Urteil des EuG vom 13.05.2015

Beschwerdekammer, Bestandteil, Kennzeichnungskraft, Verwechslungsgefahr

URTEIL DES GERICHTS (Achte Kammer)
13. Mai 2015
)
„Gemeinschaftsmarke – Widerspruchsverfahren – Anmeldung der
Gemeinschaftswortmarke TPG POST – Ältere nationale Wortmarke POST und ältere
Gemeinschaftswortmarke Deutsche Post – Relatives Eintragungshindernis – Keine
Verwechslungsgefahr – Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 207/2009“
In der Rechtssache T‑102/14
Deutsche Post AG
Rechtsanwälte K. Hamacher und C. Giersdorf,
Klägerin,
gegen
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM),
Prozessbevollmächtigte: G. Schneider und S. Hanne als Bevollmächtigte,
Beklagter,
andere Beteiligte des Verfahrens vor der Beschwerdekammer des HABM:
PostNL Holding BV
betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des
HABM vom 11. Dezember 2013 (Sache R 2108/2012-1) zu einem
Widerspruchsverfahren zwischen der PostNL Holding BV und der Deutschen Post AG
erlässt
DAS GERICHT (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten D. Gratsias, der Richterin M. Kancheva
(Berichterstatterin) und des Richters C. Wetter,
Kanzler: I. Dragan, Verwaltungsrat,
aufgrund der am 17. Februar 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen
Klageschrift,
aufgrund der am 28. Mai 2014 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen
Klagebeantwortung,
auf die mündliche Verhandlung vom 12. Februar 2015
auf die mündliche Verhandlung vom 12. Februar 2015
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1
Am 7. November 2002 meldete die PostNL Holding BV gemäß der Verordnung (EG) Nr.
40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994,
L 11, S. 1) in geänderter Fassung (ersetzt durch die Verordnung [EG] Nr. 207/2009 des
Rates vom 26. Februar 2009 über die Gemeinschaftsmarke [ABl. L 78, S. 1]) eine
Gemeinschaftsmarke beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster
und Modelle) (HABM) an.
2
Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wortzeichen TPG POST.
3
Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 6, 9, 16, 20, 35,
38 und 39 im Sinne des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von
Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in
revidierter und geänderter Fassung angemeldet:
– Klasse 6: „Briefkästen aus Metall“;
– Klasse 9: „Computergeräte; Hardware und Software für Computernetze;
Computerprogramme; Computerhardware und ‑software für die Abrechnung und
Frankierung
von
Postsendungen
auf
elektronischem
Weg;
Frankierungskontrollgeräte“;
– Klasse 16: „Frankiermaschinen; Briefmarken“;
– Klasse 20: „Briefkästen, nicht aus Metall und nicht aus Mauerwerk“;
– Klasse 35: „Verteilung von Werbematerial und Zusammenstellung von
Werbedrucksachen;
Erteilung
von
Auskünften
in
kaufmännischen
Angelegenheiten; Einrichtung und Verwaltung von Dateien; Postversand nach
Versandlisten; Tätigkeiten der Postabteilung (Sammeln, Adressieren, Kuvertieren,
Frankieren); Bereitstellung von Informationen in Bezug auf Direktmarketing;
Geschäftsführung;
Unternehmensverwaltung;
Verwaltungsdienstleistungen;
Personalanwerbung; Beratung in Fragen des Personalmanagements; Umwandlung
von Daten in elektronische Dokumente; Informationsbeschaffung in Bezug auf die
vorstehend genannten Dienstleistungen“;
– Klasse 38: „Telekommunikation; geschützte Signalübertragung; elektronische
Übertragung von Nachrichten und Informationen; Auskünfte in Bezug auf
Telekommunikation“;
– Klasse 39: „(Gesicherte) Transporte; Transport und Lagerwesen; Verpackung von
Waren; Vermittlung beim Mieten sowie Vermietung von Transportfahrzeugen;
Nachrichtenüberbringung (Botendienst); Kurierdienste; Informationsbeschaffung in
Nachrichtenüberbringung (Botendienst); Kurierdienste; Informationsbeschaffung in
Bezug auf die vorstehend genannten Dienstleistungen“.
4
Die Anmeldung der Gemeinschaftsmarke wurde im Blatt für Gemeinschaftsmarken Nr.
76/2003 vom 6. Oktober 2003 veröffentlicht.
5
Am 5. Januar 2004 legte die Klägerin, die Deutsche Post AG, gemäß Art. 42 der
Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 41 der Verordnung Nr. 207/2009) Widerspruch gegen die
Eintragung der angemeldeten Marke für die oben in Rn. 3 genannten Waren und
Dienstleistungen ein.
6
Der Widerspruch war insbesondere auf folgende ältere Marken gestützt:
– die deutsche Wortmarke POST, eingetragen am 3. November 2003 unter der Nr.
30012966 und verlängert bis zum 20. Februar 2020 für Waren und Dienstleistungen
der Klassen 35 und 39;
– die Gemeinschaftswortmarke Deutsche Post, eingetragen am 29. Juli 2002 unter
der Nr. 1798701 und verlängert bis zum 8. August 2020 für Waren und
Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 38 und 39.
7
Der Widerspruch wurde auf den Widerspruchsgrund des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der
Verordnung Nr. 40/94 (jetzt Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009)
gestützt.
8
Am 21. Februar 2005 setzte die Widerspruchsabteilung das Widerspruchsverfahren auf
Antrag der PostNL Holding BV wegen einer von dieser bei den deutschen Gerichten
eingereichten Klage auf Löschung der Eintragung der älteren Marke POST aus.
9
Mit Entscheidung vom 19. Oktober 2011 bestätigte der Bundesgerichtshof
(Deutschland) in letzter Instanz die Zurückweisung des gegen die Marke POST
gerichteten nationalen Löschungsantrags. Er stellte im Wesentlichen fest, dass diese
Marke wegen ihrer in Deutschland erlangten Kennzeichnungskraft zu Recht eingetragen
worden sei.
10
Am 3. April 2012 teilte die Widerspruchsabteilung den Parteien mit, dass die
Aussetzung des Verfahrens aufgehoben sei, und eröffnete das Verfahren wieder.
11
Mit Entscheidung vom 29. Oktober 2012 wies die Widerspruchsabteilung den
Widerspruch zurück.
12
Am 15. November 2012 legte die Klägerin gemäß den Art. 58 bis 64 der Verordnung Nr.
207/2009 eine Beschwerde gegen die Entscheidung der Widerspruchsabteilung beim
HABM ein.
13
Mit Entscheidung vom 11. Dezember 2013 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung)
wies die Erste Beschwerdekammer des HABM die Beschwerde zurück.
14
Erstens bestätigte die Beschwerdekammer die nicht bestrittene Beurteilung der
Widerspruchsabteilung, dass die meisten fraglichen Waren und Dienstleistungen
zumindest zu einem geringen Grad ähnlich oder identisch und im Übrigen
zumindest zu einem geringen Grad ähnlich oder identisch und im Übrigen
unterschiedlich seien. Zweitens stellte sie im Rahmen des Zeichenvergleichs zum einen
fest, dass die Verbraucher in Deutschland, was die älteren Zeichen betreffe, den
Bestandteil „post“ mit der Klägerin als dem ehemaligen nationalen Postunternehmen in
Verbindung bringen könnten und dass diese Marke deshalb trotz der ihr fehlenden
originären Kennzeichnungskraft in Deutschland Kennzeichnungskraft erlangt habe. Zum
anderen stellte sie in Bezug auf die angemeldete Marke fest, dass deren
Gesamteindruck vom Bestandteil „tpg“ geprägt werde und dass im Vergleich zu diesem
Bestandteil das Wort „post“ angesichts seiner Stellung und der ihm inhärenten
Eigenschaften nur eine untergeordnete Rolle spiele. In Anbetracht dieser Feststellungen
kam die Beschwerdekammer im Wesentlichen zu dem Schluss, dass die einander
gegenüberstehenden Zeichen bedeutende visuelle, begriffliche und klangliche
Unterschiede aufwiesen. Drittens führte die Beschwerdekammer im Rahmen der
umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr aus, da es im Postsektor üblich sei,
Abkürzungen in Unternehmensbezeichnungen zu verwenden, werde das angemeldete
Zeichen als eine Bezugnahme auf von dem Unternehmen TPG erbrachte
Postdienstleistungen wahrgenommen, so dass im vorliegenden Fall keine
Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009
zwischen der angemeldeten Marke und den älteren Marken festgestellt werden könne.
Anträge der Parteien
15
Die Klägerin beantragt,
– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
– dem HABM die Kosten aufzuerlegen.
16
Das HABM beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
Zur Zulässigkeit der erstmals vor dem Gericht vorgelegten Beweismittel
17
Die Klägerin legt erstmals vor dem Gericht neue Unterlagen vor, die im Wesentlichen
die gesteigerte Kennzeichnungskraft der zur Begründung des Widerspruchs geltend
gemachten Marken untermauern sollen.
18
Diese Unterlagen bestehen u. a. erstens aus zwei von der Bundesnetzagentur bzw.
vom
Bundesministerium
für
Wirtschaft
und
Technologie
veröffentlichten
Marktuntersuchungen, nach denen die Klägerin trotz der Liberalisierung des Postmarkts
in Deutschland zwischen 2008 und 2013 sowohl beim Verkaufsvolumen als auch beim
Umsatz im Wesentlichen einen Marktanteil von ungefähr 90 % gehalten haben soll, und
zweitens aus Jahresberichten, in denen festgestellt wird, dass die älteren Marken POST
und Deutsche Post zwischen 2010 und 2013 zu den deutschen Marken mit den höchsten
und Deutsche Post zwischen 2010 und 2013 zu den deutschen Marken mit den höchsten
Marktwerten gehört hätten.
19
Das HABM hält diese neuen Beweismittel für unzulässig.
20
Nach ständiger Rechtsprechung ist eine beim Gericht erhobene Klage auf die Kontrolle
der Rechtmäßigkeit der von den Beschwerdekammern des HABM erlassenen
Entscheidungen im Sinne von Art. 65 der Verordnung Nr. 207/2009 gerichtet. Aus dieser
Bestimmung folgt, dass Tatsachen, die die Beteiligten nicht vor den Stellen des HABM
vorgetragen haben, auch im Stadium der Klage beim Gericht nicht mehr vorgetragen
werden können und dass das Gericht den Sachverhalt nicht im Licht erstmals bei ihm
vorgelegter Nachweise neu prüfen kann. Die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung einer
Beschwerdekammer des HABM ist nämlich anhand der Informationen zu beurteilen, die
für die Beschwerdekammer im Zeitpunkt ihres Erlasses dieser Entscheidung verfügbar
waren (vgl. Urteil vom 16. Januar 2014, Optilingua/HABM – Esposito [ALPHATRAD],
T‑538/12, EU:T:2014:9, Rn. 19 und die dort angeführte Rechtsprechung).
21
Da die in Rn. 18 des vorliegenden Urteils zum Nachweis der gesteigerten
Kennzeichnungskraft der älteren Marken angeführten Beweismittel erstmals vor dem
Gericht vorgelegt worden sind und es dem Gericht nicht obliegt, diese Frage von Amts
wegen zu prüfen, sind sie als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass es einer Prüfung
ihrer Beweiskraft bedarf.
Zur Begründetheit
22
Die Klägerin führt für ihre Klage einen einheitlichen Klagegrund an, mit dem sie einen
Verstoß gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 geltend macht. Sie
wirft der Beschwerdekammer im Wesentlichen vor, diese habe zum einen hinsichtlich
der Ähnlichkeit der Zeichen und zum anderen hinsichtlich der Verwechslungsgefahr
Beurteilungsfehler begangen.
23
Das HABM tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
24
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr.
207/2009 die angemeldete Marke auf Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke von
der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn wegen ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der
älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten
Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen in dem
Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt. Dabei schließt die Gefahr von
Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in
Verbindung gebracht wird.
25
Nach ständiger Rechtsprechung liegt Verwechslungsgefahr dann vor, wenn das
Publikum glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus
demselben Unternehmen oder aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen
stammen. Nach dieser Rechtsprechung ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr
entsprechend der Wahrnehmung der in Rede stehenden Zeichen und Waren oder
Dienstleistungen durch das maßgebliche Publikum umfassend und unter
Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der
Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls, insbesondere der
Wechselbeziehung zwischen der Ähnlichkeit der Zeichen und der Ähnlichkeit der damit
gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen, zu beurteilen (vgl. Urteil vom 9. Juli
2003, Laboratorios RTB/HABM – Giorgio Beverly Hills [GIORGIO BEVERLY HILLS],
T‑162/01, Slg, EU:T:2003:199, Rn. 30 bis 33 und die dort angeführte Rechtsprechung).
26
Für die Anwendung von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009 setzt eine
Verwechslungsgefahr voraus, dass eine Identität oder Ähnlichkeit zwischen den
einander gegenüberstehenden Marken und zugleich eine Identität oder Ähnlichkeit der
mit ihnen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen besteht. Hierbei handelt es
sich um kumulative Voraussetzungen (vgl. Urteil vom 22. Januar 2009,
Commercy/HABM – easyGroup IP Licensing [easyHotel], T‑316/07, Slg, EU:T:2009:14,
Rn. 42 und die dort angeführte Rechtsprechung).
27
Im Licht dieser Erwägungen ist zu prüfen, ob die Beschwerdekammer zu Recht
angenommen hat, dass zwischen den einander gegenüberstehenden Marken keine
Verwechslungsgefahr bestehe. Überdies ist in Übereinstimmung mit der Auffassung der
Beschwerdekammer die Verwechslungsgefahr insbesondere in Bezug auf die ältere
deutsche Marke POST zu beurteilen, die unter den einander gegenüberstehenden
Zeichen diejenige ist, die dem angemeldeten Zeichen am nächsten kommen dürfte.
Zu den maßgeblichen Verkehrskreisen
28
Nach der Rechtsprechung ist bei der umfassenden Beurteilung der
Verwechslungsgefahr auf einen durchschnittlich informierten und angemessen
aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der in Frage stehenden Art
von Waren abzustellen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des
Durchschnittsverbrauchers je nach Art der Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich
hoch sein kann (vgl. Urteil vom 13. Februar 2007, Mundipharma/HABM – Altana Pharma
[RESPICUR], T‑256/04, Slg, EU:T:2007:46, Rn. 42 und die dort angeführte
Rechtsprechung).
29
Im vorliegenden Fall findet sich die von der Beschwerdekammer vorgenommene
Bestimmung der maßgeblichen Verkehrskreise in den Rn. 34 bis 38 der angefochtenen
Entscheidung.
30
Dazu ist erstens festzustellen, dass die Beschwerdekammer zu Recht die Auffassung
vertreten hat, dass die maßgeblichen Verkehrskreise zum einen aus der breiten
Öffentlichkeit angehörenden Durchschnittsverbrauchern und zum anderen aus einem
spezialisierten Publikum angehörenden Verbrauchern bestünden. Zweitens ist die
Beurteilung der Beschwerdekammer zu bestätigen, wonach es sich bei den
maßgeblichen Verkehrskreisen, da die ältere Marke in Deutschland eingetragen worden
war, um die Verbraucher dieses Mitgliedstaats handele.
31
In Ermangelung von Anhaltspunkten in den Akten, die es erlauben würden, diese
Schlussfolgerung in Frage zu stellen, die im Übrigen von der Klägerin nicht bestritten
wird, ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer insoweit keinen Beurteilungsfehler
begangen hat.
Zum Vergleich der Waren
Zum Vergleich der Waren
32
Bei der Beurteilung der Ähnlichkeit der betroffenen Waren oder Dienstleistungen sind
nach ständiger Rechtsprechung alle erheblichen Faktoren zu berücksichtigen, die das
Verhältnis dieser Waren oder Dienstleistungen zueinander kennzeichnen. Hierzu
gehören insbesondere ihre Art, ihr Verwendungszweck und ihre Nutzung sowie ihre
Eigenart als miteinander konkurrierende oder einander ergänzende Waren oder
Dienstleistungen. Auch andere Faktoren, wie die Vertriebswege der betreffenden Waren,
können berücksichtigt werden (vgl. Urteil vom 11. Juli 2007, El Corte Inglés/HABM –
Bolaños Sabri [PiraÑAM diseño original Juan Bolaños], T‑443/05, Slg, EU:T:2007:219,
Rn. 37 und die dort angeführte Rechtsprechung).
33
In Rn. 39 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer in
Übereinstimmung mit der Widerspruchsabteilung den Standpunkt vertreten, dass die
meisten Waren und Dienstleistungen, die Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits
sind, zumindest zu einem geringen Grad ähnlich oder identisch und im Übrigen
unterschiedlich seien.
34
Diese Auffassung der Beschwerdekammer, die im Übrigen von der Klägerin nicht
bestritten wird, ist zutreffend.
Zum Vergleich der Zeichen
35
Bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr hinsichtlich der visuellen,
klanglichen oder begrifflichen Ähnlichkeit der einander gegenüberstehenden Zeichen ist
auf den Gesamteindruck abzustellen, den diese Zeichen hervorrufen, wobei
insbesondere die unterscheidungskräftigen und dominierenden Elemente zu
berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt
es entscheidend darauf an, wie die Marken vom Durchschnittsverbraucher dieser Waren
oder Dienstleistungen wahrgenommen werden. Der Durchschnittsverbraucher nimmt
dabei eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf ihre verschiedenen
Einzelheiten (vgl. Urteil vom 12. Juni 2007, HABM/Shaker, C‑334/05 P, Slg,
EU:C:2007:333, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
36
Die Beurteilung der Ähnlichkeit zweier Marken darf sich nicht darauf beschränken, dass
nur ein Bestandteil einer zusammengesetzten Marke berücksichtigt und mit einer
anderen Marke verglichen wird. Vielmehr sind die betreffenden Marken jeweils als
Ganzes miteinander zu vergleichen, was nicht ausschließt, dass unter Umständen ein
oder mehrere Bestandteile einer zusammengesetzten Marke für den durch die Marke im
Gedächtnis der maßgeblichen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend
sein können (vgl. Urteil HABM/Shaker, oben in Rn. 35 angeführt, EU:C:2007:333, Rn. 41
und die dort angeführte Rechtsprechung). Für die Beurteilung der Ähnlichkeit kann es
nur dann allein auf den dominierenden Bestandteil ankommen, wenn alle anderen
Markenbestandteile zu vernachlässigen sind (Urteile HABM/Shaker, oben in Rn. 35
angeführt, EU:C:2007:333, Rn. 42, und vom 20. September 2007, Nestlé/HABM,
C‑193/06 P, EU:C:2007:539, Rn. 42).
37
Bei der Beurteilung der Frage, ob ein bestimmter oder mehrere bestimmte Bestandteile
einer zusammengesetzten Marke prägend sind, sind insbesondere die Eigenschaften
einer zusammengesetzten Marke prägend sind, sind insbesondere die Eigenschaften
jedes einzelnen dieser Bestandteile in der Weise zu berücksichtigen, dass sie mit den
Eigenschaften der anderen Bestandteile verglichen werden. In zweiter Linie kann auch
auf die jeweilige Rolle der einzelnen Bestandteile bei der Gesamtgestaltung der
zusammengesetzten Marke abgestellt werden (vgl. Urteil vom 23. Oktober 2002,
Matratzen Concord/HABM – Hukla Germany [MATRATZEN], T‑6/01, Slg,
EU:T:2002:261, Rn. 35 und die dort angeführte Rechtsprechung).
38
In den Rn. 40 bis 53 der angefochtenen Entscheidung hat die Beschwerdekammer zur
Kennzeichnungskraft des Wortes „post“, das den einander gegenüberstehenden Zeichen
gemein ist, ausgeführt, es handele sich dabei grundsätzlich um einen Gattungsbegriff,
der überall in Europa als Hinweis auf die Zustellung von Briefen und Päckchen oder auf
ein Postdienstleistungen erbringendes Unternehmen verstanden werde. In Deutschland
könne dieser Bestandteil jedoch, wenn er alleinstehend verwendet werde, von den
Verbrauchern gedanklich mit dem nationalen Postbetreiber in Verbindung gebracht
werden, und eben aufgrund dieser erlangten Unterscheidungskraft sei dieses Wort als
nationale Wortmarke eingetragen worden. Bei der angemeldeten Marke stelle dagegen
der Bestandteil „tpg“ das dominierende Element der angemeldeten Marke dar, und der
Bestandteil „post“ sei angesichts seiner Stellung und seiner Eigenschaften nur von
zweitrangiger Bedeutung. Auf dieser Grundlage ist die Beschwerdekammer im
Wesentlichen zu der Schlussfolgerung gelangt, dass die einander gegenüberstehenden
Zeichen erhebliche Unterschiede insbesondere in visueller und klanglicher Hinsicht
aufwiesen.
39
Nach Ansicht der Klägerin weisen die ältere Marke POST und die angemeldete Marke
entgegen der Beurteilung der Beschwerdekammer erhebliche Ähnlichkeit auf. Insoweit
widerspricht sie nicht der Beurteilung der Beschwerdekammer, soweit diese ihrem
Vorbringen gefolgt ist, dass die ältere Marke in Deutschland Unterscheidungskraft
erlangt habe. Die Klägerin meint jedoch, eine solche Unterscheidungskraft sei auch dem
Bestandteil „post“ in der angemeldeten Marke zuzuerkennen. Dabei sei im Rahmen des
Vergleichs der Zeichen der Bestandteil „tpg“ nicht als dominierendes Element der
angemeldeten Marke anzusehen. Schließlich trägt die Klägerin vor, jedenfalls behalte
der Bestandteil „post“ innerhalb der angemeldeten Marke eine selbständig
kennzeichnende Stellung im Sinne der Rechtsprechung.
40
Als Erstes sind die Bestandteile der angemeldeten Marke zu bestimmen, die für den
Vergleich der Zeichen heranzuziehen sind.
41
Dazu ist sogleich darauf hinzuweisen, dass das angemeldete Zeichen aus zwei durch
eine Leerstelle getrennten Teilen besteht. Der erste Teil setzt sich aus den drei
Großbuchstaben „T“, „P“ und „G“ zusammen, die getrennt ausgesprochen werden. Der
zweite Teil besteht aus dem Wort „post“, das gegenüber dem ersten Bestandteil einen
zusätzlichen Buchstaben enthält, jedoch als eine einzige Silbe ausgesprochen wird.
42
Sodann ist festzustellen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise, da die drei
Buchstaben am Anfang des Zeichens stehen, diesem Teil der angemeldeten Marke
mehr Aufmerksamkeit widmen werden, selbst wenn sie ihm keine Bedeutung beimessen
können. Insoweit hat die Beschwerdekammer in Rn. 48 der angefochtenen Entscheidung
zutreffend darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung der Teil des Zeichens,
zutreffend darauf hingewiesen, dass nach der Rechtsprechung der Teil des Zeichens,
dem der Verbraucher größere Aufmerksamkeit schenkt, an seinem Anfang steht (Urteil
vom 15. Dezember 2009, Trubion Pharmaceuticals/HABM – Merck [TRUBION],
T‑412/08, EU:T:2009:507, Rn. 40).
43
Schließlich kann der von der Klägerin geltend gemachte Umstand, dass dem Wort
„post“ im Licht des Urteils vom 24. Mai 2012, Formula One Licensing/HABM (C‑196/11 P,
Slg, EU:C:2012:314, Rn. 47), wegen seiner Eintragung als nationale Marke eine gewisse
selbständig kennzeichnende Stellung zuerkannt werden müsse, nach den zutreffenden
Ausführungen der Beschwerdekammer in Rn. 47 der angefochtenen Entscheidung nicht
bedeuten, dass diesem Wort eine so hohe Kennzeichnungskraft zuzuerkennen wäre,
dass dadurch ein uneingeschränktes Recht begründet würde, sich der Eintragung aller
späteren Marken, in denen es vorhanden ist, zu widersetzen.
44
Denn nach der Rechtsprechung hat das HABM zwar im Fall der Einlegung eines auf
eine ältere nationale Marke gestützten Widerspruchs gegen die Eintragung einer
Gemeinschaftsmarke im Einzelnen zu prüfen, in welcher Weise die maßgeblichen
Verkehrskreise das mit dieser nationalen Marke identische Zeichen in der
Anmeldemarke auffassen, und gegebenenfalls den Grad der Kennzeichnungskraft
dieses Zeichens zu beurteilen (vgl. in diesem Sinne Urteil Formula One
Licensing/HABM, oben in Rn. 43 angeführt, EU:C:2012:314, Rn. 42).
45
Im vorliegenden Fall ist jedoch im Einklang mit der von der Beschwerdekammer in
Rn. 50 der angefochtenen Entscheidung geäußerten Auffassung anzunehmen, dass ein
Wort, das Bestandteil einer zusammengesetzten Marke ist, anders wahrgenommen
werden kann, als wenn es alleinstehend oder in einem anderen Zusammenhang
verwendet wird. Das liegt umso mehr auf der Hand, wenn, wie in der vorliegenden
Rechtssache, diesem Wort in der angemeldeten Marke ein Hinweis auf die Herkunft
eines bestimmten Unternehmens vorausgeht. Im vorliegenden Fall ist nämlich davon
auszugehen, dass der Bestandteil „post“, da ihm der Bestandteil „tpg“ vorausgeht, vom
Verbraucher in Deutschland nicht als Hinweis auf die Klägerin, sondern als solcher auf
die Waren und Dienstleistungen des Unternehmens TPG verstanden werden wird. Unter
diesen Umständen ist festzustellen, dass der Bestandteil „post“ erheblich weniger
kennzeichnungskräftig ist als der Bestandteil „tpg“. Außerdem räumt die Klägerin in ihren
Schriftsätzen selbst ein, dass es im Bereich der Postdienstleistungen eine gängige
Geschäftspraxis der Verwendung zusammengesetzter Unternehmensbezeichnungen
gebe, die aus einer oft aus drei Großbuchstaben gebildeten Abkürzung bestünden, der
das Wort „post“ angefügt werde. Im vorliegenden Fall, so die Klägerin weiter, diene der
Bestandteil „tpg“ in erster Linie dazu, das Unternehmen, das die Waren und
Dienstleistungen liefere bzw. erbringe, als Marktteilnehmer zu kennzeichnen.
46
Damit ist der Beurteilung der Beschwerdekammer, wie sie aus Rn. 52 der
angefochtenen Entscheidung hervorgeht, zu folgen, wonach im Einklang mit der in
Rn. 37 des vorliegenden Urteils angeführten Rechtsprechung zum einen das prägende
Element in der angemeldeten Marke aus dem Bestandteil „tpg“ besteht und zum anderen
der Bestandteil „post“ zwar nicht zu vernachlässigen ist, doch bei der Wahrnehmung des
angemeldeten Zeichens wegen seiner Stellung und der ihm inhärenten Eigenschaften
nur eine untergeordnete Rolle spielt. Diese Gründe rechtfertigen auch die
Zurückweisung des Vorbringens der Klägerin, dass das prägende Element in der
Zurückweisung des Vorbringens der Klägerin, dass das prägende Element in der
angemeldeten Marke tatsächlich vom Wort „post“ gebildet werde.
47
Die vorstehende Schlussfolgerung kann nicht durch das von der Klägerin auf das Urteil
vom 6. Oktober 2005, Medion (C‑120/04, Slg, EU:C:2005:594), gestützte Argument in
Frage gestellt werden, dass, selbst wenn man annähme, dass der Bestandteil „post“ in
der angemeldeten Marke nicht prägend sei, ihm doch eine selbständig kennzeichnende
Stellung zukomme, die eine Ähnlichkeit zwischen den streitigen Zeichen begründe.
48
Zunächst ist festzustellen, dass der Gerichtshof in dem oben in Rn. 47 angeführten
Urteil Medion (EU:C:2005:594) im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens für
Recht erkannt hat, dass bei identischen Waren oder Dienstleistungen eine
Verwechslungsgefahr für das Publikum bestehen kann, wenn das betreffende Zeichen
durch die Aneinanderreihung der Unternehmensbezeichnung eines Dritten zum einen
und einer normal kennzeichnungskräftigen eingetragenen Marke zum anderen gebildet
wird und Letztere in dem zusammengesetzten Zeichen, ohne allein seinen
Gesamteindruck zu prägen, eine selbständig kennzeichnende Stellung behält.
49
Der vom Gerichtshof aufgestellte Grundsatz ist jedoch auf den vorliegenden Fall nicht
anwendbar.
50
Erstens sind nämlich die der Entscheidung des Gerichtshofs zugrunde liegenden
Umstände, die zum einen die Marke Life als ältere Marke und die Marke Thomson Life
als angemeldete Marke und zum anderen Waren der Unterhaltungselektronik betrafen,
mit dem Kontext des vorliegenden Falles nicht vergleichbar. Insoweit ist festzustellen,
dass das Wort „life“ in der dem oben in Rn. 47 angeführten Urteil Medion
(EU:C:2005:594) zugrunde liegenden Rechtssache normale Kennzeichnungskraft hatte,
da es sich insbesondere in keiner Weise auf die betreffenden Waren bezog. Im
vorliegenden Fall lässt sich jedoch nicht sagen, dass die Kennzeichnungskraft des
Wortes „post“ an ein normales Niveau heranreicht; vielmehr erweist sich seine
Kennzeichnungskraft allenfalls als gering, da es ganz offensichtlich auf Postprodukte
und ‑dienstleistungen anspielt.
51
Zweitens vermag das Wort „post“, wie das HABM geltend macht, nicht die durch das
Zeichen TPG POST gebildete „logische Einheit“ aufzubrechen, aufgrund deren es als
Kombination aus einem Hinweis darauf, dass die durch die angemeldete Marke
gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen von einem bestimmten Unternehmen
stammen, und einer Bezugnahme auf die von diesem Unternehmen gelieferten Waren
wahrgenommen werden kann.
52
Drittens ist zwar das oben in Rn. 47 angeführte Urteil Medion (EU:C:2005:594), wie die
Klägerin vorträgt, darauf gerichtet, zu verhindern, dass Einzelwortmarken durch die
Hinzufügung eines Unternehmenskennzeichens usurpiert werden. Jedoch kann nicht
schon deshalb, weil eine ältere Wortmarke in einer angemeldeten Marke enthalten ist,
davon ausgegangen werden, dass hierdurch eine ältere Marke usurpiert werde. Nur die
Feststellung der Gefahr einer Verwechslung der beiden Marken, die voraussetzt, dass
zuvor eine Identität oder Ähnlichkeit der jeweiligen Zeichen festgestellt worden ist,
könnte zu einem solchen Schluss führen.
53
Als Zweites ist ein Vergleich der Zeichen vorzunehmen. Dazu ist darauf hinzuweisen,
dass nach ständiger Rechtsprechung zwei Marken einander ähnlich sind, wenn sie aus
der Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise hinsichtlich eines oder mehrerer relevanter
Aspekte, d. h. hinsichtlich der visuellen, klanglichen bzw. begrifflichen Aspekte,
zumindest teilweise übereinstimmen (vgl. Urteil vom 1. Oktober 2014, Lausitzer
Früchteverarbeitung/HABM
Rivella
International
[holzmichel],
T‑263/13,
EU:T:2014:845, Rn. 25 und die dort angeführte Rechtsprechung).
54
Im vorliegenden Fall ist zunächst zum visuellen Vergleich festzustellen, dass
angesichts des Umstands, dass der Bestandteil „tpg“ der angemeldeten Marke, wie in
Rn. 42 des vorliegenden Urteils festgestellt worden ist, in Anbetracht insbesondere
seiner Stellung am Anfang des Zeichens eher als der Bestandteil „post“ dazu angetan ist,
die Aufmerksamkeit des maßgeblichen Publikums auf sich zu ziehen, ein erheblicher
Unterschied im Vergleich zur älteren Marke POST besteht.
55
Sodann ist zum klanglichen Vergleich festzustellen, dass die einander
gegenüberstehenden Marken, da sie hinsichtlich der Aussprache der drei Anfangssilben
voneinander abweichen, in klanglicher Hinsicht ganz unterschiedlich sind.
56
Schließlich ist in begrifflicher Hinsicht davon auszugehen, dass die einander
gegenüberstehenden Zeichen angesichts des Umstands, dass die ältere Marke POST
als eine Bezugnahme auf die Klägerin als den historischen Betreiber in Deutschland
aufzufassen ist, während die angemeldete Marke den Gedanken an Postprodukte und
dienstleistungen, die vom Unternehmen TPG geliefert bzw. erbracht werden, hervorruft,
auch in dieser Hinsicht einen Unterschied aufweisen.
57
Folglich hat die Beschwerdekammer keinen Beurteilungsfehler begangen, indem sie im
Wesentlichen der Auffassung war, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen
erhebliche Unterschiede insbesondere in visueller und klanglicher Hinsicht aufweisen,
obwohl die ältere Marke POST im angemeldeten Zeichen enthalten ist.
Zur Verwechslungsgefahr
58
Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse
Wechselbeziehung der berücksichtigten Faktoren, insbesondere zwischen der
Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der durch die Marken erfassten Waren oder
Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der erfassten Waren oder
Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen
werden und umgekehrt (Urteil vom 29. September 1998, Canon, C‑39/97, Slg,
EU:C:1998:442, Rn. 17).
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Die Beschwerdekammer hat in den Rn. 58 und 59 der angefochtenen Entscheidung im
Wesentlichen die Ansicht vertreten, trotz der Identität oder der Ähnlichkeit der fraglichen
Waren und Dienstleistungen hätten es die einander gegenüberstehenden Marken nicht
vermocht, für das relevante deutschsprachige Publikum die Gefahr von Verwechslungen
hervorzurufen, da das angemeldete Zeichen als Bezugnahme auf einen von einem
Unternehmen „TPG“ erbrachten Postdienst wahrgenommen werde.
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Die Klägerin macht demgegenüber geltend, die Gefahr einer Verwechslung zwischen
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Die Klägerin macht demgegenüber geltend, die Gefahr einer Verwechslung zwischen
den einander gegenüberstehenden Marken hätte vor dem Hintergrund einer weit
überwiegenden Waren- und Dienstleistungsidentität bzw. ‑ähnlichkeit einerseits und der
hochgradigen Zeichenähnlichkeit aufgrund des prägenden Bestandteils „post“
andererseits, jedenfalls aber aufgrund von dessen selbständig kennzeichnender
Stellung festgestellt werden müssen. Diese Gefahr sei noch offensichtlicher angesichts
sowohl der gesteigerten Kennzeichnungskraft der älteren Marke POST als auch der
Tatsache, dass diese ältere Marke zu einer Markenfamilie gehöre, deren Inhaberin die
Klägerin sei.
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Zunächst ist gemäß der Schlussfolgerung in Rn. 57 des vorliegenden Urteils das
Bestehen erheblicher Unterschiede zwischen den einander gegenüberstehenden
Zeichen in visueller, klanglicher und begrifflicher Hinsicht hervorzuheben.
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Auch genügt gegenüber dem Vorbringen der Klägerin die Feststellung, dass die Gefahr
einer Verwechslung zwischen den einander gegenüberstehenden Marken, da diese
erhebliche Unterschiede aufweisen, trotz der Ähnlichkeit bzw. der Identität einiger der
fraglichen Waren und Dienstleistungen nicht festgestellt werden kann.
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Außerdem ist der Beurteilung der Beschwerdekammer in den Rn. 57 und 58 der
angefochtenen Entscheidung zu folgen, wonach das maßgebliche Publikum in
Deutschland, das, wie die Klägerin selbst einräumt, an die Existenz von
Postdienstleistungen erbringenden Wirtschaftsteilnehmern auf dem Markt, die das
Element „post“ zur Bezeichnung ihrer Unternehmen verwenden, gewöhnt ist, die
angemeldete Marke als Bezugnahme auf einen vom Unternehmen TPG erbrachten
Postdienst und nicht als Anspielung auf die Klägerin verstehen wird.
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Die Beschwerdekammer hat daher die Gefahr einer Verwechslung zwischen der älteren
Marke POST und der angemeldeten Marke TPG POST zu Recht verneint.
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Diese Schlussfolgerung kann durch das weitere Vorbringen der Klägerin nicht in Frage
gestellt werden.
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Was als Erstes das Argument angeht, im vorliegenden Fall müsse das Vorliegen einer
Verwechslungsgefahr wegen der gesteigerten Kennzeichnungskraft der angemeldeten
Marke bejaht werden, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung
die Beurteilung der Verwechslungsgefahr, wie sich aus dem achten Erwägungsgrund
der Verordnung Nr. 207/2009 ergibt, von einer Vielzahl von Umständen und
insbesondere vom Bekanntheitsgrad der Marke beim Publikum auf dem relevanten Markt
abhängt. Da die Verwechslungsgefahr umso größer ist, je größer sich die
Kennzeichnungskraft der Marke darstellt, genießen die Marken, die von Haus aus oder
wegen ihrer Bekanntheit beim Publikum hohe Kennzeichnungskraft besitzen, einen
umfassenderen Schutz als die Marken, deren Kennzeichnungskraft geringer ist (vgl.
entsprechend Urteile vom 11. November 1997, SABEL, C‑251/95, Slg, EU:C:1997:528,
Rn. 24, Canon, oben in Rn. 58 angeführt, EU:C:1998:442, Rn. 18, und vom 22. Juni
1999, Lloyd Schuhfabrik Meyer, C‑342/97, Slg, EU:C:1999:323, Rn. 20). Daher zählt, wie
die Klägerin geltend macht, zu den relevanten Umständen, die bei der umfassenden
Beurteilung der Verwechslungsgefahr berücksichtigt werden können, auch die
gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke POST.
gesteigerte Kennzeichnungskraft der älteren Marke POST.
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Die Beurteilung einer etwaigen Kennzeichnungskraft der älteren Marke POST ist
insbesondere beim Vorliegen von Umständen wie denen des vorliegenden Falles
relevant, in dem nur ein geringer Grad an Ähnlichkeit zwischen den Zeichen besteht und
zu prüfen ist, ob dieser geringe Grad durch einen hohen Grad an Ähnlichkeit zwischen
den Waren ausgeglichen werden kann (Urteil vom 11. Juni 2014, Golam/HABM – meta
Fackler Arzneimittel [METABIOMAX], T‑281/13, EU:T:2014:440, Rn. 57).
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Im vorliegenden Fall ist zunächst die Schlussfolgerung der Beschwerdekammer zu
bestätigen, dass die ältere Marke POST geringe und nicht gesteigerte
Kennzeichnungskraft hat. Nach der Feststellung in Rn. 43 des vorliegenden Urteils
bedeutet nämlich der Umstand, dass die ältere Marke POST die
Mindestvoraussetzungen für eine nationale Markeneintragung erfüllt hat, für sich allein
noch nicht, dass das Element „post“ für die Waren und Dienstleistungen der Klägerin
gesteigerte Kennzeichnungskraft oder Bekanntheit erlangt hätte.
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Sodann hat die Klägerin zwar der Beschwerdekammer verschiedene Berichte und
Untersuchungen vorgelegt, um die hohen Durchsetzungs-, Zuordnungs- und
Bekanntheitsgrade der älteren Marke POST auf dem deutschen Markt zu untermauern,
doch stammen diese Unterlagen aus den Jahren 2002 bis 2005. Vor diesem Hintergrund
ist, wie die Beschwerdekammer in Rn. 63 der angefochtenen Entscheidung
hervorgehoben hat, nicht auszuschließen, dass zahlreiche Verbraucher in Deutschland
angesichts des auf europäischer Ebene eingeleiteten bedeutenden Prozesses der
Liberalisierung des Marktes der Postdienstleistungen das Wort „post“ ohne weitere
Angabe nicht mehr ausschließlich der Klägerin zuordnen. Im Übrigen ist daran zu
erinnern, dass die neuen, sich auf jüngere Daten beziehenden Beweismittel, die zum
Nachweis der gesteigerten Kennzeichnungskraft der angemeldeten Marke erstmals vor
dem Gericht vorgelegt worden sind, als unzulässig zurückgewiesen worden sind (siehe
Rn. 21 des vorliegenden Urteils).
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Schließlich ist jedenfalls zu beachten, dass, selbst wenn die älteren Marken gesteigerte
Kennzeichnungskraft hätten, dies doch nicht den Umstand aufwiegen könnte, dass
zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen in Anbetracht der in den Rn. 54
bis 57 des vorliegenden Urteils festgestellten Unterschiede in visueller, klanglicher und
begrifflicher Hinsicht keine Verwechslungsgefahr im Sinne des Art. 8 Abs. 1 Buchst. b
der Verordnung Nr. 207/2009 besteht (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. Oktober 2014,
Laboratoires Polive/HABM – Arbora & Ausonia [dodie], T‑122/13 und T‑123/13,
EU:T:2014:863, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung). Denn die
Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist zwar bei der Beurteilung der
Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen, doch stellt sie nur einen der bei dieser
Beurteilung zu berücksichtigenden Faktoren dar (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 13.
Dezember 2007, Xentral/HABM – Pages jaunes [PAGESJAUNES.COM], T‑134/06, Slg,
EU:T:2007:387, Rn. 70).
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Was als Zweites das Argument der Klägerin betrifft, die älteren Marken, die durch das
Vorhandensein desselben Wortbestandteils „post“ gekennzeichnet seien, gehörten zu
einer Markenfamilie oder ‑serie, mit der die angemeldete Marke gedanklich in
Verbindung gebracht werden könnte, darunter die Marken INFOPOST, E POST,
Verbindung gebracht werden könnte, darunter die Marken INFOPOST, E POST,
E POSTBRIEF, POSTIDENT, POSTIDENT SPECIAL, POSTKIT, POST CARD und
POSTFACH, so ist darauf hinzuweisen, dass es nach der Rechtsprechung für die
Feststellung einer Verwechslungsgefahr erforderlich ist, dass die angemeldete Marke
nicht nur den zur Serie gehörenden Marken ähnlich ist, sondern auch Merkmale aufweist,
die geeignet sind, sie mit der Serie in Verbindung zu bringen. Dies wäre möglicherweise
dann nicht der Fall, wenn ein den älteren Serienmarken gemeinsamer Bestandteil in der
angemeldeten Marke an einer anderen Stelle als derjenigen, an der er sich gewöhnlich
bei den zu der Serie gehörenden Marken befindet, oder mit einem anderen
semantischen Inhalt verwendet wird (Urteile vom 23. Februar 2006, Il Ponte
Finanziaria/HABM – Marine Enterprise Projects [BAINBRIDGE], T‑194/03, Slg,
EU:T:2006:65, Rn. 126 und 127, und vom 27. Juni 2012, Hearst Communications/HABM
– Vida Estética [COSMOBELLEZA], T‑344/09, EU:T:2012:324, Rn. 86 und 87).
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Im vorliegenden Fall ist erstens festzustellen, dass die Klägerin, außer dass sie eine
Serie von das Wort „post“ enthaltenden Marken in ihren Schriftsätzen aufgezählt hat,
nicht nachgewiesen hat, dass die maßgeblichen Verkehrskreise diese Marken als Teil
einer Markenfamilie wahrnehmen, deren Inhaber sie wäre. Zweitens ist jedenfalls zu
beachten, dass nach den Ausführungen der Widerspruchsabteilung in ihrer
Entscheidung vom 29. Oktober 2012, die von der Beschwerdekammer in Rn. 69 der
angefochtenen Entscheidung übernommen worden sind, die Marken der Klägerin keine
Merkmale aufweisen, die eine gedankliche Verbindung zwischen dem angemeldeten
Zeichen und der älteren Markenserie begründen könnten. Zunächst handelt es sich
nämlich bei den Marken der Widersprechenden, während das angemeldete Zeichen
zwei Elemente, nämlich die Bestandteile „tpg“ und „post“, umfasst, meistens um Marken,
die aus einem einzigen Wort bestehen, bei dem das Element „post“ keinen getrennten
Bestandteil wie in der angegriffenen Marke darstellt. Sodann steht dieses Element
jeweils an unterschiedlicher Stelle, nämlich in manchen Marken am Anfang des
Zeichens und in anderen an dessen Ende. Schließlich stellt der andere Teil dieser
Marken im Allgemeinen ein Wort mit Bedeutungsgehalt dar, wie im Fall der Marke
E Post, während im angemeldeten Zeichen der anfängliche Bestandteil aus einem Block
von drei Buchstaben ohne konkrete Bedeutung besteht. Die Struktur der Zeichen ist
somit unterschiedlich. Daher ist angesichts dieses Bestandteils und der geringen
Kennzeichnungskraft des gemeinsamen Elements „post“ die Schlussfolgerung geboten,
dass das angemeldete Zeichen keinen Bestandteil enthält, der es mit der behaupteten
Serie älterer Marken in Verbindung bringen würde.
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Nach alledem ist die Beschwerdekammer fehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass im
vorliegenden Fall zwischen der angemeldeten Marke und der älteren Marke POST keine
Verwechslungsgefahr im Sinne von Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009
feststellbar ist.
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Im Übrigen ist zur älteren Marke Deutsche Post zu sagen, dass angesichts der
Tatsache, dass hier die Unterschiede im Vergleich zur angemeldeten Marke noch
frappierender sind, da die jeweiligen Anfänge der Marken unterschiedlich sind und die
beiden Zeichen neben ihrem gemeinsamen Bestandteil weitere Bestandteile enthalten,
auch insoweit keine Verwechslungsgefahr festzustellen ist.
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Da der von der Klägerin zur Begründung ihres Klageantrags geltend gemachte
Klagegrund eines Verstoßes gegen Art. 8 Abs. 1 Buchst. b der Verordnung Nr. 207/2009
nicht durchgreift, ist die Klage insgesamt abzuweisen.
Kosten
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Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf
Antrag zur Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin unterlegen ist, sind ihr
gemäß dem Antrag des HABM die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Achte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Deutsche Post AG trägt die Kosten.
Gratsias
Kancheva
Wetter
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. Mai 2015.
Unterschriften
Verfahrenssprache: Deutsch.