Urteil des EuG vom 14.02.2017

Marke, Beschreibende Angabe, Beschwerdekammer, Verordnung

Vorläufige Fassung
URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)
14. Februar 2017(
*
)
„Unionsmarke – Verfallsverfahren – Unionswortmarke Cystus – Teilweise Verfallserklärung – Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 207/2009
– Keine ernsthafte Benutzung der Marke“
In der Rechtssache T‑15/16
Georgios Pandalis,
Kläger,
gegen
Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO),
Beklagter,
andere Beteiligte im Verfahren vor der Beschwerdekammer des EUIPO und Streithelferin vor dem Gericht:
LR Health & Beauty Systems GmbH
betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des EUIPO vom 30. Oktober 2015 (Sache R 2839/2014‑1) zu einem
Verfallsverfahren zwischen LR Health & Beauty Systems und Herrn Pandalis
erlässt
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten S. Papasavvas sowie der Richter E. Bieliūnas und I. S. Forrester (Berichterstatter),
Kanzler: A. Lamote, Verwaltungsrätin,
aufgrund der am 14. Januar 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,
aufgrund der am 20. April 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung des EUIPO,
aufgrund der am 15. April 2016 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung der Streithelferin,
auf die mündliche Verhandlung vom 27. Oktober 2016
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits
Am 10. August 1999 meldete der Kläger, Herr Georgios Pandalis, beim Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke
nach der Verordnung (EG) Nr. 207/2009 des Rates vom 26. Februar 2009 über die Unionsmarke (ABl. 2009, L 78, S. 1) an.
Bei der angemeldeten Marke handelte es sich um das Wortzeichen Cystus.
Die Anmeldung erfolgte u. a. für „nicht medizinische Nahrungsergänzungsmittel“ in Klasse 30 des Abkommens von Nizza über die internationale
Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung.
Die angemeldete Unionsmarke wurde am 5. Januar 2004 unter der Nr. 1273119 eingetragen.
Am 3. September 2013 stellte die Streithelferin, die LR Health & Beauty Systems GmbH, einen Antrag auf Erklärung des Verfalls der Marke für alle von
dieser erfassten Waren gemäß Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009, da die Marke während eines ununterbrochenen Zeitraums von
fünf Jahren vor der Stellung dieses Antrags nicht ernsthaft benutzt worden sei.
Am 12. September 2014 erklärte die Nichtigkeitsabteilung des EUIPO die Marke des Klägers für einen Teil der von dieser erfassten Waren für
verfallen, darunter auch für „nicht medizinische Nahrungsergänzungsmittel“ in Klasse 30.
Am 7. November 2014 legte der Kläger gegen die Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung nach den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr. 207/2009 bei
der Beschwerdekammer des EUIPO Beschwerde ein.
Mit Entscheidung vom 30. Oktober 2015 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Erste Beschwerdekammer des EUIPO die Beschwerde
zurück. Zur Begründung führte sie erstens aus, der Kläger habe den Begriff „Cystus“ nicht als Unionsmarke, d. h. zur Kennzeichnung der betrieblichen
Herkunft seiner Produkte, sondern in beschreibender Weise benutzt, um anzugeben, dass die fraglichen Waren Extrakte von Sorten der
Pflanzengattung
Cistus Incanus L. als wesentlichen Wirkstoff enthielten. Dabei seien die teilweise Verwendung des Symbols „®“ und die Schreibweise
des Wortes „Cystus“ mit dem Buchstaben „y“ nicht ausreichend, um eine Benutzung als Unionsmarke anzunehmen.
Zweitens befand die Beschwerdekammer, der Kläger habe keinen konkreten und objektiven Beweis für die Benutzung der Marke für die „nicht
medizinischen Nahrungsergänzungsmittel“ der Klasse 30 vorgelegt. Zum einen sei nicht bewiesen worden, dass der Begriff „Cystus“ als Marke für die
Produkte „Pilots Friend Immunizer®“, „Immun44® Saft“ und „Immun44® Kapseln“ benutzt worden sei. Zum anderen sei gleichfalls unbewiesen
geblieben, dass Lutschpastillen, Halspastillen, Sud, Gurgellösung und Infektblockertabletten (im Folgenden: andere Cystus-Produkte) unter die
Produktkategorie „nicht medizinische Nahrungsergänzungsmittel“ in Klasse 30 fielen. Die auf diese Produkte bezogenen Beispiele für die Verwendung
des Begriffs „Cystus“ seien daher nicht geeignet, die ernsthafte Benutzung der Marke für die Waren, für die sie eingetragen worden sei, zu beweisen.
10
Die Beschwerdekammer gelangte daher zu dem Ergebnis, dass die Marke während des maßgeblichen Zeitraums in der Europäischen Union nicht
ernsthaft benutzt worden sei.
Anträge der Parteien
11
Der Kläger beantragt,
– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
– dem EUIPO die Kosten aufzuerlegen.
12
Das EUIPO und die Streithelferin beantragen,
– die Klage abzuweisen;
– dem Kläger die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
13
Zur Stützung seiner Klage macht der Kläger drei Klagegründe geltend, mit denen er einen Verstoß gegen Art. 64 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 51
Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009, einen Ermessensmissbrauch und einen Verstoß gegen Art. 51 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 dieser
Verordnung rügt.
Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen Art. 64 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009
14
Mit seinem ersten Klagegrund, der im Wesentlichen aus drei Teilen besteht, macht der Kläger geltend, die Beschwerdekammer habe dadurch gegen
Art. 64 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen, dass sie die Marke in der angefochtenen
Entscheidung als eine beschreibende Angabe im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung eingestuft habe.
Zum ersten Teil des ersten Klagegrundes betreffend den Umfang der Prüfung durch die Beschwerdekammer
15
Mit dem ersten Teil seines ersten Klagegrundes macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 64 Abs. 1 der
Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen, indem sie den beschreibenden Charakter der Marke im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c dieser Verordnung
geprüft habe. Seiner Ansicht nach hätte sie sich auf die Prüfung der ernsthaften Benutzung der Marke gemäß Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der
Verordnung beschränken müssen, ohne sich mit jeglichem absoluten Eintragungshindernis zu befassen.
16
Das EUIPO und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.
17
Nach Auffassung des Gerichts beruht die Rüge, die der Kläger mit dem ersten Teil des ersten Klagegrundes erhebt, auf einer irrigen Lesart der
angefochtenen Entscheidung. Denn entgegen dem Vortrag des Klägers hat sich die Beschwerdekammer keineswegs zum Bestehen eines absoluten
Eintragungshindernisses gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 geäußert und auch die Unterscheidungskraft der Marke nicht in
Frage gestellt. Vielmehr hat sie lediglich, wie es ihre Aufgabe war, beurteilt, ob die Marke tatsächlich entsprechend ihrer Hauptfunktion in ernsthafter
Weise benutzt worden war, und in diesem Rahmen die Art der Benutzung geprüft.
18
Demzufolge hat die Beschwerdekammer nicht gegen Art. 64 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009
verstoßen, als sie im Rahmen ihrer ausdrücklich unter der entsprechenden Überschrift vorgenommenen Prüfung der Art der Benutzung der Marke
festgestellt hat, dass der Begriff „Cystus“ nur als beschreibende Angabe des wesentlichen Wirkstoffs der fraglichen Produkte und nicht als Marke
benutzt worden sei.
19
Zudem ist die Beschwerdekammer zu diesem Ergebnis, dessen Richtigkeit im Rahmen des dritten Klagegrundes geprüft werden wird, nur dadurch
gelangt, dass sie insbesondere in den Rn. 36 bis 40 der angefochtenen Entscheidung die konkrete Benutzung der Marke für die von dieser erfassten
Produkte geprüft hat, und zwar unter Berücksichtigung u. a. der Produktverpackungen und des Werbematerials, die der Kläger zum Beweis einer
solchen Benutzung vorgelegt hatte.
20
Demnach ist der erste Teil des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.
Zum zweiten Teil des ersten Klagegrundes betreffend den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör
21
Mit dem zweiten Teil seines ersten Klagegrundes macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer habe seinen Anspruch auf
rechtliches Gehör verletzt, weil sie ihm keine Gelegenheit eingeräumt habe, zum beschreibenden Charakter der Marke gemäß Art. 7 Abs. 1 Buchst. c
der Verordnung Nr. 207/2009 Stellung zu nehmen.
22
Das EUIPO und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.
23
Nach der Rechtsprechung erstreckt sich der Anspruch auf rechtliches Gehör, wie er in Art. 75 Satz 2 der Verordnung Nr. 207/2009 verankert ist, auf
alle tatsächlichen oder rechtlichen Gesichtspunkte sowie auf die Beweise, die die Grundlage für die Entscheidung bilden, nicht aber auf den
endgültigen Standpunkt, den die Verwaltung einnehmen will. Die Beschwerdekammer ist daher nicht verpflichtet, einen Beschwerdeführer zu einer
Sachverhaltswürdigung zu hören, die zu ihrem endgültigen Standpunkt gehört (vgl. Urteil vom 23. Januar 2008, Demp/HABM – Bau How [BAU HOW],
T‑106/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:14, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung).
24
Im vorliegenden Fall hat sich die Beschwerdekammer entgegen den Ausführungen des Klägers überhaupt nicht zum Vorliegen von absoluten
Eintragungshindernissen geäußert, und sie hat auch nicht die Unterscheidungskraft der Marke in Frage gestellt.
25
Der Kläger hatte jedenfalls im Laufe des Verfahrens Gelegenheit, hinsichtlich aller in Rede stehenden Produkte zur ernsthaften Benutzung der Marke
Stellung zu nehmen, was notwendigerweise die Art der Benutzung einschloss.
26
Folglich ist der zweite Teil des ersten Klagegrundes als ins Leere gehend zurückzuweisen.
Zum dritten Teil des ersten Klagegrundes betreffend die Art der Benutzung des Begriffs „Cystus“ für alle fraglichen Produkte des Klägers
27
Mit dem dritten Teil seines ersten Klagegrundes macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht festgestellt,
dass der Begriff „Cystus“ hinsichtlich aller fraglichen Produkte beschreibend sei.
28
Das EUIPO und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.
29
Bevor der dritte Teil des ersten Klagegrundes der Sache nach geprüft wird, ist zunächst seine Reichweite zu bestimmen. Aus den oben in den Rn. 17
und 18 dargelegten Gründen wäre er nämlich als ins Leere gehend zurückzuweisen, sofern er sich auf die Einstufung der Marke als beschreibende
Angabe im Sinne von Art. 7 Abs. 1 der Verordnung Nr. 207/2009 beziehen sollte. Daher wird der dritte Teil des ersten Klagegrundes nur geprüft,
soweit der Kläger geltend macht, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht angenommen, dass der Begriff „Cystus“ für alle fraglichen Produkte nicht
ernsthaft als Marke, sondern nur als Beschreibung benutzt worden sei.
30
Das Gericht hält es für angezeigt, den so verstandenen dritten Teil des ersten Klagegrundes zusammen mit dem dritten Klagegrund zu prüfen und
dabei nach Produktkategorien zu differenzieren. In Bezug auf die Produkte „Pilots Friend Immunizer®“, „Immun44® Saft“ und „Immun44® Kapseln“
sowie die sonstigen Produkte, für die der Begriff „Cystus“ ausschließlich in den Ausdrücken „Cystus 52“ oder „Cystus 052“, mit oder ohne „®“-Symbol,
benutzt wurde, wird der dritte Teil des ersten Klagegrundes zusammen mit dem ersten Teil des dritten Klagegrundes geprüft. Hinsichtlich der anderen
Produkte des Klägers (im Folgenden: andere Produkte des Klägers) wird der dritte Teil des ersten Klagegrundes zusammen mit dem zweiten Teil des
dritten Klagegrundes geprüft.
Zum zweiten Klagegrund: Ermessensmissbrauch
31
Mit seinem zweiten Klagegrund macht der Kläger geltend, die Beschwerdekammer habe ihr Ermessen dadurch missbraucht, dass sie in der
angefochtenen Entscheidung festgestellt habe, dass die Marke Cystus beschreibend im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung
Nr. 207/2009 sei, obwohl diese Frage nicht im Löschungsverfahren wegen Verfalls nach Art. 51 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 der Verordnung hätte
behandelt werden dürfen.
32
Das EUIPO und die Streithelferin treten diesem Vorbringen entgegen.
33
Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff des Ermessensmissbrauchs im Unionsrecht eine präzise Bedeutung hat. Er bezieht sich auf eine
Situation, in der eine Verwaltungsbehörde ihre Befugnisse zu einem anderen Zweck als demjenigen ausübt, zu dem sie ihr übertragen worden sind.
Es entspricht in diesem Zusammenhang ständiger Rechtsprechung, dass eine Entscheidung nur dann ermessensmissbräuchlich ist, wenn aufgrund
objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien anzunehmen ist, dass sie zu anderen als den angegebenen Zwecken getroffen wurde (vgl.
Urteil vom 19. September 2001, Henkel/HABM [Abbildung eines Reinigungsmittels], T‑30/00, EU:T:2001:223, Rn. 70 und die dort angeführte
Rechtsprechung).
34
Im vorliegenden Fall hat die Beschwerdekammer keinen Ermessensmissbrauch begangen, da sie aus den oben in den Rn. 17 und 18 dargelegten
Gründen gehalten war, im Rahmen ihrer Prüfung gemäß Art. 51 Abs. 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 die Art der Benutzung der Marke zu
prüfen. Zudem hat der Kläger keine objektiven, schlüssigen und übereinstimmenden Indizien angegeben, aus denen geschlossen werden könnte,
dass die angefochtene Entscheidung zu anderen als den angegebenen Zwecken erlassen wurde.
35
Folglich ist der zweite Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.
Zum dritten Klagegrund in Verbindung mit dem dritten Teil des ersten Klagegrundes: Verstoß gegen Art. 51 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 der
Verordnung Nr. 207/2009
36
Zur Stützung seines dritten Klagegrundes, der aus zwei Teilen besteht, trägt der Kläger vor, die Beschwerdekammer habe gegen Art. 51 Abs. 1
Buchst. a und Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 verstoßen, indem sie die Marke Cystus für verfallen erklärt habe, obwohl er bewiesen habe, dass
er sie ernsthaft und bestimmungsgemäß für „nicht medizinische Nahrungsergänzungsmittel“ der Klasse 30 benutzt habe.
Zum ersten Teil des dritten Klagegrundes in Verbindung mit dem dritten Teil des ersten Klagegrundes betreffend die Art der Benutzung der Marke auf
den Verpackungen der Produkte „Pilots Friend Immunizer®“, „Immun44® Saft“ und „Immun44® Kapseln“
37
Mit dem ersten Teil seines dritten Klagegrundes macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer habe zu Unrecht festgestellt,
dass der Begriff „Cystus“ für die Produkte „Pilots Friend Immunizer®“, „Immun44® Saft“ und „Immun44® Kapseln“ in beschreibender Weise und nicht
ernsthaft als Marke benutzt worden sei. Hierzu weist er darauf hin, dass die Verpackungen dieser Produkte mit zahlreichen Nennungen der Marke
versehen seien, insbesondere in den Ausdrücken „Cystus®052“ oder „mit Cystus®-Extrakt“. Diese Nennungen seien Beispiele für eine
markenmäßige Benutzung, und nicht für eine die Inhaltsstoffe der Produkte beschreibende Benutzung, was durch die Verwendung des Symbols „®“
und die Schreibweise des Wortes „Cystus“ mit dem Buchstaben „y“ belegt werde. Auch die Hinzufügung der Zahl 52 ändere nicht den wesentlichen
kennzeichnenden Charakter der Marke, so dass die Beispiele für die Benutzung des Ausdrucks „Cystus 52“ bzw. „Cystus 052“, mit oder ohne „®“-
Symbol, für den Nachweis der ernsthaften Benutzung der Marke nicht unerheblich seien.
38
Das von der Streithelferin unterstützte EUIPO tritt diesem Vorbringen entgegen.
39
Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung, dass eine Marke ernsthaft benutzt wird, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion, die
Ursprungsidentität der von ihrer Eintragung erfassten Waren oder Dienstleistungen zu garantieren, benutzt wird, um für diese Waren und
Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, wobei symbolische Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke
verliehenen Rechte dienen, ausgeschlossen sind (vgl. entsprechend Urteil vom 11. März 2003, Ansul, C‑40/01, EU:C:2003:145, Rn. 43).
40
Die Ernsthaftigkeit der Benutzung der Marke ist anhand einer Gesamtwürdigung sämtlicher maßgeblicher Faktoren des Einzelfalls zu prüfen, d. h.
anhand von Tatsachen und Umständen, die die tatsächliche geschäftliche Verwertung der Marke belegen können; dazu gehören insbesondere
Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten
Waren oder Dienstleistungen zu halten oder hinzuzugewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der
Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke (Urteil vom 8. Juli 2004, Sunrider/HABM – Espadafor Caba [VITAFRUIT], T‑203/02, EU:T:2004:225,
Rn. 40; vgl. auch entsprechend Urteil vom 11. März 2003, Ansul, C‑40/01, EU:C:2003:145, Rn. 43).
41
Die ernsthafte Benutzung einer Marke lässt sich nicht mit Wahrscheinlichkeitsannahmen oder Vermutungen dartun, sondern muss auf konkreten
und objektiven Umständen beruhen, die eine tatsächliche und ausreichende Benutzung der Marke auf dem betreffenden Markt belegen (Urteile vom
12. Dezember 2002, Kabushiki Kaisha Fernandes/HABM – Harrison [HIWATT], T‑39/01, EU:T:2002:316, Rn. 47, und vom 6. Oktober 2004, Vitakraft-Werke
Wührmann/HABM – Krafft [VITAKRAFT], T‑356/02, EU:T:2004:292, Rn. 28).
42
Im vorliegenden Fall ist erstens unter den Parteien unstreitig, dass die gegenständlichen Produkte als wesentlichen Wirkstoff Extrakte der Pflanze
enthalten, die wissenschaftlich als „Cistus Incanus L.“ und lateinisch als „Cistus“ bezeichnet wird.
43
Zweitens dürfte das Publikum, wie die Beschwerdekammer zu Recht angenommen hat, die Benutzung des Begriffs „Cystus“ auf den Verpackungen
der gegenständlichen Produkte in Anbetracht seines Kontextes als Beschreibung des wesentlichen Inhaltsstoffs dieser Produkte wahrnehmen, und
nicht als Kennzeichnung ihrer betrieblichen Herkunft. So lassen insbesondere der Ausdruck „Cystus®-Extrakt“ und die Aufnahme des Begriffs
„Cystus®052“ in die Liste der Inhaltsstoffe des Produkts „Immun44® Saft“ eindeutig darauf schließen, dass das Wort „Cystus“ nicht etwa das „nicht
medizinische Nahrungsergänzungsmittel“ der Klasse 30 und erst recht nicht dessen betriebliche Herkunft bezeichnet, sondern lediglich einen seiner
Inhaltsstoffe. Die vielfache Nennung und die Hervorhebung des Begriffs „Cystus“ auf den Produktverpackungen erlauben nicht die Feststellung, dass
dieser Begriff als Unionsmarke benutzt wurde, wenn, wie hier, davon auszugehen ist, dass die maßgeblichen Verkehrskreise diese Nennungen als
Beschreibungen des wesentlichen Wirkstoffs der betreffenden Produkte wahrnehmen.
44
Drittens genügt die Verwendung des Symbols „®“ entgegen der Auffassung des Klägers nicht als Nachweis der Benutzung als Unionsmarke. Zum
einen besteht keine gefestigte Praxis, nach der das Symbol „®“ einer beschreibenden Angabe automatisch Unterscheidungskraft verleihen würde
(Urteil vom 3. Juli 2003, Best Buy Concepts/HABM [BEST BUY], T‑122/01, EU:T:2003:183, Rn. 34). Die Beschwerdekammer ist daher zu Recht davon
ausgegangen, dass die Verwendung des Symbols „®“ nicht ausschlaggebend sei, um festzustellen, ob der Begriff „Cystus“ als Unionsmarke oder als
Beschreibung des wesentlichen Wirkstoffs der betreffenden Produkte benutzt worden sei.
45
Zum anderen wird das Symbol „®“ im vorliegenden Fall nicht durchgehend verwendet, was seinen möglichen Beweiswert noch weiter schmälert. So
wird der Begriff „Cystus“ mal mit, mal ohne „®“-Symbol verwendet. Ferner wird das Symbol „®“ teils an das Wort „Cystus“, teils an andere
Begriffsbestandteile angehängt.
46
Viertens genügt die Schreibweise des Begriffs „Cystus“ mit dem Buchstaben „y“ entgegen der Auffassung des Klägers nicht als Nachweis der
Benutzung als Unionsmarke. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung abgewandelte Schreibweisen im Allgemeinen nicht dazu
beitragen, ein Zeichen, dessen Aussagegehalt ohne Weiteres als beschreibend zu verstehen ist, unterscheidungskräftig zu machen (vgl. in diesem
Sinne Urteile vom 26. November 2008, En Route International/HABM [FRESHHH], T‑147/06, nicht veröffentlicht, EU:T:2008:528, Rn. 18 und 19, sowie
vom 30. April 2013, Boehringer Ingelheim International/HABM [RELY-ABLE], T‑640/11, nicht veröffentlicht, EU:T:2013:225, Rn. 20). Dies gilt im
vorliegenden Fall umso mehr, als die Beschwerdekammer davon ausgehen durfte, dass die Buchstaben „i“ und „y“ in Wörtern lateinischen Ursprungs
häufig als austauschbar behandelt werden und der Buchstabe „y“ im Deutschen wie der Buchstabe „i“ ausgesprochen werden kann. Folglich konnte
die Beschwerdekammer rechtsfehlerfrei annehmen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise den Begriff „Cystus“ als beschreibende Angabe mit
Bezugnahme auf die Bezeichnung der Pflanze „Cistus“ und nicht als Unionsmarke wahrnähmen, ohne dass sie dadurch über das Vorliegen eines
absoluten Eintragungshindernisses im Sinne von Art. 7 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung Nr. 207/2009 befunden hätte.
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Was fünftens die Nennung der Begriffe „Cystus 052“ und „Cystus 52“ mit oder ohne „®“-Symbol betrifft, ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 15
Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Verordnung Nr. 207/2009 als Nachweis der ernsthaften Benutzung einer Marke auch der Nachweis gilt, dass die
Marke in einer Form benutzt wurde, die von der Eintragung nur in Bestandteilen abwich, ohne dass dadurch die Unterscheidungskraft der Marke
beeinflusst wurde. Im vorliegenden Fall ist das Gericht indessen der Auffassung, dass angesichts der schwachen Unterscheidungskraft, die der
Begriff „Cystus“ aus den oben in Rn. 46 angeführten Gründen für sich genommen aufweist, die Hinzufügung der Angabe „52“ oder „052“ geeignet ist,
die Unterscheidungskraft der Marke deutlich zu verstärken, so dass die Beispiele für die Benutzung des Begriffs „Cystus“ in den Ausdrücken „Cystus
52“ oder „Cystus 052“, mit oder ohne „®“-Symbol, nicht maßgeblich sind, um die ernsthafte Benutzung der Marke zu beurteilen.
48
Was sechstens die vom Kläger angeführte Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamtes angeht, genügt der Hinweis auf die Autonomie
des Unionsmarkensystems und das Fehlen einer Bestimmung der Verordnung Nr. 207/2009, die das EUIPO oder, im Fall einer Klage, das Gericht dazu
verpflichten würde, zu den gleichen Ergebnissen zu gelangen wie die nationalen Ämter in einem gleichartigen Fall (vgl. Urteile vom 8. November 2007,
MPDV Mikrolab/HABM [manufacturing score card], T‑459/05, EU:T:2007:336, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie vom 4. Dezember
2014, Sales & Solutions/HABM – Inceda [watt und Watt], T‑494/13 und T-495/13, nicht veröffentlicht, EU:T:2014:1022, Rn. 45 und die dort angeführte
Rechtsprechung sowie Rn. 46). Im Übrigen ist zu betonen, dass die Unterscheidungskraft der streitigen Marke nicht Gegenstand der vorliegenden
Rechtssache ist, sondern dass es hier allein darum geht, die Art der Benutzung des Begriffs „Cystus“ zu prüfen.
49
Nach alledem ist der erste Teil des dritten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.
50
Dementsprechend ist in Bezug auf die Produkte „Pilots Friend Immunizer®“, „Immun44® Saft“ und „Immun44® Kapseln“ sowie die sonstigen
Produkte, für die der Begriff „Cystus“ ausschließlich in den Ausdrücken „Cystus 52“ oder „Cystus 052“, mit oder ohne „®“-Symbol, verwendet wurde,
auch der dritte Teil des ersten Klagegrundes als unbegründet zurückzuweisen.
Zum zweiten Teil des dritten Klagegrundes in Verbindung mit dem dritten Teil des ersten Klagegrundes betreffend die Beurteilung der anderen
Cystus-Produkte
51
Mit dem zweiten Teil seines dritten Klagegrundes macht der Kläger im Wesentlichen geltend, die Beschwerdekammer habe die auf die anderen
Cystus-Produkte bezogenen Beweise für die Benutzung der Marke zu Unrecht zurückgewiesen, indem sie festgestellt habe, dass diese Produkte nicht
als „nicht medizinische Nahrungsergänzungsmittel“ der Klasse 30 angesehen werden könnten. Insbesondere habe sie die Produkte zu Unrecht als
Arzneimittel eingestuft. Das Bestehen einer Pharmazentralnummer, der Verkauf der Produkte in Apotheken, die Nichteinhaltung der Bestimmungen
der Richtlinie 2002/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 10. Juni 2002 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten
über Nahrungsergänzungsmittel (ABl. 2002, L 183, S. 51) oder der Umstand, dass diese Produkte mit dem Hinweis darauf vertrieben würden, dass sie
vor Grippe und Erkältungen schützten und bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum hälfen, erlaubten es nicht, ihnen die Einstufung als „nicht
medizinische Nahrungsergänzungsmittel“ zu versagen, da sie zur Ergänzung der allgemeinen Ernährung geeignet seien.
52
Das von der Streithelferin unterstützte EUIPO tritt diesem Vorbringen entgegen.
53
Die Regeln und Prinzipien, nach denen der zweite Teil des dritten Klagegrundes und der dritte Teil des ersten Klagegrundes zu prüfen sind, sind oben
in den Rn. 39 bis 41 dargelegt worden.
54
Insoweit ist entgegen dem Vorbringen des Klägers festzustellen, dass die Beschwerdekammer die gegenständlichen Produkte keineswegs als
Arzneimittel, Medizinprodukte der Klasse 5 oder Produkte einer sonstigen Kategorie eingestuft hat, sondern sich auf die Feststellung beschränkt hat,
es sei kein rechtlich hinreichender Beweis dafür erbracht worden, dass die fraglichen Waren als „nicht medizinische Nahrungsergänzungsmittel“ der
Klasse 30 einzustufen seien.
55
Nach der Rechtsprechung lässt sich aber aus einer Gesamtbetrachtung von Art. 15, Art. 42 Abs. 2, Art. 51 Abs. 1 und Art. 57 Abs. 2 der Verordnung
Nr. 207/2009 ableiten, dass im Rahmen eines Verfahrens wegen Verfalls einer Unionsmarke grundsätzlich dem Markeninhaber der Nachweis obliegt,
dass die Marke für die Waren, für die sie eingetragen wurde, ernsthaft benutzt wurde (Urteil vom 26. September 2013, Centrotherm
Systemtechnik/HABM und centrotherm Clean Solutions, C‑610/11 P, EU:C:2013:593, Rn. 63).
56
Es steht nämlich außer Frage, dass der Markeninhaber am besten und in bestimmten Fällen sogar als Einziger in der Lage ist, den Nachweis
konkreter Handlungen zu erbringen, die die Behauptung stützen, dass er seine Marke ernsthaft benutzt habe, oder berechtigte Gründe für ihre
Nichtbenutzung darzulegen (Urteil vom 26. September 2013, Centrotherm Systemtechnik/HABM und centrotherm Clean Solutions, C‑610/11 P,
EU:C:2013:593, Rn. 62).
57
Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass der Kläger diesen Nachweis nicht erbracht hat. Die bloße Behauptung, dass die fraglichen Produkte „nicht
medizinische Nahrungsergänzungsmittel“ der Klasse 30 seien, reicht nicht aus.
58
Insbesondere konnte die Beschwerdekammer in den Rn. 49 bis 52 der angefochtenen Entscheidung die fehlende Übereinstimmung der klägerischen
Produkte mit den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 bis 3 der Richtlinie 2002/46 – wonach für Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die normale
Ernährung zu ergänzen, und die aus Einfach- oder Mehrfachkonzentraten von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder
physiologischer Wirkung bestehen und in dosierter Form in den Verkehr gebracht werden, die Verkehrsbezeichnung „Nahrungsergänzungsmittel“ zu
verwenden ist, ferner die Kennzeichnung, die Aufmachung und die Werbung weder diesen Lebensmitteln Eigenschaften zuschreiben dürfen, die der
Verhütung, Behandlung oder Heilung einer Humanerkrankung dienen, noch auf solche Eigenschaften hinweisen dürfen und schließlich ihre
Kennzeichnung eine Reihe zwingender Angaben enthalten muss – zu Recht als ein besonders gewichtiges Indiz werten, das dagegen sprach, die
Produkte als „nicht medizinische Nahrungsergänzungsmittel“ der Klasse 30 einzustufen.
59
Ebenso wenig liegt ein Rechtsfehler in der Annahme der Beschwerdekammer, dass das Bestehen einer Pharmazentralnummer für die fraglichen
Produkte, der Verkauf dieser Produkte in Apotheken und insbesondere ihr Vertrieb mit dem Hinweis, dass sie vor Grippe und Erkältungen schützten
und bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum hälfen, weitere gewichtige Anhaltspunkte seien, die gegen die Einstufung der Produkte als „nicht
medizinische Nahrungsergänzungsmittel“ sprächen.
60
Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdekammer die Verpackungen der Produkte des Klägers detailliert geprüft hat, um zu dem
Ergebnis zu gelangen, es sei nicht nachgewiesen worden, dass diese Produkte „nicht medizinische Nahrungsergänzungsmittel“ darstellten.
61
Nach alledem ist der zweite Teil des dritten Klagegrundes und damit der dritte Klagegrund insgesamt als unbegründet zurückzuweisen.
62
Ebenso braucht für die anderen Produkte des Klägers im oben in Rn. 30 definierten Sinne nicht mehr geprüft zu werden, ob die Beschwerdekammer
zu Unrecht festgestellt hat, dass der Begriff „Cystus“ nicht markenmäßig benutzt worden sei. Da nämlich aus den oben in den Rn. 54 bis 61
dargelegten Gründen nicht erwiesen ist, dass diese Produkte in die Kategorie „nicht medizinische Nahrungsergänzungsmittel“ der Klasse 30 fallen,
ermöglichen die darauf bezogenen Beispiele für die Benutzung des Begriffs „Cystus“ nicht den Nachweis der ernsthaften Benutzung der Marke für
„nicht medizinische Nahrungsergänzungsmittel“.
63
Im Licht der vorstehenden Ausführungen in den Rn. 49 und 62 ist der dritte Teil des ersten Klagegrundes und damit der erste Klagegrund insgesamt
zurückzuweisen.
64
Da der erste, der zweite und der dritte Klagegrund allesamt zurückgewiesen worden sind, ist die Klage insgesamt abzuweisen.
Kosten
65
Nach Art. 134 Abs. 1 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
66
Da der Kläger unterlegen ist, sind ihm gemäß den Anträgen des EUIPO und der Streithelferin die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Herr Georgios Pandalis trägt die Kosten.
Papasavvas Bieliūnas Forrester
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Februar 2017.
Der Kanzler Der Präsident
E. Coulon
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Verfahrenssprache: Deutsch.