflichtungszusagen). Unter Berücksichtigung sämtlicher von den Parteien des
Zusammenschlusses eingegangener Verpflichtungszusagen können diese Änderungen
ungeachtet ihrer besonderen Bedeutung für die Klägerin als leicht eingestuft werden.
116
Trotz der Vielzahl von Antworten, die die Kommission auf den am 27. Juli 2009 an die
Marktteilnehmer gerichteten Fragebogen erhielt, stellte es daher für die
Kommissionsdienststellen ersichtlich keine unmögliche Aufgabe dar, diese Antworten zu
analysieren, bevor sie durch das zuständige Kommissionsmitglied auf der Grundlage
namentlich
dieser
Analyse
zur
Ausarbeitung
einer
bedingten
Genehmigungsentscheidung aufgefordert wurden.
117
Demzufolge ist der zweite Teil des zweiten Klagegrundes und damit auch der zweite
Klagegrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.
2 . Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 und 3 EG, gegen Art. 8 der
Fusionskontrollverordnung und gegen die Leitlinien von 2004
118
Der erste Klagegrund besteht aus fünf Teilen. Mit dem ersten wird ein offensichtlicher
Beurteilungsfehler hinsichtlich der Definition des für die Beurteilung der
Wettbewerbsauswirkungen des Zusammenschlusses räumlich relevanten Marktes
geltend gemacht. Mit dem zweiten wird ein offensichtlicher Beurteilungsfehler
hinsichtlich der Wettbewerbsauswirkungen des Zusammenschlusses auf die Strecken
zwischen Deutschland und Österreich gerügt. Mit dem dritten wird ein offensichtlicher
Beurteilungsfehler hinsichtlich der Folgen des Zusammenschlusses für die Strecken
zwischen Mitteleuropa und außerhalb der Union liegenden Zielen Osteuropas
beanstandet. Der vierte wird auf einen offensichtlichen Beurteilungsfehler hinsichtlich der
Fähigkeit der Mitbewerber von Lufthansa und von Austrian, sich nach dem
Zusammenschluss auf dem relevanten Markt zu halten oder Zutritt zu ihm zu erlangen,
gestützt. Mit dem fünften wird ein offensichtlicher Beurteilungsfehler hinsichtlich der
gestützt. Mit dem fünften wird ein offensichtlicher Beurteilungsfehler hinsichtlich der
Eignung der Verpflichtungszusagen, die durch den Zusammenschluss hervorgerufenen
wettbewerbsrechtlichen Bedenken auszuräumen, geltend gemacht.
Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes: offensichtlicher Beurteilungsfehler
hinsichtlich der Definition des räumlich relevanten Marktes
119
Die Klägerin wirft der Kommission im Wesentlichen vor, sie habe den räumlich
relevanten Markt nach dem O&D-Ansatz definiert und sei an ihn nicht mit einem
globaleren Ansatz herangegangen, der geeigneter gewesen wäre, die Auswirkungen
des Zusammenschlusses zweier Fluggesellschaften mit umfassendem Streckennetz wie
Lufthansa und Austrian auf den Wettbewerb zu beurteilen.
Zur Marktdefinition durch die Kommission nach dem O&D-Ansatz
120
Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach Abschnitt 6 des Formblatts CO zur Anmeldung
eines Zusammenschlusses gemäß der Fusionskontrollverordnung in Anhang I der
Verordnung (EG) Nr. 802/2004 der Kommission vom 7. April 2004 zur Durchführung der
[Fusionskontrollverordnung] (ABl. L 133, S. 1) „[d]ie Marktmacht der neuen aus dem
Zusammenschluss hervorgehenden Einheit … anhand der relevanten Produktmärkte
und der relevanten geographischen Märkte bewertet [wird]“.
121
In diesem Abschnitt 6 wird unter der Überschrift „I. Relevante Produktmärkte“ Folgendes
klargestellt:
„Der relevante Produktmarkt umfasst sämtliche Erzeugnisse und/oder Dienstleistungen,
die von den Verbrauchern hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preise und ihres
vorgesehenen Verwendungszwecks als austauschbar oder substituierbar angesehen
werden. …
Zur Bestimmung des relevanten Produktmarktes nach Maßgabe der vorstehenden
Definition wird unter anderem untersucht, warum bestimmte Waren oder
Dienstleistungen einbezogen und andere davon ausgenommen werden, wobei die
Substituierbarkeit auf der Verbraucherseite, die Wettbewerbsbedingungen, die Preise,
die Kreuzpreiselastizität der Nachfrage und sonstige für die Definition der Produktmärkte
erheblichen Faktoren (z. B. in geeigneten Fällen die Substituierbarkeit auf der
Angebotsseite) herangezogen werden.“
122
Ebenfalls in Abschnitt 6 wird unter der Überschrift „II. Die räumlich relevanten Märkte“
ausgeführt:
„Der räumlich relevante Markt umfasst das Gebiet, in dem die beteiligten Unternehmen
die relevanten Produkte oder Dienstleistungen anbieten und nachfragen, in dem die
Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind und das sich von benachbarten
Gebieten durch spürbar unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen unterscheidet.
Maßgebliche Faktoren für die Bestimmung des geographisch relevanten Marktes sind
unter anderem Art und Eigenschaften der betroffenen Produkte oder Dienstleistungen,
die Existenz von Marktzutrittsschranken oder Verbraucherpräferenzen, deutlich
unterschiedliche Marktanteile der Unternehmen zwischen räumlich benachbarten
Gebieten oder wesentliche Preisunterschiede.“
123
Die Bekanntmachung der Kommission vom 9. Dezember 1997 über die Definition des
relevanten Marktes im Sinne des Wettbewerbsrechts der Gemeinschaft (ABl. C 372, S. 5,
im Folgenden: Bekanntmachung über die Marktdefinition), auf die das Formblatt CO in
Anhang I der Verordnung Nr. 802/2004 verweist, stellt die Grundsätze für die Definition
des Marktes klar.
124
So heißt es hinsichtlich der „Wettbewerbskräfte“ in Rn. 13 der Bekanntmachung über
die Marktdefinition:
„[Die] Wettbewerbskräfte, denen die Unternehmen unterliegen, speisen sich
hauptsächlich aus drei Quellen: Nachfragesubstituierbarkeit, Angebotssubstituierbarkeit
und potenzieller Wettbewerb. Aus wirtschaftlicher Sicht – im Hinblick auf die Definition
des relevanten Marktes – stellt die Möglichkeit der Nachfragesubstitution die
unmittelbarste und wirksamste disziplinierende Kraft dar, die auf die Anbieter eines
gegebenen Produkts einwirkt, vor allem was ihre Preisentscheidungen anbetrifft. …“
125
Ferner wird in Rn. 14 der Bekanntmachung über die Marktdefinition festgestellt:
„Die Wettbewerbskräfte, die durch die Angebotssubstituierbarkeit – außer was die unter
den Randnummern 20 bis 23 genannten Fälle anbetrifft – und den potenziellen
Wettbewerb gegeben sind, wirken im allgemeinen weniger unmittelbar und erfordern auf
jeden Fall die Untersuchung weiterer Faktoren. Im Ergebnis werden diese Kräfte im
Rahmen der wettbewerblichen Würdigung als Teil der wettbewerblichen Prüfung
berücksichtigt.“
126
In der Folge bestimmt die Bekanntmachung über die Marktdefinition, was unter
Nachfragesubstituierbarkeit, Angebotssubstituierbarkeit und potenziellem Wettbewerb zu
verstehen ist.
127
So wird in Rn. 15 der Bekanntmachung über die Marktdefinition ausgeführt:
„Die Beurteilung der Substituierbarkeit der Nachfrage erfordert eine Bestimmung
derjenigen Produkte, die von den Abnehmern als austauschbar angesehen werden. Eine
Möglichkeit, diese Bestimmung vorzunehmen, lässt sich als ein gedankliches
Experiment betrachten, bei dem von einer geringen, nicht vorübergehenden Änderung
der relativen Preise ausgegangen und eine Bewertung der wahrscheinlichen Reaktion
der Kunden vorgenommen wird. Aus verfahrensmäßigen und praktischen Erwägungen
steht bei der Marktabgrenzung der Preis im Mittelpunkt, genauer gesagt die
Nachfragesubstitution aufgrund kleiner, dauerhafter Änderungen bei den relativen
Preisen. …“
128
Nach Rn. 16 der Bekanntmachung über die Marktdefinition bedeutet diese
Vorgehensweise, „dass, ausgehend von den verschiedenen Produkten, die von den
beteiligten Unternehmen verkauft werden, und dem Gebiet, in dem diese Produkte
verkauft werden, bestimmte Produkte und Gebiete in die Marktdefinition zusätzlich
einbezogen oder davon ausgenommen werden, je nachdem, ob der von diesen
Produkten und Gebieten ausgehende Wettbewerb das Preisgebaren der Parteien [des
Produkten und Gebieten ausgehende Wettbewerb das Preisgebaren der Parteien [des
Zusammenschlusses] kurzfristig beeinflusst oder beschränkt“.
129
Im Rahmen dieser Vorgehensweise stellt Rn. 17 der Bekanntmachung über die
Marktdefinition klar:
„Die zu beantwortende Frage lautet, ob die Kunden der Parteien [des
Zusammenschlusses] als Reaktion auf eine angenommene kleine, bleibende Erhöhung
der relativen Preise (im Bereich zwischen 5 und 10 %) für die betreffenden Produkte und
Gebiete auf leicht verfügbare Substitute [oder ortsfremde Anbieter] ausweichen würden.
Ist die Substitution so groß, dass durch den damit einhergehenden Absatzrückgang eine
Preiserhöhung nicht mehr einträglich wäre, so werden in den … relevanten Markt so
lange weitere Produkte und Gebiete einbezogen, bis kleine, dauerhafte Erhöhungen der
relativen Preise einen Gewinn einbrächten. …“
130
In Rn. 20 der Bekanntmachung über die Marktdefinition wird zur
Angebotssubstituierbarkeit Folgendes ausgeführt:
„Der Substituierbarkeit auf der Angebotsseite kann bei der Definition der Märkte dann
ebenfalls Rechnung getragen werden, wenn sie sich genauso wirksam und unmittelbar
auswirkt wie die Nachfragesubstituierbarkeit. Dies setzt jedoch voraus, dass die Anbieter
in Reaktion auf kleine, dauerhafte Änderungen bei den relativen Preisen in der Lage
sind, ihre Produktion auf die relevanten Erzeugnisse umzustellen und sie kurzfristig …
auf den Markt zu bringen, ohne spürbare Zusatzkosten oder Risiken zu gewärtigen. Sind
diese Voraussetzungen erfüllt, so üben die zusätzlich auf den Markt gelangenden
Produkte auf das Wettbewerbsgebaren der beteiligten Unternehmen eine
disziplinierende Wirkung aus. Dieses Ergebnis ist hinsichtlich Wirksamkeit und
Unmittelbarkeit dem Nachfrage-Substitutionseffekt gleichwertig.“
131
In Rn. 21 der Bekanntmachung über die Marktdefinition steht zu lesen:
„Zu einer solchen Konstellation kommt es gewöhnlich dann, wenn Unternehmen
verschiedenste Sorten oder Qualitäten eines Produktes absetzen; selbst wenn für einen
bestimmten Endverbraucher oder bestimmte Verbrauchergruppen Produkte
unterschiedlicher Güte nicht substituierbar sind, werden sie einem einzigen Produktmarkt
zugeordnet, sofern die meisten Anbieter in der Lage sind, die verschiedenen Produkte
unverzüglich und ohne die erwähnten erheblichen Zusatzkosten zu verkaufen. In diesen
Fällen umfasst der sachlich relevante Markt sämtliche Produkte, die sowohl von der
Nachfrage als auch vom Angebot her substituierbar sind, und es wird der derzeitige
Gesamtabsatz dieser Produkte ermittelt, um den Gesamtwert oder den Gesamtumfang
des Marktes zu bestimmen. Aus denselben Erwägungen kann es angezeigt sein,
verschiedene räumliche Gebiete zusammenzulegen.“
132
Demgegenüber wird in Rn. 24 der Bekanntmachung über die Marktdefinition
festgestellt:
„Der dritte Faktor, der Wettbewerbsdruck erzeugt, nämlich der potenzielle Wettbewerb,
wird bei der Marktdefinition nicht herangezogen, da die Voraussetzungen, unter denen
potenzieller Wettbewerb eine wirksame Wettbewerbskraft darstellt, von bestimmten
Faktoren und Umständen im Zusammenhang mit den Markteintrittsbedingungen
Faktoren und Umständen im Zusammenhang mit den Markteintrittsbedingungen
abhäng[en]. Sofern erforderlich, wird diese Untersuchung in einer späteren Stufe
vorgenommen, wenn die Stellung der beteiligten Unternehmen auf dem relevanten Markt
bestimmt worden ist und diese Stellung zu Wettbewerbsbedenken Anlass gibt.“
133
Die Unionsgerichtsbarkeit hat bereits klargestellt, wie der relevante Markt im
spezifischen Sektor der Passagierverkehrslinienflüge im Rahmen der Anwendung von
Art. 82 EG zu definieren ist.
134
Gemäß der Rechtsprechung kann nämlich Art. 82 EG, sofern seine
Tatbestandsmerkmale erfüllt sind, unter bestimmten Voraussetzungen die Anwendung
von Tarifen erfassen, die auf einer oder mehreren Linienflugstrecken praktiziert werden,
wenn die Tarife durch bilaterale oder multilaterale Vereinbarungen zwischen
Luftfahrtunternehmen festgesetzt worden sind (vgl. entsprechend Urteil vom 11. April
1989, Saeed Flugreisen und Silver Line Reisebüro, 66/86, Slg, EU:C:1989:140, Rn. 38).
135
Um zu beurteilen, ob ein Luftfahrtunternehmen, das Linienflüge betreibt, eine
beherrschende Stellung auf dem Markt innehat, ist zunächst der Markt der relevanten
Beförderungsleistungen abzugrenzen. Dazu gibt es zwei Thesen: Nach der ersten stellt
der Linienflugsektor einen gesonderten Markt dar, und nach der zweiten sind alternative
Beförderungsmöglichkeiten wie im Charterflug-, Eisenbahn- oder Straßenverkehr sowie
Linienflüge auf anderen, als Ersatz in Betracht kommenden Strecken zu berücksichtigen
(vgl. entsprechend Urteil Saeed Flugreisen und Silver Line Reisebüro, oben in Rn. 134
angeführt, EU:C:1989:140, Rn. 39).
136
Entscheidend ist insoweit, ob die besonderen Merkmale des Linienflugs auf einer
bestimmten Strecke im Vergleich zu den alternativen Beförderungsmöglichkeiten so
kennzeichnend sind, dass er mit Letzteren nur in geringem Maß austauschbar und ihrer
Konkurrenz nur in wenig spürbarer Weise ausgesetzt ist (vgl. entsprechend Urteil Saeed
Flugreisen und Silver Line Reisebüro, oben in Rn. 134 angeführt, EU:C:1989:140,
Rn. 40).
137
Die Anwendung dieses Kriteriums führt in den verschiedenen Fallgestaltungen nicht
zwangsläufig zu übereinstimmenden Ergebnissen, da für bestimmte Flugstrecken
wirksamer Wettbewerb nicht möglich ist. Grundsätzlich kann jedoch, insbesondere im
innergemeinschaftlichen Linienverkehr, die wirtschaftliche Macht einer Fluggesellschaft
auf
einer
Linienflugstrecke
von
der
Wettbewerbssituation
anderer
Beförderungsunternehmen abhängen, die dieselbe Strecke oder eine als Ersatz in
Betracht kommende Strecke bedienen (vgl. entsprechend Urteil Saeed Flugreisen und
Silver Line Reisebüro, oben in Rn. 134 angeführt, EU:C:1989:140, Rn. 41).
138
Wie sich aus der angefochtenen Entscheidung ergibt, hat die Kommission im Rahmen
der Fusionskontrolle im Sektor Passagierverkehrslinienflüge den O&D-Ansatz
entwickelt, der einem „Ausgangsort‒Zielort“-Ansatz nach Städtepaaren entspricht und
die Wahrnehmung auf der Nachfrageseite widerspiegelt, wonach die Verbraucher
sämtliche Optionen einschließlich anderer Beförderungsarten in Betracht ziehen, um von
einem Ausgangsort an einen Zielort zu gelangen. Bei diesem Ansatz bildet jede
Kombination eines Ausgangs- und eines Zielorts einen gesonderten Markt. Wie die
Kommission betont, wird der O&D-Ansatz von den nationalen Wettbewerbsbehörden
Kommission betont, wird der O&D-Ansatz von den nationalen Wettbewerbsbehörden
anerkannt (siehe z. B. die Entscheidung 09‑DCC‑17 der französischen
Wettbewerbsbehörde vom 7. Juli 2009, Financière LMP SAS/Financière Linair SAS/Brit
Air SA, Rn. 22, und die Entscheidung des belgischen Wettbewerbsrats vom 24.
Dezember 2004, SN Airholding II/Virgin Express, Nr. 4.2).
139
Dass der O&D-Ansatz mit den in der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundlinien
in Einklang steht, ist vom Gericht im Urteil vom 19. Mai 1994, Air France/Kommission
(T‑2/93, Slg, EU:T:1994:55, Rn. 84), bestätigt und in jüngerer Zeit im Urteil vom 4. Juli
2006, easyJet/Kommission (T‑177/04, Slg, EU:T:2006:187, Rn. 56), bekräftigt worden.
Dabei betraf im Urteil easyJet/Kommission (EU:T:2006:187) die angefochtene
Entscheidung einen Zusammenschluss zwischen zwei Fluggesellschaften mit
umfassendem Streckennetz, nämlich Air France und KLM.
140
Daher kann die Rüge, die auf die Zugrundelegung des O&D-Ansatzes bei der
Marktdefinition gestützt wird, bereits auf der Grundlage der vorstehend genannten
Rechtsprechung als unbegründet zurückgewiesen werden.
141
Daran können auch die verschiedenen Argumente der Klägerin nichts ändern.
142
Was als Erstes ihr Argument betrifft, die Kommission habe den O&D-Ansatz in der
Entscheidung Lufthansa/BMI nicht herangezogen, ist darauf hinzuweisen, dass ein
Kläger, wenn die Kommission über die Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit
dem Gemeinsamen Markt anhand einer diesem Zusammenschluss eigenen Anmeldung
und Aktenlage entscheidet, gegen die Feststellungen der Kommission nicht einwenden
kann, dass diese von früher in einer anderen Sache anhand einer anderen Anmeldung
und Aktenlage getroffenen Feststellungen abweichen, was auch dann gilt, wenn die
betreffenden Märkte in den beiden Sachen ähnlich oder gar identisch sind. Soweit sich
die Klägerin im vorliegenden Fall auf Analysen der Kommission in einer früheren
Entscheidung beruft, ist dieser Teil ihres Vorbringens daher irrelevant (Urteil vom 14.
Dezember 2005, General Electric/Kommission, T‑210/01, Slg, EU:T:2005:456, Rn. 118).
143
Selbst wenn man annimmt, dass diese Rüge dahin umgedeutet werden könnte, dass
damit eine Verletzung des Vertrauensschutzes beanstandet wird, können die
Wirtschaftsteilnehmer kein berechtigtes Vertrauen in die Beibehaltung einer früheren
Entscheidungspraxis, an der Änderungen vorgenommen werden können, für sich
beanspruchen. Umso weniger kann der Vertrauensschutz herangezogen werden, um in
einem bestimmten Verfahren getroffene Feststellungen oder Beurteilungen auf der
Grundlage von Feststellungen oder Beurteilungen anzufechten, die in nur einer früheren
Sache getroffen wurden (Urteil General Electric/Kommission, oben in Rn. 142 angeführt,
EU:T:2005:456, Rn. 119).
144
Weder die Kommission noch gar das Gericht ist jedenfalls im vorliegenden Fall durch
die Sachfeststellungen und wirtschaftlichen Beurteilungen in der Entscheidung
Lufthansa/BMI gebunden. Selbst bei der Annahme, dass die Analyse in den beiden
Entscheidungen unterschiedlich ist, ohne dass dieser Unterschied objektiv gerechtfertigt
wäre, müsste das Gericht die angefochtene Entscheidung im vorliegenden Verfahren nur
dann für nichtig erklären, wenn diese und nicht die Entscheidung Lufthansa/BMI
fehlerhaft wäre (Urteil General Electric/Kommission, oben in Rn. 142 angeführt,
fehlerhaft wäre (Urteil General Electric/Kommission, oben in Rn. 142 angeführt,
EU:T:2005:456, Rn. 120).
145
Als Zweites ist zum Argument der Klägerin, der in der angefochtenen Entscheidung für
die Definition des relevanten Marktes herangezogene O&D-Ansatz entspreche nicht der
Marktdefinition, die die Kommission der Entscheidung über den Umstrukturierungsplan
zugrunde gelegt habe, darauf hinzuweisen, dass sich diese Entscheidungen, obwohl sie
beide die Bedingungen der Übernahme von Austrian durch Lufthansa betreffen, doch
sowohl in ihrem Gegenstand – einerseits die Genehmigung einer staatlichen Beihilfe
und andererseits die Genehmigung eines Zusammenschlusses – als auch in ihrer
Rechtsgrundlage – einerseits Art. 88 Abs. 2 Unterabs. 1 EG und andererseits Art. 8
Abs. 2 der Fusionskontrollverordnung – unterscheiden.
146
Bei der Prüfung der nach Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG genehmigungsfähigen staatlichen
Beihilfen muss die Kommission darauf achten, dass sie die Handelsbedingungen nicht
in einer Weise verändern, die dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Die
Korrekturmaßnahmen, die die Kommission zwecks der Genehmigung einer solchen
staatlichen Beihilfe zur Auflage machen kann, stehen somit in Beziehung zu der Weise,
in der die fragliche Beihilfe die Handelsbedingungen berühren kann. Im Fall der
Entscheidung über den Umstrukturierungsplan soll die in Rede stehende Beihilfe den
Abbau der Schulden von Austrian sicherstellen und steht im Zusammenhang mit einem
Umstrukturierungsplan,
mit
dem
die
Wiederherstellung
der
langfristigen
Überlebensfähigkeit des Unternehmens gewährleistet werden soll. Die Auswirkungen
dieser Beihilfe beschränken sich deshalb nicht auf einen spezifischen Markt, auf dem
Austrian vertreten wäre, sondern erstrecken sich auf deren globale Situation. Aus diesem
Grund betreffen die von der Kommission in der Entscheidung über den
Umstrukturierungsplan zur Auflage gemachten Korrekturmaßnahmen, also die
Verringerung der Sitzplatzkilometer und die Wachstumsbeschränkung für Austrian
während eines bestimmten Zeitraums, nicht einen spezifischen Markt, sondern vielmehr
die Fähigkeit von Austrian, die Handelsbedingungen global zu beeinträchtigen. So heißt
es auch in Fn. 1 der Bekanntmachung über die Marktdefinition, dass „[b]ei der Bewertung
staatlicher Beihilfen … der Beihilfeempfänger und der betreffende Wirtschaftszweig im
Vordergrund [stehen] und nicht so sehr die Feststellung der Wettbewerbskräfte, denen
der Beihilfeempfänger ausgesetzt ist“.
147
Dagegen muss sich die Kommission bei der Fusionskontrolle nach Art. 2 Abs. 2 und 3
der Fusionskontrollverordnung vergewissern, dass der Zusammenschluss wirksamen
Wettbewerb im Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben nicht
erheblich behindert. Im Vordergrund steht also die Auswirkung des Zusammenschlusses
auf die Wettbewerbskräfte. Aus diesem Grund sollen die Verpflichtungszusagen, die von
den anmeldenden Parteien angeboten und von der Kommission in der angefochtenen
Entscheidung akzeptiert wurden, den wettbewerbsrechtlichen Bedenken abhelfen, zu
denen der Zusammenschluss auf den Märkten Anlass gab, auf denen die
Fusionsparteien vor dem Zusammenschluss im Wettbewerb miteinander standen.
148
Daraus ergibt sich, dass entgegen den Ausführungen der Klägerin die Definition des
relevanten Marktes nach dem O&D-Ansatz in der angefochtenen Entscheidung
keineswegs im Widerspruch zu der globalen Wahrnehmung des potenziell von der
staatlichen Beihilfe für Lufthansa betroffenen Marktes in der Entscheidung über den
staatlichen Beihilfe für Lufthansa betroffenen Marktes in der Entscheidung über den
Umstrukturierungsplan steht.
149
Was als Drittes das Vorbringen der Klägerin anbelangt, dass die Kommission die Wahl
des O&D-Ansatzes für die Definition des relevanten Marktes zu Unrecht mit den
Ergebnissen der Marktuntersuchung gerechtfertigt habe, ist mit der Kommission
festzustellen, dass es erstmals in der Erwiderung formuliert worden ist.
150
Allerdings soll dieses Vorbringen die Auslegung der Ergebnisse der Marktuntersuchung
durch die Kommission in Frage stellen, die sie erstmals in der Anlage zu ihrer
Klagebeantwortung vorgelegt hat. Das Vorbringen ist daher mit Blick auf Art. 48 § 2 der
Verfahrensordnung als zulässig anzusehen, da es auf Gründe gestützt wird, die erst
während des Verfahrens zutage getreten sind (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 28.
September 1999, Yasse/EIB, T‑141/97, SlgÖD, EU:T:1999:177, Rn. 126 bis 128).
Folglich ist seine Begründetheit zu prüfen.
151
Die Klägerin macht zunächst geltend, die Kommission habe mit der Marktuntersuchung
keine Sachangaben zusammengetragen, anhand deren sie hätte überprüfen können, ob
der O&D-Ansatz im vorliegenden Fall geeignet sei, sondern sie habe von den befragten
Marktteilnehmern lediglich wissen wollen, ob sie diesem Ansatz zustimmten, so dass die
Wahl dieser Methode allein aus einem Votum dieser Marktteilnehmer resultiere.
152
Insoweit ist festzustellen, dass sich die Klägerin, wie aus Rn. 56 der Klageschrift
hervorgeht, nicht gegen die Geeignetheit des von der Kommission herangezogenen
O&D-Ansatzes in früheren Fusionssachen wendet. Damit erkennt sie implizit an, dass
die Heranziehung des O&D-Ansatzes zur Bestimmung des relevanten Marktes im Sektor
Passagierverkehrslinienflüge eine eingeführte Praxis darstellt. Außerdem hat das Gericht
den O&D-Ansatz als zur Bestimmung des relevanten Marktes im Sektor
Passagierverkehrslinienflüge für geeignet befunden (vgl. oben, Rn. 139). Überdies ergibt
sich aus Anlage B.1 zur Klagebeantwortung, die einem Teil der Ergebnisse der
Marktuntersuchung in der vorliegenden Sache entspricht, dass die Kommission in Phase
I der Marktuntersuchung den Wettbewerbern, den Firmenkunden und den Reisebüros
nicht nur die Frage stellte, ob sie dem herkömmlichen, von der Substituierbarkeit auf der
Nachfrageseite ausgehenden O&D-Ansatz zustimmten, sondern sie darüber hinaus
aufforderte, Anmerkungen zu ihren Antworten zu machen, was, wie von der Klägerin
selbst eingeräumt wird, auch geschehen ist. Folglich kann entgegen dem Vorbringen der
Klägerin nicht davon ausgegangen werden, dass mit der Marktuntersuchung im
vorliegenden Fall nur das Votum der Teilnehmer an der Marktuntersuchung zur
Geeignetheit des O&D-Ansatzes eingeholt worden wäre.
153
Die Klägerin macht weiter geltend, die Kommission habe den Rückgriff auf den O&D-
Ansatz nicht mit den Antworten der im Rahmen der Marktuntersuchung befragten
Wirtschaftsteilnehmer begründen können, da die Marktuntersuchung nicht repräsentativ
sei, wenn man berücksichtige, wie wenige Marktteilnehmer gemessen an den tausenden
auf dem relevanten Markt tätigen Wirtschaftsteilnehmern befragt worden seien.
154
Dazu ergibt sich – ebenfalls aus Anlage B.1 zur Klagebeantwortung –, dass die
Kommission 31 Mitbewerber der Parteien des Zusammenschlusses, einschließlich der
Klägerin, 35 Firmenkunden und 18 Reisebüros befragte. Bei der Beurteilung der
Klägerin, 35 Firmenkunden und 18 Reisebüros befragte. Bei der Beurteilung der
Repräsentativität der Ergebnisse der Marktuntersuchung in diesem Punkt sind die
Umstände zu berücksichtigen, unter denen sie durchgeführt wurde.
155
Da die Anlage B.1 zur Klagebeantwortung weder über die Gesamtzahl der von der
Kommission zur Geeignetheit des O&D-Ansatzes befragten Wirtschaftsteilnehmer noch
über die Identität der Teilnehmer an der Marktuntersuchung oder ihr relatives Gewicht im
Sektor Passagierverkehrslinienflüge Aufschluss gibt, hat das Gericht die Kommission am
18. Februar 2013 um Mitteilung gebeten, welche Methode sie verwendet hat, um
sicherzustellen, dass die Antworten, die von den Wettbewerbern, den Firmenkunden und
den Reisebüros im Rahmen der während Phase I der Prüfung des Zusammenschlusses
durchgeführten Marktuntersuchung gegeben wurden, repräsentativ sind.
156
In ihrer Antwort auf diese prozessleitende Maßnahme hat die Kommission angegeben,
dass die von ihr im Rahmen der Marktuntersuchung befragten Unternehmen die
Wettbewerber, die potenziellen Wettbewerber und die größten unabhängigen Abnehmer
der Parteien des Zusammenschlusses gewesen seien, deren Name sowie Adress- und
Kontaktdaten ihr von den anmeldenden Parteien gemäß den Ziff. 7.3, 8.9 und 8.6 des in
Anhang I der Verordnung Nr. 802/2004 enthaltenen und in deren Art. 3 Abs. 1 und 4
Abs. 1 in Bezug genommenen Formblatts CO mitgeteilt worden seien. Die Kommission
hat unter Hinweis auf ihre eigene Marktkenntnis aus der Untersuchung zahlreicher
weiterer Zusammenschlussvorhaben im Luftverkehrssektor klargestellt, dass sich unter
den fraglichen Unternehmen alle Fluggesellschaften, die auf den in der Entscheidung
identifizierten Märkten mit den Parteien des Zusammenschlusses im Wettbewerb
ständen, sowie die meisten der bedeutenden Firmenkunden und Reisevermittler
befunden hätten. Außerdem hat sie betont, dass für die Beurteilung des
Zusammenschlussvorhabens das bloße Zahlenverhältnis, d. h. das Verhältnis zwischen
den positiven und den negativen Antworten auf eine Frage, nicht maßgeblich sei. Sie
nehme vielmehr eine Gesamtwürdigung vor, bei der verschiedene Faktoren eine Rolle
spielen könnten wie die Begründungen für die jeweilige Antwort, die nach den
Umständen zu erwartenden Kenntnisse des befragen Unternehmens (z. B. Dauer der
Marktpräsenz eines Unternehmens, seine Bedeutung als Wettbewerber oder Kunde der
Parteien des Zusammenschlusses, sein konkretes Tätigkeitsfeld) oder die besonderen
Interessen der einzelnen befragten Unternehmen (z. B. das Interesse eines
Wettbewerbers, den Zusammenschluss in Anbetracht seiner eigenen Expansionspolitik
zu verhindern, oder das Interesse am Kauf von zur Verfügung gestellten Zeitnischen im
Fall von Verpflichtungszusagen). Um ein möglichst repräsentatives Bild der
Marktverhältnisse zu erlangen, habe sich die Kommission auch an andere sachkundige
Marktteilnehmer gewandt (z. B. Flughäfen, Luftfahrtbehörden und Zeitnischen-
Koordinatoren). Hinzu sei die ökonomische Analyse objektiver Daten gekommen.
Darüber hinaus sei die Repräsentativität der Marktuntersuchung durch die Bekanntgabe
der Anmeldung des Zusammenschlusses im Sinne des Art. 4 Abs. 3 der Verordnung
Nr. 139/2004 sichergestellt worden, mit der interessierte Dritte aufgefordert würden,
etwaige Stellungnahmen zu dem Zusammenschlussvorhaben bei der Kommission
einzureichen.
157
Auf Aufforderung in der mündlichen Verhandlung, sich zu den von der Kommission
gegebenen zusätzlichen Informationen zur Repräsentativität der Marktuntersuchung zu
gegebenen zusätzlichen Informationen zur Repräsentativität der Marktuntersuchung zu
äußern, hat sich die Klägerin mit dem Vorbringen begnügt, dass mangels Offenlegung
der Identität der Teilnehmer an der Marktuntersuchung nicht beurteilt werden könne, ob
sie auf den in Rede stehenden Strecken tätig seien, und damit auch nicht, ob die
Marktuntersuchung repräsentativ sei.
158
Dazu genügt der Hinweis, dass sich die Marktuntersuchung, anders als die Klägerin
anzunehmen scheint, nicht auf die Wettbewerber der anmeldenden Parteien auf dem
räumlich relevanten Markt beschränkt, sondern sich auch auf die potenziellen
Wettbewerber und die Kunden der anmeldenden Parteien auf diesem Markt erstreckt.
159
Vor diesem Hintergrund ist die Behauptung der Klägerin hinsichtlich der mangelnden
Repräsentativität der Marktuntersuchung als unbegründet zurückzuweisen.
160
Schließlich ist auch das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, die Kommission
habe nicht berücksichtigt, dass eine Vielzahl von Wettbewerbern im Rahmen der
Marktuntersuchung die Notwendigkeit geäußert habe, den Netzwerkeffekten Rechnung
zu tragen.
161
Wie nämlich aus Anlage B.1 zur Klagebeantwortung hervorgeht, ergab Phase I der
Marktuntersuchung, dass eine breite Mehrheit der Teilnehmer an der Marktuntersuchung
(22 von 31 Wettbewerbern, 15 von 18 Reisebüros und 31 von 35 Firmenkunden) dem
herkömmlichen, von der Substituierbarkeit auf der Nachfrageseite ausgehenden O&D-
Ansatz zustimmte.
162
Aus Anlage B.1 zur Klagebeantwortung ergibt sich auch, dass von den 31
Wettbewerbern, die Frage 7 der Marktuntersuchung nach der Zustimmung zur O&D-
Vorgehensweise beantworteten, sechs klar Zweifel an der Eignung dieses Ansatzes,
dem Streckennetzwettbewerb Rechnung zu tragen, zum Ausdruck brachten (Teilnehmer
2, 3, 12, 19, 22 und 30 an der Marktuntersuchung) und drei Bedenken hinsichtlich einer
Stärkung der Stellung des aus dem Zusammenschluss hervorgehenden Unternehmens
an einem bestimmten Flughafen äußerten (Teilnehmer 4, 7 und 10 an der
Marktuntersuchung). Von den sechs Teilnehmern an der Marktuntersuchung, die an der
Eignung des O&D-Ansatzes, dem Streckennetzwettbewerb Rechnung zu tragen,
zweifelten, bejahten drei gleichwohl die gestellte Frage (Teilnehmer 2, 12 und 19 an der
Marktuntersuchung). Von den drei Teilnehmern an der Marktuntersuchung, die
Bedenken hinsichtlich einer Stärkung der Stellung des aus dem Zusammenschluss
hervorgehenden Unternehmens an einem Flughafen äußerten, bejahte einer die Frage 7
(Teilnehmer 7 an der Marktuntersuchung). Daraus folgt, dass von den neun Teilnehmern
an der Marktuntersuchung, die die Notwendigkeit, dem Streckennetzwettbewerb
Rechnung zu tragen, und die bedeutende Stellung des aus dem Zusammenschluss
hervorgehenden Unternehmens an bestimmten Flughäfen zu bedenken gaben, nur fünf
die Frage 7 verneinten.
163
Außerdem ist Anlage B.1 zur Klagebeantwortung zu entnehmen, dass weder eines der
Reisebüros noch einer der Firmenkunden, die Frage 7 beantworteten, irgendeine
Bemerkung zur Notwendigkeit machte, dem Streckennetzwettbewerb der betroffenen
Fluggesellschaften Rechnung zu tragen.
164
Daraus folgt, dass von 81 Teilnehmern an der Marktuntersuchung nur fünf dem O&D-
Ansatz nicht zustimmten, weil er es nicht erlaube, die Netzwerkeffekte zu
berücksichtigen.
165
Im Übrigen ist festzustellen, dass die Kommission im 269. Erwägungsgrund der
angefochtenen Entscheidung darauf Bezug nahm, dass einige Teilnehmer an der
Marktuntersuchung in Phase I Bedenken bezüglich „der starken Marktposition von
[Lufthansa] und [Austrian] in [Mittel- und Osteuropa] zum Ausdruck gebracht [haben]“,
wobei „Anlass für diese Bedenken … in erster Linie [war], dass [Lufthansa] nach
Umsetzung des Vorhabens einen erheblichen Anteil des so genannten
mitteleuropäischen Marktes kontrollieren werde, insbesondere, da [Lufthansa] die
wichtigsten Drehkreuze für Mittel- und Osteuropa kontrolliere und über sehr gut
ausgebaute Netze zur Abdeckung dieser Region verfüge“. Die Kommission stellte aber
klar, dass „[i]n der gründlicheren Prüfung in der Marktuntersuchung in Phase II … jedoch
festgestellt [wurde], dass insbesondere die überwiegende Mehrheit der Geschäftskunden
keine nachteiligen Auswirkungen einer potenziell stärkeren Position des durch den
Zusammenschluss zu bildenden Unternehmens im Hinblick auf Flüge zu Zielen in Mittel-
und Osteuropa erkennt und auch auf alternative Wettbewerber verweist“.
166
Unter diesen Umständen ist das Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe die
Anmerkungen zahlreicher Wettbewerber nicht berücksichtigt, nach denen der O&D-
Ansatz keine Beurteilung des Streckennetzwettbewerbs erlaube, als unbegründet
zurückzuweisen.
167
Was als Viertes und Letztes das Argument der Klägerin betrifft, die Annahme, dass der
Wettbewerb zwischen Luftverkehrsunternehmen ausschließlich auf bestimmten
einzelnen Flugstrecken stattfinde, werde durch das Vorhandensein von
Vielfliegerprogrammen und Rabattsystemen für Geschäftskunden, Reisebüros und
Reiseveranstalter widerlegt, so ist es erstmals in der Stellungnahme der Klägerin zu den
Streithilfeschriftsätzen der Republik Österreich und von Lufthansa vorgebracht worden.
Außerdem wird damit auf kein spezifisches Vorbringen der Streithelferinnen erwidert. Da
die Klägerin keine erst während des Verfahrens zutage getretenen rechtlichen oder
tatsächlichen Gründe geltend gemacht hat, um die Verspätung dieses Vorbringens zu
rechtfertigen, ist dieses daher aufgrund der Verspätung in Anbetracht der Vorgaben von
Art. 44 § 1 in Verbindung mit Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung als unzulässig
anzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. März 2007, France Télécom/Kommission,
T‑340/04, Slg, EU:T:2007:81, Rn. 164).
168
Nach alledem hat die Klägerin nicht dargetan, dass der Kommission ein offensichtlicher
Beurteilungsfehler unterlaufen wäre, als sie den O&D-Ansatz wählte, um den relevanten
Markt zu bestimmen.
Zum Fehlen einer Untersuchung der Wettbewerbsauswirkungen des
Zusammenschlusses auf den nach einem „globalen Ansatz“ bestimmten räumlich
relevanten Markt
169
Die Klägerin wirft der Kommission vor, sie habe nicht untersucht, welche
Wettbewerbsauswirkungen der in Rede stehende Zusammenschluss auf einen räumlich
relevanten Markt habe, der nach einem globalen Ansatz als das gesamte Gebiet definiert
relevanten Markt habe, der nach einem globalen Ansatz als das gesamte Gebiet definiert
werde, in dem Lufthansa und Austrian ihre Flugnetze betrieben oder Zugang zu ihnen
über ein Drehkreuz oder eine Basis anböten. Mit einem solchen Ansatz lasse sich
sowohl die Substituierbarkeit auf der Nachfrageseite – unter Zugrundelegung der
Kundenerwartungen – als auch die Substituierbarkeit auf der Angebotsseite – unter
Zugrundelegung der Angebotsstruktur der Luftverkehrsunternehmen – berücksichtigen.
170
Hinsichtlich der Angebotsstruktur der Luftverkehrsunternehmen macht die Klägerin
geltend, das Netz eines solchen Unternehmens sei ein ausschlaggebender Faktor für die
Geschäftskunden sowie für die Reisebüros und die Reiseveranstalter. Die vernetzte
Organisationsstruktur eines Luftverkehrsunternehmens erlaube ihm auch, mehr
Fluggäste an kleinen Flughäfen über die Anbindung an Drehkreuze anzuziehen, wo
ihnen eine große Auswahl an Zielen offenstehe. Ferner werde die Angebotsstruktur –
insbesondere auf dem Markt des Direktvertriebs von Flügen im Tourismussektor – durch
die Fähigkeit einer Fluggesellschaft mit umfassendem Streckennetz berührt, auf
bestimmten Strecken Verdrängungspreise zu praktizieren.
171
Nach Ansicht der Klägerin lässt sich allein mit dieser globalen Herangehensweise an
den räumlich relevanten Markt erfassen, wie sich die Faktoren für die Marktbeherrschung
zugunsten des aus dem fraglichen Zusammenschluss hervorgehenden Unternehmens
verstärkten. Diese Faktoren seien von der Kommission weder auf dem gesamten
mitteleuropäischen Markt noch auf dem Regionalmarkt zwischen Österreich und
Deutschland berücksichtigt worden.
172
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission namentlich nach Art. 2 der
Fusionskontrollverordnung die Wettbewerbsauswirkungen eines Zusammenschlusses
auf diejenigen Märkte prüfen muss, auf denen die Gefahr einer erheblichen Behinderung
eines wirksamen Wettbewerbs insbesondere durch die Begründung oder Verstärkung
einer beherrschenden Stellung besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil easyJet/Kommission,
oben in Rn. 139 angeführt, EU:T:2006:187, Rn. 63).
173
Obwohl die Wettbewerbsuntersuchung der Kommission zum Teil von den Bedenken
geleitet wird, die die im Verwaltungsverfahren angehörten Dritten geäußert haben, muss
die Kommission auch ohne jeden ausdrücklichen Hinweis seitens dieser Dritten, jedoch
im Licht zuverlässiger Indizien, die durch den Zusammenschluss verursachten
Wettbewerbsprobleme auf allen durch ihn möglicherweise beeinträchtigten Märkten
feststellen (vgl. in diesem Sinne Urteil easyJet/Kommission, oben in Rn. 139 angeführt,
EU:T:2006:187, Rn. 64).
174
Wird der Kommission jedoch vorgeworfen, sie habe ein etwaiges Wettbewerbsproblem
auf anderen Märkten als denjenigen, auf die sich die Wettbewerbsuntersuchung bezog,
nicht berücksichtigt, obliegt es dem Kläger, zuverlässige Indizien beizubringen, mit
denen auf greifbare Weise das Bestehen eines Wettbewerbsproblems bewiesen wird,
das wegen seiner Auswirkungen von der Kommission hätte geprüft werden müssen (vgl.
in diesem Sinne Urteil easyJet/Kommission, oben in Rn. 139 angeführt, EU:T:2006:187,
Rn. 65).
175
Um diesem Erfordernis zu genügen, muss der Kläger die betreffenden Märkte
bezeichnen, die Wettbewerbslage ohne Zusammenschluss beschreiben und angeben,
bezeichnen, die Wettbewerbslage ohne Zusammenschluss beschreiben und angeben,
welche Auswirkungen ein Zusammenschluss vermutlich im Hinblick auf die
Wettbewerbslage auf diesen Märkten hätte (vgl. in diesem Sinne Urteil
easyJet/Kommission, oben in Rn. 139 angeführt, EU:T:2006:187, Rn. 66).
176
Insoweit ist auch darauf hinzuweisen, dass nach Abschnitt 6 Überschrift II („Die
räumlich relevanten Märkte“) des Formblatts CO in Anhang I der Verordnung
Nr. 802/2004 der räumlich relevante Markt das Gebiet umfasst, in dem die beteiligten
Unternehmen die relevanten Produkte oder Dienstleistungen anbieten und nachfragen,
in dem die Wettbewerbsbedingungen hinreichend homogen sind und das sich von
benachbarten Gebieten durch spürbar unterschiedliche Wettbewerbsbedingungen
unterscheidet. Dabei wird klargestellt, dass maßgebliche Faktoren für die Bestimmung
des geografisch relevanten Marktes u. a. Art und Eigenschaften der betroffenen Produkte
oder Dienstleistungen, die Existenz von Marktzutrittsschranken, Verbraucherpräferenzen,
deutlich unterschiedliche Marktanteile der Unternehmen zwischen räumlich
benachbarten Gebieten oder wesentliche Preisunterschiede seien.
177
Im vorliegenden Fall ist aber als Erstes festzustellen, dass die von der Klägerin
vorgeschlagene Definition des geografischen Marktes schon ihrer Formulierung nach
unklar ist.
178
Diese Definition beruht nämlich auf der Annahme, dass sich der relevante Markt auf alle
Gebiete erstrecken soll, von denen aus die Flugnetze von Lufthansa und von Austrian
zugänglich sind. Die Klägerin gibt jedoch nicht klar an, ob sie sich hierbei auf die
Gebiete bezieht, von denen aus beide Flugnetze zugänglich sind, oder nur auf die
Gebiete, von denen aus eines der Flugnetze zugänglich ist. Außerdem gibt sie auch
nicht an, ob der Netzzugangspunkt zwangsläufig ein Flughafen sein muss. Ferner gibt
sie nicht an, wie der Umfang des Gebiets zu bestimmen ist, das sich um einen
Netzzugangspunkt herum befindet.
179
Darüber hinaus nimmt die Klägerin, wie von der Kommission zu Recht betont, an
verschiedenen Stellen ihrer Schriftsätze auf unterschiedliche geografische Märkte
Bezug. So macht sie in Rn. 47 der Klageschrift geltend, Lufthansa habe seit jeher eine
„marktbeherrschende Stellung in Mitteleuropa“ inne. In den Rn. 48 und 49 der
Klageschrift führt sie aus, diese – durch die Übernahme von Swiss und SN Brussels
durch Lufthansa sowie die Gründung von Lufthansa Italia gestärkte – beherrschende
Stellung werde durch die Übernahme von Austrian noch weiter verstärkt. Damit habe
sich Lufthansa „die Kontrolle über die Märkte in Deutschland, der Schweiz, Belgien,
Norditalien und Österreich“ gesichert. Die Klägerin stellt auch klar, dass dabei noch nicht
einmal berücksichtigt sei, dass Lufthansa den „skandinavischen Markt“ – über die
Scandinavian Airlines System (SAS) – sowie den „Flugreiseverkehr zwischen Mittel- und
Osteuropa“ dominiere. Im Übrigen bringt sie in Rn. 25 der Erwiderung vor, Lufthansa
erlange infolge des Zusammenschlusses „auf dem Flughafen Wien-Schwechat eine
ähnliche dominierende Stellung … wie etwa auf dem Flughafen Frankfurt [am Main] (auf
dem die Lufthansa 59 % des Passagierverkehrs abwickelt) und dem Flughafen Zürich
(auf dem die Lufthansa und die Swiss mehr als 60 % des Passagierverkehrs
abwickeln …)“.
180
Außerdem trägt die Klägerin in Rn. 70 der Klageschrift im Wesentlichen vor, die globale
Herangehensweise an den räumlich relevanten Markt hätte anders als der O&D-Ansatz
ermöglicht, die Wettbewerbsauswirkungen des Zusammenschlusses auf den
Regionalmarkt zwischen Deutschland und Österreich zu berücksichtigen.
181
Der räumliche Umfang des Marktes, innerhalb dessen die Wettbewerbsauswirkungen
des Zusammenschlusses zu beurteilen sind, bewegt sich also nach den Schriftsätzen
der Klägerin in einer Bandbreite von einem Flughafen über das Teilgebiet eines
Mitgliedstaats, das Gebiet eines einzelnen Mitgliedstaats oder das Gebiet von zwei
Mitgliedstaaten bis hin zu einer Kontinentalregion.
182
Als Zweites ist auch die Beschreibung der vor dem Zusammenschluss bestehenden
Wettbewerbslage auf dem räumlich relevanten Markt, wie er von der Klägerin definiert
wird, konfus.
183
Was nämlich die Wettbewerbslage auf dem Markt in ganz Mitteleuropa betrifft, begnügt
sich die Klägerin damit, in der Erwiderung das zu beschreiben, was sie als die
„Marktbeherrschungsinstrumente“ von Lufthansa und von Austrian vor dem
Zusammenschluss bezeichnet, d. h. die Zahl der Drehkreuze, die Zahl der Zeitnischen
auf den verschiedenen Flughäfen, die Flugverkehrsrechte von Lufthansa und von
Austrian für Osteuropa und den Mittleren Osten, die Flottengröße, die Kapitalstärke, das
Bestehen eines Vielfliegerprogramms, die Möglichkeit, Rahmenvereinbarungen mit
Geschäftskunden, Reiseveranstaltern und Reisebüros zu schließen, und die Möglichkeit,
an günstige Bezugsverträge mit den Unternehmen zu gelangen, die die für den
Flugbetrieb erforderlichen Betriebsmittel bzw. die notwendige Infrastruktur zur Verfügung
stellen.
184
Sie unterbreitet jedoch insoweit nicht das geringste Vergleichselement in Bezug auf die
Lage anderer in Mitteleuropa tätiger Fluggesellschaften mit umfassendem Streckennetz
und beschränkt sich auf das Vorbringen, das aus dem Zusammenschluss
hervorgehende Unternehmen werde die einzige Fluggesellschaft mit umfassendem
Streckennetz sein, die Verbindungen von Mitteleuropa zu Zielorten innerhalb der Union
und in Osteuropa sowie Transkontinentalverbindungen anbieten könne.
185
Im Übrigen bringt die Klägerin zur Wettbewerbslage auf dem von ihr angeführten Markt
für Strecken zwischen Deutschland und Österreich in widersprüchlicher Weise einerseits
vor, dass sich die anmeldenden Parteien den Flugverkehr zwischen den
österreichischen
Regionalflughäfen
und
Deutschland
über
ihr
Gemeinschaftsunternehmen untereinander aufgeteilt hätten (Rn. 71 der Klageschrift),
und andererseits, dass sie auf den Strecken zwischen diesen Flughäfen und
Deutschland miteinander in Wettbewerb gestanden hätten, insbesondere im Hinblick auf
die Strecken Graz–Kiew (Ukraine) und Linz–Paris, für die sowohl Lufthansa als auch
Austrian Anschlussflüge über ihre jeweiligen Drehkreuze in Wien und Frankfurt am Main
angeboten hätten (Rn. 72 der Klageschrift). Außerdem macht die Klägerin keine
genauen Angaben zu der Möglichkeit für an den österreichischen Regionalflughäfen
abfliegende Reisende, für die gleichen Strecken auf die Dienstleistungen einer anderen
Fluggesellschaft mit umfassendem Streckennetz als Lufthansa oder Austrian
zurückzugreifen.
zurückzugreifen.
186
Die Argumente, die die Klägerin für ihre Behauptung vorbringt, dass die Kommission zu
Unrecht
von
einer
Untersuchung
der
Wettbewerbsauswirkungen
des
Zusammenschlusses auf den „gesamten mitteleuropäischen Markt“ abgesehen habe,
genügen demnach nicht den Anforderungen der oben in Rn. 175 angeführten
Rechtsprechung.
187
Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Klägerin den von ihr behaupteten
räumlich relevanten Markt nicht hinreichend genau definiert und das Gericht daher nicht
beurteilen kann, ob die Kommission die potenziellen Wettbewerbsauswirkungen des in
Rede stehenden Zusammenschlusses auf diesen Markt hätte prüfen müssen.
188
Daher ist der erste Teil des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.
Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: offensichtlicher Beurteilungsfehler
hinsichtlich der Wettbewerbsauswirkungen des Zusammenschlusses auf die Strecken
zwischen Deutschland und Österreich
189
Die Klägerin wirft der Kommission im Wesentlichen vor, sie habe die negativen
Auswirkungen des Zusammenschlusses auf die Gesamtheit der Strecken zwischen
Deutschland und Österreich außer Acht gelassen.
190
Insoweit ist zunächst festzustellen, dass entgegen den Behauptungen der Klägerin dem
107. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu entnehmen ist, dass die
Kommission die Auswirkungen des Zusammenschlusses nicht nur für die 23 Strecken
zwischen Österreich und Deutschland, auf denen es bei den Dienstleistungen von
Lufthansa und Austrian Überschneidungen von Direktflügen gab, sondern auch für die
Strecken mit Überschneidungen indirekter Flüge wie die von der Klägerin beschriebenen
untersuchte.
191
Sodann ist festzustellen, dass die Kommission entgegen den Ausführungen der
Klägerin das vor dem Zusammenschluss von Lufthansa und Austrian gegründete
Gemeinschaftsunternehmen
mit
Kosten-
und
Gewinnaufteilung
bei
ihrer
wettbewerbsrechtlichen Untersuchung aller Strecken zwischen Österreich und
Deutschland als Vergleichsmaßstab berücksichtigte (Erwägungsgründe 64 bis 69, 113
bis 116, 129 bis 133, 145, 159 bis 169, 191 und 210 der angefochtenen Entscheidung).
Eine Ausnahme gilt insoweit nur für die Strecken Wien–Berlin, Wien–Düsseldorf, Wien–
Hamburg (Deutschland), Wien–Hannover (Deutschland), Wien–Nürnberg (Deutschland)
(185. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung) und München–Linz (189.
Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Dass die Kommission das
Gemeinschaftsunternehmen im Rahmen der wettbewerbsrechtlichen Untersuchung der
letztgenannten Strecken nicht berücksichtigte, liegt daran, dass sie zuvor festgestellt
hatte, dass die Konkurrenten der Parteien des Zusammenschlusses auf diesen Strecken
große Marktanteile hätten, was das Auftreten von Wettbewerbsproblemen im
Zusammenhang mit dem Zusammenschluss auf diesen Strecken unwahrscheinlich
mache.
192
Schließlich ist auch hinsichtlich des Vorbringens der Klägerin, die Kommission habe
die Zahl der Flüge von Lufthansa und Austrian auf den Strecken Wien–Berlin und Wien–
die Zahl der Flüge von Lufthansa und Austrian auf den Strecken Wien–Berlin und Wien–
Hamburg bei der Untersuchung der Wettbewerbssituation auf diesen Strecken nicht
berücksichtigt, darauf hinzuweisen, dass die Kommission ausweislich des 185.
Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung feststellte, dass der Marktanteil
von Air Berlin, ausgedrückt als Prozentsatz aller beförderten zeitsensiblen oder nicht
zeitsensiblen Reisenden, in der Wintersaison 2008/2009, also vor Erlass der
angefochtenen Entscheidung, auf der Strecke Wien–Hamburg zwischen 70 % und 80 %
und auf der Strecke Wien–Berlin zwischen 80 % und 90 % lag. Diese Zahlen zeugten im
Übrigen von einer leichten, aber spürbaren Erhöhung des Marktanteils von Air Berlin
gegenüber der Sommersaison 2008, in der Air Berlin nur 70 % bis 80 % der Reisenden
auf der Strecke Wien–Berlin befördert hatte. Das Vorbringen, Lufthansa und Austrian
hätten im selben Zeitraum mehr Flüge als Air Berlin durchgeführt, ist insoweit
unerheblich, da die Marktanteile zu Recht anhand der Zahl der beförderten Fluggäste
ausgedrückt sind. Außerdem kann der Umstand – wenn man ihn denn als erwiesen
unterstellt –, dass sich Lufthansa und Austrian etwa bewusst für eine Reduktion ihrer
Kapazität auf diesen Strecken entschieden hätten, die Wettbewerbsanalyse der
Kommission nicht in Frage stellen. Die Kommission muss nämlich bei der Analyse der
Wettbewerbssituation auf einer bestimmten Strecke vor dem Zusammenschluss die
tatsächlichen Marktanteile der Wettbewerber und nicht ihre potenziellen Marktanteile
bewerten.
193
Nach alledem ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes als unbegründet
zurückzuweisen.
Zum dritten Teil des ersten Klagegrundes: offensichtlicher Beurteilungsfehler
hinsichtlich der Folgen des Zusammenschlusses für die Flugstrecken zwischen
Mitteleuropa und außerhalb der Union liegenden Zielen Osteuropas
194
Im Rahmen des dritten Teils des ersten Klagegrundes bringt die Klägerin drei
verschiedene Rügen vor. Die erste Rüge wird darauf gestützt, dass die Kommission in
der angefochtenen Entscheidung die Auswirkungen des Zusammenschlusses auf die
Flugstrecken zwischen Mitteleuropa und außerhalb der Union liegenden Zielen
Osteuropas nicht auf der Grundlage des O&D-Ansatzes untersucht habe. Mit der zweiten
Rüge wird geltend gemacht, die Kommission habe die beherrschende Stellung von
Lufthansa und Austrian auf den Strecken zwischen den Flughäfen Wien, Frankfurt am
Main, München und Zürich auf der einen Seite und den außerhalb der Union gelegenen
osteuropäischen Flughäfen auf der anderen Seite nicht berücksichtigt.
195
Die dritte Rüge, mit der beanstandet wird, dass die Kommission in der angefochtenen
Entscheidung keine Bedingungen oder Auflagen vorgesehen habe, mit denen
sichergestellt werden könne, dass die mit Austrian oder Lufthansa in Wettbewerb
stehenden Fluggesellschaften bilaterale Luftverkehrsrechte zugewiesen erhielten, damit
sie Flugverbindungen zu Zielen in Osteuropa aufnehmen könnten, betrifft nicht die
Untersuchung der Auswirkungen des Zusammenschlusses auf die Strecken zwischen
Mitteleuropa und Osteuropa, sondern die angebliche Unzulänglichkeit der von der
Kommission in der angefochtenen Entscheidung akzeptierten Verpflichtungszusagen im
Hinblick auf die von der Klägerin angeführten Wettbewerbsbedenken aufgrund des
Zusammenschlusses. Sie ist somit gegebenenfalls im Rahmen des vierten Teils des
vorliegenden Klagegrundes zu prüfen, in dem die Rügen betreffend die angebliche
Unzulänglichkeit der Verpflichtungszusagen der Parteien des Zusammenschlusses in
der angefochtenen Entscheidung zusammengestellt sind.
Zur ersten Rüge: keine auf dem O&D-Ansatz gründende Untersuchung der
Auswirkungen des Zusammenschlusses auf die Flugstrecken zwischen Mitteleuropa und
außerhalb der Union liegenden Zielen Osteuropas durch die Kommission
196
Vorab sind gemäß der oben, in Rn. 167 angeführten Rechtsprechung die erstmals in
der Stellungnahme der Klägerin zu den Streithilfeschriftsätzen der Republik Österreich
und von Lufthansa vorgebrachten Argumente der Klägerin als verspätet und damit
unzulässig zurückzuweisen, mit denen dargetan werden soll, dass die Kommission
hinsichtlich der Strecken zwischen Mitteleuropa und Osteuropa den O&D-Ansatz nicht
angewandt habe.
197
Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der O&D-Ansatz keine Methode zur Analyse
des Wettbewerbs ist, sondern nur die Methode, die von der Kommission herangezogen
wurde, um den relevanten Markt zu bestimmen, hinsichtlich dessen die Auswirkung des
Zusammenschlusses zu untersuchen ist. Aus der angefochtenen Entscheidung ergibt
sich aber, dass die Kommission nach dieser Methode die Strecken identifizierte, auf
denen die Dienstleistungen von Lufthansa und Austrian Überschneidungen aufwiesen.
198
So geht aus dem 107. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervor, dass
die Kommission 28 Überschneidungen von Direktflügen identifizierte, von denen keine
eine Strecke zwischen einem mitteleuropäischen und einem außerhalb der Union
gelegenen osteuropäischen Flughafen betraf. In der Folge untersuchte die Kommission
in den Erwägungsgründen 108 bis 266 der angefochtenen Entscheidung die Auswirkung
des Zusammenschlusses auf diese Überschneidungen.
199
Außerdem ist dem 267. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung zu
entnehmen, dass die Kommission auch Überschneidungen von Direktflügen und
indirekten Verbindungen und Überschneidungen indirekter Verbindungen auf Strecken
zwischen
europäischen
Flughäfen
sowie
zwischen
europäischen
und
außereuropäischen Flughäfen identifizierte.
200
Dazu führte die Kommission im 268. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung
aus:
„Die Strecken wurden im Hinblick auf die Marktposition der Parteien und die Zunahme
des Marktanteils infolge des Vorhabens untersucht. Außerdem wurden die Präsenz und
die Position von Wettbewerbern und das Passagieraufkommen auf den einzelnen
Strecken bewertet. Wenn erforderlich, wurden auch die Anzahl und die Dauer der von
Wettbewerbern angebotenen Flüge und [ihre Eignung] insbesondere aus Sicht
zeitsensibler Passagiere geprüft. Gemessen an diesen Kriterien bestand kein Anlass zu
wettbewerbsrechtlichen Bedenken. In der Marktuntersuchung wurde bei den ermittelten
Überschneidungen zwischen direkten und indirekten Flügen und zwischen indirekten
Flügen … ebenfalls kein Anlass für wettbewerbsrechtliche Bedenken festgestellt; eine
Ausnahme bildete nur die Marktposition von [Lufthansa] und [Austrian] in Mittel- und
Osteuropa“.
Osteuropa“.
201
Trotz seiner etwas unklaren Fassung kann dem 268. Erwägungsgrund der
angefochtenen Entscheidung entnommen werden, dass die Kommission durchaus
Überschneidungen
von
Direktflügen
und
indirekten
Verbindungen
und
Überschneidungen indirekter Verbindungen bei den Dienstleistungen von Lufthansa und
Austrian auf Strecken zwischen mitteleuropäischen und osteuropäischen Flughäfen
identifizierte, hinsichtlich deren sie die Auswirkung des Zusammenschlusses
untersuchte. Diese Untersuchung förderte anders als die Marktuntersuchung keinen
Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken zutage.
202
Die erste Rüge ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
Zur zweiten Rüge: keine Berücksichtigung der beherrschenden Stellung von Lufthansa
und Austrian auf den Strecken zwischen den Flughäfen Wien, Frankfurt am Main,
München und Zürich auf der einen Seite und den außerhalb der Union gelegenen
osteuropäischen Flughäfen auf der anderen Seite durch die Kommission
203
Als Erstes ist festzustellen, dass die Klägerin die Strecken, auf denen die Parteien des
Zusammenschlusses eine beherrschende Stellung einnehmen sollen, nicht genau
identifiziert. Sie begnügt sich nämlich in Rn. 78 ihrer Klageschrift mit einem allgemeinen
Verweis auf die Strecken zwischen den Flughäfen Wien, Frankfurt am Main, München
und Zürich auf der einen Seite und den Flughäfen osteuropäischer Städte wie Kiew,
Moskau (Russland) und Sankt Petersburg (Russland) auf der anderen Seite. Außerdem
sind die von der Klägerin angeführten Zahlen zu den Flügen, die jede Woche von
Lufthansa, Swiss und Austrian ab den Flughäfen München, Frankfurt am Main, Zürich
und Wien nach Osteuropa angeboten werden, Gesamtzahlen, die keinen Aufschluss
über die Zahl der Flüge pro Woche geben, die von einer dieser Gesellschaften auf einer
bestimmten Strecke angeboten werden. Darüber hinaus kommt in diesen Zahlen auch
nicht die Zahl der beförderten Fluggäste zum Ausdruck, die herkömmlicherweise den
Indikator für die Berechnung des Marktanteils eines Luftverkehrsunternehmens auf einer
bestimmten Strecke bildet. Im Übrigen macht die Klägerin nicht geltend, dass die
beherrschende Stellung, die das aus dem Zusammenschluss hervorgehende
Unternehmen angeblich auf manchen Strecken zwischen Mitteleuropa und Osteuropa
einnehmen werde, insoweit das Ergebnis des Zusammenschlusses sei, als dieser dazu
führe, dass der vorhandene Wettbewerb zwischen Austrian und Lufthansa auf diesen
Strecken beseitigt werde.
204
In Wirklichkeit scheint es, dass der Vorwurf der Klägerin gegenüber der Kommission
dahin geht, dass diese bei ihrer Untersuchung der Auswirkung des Zusammenschlusses
nicht berücksichtigt habe, dass Lufthansa und Austrian auf den Flughäfen Wien,
Frankfurt am Main, München und Zürich, von denen aus sie Ziele in Osteuropa
bedienten, stark positioniert seien und dass die Reisenden, die sich von Mitteleuropa
nach Osteuropa begeben wollten, keine andere Wahl hätten, als sich an Austrian oder
Lufthansa zu wenden.
205
Dazu ergibt sich aus dem 269. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung,
dass solche Bedenken in Phase I der Marktuntersuchung von einigen Teilnehmern an
der Untersuchung geäußert worden waren, sie aber in Phase II der Marktuntersuchung
der Untersuchung geäußert worden waren, sie aber in Phase II der Marktuntersuchung
ausgeräumt wurden, da die überwiegende Mehrheit der Geschäftskunden keine
nachteiligen Auswirkungen einer potenziell stärkeren Position des durch den
Zusammenschluss zu bildenden Unternehmens im Hinblick auf Flüge zu Zielen in Mittel-
und Osteuropa erkannte und auch auf alternative Wettbewerber verwies.
206
Die Kommission stellte im 270. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung klar,
dass es offenbar wichtige Wettbewerber gebe, die Mittel- und Osteuropa bedienten,
insbesondere Air France-KLM, die 15 Ziele in Mittel- und Osteuropa über ihr eigenes
Netz und elf weitere Ziele in Zusammenarbeit mit ihren SkyTeam-Partnern Aeroflot und
CSA anfliege, sowie British Airways, die 13 Ziele in Mittel- und Osteuropa über ihr
eigenes Netz anfliege, und Malev, die 22 Ziele in Mittel- und Osteuropa anfliege.
207
Die Klägerin macht insoweit geltend, das aus dem Zusammenschluss hervorgehende
Unternehmen sehe sich auf den Strecken zwischen den Flughäfen Wien, Frankfurt am
Main, München und Zürich auf der einen Seite und den osteuropäischen Flughäfen,
insbesondere Moskau, auf der anderen Seite weder durch Air France-KLM noch durch
British Airways, Malev oder CSA einem ausreichenden Wettbewerbsdruck ausgesetzt,
da diese Gesellschaften nur Umsteigeflüge anböten, die die Dauer und die Länge der
Reise auf diesen Strecken beträchtlich anwachsen ließen.
208
Zum Maß der Substituierbarkeit direkter und indirekter Flüge ist festzustellen, dass die
Kommission im 24. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung darauf hinwies,
dass dieses von der Flugdauer abhänge. Je länger ein Flug dauere, umso eher könnten
die indirekten Flüge Wettbewerbsdruck auf die direkten Flüge ausüben. Die Kommission
stellte sodann klar, dass die Marktuntersuchung im vorliegenden Fall die in früheren
Entscheidungen getroffene Feststellung bestätigt habe, dass bei Kurzstreckenflügen,
also Flügen mit einer Dauer von weniger als drei Stunden, indirekte Flüge im
Allgemeinen keine wettbewerbsfähige Alternative zu Direktflügen darstellten, da die
Kunden in der Tat Direktflüge bevorzugten.
209
Es steht aber fest, dass die Direktflüge zwischen Wien und Moskau, Sankt Petersburg
oder Kiew sowie die Direktflüge Zürich–Kiew, Frankfurt am Main–Kiew, München–Sankt
Petersburg und München–Kiew weniger als drei Stunden dauern. Unter diesen
Umständen sind die indirekten Flüge, die von Air France-KLM, British Airways, Malev
und CSA oder irgendwelchen anderen osteuropäischen Fluggesellschaften angeboten
werden, keine wettbewerbsfähigen Alternativen zu den von Austrian oder Lufthansa auf
diesen Strecken angebotenen Direktflügen. Die Kommission führte jedoch im 271.
Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung aus, dass die Marktuntersuchung die
Feststellung, dass auch die osteuropäischen Fluggesellschaften eine Alternative zu
Lufthansa und Austrian darstellen könnten, bestätigt habe, da sie ergeben habe, dass die
überwiegende Mehrheit der Reisebüros die Preise Letzterer mit den Preisen alternativer
Fluggesellschaften,
einschließlich
der
osteuropäischen,
vergleiche.
Die
Marktuntersuchung habe auch ergeben, dass die meisten Geschäftskunden ihren
Angaben zufolge die Flüge nicht bei einer ganz konkreten Gesellschaft buchten, sondern
sich je nach dem Zielort in Mittel- und Osteuropa um Alternativflüge bei anderen
Fluggesellschaften, einschließlich der osteuropäischen, bemühten. Die Klägerin macht
aber weder geltend, noch weist sie nach, dass keine andere osteuropäische
Fluggesellschaft, insbesondere russische oder ukrainische Gesellschaften, zum
Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung Direktflüge auf den in Rede stehenden
Strecken anbot.
210
Im Übrigen räumt die Klägerin in ihrer Erwiderung ein, dass es auf der Strecke Wien–
Moskau Direktflüge gab, die von den Fluggesellschaften Transaero und Aeroflot
angeboten wurden.
211
Das Argument der Klägerin, dass das Flugangebot dieser Gesellschaften aufgrund der
geringen Zahl an Flügen pro Woche und der für österreichische Geschäftskunden
unattraktiven Flugzeiten nicht wettbewerbsfähig sei, überzeugt nicht. Die Klägerin
erbringt nämlich insoweit keinerlei Beweis. Außerdem bilden die Geschäftskunden
allgemein nur einen Teil der von einer speziellen Strecke betroffenen Reisenden, und es
ist somit nicht möglich, Folgen aus den angeblichen Präferenzen dieser Kundschaft zu
ziehen, ohne zu wissen, welchen Anteil sie an allen zwischen Wien und Moskau
Reisenden ausmacht.
212
Die Klägerin bleibt daher den Nachweis schuldig, dass das aus dem
Zusammenschluss hervorgehende Unternehmen auf den Strecken von Wien nach
Moskau, Sankt Petersburg oder Kiew sowie auf den Strecken Zürich–Kiew, Frankfurt am
Main–Kiew, München–Sankt Petersburg und München–Kiew keinem ausreichenden
Wettbewerbsdruck ausgesetzt wäre.
213
Das Gleiche gilt auch für die Mittelstrecken Zürich–Moskau, Zürich–Sankt Petersburg,
Frankfurt am Main–Moskau, Frankfurt am Main–Sankt Petersburg, München–Moskau
und München–Sankt Petersburg, für die nicht ausgeschlossen ist, dass andere
osteuropäische Fluggesellschaften Direktflüge anbieten. Außerdem stellte die
Kommission im 26. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung klar, dass einige
Teilnehmer an der Marktuntersuchung indirekte Flüge unter bestimmten Umständen als
konkurrenzfähige Alternativlösung bezeichnet hätten. Die Klägerin erbringt somit auch
nicht den Nachweis, dass das aus dem Zusammenschluss hervorgehende Unternehmen
auf den genannten Strecken keinem ausreichenden Wettbewerbsdruck ausgesetzt wäre.
214
Ferner bringt die Klägerin vor, dass entgegen den Ausführungen der Kommission die
Flugangebote von CSA und von Malev für die Reisenden, die von den österreichischen
Regionalflughäfen nach Osteuropa fliegen wollten, keine ernsthafte Alternativlösung zum
Flugangebot von Austrian und von Lufthansa mit Zubringerflügen darstellten.
215
Es gebe nämlich keine Direktflüge von den österreichischen Regionalflughäfen, d. h.
den Flughäfen Graz, Linz, Innsbruck, Salzburg und Klagenfurt, zu den Drehkreuzen von
CSA und von Malev in Prag (Tschechische Republik) bzw. Budapest (Ungarn). Deshalb
müssten die Reisenden aus dem Umland der österreichischen Regionalflughäfen, die
von einem dieser Flughäfen nach Osteuropa fliegen wollten, um die Flugangebote von
Malev und von CSA zu nutzen, zunächst nach Wien fliegen und dann von dort nach Prag
oder Budapest, von wo aus sie schließlich ihr Ziel in Osteuropa erreichen könnten. Das
mache die von diesen beiden Gesellschaften angebotenen Flüge für die betreffenden
Reisenden wenig konkurrenzfähig gegenüber den Angeboten von Austrian und von
Lufthansa, die es ermöglichten, von den österreichischen Regionalflughäfen zu den
Drehkreuzen von Austrian und von Lufthansa in Wien, Frankfurt am Main, München und
Drehkreuzen von Austrian und von Lufthansa in Wien, Frankfurt am Main, München und
Zürich und sodann von dort an ein osteuropäisches Ziel zu gelangen.
216
Dazu ist festzustellen, dass die Klägerin keine Angaben zu den Zielen in Osteuropa
macht, auf die sie Bezug nimmt, so dass es nicht möglich ist, die Strecken zwischen den
österreichischen Regionalflughäfen und diesen Zielen zu identifizieren, hinsichtlich
deren sie geltend macht, dass die Auswirkungen des Zusammenschlusses von der
Kommission nicht berücksichtigt worden seien.
217
Im Übrigen ist der Wettbewerb zwischen Angeboten indirekter Flüge auf ein und
derselben Strecke seiner Art nach von dem Wettbewerb zwischen Direktflügen oder
auch dem Wettbewerb zwischen Direktflügen und indirekten Flügen zu unterscheiden.
Es erscheint nämlich wenig wahrscheinlich, dass Austrian in Anbetracht der Nachfrage
nach Flügen zwischen den österreichischen Regionalflughäfen und Zielen in Osteuropa
die Zahl der Flüge zwischen diesen Regionalflughäfen und Wien erhöht oder die Tarife
ihrer Flüge auf diesen Strecken herabsetzt, weil die Fluggäste, die von den genannten
Regionalflughäfen an solche Ziele reisen, wahrscheinlich nur einen geringen Anteil aller
Fluggäste ausmachen, die Direktflüge zwischen den Regionalflughäfen und Wien
nachfragen. Entsprechendes gilt auch in Bezug auf Malev und CSA hinsichtlich der
Flüge zwischen Wien und Budapest sowie zwischen Wien und Prag, deren Tarif und
Frequenz kaum nach Maßgabe der Nachfrage nach Flügen zwischen den
österreichischen Flughäfen und Zielen in Osteuropa schwanken werden. In diesem
Rahmen hängt der Wettbewerb zwischen Angeboten indirekter Flüge auf ein und
derselben Strecke von zahlreichen Faktoren wie der Flugdauer der einzelnen
Reiseabschnitte, der Länge der Zwischenaufenthalte, dem Gesamtpreis oder aber den
Abflugzeiten ab. Unter diesen Umständen ist nicht von vornherein auszuschließen, dass
die Flugangebote von CSA und von Malev auf den in Rede stehenden Strecken
ernsthafte Alternativen zu den Flugangeboten von Austrian darstellen können, auch
wenn sie weniger praktisch sind als diese.
218
Nach alledem ist die Rüge der Klägerin als unbegründet zurückzuweisen, die darauf
gestützt wird, dass die Kommission im Rahmen der Analyse der Folgen des
Zusammenschlusses für den Wettbewerb nicht berücksichtigt habe, dass Austrian und
Lufthansa über mehrere Drehkreuze in Mitteleuropa verfügten, von denen aus sie Flüge
nach Osteuropa anböten.
219
Der dritte Teil des ersten Klagegrundes ist somit unbegründet.
Zum vierten Teil des ersten Klagegrundes: offensichtlicher Beurteilungsfehler
hinsichtlich der Fähigkeit der Mitbewerber von Lufthansa und von Austrian, sich auf dem
relevanten Markt zu halten oder Zutritt zu ihm zu erlangen
220
Der vierte Teil des ersten Klagegrundes besteht aus fünf Rügen. Mit den ersten beiden
Rügen werden Verstöße gegen Nr. 36 und gegen Nr. 31 der Leitlinien von 2004
beanstandet. Mit der dritten, der vierten und der fünften Rüge werden Verstöße gegen die
Nrn. 68 ff. dieser Leitlinien geltend gemacht.
Zur ersten Rüge: Verstoß gegen Nr. 36 der Leitlinien von 2004 durch die
Nichtberücksichtigung des Umstands durch die Kommission, dass der
Nichtberücksichtigung des Umstands durch die Kommission, dass der
Zusammenschluss die Fähigkeit der Wettbewerber einschränke, Flüge an
Geschäftskunden zu verkaufen und Rahmenverträge mit Reisebüros und
Reiseveranstaltern zu schließen
221
Die Klägerin wirft der Kommission im Wesentlichen vor, sie habe gegen Nr. 36 der
Leitlinien von 2004 verstoßen, indem sie den Zusammenschluss genehmigt habe,
obwohl dieser durch die Kombination der Netzwerke von Lufthansa und von Austrian
und durch die damit verbundene Vergrößerung des Streckenangebots bewirke, dass die
Fähigkeit der anderen Luftverkehrsgesellschaften eingeschränkt werde, Flüge an
Geschäftskunden
abzusetzen
und
Rahmenverträge
mit
Reisebüros
und
Reiseveranstaltern zu schließen.
222
Den Argumenten, die die Klägerin für diese Rüge vorbringt, kann nicht gefolgt werden.
223
So ist, was als Erstes die behauptete Einschränkung der Fähigkeit der anderen
Luftverkehrsgesellschaften, sich das Segment der Geschäftsreisen zu erschließen,
betrifft, festzustellen, dass Anlage B.4 zur Klagebeantwortung die Antworten der
Firmenkunden auf Frage 13 des am 15. Mai 2009 an sie gerichteten Fragebogens
enthält, bei der es um die Auswirkungen der u. a. von Lufthansa und Austrian
angebotenen Nachlass- und Rabattsysteme auf die Bindung der Geschäftskundschaft
ging. Ausweislich dieser Antworten geben aber die Teilnehmer an der
Marktuntersuchung mehrheitlich an, dass sie die Dienste von Lufthansa und von Austrian
nicht ausschließlich in Anspruch nähmen und dass die von Lufthansa und von Austrian
angebotenen Rabatte nicht ausreichten, um auszuschließen, dass gegebenenfalls ein
Rückgriff auf andere Luftverkehrsgesellschaften erfolge.
224
Ferner ist festzustellen, dass Anlage B.5 zur Klagebeantwortung die Antworten der
Firmenkunden auf die Fragen 71, 73, 76, 79 und 80 enthält, die ihnen von der
Kommission in Phase II der Marktuntersuchung gestellt worden waren. Mit Frage 71
sollte dabei ermittelt werden, ob die Firmenkunden die osteuropäischen
Fluggesellschaften als ernsthafte Alternativen für Reisen nach Mittel- und Osteuropa und
in den Mittleren Osten einschätzten. 22 der 31 Teilnehmer an der Marktuntersuchung
bejahten dies.
225
Folglich ergibt sich aus der Marktuntersuchung, dass entgegen dem Vorbringen der
Klägerin die Geschäftskunden bestimmte Konkurrenten von Lufthansa und von Austrian
als realistische Alternativen zu dem Letzteren dank ihrer Flugnetze möglichen
Flugangebot ansahen.
226
Was als Zweites die behauptete Einschränkung der Fähigkeit der anderen
Luftverkehrsunternehmen, Rahmenverträge mit Reisebüros und Reiseveranstaltern zu
schließen, anbelangt, so ergibt sich aus der von der Kommission angeführten Anlage B.2
zur Klagebeantwortung, dass eine sehr große Mehrheit der 38 Teilnehmer an der
Untersuchung in Beantwortung der Fragen 2 und 3 des am 15. Mai 2009 in Phase I der
Prüfung des Zusammenschlusses an die Firmenkunden gerichteten Fragebogens
angab, keine ausschließliche Geschäftsbeziehung zu einem Luftverkehrsunternehmen
oder einem bestimmten Verbund zu haben, sondern im Gegenteil Geschäftsbeziehungen
insbesondere über den Abschluss von Rahmenverträgen mit mehreren
insbesondere über den Abschluss von Rahmenverträgen mit mehreren
Luftverkehrsunternehmen und Verbünden zu unterhalten.
227
Dies gibt aber keinen Aufschluss in der Frage, ob die Reisebüros eine gleichgeartete
Geschäftspolitik verfolgen.
228
Allerdings nennt Anlage B.3 zur Klagebeantwortung die Prozentsätze, die die
Flugtickets von Lufthansa und von Austrian ihrer Zahl bzw. ihrem Wert nach an der
Gesamtheit der Flugtickets ausmachen, die in den Jahren 2007 und 2008 von
Reisebüros verkauft worden waren, die den Fragebogen vom 13. Mai 2009
beantworteten.
229
Dazu ist festzustellen, dass diese Prozentsätze, die von den Kommissionsdienststellen
ermittelt wurden, auf sämtliche Flugtickets bezogen sind, die von jedem einzelnen
Unternehmen verkauft worden waren, das den Fragebogen beantwortete. Auf dieser
Grundlage macht die Klägerin geltend, die befragten Reisebüros hätten 2007
durchschnittlich 58,2 % und 2008 durchschnittlich 53,7 % der von Lufthansa und von
Austrian verkauften Tickets bezogen. Wenn die Berechnung der Klägerin zutrifft,
verkörpern aber die Zahlen, zu denen sie gelangt, nicht den Prozentsatz der von
Lufthansa und von Austrian ausgestellten Tickets, die von Reisebüros gekauft wurden,
sondern den Prozentsatz der Tickets, die die Reisebüros, die den Fragebogen
beantworteten, von Lufthansa und von Austrian bezogen.
230
Auch wenn dieser Prozentsatz hoch sein mag, zeugt er außerdem davon, dass die
Reisebüros,
die
den
Fragebogen
beantworteten,
keine
ausschließliche
Geschäftsbeziehung mit Lufthansa und Austrian führen.
231
Zum Vorbringen der Klägerin, dieser Prozentsatz belege eine beherrschende Stellung
von Lufthansa in Mitteleuropa nach dem Zusammenschluss, ist mit der Kommission
festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung keine Analyse eines Marktes für den
Verkauf von Flugtickets durch Reisebüros enthält und dass die Klägerin bisher das
Bestehen eines solchen Marktes nie geltend gemacht hat.
232
Nach alledem ist die Rüge eines Verstoßes gegen Nr. 36 der Leitlinien von 2004 als
unbegründet zurückzuweisen.
Zur zweiten Rüge: Verstoß gegen Nr. 31 der Leitlinien von 2004 durch
Nichtberücksichtigung des Umstands durch die Kommission, dass das aus dem
Zusammenschluss hervorgehende Unternehmen die einzige Gesellschaft mit
umfassendem Streckennetz sein werde, die ihren Kunden ein komplettes Streckennetz
weltweit und insbesondere in Osteuropa bieten könne
233
Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe gegen Nr. 31 der Leitlinien von 2004
verstoßen, indem sie den Zusammenschluss genehmigt habe, obwohl Lufthansa danach
als einzige Gesellschaft mit umfassendem Streckennetz übrig bleibe, die ihren Kunden
ein komplettes Streckennetz weltweit und insbesondere in Osteuropa bieten könne.
Geschäftskunden, die über ein vollständiges Streckennetz verfügen können müssten,
sowie Reisebüros und Reiseveranstalter, die in der Lage sein müssten, ihren Kunden
weltweite
Verbindungen
anzubieten,
hätten
keine
andere
Wahl,
als
Rahmenvereinbarungen mit Lufthansa zu schließen.
Rahmenvereinbarungen mit Lufthansa zu schließen.
234
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Nr. 31 der Leitlinien von 2004
eine potenziell wettbewerbswidrige Wirkung horizontaler Zusammenschlüsse
beschreibt, nämlich den Umstand, dass die Kunden wenige Möglichkeiten haben, den
Anbieter zu wechseln. So führt die Kommission im Einzelnen aus, dass es für die
Kunden der fusionierenden Parteien schwierig sein könne, zu anderen Anbietern
überzuwechseln, wenn nur wenige alternative Anbieter vorhanden seien oder erhebliche
Umstellungskosten entstehen würden. Die Kunden seien in einem solchen Fall
Preiserhöhungen besonders ausgesetzt. Der Zusammenschluss könne die Fähigkeit der
Kunden beeinträchtigen, sich vor Preiserhöhungen zu schützen. Dies könne
insbesondere auf Kunden zutreffen, die sich bei beiden fusionierenden Unternehmen
eingedeckt hätten, um einen günstigeren Preis zu erlangen. Angaben über das
Umstellungsverhalten der Kunden in der Vergangenheit und ihre Reaktionen auf
Preiserhöhungen könnten hierzu wichtige Auskünfte liefern (Nr. 31 der Leitlinien von
2004).
235
Die Klägerin tut allerdings nicht dar, dass der Umstand, über ein so vollständiges
Streckennetz wie dasjenige von Lufthansa verfügen zu können, eine unabdingbare
Voraussetzung für den Abschluss von Rahmenvereinbarungen mit den Reisebüros und
den Reiseveranstaltern wäre.
236
Außerdem ergibt sich aus Anlage B.2 zur Klagebeantwortung, dass eine sehr große
Mehrheit der Firmenkunden, die die Fragen 2 und 3 des in Phase I der
Marktuntersuchung von der Kommission an sie gerichteten Fragebogens beantworteten,
angaben, sie hätten Rahmenvereinbarungen mit anderen Fluggesellschaften als
Lufthansa und Austrian geschlossen, die einem anderen Verbund als der Star Alliance
angehörten, wie Air Berlin-Fly Niki, British Airways, Air France-KLM, CSA, Malev,
Alitalia, Emirates, Finnair oder Iberia. Die Klägerin bringt aber nichts vor, was diese
Feststellung in Frage stellen könnte.
237
Die Kommission konnte daher ohne Verstoß gegen Nr. 31 der Leitlinien von 2004
vernünftigerweise annehmen, dass der in Rede stehende Zusammenschluss nicht
bewirke, dass die Firmenkunden, die Reiseveranstalter und die Reisebüros nicht mehr
auf andere Wirtschaftsteilnehmer ausweichen könnten. Die vorliegende Rüge ist mithin
als unbegründet zurückzuweisen.
Zur dritten Rüge: Verstoß gegen die Nrn. 68 ff. der Leitlinien von 2004 durch
Nichtberücksichtigung des Umstands durch die Kommission, dass das Angebot des aus
dem Zusammenschluss hervorgehenden Unternehmens die gesamte Nachfrage auf den
von den anmeldenden Parteien dominierten Strecken abdecken werde
238
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, ein Marktzutritt setze voraus, dass es eine
Nachfrage nach zusätzlichen Flügen gebe, die von einem neuen Wettbewerber
durchgeführt werden könnten. Das Angebot von Lufthansa und von Austrian in Sachen
Anzahl von Flügen, Zeitnischen und Zahl der angebotenen Plätze stelle sich aber so dar,
dass es die gesamte Nachfrage auf den Strecken abdecke, die sie zusammen oder
einzeln dominierten. Einem neuen Wettbewerber sei es somit nicht möglich, Zutritt zu
einer dieser Strecken zu erlangen.
einer dieser Strecken zu erlangen.
239
Dazu ist festzustellen, dass die Klägerin nicht geltend macht, dass es eine
Überkapazität auf den von Lufthansa und Austrian dominierten Strecken gebe, sondern
nur, dass das Angebot von Lufthansa und von Austrian die gesamte Nachfrage auf
diesen Strecken abdecke. Das Vorhandensein eines Flugangebots von Lufthansa oder
Austrian auf einer bestimmten Strecke ist aber, so groß dieses auch sein mag, für sich
genommen nicht dazu angetan, die Möglichkeit auszuschließen, dass sich ein neuer
Wettbewerber erfolgreich Zutritt zu dieser Strecke verschafft, indem er spezielle
Dienstleistungen oder günstigere Tarife anbietet und so entweder einen Teil der
Nachfrage für sich selbst vereinnahmt oder ein neues Kundenpotenzial entwickelt.
240
Die These der Klägerin, dass das Angebot von Lufthansa oder Austrian auf den von
ihnen dominierten Strecken eine Marktzutrittsschranke darstelle, ist daher
zurückzuweisen.
241
Dagegen kann das Innehaben einer großen Zahl von Zeitnischen zu wichtigen
Tageszeiten, z. B. morgens und abends, für einen Teil der Kundschaft, insbesondere für
die Geschäftskunden, große Bedeutung haben und stellt somit eine entscheidende
Voraussetzung dafür dar, die Einträglichkeit des Betriebs einer Flugstrecke
sicherzustellen.
242
Insoweit ist das von der Klägerin gewählte Beispiel der Strecke Wien–Brüssel
einschlägig, da die Kommission ausweislich der angefochtenen Entscheidung unter dem
Blickwinkel des Zusammenschlusses wettbewerbsrechtliche Bedenken hinsichtlich
dieser Strecke einräumte, weil es zum einen keinen hinreichenden Wettbewerbsdruck
gebe und zum anderen die mangelnde Verfügbarkeit von Zeitnischen in den
Spitzenzeiten auf den Flughäfen Wien und Brüssel einen Markteintritt schwierig mache
(Erwägungsgründe 257 und 261 der angefochtenen Entscheidung).
243
Wie jedoch aus dem 330. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung
hervorgeht, verpflichteten sich die Parteien des Zusammenschlusses, einer als neue
Anbieterin auftretenden Fluggesellschaft Zeitnischen für bis zu vier Verbindungen pro
Tag, aber höchstens 24 Verbindungen pro Woche, auf der Strecke Wien–Brüssel zur
Verfügung zu stellen. Ferner wies die Kommission im 356. Erwägungsgrund der
angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass die Marktuntersuchung für alle
identifizierten Städtepaare weitgehend bestätigt habe, dass die in den
Verpflichtungszusagen angebotene Zahl von Zeitnischen für einen oder mehrere andere
Marktteilnehmer, die neue oder zusätzliche Verbindungen anbieten wollten, hinreichend
sei, um wirksam mit den Parteien des Zusammenschlusses konkurrieren zu können. Die
Ergebnisse der Marktuntersuchung in diesem Punkt werden aber von der Klägerin nicht
in Abrede gestellt.
244
Daher hat die Klägerin nicht dargetan, dass der Zusammenschluss die Errichtung einer
Zutrittsschranke auf der Strecke Wien–Brüssel zur Folge hätte.
245
Die vorliegende Rüge ist deshalb als unbegründet zurückzuweisen.
Zur vierten Rüge: Verstoß gegen die Nrn. 68 ff. der Leitlinien von 2004 durch
Zur vierten Rüge: Verstoß gegen die Nrn. 68 ff. der Leitlinien von 2004 durch
Nichtberücksichtigung der Marktzutrittsschranke durch die Kommission, die in der über
die Preise praktizierten Verdrängungspolitik von Lufthansa und Austrian begründet liege
246
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, Lufthansa und Austrian betrieben eine
unlautere Preispolitik, die die Konkurrenten daran hindere, Zutritt zum Markt zu erlangen
oder sich auf ihm zu halten. Die Parteien des Zusammenschlusses hätten die Preise für
ihre Flüge immer nach Maßgabe der Wettbewerbslage auf den von ihnen bedienten
Strecken differenziert. So praktizierten sie niedrige oder gar sehr niedrige Preise auf den
Strecken, auf denen sie Konkurrenz ausgesetzt seien, und höhere Preise auf den
Strecken, auf denen sie ein Monopol oder ein Quasimonopol innehätten. Dies
ermögliche ihnen, ihre Konkurrenten mittels Verdrängungspreisen auszuschalten. Diese
Politik zeige sich in den sehr niedrigen Tarifen von Lufthansa und Austrian auf den
Strecken Wien–Berlin, Wien–Innsbruck, Wien–Zürich, Wien–München, Wien–Hamburg,
Wien–Frankfurt am Main oder aber Wien–Düsseldorf, auf denen sie Konkurrenz durch
Luftverkehrsgesellschaften hätten oder gehabt hätten, die wie Sky Europe auf der
Strecke Wien–Innsbruck letztlich verdrängt würden oder wie Air Alps auf derselben
Strecke ihren Markteintritt erschwert sähen. Diese Politik habe sich jüngst noch durch die
staatliche Beihilfe in Höhe von 500 000 000 Euro verschärft, die es Austrian erlaube,
besonders interessante Tarife auf einer Vielzahl von Strecken anzubieten, insbesondere
auf jenen, die die Klägerin erst vor kurzer Zeit aufgenommen habe.
247
Dazu ist zunächst festzustellen, dass die jüngere Preispolitik des aus dem
Zusammenschluss hervorgegangenen Unternehmens, auf die die Klägerin in Rn. 132
und Anlage A.26 zur Klageschrift Bezug nimmt, nach dem Erlass der angefochtenen
Entscheidung liegende tatsächliche Gesichtspunkte betrifft, die nach der ständigen
Rechtsprechung des Gerichts ohne jede Bedeutung für die Rechtmäßigkeit dieser
Entscheidung sind.
248
Sodann ist festzustellen, dass die behauptete unlautere Preispolitik von Lufthansa und
von Austrian vor dem Erlass der angefochtenen Entscheidung nach Aussage der
Klägerin nur aufgrund der Monopolstellung möglich war, die die Parteien des
Zusammenschlusses auf bestimmten Strecken eingenommen hätten. Im Rahmen der
Prüfung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt ist
die Kommission aber gehalten, die Wettbewerbsauswirkungen des Zusammenschlusses
auf die Märkte zu beurteilen, auf denen sich die Tätigkeiten der Parteien eines
Zusammenschlusses überschneiden. Demnach bleibt, wenn eine der Parteien auf einer
Flugstrecke, d. h. einem relevanten Markt, bereits vor dem Zusammenschluss eine
Monopolstellung
innehatte,
diese
Stellung
bei
der
Analyse
der
Wettbewerbsauswirkungen des Zusammenschlusses definitionsgemäß unberücksichtigt.
249
Anders verhält es sich dagegen, wenn die Monopolstellung oder die beherrschende
Stellung auf einer Flugstrecke aus dem Zusammenschluss folgt oder durch ihn verstärkt
wird. In einem solchen Fall kann die Kommission den Zusammenschluss nicht für mit
dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklären, wenn es keine Verpflichtungszusagen der
Parteien des Zusammenschlusses gibt, die so geartet sind, dass sie den Auswirkungen
der beherrschenden Stellung auf den Wettbewerb abhelfen. Die Kommission machte
aber nur auf fünf Flugstrecken Wettbewerbsbedenken im Zusammenhang mit dem
Zusammenschluss aus, hinsichtlich deren die Parteien des Zusammenschlusses
Zusammenschluss aus, hinsichtlich deren die Parteien des Zusammenschlusses
Verpflichtungszusagen abgaben, die die Form von Abhilfemaßnahmen annahmen.
250
Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass es zwar einen nach Art. 102 AEUV verbotenen
Missbrauch einer beherrschenden Stellung darstellen kann, wenn eine Fluggesellschaft
eine solche Stellung auf bestimmten Flugstrecken nutzt, um eine Politik zur
Ausschaltung des Wettbewerbs über die Preise auf einer anderen Strecke zu
praktizieren. Es obliegt aber den Konkurrenten dieser Gesellschaft, diese Praxis bei den
nationalen Wettbewerbsbehörden oder der Kommission zur Anzeige zu bringen,
unbeschadet der Möglichkeit für diese Behörden, gemäß Art. 5 bzw. Art. 7 Abs. 1 der
Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in
den Artikeln [101 AEUV] und [102 AEUV] niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. L 1,
S. 1) von Amts wegen tätig zu werden. Nur im Rahmen eines solchen Verfahrens werden
die befassten Behörden in der Lage sein, das Vorliegen des beanstandeten Verhaltens
zu beurteilen.
251
Die vorliegende Rüge ist daher als unbegründet zurückzuweisen.
Zur fünften Rüge: Verstoß gegen die Nrn. 68 ff. der Leitlinien von 2004 durch
Nichtberücksichtigung des Umstands durch die Kommission, dass dem aus dem
Zusammenschluss
hervorgehenden
Unternehmen
ein
Monopol
auf
die
Luftverkehrsrechte für die Strecken von Mitteleuropa nach Osteuropa und in den Mittleren
Osten zugutekomme
252
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, das aus dem Zusammenschluss
hervorgehende Unternehmen werde das Monopol auf die Luftverkehrsrechte für die
Strecken von Mitteleuropa zu Zielen in Osteuropa und im Mittleren Osten innehaben.
Diese Situation, die sich im Fall von Österreich aus dem Bundesgesetz über den
zwischenstaatlichen Luftverkehr 2008 vom 2. Juli 2008 (BGBl. I Nr. 96/2008, zuletzt
geändert durch BGBl. I Nr. 89/2009) ergebe, schaffe eine Zutrittsschranke für die
Strecken von Mitteleuropa nach Osteuropa und in den Mittleren Osten.
253
Um diese Rüge zu untermauern, hat die Klägerin in ihrer Stellungnahme zu den
Streithilfeschriftsätzen das persönliche Erscheinen ihres Geschäftsführers Otmar Lenz
beantragt, um ihren Vortrag in den Rn. 45 und 46 dieser Stellungnahme hinsichtlich des
Verhaltens der Republik Österreich im Rahmen der Neuverhandlung des
Luftverkehrsabkommens mit der Russischen Föderation zu beweisen. Außerdem hat sie
die Einvernahme mehrerer Beamter des Bundesministeriums für europäische und
internationale Angelegenheiten sowie eines Beamten des Bundesministeriums für
Verkehr, Innovation und Technologie als Zeugen beantragt und dies damit begründet,
dass sie an der Neuverhandlung des Luftverkehrsabkommens mit der Russischen
Föderation teilgenommen hätten.
254
Diese Anträge sind vorab zu prüfen.
255
Die Klägerin macht für ihre Anträge auf Ladung von Zeugen und auf das persönliche
Erscheinen ihres Geschäftsführers geltend, gemäß Art. 48 § 2 der Verfahrensordnung
seien neue Angriffs- und Verteidigungsmittel und damit auch die betreffenden
Beweismittel auch nach der Erwiderung und der Gegenerwiderung noch zulässig, wenn
Beweismittel auch nach der Erwiderung und der Gegenerwiderung noch zulässig, wenn
sie auf rechtliche oder tatsächliche Gründe gestützt würden, die erst während des
Verfahrens zutage getreten seien. Das Vorbringen in der Stellungnahme zu den
Streithilfeschriftsätzen und die dazu angebotenen Beweise dienten zur Widerlegung der
Behauptungen der Republik Österreich in ihrem Streithilfeschriftsatz und seien somit
zulässig.
256
Die Kommission und die Streithelferinnen sehen in den Anträgen der Klägerin
unzulässige, weil verspätete Beweisangebote. Außerdem halten sie den Antrag auf
Ladung von Zeugen für unzulässig, weil darin nicht präzisiert werde, welche Tatsachen
bewiesen werden sollten. Auch der Antrag auf persönliches Erscheinen des
Geschäftsführers der Klägerin sei unzulässig, da damit nicht das Vorbringen der Klägerin
in ihrer Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen bewiesen werden könne.
257
Dazu ist festzustellen, dass es, wie aus Art. 44 § 1 Buchst. e in Verbindung mit Art. 48
§ 1 der Verfahrensordnung hervorgeht, dem Kläger obliegt, seine Beweismittel in der
Klageschrift zu bezeichnen, und dass er in der Erwiderung noch Beweismittel benennen
kann, vorausgesetzt, er begründet die Verspätung.
258
Hier ergibt sich aus Rn. 60 der Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen der
Republik Österreich und von Lufthansa, dass die Anträge der Klägerin ausdrücklich zum
Beweis ihres eigenen Vorbringens dienen. Es geht also jedenfalls um Beweismittel im
Sinne der vorgenannten Bestimmungen.
259
Zur vorgetragenen Verspätung dieser Anträge ist festzustellen, dass sie weder in der
Klageschrift noch in der Erwiderung, sondern in der Stellungnahme der Klägerin zu den
Streithilfeschriftsätzen der Republik Österreich und von Lufthansa formuliert worden sind.
Daraus folgt jedoch nicht, dass diese Anträge zwangsläufig als verspätet anzusehen
sind. Sofern nämlich das Vorbringen, das mit ihnen belegt werden soll, keine neuen
Angriffsmittel oder Rügen gegen die Entscheidung der Kommission darstellt, sondern
damit auf eigenes Vorbringen der Streithelferinnen eingegangen wird, können die
Beweismittel, die in der Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen benannt werden,
nicht als verspätet angesehen werden. Die Klägerin macht geltend, dass ihre Anträge
gerade zum Beweis des Vorbringens dienen, das in ihrer Stellungnahme zu den
Streithilfeschriftsätzen in Erwiderung auf das Vorbringen der Streithelferinnen ausgeführt
wird.
260
Insoweit ist, was erstens den Antrag auf persönliches Erscheinen des Geschäftsführers
der Klägerin betrifft, festzustellen, dass er nach deren Aussage zum Beweis des
Vorbringens in den Rn. 45 bis 56 ihrer Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen
dient. Das Vorbringen in diesen Randnummern dient aber tatsächlich dazu, auf die
Argumente der Republik Österreich hinsichtlich der Neuverhandlung der bilateralen
Luftverkehrsabkommen, insbesondere mit der Russischen Föderation, zu erwidern. Das
Beweisangebot des persönlichen Erscheinens des Geschäftsführers der Klägerin kann
demnach nicht als verspätet angesehen werden, da es zum Beweis dieses Vorbringens
dient.
261
Auch der zweite Antrag auf Ladung von Zeugen dient zum Beweis des Vorbringens der
Klägerin in den Rn. 45 und 46 der Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen. Folglich
Klägerin in den Rn. 45 und 46 der Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen. Folglich
kann er nicht als verspätet angesehen werden, da, wie vorstehend festgestellt, die
Klägerin mit diesem Vorbringen auf die spezifischen Argumente der Republik Österreich
hinsichtlich der Neuverhandlung des bilateralen Luftverkehrsabkommens mit der
Russischen Föderation erwidert.
262
Allerdings hat nach Art. 68 § 1 Abs. 3 der Verfahrensordnung „[d]ie Partei … in ihrem
Antrag [auf Vernehmung eines Zeugen] die Tatsachen zu bezeichnen, über die die
Vernehmung stattfinden soll, und die Gründe anzugeben, die die Vernehmung
rechtfertigen“.
263
Hier sind die Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll, in den Rn. 45 und 46
der Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen, auf die die Klägerin verweist,
hinreichend genau bezeichnet. So wird in Rn. 46 ausgeführt, dass „[d]ie Republik
Österreich … in den mit der Russischen Föderation seit der Erlassung der
angefochtenen Entscheidung gepflogenen Verhandlungen über das bestehende
Luftverkehrsabkommen … keinen wie immer gearteten Versuch unternommen [hat], eine
Abänderung der in dem betreffenden Luftverkehrsabkommen enthaltenen
Nationalitätenklausel zu erwirken“, und dass „es der Delegation der Republik Österreich
in den betreffenden Verhandlungen ausschließlich darum gegangen [ist,] darzulegen,
dass die Austrian – auch nach deren Erwerb durch die Lufthansa – ein österreichisches
Luftfahrtunternehmen ist (das zu einem wesentlichen Teil im Eigentum österreichischer
Staatsangehöriger steht bzw. tatsächlich von österreichischen Staatsangehörigen
kontrolliert wird), um auf diese Weise die Aufrechterhaltung der der Austrian
zugewiesenen Verkehrsrechte sicherzustellen“. Weiter heißt es, dass „[d]ie Republik
Österreich … sogar so weit gegangen [ist], dass sie durch das Völkerrechtsbüro des
Bundesministeriums für Europäische und Internationale Angelegenheiten ein Gutachten
hat erstellen lassen, wonach die Austrian ein österreichisches Luftfahrtunternehmen (das
zum überwiegenden Teil im Eigentum österreichischer Staatsangehöriger steht bzw. von
österreichischen Staatsangehörigen effektiv kontrolliert wird) ist und sohin die
Anforderungen der Nationalitätenklausel im bilateralen Luftverkehrsabkommen mit der
Russischen Föderation erfüllt“.
264
Die Klägerin gibt jedoch überhaupt nicht an, aus welchen Gründen sie die Vernehmung
der in ihrem Antrag namentlich genannten Personen durch das Gericht wünscht. Sie
begnügt sich nämlich damit, den Namen dieser Personen und das Ministerium, für das
sie arbeiten, sowie dessen Anschrift zu nennen. Sie gibt keinerlei Erläuterung, weshalb
gerade diese Personen in der Lage sein sollen, die Tatsachen zu beweisen, die sie in
Rn. 46 ihrer Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen vorträgt.
265
Demzufolge erfüllt der Antrag der Klägerin auf Vernehmung von Zeugen zum Beweis
der Ausführungen in den Rn. 45 und 46 ihrer Stellungnahme zu den
Streithilfeschriftsätzen nicht die Voraussetzungen von Art. 68 § 1 Abs. 3 der
Verfahrensordnung und ist mithin als unzulässig zurückzuweisen.
266
Die Klägerin hat in Rn. 46 ihrer Stellungnahme zu den Streithilfeschriftsätzen zudem
vorgetragen, ihr Geschäftsführer habe an den seit dem Erlass der angefochtenen
Entscheidung zwischen der Republik Österreich und der Russischen Föderation
geführten Verhandlungen über das bestehende bilaterale Luftverkehrsabkommen
geführten Verhandlungen über das bestehende bilaterale Luftverkehrsabkommen
zwischen diesen beiden Staaten teilgenommen.
267
Nach Art. 65 Buchst. a und Art. 66 § 1 Abs. 1 der Verfahrensordnung könnte der
Geschäftsführer der Klägerin jedoch vor dem Gericht nur als Partei des Rechtsstreits und
nicht als Zeuge erscheinen. Daraus folgt, dass seine Aussagen keinerlei zusätzlichen
Beweiswert hinsichtlich der Behauptungen der Klägerin hätten.
268
Außerdem liegen die von der Klägerin in Rn. 46 ihrer Stellungnahme zu den
Streithilfeschriftsätzen vorgetragenen Tatsachen zeitlich nach dem Erlass der
angefochtenen Entscheidung und können deshalb jedenfalls nicht deren Rechtmäßigkeit
in Frage stellen.
269
Unter diesen Umständen hat es das Gericht nicht für zweckmäßig gehalten, den
Geschäftsführer der Klägerin aufzufordern, persönlich in der mündlichen Verhandlung zu
erscheinen.
270
Um sich mit der Rüge der Klägerin auseinanderzusetzen, muss knapp darauf
eingegangen werden, worin die Luftverkehrsrechte bestehen. So muss eine
Fluggesellschaft, um eine Strecke zwischen Flughäfen zu bedienen, die im
Hoheitsgebiet zweier verschiedener Staaten liegen, ein internationales Luftverkehrsrecht
innehaben, d. h. die Ermächtigung, diese Strecke zu bedienen. Jeder Staat benennt die
in seinem Hoheitsgebiet ansässigen Fluggesellschaften, die er ermächtigt, eine Strecke
zwischen diesem Hoheitsgebiet und dem Hoheitsgebiet eines anderen Staates zu
bedienen. Die Zahl der Ermächtigungen, die von jedem Staat für die Bedienung einer
internationalen Flugstrecke erteilt werden können, wird herkömmlicherweise durch ein
bilaterales völkerrechtliches Abkommen zwischen den beiden betroffenen Staaten
festgelegt. Diese Verkehrsrechte stellen mithin grundsätzlich eine rechtliche Schranke
für die Aufnahme einer internationalen Flugstrecke dar.
271
Diese rechtlichen Schranken wurden innerhalb der Union durch die Verordnung (EWG)
Nr. 2408/92 des Rates vom 23. Juli 1992 über den Zugang von Luftfahrtunternehmen der
Gemeinschaft zu Strecken des innergemeinschaftlichen Flugverkehrs (ABl. L 240, S. 8)
beseitigt, die inzwischen durch die Verordnung (EG) Nr. 1008/2008 des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 24. September 2008 über gemeinsame Vorschriften für
die Durchführung von Luftverkehrsdiensten in der Gemeinschaft (Neufassung) (ABl.
L 293, S. 3) aufgehoben wurde.
272
Nach Art. 15 der Verordnung Nr. 1008/2008 sind die Luftfahrtunternehmen, die im
Besitz einer gültigen Betriebsgenehmigung sind, die von der zuständigen Behörde des
Mitgliedstaats erteilt wurde, in dem sie ihren Hauptgeschäftssitz haben, berechtigt,
innergemeinschaftliche Flugdienste durchzuführen, und die Mitgliedstaaten dürfen die
Durchführung dieser Dienste durch ein solches Luftfahrtunternehmen nicht von einer
Zulassung oder Genehmigung abhängig machen.
273
Dagegen sind Verkehrsrechte immer noch erforderlich, um eine Flugstrecke zwischen
dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats der Union und dem Hoheitsgebiet eines
Drittstaats zu bedienen. In Anbetracht der Unsicherheit, die durch Art. 84 Abs. 2 EWG,
später Art. 80 Abs. 2 EG, dann Art. 100 Abs. 2 AEUV hinsichtlich des Bestehens einer
Außenkompetenz der Gemeinschaft und später der Union im Bereich des Luftverkehrs
Außenkompetenz der Gemeinschaft und später der Union im Bereich des Luftverkehrs
geschaffen wurde, fuhren die Mitgliedstaaten damit fort, die Zuweisung der
Luftverkehrsrechte für die Strecken zwischen ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet und dem
Hoheitsgebiet von Drittstaaten auf der Grundlage bilateraler völkerrechtlicher Abkommen
zu regeln.
274
In den Urteilen vom 5. November 2002, Kommission/Vereinigtes Königreich (C‑466/98,
Slg, EU:C:2002:624), Kommission/Dänemark (C‑467/98, Slg, EU:C:2002:625),
Kommission/Schweden (C‑468/98, Slg, EU:C:2002:626), Kommission/Finnland
(C‑469/98, Slg, EU:C:2002:627), Kommission/Belgien (C‑471/98, Slg, EU:C:2002:628),
Kommission/Luxemburg (C‑472/98, Slg, EU:C:2002:629), Kommission/Österreich
(C‑475/98, Slg, EU:C:2002:630) und Kommission/Deutschland (C‑476/98, Slg,
EU:C:2002:631) (im Folgenden: „Open Skies“-Urteile), befand der Gerichtshof, dass die
Union durch die Wahrnehmung ihrer internen Zuständigkeiten in bestimmten Bereichen
des Luftverkehrs, nämlich den Bereichen Zuweisung von Zeitnischen auf den Flughäfen,
computergesteuerte Buchungssysteme und innergemeinschaftliche Preise, eine
ausschließliche Außenkompetenz erworben habe. Er verurteilte daher die
Mitgliedstaaten, die mit den Vereinigten Staaten bilaterale Abkommen geschlossen
hatten, die namentlich diese Bereiche regeln sollten.
275
In der Reihe der „Open Skies“-Urteile verurteilte der Gerichtshof auch einige
Mitgliedstaaten, weil sie mit den Vereinigten Staaten bilaterale Abkommen geschlossen
hatten, die Bestimmungen enthielten, mit denen den Vereinigten Staaten das Recht
eingeräumt wurde, aufgrund sogenannter „National-Ownership-and-Control“-Klauseln
(Klauseln über das Erfordernis nationaler Inhaberschaft und Kontrolle) die
Verkehrsrechte zu widerrufen, auszusetzen oder einzuschränken, wenn die von dem
betreffenden Mitgliedstaat bezeichneten Luftfahrtunternehmen nicht in dessen Eigentum
oder im Eigentum von Angehörigen dieses Mitgliedstaats standen. Der Gerichtshof sah
in diesen Klauseln eine gegen Art. 52 EG verstoßende Diskriminierung der
Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft, die nicht im Eigentum oder unter der Kontrolle
des Mitgliedstaats oder von Staatsangehörigen desselben standen, in dessen
Hoheitsgebiet sie sich niederlassen wollten.
276
Die Mitgliedstaaten müssen daher alle bilateralen Luftverkehrsabkommen mit
Drittstaaten, die eine „National-Ownership-and-Control“-Klausel enthalten, neu
verhandeln, um, was diejenigen Mitgliedstaaten wie die Republik Österreich, gegen die
aus diesem Grund ein Vertragsverletzungsverfahren angestrengt wurde, betrifft, die vom
Gerichtshof in den „Open Skies“-Urteilen festgestellten Vertragsverletzungen
abzustellen, und um, was die übrigen Mitgliedstaaten anbelangt, solche etwaigen
Vertragsverletzungsverfahren zu vermeiden.
277
In diesem Zusammenhang haben das Europäische Parlament und der Rat die
Verordnung (EG) Nr. 847/2004 vom 29. April 2004 über die Aushandlung und
Durchführung von Luftverkehrsabkommen zwischen Mitgliedstaaten und Drittstaaten
(ABl. L 157, S. 7) erlassen. Nach dem sechsten Erwägungsgrund dieser Verordnung
sollten alle bestehenden bilateralen Abkommen zwischen Mitgliedstaaten und
Drittstaaten, die dem Unionsrecht widersprechende Bestimmungen enthalten, geändert
oder durch neue Abkommen ersetzt werden, die gänzlich mit dem Unionsrecht vereinbar
oder durch neue Abkommen ersetzt werden, die gänzlich mit dem Unionsrecht vereinbar
sind.
278
Art. 5 der Verordnung Nr. 847/2004, der die Aufteilung der Luftverkehrsrechte betrifft,
bestimmt: „Schließt ein Mitgliedstaat ein Abkommen oder vereinbart er Änderungen
eines Abkommens oder seiner Anhänge, wonach die Nutzung der Verkehrsrechte oder
die Zahl der Luftfahrtunternehmen der Gemeinschaft, die für eine Nutzung der
Verkehrsrechte in Frage kommen, begrenzt wird, so trägt er dafür Sorge, dass die
Aufteilung der Verkehrsrechte auf die in Frage kommenden Luftfahrtunternehmen der
Gemeinschaft auf der Grundlage eines nichtdiskriminierenden und transparenten
Verfahrens erfolgt.“
279
Seit den „Open Skies“-Urteilen und dem Erlass der Verordnung Nr. 847/2004 können
die Luftfahrtunternehmen der Union also grundsätzlich mit den Luftfahrtunternehmen
eines Mitgliedstaats um die Erlangung internationaler Verkehrsrechte im Rahmen eines
nichtdiskriminierenden und transparenten Verfahrens konkurrieren.
280
Dies setzt jedoch voraus, dass das bilaterale Abkommen, das die Bedingungen für die
Zuweisung der Verkehrsrechte festlegt, eine sogenannte „Community-Ownership-and-
Control“-Klausel (Klausel über das Erfordernis gemeinschaftlicher Inhaberschaft und
Kontrolle) enthält, was bei dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und der
Russischen Föderation offenkundig noch nicht der Fall ist.
281
Folglich können allein Luftfahrtunternehmen, die unter der Kontrolle oder im Eigentum
des österreichischen Staates oder österreichischer Staatsangehöriger stehen,
Verkehrsrechte für Direktflüge aus dem österreichischen in das russische Hoheitsgebiet
erlangen. Außerdem hat die Republik Österreich, wie aus ihrem Streithilfeschriftsatz
hervorgeht, Verkehrsrechte zwischen Österreich und Russland nur Austrian und der
Klägerin zugewiesen, die beide österreichische Fluggesellschaften sind.
282
Somit können die nicht österreichischen Luftfahrtunternehmen der Union keinen Zutritt
zu den Strecken zwischen Österreich und Russland erlangen, um mit dem Angebot von
Austrian zu konkurrieren. Sie können nämlich aufgrund der Beibehaltung der „National-
Ownership-and-Control“-Klausel in dem Abkommen zwischen der Republik Österreich
und der Russischen Föderation kein Verkehrsrecht erlangen, um Direktflüge auf diesen
Strecken anzubieten. Außerdem würden, wie oben bereits festgestellt, die indirekten
Flüge, die sie auf diesen Strecken über ihr Drehkreuz in einem Mitgliedstaat anbieten
könnten, der ihnen Verkehrsrechte für Russland zugewiesen hat, keinen ausreichenden
Wettbewerbsdruck auf den Kurzstrecken wie Wien‒Moskau ausüben.
283
Allerdings sind der Klägerin selbst Luftverkehrsrechte für die Strecke Wien‒Moskau
zugewiesen worden, was es ihr erlaubt, mit Austrian in Wettbewerb zu treten. Zudem
können auch die russischen Fluggesellschaften von den zuständigen Behörden der
Russischen Föderation Verkehrsrechte erhalten, die ihnen den Marktzutritt und einen
Wettbewerb mit Austrian durch das Angebot von Direktflügen auf den Strecken zwischen
Österreich und Russland ermöglichen. Vor allem aber hat der Zusammenschluss an sich
keine Folgen für die Aufteilung der bestehenden Verkehrsrechte. So hätte, selbst wenn
Lufthansa infolge des Zusammenschlusses die Verkehrsrechte innehaben sollte,
aufgrund deren sie Direktflüge von Deutschland, Österreich oder der Schweiz in die
aufgrund deren sie Direktflüge von Deutschland, Österreich oder der Schweiz in die
Länder Osteuropas anbieten könnte – was zu beweisen bleibt, da die Klägerin genau nur
auf die von der Republik Österreich verliehenen Verkehrsrechte eingegangen ist –, dies
an sich nicht zur Folge, dass andere Wettbewerber daran gehindert würden, Zutritt zu
diesen Strecken zu erlangen. Der Grund, weshalb diese Konkurrenten keinen Zutritt zu
diesen Strecken erlangen könnten, läge nämlich in der mangelnden Verfügbarkeit der
Verkehrsrechte, die unabhängig davon gegeben ist, ob der Zusammenschluss erfolgt
oder nicht.
284
Daher ist die Rüge, dass dem aus dem Zusammenschluss hervorgehenden
Unternehmen ein Monopol auf die Luftverkehrsrechte zugutekomme, das eine
Zutrittsschranke für die Strecken zwischen Mitteleuropa und Osteuropa schaffe, als
unbegründet zurückzuweisen.
285
Der vierte Teil des ersten Klagegrundes ist somit als unbegründet zurückzuweisen.
Zum fünften Teil des ersten Klagegrundes: offensichtlicher Beurteilungsfehler
hinsichtlich der Eignung der Verpflichtungszusagen, die durch den Zusammenschluss
hervorgerufenen wettbewerbsrechtlichen Bedenken auszuräumen
286
Im Rahmen des fünften Teils des ersten Klagegrundes macht die Klägerin im
Wesentlichen geltend, die von den Parteien des Zusammenschlusses angebotenen
Verpflichtungszusagen könnten die durch den in Rede stehenden Zusammenschluss
hervorgerufenen wettbewerbsrechtlichen Bedenken nicht ausräumen.
287
Vorab ist das von der Klägerin erstmals in ihrer Stellungnahme zu den
Streithilfeschriftsätzen zum Beleg des dortigen (Rn. 47 bis 56) Vorbringens formulierte
Beweisangebot in Form des Antrags auf persönliches Erscheinen ihres Geschäftsführers
als unzulässig, weil verspätet, zurückzuweisen. Dieses Vorbringen ist nämlich zum Teil
eine Wiederholung und zum Teil eine Erweiterung des bereits in der Klageschrift und der
Erwiderung enthaltenen Vorbringens zur angeblichen Unzulänglichkeit der von den
Parteien des Zusammenschlusses abgegebenen Verpflichtungszusagen.
288
Sodann ist auf den von der Kommission anwendbaren Rahmen für die Analyse der
Verpflichtungszusagen sowie auf den Umfang der Kontrolle dieser Analyse durch den
Unionsrichter hinzuweisen.
289
Durch die Fusionskontrolle sollen betroffene Unternehmen die erforderliche vorherige
Genehmigung für den Vollzug eines Zusammenschlusses von gemeinschaftsweiter
Bedeutung erhalten. Bei dieser Kontrolle können diese Unternehmen der Kommission
Verpflichtungszusagen vorschlagen, um eine Entscheidung zu erwirken, mit der die
Vereinbarkeit ihres Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt festgestellt wird
(Urteil Ryanair/Kommission, oben in Rn. 85 angeführt, EU:T:2010:280, Rn. 448).
290
Die vorgeschlagenen Verpflichtungszusagen sollen es der Kommission je nach dem
Stand des Verwaltungsverfahrens ermöglichen, entweder festzustellen, dass der
angemeldete Zusammenschluss im Stadium der Voruntersuchung keinen Anlass mehr
zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt
gibt (Art. 6 Abs. 2 der Fusionskontrollverordnung), oder zu dem Schluss zu gelangen,
dass diese Verpflichtungszusagen den Einwänden gerecht werden, die bei der
dass diese Verpflichtungszusagen den Einwänden gerecht werden, die bei der
eingehenden Prüfung erhoben wurden (Art. 18 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 8 Abs. 2 der
Fusionskontrollverordnung). Die genannten Verpflichtungszusagen ermöglichen es also,
zunächst die Einleitung einer Phase der eingehenden Prüfung zu vermeiden oder später
den Erlass einer Entscheidung zu vermeiden, mit der der Zusammenschluss für mit dem
Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt wird (Urteil Ryanair/Kommission, oben in Rn. 85
angeführt, EU:T:2010:280, Rn. 449).
291
Nach Art. 8 Abs. 2 der Fusionskontrollverordnung kann die Kommission nämlich eine
Entscheidung, mit der ein Zusammenschluss nach dem Kriterium des Art. 2 Abs. 2 dieser
Verordnung für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wird, mit Bedingungen
und Auflagen verbinden, um sicherzustellen, dass die beteiligten Unternehmen den
Verpflichtungen nachkommen, die sie gegenüber der Kommission hinsichtlich einer mit
dem Gemeinsamen Markt zu vereinbarenden Gestaltung des Zusammenschlusses
eingegangen sind (Urteil Ryanair/Kommission, oben in Rn. 85 angeführt,
EU:T:2010:280, Rn. 450).
292
In Anbetracht der erheblichen finanziellen Interessen und der großen Bedeutung für
Gewerbe und Handel, die einem solchen Zusammenschluss innewohnen, wie auch der
Befugnisse, über die die Kommission in diesem Bereich verfügt, liegt es im Interesse der
beteiligten Unternehmen, die Arbeit der Verwaltung zu erleichtern. Aus denselben
Gründen ist auch die Kommission verpflichtet, bei der Wahrnehmung ihrer Aufgabe der
Fusionskontrolle größte Sorgfalt walten zu lassen (Urteil Ryanair/Kommission, oben in
Rn. 85 angeführt, EU:T:2010:280, Rn. 451).
293
Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission im Rahmen der
Fusionskontrolle nur solche Verpflichtungszusagen annehmen darf, die das
angemeldete Vorhaben mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar machen können (Urteil
Ryanair/Kommission, oben in Rn. 85 angeführt, EU:T:2010:280, Rn. 452).
294
Insoweit erfüllen von einer der fusionierenden Parteien vorgeschlagene
Verpflichtungszusagen dieses Kriterium nur, soweit die Kommission mit Sicherheit
davon ausgehen kann, dass sie umgesetzt werden können und dass die damit
geschaffenen Abhilfen so tragfähig und beständig sind, dass es in absehbarer Zeit nicht
zur Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden Stellung oder zu
Behinderungen eines wirksamen Wettbewerbs, die durch die Verpflichtungszusagen
verhindert werden sollen, kommen kann (Urteil Ryanair/Kommission, oben in Rn. 85
angeführt, EU:T:2010:280, Rn. 453).
295
Was die Kontrolle betrifft, die der Unionsrichter über die von der Kommission im
Rahmen der Fusionskontrolle angenommenen Verpflichtungszusagen ausübt, so verfügt
die Kommission nach ständiger Rechtsprechung bei der Beurteilung, ob Zusagen
einzuholen sind, um bestehende ernsthafte Bedenken hinsichtlich eines
Zusammenschlusses zu zerstreuen, über einen weiten Beurteilungsspielraum. Folglich
darf das Gericht die von der Kommission vorgenommene Beurteilung nicht durch seine
eigene Beurteilung ersetzen, denn seine Rolle muss sich auf die Überprüfung
beschränken, ob der Kommission kein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen ist.
Insbesondere ist die angebliche Nichtberücksichtigung der vom Kläger vorgeschlagenen
Verpflichtungszusagen für sich allein noch kein Nachweis dafür, dass die angefochtene
Verpflichtungszusagen für sich allein noch kein Nachweis dafür, dass die angefochtene
Entscheidung mit einem offensichtlichen Beurteilungsfehler behaftet ist, und der
Umstand, dass auch andere Zusagen hätten akzeptiert werden können, kann, selbst
wenn diese für den Wettbewerb günstiger gewesen wären, nicht zur Nichtigerklärung der
Entscheidung führen, sofern die Kommission vernünftigerweise annehmen durfte, dass
die in die Entscheidung übernommenen Verpflichtungszusagen die ernsthaften
Bedenken zerstreuen konnten (Urteil easyJet/Kommission, oben in Rn. 139 angeführt,
EU:T:2006:187, Rn. 128).
296
Das Gericht muss im Rahmen seiner Kontrollfunktion dem spezifischen Zweck der
Verpflichtungszusagen je danach, ob sie in Phase I oder in Phase II des Verfahrens zur
Prüfung des Zusammenschlusses abgegeben worden sind, Rechnung tragen.
297
So sollen die Verpflichtungszusagen in Phase I alle ernsthaften Bedenken hinsichtlich
der Frage zerstreuen, ob durch den Zusammenschluss ein wirksamer Wettbewerb im
Gemeinsamen Markt oder in einem wesentlichen Teil desselben erheblich behindert
würde, insbesondere durch Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden
Stellung. Wenn also das Gericht zu prüfen hat, ob die in Phase I abgegebenen
Verpflichtungszusagen angesichts ihrer Bedeutung und ihres Gehalts der Kommission
den Erlass einer Genehmigungsentscheidung ohne Eröffnung von Phase II gestatten,
muss es überprüfen, ob die Kommission ohne offensichtlichen Beurteilungsfehler davon
ausgehen konnte, dass diese Verpflichtungszusagen eine unmittelbare und
ausreichende Reaktion darstellten, die geeignet war, alle ernsthaften Bedenken klar
auszuräumen (vgl. in diesem Sinne zur alten Fusionskontrollverordnung, der Verordnung
[EWG] Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von
Unternehmenszusammenschlüssen [ABl. L 395, S. 1], Urteil easyJet/Kommission, oben
in Rn. 139 angeführt, EU:T:2006:187, Rn. 129).
298
Dagegen sollen die Verpflichtungszusagen in Phase II insbesondere die von der
Kommission in Phase I festgestellten wettbewerbsrechtlichen Bedenken ausräumen,
aufgrund deren die Kommission die Phase II eröffnet hat. Hat das Gericht also zu prüfen,
ob die in Phase II abgegebenen Verpflichtungszusagen angesichts ihrer Bedeutung und
ihres Gehalts der Kommission den Erlass einer Entscheidung zur Genehmigung des
Zusammenschlusses gestatten, muss es überprüfen, ob die Kommission ohne
offensichtlichen
Beurteilungsfehler
davon
ausgehen
konnte,
dass
diese
Verpflichtungszusagen eine unmittelbare und ausreichende Antwort auf die in Phase I
festgestellten wettbewerbsrechtlichen Bedenken darstellten.
299
Die von der Klägerin vorgebrachten Argumente sind im Licht dieser Grundsätze zu
prüfen.
300
Die Klägerin bestreitet die Eignung der fraglichen Verpflichtungszusagen, die
wettbewerbsrechtlichen Bedenken auszuräumen, die von der Kommission in der
angefochtenen Entscheidung in Bezug auf bestimmte Strecken festgestellt wurden.
301
Sie beanstandet jedoch auch, die Kommission habe den Zusammenschluss ohne
Ausgleichsmaßnahmen genehmigt, die den wettbewerbsrechtlichen Bedenken
hinsichtlich aller von Austrian auf den Strecken zwischen Mitteleuropa und Osteuropa
angeflogenen Kurz- und Mittelstreckenziele sowie hinsichtlich der Strecken zwischen
angeflogenen Kurz- und Mittelstreckenziele sowie hinsichtlich der Strecken zwischen
Österreich und Deutschland entgegenwirken könnten. Ferner bemängelt die Klägerin
das Fehlen von Verpflichtungszusagen dergestalt, dass die wettbewerbsrechtlichen
Bedenken ausgeräumt würden, die der Zusammenschluss in Bezug auf die Kapazitäten
des aus dem Zusammenschluss hervorgehenden Unternehmens und in Bezug auf die
Preispolitik von Lufthansa und von Austrian aufwerfe.
302
Insoweit ist bereits bei der Prüfung der ersten vier Teile dieses Klagegrundes
festgestellt worden, dass die Kommission keinen offensichtlichen Beurteilungsfehler
beging, indem sie keine anderen wettbewerbsrechtlichen Bedenken als die in der
angefochtenen Entscheidung angesprochenen feststellte. Daher kann ihr kein
offensichtlicher
Beurteilungsfehler
dahin
angelastet
werden,
dass
sie
Verpflichtungszusagen angenommen hätte, die die von der Klägerin behaupteten und in
der angefochtenen Entscheidung nicht festgestellten wettbewerbsrechtlichen Bedenken
nicht ausräumen könnten.
303
Was im Übrigen das Vorbringen der Klägerin betrifft, dass die Kommission die
österreichischen Behörden in Anbetracht des Monopols auf die Luftverkehrsrechte, das
das aus dem Zusammenschluss hervorgehende Unternehmen auf den Strecken
zwischen Österreich und den Ländern Osteuropas sowie dem Mittleren Osten innehaben
werde, hätte verpflichten müssen, den Konkurrenten von Lufthansa, die diese Strecken
aufzunehmen wünschten, Luftverkehrsrechte zuzuweisen, so kann die Kommission
gemäß Art. 8 Abs. 2 Unterabs. 2 der Fusionskontrollverordnung die Entscheidung, mit
der sie den Zusammenschluss für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt, mit
Bedingungen und Auflagen verbinden, um sicherzustellen, dass die beteiligten
Unternehmen den Verpflichtungen nachkommen, die sie ihr gegenüber hinsichtlich einer
mit dem Gemeinsamen Markt zu vereinbarenden Gestaltung des Zusammenschlusses
eingegangen sind. Daraus folgt, dass in einem solchen Fall die Entscheidung, mit der
der Zusammenschluss für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wird, mit der
Bedingung versehen ist, dass die Parteien die Auflagen erfüllen, die ihre
Verpflichtungszusagen gegenüber der Kommission für sie darstellen. Daher kann die
Kommission den Erlass einer Entscheidung, mit der ein Zusammenschluss zweier
Fluggesellschaften für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wird, nach Art. 8
Abs. 2 Unterabs. 2 der Fusionskontrollverordnung nicht an die Bedingung knüpfen, dass
ein Mitgliedstaat sich verpflichtet, den Konkurrenten dieser Fluggesellschaften
Luftverkehrsrechte zuzuweisen.
304
Unter diesen Umständen wird das Gericht lediglich die Rüge der Klägerin prüfen, mit
der den Verpflichtungszusagen der anmeldenden Parteien die Eignung abgesprochen
wird, die von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung ausgemachten
wettbewerbsrechtlichen Bedenken auszuräumen.
Zur Eignung der Verpflichtungszusagen in Sachen Zeitnischen für die identifizierten
Strecken zwischen Österreich und Deutschland
– Zu den für die Strecke Wien–Frankfurt am Main zur Verfügung zu stellenden
Zeitnischen
305
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Anrechnung der ihr von Lufthansa
305
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Anrechnung der ihr von Lufthansa
bereits übertragenen Zeitnischen auf die Zahl der von Lufthansa für diese Strecke zur
Verfügung zu stellenden Zeitnischen habe zur Folge, dass sich die
Verpflichtungszusage von Lufthansa darauf beschränke, zwei zusätzliche Zeitnischen
zur Verfügung zu stellen. Damit werde einem neuen Marktteilnehmer nicht ermöglicht,
einen ausreichenden Wettbewerbsdruck sicherzustellen.
306
Was erstens das Vorbringen der Klägerin anbelangt, die Anrechnung der ihr von
Lufthansa bereits übertragenen Zeitnischen auf die Zahl der für die fragliche Strecke zu
Verfügung zu stellenden Zeitnischen sei nicht gerechtfertigt, ist festzustellen, dass
Lufthansa und Austrian bei Erlass der angefochtenen Entscheidung auf der Strecke
Wien–Frankfurt am Main jeweils fünf Verbindungen am Tag betrieben, während Adria
Airways, ein Mitglied der Star Alliance, drei und die Klägerin zwei solche Verbindungen
durchführten und der Klägerin eine dritte Verbindung ab der IATA-Wintersaison
2009/2010 zugesprochen worden war (Erwägungsgründe 154 und 162 der
angefochtenen Entscheidung).
307
Wie aber die Kommission in den Erwägungsgründen 159 bis 162 der angefochtenen
Entscheidung ausführt, hängt die Aufteilung der Zeitnischen für die betreffende Strecke
mit
der
Vereinbarung
zwischen
Lufthansa
und
Austrian
über
ein
Gemeinschaftsunternehmen zusammen, aufgrund deren sie sich zur Teilung aller
Einnahmen und Kosten aus dem Betrieb dieser Strecke verpflichtet hätten. Diese
Vereinbarung über ein Gemeinschaftsunternehmen sei von der Kommission nach Art. 81
Abs. 3 EG gegen bestimmte Verpflichtungszusagen befristet freigestellt worden. Als die
Freistellungsentscheidung der Kommission 2005 abgelaufen sei, hätten die Parteien des
Zusammenschlusses
ihre
Zusammenarbeit
im
Rahmen
des
Gemeinschaftsunternehmens auf der Grundlage einer Selbstbewertung der
Vereinbarkeit dieser Zusammenarbeit mit Art. 81 EG fortgesetzt. Die Kommission stellte
klar, dass diese Selbstbewertung die Parteien des Zusammenschlusses zu der
Feststellung des Bestehens „ernsthafter Bedenken“ hinsichtlich der Vereinbarkeit der
Vereinbarung über das Gemeinschaftsunternehmen mit Art. 81 EG und zu der
Schlussfolgerung veranlasst habe, dass sehr wahrscheinlich Zeitnischen auf ihre
Wettbewerber übertragen werden müssten. Aus dem 162. Erwägungsgrund der
angefochtenen Entscheidung ergibt sich, dass diese Selbstbewertung die Grundlage
dafür bildete, dass Lufthansa 2006 zwei Zeitnischen auf dem Flughafen Frankfurt am
Main auf die Klägerin übertrug, um ihr die Einrichtung von zwei täglichen Verbindungen
auf dieser Strecke zu ermöglichen. In eben diesem Zusammenhang übertrug Lufthansa
im Juli 2009 eine weitere Zeitnische auf die Klägerin, um ihr den Betrieb einer dritten
täglichen Verbindung auf dieser Strecke ab der IATA-Wintersaison 2009/2010 zu
ermöglichen.
308
Die Kommission führte in der angefochtenen Entscheidung aus, dass diese Lage als
Vergleichsmaßstab dem Fall des Zusammenschlusses gegenübergestellt werden
müsse, in dem das Gemeinschaftsunternehmen aufgrund der Einrichtung einer
strukturellen Verbindung zwischen Lufthansa und Austrian beendet werde, was nach
den Bestimmungen der Vereinbarung über das Gemeinschaftsunternehmen dazu führe,
dass die Klägerin die Zeitnischen an Lufthansa zurückgebe. Die Kommission hielt es
aber angesichts der Überlastung des Flughafens Frankfurt am Main für nahezu
aber angesichts der Überlastung des Flughafens Frankfurt am Main für nahezu
unmöglich, dass die Klägerin ihre eigenen Zeitnischen bekomme, so dass sie den
Betrieb der Strecke Wien–Frankfurt am Main einstellen müsste. Adria Airways verbliebe
als einziger Wettbewerber des aus dem Zusammenschluss hervorgehenden
Unternehmens auf dieser Strecke und sei nicht in der Lage, ausreichenden
Wettbewerbsdruck auszuüben (Erwägungsgründe 162 bis 168 der angefochtenen
Entscheidung).
309
Um diesen wettbewerbsrechtlichen Bedenken zu begegnen, verpflichteten sich die
Parteien des Zusammenschlusses, Zeitnischen zur Verfügung zu stellen, die einer als
neue Anbieterin auftretenden Fluggesellschaft den Betrieb von bis zu fünf Verbindungen
am Tag auf dieser Strecke erlauben (330. Erwägungsgrund der angefochtenen
Entscheidung).
310
Dazu wird im 331. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung klargestellt, dass
sich die Zahl der zuzuteilenden Zeitnischen um die Zahl der einem neuen
Marktteilnehmer bereits gemäß den Verpflichtungszusagen zugewiesenen Zeitnischen
verringert, sofern nicht der neue Marktteilnehmer die Nutzung dieser Zeitnischen einstellt
und sie daher wieder den Fusionsparteien zufallen.
311
Im konkreten Fall der Strecke Wien–Frankfurt am Main ist vorgesehen, dass die drei
von der Klägerin auf dieser Strecke betriebenen Verbindungen auf die Zahl der
Zeitnischen angerechnet werden, die aufgrund der Verpflichtungszusagen zur Verfügung
zu stellen sind (333. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung). Daraus ergibt
sich, dass die Klägerin die bereits von Lufthansa übertragenen Zeitnischen behalten wird
und zwei weitere Zeitnischen von Lufthansa bereitgestellt werden müssen.
312
Die Beibehaltung der drei von Lufthansa zuvor an die Klägerin übertragenen
Zeitnischen und ihre Anrechnung auf die fünf auf dieser Strecke zur Verfügung zu
stellenden Zeitnischen werden in der angefochtenen Entscheidung aber damit
begründet, dass die Übertragung dieser Zeitnischen an die Klägerin einem von der
Kommission in der angefochtenen Entscheidung beschriebenen Vergleichsszenario
entspreche, bei dem diese Übertragung zusammen mit der Präsenz von Adria Airways
ausreichenden Wettbewerbsdruck auf der Strecke Wien–Frankfurt am Main sicherstelle.
Dazu ist festzustellen, dass sich die Klägerin nicht gegen das Vergleichsszenario
wendet,
das
die
Kommission
im
Rahmen
der
Untersuchung
der
Wettbewerbsauswirkungen des Zusammenschlusses auf die Strecke Wien–Frankfurt am
Main entworfen hat.
313
Was zweitens das Vorbringen der Klägerin betrifft, die Zusage, zusätzliche Zeitnischen
auf der Strecke Wien–Frankfurt am Main zur Verfügung zu stellen, beschränke sich auf
die Bereitstellung von nur zwei Zeitnischen, so bewirken die von den Parteien des
Zusammenschlusses abgegebenen Verpflichtungszusagen, wie vorstehend festgestellt,
in Wirklichkeit nicht nur, dass der Klägerin weiterhin drei Zeitnischen zur Verfügung
stehen, die sie sonst an Lufthansa hätte zurückgeben müssen, und dass zwei
zusätzliche Zeitnischen bereitgestellt werden. Diese beiden zusätzlichen Zeitnischen
können von der Klägerin oder von einem neuen Marktteilnehmer in Anspruch genommen
werden.
314
Darüber hinaus ergibt sich aus dem 334. Erwägungsgrund der angefochtenen
Entscheidung, dass der Klägerin ein Anspruch eingeräumt wird, die Zeitnischen, die sie
von Lufthansa in Frankfurt am Main gemäß ihrer Vereinbarung mit dieser über die
Vermietung von Zeitnischen erhalten hat, gegen solche einzutauschen, die Lufthansa
nach den Verpflichtungszusagen zur Verfügung stellt.
315
Ferner geht aus dem 335. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung hervor,
dass sich Lufthansa unabhängig davon, ob die Klägerin die Möglichkeit wahrnimmt, von
den Fusionsparteien neue Zeitnischen im Austausch gegen ihre bestehenden
Zeitnischen am Flughafen Frankfurt am Main zu erhalten, zu einer Änderung ihrer
bestehenden Vereinbarung mit der Klägerin über die Vermietung von Zeitnischen
verpflichtet, um den Verpflichtungszusagen Rechnung zu tragen, und zwar insbesondere
hinsichtlich der Möglichkeiten für die Klägerin, angestammte Rechte für diese
Zeitnischen im Einklang mit den Ausführungen im 342. Erwägungsgrund der
angefochtenen Entscheidung zu erlangen.
316
Nach dem letztgenannten Erwägungsgrund erwirbt der neue Marktteilnehmer
angestammte Rechte an den von den Fusionsparteien erhaltenen Zeitnischen – d. h., er
hat das Recht, die von den Fusionsparteien übertragenen Zeitnischen auf beiden Seiten
der Strecke zwischen einem beliebigen identifizierten Städtepaar für ein
innereuropäisches Städtepaar, das kein identifiziertes Städtepaar ist, zu nutzen –, wenn
er das identifizierte Städtepaar in zwei aufeinanderfolgenden IATA-Saisons bedient hat,
mit Ausnahme des Städtepaars Wien–Frankfurt am Main, hinsichtlich dessen der Erwerb
angestammter Rechte voraussetzt, dass diese Strecke in acht aufeinanderfolgenden
IATA-Saisons bedient worden ist.
317
Somit wird die Klägerin gemäß den von den Parteien des Zusammenschlusses
abgegebenen Verpflichtungszusagen nicht nur die drei ihr bereits übertragenen
Zeitnischen behalten und gegebenenfalls zwei weitere bekommen können, sondern sie
wird auch angestammte Rechte an den ihr von Lufthansa aufgrund der
Vermietungsvereinbarung am Flughafen Frankfurt am Main übertragenen Zeitnischen
nach acht aufeinanderfolgenden IATA-Saisons erwerben und diese Zeitnischen gegen
andere, von Lufthansa im Rahmen der Verpflichtungszusagen zur Verfügung gestellte
Zeitnischen eintauschen können.
318
Was drittens das Vorbringen der Klägerin anbelangt, die Bereitstellung zusätzlicher
Zeitnischen sei so, wie in den Verpflichtungszusagen vorgesehen, nicht dergestalt, dass
sie einem neuen Konkurrenten den Zutritt zur Strecke Wien–Frankfurt am Main
ermögliche, so wird es durch die Ergebnisse der Marktuntersuchung widerlegt, auf die
die Kommission in der angefochtenen Entscheidung verweist. Die Kommission wies im
362. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung darauf hin, dass die meisten
Teilnehmer an der Marktuntersuchung insgesamt der Ansicht seien, dass die
Verpflichtungszusagen
der
Klägerin
oder
einem
neuen
Marktteilnehmer
wettbewerbsfähige und wirtschaftlich tragfähige Flugdienste auf der Strecke Wien–
Frankfurt am Main ermöglichten. Auch wird klargestellt, dass sich die Teilnehmer an der
Marktuntersuchung weitgehend darin einig seien, dass die Verpflichtungszusagen einen
Markteintritt oder eine Expansion eines Wettbewerbers insgesamt hinreichend
erleichterten sowie die Wahrscheinlichkeit dafür erhöhten und somit die
erleichterten sowie die Wahrscheinlichkeit dafür erhöhten und somit die
wettbewerbsrechtlichen Bedenken hinsichtlich dieser Strecke ausräumten.
319
Was viertens das Vorbringen der Klägerin betrifft, die Kommission müsse die
Verpflichtungszusagen selbst beurteilen, anstatt sich insoweit auf die Ergebnisse der
Marktuntersuchung zu verlassen, so ist es erstmals in der Erwiderung der Klägerin
geltend gemacht worden. Es dient jedoch dazu, auf ein Vorbringen der Kommission in
ihrer Klagebeantwortung zu erwidern, und kann daher nicht als verspätet angesehen
werden. Allerdings greift es nicht durch, da schon dem Wortlaut des 362.
Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung zu entnehmen ist, dass die
Marktuntersuchung von der Kommission nur herangezogen wurde, um ihre eigenen
Schlussfolgerungen in Bezug auf die Eignung der Verpflichtungszusagen hinsichtlich
der fraglichen Strecke zu bestätigen.
320
Was fünftens das Vorbringen der Klägerin zur Fähigkeit der Fluggesellschaft MAP, die
Strecke Wien–Frankfurt am Main zu bedienen, angeht, ist festzustellen, dass es,
unterstellt, es trifft zu, nur die Stellung eines Teilnehmers an der Marktuntersuchung
betrifft und deshalb an sich nicht die Ergebnisse dieser Untersuchung insgesamt in
Frage stellen kann.
321
Darüber hinaus ergibt sich entgegen den Ausführungen der Klägerin aus Anlage C.8
zur Erwiderung nicht, dass die Fluggesellschaft MAP nur zwei im Rahmen von
Leasingverträgen anderen Fluggesellschaften zur Verfügung gestellte Flugzeuge des
Typs MD-83 mit 170 Passagiersitzplätzen besäße, sondern sie besitzt außer ihren 13
Geschäftsreiseflugzeugen zwei Passagierflugzeuge des Typs MD-83 mit einer Kapazität
von 170 Passagiersitzplätzen für zusätzliche Nachfragen. Dass diese Flugzeuge vom
Typ MD-83 an andere Fluggesellschaften verleast sind, schließt, wie die Kommission
vorträgt, eine Eigennutzung durch die Fluggesellschaft MAP in Zukunft nicht aus. Dieses
Argument geht mithin in tatsächlicher Hinsicht fehl.
322
Nach alledem ist die Rüge, dass die Bereitstellung von Zeitnischen für die Strecke
Wien–Frankfurt am Main nicht ausreichend sei, als unbegründet zurückzuweisen.
– Zu den für die Strecke Wien–München zur Verfügung gestellten Zeitnischen
323
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Zurverfügungstellung einer einzigen
Zeitnische für die Strecke Wien–München, die nach der Anrechnung der Zahl der von ihr
bereits auf dieser Strecke unterhaltenen Verbindungen auf die Zahl der Zeitnischen übrig
bleibe, zu deren Bereitstellung sich die Parteien des Zusammenschlusses verpflichteten,
ermögliche einem Luftfahrtunternehmen keinen wettbewerbsfähigen Zutritt zu dieser
Strecke.
324
Die Klägerin scheint insoweit von der Hypothese auszugehen, dass sie beschlösse,
den gegebenen Stand ihrer Verbindungen beizubehalten. Auch wenn es zutrifft, dass in
diesem Fall für einen neuen Marktteilnehmer nur eine Zeitnische verfügbar wäre, führte
die Kommission aber im 363. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung aus:
„… Die Einrichtung wettbewerbsfähiger Flüge setzt insbesondere bei zeitsensiblen
Passagieren das Angebot mehrerer Verbindungen täglich voraus; … der Flughafen
Passagieren das Angebot mehrerer Verbindungen täglich voraus; … der Flughafen
[München erwartet] in nächster Zeit jedoch erhebliche Kapazitätsausweitungen.
Insbesondere läuft zurzeit die zweite Phase des Verfahrens zur Genehmigung einer
dritten Startbahn, die 2011 in Betrieb genommen werden soll. Diese dritte Startbahn wird
bis zu 120 Flugbewegungen pro Stunde (gegenüber derzeit 90 Flugbewegungen pro
Stunde mit den derzeit genutzten zwei Startbahnen) ermöglichen und für beide
Terminals auf dem Flughafen [München] genutzt werden können. Diese geplanten
Kapazitätsausweitungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit, dass in der näheren Zukunft
neue Marktteilnehmer Zeitnischen im Rahmen des normalen Vergabeverfahrens
erhalten werden (insbesondere, wenn sich die den folgenden Erwägungsgründen
(384) ff. beschriebenen wirtschaftlichen Bedingungen für Luftfrachtdienste gebessert
haben) …
.
Gleichzeitig können neue Marktteilnehmer Zeitnischen gemäß der Zusage
erhalten, für die sie nach zwei Saisons angestammte Rechte erwerben können und die
insoweit einen weiteren Anreiz für Wettbewerber darstellen, Angebote auf dieser Strecke
einzurichten.“
325
Ferner wies die Kommission im 364. Erwägungsgrund der angefochtenen
Entscheidung darauf hin, dass diese Umstände insgesamt eine Anrechnung der
bestehenden Verbindungen der Klägerin auf die nach Maßgabe der
Verpflichtungszusagen zur Verfügung zu stellenden Zeitnischen rechtfertigten und es
demnach der Klägerin und neuen Marktteilnehmern ermöglichen würden, den
Wettbewerbsdruck angemessen nachzubilden, den Lufthansa und Austrian ohne den
Zusammenschluss aufeinander ausüben würden.
326
Die Klägerin gibt aber nicht an, inwieweit die Feststellungen der Kommission im 363.
Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung falsch wären oder nicht die
Schlussfolgerung gestatteten, dass die Verpflichtungszusagen einem neuen
Marktteilnehmer einen erfolgreichen Zutritt zu der Strecke Wien–München erlauben.
327
Die Klägerin wendet sich auch nicht gegen die von der Kommission im 365.
Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung angesprochenen Ergebnisse der
Marktuntersuchung, wonach sich deren Teilnehmer weitgehend darin einig seien, dass
die Verpflichtungszusagen die wettbewerbsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der
Strecke Wien–München ausräumten, und sie mehrheitlich der Ansicht seien, dass die
Verpflichtungszusagen einen Markteintritt oder eine Expansion insgesamt hinreichend
erleichterten sowie die Wahrscheinlichkeit dafür erhöhten und somit der Klägerin oder
einem neuen Marktteilnehmer wettbewerbsfähige und wirtschaftlich tragfähige
Flugdienste auf dieser Strecke ermöglichten. Tatsächlich macht sie nur geltend, die
Kommission müsse selbst beurteilen, ob die Verpflichtungszusagen ausreichend seien,
anstatt sich auf die Ergebnisse der Marktuntersuchung zu verlassen. Schon aus dem
Wortlaut des 365. Erwägungsgrundes der angefochtenen Entscheidung ergibt sich aber,
dass sich die Kommission nicht nur auf die Marktuntersuchung verließ, um zu beurteilen,
ob die Verpflichtungszusagen ausreichten. Vielmehr stellte sie schlicht fest, dass die
Schlussfolgerungen, zu denen sie gelangt sei, „im Einklang mit der im Markttest
geäußerten Gesamtbewertung der Abhilfemaßnahmen für diese Strecke [stehen]“.
328
Unter diesen Umständen und in Ermangelung genaueren Vorbringens zur Begründung
der Rüge ist festzustellen, dass diese nicht den Anforderungen an die Genauigkeit
entspricht, die nach der Rechtsprechung aus Art. 44 § 1 Buchst. c und d der
entspricht, die nach der Rechtsprechung aus Art. 44 § 1 Buchst. c und d der
Verfahrensordnung folgen, und deshalb als unzulässig zurückzuweisen ist (vgl. in
diesem Sinne Urteil vom 27. September 2012, Nynäs Petroleum und Nynas
Belgium/Kommission, T‑347/06, Slg, EU:T:2012:480, Rn. 107 und 108).
– Zu den für die Strecken Wien–Köln und Wien–Stuttgart zur Verfügung gestellten
Zeitnischen
329
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Verpflichtungszusagen reichten nicht
aus, um einem neuen Wettbewerber den Zutritt zu den Strecken Wien–Stuttgart und
Wien–Köln zu ermöglichen, weil diese von der Billigfluggesellschaft Germanwings
bedient würden.
330
Für diese Rüge bringt die Klägerin ein einziges Argument vor, nämlich, dass sich eine
Billigfluggesellschaft nur dann durch die Generierung einer Nachfrage nach billigen
Tickets Zutritt zu einer Strecke verschaffen könne, soweit nicht eine andere
Billigfluggesellschaft diese Strecke bereits bediene.
331
Dazu ist festzustellen, dass die Klägerin nicht angibt, inwieweit der von ihr angeführte
Grundsatz, wenn man einmal unterstellt, dass er sich unter allen Umständen und
insbesondere im vorliegenden Fall bewahrheitet, verhindert, dass sich eine
herkömmliche Gesellschaft, deren Geschäftsmodell, Dienstleistungsangebot und
Tarifstruktur anders sind als bei Billigfluggesellschaften, Zutritt zu den fraglichen
Strecken verschaffen kann.
332
Ferner ist festzustellen, dass es, wenn die Behauptung zuträfe, dass die Bedienung
einer Strecke durch eine Billigfluggesellschaft jede andere solche Gesellschaft am Zutritt
zu dieser Strecke hindert, keinerlei Wettbewerb zwischen den Gesellschaften dieses
Typs nach dem O&D-Ansatz gäbe. Aus dem 123. Erwägungsgrund der angefochtenen
Entscheidung ergibt sich aber, dass bei Erlass der angefochtenen Entscheidung, obwohl
die Strecke Wien–Köln bereits von Germanwings bedient wurde, die Fluggesellschaft
TUIfly (die Charter- und Billigflüge anbietet) vor dem Beginn des Betriebs der besagten
Strecke mit zwei Verbindungen an Werktagen und je einer Verbindung an Samstagen
und Sonntagen stand und dass diese Flüge für die IATA-Wintersaison 2009/2010
gebucht werden konnten.
333
Die Klägerin weist somit nicht nach, dass die Präsenz von Germanwings auf den
fraglichen Strecken den Zutritt eines neuen Konkurrenten trotz der von den Parteien des
Zusammenschlusses abgegebenen Verpflichtungszusagen unmöglich gemacht hätte.
334
Für diese Schlussfolgerung sprechen nach Ansicht der Kommission auch die Antworten
der Wettbewerber auf Frage 28 des in Phase I der Marktuntersuchung an sie gerichteten
Fragebogens, mit der zum einen ermittelt werden sollte, ob die Präsenz einer
Billigfluggesellschaft ein wichtiger Faktor bei der Entscheidung über den Betrieb einer
Strecke ist, und zum anderen, wie diese Präsenz die Entscheidung beeinflusst, den
Betrieb einer Strecke aufzunehmen, aufzugeben oder fortzusetzen.
335
Da die Kommission ihren Schriftsätzen die Antworten auf Frage 28 nicht beigefügt
hatte, ist sie vom Gericht mit einer prozessleitenden Maßnahme vom 18. Februar 2013
hatte, ist sie vom Gericht mit einer prozessleitenden Maßnahme vom 18. Februar 2013
zu deren Vorlage aufgefordert worden. Die Kommission ist dieser Aufforderung am 22.
März 2013 nachgekommen.
336
Der Blick auf die von der Kommission vorgelegten Antworten zeigt, dass die Teilnehmer
an der Marktuntersuchung den ersten Teil der Frage ganz überwiegend bejahten und
dass die meisten der befragten Wettbewerber den zweiten Teil der Frage damit
beantworteten, dass die Präsenz einer Billigfluggesellschaft ihre Entscheidung über den
Markteintritt, den Marktverbleib oder den Ausstieg aus dem Markt dahin beeinflusse,
dass Eintritt und Verbleib insbesondere je danach weniger wahrscheinlich würden, in
welcher Frequenz die Billigfluggesellschaft Flüge durchführe oder ob sie öffentliche
Subventionen erhalte, und dass ein Ausstieg wahrscheinlicher werde. Nur eine
Minderheit gab jedoch an, dass die Präsenz einer Billigfluggesellschaft auf einer Strecke
ein Grund wäre, vom Zutritt zu dieser Strecke abzusehen oder sich davon
zurückzuziehen. Außerdem gab eine kleine Anzahl der befragten Wettbewerber an, dass
die Präsenz einer Billigfluggesellschaft auf einer Strecke ihre Entscheidung, diese zu
bedienen, nicht beeinflusse, weil es sich ihrer Ansicht nach um ein anderes
Marktsegment handele oder sie selbst Billigfluggesellschaften seien. Trotz der
Verschiedenheit der Antworten auf den zweiten Teil der Frage ist klar ersichtlich, dass
die befragten Wettbewerber mehrheitlich den Zutritt zu einer Strecke nicht aufgrund der
Präsenz einer Billigfluggesellschaft auf dieser Strecke ausschließen, auch wenn sie
einräumen, dass dies den Zutritt unter bestimmten Umständen erschwert.
337
Die Kommission war demnach zu der Annahme berechtigt, dass die Präsenz von
Germanwings auf den Strecken Wien–Köln und Wien–Stuttgart nicht dergestalt sei, dass
sie den Zutritt neuer Wettbewerber zu diesen Strecken behindere.
Zum Umstand, dass seit dem Erlass der angefochtenen Entscheidung keine
Fluggesellschaft den Betrieb einer der von den Verpflichtungszusagen betroffenen
Strecken aufgenommen habe
338
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Unzulänglichkeit der von den Parteien
des Zusammenschlusses abgegebenen Verpflichtungszusagen werde dadurch belegt,
dass bis Sommer 2010 keine Fluggesellschaft den Betrieb einer der von den
Verpflichtungszusagen betroffenen Strecken aufgenommen habe.
339
Nach ständiger Rechtsprechung hat dieser Umstand – unterstellt, er wäre erwiesen –,
der zeitlich nach dem Erlass der angefochtenen Entscheidung angesiedelt ist, keine
Folgen für deren Rechtmäßigkeit, da diese im Licht der Sachlage zum Zeitpunkt des
Erlasses der Entscheidung zu prüfen ist (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 7. Februar
1979, Frankreich/Kommission, 15/76 und 16/76, Slg, EU:C:1979:29, Rn. 7, vom 17. Mai
2001, IECC/Kommission, C‑449/98 P, Slg, EU:C:2001:275, Rn. 87, und vom 12.
Dezember 1996, Altmann u. a./Kommission, T‑177/94 und T‑377/94, Slg,
EU:T:1996:193, Rn. 119).
340
Folglich geht dieses Vorbringen ins Leere und ist mithin zurückzuweisen.
Zur Eignung der weiteren Verpflichtungszusagen
341
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Interlining- und Pro‑rata-
341
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Interlining- und Pro‑rata-
Vereinbarungen sowie die Teilnahme am Vielfliegerprogramm „Miles & More“ von
Lufthansa seien nicht geeignet, ausreichenden Wettbewerb sicherzustellen.
342
Sie stützt diese Rüge darauf, dass der Abschluss von Interlining- und Pro‑rata-
Vereinbarungen nur für kleine Luftfahrtunternehmen, die vorwiegend regionale
Transferpassagiere zu den Drehkreuzen der Fluggesellschaften mit umfassendem
Streckennetz beförderten, in Betracht komme und nicht für die wirklichen Konkurrenten
von Lufthansa, nämlich Air Berlin, Air France-KLM, British Airways, easyJet oder
Ryanair.
343
Gleiches gelte für das Vielfliegerprogramm von Lufthansa, da die meisten Konkurrenten
von Lufthansa ihre eigenen Programme und somit kein Interesse an der Teilnahme am
Programm von Lufthansa hätten. Die einzige wirksame Maßnahme hinsichtlich eines
solchen Programms wäre es, seine Anwendung auf wettbewerbsbefangene Strecken zu
untersagen, um seine Kundenbindungswirkung zu begrenzen.
344
Dazu ist festzustellen, dass es einem neuen Marktteilnehmer aufgrund der
Verpflichtungszusagen möglich sein wird, Interlining-Vereinbarungen mit den Parteien
des Zusammenschlusses zu schließen, was ihm die Möglichkeit eröffnet, den Kunden für
das von ihm bediente identifizierte Städtepaar Hin- und Rückflüge zu verkaufen, bei
denen eine Wegstrecke von den Parteien des Zusammenschlusses und die andere von
ihm selbst durchgeführt wird. Wie die Kommission betont, erlaubt dies z. B. den Kunden,
morgens mit dem Konkurrenten abzufliegen und, wenn dieser am Abend über keine
Zeitnische verfügt oder keinen Flug anbietet, einen Rückflug mit Lufthansa-Austrian zu
nehmen (Punkt 4.2 der Verpflichtungszusagen).
345
Außerdem sehen die Verpflichtungszusagen auch die Möglichkeit für einen neuen
Marktteilnehmer vor, mit den Parteien des Zusammenschlusses auf Anfrage bei ihnen
eine spezielle Pro‑rata-Vereinbarung für Flüge mit tatsächlichem Ausgangs- und Zielort
entweder in Österreich oder in Deutschland oder aber in Österreich oder in Belgien zu
schließen, wenn ein Teil der Reise über die Strecken Wien–Frankfurt am Main, Wien–
München, Wien–Köln, Wien–Stuttgart oder Wien–Brüssel erfolgt. Diese Vereinbarung
muss so gestaltet sein, dass der neue Anbieter von Flugdiensten bei dem gleichen
identifizierten Städtepaar gleich behandelt wird wie die Star-Alliance-Partner von
Lufthansa (Punkt 5.1 der Verpflichtungszusagen).
346
Die betreffenden Verpflichtungszusagen beziehen sich auf alle Strecken, hinsichtlich
deren wettbewerbsrechtliche Bedenken ausgemacht wurden und kommen zur
Bereitstellung von Zeitnischen für diese Strecken hinzu.
347
Wie von der Klägerin vorgetragen, können diese zusätzlichen Abhilfemaßnahmen
ersichtlich die regionalen Gesellschaften interessieren, die die Drehkreuze von
Lufthansa und von Austrian von den deutschen oder österreichischen Regionalflughäfen
aus bedienen, beispielsweise im Hinblick auf einen Umsteigeflug über den Flughafen
Wien auf Strecken zwischen den österreichischen Regionalflughäfen und den Flughäfen
Frankfurt am Main, München, Stuttgart, Köln oder Brüssel oder aber im Hinblick auf einen
Umsteigeflug über Frankfurt am Main oder München auf den Strecken zwischen den
deutschen Regionalflughäfen und Wien.
deutschen Regionalflughäfen und Wien.
348
Der Grund, weshalb solche Abhilfemaßnahmen nicht auch andere Wettbewerber
interessieren könnten, ist jedoch nicht klar ersichtlich, ob es sich nun um
Billigfluggesellschaften handelt, die nach dem Point-to-Point-Modell operieren und auf
einer der identifizierten Strecken Fuß fassen möchten, oder um eine Fluggesellschaft mit
umfassendem Streckennetz, die zur Erweiterung ihres Angebots Zutritt zu diesen
Strecken unter gleichzeitiger Begrenzung der damit verbundenen Kosten wünscht.
349
Insoweit ist festzustellen, dass die Klägerin nicht das geringste Argument für die
Behauptung vorbringt, dass Fluggesellschaften wie easyJet, Ryanair, Air France-KLM
oder British Airways an solchen Abhilfemaßnahmen nicht interessiert seien.
350
Sie bestreitet auch nicht die Behauptung der Kommission, wonach die
Marktuntersuchung in Bezug auf Interlining-Vereinbarungen ergeben habe, dass das
Fehlen einer solchen Lösung einer der Gründe dafür gewesen sei, dass dritte
Fluggesellschaften aus Strecken zwischen Deutschland und Österreich ausgestiegen
seien (377. Erwägungsgrund der angefochtenen Entscheidung).
351
Aus den Antworten auf den am 27. Juli 2009 von der Kommission an die
Marktteilnehmer gerichteten Fragebogen, die die Kommission auf die prozessleitende
Maßnahme vom 18. Februar 2013 hin vorgelegt hat, ergibt sich, dass von 48
Marktteilnehmern, die die Fragen 10 und 11 dieses Fragebogens beantworteten, nur
sechs befanden, dass die von den anmeldenden Parteien angebotenen
Verpflichtungszusagen keinen Anreiz für einen Zutritt zu oder eine Expansion auf den
Strecken zwischen den identifizierten Städtepaaren bildeten. Diese Feststellung
bestätigt die Angaben der Kommission im 377. Erwägungsgrund der angefochtenen
Entscheidung. Infolgedessen ist das Argument der Klägerin, die Kommission habe einen
offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen, indem sie der Ansicht gewesen sei, dass
diese Verpflichtungszusagen die durch den fraglichen Zusammenschluss aufgeworfenen
wettbewerbsrechtlichen Bedenken ausräumen könnten, zurückzuweisen.
352
Die Klägerin weist daher nicht nach, inwieweit die Möglichkeit zum Abschluss von
Interlining-Vereinbarungen und speziellen Pro‑rata-Vereinbarungen, wie sie in den
Verpflichtungszusagen vorgesehen ist, in Verbindung mit der Bereitstellung von
Zeitnischen Konkurrenten keinen Anreiz für den Zutritt zu den identifizierten Strecken
bieten könnte.
353
Auch das Vorbringen der Klägerin zur Möglichkeit des Zugangs zum
Vielfliegerprogramm von Lufthansa überzeugt nicht. Nach den Verpflichtungszusagen
gestattet Lufthansa nämlich einem neuen Marktteilnehmer, der nicht in ihr
Vielfliegerprogramm „Miles & More“ eingebunden ist, auf Anfrage die Aufnahme in
dieses Programm für die von ihm bedienten identifizierten Städtepaare. Die
Vereinbarung muss so gestaltet sein, dass der neue Anbieter von Flugdiensten gleich
behandelt wird wie die Star-Alliance-Partner von Lufthansa. Die finanziellen
Bedingungen sollen die durchschnittlichen Bedingungen der Vereinbarungen mit den
Verbundpartnern von Lufthansa widerspiegeln (Punkt 7.1 der Verpflichtungszusagen).
Das Gericht hat aber im Urteil easyJet/Kommission, oben in Rn. 139 angeführt
(EU:T:2006:187), bereits entschieden, dass die Tatsache, dass Passagiere auf Flügen,
(EU:T:2006:187), bereits entschieden, dass die Tatsache, dass Passagiere auf Flügen,
die von konkurrierenden Fluggesellschaften auf den betroffenen Märkten durchgeführt
werden, „miles“ von der fusionierten Einheit erhalten können, diesen Passagieren und
damit indirekt den konkurrierenden Fluggesellschaften einen nicht unerheblichen Vorteil
verschafft. Sollte sich eine konkurrierende Fluggesellschaft aufgrund ihrer eigenen
Bedürfnisse und ihrer Organisation nicht am Vielfliegerprogramm beteiligen wollen, z. B.
weil sie selbst ein solches unterhält, wäre dieses Verhalten das Ergebnis ihrer eigenen
geschäftlichen Entscheidung. Diese strategische Option kann daher nicht beweisen,
dass eine solche Abhilfemaßnahme nicht angemessen ist und dass folglich die
Kommission einen offensichtlichen Beurteilungsfehler begangen hat (Urteil
easyJet/Kommission, oben in Rn. 139 angeführt, EU:T:2006:187, Rn. 143).
354
Demnach ist auch die Rüge der Unzulänglichkeit der weiteren Verpflichtungszusagen
als unbegründet zurückzuweisen.
3. Zum dritten Klagegrund: Ermessensmissbrauch
355
Die Klägerin beschränkt sich darauf, geltend zu machen, die Kommission sei bei der
Prüfung des in Rede stehenden Zusammenschlusses von ihren eigenen Leitlinien und
Mitteilungen abgewichen, und dazu auf verschiedene Randnummern ihrer Klageschrift
zu verweisen.
356
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die Klageschrift nach Art. 44 § 1 Buchst. c und d
der Verfahrensordnung u. a. eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten muss.
Außerdem muss diese Darstellung unabhängig von Fragen der Terminologie so klar und
genau sein, dass der Beklagte seine Verteidigung vorbereiten und das Gericht –
gegebenenfalls, ohne weitere Angaben einholen zu müssen – über die Klage
entscheiden kann. Um die Rechtssicherheit und eine geordnete Rechtspflege zu
gewährleisten, ist nämlich für die Zulässigkeit einer Klage erforderlich, dass sich die
wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die sich die Klage stützt,
zumindest in gedrängter Form, aber zusammenhängend und verständlich unmittelbar
aus der Klageschrift ergeben. Insoweit ist es nicht Aufgabe des Gerichts, sämtliche für
einen ersten Klagegrund vorgebrachten Umstände daraufhin zu prüfen, ob sie auch für
einen zweiten Klagegrund herangezogen werden können (vgl. in diesem Sinne Urteil
vom 27. September 2006, Roquette Frères/Kommission, T‑322/01, Slg, EU:T:2006:267,
Rn. 208 und 209).
357
Es ist festzustellen, dass die Klägerin kein Argument eigens für diesen Klagegrund
vorbringt und sich auf einen Verweis auf ihre Ausführungen an anderen Stellen ihres
Schriftsatzes beschränkt.
358
Der dritte Klagegrund ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
359
Nach alledem ist die Klage insgesamt abzuweisen.
Kosten
360
Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur
Tragung der Kosten zu verurteilen.
Tragung der Kosten zu verurteilen.
361
Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist und die Kommission sowie die
ÖIAG und Lufthansa beantragt haben, ihr die Kosten aufzuerlegen, sind der Klägerin
neben ihren eigenen Kosten auch die Kosten der Kommission, der ÖIAG und von
Lufthansa aufzuerlegen.
362
Die Republik Österreich trägt gemäß Art. 87 § 4 Abs. 1 der Verfahrensordnung ihre
eigenen Kosten.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Achte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2 . Die Niki Luftfahrt GmbH trägt neben ihren eigenen Kosten die Kosten der
Europäischen Kommission, der Österreichische Industrieholding AG und der
Deutsche Lufthansa AG.
3. Die Republik Österreich trägt ihre eigenen Kosten.
Gratsias
Kancheva
Wetter
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. Mai 2015.
Unterschriften
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt
1. Betroffene Unternehmen
2. Verwaltungsverfahren
3. Inhalt der angefochtenen Entscheidung
Relevante Märkte
Beurteilung der Auswirkungen des Vorgangs auf den Wettbewerb
Konzeptioneller Rahmen für die Beurteilung des Zusammenschlusses
Konzeptioneller Rahmen für die Beurteilung des Zusammenschlusses
Untersuchung des Wettbewerbs
Verpflichtungszusagen
Verpflichtungszusagen betreffend die Zeitnischen
– Freigabe von Zeitnischen bei Städtepaaren, die wettbewerbsrechtliche Bedenken aufwerfen
– Bedingungen für die Übertragung von Zeitnischen
– Angestammte Rechte
– Neue Marktteilnehmer, die der Star Alliance angehören
Weitere Verpflichtungszusagen und sonstige Bestimmungen
– Spezielle Prorata- und Code-Sharing-Vereinbarungen
– Sonstige Bestimmungen
Bewertung der Verpflichtungszusagen
Schlussfolgerung
Verfahren
Anträge der Parteien
Rechtliche Würdigung
1. Zum zweiten Klagegrund: Verletzung wesentlicher Formvorschriften
Zum ersten Teil des zweiten Klagegrundes: Verstoß gegen die Begründungspflicht
Zum zweiten Teil des zweiten Klagegrundes: unzureichende Sachverhaltsermittlung im
Rahmen der Marktuntersuchung
2. Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 81 Abs. 1 und 3 EG, gegen Art. 8 der
Fusionskontrollverordnung und gegen die Leitlinien von 2004
Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes: offensichtlicher Beurteilungsfehler hinsichtlich der
Definition des räumlich relevanten Marktes
Zur Marktdefinition durch die Kommission nach dem O&D-Ansatz
Zum Fehlen einer Untersuchung der Wettbewerbsauswirkungen des Zusammenschlusses auf
den nach einem „globalen Ansatz“ bestimmten räumlich relevanten Markt
Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes: offensichtlicher Beurteilungsfehler hinsichtlich der
Wettbewerbsauswirkungen des Zusammenschlusses auf die Strecken zwischen Deutschland
und Österreich
Zum dritten Teil des ersten Klagegrundes: offensichtlicher Beurteilungsfehler hinsichtlich der
Folgen des Zusammenschlusses für die Flugstrecken zwischen Mitteleuropa und außerhalb
der Union liegenden Zielen Osteuropas
Zur ersten Rüge: keine auf dem O&D-Ansatz gründende Untersuchung der Auswirkungen des
Zusammenschlusses auf die Flugstrecken zwischen Mitteleuropa und außerhalb der Union
liegenden Zielen Osteuropas durch die Kommission
Zur zweiten Rüge: keine Berücksichtigung der beherrschenden Stellung von Lufthansa und
Austrian auf den Strecken zwischen den Flughäfen Wien, Frankfurt am Main, München und
Zürich auf der einen Seite und den außerhalb der Union gelegenen osteuropäischen
Flughäfen auf der anderen Seite durch die Kommission
Zum vierten Teil des ersten Klagegrundes: offensichtlicher Beurteilungsfehler hinsichtlich der
Fähigkeit der Mitbewerber von Lufthansa und von Austrian, sich auf dem relevanten Markt zu
halten oder Zutritt zu ihm zu erlangen
Zur ersten Rüge: Verstoß gegen Nr. 36 der Leitlinien von 2004 durch die
Nichtberücksichtigung des Umstands durch die Kommission, dass der Zusammenschluss die
Fähigkeit der Wettbewerber einschränke, Flüge an Geschäftskunden zu verkaufen und
Rahmenverträge mit Reisebüros und Reiseveranstaltern zu schließen
Zur zweiten Rüge: Verstoß gegen Nr. 31 der Leitlinien von 2004 durch Nichtberücksichtigung
des Umstands durch die Kommission, dass das aus dem Zusammenschluss hervorgehende
Unternehmen die einzige Gesellschaft mit umfassendem Streckennetz sein werde, die ihren
Kunden ein komplettes Streckennetz weltweit und insbesondere in Osteuropa bieten könne
Zur dritten Rüge: Verstoß gegen die Nrn. 68 ff. der Leitlinien von 2004 durch
Nichtberücksichtigung des Umstands durch die Kommission, dass das Angebot des aus dem
Zusammenschluss hervorgehenden Unternehmens die gesamte Nachfrage auf den von den
anmeldenden Parteien dominierten Strecken abdecken werde
Zur vierten Rüge: Verstoß gegen die Nrn. 68 ff. der Leitlinien von 2004 durch
Nichtberücksichtigung der Marktzutrittsschranke durch die Kommission, die in der über die
Preise praktizierten Verdrängungspolitik von Lufthansa und Austrian begründet liege
Zur fünften Rüge: Verstoß gegen die Nrn. 68 ff. der Leitlinien von 2004 durch
Nichtberücksichtigung des Umstands durch die Kommission, dass dem aus dem
Zusammenschluss hervorgehenden Unternehmen ein Monopol auf die Luftverkehrsrechte für
die Strecken von Mitteleuropa nach Osteuropa und in den Mittleren Osten zugute komme
Zum fünften Teil des ersten Klagegrundes: offensichtlicher Beurteilungsfehler hinsichtlich der
Eignung der Verpflichtungszusagen, die durch den Zusammenschluss hervorgerufenen
wettbewerbsrechtlichen Bedenken auszuräumen
Zur Eignung der Verpflichtungszusagen in Sachen Zeitnischen für die identifizierten Strecken
zwischen Österreich und Deutschland
– Zu den für die Strecke Wien–Frankfurt am Main zur Verfügung gestellten Zeitnischen
– Zu den für die Strecke Wien–München zur Verfügung gestellten Zeitnischen
– Zu den für die Strecken Wien–Köln und Wien–Stuttgart zur Verfügung gestellten Zeitnischen
Zum Umstand, dass seit dem Erlass der angefochtenen Entscheidung keine Fluggesellschaft
den Betrieb einer der von den Verpflichtungszusagen betroffenen Strecken aufgenommen
habe
Zur Eignung der weiteren Verpflichtungszusagen
3. Zum dritten Klagegrund: Ermessensmissbrauch
Kosten
Verfahrenssprache: Deutsch.