Urteil des EuG vom 03.04.2003
EuG: kommission, beherrschende stellung, einheit, lizenznehmer, verordnung, nummer, spanien, finnland, klagegrund, belgien
URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)
3. April 2003
„Wettbewerb - Zusammenschlüsse - Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 - Drittklage - Zulässigkeit -
Verpflichtungen in der ersten Untersuchungsphase - Markenlizenz - Änderung der Verpflichtungen - Fristen -
Staatliche Finanzhilfe - Zu geringer Übernahmepreis - Ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit
des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt - Fehlende Verpflichtungen auf Märkten mit
ernsthaften Wettbewerbsproblemen“
In der Rechtssache T-114/02
BaByliss SA
Klägerin,
unterstützt durch
De'Longhi SpA
Domenicucci und I. van Schendel,
Streithelferin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
unterstützt durch
SEB SA
Streithelferin,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung SG (2002) D/228078 der Kommission vom 8. Januar 2002, keine
Einwände gegen den Zusammenschluss von SEB und Moulinex zu erheben und ihn für vereinbar mit dem
Gemeinsamen Markt und dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum zu erklären, sofern die
vorgeschlagenen Verpflichtungen eingehalten werden (Sache COMP/M.2621 - SEB/Moulinex),
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts sowie der Richter J. Azizi und M. Jaeger,
Kanzler: J. Palacio González, Hauptverwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2002
folgendes
Urteil
Rechtlicher Rahmen
1.
Die Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 des Rates vom 21. Dezember 1989 über die Kontrolle von
Unternehmenszusammenschlüssen (ABl. L 395, S. 1, in ihrer berichtigten Fassung [ABl. 1990, L 257, S.
13] und in der durch die Verordnung [EG] Nr. 1310/97 des Rates vom 30. Juni 1997 [ABl. L 180, S. 1]
geänderten Fassung, im Folgenden: Verordnung Nr. 4064/89) gilt nach ihrem Artikel 1 für
Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung im Sinne der Absätze 2 und 3 dieses Artikels.
2.
Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung sind gemäß Artikel 4 Absatz 1 der
Verordnung Nr. 4064/89 zuvor bei der Kommission anzumelden.
3.
Ein Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung darf nach Artikel 7 Absatz 1 der
Verordnung Nr. 4064/89 weder vor der Anmeldung noch so lange vollzogen werden, bis er für
vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt erklärt worden ist. Die Kommission kann nach Artikel 7 Absatz
4 jedoch auf Antrag eine Befreiung von dieser Aufschubpflicht erteilen.
4.
Stellt die Kommission fest, dass der angemeldete Zusammenschluss zwar unter diese Verordnung
fällt, jedoch keinen Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem
Gemeinsamen Markt gibt, so trifft sie nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b die Entscheidung, keine
Einwände zu erheben, und erklärt den Zusammenschluss für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt
(im Folgenden: Phase I).
5.
Stellt sie hingegen fest, dass der angemeldete Zusammenschluss unter diese Verordnung fällt und
Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gibt,
so trifft sie nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe c die Entscheidung, das Verfahren einzuleiten (im
Folgenden: Phase II).
6.
Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4064/89 bestimmt:
„Stellt die Kommission fest, dass der angemeldete Zusammenschluss nach Änderungen durch die
beteiligten Unternehmen keinen Anlass mehr zu ernsthaften Bedenken im Sinne des Absatzes 1
Buchstabe c) gibt, so kann sie gemäß Absatz 1 Buchstabe b) die Entscheidung treffen, den
Zusammenschluss für vereinbar mit dem Gemeinsamen Markt zu erklären.
Die Kommission kann ihre Entscheidung gemäß Absatz 1 Buchstabe b) mit Bedingungen und Auflagen
verbinden, um sicherzustellen, dass die beteiligten Unternehmen den Verpflichtungen nachkommen,
die sie gegenüber der Kommission hinsichtlich einer mit dem Gemeinsamen Markt zu vereinbarenden
Gestaltung des Zusammenschlusses eingegangen sind.“
7.
Nach Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 447/98 der Kommission vom 1. März 1998 über die
Anmeldungen, über die Fristen und über die Anhörung nach der Verordnung Nr. 4064/89 (ABl. L 61, S.
1) „[sind] die der Kommission von den beteiligten Unternehmen gemäß Artikel 6 Absatz 2 der
Verordnung ... Nr. 4064/89 vorgeschlagenen Verpflichtungen, die nach Absicht der Beteiligten die
Grundlage für eine Entscheidung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b) der genannten Verordnung
bilden sollen, ... der Kommission nicht später als drei Wochen nach dem Tag des Eingangs der
Anmeldung vorzulegen“.
8.
In ihrer Mitteilung über im Rahmen der Verordnung Nr. 4064/89 und der Verordnung Nr. 447/98
zulässige Abhilfemaßnahmen (ABl. 2001, C 68, S. 3, im Folgenden: Mitteilung über Abhilfemaßnahmen)
definiert die Kommission ihre Grundsätze für die einzugehenden Verpflichtungen.
9.
Nach Artikel 21 Absatz 1 der Verordnung Nr. 4064/89 ist die Kommission ausschließlich dafür
zuständig, die in dieser Verordnung vorgesehenen Entscheidungen zu treffen. Artikel 21 Absatz 2
bestimmt, dass die Mitgliedstaaten ihr innerstaatliches Wettbewerbsrecht nicht auf
Zusammenschlüsse von gemeinschaftsweiter Bedeutung anwenden.
10.
Die Kommission kann indessen gemäß Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung Nr. 4064/89
einen Zusammenschluss von gemeinschaftsweiter Bedeutung zur Prüfung an die Mitgliedstaaten
verweisen, wenn dieser Zusammenschluss eine beherrschende Stellung zu begründen oder zu
verstärken droht, durch die wirksamer Wettbewerb auf einem Markt in diesem Mitgliedstaat, der alle
Merkmale eines gesonderten Marktes aufweist, erheblich behindert würde.
Sachverhalt
I -
11.
Die vorliegende Klage der BaByliss SA (im Folgenden: Klägerin) bezweckt die Nichtigerklärung der
Entscheidung, mit der die Kommission den Zusammenschluss von SEB und Moulinex unter bestimmten
Bedingungen genehmigt hat.
12.
Die Klägerin ist ein französisches Unternehmen, das von der amerikanischen Unternehmensgruppe
Conair kontrolliert wird und sich unter der Handelsmarke BaByliss auf die Herstellung und
Vermarktung kleiner elektrischer Körperpflegegeräte (z. B. Haartrockner, Frisierstäbe und -bürsten,
Bart- und Haarschneidegeräte, Epilationsgeräte für Frauen und sonstige Körperpflegegeräte)
spezialisiert hat. Die Conair-Gruppe ist hauptsächlich unter den Marken Conair, BaByliss, Interplak,
Forfex, Cuisinart, Revlon und Vidal Sassoon in den Vereinigten Staaten und weltweit in allen Bereichen
elektrischer Haushaltskleingeräte (Küche, Körperpflege, Reinigung) tätig.
13.
SEB ist ein französisches Unternehmen, das kleine elektrische Haushaltsgeräte weltweit entwirft,
herstellt und vermarktet. Das Unternehmen vermarktet seine Erzeugnisse in über 120 Ländern unter
zwei weltweit verbreiteten Marken (Tefal und Rowenta) und vier Regionalmarken (Calor und SEB in
Frankreich und Belgien, Arno in Brasilien und den Mercosur-Ländern sowie Samurai in den Ländern
des Andenpakts). Zu den von SEB unter diesen verschiedenen Marken vertriebenen
Produktsegmenten gehören Koch- und Röstgeräte (Kleinherde, Fritteusen, Toaster, Geräte für
Gelegenheitsgerichte), Geräte zur Bereitung heißer Getränke (elektrische Kaffeemaschinen,
Espressomaschinen, Wasserkocher), Mixer und ähnliche Zubereiter, Bügeleisen und Dampfstationen,
Körperpflegegeräte (Epilation, Coiffure, Rasierer usw.), Staubsauger, Ventilations- und
Haushaltsheizgeräte sowie Küchengeräte.
14.
Moulinex ist ebenfalls ein französisches Unternehmen, das kleine elektrische Haushaltsgeräte
weltweit entwirft, herstellt und vermarktet. Das Unternehmen vermarktet dieselben Produktsegmente
wie SEB unter zwei internationalen Marken (Moulinex und Krups) und einer Regionalmarke (Swan im
Vereinigten Königreich). Sein Sortiment umfasst auch Mikrowellenherde.
II -
15.
Am 7. September 2001 eröffnete das Handelsgericht Nanterre ein gerichtliches Vergleichsverfahren
gegen die Moulinex-Gruppe. Vom Handelsgericht bestellte Verwalter hatten nach französischem Recht
festzustellen, ob das betroffene Unternehmen seine Geschäfte fortführen kann, von Dritten zu
übernehmen oder aufzulösen ist. Da eine Fortführung der Geschäfte von Moulinex nicht möglich
erschien, versuchten die Verwalter, ein Unternehmen zu finden, das Moulinex ganz oder teilweise
übernimmt.
16.
Hierbei bewarb sich die SEB-Gruppe um die Übernahme bestimmter Vermögenswerte von Moulinex
im Bereich der elektrischen Haushaltskleingeräte, wobei es sich um Folgendes handelt:
- alle Rechte aus der Nutzung der Marken Moulinex, Krups und Swan für alle betreffenden
Erzeugnisse;
- einen Teil der Produktionsmittel (acht Industrieanlagen von insgesamt 18 und bestimmte
Ausrüstungsgegenstände in den nicht zu übernehmenden Anlagen), um die Produktion zumindest
einiger Modelle aus dem Gesamtsortiment von Moulinex mit Ausnahme von Staubsaugern und
Mikrowellenherden zu ermöglichen;
- bestimmte Vertriebsgesellschaften, und zwar für Europa lediglich die deutsche und die spanische
Gesellschaft.
17.
In dem Bestreben, ihr Haushaltskleingerätegeschäft in Frankreich und weltweit zu erweitern,
unterbreitete BaByliss den gerichtlich bestellten Verwaltern von Moulinex mit Schreiben vom 25.
September 2001 ein Angebot für den Erwerb des gesamten weltweiten Geschäftsbereichs von Krups,
u. a. einschließlich des Materials, der Ausrüstungsgegenstände, der Lagerbestände, der Rechte am
gewerblichen Eigentum und der Vertriebsnetze von Krups.
18.
Mit Entscheidung vom 22. Oktober 2001 genehmigte das Handelsgericht Nanterre das
Übernahmeangebot von SEB.
III -
19.
Die Kommission erteilte am 27. September 2001 auf Antrag von SEB eine Aufschubbefreiung nach
Artikel 7 Absatz 4 der Verordnung Nr. 4064/89. Grund dieser Entscheidung war hauptsächlich die
Forderung der gerichtlich bestellten Verwalter, dass alle Übernahmeangebote bedingungslos waren.
Die von der Kommission erteilte Befreiung beschränkte sich auf die Verwaltung der übernommenen
Unternehmensteile.
20.
Am 13. November 2001 erhielt die Kommission nach Artikel 4 der Verordnung Nr. 4064/89 die
Anmeldung des geplanten Erwerbs bestimmter Vermögenswerte von Moulinex durch SEB.
21.
Am 21. November 2001 veröffentliche die Kommission die in Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr.
4064/89 vorgesehene Mitteilung im . In Nummer 4 der
Mitteilung forderte sie „alle interessierten Unternehmen oder Personen [auf], bei der Kommission zu
diesem Vorhaben Stellung [zu] nehmen“.
22.
Aufgrund dieser Veröffentlichung brachte die Klägerin mit Schreiben vom 27. und 29. November
2001 gegenüber der Kommission ihre Besorgnis hinsichtlich des betreffenden Zusammenschlusses
zum Ausdruck und wies dabei auf die erheblichen wettbewerbswidrigen Auswirkungen der Verbindung
von SEB und Moulinex auf den Sektor hin, auf dem die Klägerin sehr kurzfristig tätig werden wolle. Sie
fügte hinzu, sie sei eine potenzielle Konkurrentin von SEB-Moulinex auf dem Sektor der elektrischen
Haushaltskleingeräte und insbesondere der kleinen Küchengeräte, auf dem sie ihre Tätigkeit unter
der Marke Cuisinart entwickele. In der Anlage zu ihrem Schreiben vom 29. November 2001
unterbreitete die Klägerin der Kommission einen umfassenden Übernahmevorschlag, der das gesamte
Personal und die gesamten Vermögenswerte von Moulinex in Frankreich einschloss, sowie einen
Business-Plan von Cuisinart („Stratégie Cuisinart en France“) vom November 2001.
23.
Mit Schreiben vom 30. November 2001 antwortete die Klägerin auf den von der Kommission an die
Konkurrenzunternehmen gerichteten Fragebogen, der ihr am 27. November 2001 übermittelt worden
war.
24.
Am 5. Dezember 2001 schlugen die Parteien des Zusammenschlusses der Kommission von ihnen
einzugehende Verpflichtungen vor.
25.
Vertreter der Klägerin besprachen am selben Tag den geplanten Zusammenschluss mit der
Kommission.
26.
Mit Schreiben vom 6. Dezember 2001 brachte die Klägerin gegenüber der Kommission Vorbehalte
dahin gehend zum Ausdruck, dass diese gemäß Artikel 9 der Verordnung Nr. 4064/89 auf Antrag der
nationalen Wettbewerbsbehörden die Sache ganz oder teilweise an diese verweisen könnte.
27.
Am 7. Dezember 2001 stellten die französischen Wettbewerbsbehörden nach Artikel 9 Absatz 2
Buchstabe a der Verordnung Nr. 4064/89 bei der Kommission einen Antrag auf teilweise Verweisung
bezüglich der Auswirkungen des betreffenden Zusammenschlusses auf den Wettbewerb in Frankreich
für bestimmte Absatzmärkte kleiner elektrischer Haushaltsgeräte.
28.
Aufgrund von Beanstandungen der Kommission änderten die Parteien des Zusammenschlusses am
19. Dezember 2001 ihre ursprünglichen Verpflichtungen.
29.
Am 20. Dezember 2001 ließ die Klägerin der Kommission ihre Stellungnahme bezüglich der
Marktanteile zukommen, die SEB-Moulinex nach dem Zusammenschluss bei den von der Kommission
geprüften Warengruppen innehätte.
30.
Mit Schreiben vom 21. Dezember 2001 antwortete die Klägerin auf einen Fragebogen über die
Verpflichtungen der Parteien des Zusammenschlusses, den ihr die Kommission am 20. Dezember
2001 übermittelt hatte.
31.
Aufgrund der Stellungnahme betroffener Dritter änderten die Parteien des Zusammenschlusses
ihre Verpflichtungen erneut.
32.
Am 28. Dezember 2001 unterbreitete die Klägerin ein Angebot für die teilweise Übernahme von
Moulinex.
33.
Am 3. Januar 2002 ergänzte die Klägerin ihre Antwort auf dem Fragebogen über die Verpflichtungen
der Parteien des Zusammenschlusses, den ihr die Kommission am 20. Dezember 2001 übermittelt
hatte. Sie bekundete ferner erneut ihr Interesse an einem vollständigen oder teilweisen Erwerb der
Vermögenswerte von Moulinex. Überdies wiederholte sie ihre Besorgnis bezüglich ihrer Marktstellung
und der beherrschenden Stellung von SEB-Moulinex, die der Zusammenschluss in den wichtigsten
europäischen Ländern bei einer Reihe von Warengruppen kleiner elektrischer Haushaltsgeräte mit
sich bringe.
34.
Am 8. Januar 2002 genehmigte die Kommission den Zusammenschluss von SEB und Moulinex unter
bestimmten Voraussetzungen gemäß Artikel 6 Absätze 1 Buchstabe b und 2 der Verordnung Nr.
4064/89 und Artikel 57 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) (im
Folgenden: angefochtene Entscheidung).
35.
Die angefochtene Entscheidung betrifft jedoch nicht den französischen Markt, da die Kommission
am selben Tag dem Antrag der französischen Behörden auf teilweise Verweisung stattgab.
36.
Der französische Wirtschaftsminister genehmigte den Zusammenschluss am 8. Juli 2002 ohne
Auferlegung von Verpflichtungen auf der Grundlage der „Insolvenzdoktrin“.
Angefochtene Entscheidung
I -
37.
Der Zusammenschluss betrifft nach der Begründungserwägung 16 der angefochtenen
Entscheidung den Verkauf kleiner elektrischer Haushaltsgeräte; dieser Geschäftsbereich umfasst die
dreizehn folgenden Warengruppen: Fritteusen; Kleinherde; Toaster; Sandwichgeräte und Waffeleisen;
Geräte für Gelegenheitsgerichte (Stone-Grill, Wokparty, Raclette, Fondue u. a.); Elektrobarbecues und
Innengrills; Reiskocher und Dampfkocher; elektrische Kaffeemaschinen; Wasserkocher;
Espressomaschinen; Mixer und ähnliche Zubereiter; Bügeleisen und Dampfstationen;
Körperpflegegeräte (Gesundheits- und Schönheitsgeräte). Die ersten elf Warengruppen gehören zu
den Küchengeräten.
38.
Nach Ansicht der Kommission können die verschiedenen Gruppen kleiner elektrischer
Haushaltsgeräte jeweils einen gesonderten Produktmarkt darstellen (Begründungserwägung 25 der
angefochtenen Entscheidung). Die Schlussfolgerungen der Kommission beruhen im Wesentlichen auf
einer Untersuchung der nachfrageseitigen Substituabilität, wobei jeder Gruppe eine Eigenfunktion
zukommt und sie für einen eigenen Endverbrauch bestimmt ist. Im Übrigen verneint die Kommission
die angebotsseitige Substituabilität. Selbst wenn man, so betont sie, davon ausginge, dass alle
Hersteller in der Lage seien, alle kleinen elektrischen Haushaltsgeräte zu produzieren, könnten die für
den Eintritt in einen neuen Produktmarkt erforderlichen Kosten und Zeiträume erheblich sein.
II -
39.
Nach Ansicht der Kommission „erscheint eine nationale Definition der betreffenden räumlichen
Märkte am Ende der Prüfung in der Phase I am angemessensten“ (Begründungserwägung 30 der
angefochtenen Entscheidung.
III -
40.
Die Kommission stellt fest, dass die Marke bei der Wahl des Endverbrauchers zu den wichtigsten
Faktoren gehöre und somit eines der Hauptelemente des Wettbewerbs zwischen den Herstellern
kleiner elektrischer Haushaltsgeräte darstelle (Begründungserwägung 36 der angefochtenen
Entscheidung).
41.
In diesem Zusammenhang führt sie aus, dass SEB und Moulinex erhebliche Beträge investierten,
damit ihre Marken weiterhin bekannt blieben (Begründungserwägung 38 der angefochtenen
Entscheidung). Es sei auch zu bedenken, dass sich die Angebote bei der Veräußerung von Moulinex
fast ausschließlich auf die Marken dieser Unternehmensgruppe und weniger auf die
Produktionseinheiten bezogen hätten (Begründungserwägung 39 der angefochtenen Entscheidung).
IV -
42.
Die Kommission widerspricht zunächst der Auffassung, dass sich der Zusammenschluss auf den
Wettbewerb nicht anders auswirke als eine Wettbewerbssituation, die sich im Fall einer Auflösung der
Moulinex-Gruppe ergeben hätte, und bemerkt hierzu:
„Eine derartige Argumentation ist nach der Untersuchung in der Phase I zu verwerfen, da eine Anzahl
von Unternehmen bereits beim gerichtlichen Vergleich der Moulinex-Gruppe ihr Interesse an einer
Übernahme der Marken dieser Gruppe angemeldet hat. Überdies ist nicht auszuschließen, dass
bestimmte Ausrüstungsgegenstände oder Rechte des gewerblichen Eigentums von anderen
Unternehmen als SEB übernommen worden wären. In Anbetracht der Bedeutung der Marke auf den
betreffenden Märkten wären diese Drittübernehmer voraussichtlich in der Lage gewesen, die
Wettbewerbskapazität von Moulinex ganz oder teilweise wieder herzustellen“ (Begründungserwägung
41 der angefochtenen Entscheidung).
43.
Am Ende ihrer Untersuchung gelangt die Kommission zu dem Ergebnis, dass der angemeldete
Zusammenschluss auf einer Reihe von Märkten für Küchengeräte Anlass zu ernsthaften Bedenken
hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt gebe (Begründungserwägung 44 der
angefochtenen Entscheidung). Zu den in der angefochtenen Entscheidung geprüften räumlichen
Märkten bemerkt sie im Wesentlichen,
- dass in Portugal, Griechenland, Belgien und in den Niederlanden, wo SEB und Moulinex vor dem
Zusammenschluss eine zuweilen bedeutende Stellung im Bereich der kleinen elektrischen
Haushaltsgeräte innegehabt hätten, die Position von SEB durch das Hinzutreten von Moulinex
gestärkt werde und der Zusammenschluss bei einem Großteil der betreffenden Warengruppen zu
einer manchmal beachtlichen Verbindung von Marktanteilen führe; diese Marktstärke erhöhe sich
noch durch eine einzigartige Markenvielfalt, während Marktteilnehmer wie Philips, Braun oder Taurus
nur über eine einzige Marke verfügten (Begründungserwägungen 43 und 45 bis 47 der angefochtenen
Entscheidung),
- dass in Deutschland, Österreich, Dänemark, Schweden und Norwegen der Zusammenschluss auf
einer Reihe von Produktmärkten eine wesentliche Änderung der Wettbewerbsbedingungen mit sich
bringe (Begründungserwägung 43 der angefochtenen Entscheidung),
- und schließlich, dass sich in den anderen Mitgliedstaaten die Wettbewerbsbedingungen durch den
Zusammenschluss nur unwesentlich veränderten (Begründungserwägung 43 der angefochtenen
Entscheidung).
44.
Nach Ansicht der Kommission gibt demnach der angemeldete Zusammenschluss auf folgenden
Märkten Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt
(Begründungserwägung 128 der angefochtenen Entscheidung):
- Deutschland: Fritteusen und Barbecue-Grills;
- Österreich: Fritteusen und Gelegenheitsgerichte;
- Belgien: Mixer und ähnliche Zubereiter, Espressomaschinen, Wasserkocher, Toaster,
Gelegenheitsgerichte, Barbecue-Grills sowie Bügeleisen und Dampfstationen;
- Dänemark: Fritteusen und Kleinherde;
- Griechenland: Fritteusen, Wasserkocher, Sandwichgeräte und Waffeleisen, Espressomaschinen
sowie Mixer und ähnliche Zubereiter;
- Norwegen: Fritteusen und Kleinherde;
- Niederlande: Fritteusen, Espressomaschinen, Kleinherde, Gelegenheitsgerichte, Barbecue-Grills
sowie Bügeleisen und Dampfstationen;
- Portugal: Fritteusen, Toaster, elektrische Kaffemaschinen, Espressomaschinen, Wasserkocher,
Kleinherde, Sandwichgeräte und Waffeleisen, Gelegenheitsgerichte, Barbecue-Grills sowie Mixer und
ähnliche Zubereiter;
- Schweden: Fritteusen.
45.
Andererseits gibt der angemeldete Zusammenschluss nach Ansicht der Kommission hinsichtlich
des Körperpflegemarkts keinen Anlass zu ernsthaften Bedenken, da der entsprechende Gesamtanteil
der Beteiligten in allen Ländern (außer Frankreich) ungeachtet der gewählten Definition dieses
Produktmarkts weniger als 20 % betrage (Begründungserwägung 44 der angefochtenen
Entscheidung).
V -
46.
Die von den Parteien des Zusammenschlusses vorgeschlagenen Verpflichtungen können indessen
nach Ansicht der Kommission die ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des
Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt ausräumen, da sie unmittelbar und sofort den
Wettbewerbsproblemen begegneten, die in der Entscheidung, abgesehen von Frankreich, festgestellt
worden seien.
47.
Der ursprüngliche Verpflichtungsvorschlag der Parteien des Zusammenschlusses vom 5. Dezember
2001 sah vor, dass die unter die nachstehenden Warengruppen fallenden Erzeugnisse der Marke
Moulinex zwei Jahre lang aus dem gesamten EWR genommen werden: Fritteusen, Kleinherde, Geräte
für Gelegenheitsgerichte, Barbecue-Grills sowie Bügeleisen und Dampfstationen. Nach Ansicht der
Kommission hätten es diese ursprünglich vorgesehenen Verpflichtungen jedoch nicht ermöglicht, dass
ein anderer Marktteilnehmer die Stelle der Moulinex-Gruppe einnimmt, und sie bezogen sich ihres
Erachtens auch nicht auf alle Märkte, auf denen der Zusammenschluss ernsthaften Bedenken
begegnen könnte (Begründungserwägung 135 der angefochtenen Entscheidung).
48.
Am 18. Dezember 2001 „verbesserten“ daher die Parteien des Zusammenschlusses ihren
Vorschlag, „um ihn durchführbar und wirksam zu gestalten“ (Begründungserwägung 135 der
angefochtenen Entscheidung). Dieser Vorschlag enthielt für alle Warengruppen in Belgien,
Griechenland, den Niederlanden und Portugal und für Fritteusen in Deutschland, Österreich,
Dänemark, Norwegen und Schweden eine ausschließliche Lizenz der Marke Moulinex für die Dauer von
drei Jahren (verbunden mit der Verpflichtung, die Marke Moulinex für die Dauer eines weiteren Jahres
vom Markt zu nehmen). Die betreffenden Lizenznehmer wären verpflichtet gewesen, Toaster,
elektrische Kaffeemaschinen, Wasserkocher sowie Mixer und ähnliche Zubereiter vom Lizenzgeber zu
beziehen.
49.
Die zur Stellungnahme aufgeforderten Drittunternehmen bemängelten indessen diese
Verpflichtungen, insbesondere hinsichtlich der Lizenzdauer und der Dauer der Marktenthaltung, der
Bezugspflicht, des Fehlens einer Abhilfe für die Wettbewerbsfolgen des angemeldeten
Zusammenschlusses auf bestimmten Märkten, des Fehlens ausreichender wirtschaftlicher
Voraussetzungen für den Markteintritt eines neuen Wirtschaftsteilnehmers auf den betreffenden
Märkten sowie einer unzureichenden Kontrolle der Marke Moulinex durch den Lizenznehmer bei den
speziell für Fritteusen vorgesehenen Abhilfemaßnahmen, da SEB diese Marke für die anderen
Erzeugnisse weiter nutzen könnte (Begründungserwägung 136 der angefochtenen Entscheidung).
50.
Daraufhin „perfektionierte“ SEB, wie aus der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, ihre
Verpflichtungen, indem die Markenlizenz auf die Gesamtheit der elektrischen Haushaltskleingeräte in
Deutschland, Österreich, Dänemark, Norwegen und Schweden erweitert wurde. Hierdurch wurde die
Verpflichtung für diese fünf Länder derjenigen angepasst, die bereits für Belgien, Griechenland, die
Niederlande und Portugal vorgeschlagen worden war. SEB verlängerte zudem die Lizenzdauer auf fünf
Jahre (und die Marktenthaltungsdauer auf drei Jahre) und nahm die Bezugspflicht des Lizenznehmers
zurück (Begründungserwägung 137 der angefochtenen Entscheidung).
51.
Die von der Kommission akzeptierten Verpflichtungen sind in der angefochtenen Entscheidung wie
folgt zusammengefasst:
„129 Die SEB-Gruppe verpflichtet sich, in jedem dieser Staaten einem Dritten eine ausschließliche
Lizenz der Marke Moulinex für den Verkauf aller dreizehn Gruppen kleiner elektrischer Haushaltsgeräte
zu erteilen.
130 Dieser Lizenzvertrag wird mit einem oder mehreren Dritten für die Dauer von fünf Jahren
geschlossen. Während der Lizenzdauer und eines Zeitraums von drei Jahren nach Ablauf der Lizenz
vermarktet SEB in den betreffenden Staaten keine Haushaltsgeräte unter der Marke Moulinex. Die
SEB-Gruppe hat sich zudem verpflichtet, in den betreffenden Ländern keine Modelle des Moulinex-
Sortiments unter einer anderen Marke zu vermarkten, sofern sich der Lizenznehmer für die Belieferung
durch SEB oder für eine Lizenz für das gewerbliche Eigentum entschieden hat.
131 Die Lizenz soll die Verwendung der Marke Moulinex ermöglichen, damit der Lizenznehmer seine
eigene Marke auf den betreffenden räumlichen Märkten begründen oder festigen kann. Hierbei kann
der Lizenznehmer während der Geltungsdauer der Lizenz die Marke Moulinex allein oder in Verbindung
mit seiner eigenen Marke verwenden und vom .co-branding‘ jederzeit zu seiner eigenen Marke
übergehen. SEB kann die Wahrung des Markenzeichens Moulinex durch den oder die Lizenznehmer
sicherstellen.
132 Der oder die Lizenznehmer hat (haben) für alle betreffenden Erzeugnisse und Länder die freie
Bezugswahl und können die entsprechenden Modalitäten frei bestimmen. Sie können gegebenenfalls
von SEB den Abschluss eines Liefervertrags für die gesamte oder teilweise Lizenzdauer und für alle
betreffenden Warengruppen oder einen Teil davon verlangen. Ein derartiger Warenbezug müsste 65 %
des Verkaufsvolumens der Marke Moulinex im Jahr 2000 entsprechen. SEB schlägt allerdings vor, dem
Lizenznehmer in Deutschland eine Bezugsverpflichtung für Mixer und ähnliche Zubereiter aufzuerlegen.
SEB begründet diese Ausnahme mit dem Erfordernis der Aufrechterhaltung von Arbeitsplätzen in
Produktionseinheiten, die nach der Entscheidung des Handelsgerichts Nanterre zu übernehmen sind.
133 Die SEB-Gruppe verpflichtet sich überdies, jedem Lizenznehmer auf dessen Antrag eine Lizenz
hinsichtlich der Rechte aus dem gewerblichen Eigentum (Muster und Modelle, Patente und Know-how)
für ein oder mehrere Modelle des Moulinex-Sortiments zu erteilen, damit der Lizenznehmer diese
Modelle selbst herstellen oder durch einen Dritten seiner Wahl herstellen lassen kann.
134 Die SEB-Gruppe verpflichtet sich außerdem, einen Bevollmächtigten zu bestellen, der zunächst
dafür zu sorgen hat, dass die SEB-Gruppe ihre Verpflichtungen ordnungsgemäß erfüllt. SEB hat ferner
den (die) durch die Verpflichtungen vorgesehenen Markenlizenzvertrag (Markenlizenzverträge) binnen
... ab Erhalt der Genehmigungsentscheidung der Kommission zu schließen. Ist dies bis dahin nicht
oder nur zum Teil geschehen, so wird der Bevollmächtigte beauftragt, einen oder mehrere
Lizenznehmer zu suchen und die genannten Verträge binnen ... zu schließen. Die Wahl des
Lizenznehmers oder der Lizenznehmer bedarf der Zustimmung der Kommission.“
52.
Die Verpflichtungen führen nach Ansicht der Kommission zu einer erheblichen Verminderung des
Zugewinns von Marktanteilen, der durch den angemeldeten Zusammenschluss hervorgerufen wird.
Ihres Erachtens bleiben nur die Zugewinne aus dem Vertrieb unter der Marke Krups erhalten.
Zuwächse von Marktanteilen in Verbindung mit der Marke Krups können indessen nach Auffassung
der Kommission lediglich bei Espressomaschinen und Geräten für Gelegenheitsgerichte in Portugal zu
Wettbewerbsproblemen Anlass geben (Begründungserwägung 139 der angefochtenen
Entscheidung).
53.
Die vorgeschlagenen Verpflichtungen gestatten nach Meinung der Kommission eine dauerhafte
Wiederherstellung der Voraussetzungen für einen wirksamen Wettbewerb. Die fünfjährige Lizenzdauer,
so führt die Kommission aus, ermögliche dem Lizenznehmer nämlich die Überleitung von der Marke
Moulinex zu seiner eigenen Marke mit begrenzten Verlusten für SEB, wenn Letztere die Marke Moulinex
auf den betreffenden Märkten wieder einführen könne. Die Kommission bemerkt in diesem
Zusammenhang, dass die durchschnittliche Lebensdauer kleiner elektrischer Haushaltsgeräte etwa
drei Jahre betrage. Die Überleitung zur eigenen Marke des Lizenznehmers werde noch dadurch
erleichtert, dass die Marke Moulinex in dem betreffenden geografischen Raum bei allen Erzeugnissen
elektrischer Haushaltskleingeräte allein dem Lizenznehmer zugute komme (Begründungserwägung
140 der angefochtenen Entscheidung).
54.
Die Ausdehnung der ausschließlichen Lizenz auf alle Erzeugnisse elektrischer Haushaltskleingeräte
und somit auch auf Erzeugnisse, bei denen die Kommission keine ernsthaften Bedenken gehabt habe,
sei erforderlich, um die Wirksamkeit und Einsatzfähigkeit dieser Abhilfemaßnahmen sicherzustellen.
Würden sich die Lizenzen nämlich nur auf eine begrenzte Anzahl von Erzeugnissen beziehen, so wäre
der Spielraum für ein „re-branding“ erheblich eingeengt, da die Marke Moulinex in den betreffenden
Ländern von zwei konkurrierenden Einheiten genutzt würde, nämlich von SEB und dem Lizenznehmer,
dessen Lizenz auf bestimmte Erzeugnisse beschränkt wäre (Begründungserwägung 141 der
angefochtenen Entscheidung).
55.
Hinzu komme, dass der Lizenznehmer bei der Herstellung von Moulinex-Erzeugnissen autonom sei,
wenn er es wünsche, und SEB andererseits gezwungen werden könne, dem Lizenznehmer die neuen
Modelle zugute kommen zu lassen, die SEB in den verpflichtungsfreien Ländern für das Moulinex-
Sortiment entwickele (Begründungserwägung 142 der angefochtenen Entscheidung).
56.
Nach den Ausführungen der Kommission muss (müssen) schließlich der (die) Lizenznehmer den
Verpflichtungen zufolge bereits auf dem Markt vertreten sein oder potenziell dazu in der Lage sein, er
muss (sie müssen) existenzfähig und unabhängig sein, ohne mit der SEB-Gruppe in Verbindung zu
stehen, und ferner die Kompetenz und Motivation besitzen, um einen aktiven und wirksamen
Wettbewerb auf den betreffenden Märkten auszuüben. Darüber hinaus muss (müssen) der (die)
Lizenznehmer den Verpflichtungen zufolge über eine eigene Marke verfügen, die in Verbindung mit der
Marke Moulinex genutzt werden kann (Begründungserwägung 144 der angefochtenen Entscheidung).
57.
Die Kommission vertritt daher (in Begründungserwägung 146 der angefochtenen Entscheidung) die
Auffassung, dass die von den Parteien vorgeschlagenen Verpflichtungen ausreichten, um die
Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt in den
genannten neun Ländern auszuräumen, sofern die Parteien folgenden Verpflichtungen nachkommen:
„a) Verpflichtung nach Maßgabe der in Nummer 1 Buchstabe a im Anhang der vorliegenden
Entscheidung genannten Verpflichtungen, eine ausschließliche Lizenz der Marke Moulinex für die
Dauer von fünf Jahren für den Verkauf von elektrischen Haushaltsgeräten in Bezug auf die dreizehn
Warengruppen der vorliegenden Entscheidung zu vergeben;
b) Verpflichtung nach Maßgabe von Nummer 1 Buchstabe c, während der Lizenzdauer und während
eines Zeitraums von drei Jahren nach Ablauf der Lizenz keine Erzeugnisse der Marke Moulinex in den
betroffenen Ländern zu vertreiben;
c) Verpflichtung nach Maßgabe von Nummer 1 Buchstabe e, keine Modelle von Moulinex-
Erzeugnissen unter einer anderen Marke als Moulinex in den Gebieten zu vertreiben, für die der (die)
Lizenznehmer einen Liefervertrag geschlossen oder eine Lizenz für das gewerbliche Eigentum erhalten
hat (haben);
d) Verpflichtung nach Maßgabe von Nummer 1 Buchstabe d, für alle betreffenden Erzeugnisse außer
Mixer in Deutschland auf Verlangen mit jedem Lizenznehmer einen Liefervertrag zu schließen (der
Lieferpreis entspricht dem gewerblichen Einstandspreis zuzüglich Betriebskosten für Herstellung und
Lieferung an den Lizenznehmer) und/oder an ihn eine Lizenz für das gewerbliche Eigentum zu
vergeben;
e) Verpflichtung nach Maßgabe von Nummer 1 Buchstabe h, in den neun betroffenen Ländern
jeweils bis zum Abschluss der Lizenzverträge die allgemeine Politik der Entwicklung neuer Modelle
weiter zu verfolgen und den vollen Handels- und Wettbewerbswert der Marke Moulinex zu erhalten;
f) Verpflichtung, den Vertrag oder die Verträge über eine ausschließliche Markenlizenz für die neun
betroffenen Länder innerhalb der in den Nummern 1 Buchstabe h und 2 Buchstabe e Ziffer iv der
Verpflichtungen vorgesehenen Fristen zu schließen;
g) Verpflichtung bezüglich der Zustimmung der Kommission zur Wahl des Lizenznehmers oder der
Lizenznehmer gemäß Nummer 1 Buchstabe i der Verpflichtungen;
h) gemäß Nummer 2 Buchstabe e Ziffer ii Beachtung etwaiger Anregungen des Bevollmächtigten für
die Erfüllung der Verpflichtungen oder seines Auftrags.“
58.
Die Einzelheiten der von SEB eingegangenen Verpflichtungen finden sich im Anhang der
angefochtenen Entscheidung.
59.
In Nummer 2 Buchstabe g des Anhangs heißt es:
„Werden bei der Genehmigung dieses Zusammenschlusses durch eine andere Wettbewerbsbehörde
Verpflichtungen auferlegt, die mit den vorliegenden Verpflichtungen im Widerspruch stehen oder eine
Lage herbeiführen, die das Maß dessen überschreitet, was erforderlich ist, um den Wettbewerb auf
jedem der relevanten Märkte wiederherzustellen, so kann die SEB-Gruppe von der Kommission eine
Überprüfung der vorliegenden Verpflichtungen verlangen, um die genannten Widersprüche zu
beseitigen oder die SEB-Gruppe ganz oder teilweise von den Bedingungen und Pflichten zu entbinden,
die in den vorliegenden Verpflichtungen enthalten sind und nicht mehr erforderlich sind.“
VI -
60.
Die Kommission begegnet dem von dritter Seite geäußerten Vorwurf, SEB erhalte bei der geplanten
Übernahme staatliche Beihilfen der französischen Behörden, mit der in Begründungserwägung 10 der
Entscheidung enthaltenen Feststellung, dass eine erste Prüfung des Vorhabens der französischen
Behörden nicht ergeben habe, dass die im Rahmen des gerichtlichen Vergleichsverfahrens
vorgesehenen öffentlich-rechtlichen Maßnahmen SEB zugute kämen. Die Auswirkung dieser
Maßnahmen ist daher nach Ansicht der Kommission bei der aufgrund der Verordnung Nr. 4064/89
vorzunehmenden Prüfung des vorgesehenen Zusammenschlusses nicht zu berücksichtigen.
Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten
61.
Mit Klageschrift, die am 15. April 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin
die vorliegende Klage erhoben. Mit besonderem Schriftsatz, der am selben Tag eingegangen ist, hat
sie ferner gemäß Artikel 76a der Verfahrensordnung des Gerichts eine Entscheidung im
beschleunigten Verfahren beantragt.
62.
Die Kommission hat dem Gericht mit Schreiben vom 30. April 2002 mitgeteilt, dass sie dem Antrag
auf Entscheidung im beschleunigten Verfahren nicht widerspreche. Sie hat überdies erklärt, die
Klägerin habe nicht dargetan, dass sie von der angefochtenen Entscheidung individuell betroffen sei.
63.
Der Kanzler des Gerichts hat der Kommission mit Schreiben vom 8. Mai 2002 mitgeteilt, dass ihrem
Antrag auf Verlängerung der Frist für die Einreichung ihrer Klagebeantwortung bis zum 24. Juni 2002
stattgegeben worden sei. Er hat die Kommission außerdem im Interesse eines zügigen Verfahrens
aufgefordert, Fragen der Zulässigkeit der Klage gleichzeitig mit ihrer materiell-rechtlichen Verteidigung
aufzugreifen.
64.
Der Kanzler des Gerichts hat die Klägerin mit Schreiben vom 17. Juni 2002 im Wege prozessleitender
Maßnahmen aufgefordert, eine Reihe von schriftlichen Fragen bis zum 28. Juni 2002 zu beantworten.
65.
Die Kommission hat am 24. Juni 2002 ihre Klagebeantwortung mit ihren hauptsächlich
vorgetragenen Einwänden gegen die Zulässigkeit der Klage und ihrer hilfsweisen materiell-rechtlichen
Verteidigung eingereicht.
66.
Die Klägerin hat am 28. Juni 2002 ihre Antworten auf die Fragen des Gerichts eingereicht.
67.
Das Gericht (Dritte Kammer) hat mit Beschluss vom 2. Juli 2002 dem Antrag auf Entscheidung im
beschleunigten Verfahren nach Artikel 76a der Verfahrensordnung stattgegeben.
68.
Die Klägerin hat am 18. Juli 2002 auf Verlangen des Kanzlers ihre Stellungnahme zur Zulässigkeit in
Erwiderung der Klagebeantwortung der Kommission abgegeben.
69.
Mit Schriftsatz, der am 19. Juli 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat SEB
beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen zu werden. Mit
Schriftsatz, der am 29. Juli 2002 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat De'Longhi
beantragt, als Streithelferin zur Unterstützung der Anträge der Klägerin zugelassen zu werden. Der
Präsident der Dritten Kammer hat diesen Anträgen mit Beschluss vom 16. September 2002
stattgegeben. Auf ihre entsprechenden Anträge ist SEB gestattet worden, einen Streithilfeschriftsatz
einzureichen, und De'Longhi, bestimmte in ihrem Streithilfeantrag genannte Unterlagen vorzulegen.
70.
Das Gericht (Dritte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche
Verhandlung zu eröffnen, und die Verfahrensbeteiligten im Wege prozessleitender Maßnahmen
aufgefordert, bestimmte Schriftstücke vorzulegen und schriftliche Fragen zu beantworten. Die
Verfahrensbeteiligten sind dem fristgemäß nachgekommen.
71.
Die Verfahrensbeteiligten haben in der öffentlichen Sitzung vom 9. Oktober 2002 mündlich
verhandelt und mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.
72.
Die Klägerin, unterstützt durch De'Longhi, beantragt,
- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;
- der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
73.
Die Kommission beantragt,
- die Klage als unzulässig oder hilfsweise als unbegründet abzuweisen;
- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
74.
SEB beantragt,
- die Klage als unzulässig oder hilfsweise als unbegründet abzuweisen;
- der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Zur Zulässigkeit
I -
75.
Die Klägerin, unterstützt durch De'Longhi, erklärt, sie sei von der angefochtenen Handlung im Sinne
von Artikel 230 EG unmittelbar und individuell betroffen. Sie trete neu in den Markt kleiner elektrischer
Küchengeräte ein und stehe somit unmittelbar im Wettbewerb mit SEB und Moulinex. Sie habe
überdies aktiv am Verwaltungsverfahren teilgenommen, das der angefochtenen Entscheidung
vorausgegangen sei.
76.
Die Kommission erklärt, die Klägerin sei von der angefochtenen Entscheidung nicht individuell
betroffen.
77.
Die Kommission bemerkt erstens, als Nachweis dafür, dass die Klägerin von der angefochtenen
Entscheidung individuell betroffen sei, genüge nicht allein der Umstand, dass die Klägerin von sich
aus auf die in Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4064/89 vorgesehene Veröffentlichung der
Fusionsmitteilung im reagiert und Verbindung mit der
Kommission aufgenommen habe. Die Klägerin habe in keiner Weise dargetan, dass die angefochtene
Entscheidung sie wegen bestimmter persönlicher Eigenschaften oder wegen besonderer Umstände,
die sie in ähnlicher Weise individualisierten wie SEB, berühre.
78.
Zahlreiche Unternehmen hätten ebenso wie die Klägerin aktiv am Verfahren teilgenommen. Der
bloße Umstand, dass ein Unternehmen eine Stellungnahme abgegeben habe, könne keine
Begründung dafür darstellen, dass das Unternehmen individuell betroffen sei. Eine eingehende
Prüfung von Zusammenschlüssen erfordere nämlich einen regelmäßigen Kontakt mit zahlreichen
Wirtschaftsteilnehmern.
79.
Die Kommission führt zweitens aus, in Artikel 2 der Satzung der Klägerin heiße es: „Zweck des
Unternehmens ist die Geschäftstätigkeit in allen Bereichen der Herstellung, der Verarbeitung, der
Vertretung, der Ein- und Ausfuhr sowie des Groß-, Zwischen- und Einzelhandels insbesondere mit allen
Frisier- und Schönheits-, Parfümerie- und Geschenkartikeln und -erzeugnissen“; der mit der
angefochtenen Entscheidung genehmigte Zusammenschluss beziehe sich hingegen auf kleine
elektrische Haushaltsgeräte, die in keiner Beziehung zu „Frisier-, Schönheits-, Parfümerie- und
sonstigen Geschenkartikeln“ stünden.
80.
Drittens gibt die Kommission zu bedenken, dass sich die Klägerin als Unternehmen darstelle, das in
den Markt kleiner elektrischer Küchengeräte „neu eintrete“, dass von der Klägerin jedoch nach
eigenem Bekunden weder zur Zeit der angefochtenen Entscheidung noch zur Zeit der Klageerhebung
das geringste elektrische Haushaltskleingerät auf dem Markt gewesen sei. Die Klägerin bezeichne sich
im Übrigen selbst als „potenzielles Konkurrenzunternehmen“. Sie habe angekündigt, sie wolle solche
Erzeugnisse am 15. Mai 2002 „offiziell“ auf dem Markt einführen, ohne jedoch einen Nachweis dafür zu
erbringen.
81.
Viertens trägt die Kommission vor, nichts spreche dafür, dass die Erzeugnisse der Klägerin als einer
in Frankreich niedergelassenen Gesellschaft im unmittelbaren Wettbewerb mit den Geräten stünden,
die SEB auf geografischen Märkten vertreibe, für die die Kommission ernsthafte Bedenken zum
Ausdruck gebracht habe, wobei sich die Kommission nicht zur Lage auf dem französischen Markt
geäußert habe, die von den französischen Wettbewerbsbehörden untersucht werde.
82.
Fünftens erklärt die Kommission, die Klägerin glaube zu Unrecht, sich auf die „Urteile Air France“
stützen zu können. Die Lage sei im vorliegenden Fall völlig anders. In der Rechtssache Air
France/Kommission (Urteil vom 19. Mai 1994, T-2/93, Slg. 1994, II-323) habe das Gericht nämlich
festgestellt, dass die Kommission die Wettbewerbslage auf den betreffenden Märkten insbesondere
unter Berücksichtigung der Situation von Air France beurteilt habe (Randnr. 45 des Urteils) - diese sei
die einzige ernsthafte Konkurrentin der am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen gewesen -,
während die Klägerin auf den vom Zusammenschluss betroffenen Märkten nicht präsent sei. Das
Gericht habe ferner ausgeführt, dass Air France durch eine zwischen ihr, der französischen Regierung
und der Kommission geschlossene Vereinbarung verpflichtet worden sei, ihre Beteiligung an TAT ganz
aufzugeben (Randnr. 46 des Urteils), während sich die Klägerin im vorliegenden Fall auf keine
Vereinbarung oder Entscheidung ähnlicher Tragweite berufen könne, aus der hervorgehe, dass sie
durch die betreffende Sachlage wie SEB individualisiert werde. Überdies sei Air France nach dem Urteil
des Gerichts vom 24. März 1994 in der Rechtssache T-3/93 (Air France/Kommission, Slg. 1994, II-121)
das Hauptkonkurrenzunternehmen von British Airways gewesen, während sich die Klägerin im
vorliegenden Fall nur als ein Unternehmen von vielen für eine (im Übrigen potenzielle) Konkurrentin
von SEB halte.
83.
Schließlich weist die Kommission darauf hin, dass die Klage durch die neue Auslegung des Artikels
230 EG im Urteil des Gerichts vom 3. Mai 2002 in der Rechtssache T-177/01 (Jégo-Quéré
SA/Kommission, Slg. 2002, II-2365, Randnr. 51) nicht zulässig werde, da die angefochtene
Entscheidung zum einen eine individuelle Entscheidung sei, die keine allgemeine Bedeutung habe,
und zum anderen in keiner Weise die Rechte der Klägerin (die im Übrigen auf den betreffenden
Märkten des Zusammenschlusses gar nicht vertreten sei) einschränke und ihr keine Pflichten
auferlege. Die Rechtsstellung der Klägerin werde nicht unzweifelhaft und gegenwärtig beeinträchtigt.
84.
SEB führt aus, dass die Klägerin von der angefochtenen Entscheidung nicht individuell betroffen
sei. Die Klägerin hätte im Rahmen des Kollektivverfahrens ebenso wie SEB ein konkretes und
ernsthaftes Übernahmeangebot abgeben können, wenn sie tatsächlich an der Übernahme der
gesamten Vermögenswerte von Moulinex oder eines Teils davon interessiert gewesen wäre. Das erste
Angebot der Klägerin für die Übernahme von Moulinex sei jedoch nicht ernsthaft gewesen und vom
Handelsgericht Nanterre als unannehmbar angesehen worden, während die späteren Angebote erst
nach dem Zusammenschluss erfolgt seien und nur dem Versuch gedient hätten, den von SEB
vorgeschlagenen Übernahmeplan in Frage zu stellen. Die Klägerin habe auch keinerlei Interesse
gezeigt, eine Lizenz der Marke Moulinex zu erhalten, obgleich es ihr eine derartige Lizenz im Hinblick auf
die von ihr erwähnte Entwicklungsstrategie hätte ermöglichen können, dauerhaft und wirksam auf den
betreffenden Märkten Fuß zu fassen.
85.
SEB bemerkt außerdem, dass die Erzeugnisse der Klägerin bis heute noch auf keinem der
geografischen Märkte vertrieben würden, die von der angefochtenen Entscheidung erfasst seien; dies
gelte auch für Frankreich, wo sich die Tätigkeit der Klägerin auf eine Präsentation in einem Restaurant
in Lyon im Mai 2002 beschränkt habe. Im Übrigen werde die Klägerin von der Kommission in deren
Wettbewerbsanalyse weder als gegenwärtige noch als potenzielle Konkurrentin erwähnt.
86.
Die Klägerin habe auch nicht an den eingehenden Untersuchungsverfahren der Berichterstatter
des Wettbewerbsrats in Frankreich teilgenommen und sei nicht einmal bei der Anhörung beim
Wettbewerbsrat anwesend oder vertreten gewesen.
II -
87.
Nach Artikel 230 Absatz 4 EG „[kann] jede natürliche oder juristische Person ... gegen die an sie
ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie
als Verordnung oder als eine an eine andere Person gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie
unmittelbar und individuell betreffen“.
88.
Die Klägerin ist nicht Partei des Zusammenschlusses und nicht Adressatin der angefochtenen
Entscheidung. Somit ist zu prüfen, ob sie unmittelbar und individuell betroffen ist.
89.
Die Unmittelbarkeit der Betroffenheit kann nicht bestritten werden. Da die angefochtene
Entscheidung nämlich die sofortige Durchführung des geplanten Zusammenschlusses gestattet, kann
sie die Lage auf den betreffenden Märkten unmittelbar ändern, die dann nur noch vom Willen der
Parteien abhängt (vgl. Urteil Air France/Kommission vom 24. März 1994, Randnr. 80)
90.
Somit ist zu prüfen, ob die Klägerin von der Entscheidung auch individuell betroffen ist.
91.
Nach ständiger Rechtsprechung sind andere Personen diejenigen, an die eine Entscheidung
gerichtet ist, nur dann individuell betroffen, „wenn die Entscheidung [sie] wegen bestimmter
persönlicher Eigenschaften oder wegen besonderer, [sie] aus dem Kreis aller übrigen Personen
heraushebender Umstände berührt und [sie] daher in ähnlicher Weise individualisiert wie den
Adressaten“ (Urteil des Gerichtshofes vom 15. Juli 1963 in der Rechtssache 25/62,
Plaumann/Kommission, Slg. 1963, 211, 238).
92.
Zunächst ist hinsichtlich der Teilnahme am Verfahren festzustellen, dass die Klägerin aufgrund der
in Artikel 4 Absatz 3 der Verordnung Nr. 4064/89 vorgesehenen Bekanntmachung mit Schreiben vom
27., 29. und 30. November 2001 sowie vom 6., 20., 21. und 28. Dezember 2001 bei der Kommission
ihre Stellungnahme zu den Folgen des Zusammenschlusses für die Wettbewerbssituation auf den
betreffenden Märkten und für ihre eigene Lage abgegeben hat. Ferner hat die Kommission die
Klägerin in einer Sitzung vom 5. Dezember 2001 und bei einer fernmündlichen Konferenz mit den für
die Prüfung des Vorhabens zuständigen Bediensteten am 4. Januar 2002 angehört.
93.
Hierbei äußerte die Klägerin im Wesentlichen dieselbe Kritik wie in der Klageschrift im Verfahren vor
dem Gericht, wobei es sich in erster Linie um die Beurteilung der Auswirkungen des
Zusammenschlusses auf die verschiedenen relevanten Gebiets- und Produktmärkte und
insbesondere auf die Situation der Klägerin sowie um die Beurteilung der Wirksamkeit der
Verpflichtungen handelte, die SEB vorgeschlagen hatte, um den mit der Übernahme von Moulinex
aufgeworfenen Wettbewerbsproblemen zu begegnen.
94.
Schließlich ist festzustellen, dass die an die Kommission gerichteten Schreiben der Klägerin nicht
lediglich einen einseitigen und nicht erbetenen Schritt ihrerseits darstellen, sondern dass die
Kommission die Klägerin vor allem aufgefordert hat, zu den von den Parteien des Zusammenschlusses
vorgeschlagenen Verpflichtungen Stellung zu nehmen.
95.
Die Klägerin hat somit aktiv am Verfahren teilgenommen. Die bloße Teilnahme am Verfahren genügt
zwar, wie die Kommission zu Recht betont, allein nicht, um festzustellen, dass die Klägerin von der
Entscheidung individuell betroffen ist, zumal wenn es sich um Zusammenschlüsse handelt, deren
eingehende Prüfung regelmäßige Kontakte mit zahlreichen Unternehmen erfordert, doch ist die aktive
Teilnahme am Verwaltungsverfahren ein Faktor, den die Rechtsprechung bei Wettbewerbsfragen
einschließlich des spezielleren Gebietes der Kontrolle von Zusammenschlüssen regelmäßig
berücksichtigt, um in Verbindung mit anderen spezifischen Umständen die Zulässigkeit einer Klage
festzustellen (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 28. Januar 1986 in der Rechtssache 169/84, Cofaz u.
a./Kommission, Slg. 1986, 391, Randnrn. 24 und 25, und vom 31. März 1998 in den Rechtssachen C-
68/94 und C-30/95, Frankreich/Kommission, „Kali & Salz“, Slg. 1998, I-1375, Randnr. 54, sowie Urteil Air
France/Kommission vom 19. Mai 1994, Randnr. 44).
96.
Soweit es zweitens um die Stellung der Klägerin als Konkurrenzunternehmen geht, ist zunächst
darauf hinzuweisen, dass die Klägerin, ohne dass die Kommission oder SEB widersprochen hätte,
erklärt hat, einer der hauptsächlichen Teilnehmer am Markt für kleine elektrische „Schönheits-“ oder
Körperpflegegeräte (Haartrockner, Frisierstäbe und -bürsten, Bart- und Haarschneidegeräte,
Epilationsgeräte für Frauen und sonstige Körperpflegegeräte usw.) zu sein.
97.
Der Zusammenschluss betrifft nach Begründungserwägung 16 der angefochtenen Entscheidung
den Verkauf kleiner elektrischer Haushaltsgeräte; dieser Geschäftsbereich umfasst dreizehn
Warengruppen, nämlich elf Küchengerätegruppen, Bügeleisen und Dampfstationen und die Gruppe
der Körperpflegegeräte. Demnach ist der Markt für Körperpflegegeräte, wie im Übrigen auch aus
Begründungserwägung 16 der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, von dem in Rede stehenden
Zusammenschluss betroffen. Weder die Kommission noch SEB haben indessen bestritten, dass die
Klägerin eine der wichtigsten Konkurrentinnen oder Teilnehmerinnen auf diesem Produktmarkt der
„Schönheits-“ oder Körperpflegeerzeugnisse ist.
98.
Zudem beziehen sich die Verpflichtungen ebenfalls auf die Gesamtheit der dreizehn Gruppen
kleiner elektrischer Haushaltsgeräte, wodurch also die „Schönheits-“ oder Körperpflegegeräte mit
eingeschlossen sind.
99.
Auch wenn die Klägerin überdies weder zur Zeit der angefochtenen Entscheidung noch zur Zeit der
Klageerhebung unmittelbar auf einem der übrigen zwölf von dem Zusammenschluss betroffenen
Märkte vertreten war, so ist sie nach ihrem Bekunden doch ein zumindest potenzielles
Konkurrenzunternehmen, da sie gegenwärtig in den europäischen Markt für kleine elektrische
Küchengeräte eintritt.
100.
Die Kommission und SEB haben die Zulässigkeit der Klage eines potenziellen
Konkurrenzunternehmens nicht bestritten, wenn es sich, wie im vorliegenden Fall, um oligopolistische
Märkte handelt, die insbesondere durch hohe, auf ausgeprägter Markentreue beruhende
Eintrittsschranken und einen schwierigen Zugang zum Einzelhandel gekennzeichnet sind (in diesem
Sinne Urteil des Gerichts vom 27. November 1997 in der Rechtssache T-290/94,
Kaysersberg/Kommission, Slg. 1997, II-2137).
101.
Die Kommission und SEB betonen hingegen, die Behauptung, die Klägerin sei ein potenzielles
Konkurrenzunternehmen, sei weder dargetan noch nachgewiesen. Die Klägerin macht hierzu indessen
in ihren Antworten auf die schriftlichen Fragen des Gerichts und in ihrer Stellungnahme zur Einrede
der Unzulässigkeit geltend, sie beginne dank ihrer Erfahrung auf dem amerikanischen Markt seit
Anfang 2001 mit der Durchführung ihrer Strategie für den Eintritt in den europäischen Markt für kleine
elektrische Küchengeräte unter der Marke Cuisinart, und zwar bei Kleinherden, Toastern,
Espressomaschinen sowie Mixern und ähnlichen Zubereitern. Folgendes verdeutliche dies: eine erste
Studie des europäischen Marktes für kleine elektrische Küchengeräte (Februar 2001), eine
technische Studie über die Anpassung der elektrischen Spannung der Cuisinart-Geräte (Februar-
August 2001), der dreijährige Partnervertrag mit Paul Bocuse (Oktober 2001) und die Cuisinart-
Fachausstellungen mit Paul Bocuse in Orlando und Chicago (September 2001 und Mai 2002), die
Finalisierung der Strategie und des Budgets 2002 für die Einführung von Cuisinart in Europa
(November 2001), die Verhandlungen mit den wichtigsten französischen Abnehmern über die
Aufnahme der Marke Cuisinart in das Verkaufsprogramm (Dezember 2001-Mai 2002), die offizielle
Einführung in der französischen Presse (vorgesehen für März 2002, aber letztlich verschoben) und
schließlich am 16. Mai 2002 „der offizielle Zeitpunkt für die Einführung von Cuisinart in Frankreich bei
Paul Bocuse in Lyon in Anwesenheit von etwa 50 Gästen“. Die Klägerin wolle demnächst Eingang in die
Segmente der elektrischen Kaffeemaschinen und Espressomaschinen sowie Fritteusen finden.
102.
Daraus, dass die Klägerin, wie die Kommission und SEB betonen, ihren tatsächlichen Eintritt in die
vom Zusammenschluss betroffenen Märkte im Vergleich zu ihren Ankündigungen mehrmals
verschoben hat, kann nicht zur Genüge geschlossen werden, dass sie nicht als potenzielles
Konkurrenzunternehmen anzusehen ist. Die bloße Tatsache, dass der Markteintritt mehr Zeit in
Anspruch nimmt als vorgesehen, bedeutet nämlich nicht, dass er nicht stattfinden wird, zumal - wie die
Kommission in Begründungserwägung 24 der angefochtenen Entscheidung einräumt - „der mit dem
Eintritt in einen neuen Produktmarkt verbundene Kosten- und Zeitaufwand angesichts der
Besonderheiten des Marktes erheblich sein kann, ein Konkurrent - unabhängig davon, ob er auf
anderen Märkten in benachbarten Gebieten oder auf dem betreffenden Produktmarkt in einem
anderen geografischen Raum bereits vertreten ist - im Hinblick auf den Eintritt in einen neuen
Produktmarkt dafür sorgen muss, dass sein Absatz und somit sein Verkaufsvolumen ausreichen, [und]
er daher der Verkaufsförderung durch den Handel und der Bekanntmachung seiner Marke beim
Endverbraucher bedarf, was eine gewisse Zeit erfordert und erhebliche Marketing- und Werbekosten
verursacht“.
103.
Die Klägerin stand demnach auch bereits vor einem tatsächlichen Vertrieb ihrer Erzeugnisse auf
den Märkten in einem unmittelbaren Wettbewerbsverhältnis zu SEB-Moulinex hinsichtlich der Aufnahme
ihrer Erzeugnisse in das Warenangebot der wichtigsten Abnehmer unter den Handelsunternehmen.
Sie führt in diesem Zusammenhang aus, es seien ab Oktober 2002 Veranstaltungstests in „einer
Reihe von Läden“ vorgesehen, die bei Auchan und Monoprix ausgesucht worden seien. Insofern tritt
die Klägerin als gegenwärtiges Konkurrenzunternehmen der Parteien des Zusammenschlusses für alle
Märkte kleiner elektrischer Küchengeräte, in die sie in Kürze mit der Marke Cuisinart eintreten will, in
Erscheinung. Die Klägerin hat ferner, ohne dass dem widersprochen wurde, dargelegt, dass die
Körperpflegeerzeugnisse und die kleinen elektrischen Küchengeräte bei allen Abnehmern derselben
Warenabteilung angehörten, dass dieselben Abnehmer die Verkaufsangebote für die Produkte
betrieben und dass eine Verknüpfung der Einkaufspolitik bestehe, wodurch der gesamte Umsatz
dieser Gruppen in gemeinsame Liefervorgaben eingebunden sei, die mit dem zahlenmäßigen
Gesamtergebnis zusammenhingen.
104.
Nach dem Business-Plan der Klägerin vom November 2001 ist zwar - zumindest kurzfristig -
offensichtlich nur der Eintritt in den französischen Markt vorgesehen, der allerdings von der
angefochtenen Entscheidung nicht erfasst wird. Die Klägerin hat jedoch dargelegt, dass die Strategie
der BaByliss-Gruppe darin bestehe, die Marke Cuisinart zunächst auf dem französischen Markt
einzuführen, um Marketingerfahrungen zu sammeln und den Investitionsschwerpunkt dahin zu
verlegen, wo die Gesamtorganisation der Gruppe stark sei, und dass sie sich auf einen erfolgreichen
Einstieg in den französischen Markt stützen wolle, um sodann auch in anderen Mitgliedstaaten Fuß zu
fassen.
105.
Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin zu 100 % von Conair, einer Gesellschaft
amerikanischen Rechts, gehalten wird, die in den Vereinigten Staaten und weltweit insbesondere
unter den Marken BaByliss, Conair und Revlon in allen Segmenten kleiner elektrischer
Haushaltsgeräte (Küche, Schönheit, Reinigung) tätig ist.
106.
Obgleich die Klägerin nicht auf einem im Sinne der Verordnung Nr. 4064/89 berührten Markt
positioniert ist, wird ihr dank ihrer Stellung auf dem Markt der Körperpflegegeräte und der Tätigkeit
und Erfahrung ihrer Muttergesellschaft Conair eine Grundlage verliehen, durch die sie als „potenzielle“
Konkurrentin bezeichnet werden kann und ihr Eintritt in den Markt kleiner elektrischer Küchengeräte
erleichtert wird.
107.
Was schließlich das auf dem Geschäftszweck der Klägerin beruhende Argument der Kommission
anbelangt, so genügt die Feststellung, dass sich die Tätigkeit der Klägerin nicht auf den Frisier- und
Schönheitssektor beschränkt, wie aus der Verwendung des Wortes „insbesondere“ in der Definition
des Geschäftsbereichs hervorgeht.
108.
Drittens ist zu bedenken, dass sich die Klägerin im Hinblick auf ihren geplanten Eintritt in den
europäischen Markt kleiner elektrischer Haushaltsgeräte mehrmals um die Übernahme von Moulinex
oder zumindest bestimmter Vermögenswerte dieses Unternehmens beworben hat.
109.
So hat die Klägerin am 25. September 2001 ein erstes Angebot für eine Teilübernahme abgegeben,
das sich auf die gesamten Vermögenswerte von Krups (Rechte am geistigen Eigentum, Material und
Ausrüstungsgegenstände, Herstellungswerk in Mexiko, Lagerbestände, Vertriebsnetz) zum Preis von
100 Millionen Euro bezog.
110.
SEB macht geltend, dass dieses Angebot die Klägerin nicht individualisieren könne, da es
unannehmbar gewesen sei und das Handelsgericht Nanterre es nicht einmal in Betracht gezogen
habe.
111.
Die Klägerin führt hierzu aus, sie sei nicht in die Lage versetzt worden, ein Globalangebot für das
gesamte Vermögen und Personal von Moulinex abzugeben, da sie trotz entsprechender schriftlicher
Anfragen keinerlei Zugang zu Finanzangaben über das Unternehmen gehabt habe. Nur SEB seien
eine vollständige Prüfung der Produktionsanlagen von Moulinex und somit ein umfassenderes
Übernahmeangebot für Moulinex an die gerichtlich bestellten Verwalter möglich gewesen.
112.
Auch De'Longhi bemängelte mit Schreiben vom 3. Dezember 2001 an die Kommission wie folgt die
fehlende Transparenz, die das Veräußerungsverfahren von Moulinex gekennzeichnet habe:
„Das Angebot von SEB umfasste einen Teilerwerb, der sich auf bestimmte Produktionseinheiten von
Moulinex und die damit zusammenhängenden Tätigkeiten beschränkte; SEB erlangte sodann jedoch
auch die Übernahme der Formen und anderer Produktionsmittel, die mit nicht übertragenen
Tätigkeiten verbunden sind ..., ohne dass sich dadurch im Übrigen der Preis verändert hätte. Überdies
erlangte SEB praktisch die Befugnis, die Marke Moulinex für ihre gesamte Produktion zu verwenden,
wobei aber trotz des Wertes dieser Marke, die in Europa auf dem betreffenden Sektor führend ist,
keine Gegenleistung vorgesehen wurde ... Dies erklärt die Ungewissheit, von der die
Veräußerungsmodalitäten bei der Abgabe der Interessenbekundungen umgeben waren. Die
genannten Umstände führten dazu, dass die meisten Mitbewerber von SEB kein Angebot abgegeben
haben, und erklären, weshalb die Bedingungen und Modalitäten der Transaktion nicht veröffentlicht
wurden oder weshalb dies erst vor sehr kurzer Zeit erfolgte, nachdem der Zuschlag erteilt war.“
113.
SEB bestreitet dies. Da es sich, so führt sie aus, nicht um ein gerichtliches Auflösungsverfahren
gehandelt habe, hätten nur Sanierungsangebote unterbreitet werden können, und es seien bei den
gerichtlich bestellten Verwaltern innerhalb der Fristen des Kollektivverfahrens nur drei Angebote für
eine vollständige oder teilweise Übernahme der Vermögenswerte von Moulinex eingegangen, nämlich
die Angebote von Euroland, der Gesellschaft Participation industrielle und der SEB-Gruppe. Die ersten
beiden Angebote seien vom Handelsgericht Nanterre als unannehmbar angesehen worden, während
sich die übrigen Interessenbekundungen, die bei den gerichtlich bestellten Verwaltern eingegangen
seien, im Wesentlichen nur auf die Marke Krups bezogen hätten. Diese verschiedenen
Interessenbekundungen, insbesondere diejenige der Klägerin, die sich nicht auf die Kapitalanteile von
Krups, sondern nur auf bestimmte Aktiva dieses Unternehmens bezogen hätten, seien sehr restriktiv
gewesen und hätten nicht in den Rahmen des Sanierungsplans gepasst, da sie keine Übernahme der
Produktionsanlagen und des Personals von Moulinex enthalten hätten, so dass sie nicht annehmbar
gewesen seien. Unter diesen Umständen habe das Handelsgericht Nanterre entschieden, dass
„einzig“ das Angebot der „SEB-Gruppe übrig bleibt“. Bei dem Rechtsmittel, das gegen diese
Entscheidung eingelegt worden sei, habe das Berufungsgericht Versailles alle Rügen hinsichtlich des
Verfahrens der gerichtlich bestellten Verwalter zurückgewiesen, obgleich insbesondere die Klägerin,
die dem genannten Verfahren beigetreten sei, geltend gemacht habe, dass „die eilige und
überstürzte Übernahme es den interessierten Unternehmen, vor allem Euroland und BaByliss, nicht
ermöglicht hat, Kenntnis von den Akten zu nehmen und unter normalen Bedingungen und unter
Zugrundelegung ausreichender Fristen einen Weiterführungsplan - durch Euroland - oder einen
Übernahmeplan - durch BaByliss - auszuarbeiten“.
114.
Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass nationale rechtliche Beurteilungen jedenfalls für die
Einstufung einer Tätigkeit im Rahmen des Gemeinschaftsrechts ungeeignet sind (Urteil des Gerichts
vom 12. Dezember 2000 in der Rechtssache T-128/98, Aéroports de Paris/Kommission, Slg. 2000, II-
3929, Randnr. 128). Wenn im Übrigen das Angebot der Klägerin nach französischem Recht als
unannehmbar angesehen wurde, da es keinem Plan einer Sanierung durch Unternehmensübernahme
entsprach, so ändert dies nichts daran, dass die Klägerin durch dieses Angebot bereits am 25.
September 2001 ihr Interesse an einer zumindest teilweisen Übernahme von Moulinex bekundet hat.
115.
Die Klägerin hat sodann durch folgende drei zusätzliche Angebote für eine teilweise oder
vollständige Übernahme von Moulinex weiterhin ihr Interesse an diesem Unternehmen bekundet:
- Angebot für eine Gesamtübernahme von Moulinex vom 29. November 2001, das die Übernahme
des gesamten Personals in Frankreich mit einem Bestand von etwa 5 500 Personen und der
Vermögenswerte von Moulinex einschließlich der Lagerbestände für den symbolischen Wert von einem
Euro umfasste und der Kommission bei deren Prüfung des Zusammenschlusses sowie der
Generaldirektion für Wettbewerb, Verbraucherschutz und Betrugsbekämpfung (GDWVBB) und dem
Vertreter des Wirtschaftsministeriums in Frankreich mitgeteilt wurde;
- Angebot für eine teilweise Übernahme von Moulinex vom 28. Dezember 2001, das sich auf den
Erwerb der gesamten weltweiten Tätigkeit von Krups, der gewerblichen Ausrüstungsgegenstände
dieses Unternehmens und dessen Personal für einen nach dem Perimeter der betreffenden Aktiva zu
bemessenden Betrag bezog und der Kommission bei deren Prüfung des Zusammenschlusses und den
französischen Behörden mitgeteilt wurde;
- Angebot für die Übernahme bestimmter Vermögenswerte von Moulinex vom 15. Februar 2002; die
Klägerin richtete ein neues Angebot für die Übernahme von Moulinex an die gerichtlich bestellten
Verwalter dieses Unternehmens, das die von SEB nicht übernommenen und aus den Standorten
Alençon, Bayeux und Falaise bestehenden Vermögenswerte von Moulinex sowie das gesamte Material
für die Herstellung von Mikrowellenherden umfasste; der von der Klägerin vorgeschlagene
Erwerbspreis betrug 150 000 Euro.
116.
Wenngleich diese verschiedenen Angebote nicht den vorgegebenen Bedingungen entsprachen, an
für ihre Behandlung nicht zuständige Behörden gerichtet waren oder erst nach dem
Zusammenschluss oder, was das Angebot vom 15. Februar 2002 betrifft, erst nach der
angefochtenen Entscheidung abgegeben wurden, so bezeugen sie dennoch das seit dem 25.
September 2001 bekundete ausgeprägte und fortdauernde Interesse der Klägerin an der Übernahme
von Moulinex oder bestimmter Vermögenswerte dieses Unternehmens.
117.
Aus alledem geht hervor, dass die Klägerin von dem Zusammenschluss von SEB und Moulinex
unmittelbar und individuell betroffen ist und ihre Klage auf Nichtigerklärung der angefochtenen
Entscheidung zulässig ist.
Zur Begründetheit
118.
Die Klägerin stützt ihre Nichtigkeitsklage auf vier Klagegründe. Der erste Klagegrund beruht auf
einem wesentlichen Formfehler, da die Kommission verspäteten Verpflichtungsvorschlägen von SEB
zugestimmt habe. Mit dem zweiten Klagegrund wird ein Rechtsfehler der Kommission bemängelt, da
diese den Zusammenschluss am Ende der Verfahrensphase I genehmigt habe, ohne die Phase II
einzuleiten. Mit dem dritten Klagegrund wird ein offenkundiger Beurteilungsfehler geltend gemacht, da
die eingegangenen Verpflichtungen nicht ausreichten, um den Wettbewerbsproblemen abzuhelfen.
Der vierte Klagegrund stützt sich auf einen Rechtsfehler der Kommission, da diese nicht geprüft habe,
ob die Stellung von SEB nicht durch den unverhältnismäßig niedrigen Übernahmepreis von Moulinex
und die finanzielle Beihilfe des französischen Staates verstärkt werde.
I -
119.
Die Klägerin macht geltend, die angefochtene Entscheidung sei mit einem Formfehler behaftet, da
sie den streitigen Zusammenschluss aufgrund von Verpflichtungen erlaube, die SEB erst nach Ablauf
der vorgeschriebenen Dreiwochenfrist, die mit dem Eingang der Anmeldung beginne, vorgeschlagen
habe.
120.
Die Klägerin weist darauf hin, dass nach Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 447/98 „die
Verpflichtungen [in der Phase I] ... der Kommission nicht später als drei Wochen nach dem Tag des
Eingangs der Anmeldung vorzulegen“ seien. Sie zitiert ferner folgende Stelle aus Nummer 37 der
Mitteilung der Kommission über Abhilfemaßnahmen:
„Berücksichtigt man, dass Abhilfemaßnahmen in der Verfahrensphase I dazu bestimmt sind, eine
einfache Antwort auf klar umrissene wettbewerbliche Bedenken zu erteilen, können nur in begrenztem
Umfang Änderungen der vorgeschlagenen Verpflichtungen akzeptiert werden. Solche Änderungen
umfassen, wenn sie als sofortige Antwort auf die Ergebnisse der Beratungen vorgelegt werden,
Klarstellungen, Verfeinerungen und/oder sonstige Verbesserungen, die sicherstellen, dass die
Verpflichtungen durchführbar und wirksam sind.“
121.
Die Kommission hat nach Ansicht der Klägerin gegen Artikel 18 der Verordnung Nr. 447/98 und
Nummer 37 der Mitteilung über Abhilfemaßnahmen verstoßen, indem sie neue Verpflichtungen von
SEB mehr als zehn Tage nach der vorgeschriebenen Dreiwochenfrist akzeptiert habe.
122.
SEB habe, so führt die Klägerin aus, der Kommission nämlich am 5. Dezember 2001, also zum
letztmöglichen einschlägigen Zeitpunkt, eine Verpflichtung vorgeschlagen, die aus einer bloßen
zweijährigen Einstellung des Verkaufs bestimmter Warengruppen der Marke Moulinex im gesamten
EWR bestanden habe (Begründungserwägung 135 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission
habe selbst die Auffassung vertreten, dass eine derartige Verpflichtung keine Lösung der mit dem
Zusammenschluss verbundenen Wettbewerbsprobleme ermögliche. Symptomatisch hierfür sei, dass
es die Kommission nicht einmal für nötig gehalten habe, einen Markttest zur Beurteilung der
Wirksamkeit solcher Maßnahmen vorzunehmen.
123.
Erst am 18. Dezember 2001, also fünf Wochen nach Anmeldung des Zusammenschlusses, habe
SEB neue Verpflichtungen unterbreitet, die darin bestanden hätten, dass eine ausschließliche Lizenz
für die Marke Moulinex für den Verkauf aller vom Zusammenschluss erfassten Warengruppen für die
Dauer von drei Jahren an einen Dritten zu vergeben sei. Dieser zweite Vorschlag sei seinerseits
Gegenstand eines dritten Vorschlags gewesen, der kurz vor der angefochtenen Entscheidung zu
wesentlichen Änderungen geführt habe, um zu der Lösung zu gelangen, die die Kommission schließlich
festgelegt habe (Begründungserwägungen 129 bis 134 der angefochtenen Entscheidung).
124.
Somit wichen der zweite und der dritte Verpflichtungsvorschlag von SEB ihrer Art nach ebenso wie
hinsichtlich ihrer Tragweite und ihrer Dauer grundlegend vom ursprünglichen Vorschlag von SEB ab.
Diese Vorschläge könnten daher im Sinne der Mitteilung der Kommission keineswegs als bloße
Verbesserung der ursprünglichen Verpflichtungen angesehen werden; sie stellten vielmehr neue
Verpflichtungen dar. Demnach hätte die Kommission in diesem Verfahrensstadium die Einleitung der
Phase II beschließen müssen.
125.
Im Vergleich habe Volvo in der Sache, die zu der Entscheidung der Kommission vom 14. März 2000
über die Erklärung der Unvereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und
der Funktionsweise des EWR-Abkommens (Sache COMP/M.1672 - Volvo/Scania) (ABl. 2001, L 143, S.
74) geführt habe, nach den Begründungserwägungen 359 und 362 einen ersten
Verpflichtungsvorschlag innerhalb der betreffenden Frist (in Phase II) unterbreitet und sodann
vierzehn Tage später einen neuen Verpflichtungsvorschlag vorgelegt. Die Kommission habe sich
geweigert, diese zweiten Verpflichtungen zu berücksichtigen, da „der neue Vorschlag keine Punkte
[enthielt], die Volvo nicht bereits in einer innerhalb der Dreimonatsfrist abgegebenen
Verpflichtungserklärung hätte niederlegen können“.
126.
Die Kommission meint, dass die Behauptung, sie habe „einen wesentlichen Formfehler begangen,
als sie verspäteten Verpflichtungen von SEB zugestimmt hat“, jeder Grundlage entbehre.
127.
Wie bereits ausgeführt, unterbreiteten die am Zusammenschluss beteiligten Parteien der
Kommission in der Phase I dreimal Verpflichtungsvorschläge, nämlich am 5. Dezember 2001, am 18.
Dezember 2001 und zu einem späteren, nicht näher spezifizierten Zeitpunkt vor Erlass der
angefochtenen Entscheidung am 8. Januar 2002.
128.
Diese Verpflichtungen lassen sich inhaltlich wie folgt zusammenfassen:
- Die ursprüngliche Fassung vom 5. Dezember 2001 (im Folgenden: ursprüngliche Fassung der
Verpflichtungen) verpflichtete dazu, fünf Gruppen relevanter Erzeugnisse der Marke Moulinex zwei
Jahre lang aus dem gesamten EWR zu nehmen;
- in der geänderten Fassung vom 2001 (im Folgenden: geänderte Fassung der Verpflichtungen)
enthielten die Verpflichtungen für alle Warengruppen mit Belgien, Griechenland, den Niederlanden
und Portugal und für Fritteusen in Deutschland, Österreich, Dänemark, Norwegen und Schweden eine
ausschließliche Lizenz für die Marke Moulinex für die Dauer von drei Jahren, verbunden mit der
Verpflichtung, die Marke Moulinex nach Ablauf der Lizenz für die Dauer eines weiteren Jahres vom
Markt zu nehmen, sowie eine Bezugspflicht der Lizenznehmer für vier relevante Warengruppen;
- in der endgültigen Fassung schließlich, wie sie in der angefochtenen Entscheidung akzeptiert
wurde (im Folgenden: endgültige Fassung der Verpflichtungen), enthielten die Verpflichtungen für alle
Warengruppen der elektrischen Haushaltskleingeräte in Österreich, Deutschland, Belgien, Dänemark,
Griechenland, Norwegen, den Niederlanden, Portugal und Schweden eine ausschließliche Lizenz für
die Marke Moulinex für die Dauer von fünf Jahren, verbunden mit der Verpflichtung, die Marke Moulinex
nach Ablauf der Lizenz für die Dauer weiterer drei Jahre vom Markt zu nehmen, sowie eine zweijährige
Bezugspflicht des Lizenznehmers in Deutschland für eine Gruppe relevanter Erzeugnisse.
129.
Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 447/98 bestimmt:
„Die der Kommission von den beteiligten Unternehmen gemäß Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung ... Nr.
4064/89 vorgeschlagenen Verpflichtungen, die nach Ansicht der Beteiligten die Grundlage für eine
Entscheidung nach Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b) der genannten Verordnung bilden sollen, ... sind
der Kommission nicht später als drei Wochen nach dem Tag des Eingangs der Anmeldung vorzulegen.“
130.
Da der Zusammenschluss am 13. November 2001 angemeldet wurde, endete die Frist für
Verpflichtungsvorschläge an die Kommission in der Phase I gemäß der Berechnungsmethode der
Artikel 6 bis 9 und 18 Absatz 3 der Verordnung Nr. 447/98 am 5. Dezember 2001. Demnach wurde die
ursprüngliche Fassung der Verpflichtungen der Kommission innerhalb der in Artikel 18 Absatz 1 der
Verordnung Nr. 447/98 vorgeschriebenen Frist vorgelegt.
131.
Es steht jedoch fest, dass es sich bei der ursprünglichen Fassung der Verpflichtungen nicht um
diejenige handelt, die die Kommission schließlich in der angefochtenen Entscheidung akzeptiert hat.
Die ursprüngliche Fassung konnte nämlich nach Begründungserwägung 135 der angefochtenen
Entscheidung nicht alle ernsthaften Bedenken der Kommission hinsichtlich der Vereinbarkeit des
Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt ausräumen, da sie es nicht ermöglicht hätte, dass
ein anderer Marktteilnehmer die Stelle von Moulinex einnahm, und sie sich auch nicht auf alle Märkte
bezog, auf denen der Zusammenschluss ernsthaften Bedenken begegnen konnte.
132.
Sowohl die geänderte Fassung der Verpflichtungen als auch ihre endgültige Fassung wurden
indessen von den Parteien des Zusammenschlusses unstreitig erst nach Ablauf der Dreiwochenfrist
des Artikels 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 447/98 vorgelegt. Daher ist zu prüfen, ob die Kommission
berechtigt war, diese Verpflichtungen zu akzeptieren, ohne gegen die letztgenannte Bestimmung zu
verstoßen.
133.
Insoweit ist in erster Linie der Wortlaut der einschlägigen Bestimmungen der Verordnungen Nr.
4064/89 und Nr. 447/98 zu beachten.
134.
Die am Zusammenschluss beteiligten Parteien müssen der Kommission nach Artikel 18 Absatz 1 der
Verordnung Nr. 447/98 binnen drei Wochen die Verpflichtungen vorlegen, die „nach Ansicht der
Beteiligten die Grundlage [für eine Entscheidung am Ende der Phase I] bilden sollen“.
135.
Ferner wird nach Artikel 10 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Verordnung Nr. 4064/89 die Phase I auf
sechs Wochen erweitert, wenn die beteiligten Unternehmen nach Anmeldung eines
Zusammenschlusses gemäß Artikel 6 Absatz 2 dieser Verordnung Verpflichtungen anbieten, die „nach
Auffassung der Parteien [bei einer Entscheidung am Ende der Phase I] zu berücksichtigen sind“.
136.
Aus dem Wortlaut dieser Bestimmungen geht demnach hervor, dass die Dreiwochenfrist des
Artikels 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 447/98 für die Parteien des Zusammenschlusses in dem
Sinne als bindend anzusehen ist, dass die Kommission Verpflichtungen in der Phase I nicht
berücksichtigen muss, wenn die Parteien diese Verpflichtungen nach Ablauf der genannten Frist
vorlegen. Andererseits lässt der Wortlaut der vorerwähnten Bestimmungen nicht erkennen, dass es
der Kommission untersagt wäre, derartige verspätete Verpflichtungen zu berücksichtigen.
137.
Um festzustellen, ob Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 447/98 in diesem Sinne ausgelegt
werden muss, ist gleichwohl der Wortlaut dieser Bestimmung im Licht des damit verfolgten Zweckes zu
prüfen.
138.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die genannte Bestimmung durch die Verordnung Nr. 447/98
eingeführt wurde, die die Verordnung (EG) Nr. 3384/94 der Kommission vom 21. Dezember 1994 über
die Anmeldungen, über die Fristen sowie über die Anhörung nach der Verordnung Nr. 4064/89 (ABl. L
377, S. 1) nach Erlass der Verordnung Nr. 1310/97 aufgehoben hat. Durch Letztere wurden in die
Verordnung Nr. 4064/89 Vorschriften über das Angebot von Verpflichtungen in der Phase I
aufgenommen. In Begründungserwägung 16 der Verordnung Nr. 447/98 erklärt die Kommission, dass
die Fristen für die Vorlage der in dieser Verordnung vorgesehenen Verpflichtungen festzulegen sind,
„damit die Kommission Verpflichtungen, die dazu bestimmt sind, den Zusammenschluss mit dem
Gemeinsamen Markt vereinbar zu machen, ordnungsgemäß würdigen und die erforderliche
Konsultierung mit den anderen Beteiligten, Dritten und den Behörden der Mitgliedstaaten
gewährleisten kann“.
139.
Aus dieser Begründungserwägung geht somit hervor, dass die Kommission durch die Einführung
der in Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 447/98 vorgesehenen Frist sicherstellen wollte, dass sie
über die erforderliche Zeit verfügt, um die vorgeschlagenen Verpflichtungen zu würdigen und Dritte zu
konsultieren. Zu diesem Zweck ist es zweifellos erforderlich, dass die in dieser Bestimmung
vorgesehene Frist für die Parteien des Zusammenschlusses bindend ist, damit diese nicht vor Ablauf
der Phase I Verpflichtungen zu einem Zeitpunkt unterbreiten können, der der Kommission nicht mehr
die nötige Zeit lässt, um die Verpflichtungen zu würdigen und Dritte zu konsultieren, wobei diese Frist
hingegen keineswegs auch für die Kommission bindend sein muss, da es ihr je nach Einzelfall
durchaus möglich ist, festzustellen, dass eine kürzere Zeit ausreicht, um diese Würdigung und
Konsultation vorzunehmen.
140.
Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 447/98 ist also dahin zu verstehen, dass zwar die Parteien
eines Zusammenschlusses von der Kommission keine Berücksichtigung der nach der Dreiwochenfrist
vorgelegten Verpflichtungen und Verpflichtungsänderungen verlangen können, dass es der
Kommission hingegen, sofern sie über die nötige Zeit für deren Prüfung verfügt, möglich sein muss,
den Zusammenschluss anhand dieser Verpflichtungen zu genehmigen, selbst wenn Änderungen nach
der Dreiwochenfrist vorgenommen werden.
141.
Demgemäß konnte die Kommission die geänderte Fassung der Verpflichtungen und deren
endgültige Fassung auch nach der Dreiwochenfrist des Artikels 18 Absatz 1 der Verordnung Nr.
447/98 akzeptieren, da diese Frist für sie nicht bindend ist.
142.
Die Kommission hat zudem mit ihrer Zustimmung zu diesen Verpflichtungen entgegen dem
Vorbringen der Klägerin die einschlägigen Grundsätze beachtet, die sie in ihrer Mitteilung über
Abhilfemaßnahmen dargelegt hatte.
143.
Insoweit ist vorab festzustellen, dass diese Mitteilung im Gegensatz zu von der Kommission in ihrer
Klagebeantwortung geäußerten Auffassung nicht frei von verbindlichen Rechtswirkungen ist. Die
Kommission ist nämlich durch ihre Mitteilungen im Bereich der Kontrolle von Zusammenschlüssen
gebunden, soweit diese Mitteilungen nicht von den Vorschriften des Vertrages und der Verordnung
Nr. 4064/89 abweichen (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 13. Juni 2002 in der Rechtssache C-382/99,
Niederlande/Kommission, Slg. 2002, I-5163, Randnr. 24, und vom 26. September 2002 in der
Rechtssache C-351/98, Spanien/Kommission, Slg. 2002, I-8031, Randnr. 53). Überdies kann die
Kommission nicht von den Regeln abweichen, die sie sich selbst auferlegt hat (vgl. insbesondere Urteil
des Gerichts vom 17. Dezember 1991 in der Rechtssache T-7/89, Hercules Chemicals/Kommission, Slg.
1991, II-1711, Randnr. 53).
144.
Die Kommission hat in ihrer Mitteilung über Abhilfemaßnahmen ausgeführt:
„37 Ergibt sich jedoch aus der Prüfung, dass die angebotenen Verpflichtungen nicht ausreichen, um
die Wettbewerbsbedenken auszuräumen, werden die Parteien hiervon in Kenntnis gesetzt.
Berücksichtigt man, dass Abhilfemaßnahmen in der Verfahrensphase I dazu bestimmt sind, eine
einfache Antwort auf klar umrissene wettbewerbliche Bedenken zu erteilen, können nur in begrenztem
Umfang Änderungen der vorgeschlagenen Verpflichtungen akzeptiert werden. Solche Änderungen
umfassen, wenn sie als sofortige Antwort auf die Ergebnisse der Beratungen vorgelegt werden,
Klarstellungen, Verfeinerungen und/oder sonstige Verbesserungen, die sicherstellen, dass die
Verpflichtungen durchführbar und wirksam sind.“
145.
Was die Änderungen der geänderten Fassung der Verpflichtungen durch deren endgültige Fassung
anbelangt, so ist klar und wird auch von der Klägerin nicht bestritten, dass es sich dabei um
begrenzte Änderungen im Sinne von Nummer 37 der Mitteilung über Abhilfemaßnahmen handelt. Im
Vergleich zur vorhergehenden Fassung beschränkt sich die endgültige Fassung der Verpflichtungen
nämlich darauf, die Geltungsdauer der ausschließlichen Lizenz und der anschließenden
Marktenthaltung zu verlängern, den auf ursprünglich vier Mitgliedstaaten angewandten Grundsatz der
Lizenzgeltung für die Gesamtheit der elektrischen Haushaltskleingeräte auf fünf weitere
Mitgliedstaaten auszudehnen und schließlich den Umfang der Bezugspflicht zu reduzieren. Da diese
Änderungen nur den zeitlichen, produktmäßigen und räumlichen Geltungsbereich von Verpflichtungen
der geänderten Fassung betreffen, können sie als begrenzte Änderungen zur Verbesserung oder
Verfeinerung der ursprünglichen Fassung im Sinne von Nummer 37 der Mitteilung über
Abhilfemaßnahmen angesehen werden.
146.
Im Hinblick auf die Änderungen der ursprünglichen Fassung durch die geänderte Fassung, die in
einer Umwandlung des zeitweiligen Vertriebsverzichts der Marke Moulinex in eine Verpflichtung zur
Vergabe einer ausschließlichen Lizenz für diese Marke bestanden, ist festzustellen, dass SEB als
Inhaber der Marke Moulinex durch eine ausschließliche Lizenz wie durch einen Vertriebsverzicht das
Recht verliert, diese Marken in den betreffenden Gebieten zu verwenden. Insofern kann der Umstand,
dass die Vergabe einer ausschließlichen Lizenz auch einem Dritten die Verwendung der Marke
ermöglicht, als „Verbesserung“ gegenüber dem bloßen Verzicht betrachtet werden.
147.
Zudem hat SEB nach Nummer 1 Buchstabe c der Verpflichtungen die Verwendung der Marke
Moulinex während der Dauer von drei Jahren nach Ablauf der Lizenzverträge zu unterlassen. Ferner
können die Lizenznehmer nach Nummer 1 Buchstabe a Absatz 2 die Verwendung der Marke Moulinex
während der Laufzeit der Lizenz jederzeit einstellen, um endgültig zu ihrer eigenen Marke überzugehen.
Durch diese beiden Bestimmungen ist die Marke Moulinex mindestens für die Dauer von drei Jahren
und - zumindest theoretisch - längstens von acht Jahren vom Markt genommen. Demnach beschränkt
sich entgegen dem Vorbringen der Klägerin die endgültige Fassung der Verpflichtungen nicht darauf,
dass der in der ursprünglichen Fassung vorgesehene Vertriebsverzicht für die Marke Moulinex durch
die Lizenzvergabe für diese Marke ersetzt wird, sondern sie verstärkt diesen Verzicht durch die SEB
auferlegte Verpflichtung zur Lizenzvergabe. Auch aus diesem Grund stellt die endgültige Fassung der
Verpflichtungen eine „Verbesserung“ gegenüber der ursprünglichen Fassung dar.
148.
Darüber hinaus kann diese Verbesserung, obgleich Dritte nicht ausdrücklich zur ursprünglichen
Fassung der Verpflichtungen konsultiert wurden, als „sofortige Antwort auf die Ergebnisse der
Beratungen“ mit Dritten angesehen werden, um die Verpflichtungen „durchführbar und wirksam“ zu
machen. Die Klägerin hat nämlich in Beantwortung der Frage 25 des an die Konkurrenzunternehmen
gerichteten Fragebogens selbst erklärt, dass eine dauerhafte Stellung auf den jeweiligen nationalen
Produktmärkten zwei sehr wichtige Gegebenheiten voraussetze, nämlich die Markentreue der
Verbraucher und den Zugang zu den verschiedenen Vertriebsnetzen. Demgemäß konnte die
Kommission logischerweise aus der Drittkonsultation schließen, dass eine ausschließliche Lizenz für
die Marke Moulinex eine sofortige Antwort auf die von Dritten herausgestellten Probleme darstellt, da
es diese Lizenz im Gegensatz zum einfachen Markenverzicht ermöglicht, dass an die Stelle von
Moulinex ein Marktteilnehmer tritt, der über eine bekannte Marke verfügt und Zugang zum
Vertriebsnetz hat.
149.
Wie im Übrigen aus den Akten hervorgeht, hat De'Longhi in einer Aufzeichnung vom 17. Dezember
2001 „über den möglichen Verpflichtungen von SEB“ gegenüber der Kommission ausdrücklich erklärt,
dass „als Alternative zur Übertragung SEB verpflichtet werden könnte, Lizenzen für die Marke Moulinex
an Dritte auf allen nationalen Märkten zu vergeben, auf denen der Zusammenschluss besonders
große wettbewerbswidrige Auswirkungen mit sich bringt“. Wenngleich De'Longhi, wie ihrer Erklärung in
der mündlichen Verhandlung zu entnehmen ist, diese Stellungnahme in ihrer Antwort auf den
Fragebogen über die Verpflichtungen vom 3. Januar 2002 nuanciert hat, ist dies doch ein Anzeichen
dafür, dass die Kommission vernünftigerweise und jedenfalls ohne einen offenkundigen Fehler zu
begehen, eine Verpflichtung zur Lizenzvergabe als sofortige Antwort auf die Drittkonsultationen
betrachten konnte, da De'Longhi selbst diese Option befürwortet hat, bevor sie von SEB
vorgeschlagen wurde.
150.
Aus all diesen Gründen können die geänderte Fassung der Verpflichtungen und deren endgültige
Fassung als begrenzte Änderungen angesehen werden, die die Kommission nach Nummer 37 der
Mitteilung über Abhilfemaßnahmen nach Ablauf der in Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung Nr. 447/98
vorgesehenen Frist akzeptieren kann.
151.
Der erste Klagegrund ist daher insgesamt zurückzuweisen.
II -
152.
Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe einen Rechtsfehler begangen, indem sie nicht
aufgrund des Artikels 6 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 4064/89 die Verfahrensphase II
eingeleitet habe, obgleich die Voraussetzungen für eine Genehmigung am Ende der Phase I nicht
vorgelegen hätten, da es die von SEB vorgeschlagenen Verpflichtungen nicht ermöglicht hätten, alle
ernsthaften Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen
Markt in überzeugender Weise auszuräumen.
153.
Nach der Mitteilung über Abhilfemaßnahmen müssten „Verpflichtungen, die in Phase I gegenüber
der Kommission eingegangen werden, alle .ernsthaften Bedenken‘“ hinsichtlich der Vereinbarkeit des
Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt „in überzeugender Weise ausschließen“. In Phase I
eingegangene Verpflichtungen könnten nur dann ohne Einleitung der Phase II zu einer Genehmigung
führen, wenn
- die durch den Zusammenschluss aufgeworfenen Wettbewerbsprobleme klar umrissen seien,
- die genannten Verpflichtungen ausreichten, um alle ernsthaften Bedenken in überzeugender
Weise auszuräumen, und somit so beschaffen seien, dass sie eine einfache Antwort auf klar
umrissene wettbewerbliche Bedenken erteilten,
- die genannten Verpflichtungen eine „sofortige Antwort“ auf die Ergebnisse der Beratungen der
Kommission mit den Marktteilnehmern und den Beteiligten darstellten.
154.
So komme die Kommission in ihrer Mitteilung über Abhilfemaßnahmen zu folgendem Schluss:
„Verpflichtungszusagen in der Phase I können nur unter bestimmten Umständen akzeptiert werden.
Das Wettbewerbsproblem muss so evident und die Abhilfemaßnahmen müssen so klar sein, dass sich
eine eingehende Untersuchung erübrigt.“
155.
Die Kommission habe zudem in der vorgenannten Sache Volvo/Scania einen Verpflichtungsvorschlag
der Parteien des Zusammenschlusses abgelehnt, nachdem sie Folgendes festgestellt habe:
„Es lässt sich nicht feststellen, dass der neue Vorschlag alle aufgeführten Wettbewerbsbedenken
offenkundig und eindeutig ausräumen würde. Aufgrund der Komplexität der neuen Vorschläge wäre es
der Kommission unmöglich gewesen, sie in der kurzen verbleibenden Zeit bis zum Ablauf der Frist nach
Artikel 10 Absatz 3 der Fusionskontrollverordnung effektiv zu bewerten. Es wären weitere Ermittlungen
notwendig gewesen, und es hätten gemäß den einschlägigen Bestimmungen der
Fusionskontrollverordnung die Ansichten interessierter Dritter eingeholt werden müssen.“
156.
Unter diesen Umständen konnte die Kommission nach Ansicht der Klägerin am Ende der Phase I
den Zusammenschluss nicht genehmigen, ohne einen Rechtfehler zu begehen. Es sei der Kommission
nämlich nur nach dieser Phase nicht möglich gewesen, mit der nötigen Gewissheit festzustellen, dass
die vorgesehenen Verpflichtungen sämtliche Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des
Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt ausräumen könnten.
157.
Drei Gegebenheiten zeigten, dass die Kommission am Ende der Phase I nicht mit der nötigen
Gewissheit habe feststellen können, dass die eingegangenen Verpflichtungen ausreichten, um alle
Wettbewerbsprobleme zu lösen, die der Zusammenschluss mit sich bringe.
158.
Erstens habe die Kommission nach Kenntnis der Klägerin bisher niemals einen Zusammenschluss
allein auf der Grundlage von Verpflichtungen genehmigt, die auf einer Markenlizenz beruhten; solche
Verpflichtungen seien stets von anderen Abhilfemaßnahmen begleitet oder ergänzt worden, wie etwa
der Abtretung von Vermögenswerten. So bestimme die Kommission selbst in Nummer 16 ihrer
Mitteilung über Abhilfemaßnahmen: „Wo horizontale Überschneidungen in einem besonderen Markt
das Wettbewerbsproblem bilden, müssen die bestgeeigneten Geschäftstätigkeiten veräußert
werden.“ Die Kommission habe folglich über keine Erfahrung verfügen können, die es ihr erlaubt
hätte, mit der nötigen Gewissheit festzustellen, ob eine einfache Zusage der Markenlizenzerteilung die
erkannten Wettbewerbsprobleme eindeutig lösen könne.
159.
Zweitens habe die Kommission nicht den erforderlichen Einblick für die Beurteilung der Wirksamkeit
der Verpflichtungszusagen gehabt. Im Gegensatz zu einer einfachen Abtretungsverpflichtung, deren
Folgen die Kommission leicht überschauen könne, sei die Wirksamkeit einer Markenlizenz bereits ihrer
Art nach schwieriger zu ermessen, da sie von mehreren Faktoren abhänge, wie etwa der Lizenzdauer,
der Dauer des anschließenden Markenverzichts und dem genauen Lizenzperimeter. Außerdem werde
die Beurteilung der Auswirkungen solcher Verpflichtungen noch dadurch kompliziert, dass die Lizenzen
der Marke Moulinex nach der von der Kommission vorgesehenen Regelung je nach Erzeugnis und Land
an verschiedene Unternehmen vergeben werden könnten. Somit sei die Kommission nicht in der Lage
gewesen, ohne ein genaueres Prüfungsverfahren mit der nötigen Gewissheit zu beurteilen, ob die
Lizenznehmer nach dem Zusammenschluss für die einzelnen Produktarten und Länder tatsächlich ein
echtes Gegengewicht gegenüber SEB-Moulinex darstellen könnten.
160.
Drittens sei darauf hinzuweisen, dass der Fragebogen zur Beurteilung der geänderten Fassung der
Verpflichtungszusagen von SEB den betroffenen Drittunternehmen am 20. Dezember 2001 übermittelt
und die Antwort für den 21. Dezember 2001 angefordert worden sei. Diese äußerst kurze
Beantwortungsfrist habe den Betroffenen keine genaue und eingehende Meinungsäußerung zu den
voraussichtlichen Folgen der vorgeschlagenen Verpflichtungen ermöglicht. Eine sehr kurze
Erwiderungsfrist könne zwar in bestimmten Fällen bei Verpflichtungen akzeptiert werden, deren
Auswirkungen - wie etwa bei Vermögensveräußerungen - leicht zu erfassen seien. Im hier gegebenen
Fall komplexer und zudem selten praktizierter Zusagen könne hingegen eine Eintagesfrist keinesfalls
ausreichen, um betroffenen Dritten eine eingehende Meinungsäußerung zu gestatten.
161.
Die Kommission bestreitet, durch die Genehmigung des Zusammenschlusses am Ende der Phase I
ohne Einleitung des Verfahrens einer vertieften Untersuchung einen Rechtsfehler begangen zu
haben.
162.
Vorab ist festzustellen, dass die Klägerin mit ihrer Erklärung, die Kommission habe einen
Rechtsfehler begangen, indem sie nicht die Phase II eingeleitet habe, obgleich die
Verpflichtungszusagen von SEB nicht ausgereicht hätten, um alle ernsthaften Bedenken in
überzeugender Weise auszuräumen, die wirtschaftliche Würdigung in Frage stellt, die die Kommission
veranlasst hat, die von SEB vorgeschlagenen Verpflichtungen zu akzeptieren. In dieser Hinsicht
überschneidet sich dieser Klagegrund mit dem dritten Klagegrund, der sich auf einen offenkundigen
Beurteilungsfehler bezüglich der Eignung der Verpflichtungen zur Lösung der aufgetretenen
Wettbewerbsprobleme stützt.
163.
Die in der Phase I eingegangenen Verpflichtungen können nach der achten Begründungserwägung
der Verordnung Nr. 1310/97 akzeptiert werden, „wenn das Wettbewerbsproblem klar umrissen ist und
leicht gelöst werden kann“. Ebenso wird in Nummer 37 der Mitteilung über Abhilfemaßnahmen
dargelegt, dass die Abhilfemaßnahmen der Phase I „eine einfache Antwort auf klar umrissene
wettbewerbliche Bedenken zu erteilen“ haben.
164.
Hinsichtlich der Art der fraglichen Wettbewerbsprobleme ist festzustellen, dass die Klägerin keine
anderen derartigen Probleme identifiziert als die Kommission in der angefochtenen Entscheidung.
165.
Die Kommission hat sich im Übrigen auf eine vorsichtige Wettbewerbsanalyse gestützt. Ihr erschien
nämlich entgegen der von den anmeldenden Parteien im Verwaltungsverfahren vertretenen Ansicht,
wonach die räumlichen Märkte als weltweit anzusehen wären, in Begründungserwägung 30 der
angefochtenen Entscheidung eine nationale Definition der betreffenden räumlichen Märkte „am Ende
der Prüfung der Phase I am angemessensten“. Außerdem ist die Kommission, um die
Wettbewerbsposition der neuen Einheit nach dem Zusammenschluss zu bewerten, bei der
Zusammenzählung der Marktanteile von SEB und Moulinex davon ausgegangen, dass bei Moulinex
keine Absatzverluste zu verzeichnen sind, obgleich solche Verluste im Zusammenhang mit der
Übernahme eintreten können und feststeht, dass bestimmte Modelle von Moulinex nicht mehr
vertrieben werden. So hat die Kommission in Begründungserwägung 42 der angefochtenen
Entscheidung dargelegt, es könne „zumindest am Ende einer ersten Untersuchungsphase“ nicht
ausgeschlossen werden, „dass es der zusammengeschlossenen Einheit möglich ist, die
Wettbewerbskapazität von Moulinex wieder auf den Stand zu bringen, der vor dem gerichtlichen
Vergleichsverfahren erreicht worden war“.
166.
Die Kommission hat somit die durch den Zusammenschluss hervorgerufenen Wettbewerbsprobleme
genau umrissen.
167.
Die Klägerin stützt sich auf drei Faktoren, um darzutun, dass die Kommission nicht mit der nötigen
Gewissheit davon habe ausgehen können, dass die vorgeschlagenen Verpflichtungen die Beseitigung
der Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses ermöglichten, und sie daher
durch die Genehmigung des Zusammenschlusses am Ende der Phase I einen Rechtsfehler begangen
habe. Diese Faktoren beziehen sich erstens auf die Art der Verpflichtungen, zweitens auf den
unzureichenden Einblick der Kommission bei der Beurteilung der Verpflichtungen und drittens auf die
Frist, innerhalb deren die Drittunternehmen zu den Verpflichtungen Stellung nehmen sollten.
168.
Bei dem ersten Faktor, nämlich der Art der vorgeschlagenen Verpflichtungen, handelt es sich
bekanntlich um Verträge über eine ausschließliche Lizenz für die Marke Moulinex in neun
Mitgliedstaaten für alle dreizehn relevanten Produktgruppen mit einer Laufzeit von fünf Jahren und um
die Verpflichtung der SEB-Gruppe, während der Dauer der Lizenz und während eines anschließenden
Zeitraums von drei Jahren den Vertrieb unter der Marke Moulinex zu unterlassen.
169.
Weder die Verordnung Nr. 4064/89 noch die Mitteilung über Abhilfemaßnahmen sieht ausdrücklich
vor, welche Art von Verpflichtungen am Ende der Phase II oder im Rahmen der Phase I akzeptiert
werden kann oder muss. Da nach der Verordnung Nr. 4064/89 die Begründung oder Verstärkung von
Marktstrukturen verhindert werden soll, die einen wirksamen Wettbewerb im Gemeinsamen Markt
erheblich behindern könnten, müssen die vorgeschlagenen Verpflichtungen der Kommission jedoch
die Schlussfolgerung erlauben, dass der betreffende Zusammenschluss keine beherrschende
Stellung begründet oder verstärkt. In dieser Hinsicht gibt es der Art nach keinen Unterschied zwischen
Verpflichtungen, die in der Phase I und Verpflichtungen, die in der Phase II eingegangen werden,
wenngleich Erstere in Ermangelung einer in dieser Phase vorzunehmenden vertieften Marktstudie
nicht nur den Schluss zulassen müssen, dass der Vorgang keine beherrschende Stellung begründet
oder verstärkt, sondern auch ausreichen müssen, um alle ernsthaften Bedenken in dieser Hinsicht in
überzeugender Weise auszuräumen.
170.
Auch wenn die Veräußerung von Unternehmensteilen häufig die geeignetste Abhilfemaßnahme
darstellt, um insbesondere bei horizontalen Überschneidungen, einem Wettbewerbsproblem in
einfacher Weise zu begegnen, so kann doch nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass ein
Lizenzvertrag als adäquate Maßnahme anzusehen ist, um festgestellten Wettbewerbsproblemen
abzuhelfen. So hat das Gericht im Urteil 25. März 1999 in der Rechtssache T-102/96
(Gencor/Kommission, Slg. 1999, II-753, Randnr. 319) ausgeführt:
„Es lässt sich indessen nicht a priori ausschließen, dass auf den ersten Blick verhaltensbestimmende
Verpflichtungen wie die Nichtverwendung einer Marke für eine bestimmte Zeit oder die
Zurverfügungstellung eines Teils der Produktionskapazität der aufgrund des Zusammenschlusses
entstehenden Einheit an Konkurrenten oder allgemein der Zugang zu einer wesentlichen Infrastruktur
unter nichtdiskriminierenden Bedingungen ebenfalls geeignet sein können, die Entstehung oder
Verstärkung einer beherrschenden Stellung zu verhindern.“
171.
Die Klägerin betont, die Kommission habe Zusammenschlüsse bisher nie allein auf der Grundlage
von Verpflichtungen zur Vergabe von Markenlizenzen genehmigt. Dies ist indessen ohne Belang, da die
Zulassung der von SEB eingegangenen Verpflichtungen durch die Kommission nicht allein deshalb
bemängelt werden kann, weil die Kommission Zusammenschlüsse zuvor nie auf der genannten
Grundlage genehmigt habe, sofern solche Verpflichtungen geeignet sind, die festgestellten
Wettbewerbsprobleme in wirksamer Weise zu lösen. Diese Frage, die sich auf den Inhalt der
Verpflichtungen bezieht, wird im Rahmen des Klagegrundes behandelt, der auf einer Unzulänglichkeit
der Verpflichtungen beruht.
172.
Wie aus den Akten überdies hervorgeht, haben mehrere Drittunternehmen, darunter De'Longhi, der
Kommission im Verwaltungsverfahren dargelegt, dass ein Lizenzvertrag unter bestimmten Umständen
genügen könne, um die festgestellten Wettbewerbsprobleme zu lösen (siehe oben, Randnr. 149).
173.
Der Handelsmarke kommt auf dem vom Zusammenschluss betroffenen Sektor zweifellos
erstrangige Bedeutung zu, und sie ist für die Wahl des Endverbrauchers besonders wichtig. Die
Angebote für die Übernahme von Moulinex bezogen sich im Übrigen fast ausschließlich auf die Marken
dieser Unternehmensgruppe und nicht auf deren Produktionseinheiten; auch die Klägerin war in
erster Linie am Erwerb der Marke Krups interessiert. Eine Veräußerung sachlicher Vermögenswerte
hätte sich im vorliegenden Fall unstreitig nur am Rande auf die Wettbewerbsstruktur ausgewirkt.
Würde die Veräußerung der im Recht auf die Markennutzung liegenden geistigen Aktiva verlangt, so
käme dies im Grunde einem teilweisen Verbot des Zusammenschlusses gleich und widerspräche dem
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wenn die Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden
Stellung von SEB-Moulinex durch die Verpflichtung zur Lizenzvergabe verhindert werden könnte.
174.
Die Klägerin hat nicht dargetan, dass es der Kommission nicht möglich war, festzustellen, ob das
(die) lizenzberechtigte(n) Drittunternehmen ein Gegengewicht gegenüber SEB-Moulinex bilden kann
(können). Die Kommission hat vielmehr in die endgültige Fassung der Verpflichtungen eine Erwägung
über die Eigenschaft des Lizenznehmers aufgenommen und vorgeschrieben, dass der (die)
Lizenznehmer ihrer Zustimmung bedarf (bedürfen), dass er (sie) existenzfähig und unabhängig sein
muss (müssen) und die Kompetenz besitzen muss (müssen), um einen wirksamen Wettbewerb auf
dem betreffenden Markt auszuüben.
175.
Weiterhin geht aus den Verpflichtungen von SEB entgegen dem Vorbringen der Klägerin hervor,
dass es in einem Land nicht mehrere Lizenznehmer geben kann; die Verpflichtungen bestimmen
nämlich ausdrücklich in Nummer 1 Buchstabe a, dass die Lizenz in jedem betroffenen Mitgliedstaat
ausschließlich ist, und in Nummer 1 Buchstabe c, dass die Lizenz alle elektrischen
Haushaltskleingeräte erfasst und weder der Lizenznehmer noch SEB die Marke Moulinex für andere
Erzeugnisse verwenden darf.
176.
Im Hinblick auf die zweite Rüge, wonach der Kommission der erforderliche Einblick gefehlt habe, um
die Wirksamkeit der vorgesehenen Verpflichtungen zu würdigen, genügt die Feststellung, dass die
Wirksamkeit einer Markenlizenz zwar von mehreren Faktoren abhängt, die schwieriger zu kontrollieren
sind als die Veräußerung von Unternehmensteilen, dass aber nicht von vornherein auszuschließen ist,
dass die Kommission die betreffenden Parameter in der Phase I beurteilen kann.
177.
Zudem ist festzustellen, dass die Kommission allen von der Klägerin vorgetragenen Kriterien
Rechnung getragen hat und diese im Markt testen konnte. So konnte sie aufgrund ihrer eigenen
Prüfung und der Antworten der konsultierten Drittunternehmen die Unzulänglichkeiten der
ursprünglichen Verpflichtungszusagen besser erkennen und daran die erforderlichen Verbesserungen
der Laufzeit der Lizenz, der Dauer des anschließenden Markenverzichts und des genauen
Lizenzperimeters vornehmen. Die endgültige Fassung der Verpflichtungen sieht somit insbesondere
Folgendes vor:
- eine zweijährige Verlängerung der Lizenzdauer und des anschließenden Konkurrenzverzichts,
nachdem der ursprüngliche Zeitrahmen drei Jahre bzw. ein Jahr betragen hatte (Nr. 1 Buchstabe c
Absatz 1 der Verpflichtungen);
- die Erweiterung der Lizenzverträge auf alle relevanten Erzeugnisse und ein Verbot für SEB,
sämtliche (auch nicht relevante) Erzeugnisse unter der Marke Moulinex in den neun betroffenen
Mitgliedstaaten zu vermarkten (Nr. 1 Buchstaben a und c Absatz 2);
- die Aufhebung der Verpflichtung der Lizenznehmer, bestimmte relevante Erzeugnisse von SEB zu
beziehen (mit Ausnahme des Sonderfalls Deutschland) (Nr. 1 Buchstabe d);
- das Erfordernis, dass die Lizenzbewerber bereits auf dem Markt vertreten sind oder potenziell dazu
in der Lage sind (Nr. 1 Buchstabe g).
178.
Somit können die Verpflichtungen nicht als so weitläufig und komplex angesehen werden, dass es
der Kommission unmöglich war, mit der nötigen Gewissheit festzustellen, dass ein wirksamer
Wettbewerb auf dem Markt wiederhergestellt wird, zumal die endgültige Fassung der Verpflichtungen
weitgehend der Kritik der Drittunternehmen folgt. Ferner ist festzustellen, dass die von der
Kommission akzeptierten Verpflichtungen aus demselben Grund genau genug waren, um der
Kommission die Beurteilung aller Elemente dieser Verpflichtungen zu erlauben.
179.
Hinsichtlich der dritten Rüge, die sich auf die Frist bezieht, die den Drittunternehmen für ihre
Stellungnahme zur Verfügung stand, ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in Nummer 34 ihrer
Mitteilung über Abhilfemaßnahmen Folgendes ausführt:
„34 Um die Grundlage für eine Entscheidung nach Artikel 6 Absatz 2 zu bilden, müssen Vorschläge
für Verpflichtungen folgende Anforderungen erfüllen:
a) sie müssen rechtzeitig, d. h. spätestens am letzten Tag des dreiwöchigen Zeitraums, vorgelegt
werden;
...
Die Parteien müssen zwecks Durchführung eines Markttests gleichzeitig eine nicht vertrauliche
Fassung ihrer Verpflichtungsvorschläge unterbreiten.“
180.
Die Klägerin bemängelt, dass sie ihre Stellungnahme zur geänderten Fassung der Verpflichtungen
am 21. Dezember 2001 habe abgeben müssen, obgleich ihr diese Fassung erst am 20. Dezember
2001 vorgelegen habe. Wie die Kommission betont, geht indessen aus den Akten hervor, dass diese
Rüge auf einem unrichtigen Sachverhalt beruht, da in dem Schreiben der Kommission ausdrücklich
angegeben war, dass die Frist am 2. Januar 2001 und nicht am 21. Dezember 2001 ablief. Somit
verfügten die Drittunternehmen, darunter auch die Klägerin, über eine Frist von zwölf Tagen, um zu der
geänderten Fassung der Verpflichtungen Stellung zu nehmen. Dieser Zeitraum ist - besonders in
Anbetracht der gebotenen Eile im Fusionskontrollverfahren - zweifellos mehr als ausreichend. So hat
das Gericht im vorgenannten Urteil Kaysersberg/Kommission eine Frist von 24 Stunden für rechtmäßig
erklärt, die Dritten für deren Stellungnahme zur neuen Fassung von Verpflichtungen eingeräumt
worden war. Ferner sei bemerkt, dass die Klägerin zwar die Zeit bemängelt, über die sie für eine
Äußerung zu den letzten Verpflichtungszusicherungen verfügt habe, dass sie andererseits trotz der
Zeitkürze indessen unbestritten in der Lage war, schriftlich zur geänderten Fassung der
Verpflichtungen Stellung zu nehmen. Überdies hat die Klägerin nicht dargetan, inwiefern eine längere
Frist ihr die Geltendmachung von Faktoren ermöglicht hätte, die eine Änderung der angefochtenen
Entscheidung hätten herbeiführen können. Insoweit ist auch bemerkenswert, dass die Klägerin vor
dem Gericht im Wesentlichen dieselben Beschwerdepunkte vorgetragen hat wie im
Verwaltungsverfahren. Somit hat die Kommission die angefochtene Entscheidung in voller
Sachkenntnis getroffen, nachdem sie die Drittunternehmen zur Wirksamkeit der Maßnahmen für die
Lösung der festgestellten Wettbewerbsprobleme gebührend angehört hatte.
181.
Demnach hinderten die fraglichen Wettbewerbsprobleme, die Art der von SEB vorgeschlagenen
Verpflichtungen und die den Drittunternehmen eingeräumte Frist die Kommission nicht daran, die
Auffassung zu vertreten, dass die ernsthaften Bedenken am Ende der Phase I ausgeräumt werden
könnten.
182.
Folglich ist der Klagegrund zurückzuweisen, der darauf beruht, dass der Kommission ein
Rechtsfehler unterlaufen sei, indem sie nicht die Phase II eingeleitet habe.
III -
183.
Die angefochtene Entscheidung ist nach Ansicht der Klägerin mit einem offenkundigen
Beurteilungsfehler behaftet, da die von SEB eingegangenen Verpflichtungen nicht ausreichten, um
den durch den Zusammenschluss hervorgerufenen Wettbewerbsproblemen abzuhelfen.
184.
Dieser Klagegrund besteht aus fünf Teilen. Die Klägerin erklärt, die Kommission habe einen
offenkundigen Beurteilungsfehler aus folgenden Gründen begangen:
- Die Verpflichtung zur Vergabe einer Markenlizenz sei ihrer Art nach nicht geeignet, die durch den
Zusammenschluss hervorgerufenen Wettbewerbsprobleme zu lösen.
- Die Verpflichtungen seien von zu kurzer Dauer.
- Die Bezugspflicht auf dem deutschen Markt und die mit der Bezugsmöglichkeit aller Lizenznehmer
verbundenen Bedingungen bewirkten eine Stärkung der Stellung von SEB-Moulinex.
- Die durch die Genehmigung der Kommission ermöglichte Nutzung ein und derselben Marke durch
verschiedene Unternehmen in der Europäischen Union könne zu einer aufeinander abgestimmten
Verhaltensweise von SEB-Moulinex und des (der) lizenzberechtigten Drittunternehmen(s) führen.
- Es sei keine Verpflichtung auf Märkten auferlegt worden, die indessen zu ernsthaften
Wettbewerbsproblemen Anlass gäben.
185.
De'Longhi macht überdies geltend, dass die Verpflichtungen zu einer Marktaufteilung der Marke
Moulinex führten.
A - Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
186.
Die Verpflichtung zur Vergabe einer Markenlizenz ist nach Ansicht der Klägerin ihrer Art nach nicht
geeignet, die durch den Zusammenschluss hervorgerufenen Wettbewerbsprobleme zu lösen. So
könne eine einfache Markenlizenzverpflichtung nicht die negativen Folgen eines Marktanteils von etwa
40 % am Gesamtmarkt der elektrischen Küchenkleingeräte - außer Frankreich - ausgleichen.
187.
Die Klägerin bemerkt, die Kommission habe in ihrer Mitteilung über Abhilfemaßnahmen selbst
Folgendes ausgeführt:
- Wo horizontale Überschneidungen das Wettbewerbsproblem bildeten, müssten die
bestgeeignetsten Geschäftstätigkeiten veräußert werden (Nr. 16).
- In Ausnahmefällen könne ein Veräußerungspaket, das lediglich Warenzeichen und
produktionsbegleitende Aktiva umfasse, ausreichen, um die Bedingungen für einen wirksamen
Wettbewerb herzustellen. Doch müsse die Kommission dann „davon überzeugt werden, dass der
Erwerber diese Aktiva tatsächlich und sofort integriert“ (Nr. 18).
188.
Hingegen sehe die Kommission in dieser Mitteilung nicht vor, dass eine Markenlizenz für sich allein
geeignet sein könne, Probleme horizontaler Überschneidungen zu lösen. Die Kommission habe bisher
noch nie als Verpflichtung eine Markenlizenzmaßnahme auferlegt, ohne dass diese mit anderen
Abhilfemaßnahmen einhergegangen sei, wie etwa der Veräußerung von Handelsmarken und
Geschäftstätigkeiten, der Veräußerung von Produktionskapazitäten oder der Übertragung eines mit
dem abgetretenen Industriestandort verbundenen Teils des Vertriebs-, Verwaltungs- und
Werkspersonals (vgl. z. B. Entscheidung 96/435/EG der Kommission vom 16. Januar 1996 betreffend
ein Verfahren nach der Verordnung (EWG) Nr. 4064/89 über die Vereinbarkeit eines
Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und mit der Funktionsfähigkeit des EWR-
Abkommens in der Sache IV/M.623 - Kimberly-Clark/Scott, ABl. L 183, S. 1).
189.
Die Klägerin nennt als Beispiel die Entscheidung der Kommission vom 27. Juli 2001 zur Vereinbarkeit
eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt in der Sache N IV/M.2337 - Nestlé/Ralston
Purina (ABl. C 239, S. 8), in der die Kommission Markenveräußerungszusicherungen verlangt habe, die
geeignet gewesen seien, horizontale Überschneidungen von Geschäftstätigkeiten der Parteien zu
beseitigen und die neue Wirtschaftseinheit auf den Marktanteil zurückzuführen, den Ralston Purina vor
dem Zusammenschluss innegehabt habe. Darüber hinaus habe die Kommission die Veräußerung aller
Produkte des von den Verpflichtungen erfassten Sortiments verlangt, damit der Markenerwerber nicht
einer mittelbaren Konkurrenz von Nestlé/Ralston Purina zu unterliegen brauche. Ähnliche Maßnahmen
seien von der Kommission in der vorgenannten Sache Kimberly-Clark/Scott getroffen worden.
190.
Die Kommission bestreitet, dass eine Verpflichtung zur Markenlizenzvergabe nicht geeignet sei, die
durch den Zusammenschluss hervorgerufenen Wettbewerbsprobleme zu lösen.
B - Würdigung durch das Gericht
191.
Wie bereits bei der Prüfung des vorhergehenden Klagegrundes dargelegt, kann nicht von
vornherein ausgeschlossen werden, dass verhaltensbestimmende Verpflichtungen, wie etwa eine
Verpflichtung zur Markenlizenzvergabe, geeignet sind, durch einen Zusammenschluss hervorgerufene
Wettbewerbsprobleme zu lösen; ferner kann die entscheidende Frage nicht darin liegen, ob die
Kommission bereits früher Zusammenschlüsse allein auf der Grundlage von Verpflichtungen zur
Markenlizenzvergabe akzeptiert hat, sondern nur darin, ob solche Verpflichtungen unter den
gegebenen Umständen geeignet sind, die Begründung oder Verstärkung einer beherrschenden
Stellung zu verhindern.
192.
Die Marken sind unbestritten der vorrangige Wettbewerbsfaktor auf den relevanten Märkten.
Zahlreiche Hersteller sind im Übrigen dazu übergegangen, ihre Produktion ganz oder teilweise
auszulagern und nur die Marken, die Verkaufskräfte und die Marketingteams zu behalten.
193.
Da die durchschnittliche Lebensdauer elektrischer Haushaltskleingeräte ungefähr drei Jahre
beträgt, kann es überdies eine fünfjährige Markenlizenz in Verbindung mit einem zusätzlichen Zeitraum
von drei Jahren, in dem SEB jede Vermarktung kleiner elektrischer Haushaltsgeräte unter der Marke
Moulinex unterlässt, den Lizenznehmern ermöglichen, ihren Warenabsatz bei den Abnehmern von den
Moulinex-Erzeugnissen auf ihre eigene Marke überzuleiten. Dies trifft umso mehr zu, als der oder die
Lizenznehmer den Verpflichtungen zufolge existenzfähig, unabhängig und in der Lage sein muss
(müssen), einen wirksamen Wettbewerb auf den relevanten Märkten auszuüben, und die jeweilige
Lizenzerteilung stets der Zustimmung der Kommission bedarf.
194.
Ferner ist zu bedenken, dass die Markenlizenzvergabe eine Abhilfemaßnahme darstellt, die von
Drittunternehmen ins Auge gefasst und gefordert worden war. Diese Maßnahme erschien somit zur
Lösung der entstandenen Wettbewerbsprobleme geeignet.
195.
Demgemäß können die von SEB eingegangenen Verpflichtungen zur Markenlizenzvergabe
vorbehaltlich der noch zu prüfenden Frage, ob die Verpflichtungsdauer ausreicht, die Lösung der
durch den Zusammenschluss hervorgerufenen Wettbewerbsprobleme ermöglichen.
196.
Dem stehen auch die von der Klägerin herangezogenen Beispiele nicht entgegen. Zum einen sind
mehrere Behauptungen der Klägerin sachlich unrichtig. So liegen etwa die durchschnittlichen
Marktanteile von SEB-Moulinex auf dem Sektor der elektrischen Haushaltskleingeräte in Europa unter
30 % und somit nicht bei 40 %. Ebenso hat die Kommission in der Sache Nestlé/Ralston Purina keine
Markenveräußerung für die spanischen Märkte verlangt, sondern als eine der beiden Optionen
Verpflichtungen akzeptiert, mit denen die Parteien zugesichert hatten, Markenlizenzen für eine
Gesamtdauer von etwa acht Jahren (im Rahmen von zwei Phasen) zu vergeben, wodurch die
Begründung der neuen Marke auf dem Markt ermöglicht wurde (Begründungserwägung 68 der
Entscheidung Nestlé/Ralston Purina). Zum anderen hat die Klägerin nicht dargetan, dass die Märkte
und die durch diese Zusammenschlüsse hervorgerufenen Probleme fundamental ähnliche Merkmale
aufwiesen wie die des vorliegenden Falles. Sollte die Kommission der Auffassung gewesen sein, dass
sich die durch einen bestimmten Zusammenschluss entstandenen Probleme nicht durch
Verpflichtungen lösen lassen, die sich nur auf Markenlizenzen beziehen, so bedeutet dies nicht, dass
solche Verpflichtungen nicht genügen, um die Gefahren der Begründung oder Verstärkung einer
beherrschenden Stellung zu beseitigen, die sich aus einem anderen Zusammenschluss auf einem
anderen Markt mit anderen Merkmalen ergeben.
A - Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
197.
Die Klägerin macht geltend, dass die von der Kommission akzeptierten Verpflichtungen von zu kurzer
Dauer seien. Die Wiederherstellung eines wirksamen Wettbewerbs setze voraus, dass der etwaige
Übernehmer der Marke Moulinex die Mittel habe, um die relevanten Marken zu entwickeln, und dass er
dazu auch veranlasst werde. Die Kommission räume im Übrigen in der angefochtenen Entscheidung
(Begründungserwägung 36) selbst ein, dass „die Marke bei der Wahl des Endverbrauchers zu den
wichtigsten Faktoren gehört und somit eines der Hauptelemente des Wettbewerbs zwischen den
Herstellern kleiner elektrischer Haushaltsgeräte darstellt“. Diese Auffassung sei dadurch
gerechtfertigt, dass auf einem Sektor, auf dem die technologischen Merkmale des Produkts keinen
entscheidenden Gesichtspunkt für die Kaufentscheidung des Verbrauchers darstellten, das
Markenimage eine wesentliche Rolle bei der Gewinnung der Kundentreue durch den Hersteller spiele.
198.
In dieser Hinsicht sei in der Bekanntmachung der Marke einer der wichtigsten Faktoren der
relevanten Märkte zu erblicken, wobei die Aufrechterhaltung eines hohen Bekanntheitsgrades ganz
erhebliche Werbekosten bedinge, um den Verbrauchergewohnheiten gerecht zu werden und die auf
der Reputation der fest etablierten Marktteilnehmer beruhenden Zugangsschranken zu überwinden.
Solche Investitionen ließen sich wirtschaftlich nur sehr langfristig ausgleichen, vorausgesetzt, dass
alle Investitionsgewinne an den Geldgeber zurückflössen. Während sich also die bereits auf dem Markt
etablierten Unternehmen mit einem relativ maßvollen Werbeaufwand begnügen könnten, um ein
schon bestehendes Erscheinungsbild zu pflegen, ergebe sich für ein neu in den Markt eintretendes
Unternehmen eine ganz andere Lage, besonders wenn es einer mächtigen Gruppe mit Marken eines
hohen Bekanntheitsgrades gegenüberstehe.
199.
Wirtschaftliche Veröffentlichungen zeigten sehr deutlich, dass ein rational denkender Kaufmann
systematisch unterinvestiere, wenn er nur mit dem Rückfluss eines Teils seiner investierten Mittel
rechnen könne. Daher habe ein Markenübernehmer, der nicht Eigentümer der Marke sei und
investieren solle, um diese weiter bekannt zu machen, der andererseits aber wisse, dass er die Marke
später an einen Konkurrenten zurückgeben müsse, keinen Anreiz dafür, die Marke aufrechtzuerhalten
oder zu entwickeln. Daraus ergebe sich eine sehr ausgeprägte Schwächung der übernommenen
Marke. Die Dauer der Lizenz und die anschließende Nichtverwendungszeit seien somit entscheidend
für die Wirksamkeit der Verpflichtung.
200.
Die Kommission habe z. B. in der vorgenannten Sache Kimberly-Clark/Scott, bei der die aus dem
Zusammenschluss hervorgegangene Einheit im Vereinigten Königreich und in Irland Marktführer für
Tissue-Erzeugnisse mit einem zusammengefassten Marktanteil von 50 % bis 60 % gewesen sei, für die
betreffenden Marken einen Lizenzvertrag für die Dauer von insgesamt fünfzehn Jahren verlangt.
201.
Die Entscheidung C (2001) 3014 final der Kommission vom 10. Oktober 2001 über die Vereinbarkeit
eines Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt und mit der Funktionsfähigkeit des EWR-
Abkommens (Sache COMP/M.2283 - Schneider-Legrand) bekräftige diesen Standpunkt ausdrücklich
wie folgt:
„Die Untersuchung der Kommission hat verdeutlicht, dass es von Nachteil ist, wenn man von seiner
eigenen Marke nicht von Anfang an profitiert, und gezeigt, dass ein Markenübernehmer einen langen
Zeitraum (etwa sieben Jahre) benötigt, um die vorgesehene Markenersetzung zu erreichen. Die
Untersuchung lässt zugleich erkennen, dass ein Markenübernehmer durch Klauseln über die
Nichtverwendung der ursprünglichen Marke auf den betreffenden Märkten für eine mehr als
zehnjährige Dauer geschützt werden müsste.“
202.
Die von der Kommission herangezogenen Anhaltspunkte für die Charakterisierung der
Unzulänglichkeit der vorgeschlagenen Verpflichtungen in der Sache Schneider-Legrand sind nach
Ansicht der Klägerin unmittelbar auf den vorliegenden Fall übertragbar.
203.
Die Kommission habe daher einen offenkundigen Beurteilungsfehler begangen, indem sie im
vorliegenden Fall die Auffassung vertreten habe, dass eine Verpflichtung zur Lizenzvergabe für die
Dauer von fünf Jahren in Verbindung mit der Zusage von SEB, die Marke Moulinex während eines
zusätzlichen Zeitraums von drei Jahren nicht zu nutzen, „dem Lizenznehmer die Überleitung von der
Marke Moulinex zu seiner eigenen Marke mit begrenzten Verlusten zugunsten von SEB ermöglicht,
wenn Letztere die Marke Moulinex auf den betreffenden Märkten wieder einführen kann“.
204.
Die Kommission, unterstützt durch SEB, bestreitet, durch angeblich zu kurzzeitige Verpflichtungen
einen offenkundigen Beurteilungsfehler begangen zu haben.
B - Würdigung durch Gericht
205.
Bei der Prüfung des Vorbringens der Klägerin zur Dauer der Verpflichtungen ist darauf hinzuweisen,
dass diese Verpflichtungen nach ihrer Nummer 1 Buchstabe a Absatz 2 die Verwendung der Marke
Moulinex in Verbindung mit einer eigenen Marke des Lizenznehmers ermöglichen sollen, damit der
Lizenznehmer während dieser Zeit des „co-branding“ und danach seine eigene Marke auf dem
betreffenden Markt begründen oder festigen kann. Hierbei kann der Lizenznehmer während der
Geltungsdauer der Lizenzen für die Marke Moulinex diese entweder zugleich in Verbindung mit seiner
eigenen Marke oder vorübergehend allein verwenden, um sodann zu einem „co-branding“
überzugehen. Der Lizenznehmer kann nach der genannten Bestimmung während der Geltungsdauer
der Lizenz auch jederzeit vom „co-branding“ zu seiner eigenen Marke übergehen.
206.
Zu diesem Zweck sehen die Verpflichtungen unter Nummer 1 Buchstabe g Absatz 3 vor, dass die
Lizenznehmer über eine eigene Marke verfügen müssen, die in Verbindung mit der Marke Moulinex
genutzt werden kann; ausgenommen sind Wirtschaftsteilnehmer, die hauptsächlich im Einzelhandel
tätig sind.
207.
Demnach besteht der Zweck der Verpflichtungen nicht darin, die Nutzung der Marke Moulinex als
solche durch die einzelnen Lizenznehmer zu ermöglichen, sondern darin, dass diese in einer
Übergangszeit, in der sie ihre eigene Marke in Verbindung mit der Marke Moulinex verwenden dürfen,
den Übergang von der Marke Moulinex zu ihren eigenen Marken sicherstellen können, um den eigenen
Marken einen wirksamen Wettbewerb mit der Marke Moulinex auch nach der Übergangszeit zu
ermöglichen, wenn SEB letztlich wieder berechtigt ist, die Marke Moulinex in den neun betroffenen
Mitgliedstaaten zu verwenden.
208.
Folglich zielen die Verpflichtungen entgegen den Ausführungen der Klägerin nicht auf die
Einführung einer neuen Marke in den neun betroffenen Mitgliedstaaten ab, sondern sie sollen es den
Lizenznehmern erlauben, ihre eigenen Marken in wirksamem Wettbewerb mit der Marke Moulinex zu
begründen oder zu festigen.
209.
Da die Verpflichtungen den Lizenznehmern erlauben sollen, ihre eigenen Marken in wirksamem
Wettbewerb mit der Marke Moulinex zu begründen oder zu festigen, ist zudem das Vorbringen der
Klägerin irrelevant, dass SEB dank ihres derzeitigen hohen Marktanteils, ihrer Markenvielfalt und der
Bekanntheit der Marke Moulinex diese Marke mit Leichtigkeit in die neun betroffenen Mitgliedstaaten
wieder einführen könne. Die Frage besteht nämlich nicht darin, ob SEB in der Lage sein wird, die
Marke Moulinex in den betroffenen Mitgliedstaaten wieder einzuführen - dies ist übrigens zu vermuten,
wenn festgestellt werden soll, ob die mit der angefochtenen Entscheidung akzeptierten
Verpflichtungen ausreichen -, sondern darin, ob die Lizenznehmer in der Lage sein werden, ihre eigene
Position als wirksame Konkurrenten von SEB zu begründen oder zu festigen.
210.
Daher ist zu prüfen, ob die mit den Verpflichtungen festgelegte Übergangszeit ausreicht, um dieses
Ziel zu erreichen.
211.
Insoweit ist erstens festzustellen, dass die Laufzeit aller Lizenzverträge für die Marke Moulinex in den
neun betroffenen Mitgliedstaaten nach Nummer 1 Buchstabe c Absatz 1 der Verpflichtungen jeweils
fünf Jahre beträgt. Ferner unterlässt SEB nach Nummer 1 Buchstabe c Absätze 1 und 2 während der
Laufzeit des Lizenzvertrags und eines Zeitraums von drei Jahren nach seinem Ablauf in den neun
betroffenen Mitgliedstaaten unter der Marke Moulinex den Verkauf der elektrischen
Haushaltskleingeräte, die unter eine der dreizehn betroffenen Warengruppen fallen, sowie den
Verkauf anderer nicht darunter fallender Haushaltsgeräte, wie Staubsauger und Mikrowellenherde.
212.
Der gesamte Zeitraum der Verpflichtungen, aufgrund deren SEB Erzeugnisse nicht unter der Marke
Moulinex verkaufen darf, beträgt also entgegen dem Vorbringen der Klägerin nicht fünf, sondern acht
Jahre; er besteht erstens aus einem fünfjährigen Abschnitt, in dem der Lizenznehmer das
ausschließliche Recht besitzt, die Marke Moulinex allein oder in Verbindung mit seiner eigenen Marke
zu verwenden, und zweitens aus einem dreijährigen Abschnitt, in dem SEB in den betroffenen Ländern
den Verkauf unter der Marke Moulinex unterlässt. SEB ist demnach acht Jahre lang nicht berechtigt,
die Marke Moulinex in den betroffenen Mitgliedstaaten zu verwenden.
213.
Diese Vorkehrungen haben auch zur Folge, dass die Marke Moulinex in den neun betroffenen
Mitgliedstaaten während eines Zeitraums von mindestens drei Jahren und - zumindest theoretisch -
von höchstens acht Jahren nicht verwendet wird. Jeder Lizenznehmer kann nämlich nach den
Verpflichtungen entscheiden, wann er vom „co-branding“ zu seiner alleinigen Marke übergeht. In
ihrem Streithilfeschriftsatz hat SEB ausgeführt, dass die derzeitigen Lizenzbewerber nach drei bis vier
Jahren vom „co-branding“ zur eigenen Marke überwechseln wollten, so dass die Marke Moulinex in den
betroffenen Mitgliedstaaten ungefähr fünf Jahre lang vom Markt genommen wird.
214.
Ein derartiger Verkaufsausfall der Marke Moulinex ermöglicht es den Lizenznehmern, ihre eigene
Marke dauerhaft bekannt zu machen. Dies bewirkt auch, dass SEB nicht in der Lage sein wird, die von
Moulinex eingenommene Stellung automatisch wiederzugewinnen, wenn SEB diese Marke nach der
Enthaltungszeit auf den einschlägigen Märkten wieder einführen kann.
215.
Die Kommission hat im Übrigen in Begründungserwägung 140 der angefochtenen Entscheidung
festgestellt, dass die Lebensdauer kleiner elektrischer Haushaltsgeräte im Durchschnitt drei Jahre
betrage; die Klägerin hat dem nicht widersprochen.
216.
Die Verpflichtungsdauer erstreckt sich somit auf einen Zeitraum, der fast drei Warenzyklen
entspricht, während der Zeitraum der Nichtverwendung der Marke Moulinex mindestens einem
Warenzyklus gleichkommt.
217.
Die Kommission hat, ohne dass die Klägerin dies bestritten hätte, zu Recht ausgeführt, dass
Whirlpool auf einem artverwandten Markt, nämlich dem der elektrischen Haushaltsgroßgeräte, binnen
drei Jahren, also von 1990 bis 1993, erfolgreich von der Marke Philips zur Marke Whirlpool habe
übergehen können, was einem Warenzyklus entspricht. Dieser Übergang war erfolgreich, obwohl die
Marke Philips weiterhin präsent war und von Philips auf angrenzenden Märkten aufrechterhalten
wurde. Die Kommission hat ferner vergleichsweise dargelegt, dass Dyson auf ähnlichen
Produktmärkten in weniger als fünf Jahren britischer Marktführer für Staubsauger geworden sei,
Colgate innerhalb eines Jahres in Frankreich einen erheblichen Marktanteil für elektrische
Zahnbürsten gewonnen habe und Moulinex trotz ursprünglicher Abwesenheit auf dem Sektor
elektrischer Kochgeräte (Gelegenheitsgerichte) binnen fünf Jahren 5 % bis 15 % des entsprechenden
Marktanteils in den verschiedenen europäischen Ländern erreicht habe.
218.
Zudem hat die Kommission in ihrer Bekanntmachung über Einschränkungen des Wettbewerbs, die
mit der Durchführung von Unternehmenszusammenschlüssen unmittelbar verbunden und für diese
notwendig sind (ABl. 2001, C 188, S. 5, Nr. 15), erklärt, dass bei Unternehmensübertragungen der
Zeitraum für Wettbewerbsverbote, die dem Veräußerer auferlegt würden, damit der Erwerber den
vollständigen Wert der übertragenen Vermögenswerte erhalte, bis zu drei Jahren betragen könne,
wenn der Übergang sowohl den Geschäftswert als auch das Know-how des betreffenden
Unternehmens einschließe; ein Zeitraum von zwei Jahren gelte dagegen als ausreichend, wenn sich
die Übertragung nur auf den Geschäftswert erstrecke. Im vorliegenden Fall umfasst hingegen der
Zeitraum, in dem SEB die Verwendung der Marke Moulinex im Lizenzgebiet unterlässt, acht Jahre.
219.
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin wird der Lizenznehmer zudem keineswegs systematisch
unterinvestieren, wenn er nicht Eigentümer der Marke ist, sondern es besteht für ihn ein Anreiz, in
hohem Maße in die Entwicklung seiner eigenen, ihm gehörenden Marke zu investieren, nachdem er
zunächst von der Marke Moulinex profitiert hat, um seine eigene Marke zu lancieren oder zu festigen.
Der Zweck der Verpflichtungen besteht nicht in der Nutzung der Marke Moulinex während eines
Zeitraums von fünf Jahren, sondern darin, dass die Überleitung von der Marke Moulinex zu anderen
Marken ermöglicht wird, so dass es ganz im Interesse des Lizenznehmers oder der Lizenznehmer liegt,
in die eigene Marke zu investieren, um den in den ersten Jahren aus der Verwendung der Marke
Moulinex gezogenen Nutzen weiterzuführen. Die Zeit der Verbindung zwischen den beiden Marken ist
somit nur ein Abschnitt, der für den Übergang zur eigenen Marke des Lizenznehmers erforderlich ist.
Somit wird sich der Rückfluss der investierten Mittel nach dem durch die Verpflichtungen
vorgesehenen Zeitraum von acht Jahren fortsetzen und hört nicht dann auf, wenn SEB die Marke
Moulinex wieder verwenden kann.
220.
Zweitens ist festzustellen, dass die Lizenznehmer nach Nummer 1 Buchstabe g Absatz 1 der
Verpflichtungen Wirtschaftsteilnehmer sein müssen, die „bereits auf dem Markt vertreten sind oder
potenziell dazu in der Lage sind, die existenzfähig und unabhängig sind, ohne mit der SEB-Gruppe in
Beziehung zu stehen, und die ferner die Kompetenz und Motivation besitzen, um einen aktiven und
wirksamen Wettbewerb auf den betreffenden Märkten auszuüben“. Darüber hinaus müssen die
Lizenznehmer, wie oben erwähnt, nach Nummer 1 Buchstabe g Absatz 3 über eine eigene Marke
verfügen, die in Verbindung mit der Marke Moulinex genutzt werden kann; ausgenommen sind
Wirtschaftsteilnehmer, die hauptsächlich im Einzelhandel tätig sind.
221.
Somit können diese Vorkehrungen - durch Beschränkung der Lizenzvergabe an bereits auf dem
Markt vertretene oder kurzfristig dazu fähige Wirtschaftsteilnehmer mit eigener Marke - wirksam dazu
beitragen, dass die Lizenznehmer innerhalb der durch die Verpflichtungen vorgesehenen Frist
wirksame Konkurrenten werden. Dies wird noch dadurch verstärkt, dass Wirtschaftsteilnehmer, die
hauptsächlich im Einzelhandel tätig sind, selbst wenn sie über eigene Marken verfügen, nach Nummer
1 Buchstabe g Absatz 3 der Verpflichtungen gleichwohl vom Kreis potenzieller Nutzer einer Lizenz für
die Marke Moulinex ausgeschlossen sind. Die Kommission hat nämlich in den
Begründungserwägungen 27 Buchstabe d und 37 der angefochtenen Entscheidung - ohne dass die
Klägerin dies bestritten hätte - festgestellt, dass die eigenen Marken dieser Firmen, nämlich die
„Händlermarken“, auf den relevanten Märkten nur schwach vertreten sind.
222.
Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich, dass die Kommission keinen offenkundigen
Beurteilungsfehler begangen hat, als sie zu der Auffassung gelangte, dass die Geltungsdauer der
Verpflichtungen ausreiche, um den Lizenznehmern der Marke Moulinex zu ermöglichen, ihre eigenen
Marken in wirksamem Wettbewerb mit der Marke Moulinex in den neun betroffenen Mitgliedstaaten zu
begründen oder zu festigen.
223.
Demnach sind die Rügen der Klägerin bezüglich der Geltungsdauer der Verpflichtungen
zurückzuweisen.
224.
Dem stehen auch die beiden von der Klägerin herangezogenen Entscheidungen nicht entgegen.
Die beiden Märkte, auf die sich die Sachen Kimberly-Clark/Scott und Schneider/Legrand beziehen,
weisen nämlich Merkmale auf, die nicht mit den Märkten des vorliegenden Falles vergleichbar sind, so
dass der von der Klägerin vorgenommene Vergleich - wie bereits ausgeführt - nicht relevant ist.
225.
So war in der Sache Kimberly-Clark/Scott die lange Laufzeit der Verpflichtungen (Lizenzdauer von
maximal zehn Jahren in Verbindung mit einer Nutzungsenthaltung von fünf Jahren) nach der von
Kimberly-Clark nicht bestrittenen Feststellung der Kommission gerechtfertigt, da die Einführung einer
neuen Marke für Toilettenpapier, Haushaltstücher und Papiertaschentücher deshalb besonders
schwierig war, weil es nur zwei bedeutende Marken gab (Kleenex und Andrex), während die übrigen
Marken nur wenig verbreitet waren und wenig Kundentreue genossen. Im vorliegenden Fall sind
hingegen etablierte Marken vorhanden, zu denen die Abnehmer der Marke Moulinex übergehen
können.
226.
In der Sache Schneider/Legrand war - abgesehen davon, dass das Gericht die Entscheidung der
Kommission für nichtig erklärt hat - der Vorschlag der Parteien, eine Option anzubieten, um mehrere
Marken während eines Zeitraums von drei Jahren zu verwenden, abgelehnt worden, nachdem die
Marktprüfung gezeigt hatte, dass ein Markenübernehmer etwa sieben Jahre benötigen würde, um die
vorgeschlagene Markensubstitution zu bewerkstelligen, da elektrische „Niederspannungs-“
Erzeugnisse sehr langlebig sind, während die Lebensdauer von elektrischen Haushaltskleingeräten
nur kurz ist. Überdies schlug Schneider vor, dass die Marke auf ein und demselben Landesmarkt
gespalten und von Schneider und vom Lizenznehmer verwendet wird, während es im vorliegenden Fall
keine Erzeugnisse der Marke Moulinex geben wird, die auf ein und demselben Markt von zwei
verschiedenen Unternehmen stammen, da die Verpflichtungen eine ausschließliche Lizenz und ein
anschließendes Verwendungsverbot für diese Marke vorsehen.
A - Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
227.
Die Klägerin führt aus, die zweijährige Verpflichtung des Lizenznehmers der Marke Moulinex in
Deutschland, alle Geräte der Warengruppe Mixer und ähnliche Zubereiter zu 65 % des von Moulinex im
Jahr 2000 getätigten entsprechenden Absatzes von SEB zu beziehen, sei geeignet, die Stellung von
SEB-Moulinex auf dem deutschen Markt in erhöhtem Maße zu verstärken.
228.
Die Klägerin macht erstens geltend, dass dies eine Absatzgarantie für die Produktion von SEB-
Moulinex mit sich bringe. Die genannte Verpflichtung ermögliche SEB-Moulinex insofern zusätzliche
größenbedingte Einsparungen und trage somit zu einer Senkung der Gestehungskosten bei.
229.
Zweitens wird der Lizenznehmer nach Ansicht der Klägerin dadurch an der Nutzung möglicherweise
preisgünstigerer Bezugsquellen gehindert, dass SEB ihn zu den durchschnittlichen
Geschäftsbedingungen für den internen Bezug beliefern wolle, die in der SEB-Gruppe zwischen den
Herstellungsbetrieben und den Handelsfilialen in dem (den) betreffenden Gebiet(en) Anwendung
fänden. Demnach könne der Lizenznehmer einen Preiswettbewerb gegenüber SEB nur über seine
Handelsspanne ausüben.
230.
Drittens vertritt die Klägerin die Auffassung, dass der Lizenznehmer durch diese Maßnahme jeden
Anreiz für technologische Innovationen verliere, da SEB als Marktführer somit die technischen Normen
der verschiedenen Erzeugnisse bestimmen könne, so dass jede Konkurrenz hinsichtlich der
Produkteigenschaften verloren gehe.
231.
Viertens bemerkt die Klägerin schließlich, dass die genannte Maßnahme für die Tätigkeit des
Lizenznehmers nicht unbedingt erforderlich sei. Eine einfache Bezugsmöglichkeit des Lizenznehmers
bei SEB, wie es für die anderen Länder vorgesehen sei, hätte genügt, damit der Lizenznehmer seine
Tätigkeit ausüben könne, falls er nicht über die nötigen Produktionskapazitäten verfüge.
232.
Somit habe die Kommission einen offenkundigen Beurteilungsfehler begangen, indem sie eine
Verpflichtung vorgesehen habe, die zu einer Stärkung der Stellung von SEB-Moulinex auf dem
deutschen Markt führen könne.
233.
Die Klägerin trägt hilfsweise vor, dass die Aspekte der Verpflichtung hinsichtlich des Bezugs bei SEB-
Moulinex den Preiswettbewerb in den betreffenden Marktsegmenten verstärkt einschränken könnten.
234.
Zum einen sehe die Verpflichtung vor, dass der Lizenznehmer in einem betroffenen Land oder in
mehreren betroffenen Ländern ein relevantes Erzeugnis oder mehrere relevante Erzeugnisse bei SEB-
Moulinex beziehen könne. Wolle der Lizenznehmer indessen Moulinex-Erzeugnisse bei SEB beziehen, so
„[müsste] ein derartiger Warenbezug 65 % des Verkaufsvolumens der Marke Moulinex im Jahr 2000
entsprechen“ (Begründungserwägung 132 der angefochtenen Entscheidung). Dadurch erhalte SEB
eine Absatzgarantie, während der Lizenznehmer zugleich die Freiheit einbüße, seine Bezugsquellen
selbst zu wählen.
235.
Zum anderen könne dadurch, dass der Lizenznehmer gezwungen sei, sich bei SEB-Moulinex zu
mindestens 65 % des Moulinex-Absatzes im Jahr 2000 einzudecken, für die betreffenden Erzeugnisse
ein Homogenisierungseffekt bei den Verkaufspreisen von SEB-Moulinex und des Lizenznehmers
entstehen. Der Lizenznehmer teile dann nämlich mit SEB-Moulinex die gesamten Produktionskosten
dieser Gruppe in Bezug auf einen wohl recht erheblichen Teil seines Gesamtbedarfs an dem
betreffenden Erzeugnis. Eine so ausgeprägte Gleichartigkeit der Kostenstruktur könne bei den
betreffenden Erzeugnissen zu einer mechanischen oder abgestimmten Gleichsetzung der
Verkaufspreise führen, da ein Preiswettbewerb nur noch über die Vertriebskosten und die
Handelsspanne des Lizenznehmers möglich sei. Je mehr die dem Verkauf der Fertigerzeugnisse
vorangehenden Märkte zusammengeschlossen seien, desto größer sei die Gefahr einer aufeinander
abgestimmten Verhaltensweise. Die Kommission unterstreiche die Existenz solcher Gefahren
ausdrücklich in ihrer Bekanntmachung zur Anwendung von Artikel 81 EG-Vertrag auf Vereinbarungen
über horizontale Zusammenarbeit (ABl. 2001, C 3, S. 2).
236.
Die Kommission bestreitet, dass die Bezugsverpflichtung auf dem deutschen Markt eine Stärkung
der Stellung von SEB-Moulinex in Deutschland bewirke.
B - Würdigung durch das Gericht
237.
Die Klägerin bemängelt im Wesentlichen zum einen die Bezugsverpflichtung des Lizenznehmers in
Deutschland für Mixer und ähnliche Zubereiter und zum anderen die Möglichkeit für alle Lizenznehmer
in den neun Mitgliedstaaten, einen Liefervertrag für von der Entscheidung erfasste Erzeugnisse zu
schließen.
238.
Was die Bezugspflicht des Lizenznehmers in Deutschland anbelangt, so ist zunächst darauf
hinzuweisen, dass sie nach Aussage der Entscheidung - diese Aussage wird von der Klägerin nicht
bestritten - die Tätigkeit von Produktionsstätten aufrechterhalten soll, um die damit verbundenen
Arbeitsplätze zu sichern.
239.
Sodann ist festzustellen, dass diese Verpflichtung lediglich eine Warengruppe, nämlich Mixer und
ähnliche Zubereiter, in einem einzigen Land in einem begrenzten Zeitraum von zwei Jahren betrifft.
Zudem hat die Kommission auf diesem Markt der Mixer und ähnlichen Zubereiter in Deutschland keine
beherrschende Stellung von SEB-Moulinex festgestellt, da die neue Einheit von dem genannten Markt
nur 20 % bis 30 % innehat. Ferner erfasst die Bezugsverpflichtung nur 65 % des Moulinex-Absatzes im
Jahr 2000, so dass der Lizenznehmer für seinen Verkaufsüberschuss die Möglichkeit behält, die
betreffende Ware anderweitig zu beziehen oder selbst herzustellen. Die technologische Innovation
wird somit nicht beeinträchtigt, da nichts den Lizenznehmer daran hindert, in Anbetracht der kurzen
Dauer der Bezugsverpflichtung seine eigenen Erzeugnisse in Verbindung mit den bei SEB bezogenen
Erzeugnissen im Hinblick auf die Ersetzung der von SEB gelieferten Geräte zu entwickeln.
240.
Da schließlich in der betreffenden Bestimmung der Verpflichtungen vorgesehen ist, dass SEB den
Lizenznehmer zum gewerblichen Einstandspreis zuzüglich der Kosten beliefern muss, wird die
Wettbewerbsfähigkeit des Lizenznehmers keineswegs geschmälert, sondern es wird ihm vielmehr ein
günstiger Preis gewährleistet. Im Gegensatz zu dem, was das Vorbringen der Klägerin vermuten lässt,
ist SEB außerdem kein Konkurrent des Lizenznehmers, der die Moulinex-Erzeugnisse abnehmen muss,
da SEB aufgrund der Verpflichtungen während der Lizenzdauer und der anschließenden Dreijahresfrist
kein Moulinex-Erzeugnis auf dem deutschen Markt verkaufen darf.
241.
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin bewirkt demnach die vorgesehene begrenzte
Bezugsverpflichtung keine Stärkung der Stellung von SEB-Moulinex und beeinträchtigt nicht die
Wirksamkeit der Lizenz.
242.
Was die Rüge hinsichtlich des Warenbezugs bei SEB für andere Artikel als Mixer und ähnliche
Zubereiter in Deutschland angeht, so genügt der Hinweis, dass es sich dabei nicht um eine
Verpflichtung des Lizenznehmers handelt, sondern lediglich um eine Möglichkeit, die dieser je nach
Interessenlage wahrnehmen kann. Die betreffende Bestimmung ist auch nicht deshalb zu
beanstanden, weil der Lizenznehmer bestimmte Mindestmengen abnehmen muss, wenn er von der
genannten Möglichkeit Gebrauch macht.
243.
Demgemäß ist die Rüge der Klägerin zurückzuweisen.
A - Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
244.
Die durch die Genehmigung der Kommission ermöglichte Nutzung ein und derselben Marke durch
verschiedene Unternehmen in der Europäischen Union kann nach Ansicht der Klägerin zu einer
aufeinander abgestimmten Verhaltensweise von SEB-Moulinex und des (der) Lizenznehmer(s) führen.
245.
Die Klägerin geht nämlich davon aus, dass es nicht möglich sei, ein und dieselbe Marke über das
Gebiet der Mitgliedstaaten hinweg getrennt zu nutzen, ohne die Handels-, Marketing- und Werbepolitik
zu koordinieren und den Fortbestand der Marke zu gefährden. Dies bekräftige insbesondere sehr
deutlich der französische Wirtschaftsminister in der Sache Pernod-Ricard/Coca-Cola (Erlass vom 24.
November 1999 über den geplanten Erwerb der Unternehmensteile von Pernod-Ricard betreffend die
Getränke der Marke Orangina durch Coca-Cola) und werde auch vom französischen Staatsrat
bestätigt (Urteil des Staatsrats vom 6. Oktober 2000 in der Rechtssache Pernod-Ricard). Ebenso
betone die Kommission von jeher die Notwendigkeit einer Koordinierung in Handels- und
Marketingangelegenheiten auf sehr nahe beieinander liegenden Märkten (vorgenannte Entscheidung
Schneider/Legrand, Begründungserwägung 796).
246.
Im vorliegenden Fall habe die Kommission indessen nicht die Möglichkeiten einer aufeinander
abgestimmten Verhaltensweise bedacht, die darauf zurückzuführen seien, dass die Markenlizenzen je
nach Land und Erzeugnis an verschiedene Unternehmen vergeben werden könnten.
247.
Die Kommission hält die Rüge der Klägerin für unbegründet.
B - Würdigung durch das Gericht
248.
Wie bereits dargelegt, sind die Märkte der kleinen elektrischen Haushaltsgeräte unstreitig von
nationaler Größenordnung. So lässt Begründungserwägung 27 der angefochtenen Entscheidung
erkennen, dass die „Eigenschaften“ der Erzeugnisse in Anbetracht des Verbraucherverhaltens und
der Verbrauchergewohnheiten je nach Mitgliedstaat veränderlich sein können, die Beziehungen
zwischen Abnehmern und Lieferanten insbesondere auf einer nationalen Grundlage beruhen, die
meisten wichtigen Markenhersteller über ihre eigenen örtlichen Verkaufsorganisationen je
Mitgliedstaat verfügen und der Vertrieb national strukturiert ist.
249.
Die Kommission hat daher zu Recht festgestellt, dass ein und dieselbe Marke durch je nach
Mitgliedstaat verschiedene Wirtschaftsteilnehmer genutzt werden kann, von denen jeder seine eigene
Organisation und Strategie für Marketing, Werbung und Verkaufswesen besitzt, und dass der
Lizenznehmer die Marke Moulinex unabhängig von SEB führen und seine eigene Marke entwickeln
kann, ohne sich mit SEB oder den anderen Lizenznehmern abstimmen zu müssen.
250.
Überdies kann SEB weder eine Lizenz an einen anderen Lizenznehmer für das gleiche Gebiet
vergeben noch selbst die Marke Moulinex in diesem Gebiet nutzen, so dass eine Koordinierung des
Wettbewerbsverhaltens für die Marke Moulinex nicht geboten ist. Zudem bedarf die Wahl der
Lizenznehmer der Zustimmung der Kommission. Diese kann auch darauf achten, dass etwaige von der
Klägerin genannte Gefahren einer Koordinierung der Verhaltensweisen zwischen Lizenznehmern
vermieden werden.
251.
Die Rüge der Klägerin ist demnach unbegründet.
252.
Diese Schlussfolgerung kann nicht durch die von der Klägerin zitierten Fälle in Frage gestellt
werden, die völlig anders gelagert waren. So war die Unabhängigkeit des Lizenznehmers in der Sache
Pernod-Ricard/Coca-Cola nicht gegeben, während der Lizenznehmer im vorliegenden Fall unabhängig
sein muss, um von der Kommission zugelassen zu werden. Darüber hinaus waren dem Staatsrat
zufolge die beiden Märkte mit Kohlensäure versetzter alkoholfreier Getränke „hors foyer“ und
„alimentaires“ in Frankreich nicht „abgegrenzt“, und es handelte sich um zwei benachbarte
Produktmärkte und nicht, wie im vorliegenden Fall, um zwei räumlich getrennte Märkte mit jeweiligen
nationalen Dimensionen und Merkmalen. Somit konnte die Gefahr einer Abstimmung zwischen dem
Lizenznehmer und Coca-Cola keineswegs ausgeschlossen werden, zumal der Markeneigentümer die
Kontrolle über die Qualität der Erzeugnisse behielt und ihm die Verpackung und Werbung oblagen.
Diese Situation ist daher nicht mit dem Zusammenschluss im vorliegenden Fall vergleichbar, da hier
die verschiedenen nationalen Märkte getrennt sind und die Lizenznehmer die Eigenverantwortung für
Qualitätskontrolle der Erzeugnisse sowie für Verpackung und Werbung besitzen und im Eigeninteresse
die Möglichkeit haben, ihre eigene Marke zu entwickeln.
253.
Somit ist der vierte Teil dieses Klagegrundes unbegründet.
A - Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
254.
Die Klägerin bemängelt, dass die Kommission keine Verpflichtungen auf Märkten auferlegt habe, die
indessen zu ernsthaften Wettbewerbsproblemen Anlass gäben. So sei keine Verpflichtung für den
italienischen Markt verlangt worden, obgleich SEB-Moulinex nach dem Zusammenschluss einen
Marktanteil von 65 % bis 75 % bei Wasserkochern und von 40 % bis 50 % bei Geräten für
Gelegenheitsgerichte sowie Mixern und ähnlichen Zubereitern gehabt habe. Ebenso habe SEB-
Moulinex nach dem Zusammenschluss in Norwegen einen Marktanteil von 55 % bis 65 % bei
Fritteusen, Espressomaschinen und Geräten für Gelegenheitsgerichte und von 70 % bis 80 % bei
Kleinherden besessen.
255.
Problematische Situationen seien auch auf den britischen, irischen, spanischen, finnischen und
norwegischen Märkten zu verzeichnen.
256.
Die von der Kommission verlangten Verpflichtungen genügten nicht, um die durch den
Zusammenschluss hervorgerufenen Wettbewerbsprobleme zu lösen.
257.
Die Klägerin gibt vergleichsweise zu bedenken, dass ein gleichartiger Marktanteil bei anderen
Segmenten zur Auferlegung von Verpflichtungen durch die Kommission geführt habe. So sei für
Portugal eine Verpflichtung verlangt worden, da SEB-Moulinex nach dem Zusammenschluss über
einen Marktanteil von 65 % bis 75 % bei Kleinherden, Geräten für Gelegenheitsgerichte sowie Mixern
und ähnlichen Zubereitern und von 40 % bis 50 % bei elektrischen Kaffeemaschinen und Fritteusen
verfügt habe. Zudem habe die Kommission Verpflichtungen für Marktsegmente festgelegt, bei denen
die neue Einheit einen geringeren Marktanteil innegehabt habe.
258.
Auf die schriftliche Frage des Gerichts, mit der die Klägerin aufgefordert worden war, ihre Rügen
bezüglich der britischen, irischen, spanischen, finnischen und norwegischen Märkte näher darzulegen,
hat die Klägerin die nachstehende Auffassung vertreten.
259.
In Spanien sei SEB-Moulinex durch den Zusammenschluss eine Marktposition zugefallen, die über
35 % oder gar 40 % des Marktanteils auf vier Märkten kleiner elektrischer Küchengeräte hinausgehe.
Die Kommission habe gleichwohl nach ihrer Analyse die Vereinbarkeit des Zusammenschlusses auf
dem spanischen Markt wie folgt festgestellt:
- Die neue Einheit könne sich nicht wettbewerbswidrig verhalten, da sie bedeutenden Konkurrenten
gegenüberstehe;
- Versuche eines wettbewerbswidrigen Verhaltens auf den betreffenden Märkten würden durch
verminderte Käufe von SEB-Moulinex-Erzeugnissen auf anderen Märkten als bei Wasserkochern und
Kleinherden bestraft, auf denen die neue Einheit 85 % bis 95 % ihres Umsatzes erziele.
260.
Die Kommission habe aus folgenden Gründen nicht dargetan, dass in Spanien keine ernsthaften
Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Zusammenschlusses mit dem Gemeinsamen Markt
bestünden, so dass auf Verpflichtungen in diesem Land verzichtet werden könne:
- Bei den in der angefochtenen Entscheidung hauptsächlich analysierten Mitgliedstaaten (Portugal,
Belgien, Niederlande, Griechenland) sei die Kommission für die Feststellung ernsthafter Bedenken, die
Verpflichtungen erforderlich machten, jeweils insbesondere von dem Wert ausgegangen, den die
Märkte, auf denen SEB-Moulinex zusammen einen Marktanteil von mehr als 40 % besitze, im Verhältnis
zum Gesamtwert aller Märkte des Küchensegments darstellten (Portugal, Belgien, Niederlande,
Griechenland); so habe die Kommission z. B. für Belgien feststellen können, dass die sechs Märkte,
auf denen SEB-Moulinex nach dem Zusammenschluss einen Marktanteil von mehr als 40 % habe,
zusammengerechnet wertmäßig 44 % des betreffenden Gesamtmarkts für Küchengeräte ausmachten.
- Für Griechenland habe die Kommission z. B. Verpflichtungen von SEB verlangt, obgleich die vier
Märkte, auf denen SEB-Moulinex zusammen mehr als 40 % der Marktanteile erreiche, wertmäßig 24 %
des Gesamtmarkts für Küchengeräte ausmachten.
261.
Daher habe die Kommission für Spanien nicht die Gefahr wettbewerbswidriger Verhaltenweisen von
SEB-Moulinex auf den betreffenden Märkten verneinen können, ohne zuvor den Wert zu bemessen,
den die Märkte, auf denen SEB-Moulinex in Spanien einen Marktanteil von mehr als 40 % erreiche, im
Verhältnis zum Gesamtmarkt der „Gruppe Küchengeräte“ darstellten. Die Kommission habe sich in
ihrer Analyse indessen mit der Bemessung des Anteils begnügt, den nur zwei der Märkte, auf denen
SEB-Moulinex eine bedeutsame Stellung innehabe (Wasserkocher und Kleinherde), im Gesamtumsatz
von SEB-Moulinex auf dem Gesamtmarkt des Küchensegments ausmachten. Die Bewertung der
Kommission sei somit falsch, da sie in ihre Berechnung nicht den Umsatz einbezogen habe, der bei
Mixern und ähnlichen Zubereitern sowie Geräten für Gelegenheitsgerichte vorliege, obgleich SEB-
Moulinex hierbei 55 % bis 65 % und 35 % bis 45 % erreiche.
262.
Demgemäß habe die Kommission nicht allein anhand der Faktoren, die in der angefochtenen
Entscheidung dargelegt seien, zu dem Schluss gelangen können, dass der Zusammenschluss von
SEB-Moulinex keinen Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem
Gemeinsamen Markt in Spanien gebe, und somit auf Verpflichtungen für dieses Land verzichten
können.
263.
Dies gelte auch entsprechend für die Wettbewerbssituation in Finnland. Die Kommission habe
nämlich nicht den Wert bemessen, den die Märkte, auf denen SEB-Moulinex zusammen einen
Marktanteil von mehr als 40 % erreiche, im Verhältnis zum Gesamtwert aller Märkte des
Küchensegments darstellten. Zudem habe sich die Kommission mit einer Bewertung der
Wettbewerbssituation bei Toastern begnügt, um ernsthafte Gefahren für den Wettbewerb auf den
relevanten Märkten in Finnland auszuschließen, ohne dass sie drei weitere Produktmärkte
berücksichtigt habe, auf denen SEB-Moulinex nach dem Zusammenschluss einen Marktanteil von
mehr als 40 % erreiche (Kleinherde mit 35 % bis 45 %, Espressomaschinen mit 40 % bis 50 % und
Barbecue-Grills mit 40 % bis 50 %). Außerdem habe die Kommission - im Gegensatz zu ihrer Analyse
über den griechischen Markt - nicht aufgezeigt, dass die neue Einheit in Finnland auch bei Mixern und
ähnlichen Zubereitern eine starke Marktstellung innehabe (30 % bis 40 %).
264.
Auch für Italien könnten ähnliche Einwände gegen die entsprechende Wettbewerbsanalyse der
Kommission erhoben werden. So habe die Kommission zwar auf den Wert Bezug genommen, den die
Märkte für Wasserkocher und Gelegenheitsgerichte in Italien im Verhältnis zum Gesamtwert der
„Gruppe Küchengeräte“ darstellten; sie habe es aber versäumt, den Markt der Mixer und ähnlichen
Zubereiter zu berücksichtigen, auf dem SEB-Moulinex einen Marktanteil von 40 % bis 50 % erreiche, so
dass die Kommission nicht ordnungsgemäß zu dem Schluss habe gelangen können, dass der
Zusammenschluss keinen Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit dem
Gemeinsamen Markt in Italien gebe.
265.
Was das Vereinigte Königreich und Irland anbelange, so habe die Kommission auf dem britischen
Markt nicht alle entsprechenden Wertmaßstäbe und/oder Umsatzkriterien angewandt, von denen sie
sonst in ihrer Wettbewerbsanalyse für die anderen Länder Gebrauch gemacht habe. So habe sie nicht
die Bedeutung der Gefahren bewertet, die der Zusammenschluss auf dem britischen und irischen
Markt mit sich bringe. Die Kommission habe sich, um Gefahren für den Wettbewerb zu verneinen, auf
die Anwendung des Schwellenwerts von 40 % und auf die Feststellung beschränkt, dass es einen
Konkurrenten mit einem Marktanteil von 15 % bis 25 % und eine nur begrenzte
Tätigkeitsüberschneidung gebe. Sie habe hierbei jedoch keineswegs analysiert, wie sich die
Verbindung bedeutsamer Marktstellungen von SEB-Moulinex auf den Märkten für Fritteusen (30 % bis
40 %), Dampfkocher (30 % bis 40 %) und Bügeleisen (35 % bis 45 %) nach dem Zusammenschluss auf
den Wettbewerb auswirke.
266.
Die Kommission bestreitet die Erklärung der Klägerin, es seien keine Verpflichtungen auf Märkten
eingegangen worden, die Anlass zu ernsthaften Wettbewerbsproblemen gäben.
267.
Sie betont zunächst, aus Begründungserwägung 137 der angefochtenen Entscheidung gehe
entgegen dem Vorbringen der Klägerin hervor, dass „SEB ihre Verpflichtungen perfektioniert hat,
indem die Markenlizenz auf die Gesamtheit der elektrischen Haushaltskleingeräte in ... Norwegen
erweitert wurde“.
268.
Was sodann den italienischen Markt betreffe, so könne sich die Klägerin nicht ausschließlich auf die
Marktanteile der neuen Einheit bei Mixern und ähnlichen Zubereitern, Geräten für
Gelegenheitsgerichte und Wasserkocher berufen, um daraus zu schließen, dass Verpflichtungen
erforderlich gewesen seien. Es müssten alle relevanten Faktoren in Betracht gezogen werden, um
festzustellen, ob der Zusammenschluss eine beherrschende Stellung auf dem Gemeinsamen Markt
begründe oder verstärke. So seien auf dem Markt für Mixer und ähnliche Zubereiter drei wichtige
Konkurrenten in der Lage, der neuen Einheit entgegenzutreten. Ebenso sei, wie aus der Entscheidung
hervorgehe, die Stellung der Parteien des Zusammenschlusses auf den Märkten für
Gelegenheitsgerichte und Wasserkocher in Italien insofern zu relativieren, als bestimmte Konkurrenten
wichtige Stellungen auf mehreren anderen Produktmärkten einnähmen, wie etwa bei Kleinherden,
Fritteusen oder Espressomaschinen. Im Übrigen sei davon auszugehen, dass Versuche eines
wettbewerbswidrigen Verhaltens auf den Märkten der Geräte für Gelegenheitsgerichte und
Wasserkocher durch verminderte Käufe von SEB-Moulinex-Erzeugnissen auf den anderen Märkten
bestraft würden.
269.
Überdies sei die Lage auf diesen Märkten, die von der Klägerin besonders herangezogen würden,
gänzlich anders als die Lage in Portugal, da die neue Einheit dort bei zehn der elf Produktgruppen
über Marktanteile von mehr als 40 % verfüge. Die neue Einheit habe in Portugal auf praktisch allen
relevanten Produktmärkten eine unübertroffene Machtposition erreicht, der weder andere Hersteller
noch der Handel gewachsen wären.
270.
Das Vorbringen der Klägerin, die Kommission habe die Wettbewerbsprobleme der britischen,
irischen, spanischen, finnischen und norwegischen Märkte nicht beachtet, sei schließlich gemäß
Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung unzulässig, da es jeder Erklärung oder Begründung
entbehre.
271.
Auf die schriftlichen Fragen des Gerichts weist die Kommission zunächst auf die Überlegungen hin,
die sie zu dem Schluss veranlasst hätten, dass ernsthafte Bedenken in Bezug auf Portugal,
Griechenland, Belgien, die Niederlande, Deutschland, Österreich, Dänemark, Schweden und Norwegen
die Auferlegung von Verpflichtungen für alle Produktmärkte dieser neun Länder rechtfertigten,
während Verpflichtungen für Italien, Spanien, das Vereinigte Königreich, Irland und Finnland nicht
erforderlich seien, da hier keine ernsthaften Bedenken hätten festgestellt werden können.
272.
Vor der Darlegung ihrer Überlegungen in vier Stufen erklärt die Kommission, sie habe sich für ihre
Analyse auf ihre Entscheidungspraxis und die bei ihrer Untersuchung erhaltenen Informationen über
die Funktionsweise des Marktes gestützt.
273.
So seien nach ihrer Feststellung für das Funktionieren des Wettbewerbs auf den betreffenden
Märkten zwei Faktoren von wesentlicher Bedeutung, nämlich die Verfügung über eine anerkannte
Marke (Begründungserwägung 36 der angefochtenen Entscheidung) und der Zugang zum Handel
(vgl. z. B. Begründungserwägung 35 der angefochtenen Entscheidung). Dies treffe auf alle
Warengruppen zu.
274.
Hinsichtlich des erstgenannten Faktors bezieht sich die Kommission auf ihre Entscheidung
98/602/EG vom 15. Oktober 1997 über die Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem
Gemeinsamen Markt und dem Funktionieren des EWR-Abkommens (Sache IV/M.938 - Guinness/Grand
Metropolitan) (ABl. 1998, L 288, S. 24), in der sie betont habe, dass „der Inhaber eines ganzen
Sortiments führender Spirituosenmarken in mehrfacher Hinsicht im Vorteil [ist]“, und dass
insbesondere „seine Position gegenüber den Abnehmern stärker [ist], da er ganze Sortimente liefern
kann und seine Waren vermutlich einen größeren Anteil am Geschäftsvolumen ausmachen“
(Begründungserwägungen 38 ff. der Entscheidung). In dieser Entscheidung heiße es in
Begründungserwägung 41: „Dieser Vorteil und seine Folgen für die Wettbewerbsstruktur der Märkte
hängen von mehreren Faktoren ab: ob der Anbieter über eine oder mehrere in bestimmten Märkten
führende Marken verfügt, welche Marktanteile seine Marken im Verhältnis zur Konkurrenz erzielen,
welche Bedeutung den Märkten, in denen die Parteien führende Marken bei vielen Sorten anbieten
können, zukommt, und schließlich die Zahl der Märkte, in denen der Anbieter über führende Marken
verfügt.“
275.
Das Verhandlungsvermögen des Handels sei der zweite wichtige Wettbewerbsfaktor auf dem
betreffenden Markt. Hierzu habe SEB ausgeführt, „dass ein Versuch [ihrerseits], die Preise in
Warensegmenten ... anzuheben, bei denen der Marktanteil von SEB theoretisch über 35 % liegt, zu
Vergeltungsmaßnahmen des Handels in den anderen Segmenten kleiner elektrischer
Haushaltsgeräte führen kann, was umso schwerwiegender wäre, als davon zwei Drittel des Absatzes
kleiner elektrischer Haushaltsgeräte betroffen wären“.
276.
Die Kommission erklärt, sie habe der Reihe nach vier auf der Wettbewerbssituation des
Zusammenschlusses beruhenden Faktoren Rechnung getragen, die sie zu dem Schluss veranlasst
hätten, dass die Auferlegung von Verpflichtungen für Italien, Spanien, das Vereinigte Königreich,
Irland und Finnland nicht erforderlich sei.
277.
Der erste Faktor habe sich auf die Bestimmung der Märkte bezogen, auf denen die neue Einheit
Marktanteile von mehr als 40 % erreiche. Der zweite Gesichtspunkt betreffe die Bestimmung größerer
Überschneidungen zwischen den Parteien auf dem betreffenden Produktmarkt (vgl.
Begründungserwägungen 86 bis 88, 90 bis 92, 95, 97, 98, 101, 102, 107, 110, 111, 113, 121 und 123
der angefochtenen Entscheidung). Drittens sei es darum gegangen, die Stellung der aus dem
Zusammenschluss hervorgegangenen Einheit im Verhältnis zur Konkurrenz zu bestimmen (vgl.
Begründungserwägungen 87, 92, 96 bis 98, 101, 102, 105, 107, 110, 111, 113, 116, 119 und 123 der
angefochtenen Entscheidung). Der vierte Faktor schließlich liege in der Feststellung, wie wichtig der
betreffende Produktmarkt im Verhältnis zum Gesamtumsatz der neuen Einheit sei und welche
Vergeltungsmöglichkeiten der Handel dementsprechend besitze (vgl. Begründungserwägungen 83,
98, 101, 102, 105, 110, 116, 119 und 123 der angefochtenen Entscheidung). Dieser letztgenannte
Faktor, nämlich der so genannte Sortimenteffekt, habe in der Wettbewerbsanalyse berücksichtigt
werden müssen, da auf allen Produktmärkten eines Landes jeweils die gleichen Marken und die
gleichen Großabnehmer anzutreffen seien.
278.
Die Kommission erklärt, sie sei unter Berücksichtigung dieser verschiedenen Kriterien zu dem
Schluss gelangt, dass der Zusammenschluss in Portugal, den Niederlanden, Belgien und
Griechenland für alle Erzeugnisse Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich seiner Vereinbarkeit mit
dem Gemeinsamen Markt gebe. Im Hinblick auf den ersten Faktor sei festgestellt worden, dass die
neue Einheit bei den meisten Erzeugnissen des Sortiments Marktanteile von mehr als 40 % erreiche
(Begründungserwägungen 48, 55, 63 und 72 der angefochtenen Entscheidung). Sodann sei zu
verzeichnen gewesen (Begründungserwägungen 83 ff. der angefochtenen Entscheidung), dass die
Märkte, auf denen die neue Einheit Anteile von mehr als 40 % besitze, 50 % des Gesamtumsatzes der
Einheit überstiegen. Bei den Sortimenteffekten sei davon ausgegangen worden, dass mit ihnen unter
den genannten Umständen eine Zunahme der Marktstärke verbunden sei, über die die Parteien des
Zusammenschlusses auf den betreffenden Märkten verfügen könnten. Dabei seien Verpflichtungen
für alle Produktmärkte dieser Länder auferlegt worden.
279.
Bei den anderen Ländern sei das erste Kriterium nicht gegeben, so dass daraufhin untersucht
worden sei, ob der Zusammenschluss zu einer größeren Überschneidung der Parteien auf den
betreffenden Produktmärkten führe. Zunächst seien ernsthafte Bedenken für die Produktmärkte
ausgeschlossen worden, auf denen die Überschneidung minimal sei, da der Zusammenschluss in
solchen Fällen keine wesentlichen Änderungen der Wettbewerbslage mit sich bringe. Dies sei der Fall
in Finnland bei Kleinherden (Begründungserwägung 87 der angefochtenen Entscheidung), in
Deutschland bei Geräten für Gelegenheitsgerichte (Begründungserwägung 88 der angefochtenen
Entscheidung) und in Finnland, Norwegen und Schweden bei Espressomaschinen
(Begründungserwägung 90 der Entscheidung). Bei Geräten für Gelegenheitsgerichte sowie Mixern und
ähnlichen Zubereitern in Spanien seien die Überschneidungen äußerst gering gewesen. Hierbei sei
die zusammengefasste Stellung der Parteien gegenüber ihren Konkurrenten berücksichtigt worden.
Bei Mixern und ähnlichen Zubereitern in Italien habe die Einheit zusammen z. B. erst den vierten
Akteur auf dem Markt eliminiert. In Ermangelung größerer Überschneidungen der Parteien und
angesichts der starken Stellung der Konkurrenzunternehmen (Braun mit 10 % bis 20 %, Philips mit 10
% bis 20 %, De'Longhi mit 0 % bis 10 %) sei die Kommission davon ausgegangen, dass der
Zusammenschluss keinen Anlass zu ernsthaften Bedenken auf dem italienischen Markt gebe
(Begründungserwägung 121 der angefochtenen Entscheidung).
280.
Anschließend habe festgestellt werden müssen, in welchen dieser Länder der Zusammenschluss
einen Sortimenteffekt ausübe, der das Kräfteverhältnis zwischen SEB-Moulinex und den Abnehmern
materiell verändere. Zu diesem Zweck sei die Größe der vom Zusammenschluss betroffenen
Produktmärkte im Verhältnis zum Gesamtumsatz der neuen Einheit in dem jeweiligen Land abgeschätzt
worden. Wenn dieses Verhältnis geringfügig gewesen sei, d. h. unter 10 % gelegen habe, sei davon
ausgegangen worden, dass sich die Fähigkeit des Handels zu Gegenmaßnahmen durch den
Zusammenschluss nicht ändere und ausreiche, um den Sortimenteffekt zu nutzen. Hierbei sei
selbstverständlich berücksichtigt worden, dass der Handel über Alternativangebote auf dem
jeweiligen Landesmarkt verfüge (vgl. Begründungserwägungen 116, 119, 122 und 123 der
angefochtenen Entscheidung). Andererseits habe Anlass zu ernsthaften Bedenken auf allen Märkten
bestanden, für die der Zusammenschluss eine spürbare Änderung der Stellung der Parteien
gegenüber den Abnehmern mit sich bringe.
281.
Was insbesondere den Markt für Wasserkocher und Geräte für Gelegenheitsgerichte in Italien
angehe, so sei die Kommission zu der Auffassung gelangt, dass der Zusammenschluss in Anbetracht
des geringen Umsatzanteils der neuen Einheit auf diesen Produktmärkten und der
Ausweichmöglichkeiten des Handels zugunsten gängiger Alternativmarken zu keinen ernsthaften
Bedenken Anlass geben könne (Begründungserwägungen 115 bis 117 und 121 bis 124 der
angefochtenen Entscheidung).
282.
Auf die Frage des Gerichts, ob sich die Einschätzung der Kommission für Italien geändert hätte,
wenn der Markt für Mixer und ähnliche Zubereiter den Märkten für Wasserkocher und Geräte für
Gelegenheitsgerichte zugeschlagen worden wäre, um die Fähigkeit des Handels zur „Bestrafung“
einer etwaigen wettbewerbswidrigen Verhaltensweise von SEB-Moulinex zu ergründen, hat die
Kommission geantwortet, dass eine Zusammenzählung dieser drei Märkte keineswegs gerechtfertigt
sei und dass jedenfalls, auch wenn dies hätte geschehen müssen, dadurch keine Meinungsänderung
der Kommission eingetreten wäre.
283.
In Italien habe nämlich der Markt für Wasserkocher und Geräte für Gelegenheitsgerichte wertmäßig
jeweils 0 % bis 10 % der gesamten „Küchengruppe“ kleiner elektrischer Haushaltsgeräte ausgemacht.
Der Markt für Geräte für Gelegenheitsgerichte habe wertmäßig 0 % bis 10 % der gesamten
„Küchengruppe“ kleiner elektrischer Haushaltsgeräte betragen. Der Markt für Mixer und ähnliche
Zubereiter habe wertmäßig 25 % bis 35 % der gesamten „Küchengruppe“ kleiner elektrischer
Haushaltsgeräte ausgemacht. Diese drei Produktmärkte erreichten somit wertmäßig insgesamt 30 %
bis 40 % der gesamten „Küchengruppe“ kleiner elektrischer Haushaltsgeräte in Italien.
284.
In Anbetracht der starken Konkurrenz auf dem Markt für Mixer und ähnliche Zubereiter, wie Braun,
Philips und De'Longhi, habe der Zusammenschluss nicht zur Begründung oder Verstärkung einer
beherrschenden Stellung führen können. Zudem wäre es wegen fehlender Marktmacht bei Mixern und
ähnlichen Zubereitern nicht gerechtfertigt gewesen, zur Feststellung der Marktposition von SEB-
Moulinex diese Warengruppe dem Segment der Wasserkocher und der Geräte für
Gelegenheitsgerichte hinzuzurechnen.
285.
Die Kommission erklärt ferner, dass sie angesichts der besonderen Merkmale des italienischen
Marktes keineswegs zu einem anderen Schluss gelangt wäre. Dieser Markt sei durch die Präsenz
zweier von jeher starker Akteure gekennzeichnet (vgl. Begründungserwägung 123 der Entscheidung),
nämlich zum einen von Saeco, dem weltweiten Marktführer für Espressomaschinen, mit einem
italienischen Marktanteil von 60 % bis 70 %, und zum anderen von De'Longhi, einem Unternehmen,
das auf vier Produktmärkten führend sei, nämlich bei Kleinherden, Fritteusen, Toastern und Barbecue-
Grillgeräten, wobei diese vier Märkte insgesamt 30 % bis 40 % des Gesamtwertes der „Küchengruppe“
kleiner elektrischer Haushaltsgeräte in Italien ausmachten.
286.
Der Abschreckungseffekt, von dem der Handel gegebenenfalls Gebrauch machen könne, hänge
indessen großenteils von dem Wertverhältnis ab, das zwischen den Produktmärkten, auf denen SEB-
Moulinex einen Marktanteil von mindestens 40 % erreiche, und dem Gesamtumsatz dieser
Unternehmensgruppe bestehe. So werde in Begründungserwägung 123 der angefochtenen
Entscheidung ausgeführt, dass „jeder Versuch eines wettbewerbswidrigen Verhaltens auf diesen
Märkten somit durch verminderte Käufe von SEB- und Moulinex-Produkten auf den anderen Märkten
bestraft würde, auf denen der Unternehmenszusammenschluss 90 % bis 100 % seines Umsatzes
erzielt, so dass eine Preiserhöhung durch die Parteien unrentabel werden könnte“.
287.
Die Kommission fügt hinzu, es müsse nicht nur dem Wettbewerbsdruck Rechnung getragen werden,
den die aktuellen Marktkonkurrenten ausübten, sondern auch der potenzielle Druck der Unternehmen
berücksichtigt werden, die auf Nachbarmärkten tätig seien. So werde in Italien z. B. bei Mixern und
ähnlichen Zubereitern die Marktstärke der neuen Einheit durch die starke Präsenz der aktuellen
Konkurrenten wie Braun, Philips und De'Longhi eingeschränkt. Zudem könne Saeco dank des
entscheidenden Gewichts dieses Unternehmens auf Nachbarmärkten jederzeit in diesen Produktmarkt
einsteigen.
288.
Zu der nicht von vornherein von der Kommission ins Auge gefassten Möglichkeit einer
Wettbewerbsbeeinträchtigung durch Preissenkungen sei zu bemerken, dass diese Frage unter dem
Gesichtspunkt von Praktiken zu sehen sei, die die Verdrängung anderer Unternehmen bezweckten, da
die verschiedenen vom Zusammenschluss betroffenen Erzeugnisse „unabhängige Güter oder
Substitute“ seien und somit eine zeitweilige Preissenkung einige Konkurrenten zum Marktausstieg
veranlassen oder den Markteinstieg neuer Konkurrenten verhindern könnte, zumal die Hersteller alle
relevanten Erzeugnisse auf derselben Handelsstufe der Wiederverkäufer absetzten.
289.
Die Kommission hat auf eine entsprechende Frage des Gerichts erklärt, es habe im Laufe ihrer
Untersuchungen keinen Anhaltspunkt dafür gegeben, dass der Zusammenschluss zu solchen
Praktiken führen könne. Ein Unternehmen könne nämlich nur dann zu derartigen Maßnahmen greifen,
wenn es finanziell in der Lage sei, auf Dauer auf kostendeckende Preise in der Überzeugung zu
verzichten, dass es damit die Konkurrenz ausschalten könne.
290.
Nichts deute indessen darauf hin, dass SEB finanzkräftiger sei als die Konkurrenzunternehmen oder
über eine niedrigere Kostendeckung verfüge. Zudem könne ein vom Markt verdrängter Konkurrent
dorthin zurückkehren, wenn die Preise wieder einen lohnenden Stand erreichten, da er weiterhin über
seine Marke verfüge, die einen wesentlichen Wettbewerbsfaktor auf dem Markt der elektrischen
Haushaltskleingeräte darstelle.
291.
Überdies sei nicht sicher, dass eine Preissenkung genüge, um den Markteintritt neuer
Konkurrenten wie der Klägerin zu verhindern, die in den Nummern 7 und 11 ihrer Erklärungen vom 28.
Juni 2002 und 25. Juli 2002 vor dem Gericht die Auffassung vertreten habe, dass sie nach ihrer im Jahr
2002 beginnenden Tätigkeit Marktanteile von [... %] in [...] erreichen könne.
292.
Schließlich sei auch zu bedenken, dass eine Preissenkungspolitik eines Lieferanten zur
Verdrängung von Konkurrenten vom Verhalten des Handels beeinflusst werde. Der Anreiz für eine
derartige Politik schwinde nämlich insoweit, als die Ladenpreise für elektrische Haushaltskleingeräte
vom Handel bestimmt würden, der im Fall von Preissenkungen des Lieferanten die Einzelhandelspreise
beibehalten und dadurch einen zusätzlichen Gewinn zu Lasten des Lieferanten erzielen könne.
293.
Die Kommission erklärt daher, sie habe ihre Untersuchung auf die mit Sicherheit bestehenden
unmittelbaren Auswirkungen des Zusammenschlusses begrenzt und nicht etwaige spätere, ungewisse
Folgen wie Verdrängungspraktiken berücksichtigt.
294.
Zu einer möglichen Beeinflussung der Wahl des Endverbrauchers durch den Handel bemerkt die
Kommission, die Marktuntersuchung habe gezeigt, dass die Verbraucher eindeutig bekannte
Markenerzeugnisse bevorzugten, selbst wenn diese teurer seien als Erzeugnisse einer unbekannten
Marke, und dass andererseits, wie bereits erwähnt, der Zugang zum Handel unerlässlich sei, um den
Wettbewerb auf dem betreffenden Markt aufzunehmen.
295.
Die Kommission habe im Laufe ihrer Untersuchungen die entscheidenden Merkmale der
Beziehungen zwischen Hersteller und Handel ersehen und damit auch feststellen können, wie dieser
die Wahl des Endverbrauchers zu bestimmen vermöge.
296.
Sie unterstreicht die Bedeutung der Vermarktungspolitik, die für den Handel darin bestehe, dass er
vermeide, mit denselben Modellen bei sich selbst in Wettbewerb zu treten, und dass er sein
Warenangebot spezifisch ausrichte, um zu vermeiden, dass der Verbraucher die Preise in den
verschiedenen Läden zu genau vergleiche.
297.
Die Klägerin habe zudem in Nummer 11 ihrer Antwort auf die Fragen der Kommission vom 30.
November 2001 erklärt, dass „ein gutes Erzeugnis mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis keine
Chance hat, auf den Markt zu kommen, wenn der Handel es nicht in sein Angebot aufnimmt“.
298.
Der Handel bestimme somit die Wahl des Verbrauchers durch seine Fähigkeit, Einfluss auf das
Warenangebot zu nehmen und über die Verkaufspreise und die Verkaufsförderung zu entscheiden.
B - Würdigung durch das Gericht
1. Zur Zulässigkeit
299.
Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe den Zusammenschluss ohne Verpflichtungen für
Märkte mit ernsthaften Wettbewerbsproblemen genehmigt.
300.
Die Kommission und SEB vertreten die Auffassung, dass dieser Klagegrund, den die Klägerin
aufgrund der schriftlichen Fragen des Gerichts und in der mündlichen Verhandlung vorgetragen habe,
unzulässig sei. Sie stützen sich dabei auf Artikel 48 § 2 Absatz 1 der Verfahrensordnung, wonach neue
Angriffs- und Verteidigungsmittel im Laufe des Verfahrens nicht mehr vorgebracht werden könnten,
sowie auf Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung, wonach die Klageschrift den
Streitgegenstand und eine kurze Darstellung der Klagegründe enthalten müsse, um die
Verteidigungsrechte zu wahren.
301.
Insoweit ist erstens darauf hinzuweisen, dass in der Klageschrift ausdrücklich bemängelt wird, dass
die Kommission den Zusammenschluss ohne Verpflichtungen für Märkte mit ernsthaften
Wettbewerbsproblemen genehmigt habe. Da Artikel 48 § 2 Absatz 1 der Verfahrensordnung nur das
Vorbringen neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel verbietet, ist die Einrede der Unzulässigkeit
zurückzuweisen.
302.
Die Kommission ist zudem in ihrer Klagebeantwortung hinsichtlich der italienischen Märkte inhaltlich
auf diesen Klagegrund eingegangen, ohne dessen Unzulässigkeit geltend zu machen.
303.
In ihrer Antwort auf die schriftlichen Fragen des Gerichts hat die Kommission jedoch sodann geltend
gemacht, dass die Klägerin in Bezug auf Italien und insbesondere auch auf die anderen Länder, für die
die Kommission keine Verpflichtungen vorgesehen habe, nicht die Überlegungen der Kommission
bemängelt habe, wonach es dem Handel möglich wäre, Versuche eines wettbewerbswidrigen
Verhaltens zu bestrafen.
304.
Das Vorbringen in der Klageschrift war zwar lakonisch, insbesondere was die britischen, irischen,
spanischen, finnischen und norwegischen Märkte anbelangt, bei denen sich die Klägerin auf den
Hinweis beschränkt hat, dass die Lage dort ebenfalls problematisch sei. Doch können die
Ausführungen der Klägerin in ihrer Antwort auf die schriftlichen Fragen des Gerichts, mit denen sie
aufgefordert worden war, ihre Rügen näher darzulegen, ebenso wie ihr Vorbringen in der mündlichen
Verhandlung nicht als ein neues und damit unzulässiges Angriffsmittel angesehen werden, sondern
lediglich als Gesichtspunkte zur Stützung des in der Klageschrift geltend gemachten Klagegrundes.
Dies trifft auch auf den italienischen Markt zu.
305.
Zweitens ist auch der auf Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung gestützte Einwand
zurückzuweisen. Der Klagegrund wird nämlich in der Klageschrift nach Maßgabe dieser Vorschrift kurz
dargelegt. Zudem bezweckt die genannte Bestimmung die Wahrung der Verteidigungsrechte. Die
Kommission wurde indessen vollauf in die Lage versetzt, auf die entsprechenden Rügen der Klägerin
einzugehen. Insbesondere ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission bereits in ihrer
Klagebeantwortung die Auffassung geäußert hat, dass Verpflichtungen für den italienischen Markt
nicht erforderlich seien, da Versuche eines wettbewerbswidrigen Verhaltens von SEB-Moulinex durch
verminderte Käufe von SEB- und Moulinex-Erzeugnissen auf den anderen Märkten in Italien bestraft
würden. Die Kommission ist ferner vom Gericht aufgefordert worden, eine Reihe von Fragen bezüglich
dieser Rügen schriftlich zu beantworten. Zudem hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung
Gelegenheit gehabt, ihren Standpunkt in dieser Frage im Einzelnen zu begründen.
306.
Sollte die Kommission bemängeln, dass das Gericht selbst ein Angriffsmittel zur Sprache gebracht
habe, das neu sei, da es die Klägerin nicht geltend gemacht habe, so genügt drittens die
Feststellung, dass der Klagegrund, der sich auf das Fehlen von Verpflichtungen in Ländern mit
Wettbewerbsproblemen stützt, von der Klägerin bereits in der Klageschrift vorgetragen worden ist.
Erst aufgrund der Ausführungen der Kommission in der Klagebeantwortung hat das Gericht es für
erforderlich gehalten, im Wege prozessleitender Maßnahmen nach Artikel 64 der Verfahrensordnung
eine Reihe schriftlicher Fragen zu stellen, um sich Klarheit über das Vorbringen der beiden Parteien zu
verschaffen. Überdies hat der Gerichtshof im Urteil vom 19. November 1998 in der Rechtssache C-
252/96 P (Parlament/Gutiérrez de Quijano y Lloréns, Slg. 1998, I-7421, Randnr. 30) festgestellt, dass
sich bei bloßer Lektüre des Artikels 48 § 2 Absatz 1 der Verfahrensordnung im Kontext ihres Zweiten
Teils Erstes Kapitel, „Schriftliches Verfahren“, eindeutig ergibt, dass es sich um eine Bestimmung
handelt, die für die Parteien und nicht für das Gericht gilt.
307.
Demgemäß ist der Klagegrund, der sich auf das Fehlen von Verpflichtungen für Märkte mit
ernsthaften Wettbewerbsproblemen stützt, zulässig; dies gilt auch für die Märkte in Spanien, im
Vereinigten Königreich, in Irland, Finnland und Norwegen.
2. Zur Begründetheit
308.
Zunächst ist daran zu erinnern, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung
festgestellt hat, dass der Zusammenschluss ernsthafte Bedenken auf bestimmten Produktmärkten in
Portugal, Griechenland, Belgien, den Niederlanden, Deutschland, Österreich, Dänemark, Schweden
und Norwegen hervorrufe (Begründungserwägung 128). Sie hat folglich Verpflichtungen für diese
Länder auferlegt.
309.
Ferner ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission der angefochtenen Entscheidung zufolge die
betreffenden räumlichen Märkte national definiert (Begründungserwägung 30) und die Auffassung
vertreten hat, dass die dreizehn relevanten Warengruppen jeweils einen gesonderten Markt
darstellten (Begründungserwägungen 17 bis 25 der angefochtenen Entscheidung). Demgemäß ist die
Untersuchung der Wettbewerbssituation, zumindest in einem ersten Stadium, sowohl räumlich als
auch produktmäßig getrennt nach einzelnen Märkten vorzunehmen. Die ausschließlichen Lizenzen der
Marke Moulinex, die die Verpflichtungen für jedes der genannten neun Länder vorsehen, beziehen sich
indessen jeweils auf die Gesamtheit der dreizehn Produktmärkte, selbst wenn ernsthafte Bedenken
nur für den einen oder anderen Produktmarkt festgestellt wurden. Die Kommission ist nämlich in
Begründungserwägung 141 der angefochtenen Entscheidung zu Recht zu der Überzeugung gelangt,
dass eine Erweiterung der Verpflichtung zur Erteilung einer ausschließlichen Lizenz auf alle
Erzeugnisse elektrischer Haushaltskleingeräte und somit auch auf Erzeugnisse, für die die Kommission
keine ernsthaften Bedenken festgestellt hat, geboten sei, um die Wirksamkeit und Existenzfähigkeit
der mit den Verpflichtungen vorgesehenen Abhilfemaßnahmen zu gewährleisten, da ein und dieselbe
Marke im gleichen geografischen Raum nicht im Besitz von zwei verschiedenen Marktteilnehmern sein
könne.
310.
Somit genügte die Feststellung ernsthafter Bedenken auch nur im Produktmarkt eines Landes, um
eine Verpflichtung für sämtliche Produktmärkte dieses Landes aufzuerlegen. So geht aus den
Begründungserwägungen 113, 114 und 128 der angefochtenen Entscheidung hervor, dass
Verpflichtungen für Schweden festgelegt wurden, obwohl der Zusammenschluss nach Ansicht der
Kommission dort nur bei Fritteusen Anlass zu ernsthaften Bedenken geben konnte.
311.
Im Fall Italiens, Spaniens, des Vereinigten Königreichs, Irlands und Finnlands ist die Kommission
hingegen zu dem Schluss gelangt, dass der Zusammenschluss die Wettbewerbsbedingungen nur
unwesentlich verändere, so dass sie für diese Länder keine Verpflichtungen auferlegt hat.
312.
Die Klägerin erklärt im Wesentlichen, dass sich ernsthafte Wettbewerbsprobleme auf bestimmten
Märkten in Norwegen, Italien, Spanien, im Vereinigten Königreich, in Irland und Finnland ergäben und
dass die Kommission - entsprechend ihrer Untersuchung der Wettbewerbslage in den von den
Verpflichtungen betroffenen Mitgliedstaaten - auch für diese Märkte Verpflichtungen hätte vorsehen
müssen.
313.
Die Kommission führt auf die schriftlichen Fragen des Gerichts aus, sie habe bei ihrer Analyse der
Reihe nach folgende vier auf der Wettbewerbssituation des Zusammenschlusses beruhende Faktoren
berücksichtigt:
- Auf welchen Märkten verfügt die neue Einheit über Marktanteile von mehr als 40 %?
- Liegt eine größere Überschneidung zwischen den Parteien auf dem betreffenden Produktmarkt
vor?
- Welche Stellung nimmt die neue Einheit im Verhältnis zur Konkurrenz ein?
- Welche Bedeutung hat der betreffende Produktmarkt im Verhältnis zum Gesamtumsatz der neuen
Einheit, und inwieweit kann der Handel dementsprechend einen Gegendruck ausüben (im Folgenden:
Sortimenteffekt)?
314.
Bevor geprüft wird, ob diese vierstufige Analyse, wie die Kommission meint, zu dem Schluss führt,
dass auf den geografischen Märkten, für die die Kommission keine Verpflichtungen vorgesehen hat,
jeweils ernsthafte Bedenken auszuschließen sind, ist zunächst festzustellen, ob die Kommission eine
derartige Analyse tatsächlich in ihrer Entscheidung angewandt hat, um die Auswirkungen des
Zusammenschlusses auf die verschiedenen Märkte zu beurteilen.
a) Zu den vier Stufen der Analyse
- Zum Beherrschungsschwellenwert von 40 %
315.
Aus der angefochtenen Entscheidung, insbesondere den Begründungserwägungen 44, 48, 55, 56,
63, 72 und 83, geht hervor, dass nach Maßgabe der ersten von der Kommission in ihrer Antwort auf
die Fragen des Gerichts erwähnten Stufe die betreffenden Analysen der Wettbewerbslage in der
Entscheidung auf der Erwägung beruhen, dass ein Marktanteil von 40 % einen Hinweis auf eine
beherrschende Stellung darstellt. Sofern die Einheit SEB-Moulinex auf einem Produktmarkt im Ganzen
die Schwelle eines Marktanteils von 40 % erreicht oder überschreitet, war also davon auszugehen,
dass sie vorbehaltlich der drei weiteren Faktoren eine beherrschende Stellung einnimmt und
Verpflichtungen erforderlich sind. Die Kommission hat, wie aus ihrer Antwort auf die Fragen des
Gerichts hervorgeht, bei Mixern und ähnlichen Zubereitern in Griechenland sogar eine beherrschende
Stellung festgestellt, obwohl bei SEB-Moulinex nur ein Marktanteil von 39 % ermittelt worden war.
Darüber hinaus gab der Zusammenschluss, wie aus den Begründungserwägungen 55, 58, 62 und 128
der angefochtenen Entscheidung ersichtlich ist, nach Ansicht der Kommission bei Toastern in Belgien
Anlass zu ernsthaften Bedenken, obgleich die Parteien nur einen Marktanteil von 20 % bis 30 %
besaßen und Philips mit einem Marktanteil von 25 % bis 35 % mit ihnen im Wettbewerb stand.
- Zum Fehlen einer wesentlichen Überschneidung
316.
Die Kommission hat sodann, wie sie auf die schriftlichen Fragen des Gerichts erklärt hat, bei den
Märkten mit einem Marktanteil der neuen Einheit von mehr als 40 % untersucht, ob auf den
betreffenden Produktmärkten eine wesentliche Überschneidung zwischen den Parteien vorliegt. Sie
hat, sofern sie keine oder nur eine geringfügige Überschneidung feststellen konnte, für den
betreffenden Produktmarkt ernsthafte Bedenken mit der Begründung ausgeschlossen, dass der
Zusammenschluss keine spürbare Änderung der Wettbewerbslage mit sich bringe.
317.
Wie aus den Angaben der Kommission auf die schriftlichen Fragen des Gerichts hervorgeht, hat sie
in Ermangelung einer wesentlichen Überschneidung ernsthafte Bedenken für eine Reihe von
Produktmärkten ausgeschlossen, auf denen die Überschneidung nur geringfügig war (u. a. bei
Kleinherden in Finnland - Begründungserwägung 87 der angefochtenen Entscheidung -, Geräten für
Gelegenheitsgerichte in Deutschland - Begründungserwägung 88 der angefochtenen Entscheidung -
sowie Espressomaschinen in Norwegen und Schweden - Begründungserwägung 90 der
angefochtenen Entscheidung).
318.
In Ermangelung einer wesentlichen Überschneidung zwischen den Parteien können, wie die
Kommission zutreffend vorträgt, ernsthafte Bedenken ausgeschlossen werden, selbst wenn es sich
dabei um Produktmärkte handelt, auf denen die neue Einheit einen Marktanteil von mehr als 40 %
erreicht, da in einem solchen Fall die beherrschende Stellung nicht durch den Zusammenschluss
begründet oder verstärkt wird, sondern diese Stellung bereits zuvor bestanden hatte.
319.
Diese Feststellung unterliegt jedoch einer zweifachen Einschränkung.
320.
Zum einen bewirkt der Zusammenschluss selbst bei einer schwachen Überschneidung eine
Verstärkung der beherrschenden Stellung, so dass ernsthafte Bedenken lediglich dann
auszuschließen sind, wenn die Überschneidung tatsächlich nur unwesentlich ist.
321.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Marktanteile in der Entscheidung nur
mit einer Spanne von 10 % angegeben werden. Kann zwar angenommen werden, dass keine
wesentliche Überschneidung gegeben ist, sofern der Marktanteil nahe bei 0 % liegt, so trifft dies doch
nicht zu, wenn sich dieser Anteil 10 % nähert, so dass dann eine Begründung oder Verstärkung der
beherrschenden Stellung festzustellen ist. Die Entscheidung ermöglicht es dem Gericht somit nicht,
eine genaue Rechtmäßigkeitskontrolle vorzunehmen. Das Gericht hatte die Kommission mit
schriftlichen Fragen ausdrücklich aufgefordert, den Marktanteil von SEB-Moulinex bei Wasserkochern
und Geräten für Gelegenheitsgerichte in Italien genau zu präzisieren; die Kommission hat sich in ihrer
Antwort jedoch auf die Wiedergabe der bereits in der Entscheidung enthaltenen Werte mit einer
Marge von 10 % beschränkt.
322.
Auch die Feststellungen in der Entscheidung selbst zeigen, dass eine wirksame Nachprüfung der
Entscheidung wegen ihrer zu ungenauen Angaben nicht möglich ist. So hat die Kommission aufgrund
ein und derselben Erwägung, wonach eine Partei des Zusammenschlusses einen Marktanteil von 9 %
bis 10 % besitze, einmal ernsthafte Bedenken mit der Begründung verneint, dass eine wesentliche
Überschneidung fehle, ein anderes Mal jedoch das Vorhandensein solcher Bedenken bejaht.
323.
Dies trifft etwa auf den Markt für Mixer und ähnliche Zubereiter in Griechenland zu. Für diesen
Markt, auf dem die neue Einheit im Ganzen nur über einen Marktanteil verfügte, der knapp unter der
Beherrschungsschwelle lag (39 %, vgl. Begründungserwägung 72 der angefochtenen Entscheidung
und Antwort auf die Fragen des Gerichts), hat die Kommission nämlich ernsthafte Bedenken nicht
ausgeschlossen, obwohl die Überschneidung zwischen 0 % und 10 % lag, wobei Moulinex bei den
betreffenden Erzeugnissen 30 % bis 40 % und SEB nur 0 % bis 10 % erreichte (vgl. Tabelle im Anhang
der angefochtenen Entscheidung).
324.
Ebenso hat die Kommission ernsthafte Bedenken bei Bügeleisen in den Niederlanden festgestellt,
wo die Parteien des Zusammenschlusses im Ganzen einen Marktanteil von 40 % bis 50 % hatten und
die Überschneidung sich für Moulinex auf 0 % bis 10 % beschränkte.
325.
Auch auf anderen Produktmärkten, auf denen die neue Einheit im Ganzen einen Marktanteil von 40
% bis 50 % erreichte, bestanden nach Ansicht der Kommission aufgrund des Zusammenschlusses
ernsthafte Bedenken, obwohl eine der beiden Parteien nur einen Marktanteil von 0 % bis 10 %
aufweisen konnte. Dies betrifft u. a. den Markt für Barbecues in Deutschland (Begründungserwägung
97), auf dem die Parteien überdies im Wettbewerb mit wichtigen Konkurrenten stehen, insbesondere
mit Severin mit einem Marktanteil von 25 % bis 35 %, ferner den Markt für Bügeleisen und
Dampfstationen in Belgien (Begründungserwägungen 55, 56 und 59 der angefochtenen
Entscheidung) und die Märkte für Fritteusen, Toaster und elektrische Kaffeemaschinen in Portugal
(Begründungserwägungen 48, 49 und 54 der angefochtenen Entscheidung).
326.
Außerdem kann das Fehlen einer wesentlichen Überschneidung zwar als stichhaltiger Grund für den
Ausschluss ernsthafter Bedenken angesehen werden, wenn die Kommission zunächst die
Wettbewerbslage auf der Ebene eines einzelnen Produktmarkts prüft, doch ist diesem Faktor nicht
mehr Rechnung zu tragen, wenn es sich um eine umfassendere Prüfung der Situation im Hinblick auf
sämtliche Produktmärkte eines betroffenen Landes handelt.
327.
Insoweit ist festzustellen, dass sich die Kommission mehrfach darauf gestützt hat, dass eine der
beiden Parteien des Zusammenschlusses eine starke Stellung auf Märkten innehatte, während die
andere dort nur schwach vertreten war, und umgekehrt, um zu dem Schluss zu gelangen, dass der
Zusammenschluss ernsthafte Bedenken hervorrufe. So heißt es in Bezug auf Griechenland in
Begründungserwägung 73 der angefochtenen Entscheidung:
„Die Parteien erreichten nur bei Sandwichgeräten und Waffeleisen gleichzeitig sehr hohe Marktanteile
(30 % bis 40 % und 20 % bis 30 %). Der Zusammenschluss bewirkt daher, dass zur Stellung von
Moulinex bei Espressomaschinen eine wesentliche beherrschende Stellung bei Fritteusen,
Wasserkochern, Sandwichgeräten sowie Mixern und ähnlichen Zubereitern hinzukommt.“
- Zur Stellung der neuen Einheit im Verhältnis zur Konkurrenz
328.
Die Kommission hat sodann die kombinierte Stellung der Parteien des Zusammenschlusses im
Verhältnis zur Konkurrenz berücksichtigt, um ernsthafte Bedenken gegebenenfalls auszuschließen.
329.
Zunächst ist zu bemerken, dass bei einem Beherrschungsschwellenwert gemäß der Entscheidung
von 40 % die bloße Feststellung, dass die im Ganzen betrachtete Einheit auf einem Produktmarkt im
Wettbewerb mit Konkurrenten steht, nicht bedeuten kann, dass der Zusammenschluss auf diesem
Markt keinen Anlass zu Bedenken gibt. Die Präsenz von Konkurrenten könnte nur dann die
beherrschende Stellung der gesamten neuen Einheit abschwächen oder eliminieren, wenn diese
Wettbewerber eine starke Position einnehmen, mit der ein echtes Gegengewicht ausgeübt werden
kann.
330.
Zudem lassen die betreffenden Märkte eine eher oligopolistische Struktur erkennen, wobei einige
Unternehmen über ein umfangreiches Sortiment verfügen und zugleich eine paneuropäische Präsenz
aufweisen. Dabei handelt es sich, wie in Begründungserwägung 32 der angefochtenen Entscheidung
dargelegt wird, im Wesentlichen um Akteure wie SEB, Moulinex, Philips, Bosch, Braun oder De'Longhi.
Demnach erscheint die Präsenz des einen oder anderen dieser Konkurrenten auf einem bestimmten
Markt nicht als Besonderheit, die als solche einen Ausschluss von Bedenken auf diesem Markt
rechtfertigen könnte. Dies gilt auch für Unternehmen, die entweder über ein umfangreiches
Warensortiment verfügen, aber nur in bestimmten Staaten vertreten sind (Taurus in Spanien oder
Morphy im Vereinigten Königreich), oder nur eine begrenzte Anzahl von Erzeugnissen vertreiben
(Saeco für Espressomaschinen).
331.
Aus der angefochtenen Entscheidung geht im Übrigen hervor, dass die Kommission auf fast allen
Märkten, auf denen der Zusammenschluss ihres Erachtens ernsthaften Bedenken begegnet,
gleichwohl die Präsenz eines oder mehrerer dieser Konkurrenten festgestellt hat.
332.
Folglich kann die Präsenz des einen oder anderen dieser Konkurrenten auf Märkten, auf denen die
neue Einheit als Ganzes betrachtet einen Marktanteil von 40 % oder darüber erreicht, als solche nicht
ernsthafte Bedenken ausräumen; sie könnte dies gegebenenfalls nur dann bewirken, wenn die
genannten Konkurrenten über Marktanteile verfügten, die stark genug sind, um ein echtes
Gegengewicht gegenüber der Position von SEB-Moulinex darzustellen und somit die ernsthaften
Bedenken zu zerstreuen.
333.
In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass nach Ansicht der Kommission ernsthafte
Bedenken auf einer Reihe von Märkten bestanden, auf denen die Konkurrenten der Parteien des
Zusammenschlusses nicht unerhebliche Marktanteile innehatten.
334.
So schloss die Kommission bei Fritteusen in Griechenland ernsthafte Bedenken hinsichtlich der
Vereinbarkeit des Zusammenschlusses nicht aus, obgleich der wichtigste Konkurrent der
Fusionsparteien, De'Longhi, einen Marktanteil von 35 % bis 45 % erreichte, wobei dieses
Unternehmen nicht nur eine sehr bedeutende Stellung einnahm, sondern sogar mit SEB-Moulinex
gleichzog (vgl. Begründungserwägung 72 der angefochtenen Entscheidung).
335.
Ebenso bestanden nach Ansicht der Kommission ernsthafte Bedenken bei Bügeleisen und
Dampfstationen in den Niederlanden, obgleich SEB-Moulinex mit einem Marktanteil von 40 % bis 50 %
(vgl. Begründungserwägung 63 der angefochtenen Entscheidung) im Wettbewerb mit Philips mit
einem Marktanteil von 35 % bis 45 % (vgl. Begründungserwägung 67 der angefochtenen
Entscheidung) stand.
336.
Die Kommission sah sich auch trotz der Präsenz marktstarker Konkurrenten bei Wasserkochern und
Bügeleisen in Belgien zu ernsthaften Bedenken veranlasst. Auf dem erstgenannten Produktmarkt
erreichte die neue Einheit einen Marktanteil von 35 % bis 45 % (vgl. Begründungserwägung 55 der
angefochtenen Entscheidung) und der wichtigste Konkurrent Braun einen Anteil von 20 % bis 30 %
(Begründungserwägung 48 der angefochtenen Entscheidung). Auf dem letztgenannten Markt besaß
die neue Einheit einen Marktanteil von 40 % bis 50 % (vgl. Begründungserwägung 55 der
angefochtenen Entscheidung) und der wichtigste Konkurrent Philips einen Marktanteil von 25 % bis 35
% (vgl. Begründungserwägung 59 der angefochtenen Entscheidung).
337.
Bei Toastern in Belgien schließlich, bei denen der wichtigste Konkurrent Philips einen Marktanteil
von 25 % bis 35 % besaß (vgl. Begründungserwägung 58 der angefochtenen Entscheidung), bejahte
die Kommission ebenfalls ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des
Zusammenschlusses, obgleich die neue Einheit nur über einen Marktanteil von 20 % bis 30 % verfügte
(vgl. Begründungserwägung 55 der angefochtenen Entscheidung), die folglich nicht nur erheblich
unter dem von der Kommission festgelegten Beherrschungsschwellenwert, sondern auch unter dem
Marktanteil des wichtigsten Konkurrenten lag.
338.
Demnach wurde nach der Analyse der Kommission in der angefochtenen Entscheidung die Präsenz
von Konkurrenten grundsätzlich nicht als Faktor angesehen, durch den ernsthafte Bedenken aufgrund
des Zusammenschlusses ausgeschlossen werden können, selbst wenn für diese Konkurrenten
verhältnismäßig bedeutende Marktanteile ermittelt wurden.
- Zum Sortimenteffekt
339.
Vorab ist daran zu erinnern, dass alle Produktmärkte jeweils einen gesonderten Markt darstellen.
Somit waren die Wettbewerbsbedingungen auf jedem dieser Märkte in jedem Mitgliedstaat
grundsätzlich unabhängig von den Bedingungen auf den übrigen Märkten oder deren Gesamtheit zu
beurteilen. Bei den neun verpflichtungsgebundenen Mitgliedstaaten hat die Kommission ihre Analyse
zwar zuweilen mit Erwägungen über die Gesamtlage der Produktmärkte eines bestimmten
geografischen Bereiches angereichert, doch hat sie ernsthafte Bedenken für bestimmte Märkte stets
zuerst durch eine getrennte Beurteilung je Produktmarkt festgestellt.
340.
So vertrat die Kommission in Bezug auf Portugal, Griechenland, die Niederlande und Belgien nach
Feststellung ernsthafter Bedenken für eine Reihe von Produktmärkten darüber hinaus die Auffassung,
dass es den Parteien des Zusammenschlusses dank der Verbindung wesentlicher beherrschender
Stellungen möglich sei, ihre Marktmacht auf alle anderen Produktmärkte auszudehnen
(Begründungserwägungen 54, 62, 71 und 82 der angefochtenen Entscheidung).
341.
Nach Begründungserwägung 83 lässt sich die Gefahr der Entstehung einer Marktmacht im
gesamten Wartensortiment ausschließen, wenn die Produktmärkte, auf denen die neue Einheit
zusammen einen Marktanteil von mehr als 40 % besitzt, nicht mehr als 35 % des Gesamtumsatzes der
beiden Parteien ausmachen. Diese Unterscheidung zwischen Ländern, in denen die neue Einheit ihre
Marktmacht auf alle Produktmärkte ausdehnen könnte, und Ländern, in denen der Zusammenschluss
nur auf bestimmten Produktmärkten oder gar (wie in Schweden) nur auf einem davon Anlass zu
ernsthaften Bedenken gibt, erscheint jedoch praktisch irrelevant, da, wie bereits dargelegt, in beiden
Fällen die gleichen Verpflichtungen auferlegt wurden.
342.
Der gesonderte Charakter der einzelnen Produktmärkte ist indessen nicht als absolut anzusehen,
und es kann erforderlich sein, die Beurteilung eines einzelnen Produktmarkts im Licht der
Wettbewerbssituation des Gesamtmarkts des betreffenden Mitgliedstaats abzuwägen.
343.
Eine derartige Berücksichtigung der globaleren Wettbewerbslage war im vorliegenden Fall umso
mehr geboten, als die Marke auf den betreffenden Märkten unbestritten den wichtigsten
Wettbewerbsfaktor darstellt und eine bekannte Marke allen mit ihr verbundenen Erzeugnissen zugute
kommt. Ebenso kann die Kommission bei der Beurteilung der Wettbewerbssituation eines
Unternehmens gehalten sein, dessen Markenvielfalt Rechnung zu tragen oder auch zu
berücksichtigen, dass es starke Marktanteile auf zahlreichen relevanten Produktmärkten besitzt (im
Folgenden: Portfolioeffekt).
344.
Die Kommission hat im vorliegenden Fall diesem Portfolioeffekt Rechnung getragen. Sie betont
nämlich in der gesamten angefochtenen Entscheidung - außer in der Analyse bezüglich der
nichtverpflichtungsgebundenen Länder -, dass die Marktmacht der neuen Einheit durch eine
einzigartige Markenvielfalt, während die Konkurrenzunternehmen nur über eine Marke verfügten, durch
eine starke Präsenz auf zahlreichen Märkten und durch das Zusammentreffen der Positionen von SEB
und Moulinex an Gewicht gewinne.
345.
Demgemäß wird in Begründungserwägung 52 der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass
„es in Anbetracht der bereits erörterten Bedeutung der Marken auf solchen Märkten, des Gewichts
der Parteien auf fast allen relevanten Märkten sowie des Warensortiments und der Markenvielfalt der
neuen Einheit wenig wahrscheinlich ist, dass die Konkurrenzunternehmen die Positionen der Parteien
in Frage stellen und genügend Wettbewerbsdruck auf die neue Einheit ausüben können“.
346.
Dieser Portfolioeffekt entfaltet sich nicht nur gegenüber dem Verbraucher und den Konkurrenten,
sondern vor allem auch gegenüber dem Handel. So erklärt die Kommission u. a. in
Begründungserwägung 53 der angefochtenen Entscheidung, dass „dies auch auf den Handel zutrifft,
der trotz seiner theoretischen Verhandlungsstärke (z. B. durch Drohung mit einer Herausnahme aus
dem Angebot) das Verhalten der Fusionsparteien im Fall einer Preiserhöhung nicht maßregeln kann“,
dass „die Markenvielfalt und die einheitlich starke Präsenz der neuen Einheit auf allen relevanten
Produktmärkten so ausgeprägt sein werden, dass diese Einheit in der Lage sein wird, den Handel vom
Widerstand gegen eine Preiserhöhung abzuhalten, der z. B. auf der Drohung mit einer Herausnahme
von Marken der neuen Einheit aus dem Angebot beruhen könnte“, dass „die neue Einheit zusammen
etwa kombinierte Rabatte oder Schwellenrabatte anbieten könnte“ und dass „es aufgrund der
vorrangigen Stellung der Marken SEB und Moulinex für einen Händler schwierig sein wird, in seinem
Angebot auf diese Marken zu verzichten“. Diese Überlegungen, die bei der Analyse der Märkte in
Portugal angestellt wurden, finden sich auch in den Ausführungen zu Belgien
(Begründungserwägungen 60 und 61 der angefochtenen Entscheidung), den Niederlanden
(Begründungserwägungen 69 und 70 der angefochtenen Entscheidung) und Griechenland
(Begründungserwägungen 80 und 81 der angefochtenen Entscheidung). Wenn die Kommission also
aufgrund des Portfolioeffekts zu der Auffassung gelangte, dass die neue Einheit SEB-Moulinex auch
mit Marktanteilen, die unter dem Schwellenwert von 40 % liegen, in der Lage sei, ihre Marktmacht auf
alle relevanten Produktmärkte in diesen vier Ländern auszudehnen, so kann der Portfolioeffekt erst
recht bestätigen, dass der Zusammenschluss Anlass zu ernsthaften Bedenken gibt, wenn es sich um
Märkte handelt, auf denen die neue Einheit Marktanteile von mehr als 40 % erreicht.
347.
Die Kommission hatte bereits bei ihrer früheren Entscheidungspraxis die Notwendigkeit einer
Berücksichtigung des Portfolioeffekts betont, um die echte Marktmacht eines Unternehmens
bestimmen zu können. So hat sie in ihrer vorgenannten Entscheidung Guinness/Grand Metropolitan
erklärt, dass der Inhaber eines ganzen Sortiments führender Marken in mehrfacher Hinsicht im Vorteil
sei und dass er insbesondere über eine stärkere Position gegenüber den Abnehmern verfüge, da er
ganze Warensortimente liefern könne, die einen größeren Anteil am Geschäftsvolumen der Abnehmer
ausmachten.
348.
Die Streithelferin De'Longhi hatte im Übrigen in ihrer an die Kommission gerichteten Stellungnahme
(Anlage 2 zum Schreiben vom 3. Dezember 2001) auf die Gefahren hingewiesen, die sich aus einer
Konzentration aller wichtigen Marken und eines vollständigen Warensortiments innerhalb einer
Herstellergruppe ergäben, und hierzu Folgendes ausgeführt:
„De'Longhi ist am meisten beunruhigt wegen der nach dem Zusammenschluss bestehenden
Beziehung zwischen SEB-Moulinex und dem Großhandel in Anbetracht der zunehmenden
Verhandlungsstärke, über die die Erwerberin auf den Märkten verfügen wird, auf denen sie eine
beherrschende Stellung einnehmen wird. Das vollständige Waren- und Markensortiment, das der
Erwerberin nach dem Zusammenschluss zur Verfügung steht, wird diese Position noch verstärken ...
SEB-Moulinex wird ihr Warensortiment zweifellos erheblich verbreitern, so dass das Unternehmen in
bestimmten Fällen ein vollständiges Sortiment liefern kann, was sich insbesondere auf die
Vertriebskanäle nachteilig auswirken wird.“
349.
Die Kommission hat auf die schriftlichen Fragen des Gerichts erklärt, dass die Präsenz derselben
Marken und derselben Großabnehmer auf allen Produktmärkten eines Landes eine Berücksichtigung
von Sortimenteffekten bei der Wettbewerbsanalyse erforderlich mache. Wenn indessen die
Fusionsparteien durch den Zusammenschluss zu einer starken Stellung auf den Produktmärkten
gelangten, die insgesamt nur einen unwesentlichen Teil ihres Umsatzes ausmachten, werde die aus
dem Zusammenschluss hervorgehende Einheit nicht zum Gebrauch ihrer Stärke auf diesen Märkten
veranlasst, da Vergeltungsmaßnahmen, die sie auf den übrigen Produktmärkten zu gewärtigen habe,
auf denen sie keine entsprechende Machtposition habe, zu Profitausfällen führten, die eindeutig über
den Gewinnen lägen, die sie auf den Märkten erwarten könne, auf denen sie eine Position der Stärke
habe. Belaufe sich der Umsatz der gesamten neuen Einheit auf den von ihr beherrschten Märkten auf
weniger als 10 % ihres Gesamtumsatzes in dem betreffenden Land, so sei die Kommission - wie sie in
ihren schriftlichen Erklärungen vor dem Gericht und in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat -
davon ausgegangen, dass sich die Vergeltungsmöglichkeiten des Handels durch den
Zusammenschluss nicht veränderten und ausreichten, um den Sortimenteffekt zu seinen Gunsten zu
nutzen. Die Kommission verbindet den „Sortimenteffekt“ damit, dass Versuche eines
wettbewerbswidrigen Verhaltens von SEB-Moulinex auf Märkten, auf denen die neue Einheit eine
beherrschende Stellung innehat, durch verminderte Käufe ihrer Erzeugnisse durch den Handel auf
den anderen Märkten bestraft würden.
350.
Nach Ansicht der Kommission kann dieser Sortimenteffekt ernsthafte Bedenken nur ausräumen,
wenn der Umsatz der Parteien des Zusammenschlusses auf den von ihnen beherrschten
Produktmärkten nur einen unwesentlichen Teil ihres Gesamtumsatzes in dem betreffenden Land
ausmache. Die Kommission hat diesen unwesentlichen Teil des Gesamtumsatzes auf höchstens 10 %
festgesetzt, wobei sie davon ausgeht, dass der Sortimenteffekt bei einem höheren Wert nicht mehr
zur Wirkung kommen könne. Dieser Grenzwert von 10 % wird nicht bestritten. So erklärt die
Kommission in Begründungserwägung 123 der angefochtenen Entscheidung, dass Versuche eines
wettbewerbswidrigen Verhaltens auf den Märkten für Wasserkocher und Geräte für
Gelegenheitsgerichte in Italien, auf denen die Fusionsparteien zusammen einen Marktanteil von 65 %
bis 75 % und 40 % bis 50 % erreichten, durch verminderte Käufe von SEB-Moulinex-Erzeugnissen auf
den anderen Märkten in Italien bestraft würden, auf denen die neue Einheit 90 % bis 100 % ihres
Umsatzes erziele, was bedeute, dass die beherrschten Märkte nur 0 % bis 10 % ihres Umsatzes
ausmachten. In Bezug auf Spanien und Finnland hat die Kommission in den Begründungserwägungen
116 und 119 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die neue Einheit 85 % bis 95 % ihres
Umsatzes auf den nicht beherrschten Märkten erziele, so dass die beherrschten Märkte 5 % bis 15 %
ihres Umsatzes, also gegebenenfalls etwas mehr als 10 %, darstellten. Die Kommission hat indessen
in ihrer Antwort auf die schriftlichen Fragen des Gerichts ausdrücklich bestätigt, dass sie je Land nur
bei einem geringen, nämlich unter 10 % liegenden Verhältnis zwischen dem Absatz auf den
beherrschten Märkten und dem Gesamtabsatz davon ausgegangen sei, dass die
Vergeltungsmöglichkeiten des Handels zum Zuge kommen könnten. Diesen Höchstgrenzwert von 10
%, bis zu dem der Sortimenteffekt nach Ansicht der Kommission seine Wirkung entfalten kann, hat sie
in der mündlichen Verhandlung erneut bestätigt.
351.
Der genannte Umsatzgrenzwert von 10 %, bis zu dem sich der Sortimenteffekt entfalten kann, ist
nicht mit dem Umsatzgrenzwert von 35 % zu verwechseln, der in Begründungserwägung 83 der
angefochtenen Entscheidung erwähnt wird. Dieser betrifft nämlich die andere Frage, ab welcher Höhe
der auf den beherrschten Märkten erzielte Umsatz so bedeutend ist, dass die Parteien in der Lage
sind, ihre Marktmacht auf alle übrigen Märkte des betreffenden Landes auszudehnen. Wenn der
Umsatzanteil, den die Fusionsparteien zusammen auf den von ihnen beherrschten Märkten erzielten,
unter 35 % liege, könnten, so hat die Kommission in Begründungserwägung 83 ausgeführt, ernsthafte
Bedenken hinsichtlich der Begründung einer Marktmacht im gesamten Warensortiment in den
betreffenden Ländern ausgeschlossen werden, so dass dann nur noch die einzelnen Produktmärkte
zu analysieren seien. Abgesehen davon, dass diese Frage, wie bereits dargelegt, hier wohl nicht von
Belang ist, da die Verpflichtungen einheitlich unabhängig davon auferlegt wurden, ob die Parteien nur
auf einem Produktmarkt oder auf allen Produktmärkten des betreffenden Landes über eine
Marktmacht verfügen, darf sie jedenfalls nicht mit der anderen Frage verwechselt werden, ob der
Handel in der Lage ist, die Parteien des Zusammenschlusses zu bestrafen, wenn diese versuchen, die
beherrschende Stellung zu missbrauchen, die sie auf bestimmten Märkten einnehmen. Während der
Grenzwert von 35 % als die Grenze anzusehen ist, bei deren Überschreitung nach Ansicht der
Kommission die Gefahr einer Ausdehnung der beherrschenden Stellung auf sämtliche relevanten
Produktmärkte eines Landes besteht, stellt der Grenzwert von 10 % die Marke dar, bei deren
Unterschreitung hingegen die Dominanz der Fusionsparteien auf einem Produktmarkt nach Ansicht
der Kommission durch mögliche Vergeltungsmaßnahmen des Handels gebrochen werden kann.
352.
Die Anwendung des Sortimenteffekts durch die Kommission im vorliegenden Fall gibt zu
nachstehenden Feststellungen Anlass.
353.
Da die Kommission, wie vorab festzustellen ist, die Auffassung vertreten hat, dass jeder
Produktmarkt einen gesonderten Markt darstellt, ist die Wettbewerbslage grundsätzlich Markt für
Markt zu analysieren. Es kann zwar, wie bereits dargelegt, erforderlich sein, bei der Analyse der
Wettbewerbslage eines Produktmarkts auch auf Gegebenheiten anderer Produktmärkte oder gar
anderer Länder zurückzugreifen, doch müssen in Anbetracht des Grundsatzes der autonomen
Beurteilung des einzelnen Marktes Abweichungen von diesem Grundsatz oder Modifizierungen auf
klaren und miteinander übereinstimmenden Merkmalen beruhen, aus denen hervorgeht, dass solche
Zusammenhänge bestehen.
354.
Erstens gilt, dass, während zum einen der Begriff des Portfolioeffekts der Beurteilung der realen
Wettbewerbslage einer aus einem Zusammenschluss hervorgegangenen Einheit dient und zu dem
Schluss führen kann, dass diese Einheit trotz eines Marktanteils, der als solcher noch keine
beherrschende Stellung begründet, eine derartige Stellung innehat, wobei nicht nur das
Zusammentreffen der jeweiligen Marktanteile der Fusionsparteien, sondern auch die zusätzliche
Marktstärke zu berücksichtigen ist, die daraus resultiert, dass die neue Einheit über eine Reihe
wichtiger Marken verfügt und auf zahlreichen Märkten vertreten ist, dient zum anderen der
Sortimenteffekt, den die Kommission heranzieht, um ernsthafte Bedenken in den nicht
verpflichtungsgebundenen Ländern auszuschließen, der Relativierung der Marktmacht der aus dem
Zusammenschluss hervorgegangenen Einheit, so dass gegebenenfalls von der Feststellung des
Vorhandenseins einer sich aus dem Zusammentreffen der Marktanteile ergebenden beherrschenden
Stellung abgesehen werden kann.
355.
Insoweit steht fest, dass jede der beiden Fusionsparteien auf zahlreichen Märkten eine starke
Stellung einnahm und über mehrere bekannte Marken verfügte. Der Zusammenschluss führte
indessen, abgesehen von der Addition der Marktanteile, zu einer Vergrößerung des Markenbestands
und der Anzahl der Märkte, auf denen SEB und Moulinex vertreten waren, so dass die Marktmacht
dieser beiden Unternehmen, insbesondere gegenüber dem Handel, zunahm. So hat die Kommission in
der angefochtenen Entscheidung mehrfach darauf hingewiesen, dass die starke Stellung, die SEB und
Moulinex vor dem Zusammenschluss bereits auf zahlreichen Produktmärkten innegehabt hätten,
zusätzlich durch den Zugewinn an Marktanteilen und Marken auf mehreren anderen Märkten gestärkt
werde (vgl. u. a. Begründungserwägungen 46, 47, 50 bis 52, 56, 60, 69 und 73).
356.
Zweitens hat die Kommission rechtlich nicht hinreichend die Richtigkeit der Feststellung
nachgewiesen, dass Versuche eines wettbewerbswidrigen Verhaltens auf den beherrschten Märkten
durch verminderte Käufe von SEB-Moulinex-Erzeugnissen auf den anderen Märkten bestraft würden.
357.
Wie De'Longhi in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, ist nämlich die von der Kommission
herangezogene Hypothese eines Konflikts zwischen SEB-Moulinex und dem Handel ebenso wenig
plausibel wie die Hypothese einer Absprache zwischen diesen Parteien zum Zweck der Maximierung
ihrer jeweiligen Interessen.
358.
Die Kommission hat im Übrigen auch nicht erkennen lassen, inwiefern die Annahme, auf die sie sich
stützt, nämlich eine Preiserhöhung durch SEB-Moulinex, notwendigerweise den Interessen des
Handels zuwiderlaufen und somit diesen veranlassen soll, SEB-Moulinex zu bestrafen.
359.
Vom Gericht nach der wirtschaftlichen Grundlage des Faktors „Sortimenteffekt“ befragt, hat die
Kommission eingeräumt, dass sie über keine Wirtschaftsstudie hierüber verfüge. Abgesehen von einer
Bezugnahme auf ihre Entscheidung Guinness/Grand Metropolitan, die, wie bereits dargelegt, den sehr
unterschiedlichen Begriff des Portfolioeffekts zur Anwendung bringt, hat sich die Kommission letztlich
auf die Feststellung beschränkt, dass die Fusionsparteien diese These in ihrer Anmeldung
vorgetragen hätten.
360.
Zudem hat die Kommission nur den Fall einer Preiserhöhung durch SEB-Moulinex in Betracht
gezogen. Die Parteien des Zusammenschlusses können sich jedoch auch in anderer Weise
wettbewerbswidrig verhalten. Der Zusammenschluss ermöglicht der neuen Einheit insbesondere
größenbedingte Einsparungen und verschiedene Rationalisierungsmaßnahmen, was zu einer
Kostensenkung führt, die sie z. B. für Preissenkungen oder für die Gewährung einer größeren
Handelsspanne zugunsten ihrer Abnehmer nutzen könnte, um ihre Marktstellung auszubauen. Ferner
könnte SEB-Moulinex den Handel dazu veranlassen, das Angebot von Konkurrenzerzeugnissen zu
verringern.
361.
Schließlich beruht die Behauptung, dass der Handel in der Lage wäre, SEB-Moulinex im Fall einer
Preiserhöhung zu bestrafen, auf dem unbewiesenen Postulat, dass der Handel die Wahl des
Endverbrauchers bestimmt. Da es Aufgabe des Handels ist, dem Endverbraucher die Ware zu
verkaufen, die dieser kaufen will, ist die Möglichkeit nuanciert zu betrachten, dass er SEB-Moulinex
strafen kann, indem er den Bezug von Erzeugnissen dieser Unternehmensgruppe auf den anderen
Produktmärkten reduziert, zumal die Marke auf den betreffenden Märkten den vorrangigen
Wettbewerbsfaktor bei der Warenauswahl darstellt.
362.
Drittens führt der Sortimenteffekt, der nach der Betrachtungsweise der Kommission darin bestehen
soll, dass der Handel ein wettbewerbswidriges Verhalten der neuen Einheit bestrafen kann, eher zu
der Feststellung, dass der Handel in der Lage wäre, SEB-Moulinex von einem Missbrauch abzuhalten,
als zu dem Nachweis, dass die neue Einheit als Ganzes nicht über eine beherrschende Stellung
verfügt. Die Verordnung Nr. 4064/89 will jedoch nicht den Missbrauch einer beherrschenden Stellung
verbieten, sondern die Begründung oder Verstärkung einer derartigen Stellung.
363.
Somit hat die Kommission rechtlich nicht hinreichend die Richtigkeit ihrer Theorie des
Sortimenteffekts nachgewiesen, aufgrund deren sie den Ausschluss ernsthafter Bedenken in den
nicht verpflichtungsgebundenen Ländern rechtfertigt.
364.
Selbst wenn die Kommission auf diese Theorie hätte zurückgreifen können, um ernsthafte
Bedenken auf bestimmten Märkten trotz der starken Stellung der neuen Einheit auf diesen Märkten
mit der Begründung auszuschließen, dass diese nur einen geringen Anteil gegenüber sämtlichen
betreffenden Märkten ausmachten, so müssen letztlich doch alle Märkte berücksichtigt werden, auf
denen die Fusionsparteien eine beherrschende Stellung einnehmen, und es muss insbesondere
denjenigen Märkten Rechnung getragen werden, auf denen SEB-Moulinex einen Marktanteil von mehr
als 40 % erreicht, für die die Kommission jedoch wegen des Fehlens einer wesentlichen
Überschneidung der Marktanteile der Fusionsparteien ernsthafte Bedenken ausgeschlossen hat.
365.
Auch wenn der Zusammenschluss die von einer der beiden Fusionsparteien vor dem
Zusammenschluss eingenommene beherrschende Stellung nicht begründet oder erheblich verstärkt,
ändert dies nichts daran, dass die neue Einheit über eine derartige beherrschende Stellung auf den
betreffenden Märkten verfügt. Das Fehlen einer Überschneidung beseitigt die beherrschende Stellung
nicht. So kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Handel in der Lage ist, die Einheit zu
bestrafen, die aus dem Zusammenschluss zweier Unternehmen hervorgegangen ist, von denen jedes
ein Monopol auf der Hälfte der betreffenden Märkte besitzt.
b) Zu den nicht verpflichtungsgebundenen Ländern
366.
Nunmehr ist im Licht der vorstehenden Erwägungen zu prüfen, ob die von der Kommission
angeführten Gründe deren Feststellung rechtfertigen können, dass der Zusammenschluss keinen
Anlass zu ernsthaften Bedenken hinsichtlich der relevanten Produktmärkte in Italien, Spanien,
Finnland, im Vereinigten Königreich und in Irland gebe, oder ob, wie die Klägerin vorträgt, die
Kommission den Zusammenschluss nicht genehmigen konnte, ohne Verpflichtungen für diese
geografischen Märkte aufzuerlegen.
367.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass - wie oben in Randnummer 315 dargelegt -
im Rahmen eines gesonderten geografischen Marktes bereits das Vorhandensein eines einzigen
relevanten Produktmarkts mit ernsthaften Bedenken wegen des Zusammenschlusses gemäß der
angefochtenen Entscheidung Anlass genug war, um automatisch für alle betreffenden Produktmärkte
dieses geografischen Marktes Verpflichtungen aufzuerlegen.
- Norwegen
368.
Es ist festzustellen, dass die Rüge der Klägerin auf einem falschen Verständnis der angefochtenen
Entscheidung beruht, da diese gerade auf ernsthafte Bedenken auf bestimmten relevanten
Produktmärkten in Norwegen hinweist und demnach vorsieht, dass die Verpflichtungen auch
Norwegen erfassen (Begründungserwägung 137 der angefochtenen Entscheidung).
369.
Diese Rüge entbehrt also offensichtlich der tatsächlichen Grundlage und ist daher zurückzuweisen.
- Spanien
370.
Nach Begründungserwägung 115 der angefochtenen Entscheidung betragen die gemeinsamen
Marktanteile der Fusionsparteien in Spanien bei Wasserkochern 40 % bis 60 % (davon 5 % bis 15 %
für SEB) und bei Kleinherden 75 % bis 85 % (davon 0 % bis 10 % für SEB).
371.
Die Kommission ist jedoch in Begründungserwägung 116 der angefochtenen Entscheidung zu dem
Schluss gelangt, dass diese sehr starken Stellungen der neuen Einheit kein wettbewerbswidriges
Verhalten ermöglichten. Dieser Schluss beruht allein auf folgender Überlegung: „Da Konkurrenten wie
De'Longhi, Taurus, Bosch und Philips eine bedeutende Stellung auf zahlreichen Produktmärkten
einschließlich der beiden betreffenden Produktmärkte einnehmen ..., verfügen die Wiederverkäufer
über sehr namhafte Alternativmarken, die mit dem gesamten Sortiment der elektrischen
Haushaltskleingeräte vertreten sind und damit an die Stelle der Fusionspartien treten können“, so
dass „jeder Versuch eines wettbewerbswidrigen Verhaltens auf diesen Märkten durch verminderte
Käufe von SEB- und Moulinex-Produkten auf den anderen Märkten bestraft würde, auf denen der
Unternehmenszusammenschluss 85 % bis 95 % seines Umsatzes erzielt“.
372.
Demnach hat die Kommission ernsthafte Bedenken auf diesem geografischen Markt aufgrund von
zwei Faktoren ausgeschlossen, nämlich aufgrund der Stellung der neuen Einheit im Verhältnis zu ihren
Konkurrenten und aufgrund des Sortimenteffekts.
373.
Was erstens die Stellung der Fusionspartien im Verhältnis zu ihren Konkurrenten anbelangt, so ist
zunächst zu bemerken, dass eine Reihe von ihnen, wie De'Longhi, Taurus, Bosch und Philips, entgegen
der Feststellung der Kommission auf dem Markt für Kleinherde keine bedeutende Stellung einnehmen
kann, da SEB-Moulinex bereits Marktanteile von 75 % bis 85 % erreicht. Unter diesen Umständen geht
der Konkurrenzdruck auf SEB-Moulinex entweder nur von einem Konkurrenzunternehmen aus, das
einen Marktanteil von höchstens 20 % erreicht, der im Verhältnis zu den Parteien des
Zusammenschlusses bereits fast viermal niedriger ist, oder er wird von mehreren
Konkurrenzunternehmen ausgeübt, deren Marktanteile dann zwangsläufig sehr gering und jedenfalls
von minimaler Bedeutung im Vergleich zu den Parteien des Zusammenschlusses sind. Darüber hinaus
ist festzustellen, dass die neue Einheit auf keinem Produktmarkt, nicht einmal in den
verpflichtungsgebundenen Ländern, eine so starke Stellung einnimmt wie in Spanien auf dem Markt
für Kleinherde.
374.
Die Kommission hat keinen besonderen Umstand genannt, der erklären könnte, weshalb der
Zusammenschluss keinen Anlass zu ernsthaften Bedenken gibt, obwohl die Fusionsparteien bei
Wasserkochern über einen Marktanteil von 40 % bis 50 % (davon 5 % bis 15 % für SEB) und bei
Kleinherden von 75 % bis 85 % (davon 0 % bis 10 % für SEB) verfügen.
375.
Zweitens ist hinsichtlich des Sortimenteffekts darauf hinzuweisen, dass dieser aus den oben in den
Randnummern 364 und 365 dargelegten Gründen keine ernsthaften Bedenken ausräumen kann.
376.
Selbst wenn man annimmt - wovon die Kommission in Begründungserwägung 116 der
angefochtenen Entscheidung und in ihrer Antwort auf die schriftlichen Fragen des Gerichts ausgeht -,
dass der Sortimenteffekt ernsthafte Bedenken ausräumen kann, sofern im Rahmen eines bestimmten
geografischen Marktes der Umsatz von SEB-Moulinex auf den relevanten Produktmärkten, auf denen
die neue Einheit über einen Marktanteil von mehr als 40 % verfügt, weniger als 10 % des
Gesamtumsatzes dieser Einheit auf allen relevanten Produktmärkten im Bereich dieses geografischen
Marktes ausmacht, so hat doch die Kommission jedenfalls weder in der angefochtenen Entscheidung
noch vor dem Gericht dargetan, dass dies auf Spanien zutrifft.
377.
Aus Begründungserwägung 116 der angefochtenen Entscheidung geht zwar hervor, dass die
Märkte für Wasserkocher und Kleinherde in Spanien höchstens 5 % bis 15 % des Gesamtumsatzes der
neuen Einheit auf allen relevanten Produktmärkten in Spanien ausmachen. Doch ist zu bedenken,
dass die neue Einheit nach den Begründungserwägungen 88 und 92 der angefochtenen
Entscheidung auch bei den Geräten für Gelegenheitsgerichte sowie Mixern und ähnlichen Zubereitern
einen Marktanteil von mehr als 40 % erreicht. Tabelle 2, die die Kommission auf die Fragen des
Gerichts erstellt hat, zeigt, dass die Märkte, auf denen SEB-Moulinex - einschließlich der Geräte für
Gelegenheitsgerichte sowie Mixer und ähnliche Zubereiter - einen Marktanteil von mehr als 40 %
aufweist, 25 % bis 35 % des Gesamtumsatzes der neuen Einheit in Spanien ausmachen. Aus den oben
in den Randnummern 364 und 365 dargelegten Gründen hätte die Kommission diese Märkte indessen
berücksichtigen müssen, um zu beurteilen, ob der Handel gegebenenfalls zu einer Strafmaßnahme
gegenüber SEB-Moulinex in der Lage ist.
378.
SEB-Moulinex erreicht somit auf nicht weniger als vier relevanten Produktmärkten in Spanien einen
Marktanteil von mehr als 40 %. In diesem Zusammenhang sei bemerkt, dass die Kommission in
Begründungserwägung 43 der angefochtenen Entscheidung erklärt hat, die Wettbewerbsfolgen des
Zusammenschlusses erfassten vier Ländergruppen, nämlich Frankreich, wofür die Prüfung an die
nationalen Behörden verwiesen worden sei, die Länder, in denen der Zusammenschluss die
Wettbewerbsbedingungen nur unwesentlich verändere, die Länder, in denen der Zusammenschluss
nur auf einer bestimmten Anzahl von Produktmärkten Anlass zu ernsthaften Bedenken gebe, und
schließlich die vier Länder (Portugal, Griechenland, Belgien und die Niederlande), in denen der
Zusammenschluss bei einem Großteil der relevanten Warengruppen zu einer Verbindung von zuweilen
recht erheblichen Marktanteilen führe, so dass die Fusionsparteien in der Lage wären, ihre
Marktmacht auf alle anderen relevanten Märkte auszudehnen. SEB-Moulinex verfügt in Spanien jedoch
auf nicht weniger als vier Produktmärkten über Marktanteile von mehr als 40 %, also auf ebenso vielen
Produktmärkten wie in Griechenland, das aber zu den Ländern gehört, in denen der
Zusammenschluss nach Ansicht der Kommission ernsthaften Bedenken auf zahlreichen Märkten
begegnet.
379.
Wie De'Longhi und die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zutreffend geltend gemacht haben,
hat die Kommission ferner nicht den mit dem Zusammenschluss verbundenen Portfolioeffekt und
insbesondere nicht die Tatsache geprüft, dass durch den Zusammenschluss eine Verbindung der
starken Stellung von SEB auf den Märkten für Wasserkocher, Gelegenheitsgerichte und Bügeleisen
mit der entsprechenden Stellung von Moulinex auf den Märkten für Toaster, Kaffeemaschinen,
Kleinherde sowie Mixer und ähnliche Zubereiter entstanden ist. Zudem wird in der angefochtenen
Entscheidung nicht erklärt, weshalb die Gruppe von vier Marken, die der neuen Einheit durch den
Zusammenschluss zur Verfügung steht, nicht geeignet ist, die Machtposition dieser Einheit zu
verstärken, während die Kommission bei verpflichtungsgebundenen geografischen Märkten mehrfach
betont hat, dass SEB-Moulinex zwei Marken besitze und die Konkurrenzunternehmen nur eine.
380.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die Kommission ernsthafte Bedenken auf den Märkten für
Wasserkocher und Kleinherde in Spanien nicht aufgrund der in den Begründungserwägungen 115 und
116 der angefochtenen Entscheidung genannten Kriterien ausschließen konnte.
- Finnland
381.
Der gemeinsame Marktanteil der Fusionsparteien auf dem Markt für Toaster in Finnland beträgt
nach Begründungserwägung 118 der angefochtenen Entscheidung 45 % bis 55 %. Obgleich dieser
Marktanteil den Schwellenwert von 40 % übersteigt, gelangte die Kommission zu dem Schluss, dass
der Zusammenschluss in Finnland keinen Anlass zu ernsthaften Bedenken gebe, da in Anbetracht der
Konkurrenz von Philips und Bosch Versuche eines wettbewerbswidrigen Verhaltens auf diesem Markt
durch verminderte Käufe von SEB-Moulinex-Erzeugnissen auf den anderen Märkten bestraft werden
könnten, auf denen die kombinierte Einheit 85 % bis 95 % ihres Umsatzes erziele.
382.
Demnach gelangte die Kommission auf diesem geografischen Markt allein aufgrund des
Sortimenteffekts zu der Auffassung, dass der Zusammenschluss keinen Anlass zu ernsthaften
Bedenken auf dem Markt für Toaster in Finnland gebe. Aus den oben in den Randnummern 364 und
365 dargelegten Gründen ermöglichte der Sortimenteffekt indessen nicht den Ausschluss ernsthafter
Bedenken.
383.
Selbst wenn - entsprechend der Feststellung der Kommission in Begründungserwägung 119 der
angefochtenen Entscheidung und in ihrer Antwort auf die schriftlichen Fragen des Gerichts -
angenommen würde, dass der Sortimenteffekt ernsthafte Bedenken ausräumen kann, sofern im
Rahmen eines bestimmten geografischen Marktes der Umsatz von SEB-Moulinex auf den relevanten
Produktmärkten, auf denen die kombinierte Einheit über einen Marktanteil von mehr als 40 % verfügt,
weniger als 10 % des Gesamtumsatzes dieser Einheit auf allen relevanten Produktmärkten im Bereich
dieses geografischen Marktes ausmacht, so hat doch die Kommission jedenfalls weder in der
angefochtenen Entscheidung noch vor dem Gericht dargetan, dass dies auf Finnland zutrifft.
384.
Nach Begründungserwägung 119 der angefochtenen Entscheidung macht der Markt für Toaster
zwar nur 5 % bis 15 % des Umsatzes der neuen Einheit auf allen relevanten Märkten in Finnland aus,
doch ist zu bedenken, dass die neue Einheit in Finnland Marktanteile von mehr als 40 % auch auf den
Märkten für Espressomaschinen (40 % bis 50 %), Kleinherde (35 % bis 45 %) und Barbecues (40 % bis
50 %) erreicht (Begründungserwägungen 87, 90 und 91 der angefochtenen Entscheidung). Tabelle 2,
die die Kommission auf die Fragen des Gerichts erstellt hat, zeigt, dass die Märkte, auf denen SEB-
Moulinex - einschließlich Espressomaschinen, Kleinherde und Barbecues - einen Marktanteil von mehr
als 40 % aufweist, 10 % bis 20 % des Gesamtumsatzes der neuen Einheit in Finnland ausmachen. Aus
den oben in den Randnummern 364 und 365 dargelegten Gründen hätte die Kommission diese Märkte
indessen berücksichtigen müssen, um zu beurteilen, ob der Handel gegebenenfalls zu einer
Strafmaßnahme gegenüber SEB-Moulinex in der Lage ist.
385.
SEB-Moulinex erreicht somit auf nicht weniger als vier relevanten Produktmärkten in Finnland einen
Marktanteil von mehr als 40 %; dies sind ebenso viele Produktmärkte wie in Griechenland, das aber zu
den Ländern gehört, in denen der Zusammenschluss nach Ansicht der Kommission ernsthaften
Bedenken auf zahlreichen Märkten begegnet.
386.
Wie De'Longhi und die Kommission in der mündlichen Verhandlung zutreffend geltend gemacht
haben, hat die Kommission schließlich nicht den mit dem Zusammenschluss verbundenen
Portfolioeffekt und insbesondere nicht die Tatsache geprüft, dass durch den Zusammenschluss eine
Verbindung der starken Stellung von SEB auf den Märkten für Barbecues und Toaster mit der
entsprechenden Stellung von Moulinex auf den Märkten für Kleinherde, Kaffeemaschinen,
Espressomaschinen, Mixer und ähnliche Zubereiter sowie Toaster entstanden ist. Zudem wird in der
Entscheidung nicht erklärt, weshalb die Gruppe von vier Marken, die der neuen Einheit durch den
Zusammenschluss zur Verfügung steht, nicht geeignet ist, die Machtposition dieser Einheit zu
verstärken, während die Kommission bei verpflichtungsgebundenen geografischen Märkten mehrfach
betont hat, dass SEB-Moulinex zwei Marken besitze und die Konkurrenzunternehmen nur eine.
387.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die Kommission ernsthafte Bedenken auf den Märkten für
Kleinherde, Espressomaschinen, Barbecues und Toaster in Finnland nicht aufgrund der in den
Begründungserwägungen 87, 90, 91 und 118 bis 120 der angefochtenen Entscheidung genannten
Kriterien ausschließen konnte.
- Italien
388.
Die neue Einheit besitzt nach den Begründungserwägungen 121 bis 124 der angefochtenen
Entscheidung in Italien auf drei Produktmärkten, nämlich bei Mixern und ähnlichen Zubereitern,
Geräten für Gelegenheitsgerichte und Wasserkochern, einen Marktanteil von mehr als 40 %.
389.
Was erstens den Markt für Mixer und ähnliche Zubereiter anbelangt, so hat die Kommission in
Begründungserwägung 121 der angefochtenen Entscheidung festgestellt, dass die Fusionsparteien
zusammen einen Marktanteil von 40 % bis 50 % erreichten (von denen 0 % bis 10 % auf SEB entfielen)
und insbesondere mit Braun (10 % bis 20 %), Philips (0 % bis 10 %) und De'Longhi (0 % bis 10 %) im
Wettbewerb stünden, so dass sich der Zusammenschluss nur geringfügig auf den Wettbewerb
auswirke, indem der vierte Marktteilnehmer entfalle.
390.
Demnach hat die Kommission ernsthafte Bedenken für Italien nur aufgrund eines von ihr
angeführten Faktors, nämlich der Marktstellung der Fusionsparteien im Verhältnis zu ihren
Konkurrenten, ausgeschlossen.
391.
Sofern nicht feststeht, dass diese Konkurrenten eine starke Stellung besitzen, die ein echtes
Gegengewicht gegenüber SEB-Moulinex darstellt, ist jedoch aus den oben in Randnummer 329
dargelegten Gründen auf einem Markt, dessen Marktführer einen Anteil von 40 % bis 50 % innehat,
der Umstand als solcher, dass SEB-Moulinex drei Konkurrenten gegenübersteht, ohne Belang.
392.
Zwei der drei auf dem Markt für Mixer und ähnliche Zubereiter tätigen Konkurrenten, nämlich Philips
und De'Longhi, nehmen aber nur eine Randposition von 0 % bis 10 % ein. Braun als dritter Konkurrent
erreicht zwar einen repräsentativeren Marktanteil von 10 % bis 20 %; dieser ist jedoch zwei- bis viermal
niedriger als der Anteil der neuen Einheit. Im Gegensatz dazu ist zu bedenken, dass die Kommission,
insbesondere in Begründungserwägung 51 der angefochtenen Entscheidung, hinsichtlich der
Marktstellung der neuen Einheit in Portugal, dadurch zu ernsthaften Bedenken bewogen wurde, dass
die Fusionspartien Marktführer mit mindestens zweimal so großen Marktanteilen wie der nächstgrößte
Konkurrent seien.
393.
Auch die Tatsache, dass sich der Zusammenschluss nur geringfügig auf den Wettbewerb auswirke,
da der vierte Marktteilnehmer entfalle, erscheint nicht überzeugend. SEB verfügte nämlich, ebenso wie
zwei der übrigen Konkurrenten von Moulinex, und zwar Philips und De'Longhi, nur über einen geringen
Marktanteil (0 % bis 10 %), während Braun einen höheren, wenngleich bescheidenen Marktanteil
aufwies. Demnach wirkt sich die Ausschaltung des vierten Konkurrenten nicht wesentlich anders aus,
als sich aus dem Wegfall des zweiten oder dritten Konkurrenten ergeben hätte.
394.
Aus diesen Erwägungen folgt, dass die Kommission ernsthafte Bedenken auf dem Markt für Mixer
und ähnliche Zubereiter in Italien nicht aufgrund des in Begründungserwägung 121 der
angefochtenen Entscheidung enthaltenen Kriteriums ausschließen konnte.
395.
Was zweitens den Markt der Geräte für Gelegenheitsgerichte angeht, so hat die Kommission in
Begründungserwägung 122 der angefochtenen Entscheidung erklärt, dass die Fusionsparteien
zusammen auf einen Marktanteil von 40 % bis 50 % kämen (von denen 0 % bis 10 % auf Moulinex
entfielen), wobei Philips mit einem Marktanteil von 0 % bis 10 % das einzige von den Fusionsparteien
festgestellte Konkurrenzunternehmen sei. Hinsichtlich des Marktes für Wasserkocher hat die
Kommission in derselben Begründungserwägung festgestellt, dass die Fusionsparteien - vor
De'Longhi, Philips und Braun mit je 0 % bis 10 % - zusammen einen Marktanteil von 65 % bis 75 %
erreichten (von denen 15 % bis 25 % auf Moulinex entfielen). Sie hat jedoch in Begründungserwägung
123 ausgeführt, dass die Märkte für Wasserkocher und Geräte für Gelegenheitsgerichte nur etwa 0 %
bis 5 % des Gesamtwertes der Küchengeräte im Bereich der elektrischen Haushaltsgeräte darstellten,
so dass die Wiederverkäufer unter den Abnehmern die Möglichkeit hätten, jeden Versuch eines
wettbewerbswidrigen Verhaltens auf diesen Märkten durch verringerte Märkte von SEB- und Moulinex-
Produkten auf den anderen Märkten zu bestrafen, auf denen der Unternehmenszusammenschluss 90
% bis 100 % seines Umsatzes erziele. Dadurch werde eine Preiserhöhung durch die Beteiligten auf
diesen beiden Märkten unrentabel. Nach Ansicht der Kommission gibt der Zusammenschluss daher
auf diesen beiden Märkten keinen Anlass zu ernsthaften Bedenken.
396.
Demnach hat die Kommission ernsthafte Bedenken auf dem genannten Markt allein auf der
Grundlage des Sortimenteffekts ausgeschlossen. Sie hat zwar in Begründungserwägung 122 der
angefochtenen Entscheidung die Stellung der fusionierten Einheit im Verhältnis zu ihren Konkurrenten
erwähnt. Dieser Faktor hat sie aber nicht zum Ausschluss ernsthafter Bedenken auf den betreffenden
Märkten veranlasst. Zudem konnte sich die Kommission nicht auf diesen Faktor stützen. Bei den
Geräten für Gelegenheitsgerichte hat sie nämlich im Gegensatz zum Markt für Mixer und ähnliche
Zubereiter nur einen und nicht drei Konkurrenten identifiziert. Überdies ist aufgrund der Angaben in
der angefochtenen Entscheidung nicht auszuschließen, dass der Zusammenschluss die ersten
beiden Teilnehmer dieses Marktes umfasst, da Moulinex und Philips beide jeweils einen Marktanteil
von 0 % bis 10 % erreichen. Für Wasserkocher können die in der angefochtenen Entscheidung
angeführten Gegebenheiten ernsthafte Bedenken nicht ausräumen, da der Zusammenschluss trotz
der Präsenz dreier Konkurrenten die ersten beiden Teilnehmer dieses Marktes umfasst, die einen
Marktanteil von 65 % bis 75 %, also fast drei Viertel der Anteile, innehaben.
397.
Bezüglich des Sortimenteffekts ist bereis oben in den Randnummern 364 und 365 dargelegt
worden, weshalb er der Kommission nicht den Ausschluss ernsthafter Bedenken ermöglichen konnte.
In diesem Zusammenhang ist es ohne Belang, wenn die Kommission betont, dass De'Longhi in Italien
Marktführer auf vier anderen relevanten Produktmärkten sei und Saeco über einen Marktanteil von 60
% bis 70 % bei Espressomaschinen verfüge. Wenn SEB-Moulinex außer bei Mixern und ähnlichen
Zubereitern, Geräten für Gelegenheitsgerichte und Wasserkochern nicht über einen Marktanteil von
mehr als 40 % verfügt, so bedeutet dies natürlich zwangsläufig, dass andere Marktteilnehmer auf den
übrigen Märkten gegebenenfalls eine wichtige Stellung einnehmen können.
398.
Selbst wenn - entsprechend der Feststellung der Kommission in Begründungserwägung 123 der
angefochtenen Entscheidung und in ihrer Antwort auf die schriftlichen Fragen des Gerichts -
angenommen würde, dass der Sortimenteffekt ernsthafte Bedenken ausräumen kann, sofern im
Rahmen eines bestimmten geografischen Marktes der Umsatz von SEB-Moulinex auf den relevanten
Produktmärkten, auf denen die kombinierte Einheit über einen Marktanteil von mehr als 40 % verfügt,
weniger als 10 % des Gesamtumsatzes dieser Einheit auf allen relevanten Produktmärkten im Bereich
dieses geografischen Marktes ausmacht, so hat doch die Kommission jedenfalls weder in der
angefochtenen Entscheidung noch vor dem Gericht dargetan, dass dies auf Italien zutrifft.
399.
Aus Begründungserwägung 123 der angefochtenen Entscheidung geht zwar hervor, dass die
Märkte der Geräte für Gelegenheitsgerichte und Wasserkocher in Italien höchstens 0 % bis 10 % des
Gesamtumsatzes der kombinierten Einheit auf allen relevanten Produktmärkten in Italien ausmachen.
Doch ist zu bedenken, dass die neue Einheit nach Begründungserwägung 121 der angefochtenen
Entscheidung auch bei Mixern und ähnlichen Zubereitern einen Marktanteil von mehr als 40 %
erreicht. Tabelle 2, die die Kommission auf die Fragen des Gerichts erstellt hat, zeigt, dass die Märkte,
auf denen SEB-Moulinex - einschließlich des Marktes für Mixer und ähnliche Zubereiter - einen
Marktanteil von mehr als 40 % aufweist, 25 % bis 35 % oder - nach der Antwort der Kommission auf die
schriftliche Frage des Gerichts - sogar 30 % bis 40 % des Gesamtumsatzes der neuen Einheit in Italien
ausmachen. Abgesehen davon, dass die Kommission aus den vorgenannten Gründen ernsthafte
Bedenken auf diesem relevanten Produktmarkt nicht nur aufgrund des in Begründungserwägung 121
der angefochtenen Entscheidung enthaltenen Kriteriums ausschließen konnte, musste sie indessen,
wie oben dargelegt, diesen Markt bei der Beurteilung der Möglichkeit einer Strafmaßnahme des
Handels gegenüber der neuen Einheit berücksichtigen, da der betreffende Marktanteil dieser Einheit
über 40 % hinausging.
400.
Wie De'Longhi und die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zutreffend geltend gemacht haben,
hat die Kommission ferner nicht den mit dem Zusammenschluss verbundenen Portfolioeffekt und
insbesondere nicht die Tatsache geprüft, dass durch den Zusammenschluss eine Verbindung der
starken Stellung von SEB auf den Märkten für Wasserkocher, Gelegenheitsgerichte, Barbecues und
Bügeleisen mit der entsprechenden Stellung von Moulinex auf den Märkten für Kaffeemaschinen,
Wasserkocher, Dampfkocher sowie Mixer und ähnliche Zubereiter entstanden ist. Zudem wird in der
angefochtenen Entscheidung nicht erklärt, weshalb die Gruppe von vier Marken, die der neuen Einheit
durch den Zusammenschluss zur Verfügung steht, nicht geeignet ist, die Machtposition dieser Einheit
zu verstärken, während die Kommission bei verpflichtungsgebundenen geografischen Märkten
mehrfach betont hat, dass SEB-Moulinex zwei Marken besitze und die Konkurrenzunternehmen nur
eine.
401.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die Kommission ernsthafte Bedenken auf den Märkten der
Geräte für Gelegenheitsgerichte und Wasserkocher in Italien nicht aufgrund des in
Begründungserwägung 123 der angefochtenen Entscheidung genannten Kriteriums ausschließen
konnte.
402.
Demnach ist die Rüge in Bezug auf Italien begründet.
- Vereinigtes Königreich und Irland
403.
Die Kommission führt in den Begründungserwägungen 125 und 126 der angefochtenen
Entscheidung aus, dass die Parteien des Zusammenschlusses im Vereinigten Königreich und in Irland
bei Bügeleisen und Dampfstationen zusammen einen Marktanteil von 35 % bis 45 % erreichten. Wie
insbesondere aus Tabelle 2 der Kommission hervorgeht, ist dieser Anteil größer als 40 %. Die
Kommission hat indessen in der angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten, dass der
Zusammenschluss keinen ernsthaften Bedenken im Vereinigten Königreich und in Irland begegne, da
er zum einen „mit einem leichten Zuwachs an Marktanteilen die Wettbewerbsbedingungen nur
unwesentlich verändert“ (der Zuwachs betrage 0 % bis 5 %) und zum anderen „die Fusionsparteien
insbesondere mit dem Wettbewerb von Philips (Marktanteil von 15 % bis 25 %) zu rechnen haben“.
404.
Demnach hat die Kommission ernsthafte Bedenken auf diesem geografischen Markt aufgrund von
zwei Faktoren ausgeschlossen, nämlich der fehlenden wesentlichen Überschneidung und der Stellung
der neuen Einheit im Verhältnis zu ihren Konkurrenten.
405.
Was erstens die fehlende wesentliche Überschneidung anbelangt, so kann das Gericht in
Anbetracht der vagen Angaben nicht nachprüfen, ob dieses Kriterium den Ausschluss ernsthafter
Bedenken erlaubt. Selbst wenn der Zuwachs an Marktanteilen nur gering sein sollte, so reicht er doch
aus, um einen Marktanteil zu verleihen, der den Beherrschungsschwellenwert von 40 % überschreitet,
den die Entscheidung festlegt.
406.
Was zweitens die Stellung der Fusionsparteien im Verhältnis zu ihren Konkurrenten betrifft, so ist
Philips eines der vier Unternehmen, das nach Begründungserwägung 32 der angefochtenen
Entscheidung bei elektrischen Haushaltsgeräten über ein umfangreiches Warensortiment verfügt und
europaweit vertreten ist, so dass die Präsenz dieses Unternehmens auf dem betreffenden Markt keine
Besonderheit darstellt. Ebenso ist es, wie oben festgestellt, nicht denkbar, dass ein Unternehmen mit
einem Marktanteil von etwa 40 % nicht mit Konkurrenten zu rechnen hat.
407.
Ferner ist zu bedenken, dass die Kommission, die den geringen Zuwachs an Marktanteilen bei
Bügeleisen und Dampfstationen unterstreicht, es andererseits, wie die Klägerin zu Recht geltend
macht, unterlassen hat, die Wettbewerbsfolgen der Verbindung wichtiger Stellungen von SEB-Moulinex
auf zahlreichen Märkten zu analysieren, und zwar insbesondere bei Fritteusen (Zuwachs für SEB von
15 % bis 25 % auf 30 % bis 40 %), Dampfkochern (Zuwachs für SEB von 25 % bis 35 % auf 35 % bis 40
%), Geräten für Gelegenheitsgerichte (Zuwachs für SEB von 15 % bis 25 % auf 25 % bis 35 %) und
Espressomaschinen (Zuwachs für SEB von 0 % bis 10 % auf 20 % bis 30 %). Die neue Einheit erreicht
zwar auf keinem dieser Märkte den Beherrschungsschwellenwert, so dass hierbei keine ernsthaften
Bedenken ausgelöst werden; diese wesentliche Machtposition auf zahlreichen Märkten ist jedoch in
Anbetracht des vorstehend beschriebenen Portfolioeffekts dazu angetan, die Dominanz der neuen
Einheit auf dem Markt für Bügeleisen und Dampfstationen zu verstärken.
408.
Wie die Klägerin überdies zu Recht betont, hat die Kommission auf dem betreffenden geografischen
Markt nicht das Kriterium des verhältnismäßigen Umsatzes angewandt, das sie sonst im Zuge ihrer
Analyse der Wettbewerbssituation auf den anderen geografischen Märkten bei der Heranziehung des
Sortiments beachtet hat. Während die Kommission nämlich zu Unrecht ernsthafte Bedenken auf den
betreffenden Märkten in Italien, Spanien und Finnland mit der Begründung ausgeschlossen hat, die
relevanten Produktmärkte, auf denen SEB-Moulinex eine beherrschende Stellung einnehme, machten
in diesen geografischen Bereichen weniger als 10 % des Gesamtumsatzes der Fusionsparteien auf
allen relevanten Produktmärkten aus, hat sie andererseits keine Folgen daraus gezogen, dass der
Markt für Bügeleisen und Dampfstationen 35 % bis 40 % des Gesamtumsatzes von SEB-Moulinex auf
allen relevanten Produktmärkten im Vereinigten Königreich und in Irland darstellt.
409.
Wie De'Longhi und die Klägerin in der mündlichen Verhandlung zutreffend geltend gemacht haben,
hat die Kommission ferner nicht den mit dem Zusammenschluss verbundenen Portfolioeffekt geprüft
und dabei insbesondere nicht beachtet, dass durch den Zusammenschluss eine Verbindung der
starken Stellung von SEB auf den Märkten für Fritteusen, Kleinherde, Gelegenheitsgerichte,
Dampfkocher und Bügeleisen mit der entsprechenden Stellung von Moulinex auf den Märkten für
Fritteusen, Espressomaschinen sowie Mixer und ähnliche Zubereiter entstanden ist. Zudem wird in
der angefochtenen Entscheidung nicht erklärt, weshalb die Gruppe von fünf Marken, die der neuen
Einheit durch den Zusammenschluss zur Verfügung steht, nicht geeignet ist, die Machtposition dieser
Einheit zu verstärken, während die Kommission bei verpflichtungsgebundenen geografischen Märkten
mehrfach betont hat, dass SEB-Moulinex zwei Marken besitze und die Konkurrenzunternehmen nur
eine.
410.
Aus diesen Gründen konnte die Kommission ernsthafte Bedenken auf dem Markt für Bügeleisen und
Dampfstationen im Vereinigten Königreich und in Irland nicht aufgrund der in den
Begründungserwägungen 125 und 126 der angefochtenen Entscheidung genannten Kriterien
ausschließen.
c) Ergebnis
411.
Aus all diesen Erwägungen ergibt sich, dass die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Märkte
in Italien, Spanien, Finnland, im Vereinigten Königreich und in Irland für nichtig zu erklären ist.
A - Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
412.
Die Streithelferin De'Longhi hat in der mündlichen Verhandlung erstmals geltend gemacht, dass die
mit der angefochtenen Entscheidung akzeptierten Verpflichtungen zu einer Marktaufteilung bezüglich
der Marke Moulinex führten. Diese Marktaufteilung werde durch Nummer 1 Buchstabe c letzter Absatz
der Verpflichtungen verstärkt, wonach es den Lizenznehmern untersagt sei, die von ihnen unter der
Marke Moulinex vertriebenen Erzeugnisse in die Gebiete der anderen Lizenznehmer und von SEB
auszuführen.
413.
Eine derartige Marktaufteilung werde nicht durch die Verordnung (EG) Nr. 240/96 der Kommission
vom 31. Januar 1996 zur Anwendung von Artikel [81] Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von
Technologietransfer-Vereinbarungen (ABl. L 31, S. 2) gedeckt und sei daher nach Artikel 81 Absatz 1
verboten.
414.
Da die Streithelferin die Kommission im Verwaltungsverfahren auf diese Problematik aufmerksam
gemacht habe, hätte die Kommission prüfen müssen, ob die Verpflichtungen keinen Bedenken in
dieser Hinsicht begegneten.
415.
Die Kommission, unterstützt durch die Französische Republik und durch SEB, weist dieses
Vorbringen von De'Longhi zurück.
B - Würdigung durch das Gericht
416.
Mit der Erklärung, die Verpflichtungen bewirkten eine Marktaufteilung bezüglich der Marke Moulinex,
bringt De'Longhi eine Rüge vor, die die Klägerin nicht erhoben hat.
417.
Artikel 40 Absatz 3 der EG-Satzung des Gerichtshofes und Artikel 116 § 3 der Verfahrensordnung
hindern zwar den Streithelfer nicht daran, neue oder andere Argumente als die von ihm unterstützte
Partei vorzutragen, da sein Vorbringen andernfalls auf eine Wiederholung der Argumente der
Klageschrift beschränkt wäre; dies kann es ihm jedoch nicht ermöglichen, den in der Klageschrift
definierten Rahmen des Rechtsstreits zu ändern oder zu deformieren, indem er neue Klagegründe
geltend macht (vgl. Urteile des Gerichtshofes vom 23. Februar 1961 in der Rechtssache 30/59, De
Gezamenlijker Steenkolenmijnen in Limburg/Hohe Behörde, Slg. 1961, 1, 37, vom 24. März 1993 in der
Rechtssache C-313/90, CIRFS u. a./Kommission, Slg. 1993, I-1125, Randnr. 22, und vom 8. Juli 1999 in
der Rechtssache C-245/92 P, Chemie Linz/Kommission, Slg. 1999, I-4643, Randnr. 32, sowie Urteile des
Gerichts vom 8. Juni 1995 in der Rechtssache T-459/93, Siemens/Kommission, Slg. 1995, II-1675,
Randnr. 21, vom 25. Juni 1998 in den Rechtssachen T-371/94 und T-394/94, British Airways u.
a./Kommission, Slg. 1998, II-2405, Randnr. 75, vom 1. Dezember 1999 in den Rechtssachen T-125/96
und T-152/96, Boehringer/Rat und Kommission, Slg. 1999, II-3427, Randnr. 183, und vom 28. Februar
2002 in der Rechtssache T-395/94, Atlantic Container Line u. a./Kommission, Slg. 2002, II-875, Randnr.
382).
418.
Da nach Artikel 116 § 3 der Verfahrensordnung der Streithelfer den Rechtsstreit in der Lage
annehmen muss, in der sich dieser zur Zeit des Beitritts befindet, und nach Artikel 40 Absatz 4 der EG-
Satzung des Gerichtshofes mit den aufgrund des Beitritts gestellten Anträgen nur die Anträge einer
Hauptpartei unterstützt werden können, ist De'Longhi als Streithelferin nicht berechtigt die
vorliegende Rüge der durch die Verpflichtungen herbeigeführten Marktaufteilung geltend zu machen.
Diese von der Streithelferin erhobene Rüge ist daher als unzulässig zurückzuweisen.
419.
Selbst wenn die Rüge der Streithelferin zulässig wäre, so wäre sie doch auf jeden Fall nicht
begründet.
420.
Hat die Kommission bei der Prüfung der Vereinbarkeit eines Zusammenschlusses mit dem
Gemeinsamen Markt zu beurteilen, ob dieser Zusammenschluss eine beherrschende Stellung im Sinne
von Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4064/89 begründet oder verstärkt, so berücksichtigt sie
gemäß Absatz 1 dieser Bestimmung „die Notwendigkeit, im Gemeinsamen Markt wirksamen
Wettbewerb aufrechtzuerhalten und zu entwickeln, insbesondere im Hinblick auf die Struktur aller
betroffenen Märkte und den tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerb durch innerhalb oder
außerhalb der Gemeinschaft ansässige Unternehmen“.
421.
Demnach kann die Kommission, wie De'Longhi ausführt, im Verfahren zur Anwendung der
Verordnung Nr. 4064/89 keinen Verpflichtungen zustimmen, die insofern gegen die
Wettbewerbsregeln des Vertrages verstoßen, als sie die Aufrechterhaltung oder Entwicklung eines
wirksamen Wettbewerbs im Gemeinsamen Markt beeinträchtigen. Die Kommission hat in diesem
Zusammenhang die Vereinbarkeit der Verpflichtungen insbesondere nach Maßgabe der Kriterien des
Artikels 81 Absätze 1 und 3 EG (der unter Bezugnahme auf Artikel 83 EG eine der Rechtsgrundlagen
der Verordnung Nr. 4064/89 darstellt) zu beurteilen (vgl. Urteil des Gerichts vom 20. November 2002 in
der Rechtssache T-251/00, Lagardère und Canal +/Kommission, Slg. 2002, II-4825, Randnr. 85).
422.
Im vorliegenden Fall ist jedoch erstens festzustellen, dass nach Nummer 1 Buchstabe c Absatz 3
der Verpflichtungen sich „der oder die Lizenznehmer verpflichtet (verpflichten), die Erzeugnisse der
Marke Moulinex nur in dem (den) ihm (ihnen) zugeteilten Gebiet(en), für das (die) Erzeugnisse
bestimmt sind, zu vermarkten“. Daraus ergibt sich entgegen dem Vorbringen von De'Longhi für die
Lizenznehmer kein ausdrückliches Verbot der Ausfuhr der Marke Moulinex in die anderen
Mitgliedstaaten. Die genannte Klausel kann nämlich dahin ausgelegt werden, dass die Lizenznehmer
nur verpflichtet sind, die Erzeugnisse der Marke Moulinex in dem Gebiet zu vermarkten, das ihnen
zugeteilt wurde. Eine Klausel, die den Lizenznehmer verpflichtet, den Verkauf der Lizenzprodukte auf
sein Gebiet zu konzentrieren, bezweckt oder bewirkt indessen grundsätzlich keine Einschränkung des
Wettbewerbs im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG.
423.
Zweitens ist festzustellen, dass, selbst wenn die in Rede stehende Klausel, wie De'Longhi meint,
dahin auszulegen wäre, dass die Lizenznehmer keine Erzeugnisse der Marke Moulinex in andere
Mitgliedstaaten ausführen dürfen, De'Longhi nicht dargelegt hat, inwiefern diese Klausel im
vorliegenden Fall gegen Artikel 81 Absatz 1 EG verstößt. De'Longhi erklärt nämlich nicht, weshalb die
betreffende Klausel in Anbetracht des nationalen Zuschnitts des geografischen Umfangs der
relevanten Produktmärkte und in Ermangelung größerer Paralleleinfuhren zwischen Mitgliedstaaten
geeignet sein könnte, im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG den Wettbewerb auf dem betreffenden
Markt der Gemeinschaft erheblich einzuschränken oder den Handel zwischen Mitgliedstaaten
erheblich zu beeinträchtigen. Nach ständiger Rechtsprechung wird indessen selbst eine Vereinbarung
mit absolutem Gebietsschutz dann nicht von der Verbotsvorschrift des Artikels 81 Absatz 1 EG erfasst,
wenn sie den Markt nur geringfügig beeinträchtigt (Urteile des Gerichtshofes vom 9. Juli 1969 in der
Rechtssache 5/69, Völk, Slg. 1969, 295, Randnr. 7, vom 7. Juni 1983 in den Rechtssachen 100/80 bis
103/80, Musique diffusion française u. a./Kommission, Slg. 1983, 1825, Randnr. 85, und vom 28. April
1998 in der Rechtssache C-306/96, Javico, Slg. 1998, I-1983, Randnr. 17).
424.
Überdies hat De'Longhi nicht dagetan, dass ein Lizenznehmer der Marke Moulinex bereit wäre, das
Risiko des Vertriebs von Erzeugnissen dieser Marke im „co-branding“ mit seiner eigenen Marke zu
übernehmen, wenn er in dem ihm zugeteilten Gebiet nicht zumindest gegen die aktive Konkurrenz
anderer Lizenznehmer geschützt wäre. Der Zweck der Verpflichtungen liegt, wie bereits dargelegt,
darin, dass die Lizenznehmer in einer Übergangszeit, in der sie ihre eigene Marke in Verbindung mit
der Marke Moulinex verwenden dürfen, den Übergang der Abnehmer von Erzeugnissen der Marke
Moulinex zu Erzeugnissen ihrer eigenen Marke sicherstellen können, um den Marken der Lizenznehmer
einen wirksamen Wettbewerb mit der Marke Moulinex auch nach der Übergangszeit zu ermöglichen,
wenn SEB letztlich wieder berechtigt ist, die Marke Moulinex in den neun betroffenen Mitgliedstaaten
zu verwenden. Unter diesen Umständen wäre aber ein mangelnder Schutz der Lizenznehmer zumindest
gegen eine aktive Konkurrenz der anderen Lizenznehmer einer Stärkung der Konkurrenzmarken von
Moulinex abträglich, wodurch der Wettbewerb auf dem betreffenden Markt des Gemeinschaftsgebiets
beeinträchtigt werden könnte. Demnach kann nicht davon ausgegangen werden, dass das in der
streitigen Klausel enthaltene Verbot des Aktivvertriebs notwendigerweise als
Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Artikel 81 Absatz 1 EG anzusehen ist (vgl. Urteile des
Gerichtshofes vom 8. Juni 1982 in der Rechtssache 258/78, Nungesser/Kommission, Slg. 1982, 2015,
Randnr. 57, und vom 6. Oktober 1982 in der Rechtssache 262/81, Coditel u. a., Slg. 1982, 3381,
Randnr. 15).
425.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass die Rüge von De'Longhi, durch die Verpflichtungen werde
eine Marktaufteilung herbeigeführt, unzulässig und darüber hinaus auch unbegründet ist.
IV -
426.
Die Klägerin vertritt die Auffassung, die Kommission habe dadurch einen Rechtsfehler begangen,
dass sie nicht geprüft habe, ob die Stellung von SEB auf den betreffenden Märkten nicht durch den
unverhältnismäßig niedrigen Preis, den SEB für die Übernahme von Moulinex gezahlt habe, und die
finanzielle Beihilfe des französischen Staates zu Lasten der Konkurrenzunternehmen verstärkt werde.
427.
Die Kommission habe in der angefochtenen Entscheidung, ohne näher auf die Materie einzugehen,
lediglich bemerkt, aufgrund einer ersten Prüfung der Vorkehrungen der französischen Behörden sei
nicht anzunehmen, dass die im Rahmen des gerichtlichen Vergleichsverfahrens vorgesehenen
öffentlich-rechtlichen Maßnahmen SEB zugute kämen. Der unverhältnismäßig niedrige Preis, den SEB
zu zahlen habe, verstärke indessen offenkundig die Stellung der neuen Einheit nach dem
Zusammenschluss.
428.
Das Gericht habe im Urteil RJB Mining/Kommission vom 31. Januar 2001 in der Rechtssache T-156/98
(Slg. 2001, II-337) die Entscheidung der Kommission für nichtig erklärt, da sie nicht geprüft habe, ob
und inwieweit die Machtposition der neuen Einheit durch den unverhältnismäßig niedrigen
Erwerbspreis verstärkt werden könne. Die Kommission müsse daher feststellen, ob die Höhe des
Erwerbspreises die Stellung der neuen Einheit nach dem Zusammenschluss verstärken könne,
unabhängig davon, ob die Finanzierungsmodalitäten als Beihilfe im Sinne des Vertrages angesehen
werden könnten.
429.
Der Kommission seien die finanziellen Bedingungen des Übernahmeplans von SEB genau bekannt
gewesen. Sie habe insbesondere Kenntnis von der offensichtlichen Unverhältnismäßigkeit des
Erwerbspreises von Moulinex (15 Millionen Euro) gegenüber dem realen Wert der erworbenen
Unternehmensteile (Schätzwert von mehr als 850 Millionen Euro) gehabt. Sie habe außerdem
gewusst, dass diese Unverhältnismäßigkeit insbesondere daraus resultiere, dass die Französische
Republik bereit gewesen sei, die Entlassungsabfindungen zu übernehmen, wodurch sich die Schulden
von Moulinex vermindert hätten und es SEB ermöglicht worden sei, Moulinex zu einem Preis zu
erwerben, der keineswegs dem realen Wert dieses Unternehmens entsprochen habe, und zudem über
zusätzliche Mittel zu verfügen, um die Marktstellung des übernehmenden Unternehmens weiter zu
verstärken.
430.
Zum Vergleich führt die Klägerin Folgendes an:
- Sie habe ursprünglich allein für die Vermögenswerte von Krups ein Übernahmeangebot in Höhe von
100 Millionen Euro unterbreitet (dieser Betrag sei fast siebenmal höher als die Summe, die SEB für die
Gesamttätigkeit von Krups und Moulinex geboten habe);
- sie habe bei der Kommission mit Schreiben vom 29. November 2001 ein Angebot eingereicht, das
die Übernahme des gesamten Personals von Moulinex mit der Maßgabe umfasst habe, dass sie einen
Personalabbau vornehmen könne, falls das angestrebte Rentabilitätsziel verfehlt werde. Aus den
betreffenden Verhandlungen sei indessen hervorgegangen, dass die Entlassung der 3 600 von SEB
nicht übernommenen Betriebsangehörigen zu einer finanziellen Belastung von etwa 175 Millionen Euro
habe führen können;
- sie habe den gerichtlich bestellten Verwaltern von Moulinex ein Übernahmeangebot in Höhe von
150 000 Euro für die von SEB nicht übernommenen Vermögenswerte von Moulinex unterbreitet.
431.
Durch die besonders günstigen finanziellen Bedingungen der Übernahme von Moulinex durch SEB
könne diese die mit einem äußeren Wachstumsvorgang verbundene Synergie nutzen, ohne die
entsprechenden Kosten zu tragen. Die Maßnahmen der französischen Behörden seien SEB klar
dadurch zugute gekommen, dass sie es diesem Unternehmen ermöglicht hätten, für seine
Geschäftstätigkeit die finanziellen Mittel einzusetzen, die normalerweise für den Erwerb von Moulinex
hätten verwendet werden müssen.
432.
Daher hätte die Kommission - auch ungeachtet der Frage, ob der öffentliche Mittelzufluss eine
staatliche Beihilfe im Sinne des Vertrages darstelle - feststellen müssen, ob die finanziellen
Bedingungen der Übernahme von Moulinex als solche unmittelbar oder mittelbar geeignet seien, die
Marktstellung der neuen Einheit SEB-Moulinex zu verstärken.
433.
Somit habe die Kommission dadurch einen Rechtsfehler begangen, dass sie sich auf eine „erste
Prüfung“ der Auswirkungen der von den französischen Behörden getroffenen
Finanzierungsmaßnahmen beschränkt und anhand einer oberflächlichen Untersuchung geschlossen
habe, „dass die im Rahmen des gerichtlichen Vergleichsverfahrens vorgesehenen öffentlich-
rechtlichen Maßnahmen“ SEB nicht zugute kämen.
434.
Die Kommission meint, dass der Klagegrund offensichtlich jeder Grundlage entbehre.
435.
Die Klägerin erhebt im Wesentlichen zwei Rügen. Sie bemängelt, dass die Kommission nicht geprüft
habe, ob die Stellung von SEB nicht durch einen unverhältnismäßig niedrigen Übernahmepreis und
außerdem dadurch verstärkt worden sei, dass die Französische Republik bereit gewesen sei, die
Kosten der Entlassungsabfindungen zu tragen.
436.
Hinsichtlich des von SEB gezahlten Übernahmepreises ist zunächst festzustellen, dass dieser vom
Handelsgericht Nanterre im gerichtlichen Vergleichsverfahren in nicht revisibler Weise beurteilt wurde
und dieses Gericht aufgrund der Kriterien des französischen Rechts zu der Auffassung gelangt ist,
dass das Angebot von SEB den Gläubigerinteressen am besten entspreche.
437.
Ferner hat die Klägerin nicht dargetan, dass der von SEB gezahlte Preis unverhältnismäßig niedrig
ist. Sie stützt sich lediglich auf den Bilanzwert der von SEB erworbenen Vermögenswerte von Moulinex
im Jahr 2000 und auf ihre eigenen Angebote.
438.
Zum einen ist aber die Veranschlagung des realen Wertes eines Unternehmens ein komplexer
Vorgang, der insbesondere auch subjektive Momente umfasst, und der Bilanzwert entspricht nicht
notwendigerweise dem realen Wert oder dem Übernahmewert eines Unternehmens. Vor allem kann
der Übernahmewert von Moulinex am Ende des Jahres 2001, als sich die Liquidation bereits
abzeichnete, nicht mit dem Wert gleichgesetzt werden, der sich aus der konsolidierten Rechnung
ergibt, die Moulinex fast zwei Jahre zuvor veröffentlicht hatte.
439.
Zum anderen lassen die Angebote der Klägerin keineswegs den unverhältnismäßigen Charakter
des von SEB gebotenen Preises erkennen. Die Klägerin hat nacheinander 100 Millionen Euro, 1 Euro
und 150 000 Euro geboten. Das erstgenannte Angebot bezog sich nur auf die Rechte an der Marke
Krups und schloss ausdrücklich alle Passiva aus. Es kann daher nicht in Betracht gezogen werden, um
das Übernahmeangebot von SEB zu beurteilen. Zudem variieren die betreffenden Beträge erheblich je
nach Angebotsumfang, und die Klägerin erklärt auch nicht, welches Angebot den Vermögenswerten
entspricht, die SEB übernommen hat, und inwiefern sich mit Hilfe ihrer Angebote der Wert der
Unternehmensteile von Moulinex ermitteln lässt, die SEB erworben hat. Folglich ergeben sich daraus
keine Erkenntnisse bezüglich des Preises von 15 Millionen Euro, den SEB für den Erwerb von Moulinex
gezahlt hat.
440.
Zu der Rüge, dass SEB dank der Übernahme der Entlassungsabfindungen durch die Französische
Republik Moulinex habe erwerben können, ohne deren gesamte Schulden übernehmen zu müssen, ist
zunächst zu bemerken, dass die Kommission - im Gegensatz zu der Situation, die dem von der Klägerin
herangezogenen Urteil RJB Mining/Kommission zugrunde lag - die französischen Behörden mit
Schreiben vom 27. September und 9. November 2001 um Auskunft über etwaige Maßnahmen der
Französischen Republik im Rahmen der Insolvenzanmeldung und der Übernahme der Moulinex-Gruppe
gebeten hat. Ferner hat die Französische Republik mit einer Note vom 16. November 2001 erwidert,
dass keine öffentlichen Vorkehrungen des Staates zugunsten der Moulinex-Gruppe geplant seien und
nur Wiederbeschäftigungsmaßnahmen erwogen würden, die den Arbeitnehmern unmittelbar zugute
kämen. Aus den Akten geht im Übrigen nicht hervor, dass die Französische Republik
Entlassungsabfindungen geleistet hat, und die Klägerin hat durch nichts nachgewiesen, dass die
Französische Republik Schulden von SEB übernommen hat. Die Kommission hat überdies, ohne dass
dem widersprochen worden wäre, betont, es wäre widersinnig, wenn die Französische Republik
Entlassungsabfindungen zahlen würde, da in Frankreich alle Unternehmen gesetzlich verpflichtet
seien, eine Versicherung gegen Zahlungsausfall bei Kollektivschulden aus Arbeitsverträgen
abzuschließen, so dass im Fall einer Insolvenz derartige Abfindungen von der Versicherung und nicht
vom Staat zu leisten seien. Den Erklärungen der Kommission und der Französischen Republik zufolge,
denen die Klägerin nicht widersprochen hat, betreffen demnach etwaige öffentlich-rechtliche
Maßnahmen nicht die von SEB übernommenen Unternehmensteile, so dass sie sich nicht auf den Wert
der von SEB erworbenen Vermögenswerte auswirken können.
441.
Schließlich ist auch nicht davon auszugehen, dass die Kommission bei jedem
Unternehmenszusammenschluss, dessen Verfahren sie innerhalb genauer Fristen abzuschließen hat,
ein Verfahren wegen staatlicher Beihilfen durchführen muss. Wenn das Gericht die Entscheidung der
Kommission im Urteil RJB Mining/Kommission mit der Begründung für nichtig erklärt hat, dass die
Kommission nicht geprüft habe, ob die Höhe des Übernahmepreises die Stellung der neuen Einheit
verstärken könne, so geschah dies aufgrund der ganz besonderen Umstände dieses Falles, bei dem
der Kaufpreis selbst von den deutschen Behörden als Beihilfe notifiziert worden war. Diese Situation
lässt sich nicht mit einem Zusammenschluss zweier Privatunternehmen, wie er im vorliegenden Fall
gegeben ist, vergleichen.
442.
Demnach ist der Klagegrund unbegründet.
Kosten
443.
Nach Artikel 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder beschließen,
dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn
ein außergewöhnlicher Grund gegeben ist. Da die Klägerin und die Kommission im vorliegenden Fall
teils obsiegt haben und teils unterlegen sind, ist zu beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten
trägt.
444.
Nach Artikel 87 § 4 Absatz 3 der Verfahrensordnung tragen die Streithelferinnen SEB und De'Longhi
ihre eigenen Kosten.
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Entscheidung SG (2002) D/228078 der Kommission vom 8. Januar 2002, mit der die
Kommission beschlossen hat, gegen den Zusammenschluss von SEB und Moulinex keine
Einwände zu erheben und ihn für mit dem Gemeinsamen Markt und dem Abkommen über
den Europäischen Wirtschaftsraum unter der Bedingung vereinbar zu erklären, dass die
angebotenen Verpflichtungen eingehalten werden (Sache COMP/M.2621 - SEB/Moulinex),
wird hinsichtlich der Märkte in Italien, Spanien, Finnland, im Vereinigten Königreich und in
Irland für nichtig erklärt.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Klägerin und die Kommission tragen ihre eigenen Kosten.
4. Die SEB SA und die De'Longhi SpA tragen ihre eigenen Kosten.
Lenaerts
Azizi
Jaeger
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 3. April 2003.
Der Kanzler
Der Präsident
H. Jung
K. Lenaerts
Inhaltsverzeichnis
Rechtlicher Rahmen
II -
Sachverhalt
II -
I - Die betroffenen Unternehmen
II -
II - Nationales Verfahren
II -
III - Verfahren vor der Kommission
II -
Angefochtene Entscheidung
II -
I - Die relevanten Produktmärkte
II -
II - Die relevanten räumlichen Märkte
II -
III - Die Bedeutung der Marken
II -
IV - Die Wettbewerbsanalyse
II -
V - Die Verpflichtungen der am Zusammenschluss Beteiligten
II -
VI - Staatliche Beihilfen
II -
Verfahren und Anträge der Verfahrensbeteiligten
II -
Zur Zulässigkeit
II -
I - Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
II -
II - Würdigung durch das Gericht
II -
Zur Begründetheit
II -
I - Zum ersten Klagegrund: Wesentlicher Formfehler wegen Zustimmung der Kommission zu
verspäteten Verpflichtungsvorschlägen von SE
II -
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
II -
Würdigung durch das Gericht
II -
II - Zum zweiten Klagegrund: Rechtsfehler der Kommission wegen Genehmigung des
Zusammenschlusses ohne Einleitung der Verfahrensphase II
II -
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
II -
Würdigung durch das Gericht
II -
III - Zum dritten Klagegrund: Offenkundiger Beurteilungsfehler wegen Unzulänglichkeit der
Verpflichtungen im Hinblick auf die aufgetretenen Wettbewerbsprobleme
II -
Zum ersten Teil - Eine Verpflichtung zur Vergabe einer Markenlizenz sei ihrer Art nach nicht
geeignet, die durch den Zusammenschluss hervorgerufenen Wettbewerbsprobleme zu lösen
II -
A - Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
II -
B - Würdigung durch das Gericht
II -
Zum zweiten Teil - Offenkundiger Beurteilungsfehler der Kommission wegen zu kurzer Dauer
der Verpflichtungen
II -
A - Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
II -
B - Würdigung durch Gericht
II -
Zum dritten Teil - Die Bezugspflicht auf dem deutschen Markt und die mit der
Bezugsmöglichkeit aller Lizenznehmer verbundenen Bedingungen bewirkten eine Stärkung der Stellung
von SEB-Moulinex
II -
A - Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
II -
B - Würdigung durch das Gericht
II -
Zum vierten Teil - Die durch die Genehmigung der Kommission ermöglichte Nutzung der Marke
Moulinex durch je nach Land der Europäischen Union verschiedene Unternehmen könne zu einer
aufeinander abgestimmten Verhaltensweise von SEB-Moulinex und des (der) Lizenznehmer(s) führen
II -
A - Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
II -
B - Würdigung durch das Gericht
II -
Zum fünften Teil - Genehmigung des Zusammenschlusses durch die Kommission ohne
Auferlegung von Verpflichtungen auf Märkten mit ernsthaften Wettbewerbsproblemen
II -
A - Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
II -
B - Würdigung durch das Gericht
II -
1. Zur Zulässigkeit
II -
2. Zur Begründetheit
II -
a) Zu den vier Stufen der Analyse
II -
- Zum Beherrschungsschwellenwert von 40 %
II -
- Zum Fehlen einer wesentlichen Überschneidung
II -
- Zur Stellung der neuen Einheit im Verhältnis zur Konkurrenz
II -
- Zum Sortimenteffekt
II -
b) Zu den nicht verpflichtungsgebundenen Ländern
II -
- Norwegen
II -
- Spanien
II -
- Finnland
II -
- Italien
II -
- Vereinigtes Königreich und Irland
II -
c) Ergebnis
II -
Zur Rüge einer Marktaufteilung bezüglich der Marke Moulinex infolge der Verpflichtungen
II -
A - Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
II -
B - Würdigung durch das Gericht
II -
IV - Zum vierten Klagegrund: Rechtsfehler der Kommission, weil sie nicht geprüft habe, ob die
Stellung von SEB auf den betreffenden Märkten nicht durch den unverhältnismäßig niedrigen
Übernahmepreis von Moulinex und die finanzielle Beihilfe der Französischen Republik zu Lasten der
Konkurrenzunternehmen verstärkt wird
II -
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
II -
Würdigung durch das Gericht
II -
Kosten
II -
Verfahrenssprache: Französisch.