Urteil des EuG vom 18.09.2003

EuG: kommission, europäisches parlament, organisation, gericht erster instanz, vereinigte staaten, humanitäre hilfe, verfahrensordnung, rechtsschutzinteresse, nichtigerklärung, klagegrund

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)
18. September 2003
„Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe - Kofinanzierung durch die Gemeinschaft von
Vorhaben, die von einer NRO durchgeführt werden - Nicht förderungsfähige NRO - Ablehnung des
Kofinanzierungsantrags“
In der Rechtssache T-321/01
Internationaler Hilfsfonds e. V.
Rechtsanwalt H. Kaltenecker,
Kläger,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission vom 16. Oktober 2001, mit der die Anträge auf
Kofinanzierung von zwei Projekten abgelehnt wurden, die der Kläger im Dezember 1996 und im September
1997 eingereicht hatte,
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts sowie der Richter J. Azizi und M. Jaeger,
Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 7. Mai 2003
folgendes
Urteil
Rechtlicher Rahmen
1.
Der Haushaltsplan der Europäischen Union sieht eine Haushaltslinie (B7-6000) für die Beteiligung
der Gemeinschaft an Vorhaben von Nichtregierungsorganisationen (im Folgenden: NRO) zugunsten
von Entwicklungsländern vor. Diese Haushaltslinie wurde 1976 infolge einer Mitteilung der Kommission
vom 6. Oktober 1975 an den Rat über Leitlinien der Zusammenarbeit mit den in der
Entwicklungszusammenarbeit tätigen Nichtregierungsorganisationen (NRO) (KOM/75/504 endg.)
eingeführt.
2.
Die Kommission war im maßgeblichen Zeitpunkt für die Verwaltung der Mittel zuständig, die gemäß
dieser Linie unter Berücksichtigung der Pflichten aus der Haushaltsordnung vom 21. Dezember 1977
für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 356, S. 1) verbucht wurden,
an deren Stelle zum 1. Januar 2003 die Verordnung (EG, Euratom) Nr. 1605/2002 des Rates vom 25.
Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Europäischen
Gemeinschaften (ABl. L 248, S. 1) trat.
3.
Nach dieser Haushaltslinie können die NRO Subventionen der Gemeinschaft für
Entwicklungshilfeprojekte erhalten, wenn sie bei der Kommission Kofinanzierungsanträge einreichen.
Bis zum Jahr 2000 konnten diese Anträge frei gestellt werden, ohne dass auf Aufforderungen zur
Stellung von Anträgen gewartet werden musste. Seither fordert die Kommission zur Stellung von
Anträgen auf.
4.
Im entscheidungserheblichen Zeitraum waren die Bedingungen für die Kofinanzierung in einem
1988 von der Kommission erlassenen Dokument festgelegt, das als „Allgemeine Bedingungen für die
Mitfinanzierung von Vorhaben, die von europäischen Nichtregierungsorganisationen (NRO) in
Entwicklungsländern durchgeführt werden ...“ (im Folgenden: Allgemeine Bedingungen) bezeichnet
wurde. Dieses Dokument legte die Kriterien für die Förderungsfähigkeit von NRO und von Vorhaben
fest, machte konkrete Vorgaben für die Einreichung von Anträgen und enthielt eingehende
Erläuterungen zu den Finanzierungsmodalitäten. Im Jahr 2000 wurde zum Zeitpunkt der Bekanntgabe
der ersten Aufforderung zur Stellung von Anträgen eine neue Fassung der Allgemeinen Bedingungen
erlassen. Die Allgemeinen Bedingungen sind nicht im Amtsblatt veröffentlicht.
5.
In Titel I der Allgemeinen Bedingungen waren die Kriterien für die Förderungsfähigkeit von NRO wie
folgt festgelegt:
„§ 1 Um Zugang zur Kofinanzierung gemäß den Allgemeinen Bedingungen zu haben, muss die NRO
die folgenden Voraussetzungen erfüllen:
1.1 Status als autonome gemeinnützige NRO in einem Mittgliedstaat der EG nach den dort
geltenden Rechtsvorschriften;
1.2 Sitz in einem Mitgliedstaat der EG;
1.3 alle Entscheidungen im Zusammenhang mit den kofinanzierten Maßnahmen müssen tatsächlich
am Sitz der NRO getroffen werden;
1.4 die meisten menschlichen und finanziellen Ressourcen müssten europäischen Ursprungs (EG)
sein.
§ 2 Bei der Ermittlung der für Kofinanzierungen in Betracht kommenden NRO werden folgende
Aspekte berücksichtigt:
2.1 ihre Fähigkeit, für ihre Entwicklungstätigkeit in den Entwicklungsländern in der Europäischen
Gemeinschaft die Solidarität zu wecken und die privaten Mittel aufzubringen;
2.2 die Priorität, die sie der Entwicklungshilfe in den Entwicklungsländern beimisst;
2.3 ihre Erfahrungen auf dem Gebiet der Hilfe für Entwicklungsländer;
2.4 ihre Fähigkeit, von den Partnern in den Entwicklungsländern vorgeschlagene
entwicklungspolitische Maßnahmen zu unterstützen;
2.5 die Art und die Tragweite ihrer Verbindungen zu ähnlichen Organisationen in den
Entwicklungsländern;
2.6 die Art und die Tragweite ihrer Verbindungen zu anderen NRO innerhalb und außerhalb der
Europäischen Gemeinschaft;
2.7 ihr Managementkapazität und gegebenenfalls die Art und Weise, in der sie in der Vergangenheit
ihren Verpflichtungen aus früheren Kofinanzierungsverträgen mit der EG nachgekommen ist.
§ 3 Eine förderungsfähige NRO, die die genannten Voraussetzungen erfüllt, aber für eine nicht
förderungsfähige NRO handelt, keinen Einfluss auf die Umsetzung der Vorhaben hat und nichts zu
deren Finanzierung beiträgt, kann keine Kofinanzierung erhalten.“
Sachverhalt
6.
Der Internationale Hilfsfonds e. V. (im Folgenden: IH) ist eine NRO deutschen Rechts, die
Flüchtlingen sowie Kriegs- und Katastrophenopfern hilft. Von 1993 bis 1997 reichte der IH sechs
Kofinanzierungsanträge für Vorhaben (im Folgenden: Projekte) bei der Kommission ein.
7.
Bei der Prüfung der ersten Anträge kamen die Dienststellen der Kommission zu dem Ergebnis, dass
der Kläger nach den in den Allgemeinen Bedingungen festgelegten Kriterien nicht als NRO
förderungsfähig sei. Mit Schreiben vom 12. Oktober 1993 wurde dem Kläger mitgeteilt, dass er nicht
förderungsfähig sei.
8.
Der Kläger beanstandete diese Entscheidung in zahlreichen Gesprächen mit der Kommission und in
einer Vielzahl von Schreiben.
9.
Mit Schreiben vom 29. Juli 1996 legte die Kommission die wesentlichen Gründe dar, weshalb sie
1993 zu dem Ergebnis kam, dass der IH nicht als NRO förderungsfähig sei.
10.
Diese Gründe ergäben sich daraus, dass bestimmte Voraussetzungen der Allgemeinen
Bedingungen vom Kläger nicht erfüllt würden. Insbesondere gehe es um folgende Voraussetzungen:
Alle Entscheidungen in Bezug auf die Projekte, die kofinanziert werden sollten, müssten am Sitz des
Klägers getroffen werden; die meisten Mittel zur Finanzierung müssten europäischen Ursprungs sein;
der Kläger müsse in der Lage sein, für seine Projekte private Mittel aufzubringen und über die
Managementkapazitäten zur Leitung der Projekte verfügen. In ihrem Schreiben vom 29. Juli 1996 kam
die Kommission zu dem Ergebnis, dass sie nicht klar zwischen den Tätigkeitsbereichen,
Finanzierungsquellen, Ausgaben, Verantwortungsbereichen oder Entscheidungsstrukturen des
Klägers und der InterAid International (Vereinigte Staaten), einer mit dem Kläger verbundenen NRO,
unterscheiden könne.
11.
Am 5. Dezember 1996 reichte der Kläger bei der Kommission ein fünftes Projekt ein. Die Kommission
bot dem Kläger eine Prüfung an, aber es wurde in dieser Hinsicht keine Einigung erzielt. Eine
geänderte Fassung des Projekts von 1996 wurde der Kommission mit einem neuen Antrag im
September 1997 vorgelegt. Die Kommission entschied nicht über diesen Kofinanzierungsantrag, da sie
der Ansicht war, dass die Entscheidung vom 12. Oktober 1993 über die fehlende Förderungsfähigkeit
des Klägers als NRO weiterhin gültig sei.
12.
Daraufhin reichte der Kläger beim Europäischen Bürgerbeauftragten (im Folgenden:
Bürgerbeauftragter) nacheinander drei Beschwerden ein, eine im Jahr 1998 und zwei weitere im Jahr
2000. Diese Beschwerden betrafen im Wesentlichen zwei Aspekte, nämlich die Frage der Akteneinsicht
und die Frage, ob die Kommission die Anträge des Klägers ordnungsgemäß geprüft habe.
13.
In Bezug auf die Akteneinsicht stellte der Bürgerbeauftragte fest, dass die Liste der Dokumente, die
die Kommission dem Kläger zur Einsichtnahme vorgelegt habe, nicht vollständig gewesen sei, dass die
Kommission bestimmte Dokumente grundlos vorenthalten habe und dass in diesem Verhalten der
Kommission folglich ein Fall fehlerhafter Verwaltung gesehen werden könne. Er schlug der Kommission
vor, in angemessener Weise Akteneinsicht zu gewähren. Die Akten wurden am 26. Oktober 2001 in
den Räumlichkeiten der Kommission eingesehen. Der Bürgerbeauftragte sah im Übrigen einen Fall
fehlerhafter Verwaltung darin, dass der Kläger nicht die Möglichkeit gehabt habe, förmlich zu den
Informationen angehört zu werden, die die Kommission von Dritten erhalten habe und für den Erlass
einer gegen ihn gerichteten Entscheidung verwendet worden seien.
14.
Zur ordnungsgemäßen Prüfung der Anträge merkte der Bürgerbeauftragte zunächst kritisch an,
dass die Kommission sehr viel Zeit habe verstreichen lassen, bevor sie schriftlich (nämlich mit dem
Schreiben von 1996) die Gründe dafür dargelegt habe, weshalb sie 1993 zu dem Ergebnis gekommen
sei, dass der IH als NRO nicht förderungsfähig sei. In Bezug auf die Bewertung der von Dritten erteilten
Informationen vertrat der Bürgerbeauftragte in seiner vorläufigen Schlussfolgerung vom 19. Juli 2001
die Auffassung, dass keine fehlerhafte Verwaltungstätigkeit vorliege. Schließlich empfahl er der
Kommission im Hinblick auf die Tatsache, dass sie über die Anträge von Dezember 1996 und
September 1997 nicht formell entschieden hatte, dies bis spätestens 31. Oktober 2001 nachzuholen.
15.
Die Kommission sandte, um der Empfehlung des Bürgerbeauftragten nachzukommen, am 16.
Oktober 2001 ein Schreiben an den Kläger, in dem sie die beiden Anträge ablehnte (im Folgenden:
angefochtene Entscheidung). In diesem Schreiben wies die Kommission insbesondere darauf hin,
dass der Bürgerbeauftragte ihr empfohlen habe, über die im Dezember 1996 und im September 1997
vorgelegten Projekte zu entscheiden. Sie entschuldigt sich für den langen Zeitraum, der seit der
Einreichung der streitigen Anträge verstrichen ist, und erklärt ihr Schweigen damit, dass die
Entscheidung ihrer Dienststellen, dass eine Organisation nicht als NRO durch eine Kofinanzierung
seitens der Gemeinschaft gefördert werden könne, automatisch zur Ablehnung von später durch
diese Organisation vorgelegten Projekten führe, bis sie die Kriterien der Förderungsfähigkeit als NRO
erfülle. Ihre Dienststellen hätten die Entscheidung des Bürgerbeauftragten abgewartet, um dann
ausdrücklich über diese beiden Kofinanzierungsanträge zu entscheiden. Danach führt die Kommission
Folgendes aus: „Der Bürgerbeauftragte war der Auffassung, dass die Entscheidung der Kommission,
dass ... [der IH] nicht förderungsfähig sei, keinen Fall fehlerhafter Verwaltung darstelle. Meine
Dienststellen mussten Ihnen daher leider ausdrücklich mitteilen, dass die beiden im Dezember 1996
und im September 1997 vorgelegten Projekte abgelehnt werden, weil Ihre NRO nicht durch die
Kofinanzierung gefördert werden kann.“ Die Kommission forderte den Kläger überdies auf, ihr einen
neuen Kofinanzierungsantrag nach den neu in Kraft getretenen Regeln vorzulegen, damit ihre
Dienststellen sowohl die Förderungsfähigkeit des Klägers als NRO als auch die des Projekts, dessen
Durchführung er beabsichtige, nach dem aktuellen Stand prüfen könne.
16.
Der Kläger hatte nur in Bezug auf die Frage der Bewertung der von Dritten erteilten Informationen
auf die vorläufigen Schlussfolgerungen des Bürgerbeauftragten vom 19. Juli 2001 reagiert. Die
Kommission ging auf diesen Aspekt in ihrer an den Bürgerbeauftragten gerichteten Stellungnahme
vom 5. November 2001 ein. In seiner Entscheidung vom 30. November 2001 kam der
Bürgerbeauftragte zu dem Ergebnis, dass die Kommission die Kofinanzierungsanträge des Klägers
nicht ordnungsgemäß bearbeitet habe.
Anträge der Parteien
17.
Der Kläger hat mit Klageschrift, die am 15. Dezember 2001 eingereicht worden ist, die vorliegende
Klage gegen das Schreiben vom 16. Oktober 2001 erhoben. Er weist darauf hin, dass sich seine Klage
implizit gegen die Gründe richte, die die Kommission in ihrer Stellungnahme vom 5. November 2001
vorgebracht habe.
18.
Das Gericht hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu
eröffnen. Die Parteien haben schriftliche Fragen des Gerichts beantwortet.
19.
Die Parteien haben in der Sitzung vom 7. Mai 2003 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts
beantwortet.
20.
Der Kläger beantragt,
- die Entscheidung der Kommission vom 16. Oktober 2001, mit der diese die Anträge von 1996 und
1997 auf Kofinanzierung ablehnte, für nichtig zu erklären;
- dem Grunde nach über die Erstattung der Verfahrenskosten einschließlich der durch die Verfahren
vor dem Bürgerbeauftragten entstandenen Kosten durch die Kommission zu entscheiden.
21.
Die Kommission beantragt,
- die Klage als unzulässig, hilfsweise als unbegründet abzuweisen;
- dem Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen; hilfsweise bestreitet die Kommission die
Erstattungsfähigkeit der durch das Verfahren vor dem Bürgerbeauftragten entstandenen
Verfahrenskosten.
Entscheidungsgründe
Vorbringen der Parteien
22.
Die Kommission macht geltend, dass die Klage wegen Verspätung unzulässig sei. Außerdem habe
der Kläger kein Rechtsschutzinteresse.
- Zur Verspätung der Klage
23.
Die Kommission erinnert an die Rechtsprechung, wonach eine Nichtigkeitsklage gegen eine
Entscheidung unzulässig ist, durch die lediglich eine frühere, nicht fristgerecht angefochtene
Entscheidung bestätigt wird. Eine Entscheidung bestätige nach dieser Rechtsprechung lediglich eine
frühere Entscheidung, wenn sie kein neues Element gegenüber der früheren Handlung enthalte und
ihr keine erneute Prüfung der Lage des Adressaten dieser früheren Handlung vorausgegangen sei
(Urteil des Gerichts vom 26. Oktober 2000 in den Rechtssachen T-83/99 bis T-85/99, Ripa di Meana u.
a./Europäisches Parlament, Slg. 2000, II-3493, Randnr. 33, und die dort zitierte Rechtsprechung).
24.
Die angefochtene Handlung bestätige lediglich eine frühere Entscheidung, nämlich die von 1993
über die Förderungsfähigkeit des IH als NRO. Diese Entscheidung greife der Kläger an. Beim Erlass der
Entscheidung im Jahr 1993 habe er jedoch beschlossen, nicht von seinem Recht auf Erhebung einer
Klage Gebrauch zu machen. Der Kläger habe auch das Schreiben vom 29. Juli 1996 nicht angefochten,
das er seither in den Mittelpunkt seiner Argumentation stelle.
25.
Der Kläger fragt sich, auf welche frühere Entscheidung die Kommission Bezug nimmt: auf das
Schreiben vom 29. Juli 1996, das nur eine Scheinrechtfertigung der zugrunde gelegten Kriterien
enthalte, oder auf das Schreiben vom 12. Oktober 1993, das gar keine Begründung enthalte.
Außerdem beziehe sich die zitierte Rechtsprechung auf vollkommen andere Fälle. Zudem betont er,
dass er die angefochtene Entscheidung in den Mittelpunkt seiner Argumentation stelle.
- Zum Rechtsschutzinteresse
26.
Die Kommission bestreitet das Rechtsschutzinteresse des Klägers. Aus der angefochtenen
Handlung gehe hervor, dass sie den Kläger aufgefordert habe, ihr im Rahmen der Aufforderung zur
Stellung von Anträgen neue Unterlagen vorzulegen. Sie sei also bereit, die Förderungsfähigkeit des IH
auf der Grundlage seiner derzeitigen Situation und im Licht der neuen im Jahr 2000 eingeführten
Allgemeinen Bedingungen erneut zu prüfen. Daraus folge, dass dem Kläger das Rechtsschutzinteresse
für die Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung fehle, die unter der Geltung der alten
Regelung für die Bestimmung der Förderungsfähigkeit ergangen sei.
27.
Der Kläger fragt sich, ob sein Rechtsschutzinteresse nach den zahlreichen von ihm unternommenen
Anstrengungen bestritten werden könne. In Bezug auf das Vorbringen der Beklagten, dass sie bereit
sei, die Frage der Förderungsfähigkeit auf der Grundlage seiner derzeitigen Situation erneut zu
prüfen, frage er sich, warum die Kommission ihre Auffassung nicht überdacht habe, als sie ihn
aufgefordert habe, ihr auf der Grundlage neuer Unterlagen ein neues Projekt vorzulegen. Seine
Rechtsstellung habe sich von 1996/97 bis heute nicht geändert. Schließlich habe er keine andere
Möglichkeit gehabt, als Klage vor dem Gericht zu erheben, da die Kommission nicht zu einer gütlichen
Einigung bereit gewesen sei.
Würdigung durch das Gericht
28.
Die Kommission macht erstens geltend, dass die Klage verspätet sei. Durch die angefochtene
Handlung werde lediglich eine frühere Entscheidung über die Förderungsfähigkeit bestätigt, die im
Jahr 1993 getroffen und nicht fristgerecht angefochten worden sei. Der Kläger habe auch das
Schreiben vom 29. Juli 1996 nicht angefochten.
29.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung ihr
Schweigen zu den Projekten von 1996 und 1997 damit begründet, dass die Entscheidung ihrer
Dienststellen, dass eine Organisation nicht als NRO durch eine Kofinanzierung der Gemeinschaft
gefördert werden könne, automatisch zur Ablehnung von später durch diese Organisation vorgelegten
Projekten führe, bis sie die Kriterien der Förderungsfähigkeit als NRO erfülle. Danach teilt die
Kommission dem Kläger ausdrücklich mit, dass die beiden im Dezember 1996 und im September 1997
vorgelegten Projekte abgelehnt würden, weil der IH wegen der 1993 festgestellten fehlenden
Förderungsfähigkeit nicht durch eine Kofinanzierung seitens der Gemeinschaft gefördert werden
könne.
30.
Weiter ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger weder die Entscheidung von 1993 noch das
Schreiben von 1996 angefochten hat. Erst im Jahr 1998 hat der Kläger die erste Beschwerde beim
Bürgerbeauftragten eingereicht, und erst im Jahr 2001 hat er die vorliegende Klage erhoben.
31.
Zudem ist nochmals an die Rechtsprechung zu erinnern, dass eine Nichtigkeitsklage gegen eine
Entscheidung unzulässig ist, durch die lediglich eine frühere, nicht fristgerecht angefochtene
Entscheidung bestätigt wird. Eine Entscheidung bestätigt nach dieser Rechtsprechung lediglich eine
frühere Entscheidung, wenn sie kein neues Element gegenüber der früheren Handlung enthält und ihr
keine erneute Prüfung der Lage des Adressaten dieser früheren Handlung vorausgegangen ist (Urteil
Ripa di Meana u. a./Europäisches Parlament, zitiert oben in Randnr. 23, Randnr. 33 und dort zitierte
Rechtsprechung).
32.
Jeder Kofinanzierungsantrag ist jedoch selbständig und muss insgesamt aufgrund seines
Eigenwerts beurteilt werden. Die Kommission muss daher, bevor sie darüber entscheidet, ob ein in
einem Kofinanzierungsantrag vorgeschlagenes Vorhaben finanziell unterstützt wird, bei jedem ihr
vorgelegten Antrag prüfen, ob die fragliche NRO die erforderlichen Voraussetzungen für die
Förderungsfähigkeit erfüllt.
33.
Zwar kann die Kommission in der angefochtenen Entscheidung auf andere frühere Entscheidungen
Bezug nehmen. Bei der Ablehnung der Kofinanzierung der beiden im Dezember 1996 und im
September 1997 vorgelegten Projekte hat sie aber auf die Entscheidung über die Förderungsfähigkeit
Bezug genommen, die im Jahr 1993 getroffen und 1996 konkretisiert wurde. Die Gründe, die die
Kommission damals dazu bewogen hatten, den Kläger nicht für als NRO förderungsfähig zu halten,
wurden so in die angefochtene Entscheidung übernommen. Nichtsdestoweniger handelt es sich dabei
um eine selbständige Entscheidung, die eigenständige Rechtswirkungen entfaltet und daher
gerichtlich angefochten werden kann.
34.
Daraus folgt, dass die Einrede der Unzulässigkeit wegen Verspätung der Klage zurückzuweisen ist.
35.
Zweitens bestreitet die Kommission das Rechtsschutzinteresse des Klägers.
36.
Die Nichtigkeitsklage einer natürlichen oder juristischen Person ist nur dann zulässig, wenn der
Kläger ein Interesse an der Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung hat (Urteil des Gerichts
vom 9. November 1994 in der Rechtssache T-46/92, Scottish Football/Kommission, Slg. 1994, II-1039,
Randnr. 14). Ein solches Interesse ist nur dann vorhanden, wenn die Nichtigerklärung der
Entscheidung selbst Rechtswirkungen erzeugen kann (Urteil des Gerichtshofes vom 24. Juni 1986 in
der Rechtssache 53/85, AKZO Chemie/Kommission, Slg. 1986, 1965, Randnr. 21).
37.
Hierzu genügt die Feststellung, dass die mögliche Nichtigerklärung der angefochtenen
Entscheidung gegebenenfalls die Grundlage für eine Amtshaftungsklage gegen die Gemeinschaft
bilden könnte. Das Vorbringen der Kommission ist daher zurückzuweisen.
38.
Nach alledem ist die Klage zulässig.
39.
Der Kläger macht zwei Klagegründe geltend. Erstens stellt er in Frage, dass die Entscheidung der
Dienststellen der Kommission, dass eine Organisation nicht als NRO durch eine Kofinanzierung der
Gemeinschaft gefördert werden kann, automatisch zur Ablehnung von später vorgelegten Projekten
führt, bis die Organisation die Kriterien der Förderungsfähigkeit als NRO erfüllt. Zweitens stellt er die
im Schreiben vom 29. Juli 1996 angegebenen Gründe in Frage, die die Kommission zu der
Entscheidung vom 12. Oktober 1993 bewogen haben, dass er nicht förderungsfähig sei.
40.
Die Kommission ist zunächst der Ansicht, dass die Klageschrift nicht Artikel 44 § 1 Buchstabe c der
Verfahrensordnung des Gerichts entspreche und jedenfalls unbegründet sei.
Vorbringen der Parteien
41.
Der Kläger bestreitet die Rechtmäßigkeit der Praxis, dass die Entscheidung der zuständigen
Dienststellen der Kommission, dass eine Organisation nicht als NRO durch eine Kofinanzierung der
Gemeinschaft gefördert werden kann, automatisch zur Ablehnung von später vorgelegten Projekten
führt, bis die Organisation die Kriterien der Förderungsfähigkeit als NRO erfüllt.
42.
Der Kläger macht erstens geltend, dass ein solches Verfahren von vornherein zu einer Verurteilung
der NRO führe. Dieses Verfahren sei weder mit den Rechtsvorschriften der Europäischen Union noch
mit den Grundsätzen der ordnungsgemäßen Verwaltung vereinbar. Außerdem obliege es nicht ihm, zu
bestimmen, welche Rechtsvorschriften und welche Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung
durch diesen Automatismus verletzt würden. Die Kommission müsse eine solche Praxis rechtfertigen
und die Regeln darlegen, nach denen sie befugt sei, auf der Grundlage eines solchen Automatismus
zu entscheiden.
43.
Zweitens erinnert der Kläger daran, dass ihm mit dem Schreiben der Kommission vom 12. Oktober
1993 lakonisch mitgeteilt worden sei, dass er die Kriterien der Förderungsfähigkeit als NRO nicht
erfüllt habe. Über den Inhalt dieser Kriterien sei ihm nichts mitgeteilt worden. Dieses Verhalten stelle
einen Fall fehlerhafter Verwaltung dar.
44.
Die Kommission räume ein, dass die Entscheidung vom 12. Oktober 1993 keine Begründung
enthalte. Er hätte sie wegen dieses Mangels anfechten können, habe es aber vorgezogen, dies nicht
zu tun, sondern versucht, zu verstehen, warum und auf welcher Grundlage die Entscheidung getroffen
worden sei. Der fragliche Mangel sei auch nicht durch das Schreiben vom 29. Juli 1996 geheilt worden.
Die Kommission habe sich somit auf eine Entscheidung gestützt, die nichtig und unwirksam gewesen
sei, nämlich auf die vom 12. Oktober 1993. Demnach sei die Entscheidung vom 16. Oktober 2001
ebenfalls rechtswidrig.
45.
Der Kläger macht drittens geltend, die Kommission verschweige, dass dieselbe Generaldirektion auf
andere Finanzierungsanträge für Projekte des Klägers eingegangen sei: Die Kommission habe sich an
einem Hilfsprojekt für die Opfer von Tschernobyl beteiligt; sie habe drei weitere Vorschläge für zulässig
gehalten, ohne dass die Frage der Förderungsfähigkeit gestellt worden sei. Die Frage der
Bestimmung der Haushaltslinie zur Verbuchung sei ohne Bedeutung. Die Voraussetzungen für die
Finanzierung könnten von einem Programm zum anderen variieren, aber die Frage der
Förderungsfähigkeit der Organisation als NRO durch eine Kofinanzierung seitens der Gemeinschaft
stelle sich jedesmal in gleicher Weise.
46.
Viertens trägt der Kläger vor, dass die Kommission im vorliegenden Fall bösgläubig gewesen sei.
Dies ergebe sich aus dem Vorschlag, der Kommission im Rahmen der Aufforderung zur Stellung von
Anträgen neue Unterlagen vorzulegen, denn die Kommission hätte seine Situation vor Erlass der
angefochtenen Entscheidung von Amts wegen prüfen können.
47.
Er habe neue Angaben übermittelt, von denen die Kommission behaupte, sie nicht erhalten zu
haben oder die nicht ausreichend gewesen seien, um sie zu überzeugen. Er sei nie aufgefordert
worden, seine Unterlagen zu vervollständigen, und wisse bis heute noch nicht, welche zusätzlichen
Informationen die Kommission hätte haben wollen.
48.
Die Kommission fordert den Kläger erstens auf, zu bestimmen, welche Vorschriften des
Gemeinschaftsrechts und welche Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung durch die Praxis
verletzt würden, dass die Feststellung der fehlenden Förderungsfähigkeit einer NRO automatisch zur
Ablehnung der von dieser vorgelegten Projekte führe. Die Förderungsfähigkeit einer NRO sei eindeutig
conditio sine qua non für jede Prüfung der Förderbarkeit eines bestimmten Projekts durch
Kofinanzierung. Die Voraussetzung der Förderungsfähigkeit einer NRO könne also als eine
Grundvoraussetzung angesehen werden. Außerdem stelle diese Praxis keineswegs eine
Vorverurteilung der NRO dar, da die Entscheidung über diese Grundvoraussetzung korrigiert werden
könne, wenn und soweit neue technische oder finanzielle Daten vorgelegt würden.
49.
Zweitens weist die Kommission in Bezug auf den Vorwurf, dass die Entscheidung vom 12. Oktober
1993 keine Begründung enthalte, darauf hin, dass sie nicht vorhabe, die damals bestehende Praxis zu
verteidigen, dass zusammenfassende Schreiben verschickt und die Gründe für die Entscheidung erst
danach telefonisch mitgeteilt worden seien. Sie fordert den Kläger jedoch auf, zu erklären, inwiefern
sich dieser der Entscheidung vom 12. Oktober 1993 anhaftende Begründungsmangel auf die
Gültigkeit des streitigen Schreibens vom 16. Oktober 2001 auswirken könne. Der Kläger habe es nicht
nur unterlassen, das Schreiben vom 12. Oktober 1993 wegen der fehlenden Begründung anzufechten,
sondern dieser Mangel sei zudem mit dem Schreiben vom 29. Juli 1996 behoben worden.
50.
Drittens habe der Kläger nie Mittel erhalten, die auf die Haushaltslinie der Kofinanzierung verbucht
worden seien, in deren Rahmen die angefochtene Entscheidung getroffen worden sei. Gleichwohl
räumt sie ein, dass der Kläger 1991 im Rahmen der humanitären Soforthilfe Gemeinschaftsmittel, die
auf eine andere Haushaltslinie verbucht worden seien, erhalten habe und 1998 im Rahmen des
Programms der technischen Hilfe für die neuen unabhängigen Staaten der früheren Sowjetunion und
der Mongolei (TACIS).
51.
Die Voraussetzungen für die Finanzierung variierten von Programm zu Programm. Demnach sei es
grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass der Kläger die Förderungsvoraussetzungen für ein
Programm erfülle und für ein anderes nicht. Da der Kläger 1991 Mittel im Rahmen der Soforthilfe
erhalten habe, sei nicht auszuschließen, dass die für die Verwaltung jener Haushaltslinie
verantwortliche Dienststelle der Kommission nicht über dieselben Informationen verfügt habe wie die
für die Haushaltslinie der Kofinanzierung von NRO verantwortliche Dienststelle zwei Jahre später. Zum
TACIS-Projekt weist die Kommission darauf hin, dass ihre Dienststellen bei der Durchführung des
Projekts des Klägers auf beachtliche Schwierigkeiten gestoßen seien. Aufgrund der Kündigung des
Vertrages durch sie im Oktober 1999 sei dem Kläger am 22. Juni 2000 ein Schreiben zugesandt
worden, mit dem Mittel zurückgefordert worden seien. Der Kläger habe zudem beim
Bürgerbeauftragten eine Beschwerde gegen eine andere Dienststelle der Kommission eingereicht,
nämlich gegen das Amt für humanitäre Hilfe (ECHO), das die Unterzeichnung eines
Partnerschaftsvertrags mit dem Kläger abgelehnt habe, als dieser eine Prüfung der
Förderungsfähigkeit nicht habe zulassen wollen. Die Kommission schließt daraus, dass die
Erfahrungen von einigen ihrer Dienststellen, die in der vorliegenden Rechtssache nicht betroffen
seien, die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestätigten.
52.
Außerdem treffe es nicht zu, dass ein Widerspruch darin liege, dass die für die Haushaltslinie der
Kofinanzierung von NRO verantwortliche Dienststelle weiterhin das Gespräch mit dem Kläger über die
von ihm vorgelegten Projekte gesucht habe, weil es ihr Ziel gewesen sei, noch eine Lösung für das
Problem der Förderungsfähigkeit des Klägers zu finden.
53.
Viertens macht die Kommission in Bezug auf die Bösgläubigkeit, die sich daraus ergebe, dass sie
den Kläger zur Vorlage neuer Unterlagen aufgefordert habe, geltend, dass das Vorbringen und die
Angaben des Klägers seit der Entscheidung vom 16. Oktober 2001 nicht ausgereicht hätten, um sie zu
deren Rücknahme zu bewegen. Sobald der Kläger jedoch neue Unterlagen vorlege, die eine andere
Beurteilung der Förderungskriterien zuließen, werde sie ihre Entscheidung, mit der sie den Kläger als
nicht förderungsfähig eingestuft habe, zurücknehmen.
Würdigung durch das Gericht
54.
Die Allgemeinen Bedingungen für die Kofinanzierung von Projekten legen fest, unter welchen
Voraussetzungen antragstellende NROs und Vorhaben gefördert werden können. Diese
Voraussetzungen müssen nebeneinander vorliegen, damit ein von einer Organisation vorgelegtes
Projekt durch die Gemeinschaft kofinanziert werden kann.
55.
Ferner sei daran erinnert, dass jeder Kofinanzierungsantrag grundsätzlich von anderen Anträgen
unabhängig und selbständig ist sowie insgesamt und aufgrund seines Eigenwerts beurteilt werden
muss. Die Kommission muss daher, bevor sie darüber entscheidet, ob ein in einem
Kofinanzierungsantrag vorgeschlagenes Vorhaben finanziell unterstützt wird, bei jedem ihr vorgelegten
Antrag prüfen, ob die fragliche NRO die erforderlichen Voraussetzungen für die Förderungsfähigkeit
erfüllt.
56.
In ihrem Schreiben vom 29. Juli 1996 weist die Kommission auf Folgendes hin: „Dies hindert Ihren
Mandanten selbstverständlich nicht daran, Neuanträge ... auf Mitfinanzierung von
Entwicklungsprojekten bei der Kommission einzureichen, wobei allerdings erneut überprüft werden
muss, ob die NRO unsere Kriterien erfüllt.“
57.
Die Kommission hatte also vor ihrer Entscheidung über die Kofinanzierung der Projekte von 1996
und 1997 die Förderungsfähigkeit des Klägers zu prüfen.
58.
Dies hat sie jedoch nicht getan. Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Kommission, nachdem
sie dem Kläger mitgeteilt hatte, dass die Kofinanzierung abgelehnt werde, in der angefochtenen
Entscheidung Folgendes ausführt: „Gleichwohl ist die Kommission der Auffassung, dass die Merkmale
Ihrer NRO sich genügend geändert haben können, um die Gründe, mit denen die Entscheidung über
die fehlende Förderungsfähigkeit begründet wurde, hinfällig werden zu lassen.“
59.
Sodann ist zu bemerken, dass die Kommission in ihren Schriftsätzen mehrfach bestätigt hat, dass
sie die Förderungsfähigkeit des Klägers nicht geprüft habe. Insbesondere hat sie in der Antwort auf
die schriftliche Frage des Gerichts hierzu Folgendes vorgetragen: „Die Kommission hat bei der
Abfassung des angefochtenen Schreibens im Oktober 2001 die Förderungsfähigkeit des Klägers nicht
noch einmal geprüft, worauf sie in ihrer Klagebeantwortung und in ihrer Gegenerwiderung
hingewiesen hat.“
60.
Zwar hat die Kommission in Bezug hierauf in der mündlichen Verhandlung eine gewisse
Unschlüssigkeit an den Tag gelegt und auf gewisse Widersprüche hingewiesen. Außerdem behauptet
sie in ihrer Klagebeantwortung, dass der Kläger nicht in der Lage gewesen sei, neue Unterlagen
vorzulegen, die zu einer anderen Beurteilung seiner Förderungsfähigkeit hätten führen können. Bei
ihrer Befragung hierzu in der mündlichen Verhandlung hat sie aber keinerlei Beweis oder Anhaltspunkt
dafür vorgebracht, dass sie die Förderungsfähigkeit des Klägers vor dem Erlass der angefochtenen
Entscheidung geprüft habe.
61.
Daher ist festzustellen, dass die Kommission zum Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen
Entscheidung die Förderungsfähigkeit des Klägers als NRO nicht aufgrund der Einreichung der
Kofinanzierungsprojekte von 1996 und 1997 geprüft hat.
62.
Die Kommission erklärt die fehlende Prüfung der Förderungsfähigkeit des Klägers damit, dass die
Entscheidung ihrer Dienststellen, dass eine Organisation nicht als NRO durch eine Kofinanzierung der
Gemeinschaft gefördert werden könne, automatisch zur Ablehnung von später durch diese
Organisation vorgelegten Projekten führe, bis sie die Kriterien der Förderungsfähigkeit als NRO erfülle.
Die Entscheidung über die Förderungsfähigkeit könne korrigiert werden, wenn und soweit von der NRO
neue technische oder finanzielle Daten vorgelegt würden.
63.
Der Kläger stellt die Rechtmäßigkeit dieses Verfahrens der automatischen Ablehnung in Frage. Er
macht insbesondere geltend, dass eine solche Praxis von vornherein zu einer Verurteilung der NRO
führe.
64.
Ohne dass es erforderlich wäre, zur Frage der Rechtmäßigkeit einer derartigen automatischen
Ablehnung Stellung zu nehmen, ist hierzu festzustellen, dass diese Praxis jedenfalls nur in den Fällen
angewandt werden kann, in denen eine NRO keine neuen Argumente für ihre Förderungsfähigkeit
vorgebracht hat, nachdem die Kommission erklärt hat, dass sie nicht durch eine Kofinanzierung
seitens der Gemeinschaft gefördert werden könne. Insbesondere wenn bei der Einreichung eines
neuen Kofinanzierungsantrags dieselbe NRO neue Argumente vorbringt, um ihre Förderungsfähigkeit
nachzuweisen, muss die Kommission im Licht dieses neuen Vorbringens daraufhin die
Förderungsfähigkeit der NRO erneut prüfen und kann sich nicht auf das Verfahren der automatischen
Ablehnung berufen. Dies wird im Übrigen von der Kommission dadurch bestätigt, dass sie in ihren
Schriftsätzen geltend macht, dass die Entscheidung über die Förderungsfähigkeit korrigiert werden
könne, wenn und soweit neue technische oder finanzielle Daten vorgelegt würden.
65.
Demnach ist zu prüfen, ob der Kläger insbesondere nach dem Schreiben vom 29. Juli 1996 neue
Argumente zum Beweis dafür vorgebracht hat, dass er die erforderlichen Voraussetzungen für die
Förderungsfähigkeit erfüllt.
66.
Auf Nachfrage hat er in der mündlichen Verhandlung zunächst ausgeführt, dass er der Kommission
neue Argumente für seine Förderungsfähigkeit übermittelt habe, dass diese Schriftstücke sich jedoch
nicht bei den Akten befänden.
67.
Jedoch ist festzustellen, dass der Kläger der Kommission im Rahmen seines Kofinanzierungsantrags
am 5. Dezember 1996 einen Bericht geschickt hat, in dem insbesondere das Aktivvermögen des IH
und das Finanzaufkommen aus seiner Tätigkeit im Laufe der vorangegangenen Jahre genau mitgeteilt
wurden. Im Antrag wird auch auf die Prüfungsberichte der Jahre 1994, 1995 und 1996 Bezug
genommen.
68.
Außerdem hat der Kläger am 20. August 1997 ein Schreiben an die Kommission gesandt, dem ein
von dem Wirtschaftsprüfungsunternehmen KPMG erstellter Prüfungsbericht zur Jahresrechnung zum
31. Dezember 1996 beigefügt war.
69.
Nur nebenbei sei im Übrigen erwähnt, dass der Vorsitzende des IH am 14. Juli 1997 ein Schreiben
an die Kommission sandte, in dem er geltend machte, dass die NRO in den VENRO aufgenommen
worden sei und eine ausführliche Prüfung der Entwicklungshilfepolitik der deutschen NROs durch
diesen Verband vorgenommen worden sei. In diesem Schreiben wird auch auf die von KPMG erstellten
Prüfunterlagen Bezug genommen.
70.
Daraus folgt, dass die Kommission schon wegen des Vorliegens neuer Argumente, die der Kläger
für seine etwaige Förderungsfähigkeit durch eine Kofinanzierung seitens der Gemeinschaft
vorgebracht hatte, nicht das Verfahren der automatischen Ablehnung anwenden durfte, sondern
vielmehr die Förderungsfähigkeit des Klägers auf der Grundlage dieser neuen Angaben prüfen
musste.
71.
Wie oben in den Randnummern 58 bis 61 festgestellt wurde, hat die Kommission die
Förderungsfähigkeit des Klägers nicht geprüft. Folglich ist aufgrund der vorstehenden Erwägungen
dem ersten Klagegrund stattzugeben und die angefochtene Entscheidung aufzuheben, ohne dass die
sonstigen Rügen des Klägers untersucht werden müssten.
72.
Der zweite Klagegrund braucht nicht geprüft zu werden, da dem ersten stattgegeben worden ist.
73.
Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären.
Kosten
74.
Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag
zur Tragung der Kosten zu verurteilen.
75.
Da die Kommission mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr die Kosten aufzuerlegen.
76.
Der Kläger beantragt auch die Erstattung der im Verfahren vor dem Bürgerbeauftragten
entstandenen Kosten durch die Kommission.
77.
Die Kommission bestreitet die Erstattungsfähigkeit der Kosten, die das Verfahren vor dem
Bürgerbeauftragten betreffen, da diese keine notwendigen Aufwendungen der Parteien im
vorliegenden Verfahren seien.
78.
Nach Artikel 91 Buchstabe b der Verfahrensordnung „gelten als erstattungsfähige Kosten ...
Aufwendungen der Parteien, die für das Verfahren notwendig waren, insbesondere Reise- und
Aufenthaltskosten sowie die Vergütung der Bevollmächtigten, Beistände oder Anwälte“.
79.
Nach dieser Vorschrift sind somit nur die Aufwendungen erstattungsfähige Kosten, die sowohl für
das Verfahren vor dem Gericht entstanden sind als auch dafür notwendig waren (Beschluss des
Gerichtshofes vom 9. November 1995 in der Rechtssache C-89/85 DEP, Ahlström u. a./Kommission,
nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 14, und Beschluss des Gerichts vom 25. Juni
1998 in den Rechtssachen T-177/94 DEP, T-377/94 DEP und T-99/95 DEP, Altmann u. a./Kommission,
Slg. ÖD 1998, I-A-299 und II-883, Randnr. 18).
80.
Im Übrigen hat das Gericht entschieden, dass im vorgerichtlichen Verfahren zwar im Allgemeinen
erhebliche juristische Arbeit geleistet wird, unter dem „Verfahren“ im Sinne von Artikel 91 der
Verfahrensordnung jedoch nur das Verfahren vor dem Gericht unter Ausschluss des diesem
vorangegangenen Verfahrens zu verstehen ist. Dies ergibt sich insbesondere aus Artikel 90 der
Verfahrensordnung, der vom „Verfahren vor dem Gericht“ spricht (vgl. Beschluss des Gerichts vom 24.
Januar 2002, in der Rechtssache T-38/95 DEP, Groupe Origny/Kommission, Slg. 2002, II-217, Randnr.
29, und die dort zitierte Rechtsprechung).
81.
Wie also aus der Rechtsprechung hervorgeht, sind die Kosten für die Verfahren vor dem
Bürgerbeauftragten nicht als notwendige Kosten im Sinne von Artikel 91 Buchstabe b der
Verfahrensordnung anzusehen.
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Entscheidung der Kommission vom 16. Oktober 2001, mit der die
Kofinanzierungsanträge des Klägers vom Dezember 1996 und vom September 1997
abgelehnt wurden, wird für nichtig erklärt.
2. Die Kommission trägt außer ihren eigenen Kosten die Kosten des Klägers.
Lenaerts
Azizi
Jaeger
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 18. September 2003.
Der Kanzler
Der Präsident
H. Jung
K. Lenaerts
Verfahrenssprache: Französisch.