Urteil des EuG vom 13.03.2003
EuG: kommission, kontrolle vor ort, finanzielle beteiligung, verordnung, zuschuss, rechtliches gehör, firma, nummer, rückzahlung, streichung
URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)
13. März 2003
„EAGFL - Streichung einer finanziellen Beteiligung - Artikel 24 der Verordnung (EWG) Nr. 4253/88 - Grundsätze
der Verhältnismäßigkeit und der Rechtssicherheit - Begründung - Verteidigungsrechte“
In der Rechtssache T-340/00
Comunità montana della Valnerina,
Caterini, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
unterstützt durch
Italienische Republik,
Luxemburg,
Streithelferin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Beistand von Rechtsanwalt M. Moretto, Zustellungsanschrift in Luxemburg
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung C (2000) 2388 der Kommission vom 14. August 2000 über die
Streichung des Zuschusses, der der Comunità Montana Valnerina mit Entscheidung C (93) 3182 der
Kommission vom 10. November 1993 über die Gewährung eines Zuschusses des EAGFL, Abteilung
Ausrichtung, nach der Verordnung (EWG) Nr. 4256/88 des Rates vom 19. Dezember 1988 zur Durchführung
der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 hinsichtlich des EAGFL, Abteilung Ausrichtung (ABl. L 374, S. 25), im
Rahmen des Vorhabens Nr. 93.IT.06.016 „Pilot- und Demonstrationsvorhaben betreffend die Forst-, Land-
und Ernährungswirtschaft in Hügelrandzonen (Frankreich, Italien)“ gewährt worden war,
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts sowie der Richter J. Azizi und M. Jaeger,
Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 14. November 2002
folgendes
Urteil
Rechtlicher Rahmen
1.
Zur Stärkung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts im Sinne von Artikel 158 EG hat die
Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 des Rates vom 24. Juni 1988 über Aufgaben und Effizienz der
Strukturfonds und über die Koordinierung ihrer Interventionen untereinander sowie mit denen der
Europäischen Investitionsbank und der anderen vorhandenen Finanzinstrumente (ABl. L 185, S. 9) den
Strukturfonds u. a. die Förderung der Entwicklung und der strukturellen Anpassung der Regionen mit
Entwicklungsrückstand sowie, im Hinblick auf die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik, die
beschleunigte Anpassung der Agrarstrukturen und die Förderung der Entwicklung des ländlichen
Raumes als Aufgaben übertragen (Artikel 1 Nummern 1 und 5 Buchstaben a und b). Diese Verordnung
wurde durch die Verordnung (EWG) Nr. 2081/93 des Rates vom 20. Juli 1993 (ABl. L 193, S. 5)
geändert.
2.
Nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe e der Verordnung Nr. 2052/88 in seiner ursprünglichen Fassung
kann die finanzielle Intervention der Strukturfonds in Form einer Unterstützung der technischen Hilfe
und der Voruntersuchungen zur Ausarbeitung der Aktionen erfolgen. In seiner durch die Verordnung
Nr. 2081/93 geänderten Fassung bestimmt er, dass die finanzielle Intervention der Strukturfonds in
Form einer Unterstützung der technischen Hilfe, einschließlich der Maßnahmen zur Vorbereitung,
Beurteilung, Begleitung und Bewertung der Aktionen sowie der Modell- und Demonstrationsvorhaben
erfolgt.
3.
Am 19. Dezember 1988 erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 4256/88 zur Durchführung der
Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 hinsichtlich des EAGFL, Abteilung Ausrichtung (ABl. L 374, S. 25). Diese
Verordnung wurde durch die Verordnung (EWG) Nr. 2085/93 des Rates vom 20. Juli 1993 (ABl. L 193, S.
44) geändert.
4.
Nach Artikel 8 der Verordnung Nr. 4256/88 in seiner ursprünglichen Fassung kann sich der Beitrag
des Fonds zur Durchführung der in Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe e der Verordnung Nr. 2052/88
genannten Intervention u. a. auf die Verwirklichung von Pilotvorhaben im Bereich der Förderung der
Entwicklung der ländlichen Gebiete, einschließlich der Entwicklung und Aufwertung des Waldes (erster
Gedankenstrich) und die Durchführung von Demonstrationsvorhaben erstrecken, mit denen die
Landwirte über die tatsächlichen Möglichkeiten der den Zielen der Reform der gemeinsamen
Agrarpolitik entsprechenden Produktionssysteme, -methoden und -techniken informiert werden
können (vierter Gedankenstrich). In ihrer durch die Verordnung Nr. 2085/93 geänderten Fassung
bestimmt diese Vorschrift, dass der EAGFL in Erfüllung seiner Aufgaben und im Rahmen von 1 v. H.
seiner jährlichen Mittelausstattung u. a. die Verwirklichung von Modellvorhaben betreffend die
Anpassung der Agrarstrukturen und die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes und die
Durchführung von Demonstrationsvorhaben finanzieren kann, einschließlich Vorhaben zur Entwicklung
und Aufwertung des Waldes sowie zur Verarbeitung und Vermarktung landwirtschaftlicher Erzeugnisse,
mit denen die tatsächlichen Möglichkeiten der den Zielen der gemeinsamen Agrarpolitik
entsprechenden Produktions- und Betriebssysteme, -methoden und -techniken gezeigt werden sollen.
5.
Ebenfalls am 19. Dezember 1988 erließ der Rat die Verordnung (EWG) Nr. 4253/88 zur Durchführung
der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 hinsichtlich der Koordinierung der Interventionen der
verschiedenen Strukturfonds einerseits und zwischen diesen und den Interventionen der
Europäischen Investitionsbank und der sonstigen vorhandenen Finanzinstrumente andererseits (ABl. L
374, S. 1). Diese Verordnung wurde durch die Verordnung (EWG) Nr. 2082/93 des Rates vom 20. Juli
1993 (ABl. L 193, S. 20) geändert.
6.
Artikel 24 der Verordnung Nr. 4253/88 in der geänderten Fassung sieht zur Kürzung, Aussetzung
und Streichung der Beteiligung vor:
„(1) Wird eine Aktion oder eine Maßnahme so ausgeführt, dass die gewährte finanzielle Beteiligung
weder teilweise noch insgesamt gerechtfertigt erscheint, so nimmt die Kommission eine
entsprechende Prüfung des Falls im Rahmen der Partnerschaft vor und fordert insbesondere den
Mitgliedstaat oder die von ihm für die Durchführung der Aktion benannten Behörden auf, sich
innerhalb einer bestimmten Frist dazu zu äußern.
(2) Nach dieser Prüfung kann die Kommission die finanzielle Beteiligung an der betreffenden Aktion
oder Maßnahme kürzen oder aussetzen, wenn durch die Prüfung bestätigt wird, dass eine
Unregelmäßigkeit oder eine erhebliche Veränderung der Art oder der Durchführungsbedingungen der
Aktion oder Maßnahme vorliegt und diese Veränderung der Kommission nicht zur Zustimmung
unterbreitet wurde.
(3) Nicht rechtmäßig gezahlte Beträge sind an die Kommission zurückzuzahlen. Auf nicht
zurückgezahlte Beträge werden in Übereinstimmung mit der Haushaltsordnung und nach den
Durchführungsbestimmungen, die die Kommission nach den Verfahren des Titels VIII erlässt,
Verzugszinsen erhoben.“
Sachverhalt
7.
Die Klägerin ist eine von der Region Umbrien (Italien) gegründete lokale Gebietskörperschaft.
8.
Im Juni 1993 beantragte die Klägerin bei der Kommission einen Gemeinschaftszuschuss für ein Pilot-
und Demonstrationsvorhaben betreffend die Forst-, Land- und Ernährungswirtschaft in
Bergrandgebieten (Vorhaben Nr. 93.IT.06.016; im Folgenden: Vorhaben).
9.
Allgemeines Ziel des Vorhabens war nach dessen Beschreibung die Schaffung und die
Pilotdemonstration zweier Standorte der Forst-, Land- und Ernährungswirtschaft im Gebiet Valnerina
(Italien) durch die Klägerin und in der Gegend Drôme provençale (Frankreich) durch die Vereinigung
„Route des Senteurs“ (im Folgenden: Route des Senteurs), um dort neben den gewohnten
landwirtschaftlichen Tätigkeiten alternative Wirtschaftstätigkeiten, wie den ländlichen Tourismus,
einzuführen und zu entwickeln. Das Vorhaben sah insbesondere die Schaffung zweier Zentren für
Tourismusförderung und -koordinierung, die Entwicklung und Erzeugung typischer regionaler
Lebensmittel wie Trüffeln, Dinkel oder Kräuter, eine bessere Integration der einzelnen in den fraglichen
Gegenden tätigen Erzeuger sowie die Aufwertung und Umweltsanierung dieser Gegenden vor.
10.
Mit an die Klägerin und Route des Senteurs gerichteter Entscheidung C (93) 3182 vom 10.
November 1993 bewilligte die Kommission für das Vorhaben einen Zuschuss des EAGFL, Abteilung
Ausrichtung (im Folgenden: Zuschussentscheidung).
11.
Nach Artikel 1 Absatz 2 der Zuschussentscheidung waren die Klägerin und Route des Senteurs die
„Verantwortlichen“ des Vorhabens. In Artikel 2 der Zuschussentscheidung wurde der Zeitraum für die
Verwirklichung des Vorhabens auf dreißig Monate - vom 1. Oktober 1993 bis zum 31. März 1996 -
festgesetzt.
12.
Nach Artikel 3 Absatz 1 der Zuschussentscheidung betrugen die zuschussfähigen Gesamtkosten
des Vorhabens 1 817 117 ECU und wurde die finanzielle Höchstbeteiligung der Gemeinschaft auf 908
558 ECU festgesetzt.
13.
Anhang I der Zuschussentscheidung enthielt eine Beschreibung des Vorhabens. In Nummer 5
dieses Anhangs wurde die Klägerin als der durch den Zuschuss „Begünstigte“ und Route des
Senteurs als der „andere Verantwortliche des Vorhabens“ bezeichnet. Nummer 8 des Anhangs I
enthielt einen Finanzierungsplan für das Vorhaben mit einer Verteilung der den einzelnen Maßnahmen
des Vorhabens zugewiesenen Kosten. Die Maßnahmen des Vorhabens und die ihnen entsprechenden
Kosten waren in vier Teile aufgegliedert; die Klägerin und Route des Senteurs hatten jeweils die
Maßnahmen von zwei dieser vier Teile durchzuführen.
14.
In Anhang II der Zuschussentscheidung waren die finanziellen Bedingungen für die Gewährung des
Zuschusses festgelegt. Darin hieß es u. a., dass der durch den Zuschuss Begünstigte, wenn er die in
Anhang I beschriebenen Maßnahmen wesentlich ändern wollte, hiervon im Vorwege die Kommission zu
unterrichten und deren Einverständnis einzuholen habe (Nr. 1). Nach Anhang II Nummer 2 war die
Gewährung des Zuschusses von der Durchführung aller in Anhang I der Zuschussentscheidung
genannten Maßnahmen abhängig. Anhang II sah außerdem vor, dass der Zuschuss unmittelbar an die
Klägerin als den durch den Zuschuss Begünstigten ausgezahlt werde, der die Auszahlung an Route
des Senteurs zu besorgen habe (Nr. 4), dass die Kommission zur Überprüfung der finanziellen
Angaben über die einzelnen Ausgaben eine Prüfung aller Originalbelege oder deren beglaubigter
Abschrift anordnen und diese Prüfung unmittelbar vor Ort vornehmen oder die Übersendung der
betreffenden Unterlagen verlangen könne (Nr. 5), dass der Begünstigte alle Originale der
Ausgabenbelege fünf Jahre nach der letzten Zahlung der Kommission aufbewahren und dieser zur
Verfügung stellen müsse (Nr. 6), dass die Kommission vom Begünstigten jederzeit die Übersendung
der Berichte über den Fortschritt der Arbeiten und/oder die erzielten technischen Ergebnisse
verlangen könne (Nr. 7) und dass der Begünstigte die durch die Verwirklichung des Vorhabens
erzielten Ergebnisse der Kommission zur Verfügung stellen müsse, ohne dass dies zu zusätzlichen
Zahlungen führe (Nr. 8). In Anhang II Nummer 10 hieß es schließlich im Wesentlichen, dass die
Kommission den Zuschuss aussetzen, kürzen oder aufheben und die Erstattung der gezahlten
Beträge verlangen könne, falls eine der in diesem Anhang genannten Bedingungen nicht eingehalten
worden sei oder in Anhang I nicht vorgesehene Maßnahmen eingeleitet worden seien; im Fall einer
solchen Sanktion habe der Begünstigte das Recht, sich zuvor - innerhalb einer von der Kommission
festgesetzten Frist - zu äußern.
15.
Am 2. Dezember 1993 zahlte die Kommission der Klägerin einen ersten Vorschuss, der etwa 40 %
der vorgesehenen Gemeinschaftsbeteiligung entsprach; die Klägerin zahlte ihrerseits an Route des
Senteurs die Beträge, die den Kosten der von dieser durchzuführenden Maßnahmen des Vorhabens
entsprachen.
16.
Mit Schreiben vom 27. Dezember 1994 sandte die Klägerin der Kommission einen ersten Bericht
über den Fortschritt des Vorhabens und die für jede der vorgesehenen Maßnahmen bereits
getätigten Ausgaben. Gleichzeitig beantragte sie die Zahlung eines zweiten Vorschusses, wobei sie u.
a. eine Bescheinigung beifügte, dass sie über die den getätigten Ausgaben entsprechenden
Zahlungsbelege verfüge und dass die bereits durchgeführten Maßnahmen den in Anhang I der
Zuschussentscheidung beschriebenen entsprächen.
17.
Am 18. August 1995 zahlte die Kommission der Klägerin einen zweiten Vorschuss, der etwa 30 % der
Gemeinschaftsbeteiligung entsprach, und die Klägerin zahlte ihrerseits an Route des Senteurs einen
Betrag, der den Kosten der von dieser durchzuführenden Maßnahmen des Vorhabens entsprach.
18.
Im Juni 1997 sandte die Klägerin der Kommission den Abschlussbericht über die Durchführung des
Vorhabens. Gleichzeitig beantragte sie die Zahlung der Restbeteiligung der Gemeinschaft und fügte
erneut eine Bescheinigung bei, die im Wesentlichen der oben in Randnummer 16 angeführten
entsprach.
19.
Am 12. August 1997 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass sie mit einer allgemeinen
technischen und buchhalterischen Überprüfung aller nach Artikel 8 der Verordnung Nr. 4256/88
finanzierten Vorhaben einschließlich des im vorliegenden Fall fraglichen begonnen habe; sie forderte
die Klägerin auf, gemäß Anhang II Nummer 5 der Zuschussentscheidung eine Liste aller Belege, die
sich auf die im Rahmen der Durchführung des Vorhabens getätigten zuschussfähigen Ausgaben
bezögen, sowie eine beglaubigte Abschrift jedes dieser Belege einzureichen.
20.
Am 25. August 1997 sandte die Klägerin der Kommission einige Unterlagen sowie eine
Zusammenfassung des Abschlussberichts über die Durchführung des Vorhabens.
21.
Mit Schreiben vom 6. März 1998 unterrichtete die Kommission die Klägerin über ihre Absicht, eine
Kontrolle vor Ort hinsichtlich der Durchführung des Vorhabens durchzuführen.
22.
Die Kontrolle vor Ort fand bei der Klägerin vom 23. bis 25. März 1998 und bei Route des Senteurs
vom 4. bis 6. Mai 1998 statt.
23.
Am 6. April 1998 sandte die Klägerin der Kommission bestimmte von dieser bei der Kontrolle vor Ort
angeforderte Unterlagen.
24.
Am 5. November 1998 ersuchten die Klägerin und Route des Senteurs die Kommission um
abschließende Genehmigung des Vorhabens und um Zahlung der restlichen
Gemeinschaftsbeteiligung.
25.
Mit Schreiben vom 22. März 1999 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass sie gemäß Artikel 24
der Verordnung Nr. 4253/88 in seiner geänderten Fassung die finanzielle Beteiligung für das
Vorhaben geprüft und, da diese Prüfung Anhaltspunkte für mögliche Unregelmäßigkeiten ergeben
habe, beschlossen habe, das in dieser Bestimmung und in Anhang II Nummer 10 der
Zuschussentscheidung vorgesehene Verfahren einzuleiten (im Folgenden: verfahrenseinleitendes
Schreiben). In diesem Schreiben, das sie abschriftlich auch an Route des Senteurs sandte, führte die
Kommission diese Anhaltspunkte im Einzelnen auf, wobei sie spezifizierte, inwieweit für die
betreffenden Maßnahmen die Klägerin oder Route des Senteurs zuständig waren.
26.
Mit Schreiben vom 17. Mai 1999 nahm die Klägerin zu den Verdächtigungen der Kommission
Stellung und übermittelte ihr bestimmte weitere Schriftstücke (im Folgenden: Stellungnahme zum
verfahrenseinleitenden Schreiben).
27.
Mit an die Italienische Republik und die Klägerin gerichteter, Letzterer am 21. August 2000
notifizierter Entscheidung vom 14. August 2000 strich die Kommission gemäß Artikel 24 Absatz 2 der
Verordnung Nr. 4253/88 in seiner geänderten Fassung die für das Vorhaben gewährte finanzielle
Beteiligung und forderte die Klägerin zur Rückzahlung des gesamten bereits gezahlten Zuschusses
auf (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).
28.
In der neunten Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung zählte die Kommission elf
Unregelmäßigkeiten im Sinne von Artikel 24 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4253/88 in seiner
geänderten Fassung auf, von denen fünf von Route des Senteurs und sechs von der Klägerin
durchgeführte Maßnahmen betrafen.
29.
Mit Schreiben vom 14. September und 2. Oktober 2000 forderte die Klägerin Route des Senteurs
auf, die Beträge zurückzuzahlen, die sie ihr für die Verwirklichung des Vorhabens gezahlt habe und für
die Route des Senteurs verantwortlich sei. Gleichzeitig bat sie Route des Senteurs, ihr Informationen
zu übermitteln, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit und Rechtswidrigkeit der angefochtenen
Entscheidung ergeben könne, um eine gemeinsame Verteidigungsstrategie zu entwickeln.
30.
Am 20. Oktober 2000 antwortete Route des Senteurs im Wesentlichen, dass sie die angefochtene
Entscheidung für nicht gerechtfertigt halte.
Verfahren und Anträge der Parteien
31.
Mit am 7. November 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingereichter Klageschrift hat die Klägerin die
vorliegende Klage erhoben.
32.
Die Italienische Republik hat mit Schriftsatz, der am 12. April 2001 bei der Kanzlei des Gerichts
eingegangen ist, beantragt, im vorliegenden Verfahren als Streithelferin zur Unterstützung der
Anträge der Klägerin zugelassen zu werden. Der Präsident der Dritten Kammer des Gerichts hat
diesem Antrag mit Beschluss vom 1. Juni 2001 entsprochen. Die Streithelferin hat ihren
Streithilfeschriftsatz und die Parteien haben ihre Stellungnahmen hierzu innerhalb der gesetzten
Fristen eingereicht.
33.
Das Gericht (Dritte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche
Verhandlung zu eröffnen, und den Parteien im Rahmen prozessleitender Maßnahmen nach Artikel 64
der Verfahrensordnung schriftliche Fragen gestellt. Die Parteien haben diese Frage beantwortet.
34.
Die Klägerin beantragt,
- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;
- der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
35.
Die Kommission beantragt,
- die Klage abzuweisen;
- die Kosten der Klägerin aufzuerlegen.
36.
Die Italienische Republik unterstützt die Anträge der Klägerin.
Rechtslage
37.
Die Klägerin macht vier Klagegründe geltend. Den ersten Klagegrund stützt sie auf einen Verstoß
gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit, soweit die Kommission
ihre Forderung, den Zuschuss zurückzuzahlen, nicht auf die Beträge beschränkt habe, die dem Teil
des Vorhabens entsprächen, der nach der Zuschussentscheidung von der Klägerin durchzuführen
gewesen sei. Mit dem zweiten Klagegrund wird geltend gemacht, die Kommission habe in Bezug auf die
verschiedenen Unregelmäßigkeiten bei der Durchführung des der Klägerin selbst obliegenden Teils
des Vorhabens fehlerhaft gehandelt; außerdem habe sie die Begründungspflicht und den Anspruch
auf rechtliches Gehör verletzt. Der dritte Klagegrund bezieht sich auf einen Verstoß gegen den
Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und Artikel 24 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4253/88 in seiner
geänderten Fassung, da die Kommission die Rückzahlung des gesamten Zuschusses verlangt habe,
soweit er für die Durchführung von Maßnahmen durch die Klägerin gewährt worden sei. Mit dem
vierten Klagegrund wird ein Ermessensmissbrauch geltend gemacht.
1.
38.
Die Klägerin macht geltend, die angefochtene Entscheidung verstoße gegen die Grundsätze der
Nichtdiskriminierung und der Verhältnismäßigkeit, soweit die Kommission ihre Forderung, den
Zuschuss zurückzuzahlen, nicht auf die Beträge, die dem Anteil am Vorhaben entsprächen, der nach
der Zuschussentscheidung von der Klägerin durchzuführen gewesen sei, beschränkt habe, sondern
von dieser die vollständige Rückzahlung des Zuschusses verlangt habe.
39.
Auch wenn es formal um ein einziges Vorhaben mit einheitlicher Finanzierung gegangen sei und sie
formal die einzige durch die finanzielle Beteiligung Begünstigte gewesen sei, seien die mit dem
Vorhaben geplanten Maßnahmen doch im Rahmen zweier verschiedener Teile durchzuführen gewesen,
die von ihr und Route des Senteurs selbständig zu verwalten gewesen seien. Außerdem habe die
Kommission in der angefochtenen Entscheidung elf Rügen betreffend Unregelmäßigkeiten bei der
Durchführung des Vorhabens erhoben, von denen fünf von Route des Senteurs durchzuführende und
sechs von ihr selbst durchzuführende Maßnahmen betroffen hätten.
40.
Die Italienische Republik führt aus, bei der Beurteilung der streitigen Unregelmäßigkeiten hätte die
Kommission die jeweilige eigene Verantwortlichkeit der beiden für die vorgesehenen Maßnahmen
Verantwortlichen berücksichtigen müssen, da diese Maßnahmen voneinander unabhängig und
eigenständig gewesen seien. Demgemäß hätte sie eine ausgewogene Entscheidung treffen müssen,
ohne die Klägerin dadurch über Gebühr zu bestrafen, dass sie diese auch für die von Route des
Senteurs begangenen Unregelmäßigkeiten verantwortlich gemacht habe.
41.
Die Argumente der Kommission zur Einheitlichkeit des Vorhabens und zur Rolle der Klägerin als der
einzigen durch das Vorhaben Begünstigten überzeugten nicht, da sie auf einer Vermengung der dem
Begünstigten obliegenden Verpflichtungen administrativer Art und der tatsächlichen
Verantwortlichkeit der beiden Partner des Vorhabens für die in dessen Rahmen vorgesehenen
einzelnen Maßnahmen beruhten. Die Kommission hätte daher, wenn sie die Klägerin mit der
vollständigen Streichung des Zuschusses anstatt mit dessen Kürzung hätte bestrafen wollen, einen
Verstoß gegen die der Klägerin als dem durch den Zuschuss Begünstigten obliegenden
administrativen Verpflichtungen nachweisen müssen.
42.
Das Vorbringen der Kommission sei zudem auf eine rein formale, irrige Auslegung der
Zuschussentscheidung gestützt. In Artikel 1 Absatz 2 dieser Entscheidung seien nämlich sowohl die
Klägerin als auch Route des Senteurs als „Verantwortliche des Vorhabens“ bezeichnet worden. Wenn
der Begriff „Verantwortlichkeit“ aber einen Sinn haben solle, könne dieser nur darin liegen, dass die
behaupteten Unregelmäßigkeiten nur demjenigen zugeschrieben werden könnten, der jeweils für die
finanzierten Maßnahmen verantwortlich sei.
43.
Die Kommission vertritt die Ansicht, sie habe von der Klägerin die Rückzahlung sämtlicher für die
Durchführung des Vorhabens gezahlter Beträge verlangen können, ohne dass es erforderlich
gewesen wäre, zu prüfen, ob die festgestellten Unregelmäßigkeiten dieser in vollem Umfang oder nur
zum Teil zugerechnet werden könnten.
44.
Erstens habe es sich um ein einziges Vorhaben mit einem einzigen Zweck - Errichtung zweier
Standorte der Forst-, Land- und Ernährungswirtschaft in zwei unterschiedlichen territorialen Kontexten
der Gemeinschaft - gehandelt. Das Vorhaben sei nämlich durch eine einzige Entscheidung auf der
Grundlage einer einheitlichen Finanzierung zugunsten eines einzigen Begünstigten, der Klägerin,
genehmigt worden.
45.
Zweitens ergebe sich aus der Zuschussentscheidung, dass allein die Klägerin als die durch den
Gemeinschaftszuschuss Begünstigte gegenüber der Gemeinschaft als finanziell verantwortlich
anzusehen gewesen sei.
46.
Bereits aus dem Wortlaut der Anhänge der Zuschussentscheidung gehe nämlich hervor, dass die
Klägerin der einzige gegenüber der Gemeinschaft finanziell verantwortliche Wirtschaftsteilnehmer
gewesen sei, während Route des Senteurs lediglich mit der Durchführung eines Teils des Vorhabens
betraut gewesen sei, da sowohl in Anhang I Nummer 5 als auch in Anhang II Nummer 4 dieser
Entscheidung die Klägerin als die durch den Zuschuss „Begünstigte“ bezeichnet worden sei, während
Route des Senteurs nur die Eigenschaft eines „anderen Verantwortlichen des Vorhabens“ gehabt
habe. Entgegen der Auffassung der Italienischen Republik bedeute der Begriff „Verantwortlicher des
Vorhabens“ nicht, dass etwaige Unregelmäßigkeiten bei der Durchführung des Vorhabens demjenigen
Beteiligten zuzurechnen seien, der sie begangen habe. Die Auslegung der Italienischen Republik trage
nicht nur der Einheitlichkeit des Vorhabens, sondern auch dem Umstand unzureichend Rechnung,
dass die finanzielle Verantwortlichkeit für das Vorhaben gegenüber den Gemeinschaften in vollem
Umfang auf dem Begünstigten, hier nämlich der Klägerin, laste.
47.
Nach der Zuschussentscheidung könne außerdem nur der durch den Zuschuss Begünstigte von
der Kommission die Zahlung der im Rahmen der Beteiligung gewährten Beträge verlangen. Weiter
obliege es diesem Begünstigten, die entsprechenden Beträge an den anderen mit der Durchführung
des Vorhabens Beteiligten zu zahlen, wie dies im vorliegenden Fall ja auch geschehen sei.
48.
Überdies gehe aus Anhang II Nummer 10 der Zuschussentscheidung hervor, dass die Klägerin als
der durch den Zuschuss Begünstigte gegenüber der Gemeinschaft für alle bei der Durchführung des
Vorhabens möglicherweise festgestellten Unregelmäßigkeiten finanziell verantwortlich gewesen sei,
ohne dass es darauf ankäme, welcher der Beteiligten diese Unregelmäßigkeiten zuzuschreiben
gewesen seien. Nach dieser Bestimmung könne nämlich nur der Begünstigte, nicht aber ein anderer
für die Durchführung des Vorhabens Verantwortlicher, gegenüber der Kommission vor dem Erlass
einer Entscheidung über die Streichung des Zuschusses Stellung nehmen.
49.
Zudem könne der Umstand, dass bestimmte in der angefochtenen Entscheidung festgestellte
Unregelmäßigkeiten Route des Senteurs und nicht der Klägerin zuzuschreiben gewesen seien, nur im
Verhältnis zwischen diesen beiden Beteiligten eine Rolle spielen. Insoweit wäre es Sache der Klägerin
als des durch den Zuschuss Begünstigten gewesen, sich gegenüber ihrem Partner durch geeignete
Instrumente des Privatrechts, wie etwa Bankgarantien, wirksam abzusichern.
50.
Drittens sei den Akten zu entnehmen, dass sich die Klägerin ihrer finanziellen Verantwortung
gegenüber der Gemeinschaft, die sich aus ihrer Eigenschaft als einzigem durch den Zuschuss
Begünstigten ergeben habe, voll bewusst gewesen sei. Zum einen habe sie nämlich im Rahmen der
Anträge auf Zahlung des zweiten Zuschusses und des Restbetrags der Beteiligung (siehe oben,
Randnrn. 16 und 18) ausdrücklich erklärt, dass die Angaben in den diesen Anträgen als Anlage
beigefügten Tabellen nicht nur die von ihr, sondern auch die von Route des Senteurs getätigten
Ausgaben genau wiedergäben und dass die durchgeführten Maßnahmen den in der
Zuschussentscheidung beschriebenen entsprächen. Zum anderen sei zu beachten, dass die Klägerin
im Anschluss an die Notifizierung der angefochtenen Entscheidung von Route des Senteurs mit
Schreiben vom 14. September 2000 die Rückzahlung des dieser für die Durchführung der ihr
obliegenden Maßnahmen gezahlten Teils der Vorschüsse verlangt habe.
51.
Es ist zu prüfen, ob die Kommission unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles
berechtigt war, von der Klägerin die vollständige Rückzahlung des Zuschusses zur Durchführung des
gesamten Vorhabens zu verlangen, oder ob sie ihr Rückzahlungsbegehren nach Maßgabe der von der
Klägerin angeführten allgemeinen Rechtsgrundsätze jedenfalls auf die Beträge zu beschränken hatte,
die dem Teil des Vorhabens entsprachen, der nach der Zuschussentscheidung von der Klägerin
selbst zu realisieren war.
52.
Zunächst ist festzustellen, dass im Fall der Gewährung eines Zuschusses für ein Vorhaben, dessen
Verwirklichung mehreren Beteiligten obliegt, die anwendbare Regelung nicht präzisiert, von welchem
dieser Beteiligten die Kommission die Rückzahlung des Zuschusses verlangen kann, wenn einer oder
mehrere von ihnen bei der Durchführung des Vorhabens Unregelmäßigkeiten begangen haben.
53.
Des Weiteren ist festzustellen, dass entgegen der Auffassung, die die Klägerin mit Unterstützung
der Italienischen Republik zu vertreten scheint, nicht zu beanstanden ist, dass die Kommission in einer
solchen Situation in der Entscheidung über die Gewährung des Zuschusses einen der für die
Durchführung des Vorhabens verantwortlichen Beteiligten als denjenigen bestimmt, der nicht nur ihr
Gesprächspartner, sondern auch der einzige Beteiligte sein soll, der bei von einem der Beteiligten
begangenen Unregelmäßigkeiten gegenüber der Gemeinschaft für das ganze Vorhaben finanziell
verantwortlich ist. Selbst in einer Situation, in der das Vorhaben so angelegt ist, dass die
Durchführung der in seinem Rahmen geplanten einzelnen Maßnahmen eindeutig einem der
verschiedenen Beteiligten zugewiesen ist, ist nämlich ein solches System im Interesse der Wirksamkeit
des Handelns der Gemeinschaft sowohl im Hinblick auf den Grundsatz der ordnungsgemäßen
Verwaltung als auch im Hinblick auf das Gebot einer wirtschaftlichen Haushaltsführung des
Gemeinschaftshaushalts gerechtfertigt. Ein solches System kann daher nicht als gegen die
Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und der Nichtdiskriminierung verstoßend angesehen werden.
54.
Zu berücksichtigen ist jedoch, dass eine etwaige Verpflichtung zur Rückzahlung eines Zuschusses
schwerwiegende Folgen für die Betreffenden haben kann. Infolgedessen gebietet es der Grundsatz
der Rechtssicherheit, dass das auf die Durchführung des Vertrages anwendbare Recht hinreichend
klar und genau ist, damit die Beteiligten ihre Rechte und Pflichten eindeutig erkennen und
entsprechende Vorkehrungen, hier also vor der Gewährung des Zuschusses angemessene
privatrechtliche Vereinbarungen, treffen können, um ihre finanziellen Interessen einander gegenüber
zu wahren.
55.
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Kommission die Rückzahlung des Zuschusses,
der für die Durchführung von Maßnahmen durch die Klägerin und Route des Senteurs gewährt worden
war, nur dann ohne Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit von der Klägerin allein
verlangen konnte, wenn die Zuschussentscheidung und ihre Anhänge so klar und genau formuliert
waren, dass die Klägerin als umsichtiger und informierter Wirtschaftsteilnehmer wissen musste, dass
sie im Fall von Unregelmäßigkeiten bei der Durchführung des Vorhabens unabhängig davon, ob diese
Route des Senteurs oder ihr selbst zuzuschreiben waren, der Gemeinschaft gegenüber für den vollen
gewährten Zuschuss allein finanziell verantwortlich war.
56.
Zunächst ist aber festzustellen, dass die Zuschussentscheidung und ihre Anhänge nicht
ausdrücklich vorsehen, dass die Klägerin im Fall von bei der Durchführung des Vorhabens
festgestellten Unregelmäßigkeiten gegenüber der Gemeinschaft für das gesamte Vorhaben finanziell
verantwortlich ist.
57.
Sodann ist zu prüfen, ob unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles die Klägerin
trotz Fehlens einer entsprechenden ausdrücklichen Bestimmung in der Zuschussentscheidung die
Tragweite ihrer finanziellen Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft in dem von der Kommission
behaupteten Sinn verstehen musste.
58.
Erstens macht die Kommission geltend, die Klägerin sei in der Zuschussentscheidung und deren
Anhang II als der „durch den Zuschuss Begünstigte“ bezeichnet worden, während darin sowohl die
Klägerin als auch Route des Senteurs als „Verantwortliche für das Vorhaben“ bezeichnet worden
seien. Weiter hebt die Kommission hervor, dass sich aus Anhang II Nummern 1, 4, 6 bis 8 und 10
(siehe oben, Randnr. 14) ergebe, dass die Zuschussentscheidung nur dem „durch den Zuschuss
Begünstigten“ bestimmte Rechte und Pflichten gegenüber der Gemeinschaft verleihe bzw. auferlege.
59.
Hierzu ist festzustellen, dass nach Anhang II Nummer 1 der Zuschussentscheidung der „durch den
Zuschuss Begünstigte“ im Fall von Änderungen der in Anhang I beschriebenen Maßnahmen
verpflichtet ist, die Kommission hiervon im Voraus zu unterrichten und deren Einverständnis
einzuholen. Nach Anhang II Nummern 6 bis 8 der Zuschussentscheidung hat der „durch den Zuschuss
Begünstigte“ vor allem alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit sich die Kommission, wenn
sie dies für zweckmäßig hält, vergewissern kann, dass das Vorhaben ordnungsgemäß durchgeführt
wird, und der Kommission die durch die Verwirklichung des Vorhabens erzielten Ergebnisse zur
Verfügung zu stellen. Entgegen dem Vortrag der Kommission betreffen diese verschiedenen
Bestimmungen jedoch nicht die finanziellen Beziehungen zwischen der Kommission und den für die
Durchführung des Vorhabens Verantwortlichen als solche. Sie beziehen sich vielmehr auf die einzelnen
Modalitäten der Durchführung des Vorhabens. Nach diesen Modalitäten ließe sich die Klägerin als der
einzige Gesprächspartner der Kommission für die Durchführung des Vorhabens bezeichnen.
60.
Allerdings betrifft Anhang II Nummer 4 der Zuschussentscheidung einen konkreten Gesichtspunkt
der finanziellen Beziehungen zwischen der Kommission und den für die Durchführung des Vorhabens
Verantwortlichen. Danach war nämlich der Zuschuss unmittelbar an die Klägerin als die
„federführende Begünstigte“ zu zahlen, die diejenigen Beträge an Route des Senteurs auszuzahlen
hatte, die den dieser obliegenden Maßnahmen entsprachen. Zu beachten ist jedoch, dass diese
Bestimmung nur festlegt, wie der gewährte Zuschuss an die Beteiligten auszuzahlen war, nicht aber,
wie er im Fall von bei der Durchführung des Vorhabens festgestellten Unregelmäßigkeiten an die
Kommission zurückzuzahlen war.
61.
Ein weiterer konkreter Gesichtspunkt der finanziellen Beziehungen zwischen der Gemeinschaft und
den für die Durchführung des Vorhabens Verantwortlichen war in Anhang II Nummer 10 der
Zuschussentscheidung geregelt: Danach konnte der „durch den Zuschuss Begünstigte“ vor einer
Aussetzung, Kürzung oder Streichung des Zuschusses innerhalb einer von der Kommission gesetzten
Frist dieser gegenüber zu den von ihr vorgebrachten Rügen Stellung nehmen. Entgegen der
Auffassung der Kommission ist jedoch daraus, dass nach dieser Bestimmung nur der „durch den
Zuschuss Begünstigte“ Anspruch darauf hatte, zu den Rügen der Kommission gehört zu werden, nicht
notwendig zu schließen, dass dann, wenn der eine oder der andere Beteiligte bei der Durchführung
des Vorhabens Unregelmäßigkeiten begehen sollte, der Begünstigte der Gemeinschaft gegenüber für
den gesamten gewährten Zuschuss allein finanziell verantwortlich sein sollte.
62.
Zweitens ist zum Argument der Klägerin, im vorliegenden Fall habe es sich um ein einziges, durch
eine einzige Entscheidung genehmigtes Vorhaben zugunsten eines einzigen Begünstigten, mit einem
einzigen Ziel und einer einheitlichen Finanzierung gehandelt, zunächst festzustellen, dass die
Zuschussentscheidung zwar aus einem einzigen Rechtsakt bestand, jedoch sowohl an die Klägerin als
auch an Route des Senteurs gerichtet war. Schon dieser Umstand ist grundsätzlich geeignet,
zwischen der Kommission einerseits und jedem der Adressaten der Zuschussentscheidung
andererseits unmittelbare rechtliche Bindungen zu schaffen.
63.
Im Übrigen trifft es zwar zu, dass das Vorhaben einem einzigen Zweck dienen sollte und auf einer
einheitlichen Finanzierung beruhte; gleichwohl bestand es aus verschiedenen Maßnahmen, die sowohl
unter finanziellem Gesichtspunkt als auch nach dem der zu erreichenden Ziele klar umschrieben
waren. In einer solchen Situation ist aber anzunehmen, dass die Kommission dadurch, dass sie die
Zuschussentscheidung nicht nur an die Klägerin, sondern auch an Route des Senteurs gerichtet hat,
unmittelbare rechtliche Bindungen nicht nur mit der Klägerin, sondern auch mit Route des Senteurs
eingegangen ist, so dass die Klägerin zumindest prima facie davon ausgehen durfte, dass die
Kommission bei von Route des Senteurs begangenen Unregelmäßigkeiten bei der Durchführung des
Vorhabens die Rückzahlung des Teils des Zuschusses, der den von Route des Senteurs
durchzuführenden Maßnahmen entsprach, von dieser verlangen würde.
64.
Drittens wird, wie die Italienische Republik zutreffend bemerkt hat, die Unklarheit des Wortlauts der
Zuschussentscheidung und ihrer Anhänge, soweit es um die finanzielle Verantwortung der Parteien
gegenüber der Gemeinschaft für die Durchführung des Vorhabens geht, durch die Verwendung der
Worte „durch den Zuschuss Begünstigte“ und „Verantwortliche des Vorhabens“ noch verstärkt; denn
nach den verschiedenen Bestimmungen des Anhangs II der Zuschussentscheidung (siehe oben,
Randnr. 14) hat die Kommission diesen Begriffen eine andere als die übliche Bedeutung gegeben.
Angesichts der Rechte und Pflichten, die sich für die Klägerin aus den einzelnen Bestimmungen des
Anhangs II der Zuschussentscheidung ergaben, kam ihr in Übereinstimmung mit den Absichten der
Kommission tatsächlich die Rolle einer Person zu, die für die ordnungsgemäße Durchführung des
Vorhabens allein verantwortlich war. Route des Senteurs war aber durch den Zuschuss ebenso
begünstigt wie die Klägerin. Nach Anhang II Nummer 4 der Zuschussentscheidung wurde nämlich der
Zuschuss von der Kommission auf das Bankkonto der Klägerin eingezahlt, die sodann diejenigen
Beträge an Route des Senteurs weiterzuleiten hatte, die den von dieser durchzuführenden
Maßnahmen entsprachen. Daher hat die Verwendung dieser Begriffe, anstatt den Umfang der
Verantwortlichkeiten der Beteiligten klarzustellen, eher dazu beigetragen, insoweit Zweifel
hervorzurufen.
65.
Aufgrund dessen ist davon auszugehen, dass die Zuschussentscheidung hinsichtlich der Frage der
finanziellen Verantwortung der Beteiligten für die Durchführung des Vorhabens nicht klar und genau
genug ist, um dem wegen der schwerwiegenden Folgen der Rückzahlung eines Zuschusses für diese
Parteien zwingenden Erfordernis der Rechtssicherheit zu genügen. Zudem sind die in der
Zuschussentscheidung und ihren Anhängen enthaltenen offensichtlichen Ungenauigkeiten und
Widersprüche als so erheblich anzusehen, dass sich die Kommission auf das von ihr verfolgte Ziel, sich
nur einer einzigen für die ordnungsgemäße Durchführung des Vorhabens finanziell verantwortlichen
Person gegenüberzusehen, im vorliegenden Fall nicht berufen kann, auch wenn dieses Ziel
grundsätzlich gerechtfertigt ist (siehe oben, Randnr. 53). Daher ist im vorliegenden Fall die
Konkretisierung dieses Zieles durch die angefochtene Entscheidung, mit der unabhängig davon, wer
für die gerügten Unregelmäßigkeiten bei der Durchführung des Vorhabens tatsächlich und materiell-
rechtlich verantwortlich war, allein von der Klägerin die vollständige Rückzahlung des Zuschusses
verlangt wird, als Maßnahme anzusehen, die im Vergleich zu den Nachteilen, die der Klägerin aus der
Forderung der Rückzahlung des gesamten bereits gewährten Zuschusses entstehen,
unverhältnismäßig ist. Nach ständiger Rechtsprechung verlangt der Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit, dass die Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane nicht die Grenzen dessen
überschreiten, was für die Erreichung des verfolgten Zieles angemessen und erforderlich ist (siehe u.
a. Urteile des Gerichtshofes vom 17. Mai 1984 in der Rechtssache 15/83, Denkavit Nederland, Slg.
1984, 2171, Randnr. 25, und des Gerichts vom 19. Juni 1997 in der Rechtssache T-260/94, Air
Inter/Kommission, Slg. 1997, II-997, Randnr. 144).
66.
Folglich hat die Kommission dadurch, dass sie von der Klägerin die Rückzahlung des gesamten
bereits gezahlten Zuschusses verlangt hat, ohne diese Forderung auf den Teil des Vorhabens zu
beschränken, der von dieser verwirklicht werden sollte, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit
verletzt.
67.
Diese Schlussfolgerung wird auch nicht durch das Argument der Kommission entkräftet, dass sich
die Klägerin ihrer aus ihrer Eigenschaft als einzigem „durch den Zuschuss Begünstigten“ fließenden
finanziellen Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft voll bewusst gewesen sei. Denn wie sich aus
den Ausführungen oben in den Randnummern 54 und 55 ergibt, war die Kommission angesichts des
Umstands, dass die Zuschussentscheidung die Rechte und Pflichten der Beteiligten aus der
Bewilligung des Zuschusses festlegte, spätestens zum Zeitpunkt der Gewährung des Zuschusses
verpflichtet, die Beteiligten klar und genau über die ihnen hieraus entstehenden finanziellen
Verpflichtungen zu unterrichten. Jedenfalls kann sich die Kommission nicht darauf berufen, dass die
Klägerin im Rahmen der Anträge auf Zahlung des zweiten Zuschusses und des Restbetrags der
Beteiligung (siehe oben, Randnrn. 17 und 19) ausdrücklich erklärt habe, dass die Angaben in den
diesen Erklärungen als Anlage beigefügten Tabellen nicht nur die von ihr, sondern auch die von Route
des Senteurs getätigten Ausgaben richtig wiedergäben, und dass alle durchgeführten Maßnahmen
den in der Zuschussentscheidung beschriebenen entsprochen hätten. So wichtig diese Erklärungen
auch sein mögen, betrafen sie doch nicht die finanziellen Beziehungen zwischen den für die
Durchführung des Vorhabens Verantwortlichen und der Gemeinschaft und schlossen es daher nicht
aus, Beträge, die den Teil des Vorhabens betrafen, für den Route des Senteurs verantwortlich war,
unmittelbar von dieser zurückzufordern. Auch kann sich die Kommission nicht darauf berufen, dass die
Klägerin nach der Notifizierung der angefochtenen Entscheidung von Route des Senteurs die
Rückzahlung des Teils der Vorschüsse verlangt habe, die dieser für die Durchführung der Maßnahmen
gezahlt worden seien. Dieses Verhalten lässt sich nämlich, wie die Klägerin hervorhebt, genauso gut
durch eine spontane Vorsichtshaltung erklären, die legitim erscheint, um die eigenen finanziellen
Interessen auf jede mögliche Art und Weise zu wahren.
68.
Aufgrund dessen ist die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die Kommission
ihr Rückzahlungsverlangen nicht auf die Beträge beschränkt hat, die dem Teil des Vorhabens
entsprachen, der nach der Zuschussentscheidung von der Klägerin selbst durchzuführen war.
69.
Im Rahmen der weiteren von der Klägerin geltend gemachten Klagegründe ist zu prüfen, ob die
Kommission Fehler bei der Feststellung der einzelnen Unregelmäßigkeiten begangen hat, die sie der
Klägerin in Bezug auf den von dieser durchzuführenden Teil des Vorhabens zur Last gelegt hat.
2.
70.
Der zweite Klagegrund gliedert sich in drei Teile. Mit dem ersten Teil verneint die Klägerin das
Vorliegen der von der Kommission in der angefochtenen Entscheidung festgestellten
Unregelmäßigkeiten. Den zweiten Teil stützt sie darauf, die angefochtene Entscheidung sei
hinsichtlich der Feststellung jeder einzelnen dieser Unregelmäßigkeiten mit einem
Begründungsmangel behaftet. Mit dem dritten Teil macht die Klägerin geltend, die angefochtene
Entscheidung sei unter Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör erlassen worden. Das
Gericht hält es für zweckmäßig, den ersten und den zweiten Teil dieses Klagegrundes zusammen zu
prüfen.
Produktion eines Films durch die Firma „Romana Video“
- Angefochtene Entscheidung
71.
Die neunte Begründungserwägung, sechster Gedankenstrich, der angefochtenen Entscheidung
lautet:
„[Die Klägerin] hat der Firma Romana Video einen Betrag von 98 255 000 ITL (50 672 ECU) für die
Produktion eines Videofilms im Rahmen des Vorhabens zugewiesen und, wie sie erklärt hat, auch
gezahlt. Zum Zeitpunkt der Kontrolle (25. und 26. März 1998) waren noch 49 000 000 ITL zu zahlen.
[Die Klägerin] hat erklärt, dass dieser Betrag nicht ausgezahlt werde, da er der Preis für den Verkauf
der Rechte an dem Videofilm an die ihn produzierende Gesellschaft gewesen sei. [Die Klägerin] hat
damit Ausgaben geltend gemacht, die die tatsächlich getätigten Ausgaben um 49 000 000 ITL
übersteigen.“
- Vorbringen der Parteien
72.
Nach Ansicht der Klägerin beruht diese Rüge auf einer irrigen Beurteilung der Tatsachen. Sie
betont, dass der Vertrag, den sie mit der Firma Romana Video geschlossen habe, vorgesehen habe,
dass Letztere zum einen auf eigene Rechnung einen Film über das Gebiet Valnerina zu einem Preis von
etwa 98 Mio. ITL produziere und zum anderen die mit diesem Film verbundenen Vermarktungsrechte zu
einem Preis von 49 Mio. ITL erwerbe. Die beiden Aspekte dieses Vertrages hätten unterschiedliche
Rechtsverhältnisse betroffen, und eine Verrechnung der beiden Beträge, die diesen
Rechtsgeschäften entsprochen hätten, sei nur aufgrund eines Irrtums der Bank erfolgt, was den
Verdacht der Kontrolleure der Kommission erregt habe.
73.
Die Klägerin bestreitet nicht, dass sie aus dem Verkauf der Vermarktungsrechte für den Film an die
Firma Romana Video einen Vorteil gezogen habe. Dieser Umstand könne jedoch keine
Unregelmäßigkeit im Sinne von Artikel 24 der Verordnung Nr. 4253/88 in seiner geänderten Fassung
darstellen, da weder diese Verordnung noch die Anhänge der Zuschussentscheidung es dem durch
den Zuschuss Begünstigten verböten, Vorteile aus den Ergebnissen zu ziehen, die aufgrund dieses
Zuschusses erzielt worden seien.
74.
Um auf das Vorliegen einer Unregelmäßigkeit im Sinne von Artikel 24 der Verordnung Nr. 4253/88 in
seiner geänderten Fassung schließen zu können, hätte die Kommission überdies nachweisen müssen,
dass der Betrag von 98 Mio. ITL den Wert der von der Firma Romana Video erbrachten Dienstleistung
offensichtlich überstiegen habe. Dazu sei jedoch zu sagen, dass nicht nur dieser Preis gegenüber
dem Marktpreis besonders günstig gewesen sei, sondern dass weder dieser Preis noch die
Ergebnisse der öffentlichen Ausschreibung, aufgrund deren die Firma Romana Video den Film
produziert habe, von der Kommission beanstandet worden seien.
75.
Die Kommission trägt vor, die Klägerin habe dem Vorhaben rechtswidrig höhere als die tatsächlich
getätigten Ausgaben zugeschrieben, indem sie es unterlassen habe, den Vorteil, den sie aus dem
Verkauf der Rechte an der Vermarktung des Films im Rahmen der mit der Firma Romana Video
vereinbarten Verrechnung gezogen habe, vom Preis für dessen Produktion abzuziehen.
- Würdigung durch das Gericht
76.
Artikel 3 Absatz 2 der Zuschussentscheidung bestimmt: „Führen die tatsächlich entstandenen
Kosten zu einer Herabsetzung der zuschussfähigen Ausgaben gegenüber den ursprünglich
veranschlagten Ausgaben, so ist der Zuschuss bei der Restzahlung entsprechend zu kürzen.“
77.
Mit dem gewährten Zuschuss sollte danach ein bestimmter Prozentsatz der den Beteiligten bei der
Durchführung des Vorhabens tatsächlich entstandenen Kosten finanziert werden.
78.
Es ist unstreitig, dass im vorliegenden Fall die Klägerin mit der Firma Romana Video einen Vertrag
geschlossen hat, mit dem sie dieses Unternehmen mit der Produktion eines Films über Valnerina
beauftragt hat, wofür es als Gegenleistung den dem Vorhaben zugewiesenen Betrag, d. h. etwa 98
Mio. ITL, erhalten sollte. Sie hat dieser Firma jedoch nur 49 Mio. ITL gezahlt, da sie dieser nach
demselben Vertrag die Vermarktungsrechte an diesem Film für 49 Mio. ITL verkauft hat.
79.
Daher sind der Klägerin, wie die Kommission zutreffend festgestellt hat, zur Durchführung dieser
konkreten Maßnahme des Vorhabens nur Kosten in einer Höhe entstanden, die etwa der Hälfte der im
Rahmen des Vorhabens angerechneten Ausgaben entspricht. Zwar verbietet, wie die Klägerin
bemerkt, weder die Verordnung Nr. 4253/88 noch die Zuschussentscheidung dem durch den
Zuschuss Begünstigten ausdrücklich, aus den mit diesem Zuschuss erzielten Ergebnissen Gewinn zu
erzielen. Wegen der Gleichzeitigkeit der Vorgänge und der von der Klägerin und der Firma Romana
Video bereits während der Durchführung des Vorhabens vorgenommenen Verrechnung durfte die
Kommission jedoch die Auffassung vertreten, dass die Klägerin nicht etwa einen Gewinn aus dem mit
dem Zuschuss erreichten Ergebnis erzielt, sondern vielmehr für die Durchführung dieser Maßnahme
des Vorhabens nur den sich aus dieser Verrechnung ergebenden Betrag aufgewendet hat.
80.
Daraus folgt, dass die Kommission fehlerfrei annehmen konnte, dass die Klägerin dem Vorhaben
Ausgaben zugeschrieben hat, die sie für dessen Durchführung letztlich nicht aufgewendet hat.
81.
Da die Anrechnung der Kosten jedoch nicht den wirklichen Verhältnissen entsprach, ist sie als
schwerwiegende Verletzung der Voraussetzungen für die Bewilligung der finanziellen Beteiligung sowie
der Loyalitätspflicht des durch sie Begünstigten anzusehen, so dass sie als Unregelmäßigkeit im Sinne
von Artikel 24 der Verordnung Nr. 4253/88 in seiner geänderten Fassung zu betrachten ist.
82.
Was weiter die Begründung dieses Punktes in der angefochtenen Entscheidung angeht (vgl. hierzu
Urteil des Gerichts vom 7. November 2002 in den Rechtssachen T-141/99, T-142/99, T-150/99 und T-
151/99, Vela und Tecnagrind/Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht,
Randnrn. 168 bis 170), so hat die Kommission in der neunten Begründungserwägung der
angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die Klägerin wegen der mit der Firma Romana Video
vorgenommenen Verrechnung höhere Aufwendungen als die tatsächlich entstandenen geltend
gemacht hat. Die Kommission hat demnach ihre Überlegungen so klar und eindeutig dargelegt, dass
die Klägerin zur Wahrung ihrer Rechte die Gründe der Maßnahme erkennen konnte und der
Gemeinschaftsrichter seine Rechtmäßigkeitskontrolle ausüben kann. Die Kommission hat daher
insoweit ihre Begründungspflicht nicht verletzt.
83.
Demgemäß sind die auf einen Beurteilungsfehler und eine Verletzung der Begründungspflicht
gestützten Rügen, die sich auf die Produktion eines Films durch die Firma Romana Video beziehen,
zurückzuweisen.
Personalkosten
- Angefochtene Entscheidung
84.
Die neunte Begründungserwägung, siebenter Gedankenstrich, der angefochtenen Entscheidung
lautet:
„[Die Klägerin] hat im Rahmen des Vorhabens einen Betrag von 202 540 668 ITL (104 455 ECU) für
Kosten im Zusammenhang mit der von fünf Personen für den Teil Touristeninformation aufgewandten
Arbeitsleistung geltend gemacht. Für diese Ausgaben hat [die Klägerin] keine Belege
(Arbeitsverträge, detaillierte Beschreibung der durchgeführten Tätigkeiten) vorgelegt.“
85.
Die neunte Begründungserwägung, neunter Gedankenstrich, der angefochtenen Entscheidung
lautet:
„[Die Klägerin] hat einen Betrag von 152 340 512 ITL (78 566 ECU) für Personalkosten im
Zusammenhang mit anderen Tätigkeiten als der Touristeninformation berechnet. [Sie] hat keine
Unterlagen vorgelegt, die belegen könnten, dass diese Leistungen tatsächlich erbracht worden sind
und mit dem Vorhaben unmittelbar zusammenhängen.“
- Vorbringen der Parteien
86.
Die Klägerin ist der Ansicht, sie habe hinreichend nachgewiesen, dass die im Rahmen des
Vorhabens angerechneten Personalkosten tatsächlich entstanden seien. Sie verweist darauf, sie
habe der Kommission im Rahmen ihrer Stellungnahme zum verfahrenseinleitenden Schreiben eine
Tabelle mit den Namen aller Beschäftigten, die unmittelbar der Maßnahme „Touristeninformation“ und
den „anderen Tätigkeiten als Touristeninformation“ zugewiesen worden seien, vorgelegt und dabei für
jeden Beschäftigten sowohl den Zeitraum der Beschäftigung als auch die von ihr insoweit
aufgewandten Kosten angegeben, was sie durch Abschriften der Gehaltsbescheinigungen belegt
habe. Außerdem habe sie während der Kontrolle vor Ort zwei Entscheidungen vom 17. November
1995, mit denen sie diese Beschäftigten dem Vorhaben zugewiesen habe, sowie zwei Vermerke vom
29. März 1996 mit einer Veranschlagung der bei diesen beiden Maßnahmen des Vorhabens
entstehenden Personalkosten überreicht.
87.
Als öffentliche Einrichtung verfüge sie nicht über individuelle Arbeitsverträge mit ihren
Beschäftigten. Dass diese Personen tatsächlich bei ihr beschäftigt gewesen seien, könne nur durch
eine von ihr ausgestellte Bescheinigung nachgewiesen werden. Die von der Kommission nicht
bestrittene Tatsache, dass die Maßnahmen, deren Durchführung durch sie im Rahmen des Vorhabens
vorgesehen gewesen seien, auch tatsächlich durchgeführt worden seien, beweise rechtlich
hinreichend, dass die beschäftigten Personen die geltend gemachten Dienstleistungen auch
tatsächlich erbracht hätten.
88.
Die Kommission führt demgegenüber aus, obwohl sie bereits in ihrem verfahrenseinleitenden
Schreiben darauf hingewiesen habe, dass die von der Klägerin vorgelegten Nachweise ungenügend
seien, habe diese keine Unterlagen vorgelegt, die hätten belegen können, dass sich die berechneten
Personalkosten unmittelbar auf die Durchführung des Vorhabens bezogen hätten und angemessen
gewesen seien.
- Würdigung durch das Gericht
89.
Die Kommission hat in Anhang II Nummer 3 der Zuschussentscheidung klargestellt, dass „[sich] die
Personalkosten ... unmittelbar auf die Durchführung der Maßnahme beziehen und dieser
Durchführung angemessen sein [müssen]“.
90.
Demgemäß ist zu prüfen, ob die Kommission einen Fehler begangen hat, indem sie in der
angefochtenen Entscheidung die Auffassung vertreten hat, dass die Klägerin ihr keine Belege dafür
vorgelegt habe, dass die im Rahmen des Vorhabens angerechneten Personalkosten sich unmittelbar
auf dessen Durchführung bezogen und angemessen waren.
91.
Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die der Kommission von der Klägerin überreichten Tabellen
nur die Namen der betreffenden Personen, eine Schätzung der von diesen Personen für das
Vorhaben aufgewandten Zeit, ihre Gehälter sowie die Kosten enthielten, die sich daraus für die
Durchführung des Vorhabens ergeben haben sollen. Dagegen enthielten diese Tabellen keine so
detaillierte Beschreibung der Tätigkeiten jeder dieser Personen, dass sich die Kommission hätte
vergewissern können, dass sich die Arbeit dieser Personen unmittelbar auf das Vorhaben bezog, und
noch weniger, dass die Tätigkeiten angemessen waren.
92.
Jedenfalls enthalten auch die Entscheidungen vom 17. November 1995 und die Vermerke vom 29.
März 1996, die die Klägerin der Kommission vorgelegt haben will - was diese bestreitet -, keine
Angaben, die bestätigen könnten, dass sich die Personalkosten unmittelbar auf das Vorhaben
bezogen hätten und angemessen gewesen wären. Gleiches ist auch aus den Gehaltsmitteilungen zu
schließen, aus denen lediglich hervorgeht, dass die betreffenden Personen in der fraglichen Zeit für
die Klägerin gearbeitet haben, die jedoch erkennbar keine Angaben zu den von den Betreffenden
ausgeübten Tätigkeiten enthalten.
93.
Im Übrigen ist zum Argument der Klägerin, die Kommission habe von ihr wegen ihrer Eigenschaft als
öffentliche Einrichtung nicht die Vorlage von Arbeitsverträgen verlangen können, festzustellen, dass
die Kommission nicht behauptet hat, dass die verlangte Vorlage dieser Verträge das einzige zulässige
Beweismittel sei. Angesichts dessen hätte die Klägerin gemäß Anhang II Nummer 3 der
Zuschussentscheidung wissen müssen, dass sie in der Lage sein musste, der Kommission Unterlagen
vorzulegen, die geeignet waren, in irgendeiner Weise nachzuweisen, dass zwischen den dem Vorhaben
zugeschriebenen Personalkosten und den in dessen Rahmen vorgesehenen einzelnen Maßnahmen
ein unmittelbarer Zusammenhang bestand und dass die Höhe dieser Kosten angemessen war. Wie
jedoch die Kommission im verfahrenseinleitenden Schreiben zu Recht ausgeführt hat, hatte sie die
Klägerin bereits davon unterrichtet, dass die vorgelegten Unterlagen nicht den Nachweis zuließen,
dass die Ausgaben tatsächlich getätigt worden waren und zwischen ihnen und dem Vorhaben ein
unmittelbarer Zusammenhang bestand. Die Klägerin hat sich gleichwohl in ihrer Stellungnahme zum
verfahrenseinleitenden Schreiben im Wesentlichen darauf beschränkt, erneut Informationen
vorzulegen, die sie der Kommission bereits unterbreitet hatte, wobei sie hinzugefügt hat, dass es ihr
unnötig und überflüssig erscheine, näher auf die Tätigkeiten ihres Personals einzugehen, da diese
durch die Verwirklichung der vorgesehenen Ziele hinreichend veranschaulicht würden.
94.
Soweit jedoch die Klägerin im Wesentlichen behauptet, die Tatsache, dass die Personalkosten
tatsächlich entstanden seien, werde dadurch belegt, dass das Vorhaben tatsächlich verwirklicht
worden sei, ist darauf hinzuweisen, dass sich Artikel 24 der Verordnung Nr. 4253/88 in seiner
geänderten Fassung ausdrücklich auf Unregelmäßigkeiten bei den Bedingungen der Durchführung
der finanzierten Maßnahme bezieht, was Unregelmäßigkeiten bei deren Verwaltung einschließt. Daher
kann nicht mit Erfolg geltend gemacht werden, dass die in dieser Bestimmung vorgesehenen
Sanktionen nur dann verhängt werden könnten, wenn die finanzierte Maßnahme überhaupt nicht oder
nur zum Teil verwirklicht worden sei. Es genügt nämlich nicht, dass die Klägerin die ordnungsgemäße
sachliche Durchführung des Vorhabens, wie es von der Kommission in der Zuschussentscheidung
genehmigt worden ist, nachweist. Darüber hinaus muss die Klägerin in der Lage sein, nachzuweisen,
dass jeder Bestandteil der Gemeinschaftsbeteiligung einer für die Verwirklichung des Vorhabens
unerlässlichen tatsächlichen Leistung entspricht (vgl. in diesem Sinne das oben in Randnr. 82
angeführte Urteil Vela und Tecnagrind/Kommission, Randnr. 201). Im Übrigen geht aus Anhang II
Nummer 7 der Zuschussentscheidung hervor, dass die Kommission vom Begünstigten jederzeit
Angaben zum Fortgang der in Anhang I dieser Entscheidung angeführten Arbeiten und zu den
erzielten technischen Ergebnissen verlangen kann. Aus diesen Angaben ergibt sich, dass der
Empfänger eines Gemeinschaftszuschusses, den wie im vorliegenden Fall eine Verpflichtung zur
Kofinanzierung des geförderten Vorhabens trifft, dieser Verpflichtung entsprechend dem Fortgang der
materiellen Durchführung des Vorhabens nachkommen muss, wie dies auch für die
Gemeinschaftsfinanzierung vorgesehen ist (Urteil Vela und Tecnagrind/Kommission, Randnr. 249).
95.
Angesichts dessen ist die Kommission fehlerfrei zu der Ansicht gelangt, dass die Klägerin ihr keine
Nachweise vorgelegt habe, die hätten belegen können, dass die im Rahmen des Vorhabens
angerechneten Personalkosten mit dessen Durchführung in unmittelbarem Zusammenhang standen
und angemessen waren.
96.
Es ist darauf hinzuweisen, dass das mit der Gemeinschaftsregelung errichtete Subventionssystem
insbesondere darauf beruht, dass der Begünstigte eine Reihe von Verpflichtungen erfüllt und dadurch
Anspruch auf die vorhergesehene finanzielle Beteiligung erhält. Erfüllt der Begünstigte nicht alle diese
Verpflichtungen, so kann die Kommission nach Artikel 24 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4253/88 in
seiner geänderten Fassung den Umfang der Verpflichtungen neu prüfen, die sie nach der diese
Beteiligung bewilligenden Entscheidung übernommen hat (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts
vom 24. April 1996 in den Rechtssachen T-551/93 und T-231/94 bis T-234/94, Industrias Pesqueras
Campos u. a./Kommission, Slg. 1996, II-247, Randnr. 161, und vom 12. Oktober 1999 in der
Rechtssache T-216/96, Conserve Italia/Kommission, Slg. 1999, II-3139, Randnrn. 71 und 90 bis 94).
97.
Außerdem müssen die Personen, die Zuschüsse der Gemeinschaft beantragen und auch erhalten,
dafür Sorge tragen, dass sie der Kommission hinreichend genaue Angaben an die Hand geben, weil
andernfalls das Kontroll- und Beweissystem, das zur Nachprüfung der Erfüllung der Voraussetzungen
für die Gewährung des Zuschusses eingeführt worden ist, nicht ordnungsgemäß funktionieren kann.
Ohne hinreichend genaue Angaben könnte es nämlich zu einer Zuschussgewährung für Vorhaben
kommen, die die Voraussetzungen hierfür nicht erfüllen. Daher ist die Auskunfts- und Loyalitätspflicht,
die den Personen obliegt, die Zuschüsse beantragen und erhalten, dem System der Beteiligung durch
den EAGFL inhärent und für sein einwandfreies Funktionieren grundlegend. Mithin ist ein Verstoß
gegen diese Verpflichtungen als Unregelmäßigkeit im Sinne von Artikel 24 der Verordnung Nr. 4253/88
in seiner geänderten Fassung anzusehen (siehe in diesem Sinne Urteile Conserve Italia/Kommission,
oben angeführt in Randnr. 96, Randnr. 71, und Vela und Tecnagrind/Kommission, oben angeführt in
Randnr. 82, Randnr. 322).
98.
Was schließlich die Begründung dieses Teils der angefochtenen Entscheidung angeht, so ist
festzustellen, dass die Kommission zwar kurz, doch hinreichend klar und eindeutig dargestellt hat,
dass ihrer Ansicht nach die von der Klägerin im Verwaltungsverfahren vorgelegten Schriftstücke es ihr
nicht ermöglichten, sich zu vergewissern, dass die im Rahmen des Vorhabens angerechneten
Personalkosten mit dessen Durchführung in unmittelbarem Zusammenhang stünden und
angemessen seien. Infolgedessen ist die angefochtene Entscheidung auch insoweit hinreichend
begründet.
99.
Die die Personalkosten betreffenden Rügen, mit denen ein Beurteilungsfehler und ein Verstoß
gegen die Begründungspflicht geltend gemacht worden ist, sind daher zurückzuweisen.
Zu den Gemeinkosten
- Angefochtene Entscheidung
100.
Die neunte Begründungserwägung, zehnter Gedankenstrich, der angefochtenen Entscheidung
lautet:
„[Die Klägerin] hat im Rahmen des Vorhabens einen Betrag von 31 500 000 ITL (26 302 ECU) für
allgemeine Kosten (Anmietung von zwei Büros, Heizung, Elektrizität, Wasser und Reinigung) berechnet.
Diese Anrechnung ist durch keinerlei Schriftstück nachgewiesen.“
- Vorbringen der Parteien
101.
Die Klägerin führt aus, sie habe in ihrer Stellungnahme zum verfahrenseinleitenden Schreiben
ausgeführt, dass für die Durchführung des Vorhabens zwei Räume an ihrem Sitz bereitgestellt und
ausgestattet worden seien. Sie habe dem Vorhaben einen seinem Umfang im Vergleich zum Umfang
ihrer übrigen Tätigkeiten entsprechenden Teil der Gemeinkosten, nämlich 28 % der Miete für das
gesamte Gebäude, in dem sie untergebracht sei, sowie die Ausgaben für Wasser, Elektrizität,
Reinigung und Heizung, zugewiesen.
102.
Zu all diesen Kosten seien den Kontrolleuren der Kommission Belege zur Verfügung gestellt worden,
die jedoch keine Bedenken hinsichtlich der Beweiskraft dieser Belege und hinsichtlich der Genauigkeit
der von der Klägerin vorgenommenen Berechnung geäußert hätten.
103.
Es treffe nicht zu, dass es sich hierbei um Kosten gehandelt habe, die sie ohnehin hätte tragen
müssen und für die eine Übernahme durch das Vorhaben nicht in Betracht gekommen sei. Wenn sie
nämlich die für die Durchführung des Vorhabens verantwortlichen Stellen nicht in ihren Räumen
untergebracht hätte, hätten diese Stellen anderweitig untergebracht werden müssen, was zu
zusätzlichen Kosten geführt hätte. Außerdem hätte sie diese Räumlichkeiten zu anderen Zwecken
verwenden und damit Gewinn erzielen können.
104.
Die Kommission macht im Wesentlichen geltend, dass diese Kosten nicht dem Vorhaben
zugeschrieben werden könnten, da sie in keinem unmittelbaren Zusammenhang zu diesem stünden
und die Klägerin ihr keine Unterlagen vorgelegt habe, die einen anderen Schluss zuließen.
- Würdigung durch das Gericht
105.
Aus den Akten und insbesondere dem verfahrenseinleitenden Schreiben geht hervor, dass die von
der Kommission festgestellte Unregelmäßigkeit in Bezug auf die Gemeinkosten nur einen Teil der von
der Klägerin dem Vorhaben zugeschriebenen entsprechenden Kosten betraf. Es ging nämlich nur um
die Kosten für die vorhabensbezogene Nutzung von Räumen, die die Klägerin bereits vor der
Gewährung des Zuschusses genutzt hatte.
106.
Hierzu ist daran zu erinnern, dass nach Artikel 3 Absatz 2 der Zuschussentscheidung der gewährte
Zuschuss nur der Finanzierung eines bestimmten Prozentsatzes der Kosten dienen sollte, die von den
Beteiligten für die Durchführung des Vorhabens tatsächlich aufgewendet wurden (siehe oben,
Randnr. 77). Um betrügerischen Praktiken vorzubeugen, durfte die Kommission daher davon
ausgehen, dass Gemeinkosten wie die im vorliegenden Fall von der Klägerin in Rechnung gestellten
nicht wirklich mit der Durchführung des Vorhabens zusammenhingen, sondern Ausgaben darstellten,
die der Begünstigte aufgrund seiner üblichen, von der Durchführung des Vorhabens unabhängigen
Tätigkeit ohnehin tragen musste.
107.
In einer solchen Situation ist jedoch aus den gleichen Gründen wie den oben in Randnummer 81
angeführten festzustellen, dass die Kommission fehlerfrei zu der Ansicht gelangt ist, dass die
Anrechnung dieser Kosten eine Unregelmäßigkeit im Sinne von Artikel 24 der Verordnung Nr. 4253/88
in seiner geänderten Fassung darstelle.
108.
Was die Begründung der angefochtenen Entscheidung zu diesem Punkt betrifft, ist darauf
hinzuweisen, dass in der Begründung nicht alle tatsächlich oder rechtlich einschlägigen
Gesichtspunkte genannt zu werden brauchen, da die Frage, ob die Begründung eines Rechtsakts den
Anforderungen des Artikels 253 EG genügt, nicht nur anhand ihres Wortlauts, sondern auch anhand
ihres Kontexts sowie sämtlicher Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet zu beurteilen ist
(Urteil des Gerichtshofes vom 2. April 1998 in der Rechtssache C-367/95 P, Kommission/Sytraval und
Brink's France, Slg. 1998, I-1719, Randnr. 63, und Urteil Vela und Tecnagrind, oben angeführt in
Randnr. 82, Randnr. 170).
109.
Zwar hat die Klägerin im Gegensatz zu dem, was aus der angefochtenen Entscheidung auf den
ersten Blick hervorzugehen scheint (siehe oben, Randnr. 100), der Kommission Nachweise dafür
vorgelegt, welcher Art die erbrachten Leistungen waren und dass sie tatsächlich erbracht wurden,
doch kannte die Klägerin wegen der im verfahrenseinleitenden Schreiben angeführten Begründung
gleichwohl die Gründe, aus denen die Kommission eben diese Ausgaben für dem Vorhaben nicht
anrechenbar hielt. Denn im verfahrenseinleitenden Schreiben hat die Kommission hervorgehoben,
dass diese Kosten „konstante“ Kosten seien und somit keinen „unmittelbaren Zusammenhang mit
dem Vorhaben“ aufwiesen. Die angefochtene Entscheidung war daher insoweit hinreichend
begründet.
110.
Demgemäß sind die die Gemeinkosten betreffenden Rügen, mit denen ein Beurteilungsfehler und
eine Verletzung der Begründungspflicht geltend gemacht werden, zurückzuweisen.
Zu den Beratungskosten
- Angefochtene Entscheidung
111.
In der neunten Begründungserwägung, achter Gedankenstrich, der angefochtenen Entscheidung
hat die Kommission ausgeführt:
„[Die Klägerin] hat im Rahmen des Vorhabens einen Betrag von 85 000 000 ITL (43 837 ECU) für die
Kosten von Beratungen durch die Mauro Brozzi Associati S.A.S. geltend gemacht. Für diese Ausgaben
sind keine Unterlagen vorgelegt worden, die belegen könnten, dass die Leistungen tatsächlich
erbracht wurden und welcher Art sie genau waren.“
- Vorbringen der Parteien
112.
Die Klägerin hat dem Gericht einen am 21. Dezember 1992 unterzeichneten Vertrag mit der
Beratungsfirma Mauro Brozzi Associati S.A.S (im Folgenden: Firma Brozzi) vorgelegt. Dieser Vertrag
habe fünf spezifische Teile umfasst: erstens die Beschreibung der sozioökonomischen Situation der
von dem Vorhaben betroffenen Gebiete, zweitens die Angabe der an dem Vorhaben beteiligten
Personen, drittens die Beschreibung des Vorhabens und die Prüfung seiner Billigung, viertens die
verwaltungstechnische Prüfung des Abschlussberichts über das Vorhaben und fünftens den
Zusammenhang mit den an dem Vorhaben interessierten Einzelnen, um dessen bessere Vermarktung
zu erreichen. Für diese Dienstleistungen habe die Firma Brozzi einen Betrag erhalten sollen, der 50 %
der Ausgaben entsprochen habe, die unter der Rubrik „Personal für Sekretariat und Direktion“ des
Finanzplans des Vorhabens ausgewiesen gewesen seien.
113.
Dass die Ausgaben in Bezug auf die ersten vier Teile dieses Vertrages tatsächlich getätigt worden
seien, sei offensichtlich und jedenfalls durch die von ihr aufbewahrten Schriftstücke belegt, die von
den beiden Kontrolleuren der Kommission ordnungsgemäß geprüft worden seien. Die Kosten des
fünften Teils seien umfassend belegt durch die von ihr aufbewahrten Unterlagen, wie Berichte,
Schreiben und Protokolle von Sitzungen, Dienstreisen und Zusammenkünften; diese Schriftstücke
seien von den Kontrolleuren der Kommission bei den Kontrollen vor Ort geprüft worden.
114.
Nach Ansicht der Kommission hat die Klägerin ihr keine Unterlagen überreicht, die nachweisen
könnten, dass die Leistungen tatsächlich erbracht wurden und welcher Art sie waren. Jedenfalls seien
jene Ausgaben nicht zuschussfähig gewesen, die die ersten vier Teile des mit der Firma Brozzi
geschlossenen Vertrages betroffen hätten.
- Würdigung durch das Gericht
115.
Die Kommission wirft der Klägerin vor, ihr keine Nachweise vorgelegt zu haben, die nicht nur die
vertragliche Bindung mit der Firma Brozzi - diese werde durch den mit diesem Unternehmen
geschlossenen Vertrag bewiesen - belegen können, sondern auch, dass die verschiedenen
Leistungen tatsächlich von dieser Beratungsfirma im Rahmen der Durchführung des Vorhabens
erbracht wurden und welcher Art diese Leistungen waren.
116.
Hierzu ist zu bemerken, dass die Klägerin in ihrer Stellungnahme zum verfahrenseinleitenden
Schreiben, in dem die Kommission u. a. bereits dieselbe Rüge vorgebracht hatte, lediglich die
einzelnen von der Firma Brozzi nach diesem Vertrag zu erbringenden Leistungen kurz umschrieben hat.
Dagegen hat sie dieser Stellungnahme trotz der ausdrücklichen Bitte der Kommission keine
Nachweise beigefügt. Vor dem Gericht hat sie lediglich behauptet, dass sie solcherlei Unterlagen den
Kontrolleuren der Kommission bei der Kontrolle vor Ort vorgelegt habe, ohne diese Behauptung jedoch
durch Nachweise zu stützen.
117.
Daraus ist zu folgern, dass die Klägerin nicht dargetan hat, dass die Kommission einen Fehler
begangen hat, indem sie zu der Auffassung gelangt ist, dass die Beratungskosten nicht durch
Nachweise belegt worden seien, aus denen hervorgehe, dass die betreffenden Leistungen tatsächlich
erbracht worden und welcher Art sie genau gewesen seien. Nach Anhang II Nummer 5 der
Zuschussentscheidung hatte die Klägerin jedoch eine Pflicht zur Auskunftserteilung und zur Loyalität
gegenüber der Gemeinschaft zu erfüllen. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung ist als
Unregelmäßigkeit im Sinne von Artikel 24 der Verordnung Nr. 4253/88 in seiner geänderten Fassung
anzusehen.
118.
Schließlich ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung insoweit auch hinreichend
begründet worden ist. Entgegen der Auffassung der Klägerin hat die Kommission nämlich in der
neunten Begründungserwägung der angefochtenen Entscheidung nicht behauptet, dass die Klägerin
keinerlei Schriftstücke im Zusammenhang mit den Beratungskosten vorgelegt habe, sondern sie hat
die Gründe für den Erlass ihrer Maßnahme dargelegt, die darin bestanden, dass die von der Klägerin
vorgelegten Schriftstücke nicht den Nachweis erlaubten, dass die fraglichen Leistungen tatsächlich
erbracht worden und welcher Art sie genau gewesen seien.
119.
Infolgedessen sind die Rügen bezüglich der Beratungskosten, mit denen ein Beurteilungsfehler und
ein Verstoß gegen die Begründungspflicht geltend gemacht wird, zurückzuweisen, ohne dass geprüft
werden müsste, ob die im Rahmen der fünf Teile des mit der Firma Brozzi geschlossenen Vertrages
vorgesehenen Ausgaben als zuschussfähig hätten angesehen werden können.
Zum Bewässerungssystem
- Angefochtene Entscheidung
120.
In der neunten Begründungserwägung, elfter Gedankenstrich, der angefochtenen Entscheidung
hat die Kommission ausgeführt:
„Im Rahmen der Maßnahme .Dinkel- und Trüffelanbau‘ waren in der [Zuschussentscheidung]
Investitionen in Höhe von 41 258 ECU für die Verbesserung der Bewässerungssysteme beim
Trüffelanbau vorgesehen. Diese Investitionen wurden nicht durchgeführt, und der Kommission wurden
hierzu keine Erklärungen gegeben.“
- Vorbringen der Parteien
121.
Die Klägerin führt aus, die Zuschussentscheidung habe die Schaffung von
„Reservebewässerungssystemen“ vorgesehen. Diese Bezeichnung habe entgegen der Auffassung der
Kommission nicht bedeutet, dass die Klägerin ein festes Bewässerungssystem habe schaffen sollen,
sondern habe sich vielmehr auf eine Notbewässerung für Trockenzeiten bezogen, die mit beweglichen,
von einem Traktor gezogenen Tonnen habe bewerkstelligt werden sollen. Die Klägerin stützt sich
insoweit auf ein Gutachten vom 27. Oktober 2000, aus dem zum einen hervorgehe, dass der im
Rahmen dieses spezifischen Projekts gebrauchte Begriff „Reservebewässerungssysteme“ in dem von
ihr angegebenen Sinne zu verstehen sei, und zum anderen, dass die ihr entstandenen Kosten
angesichts der den Beteiligungen im Rahmen des EAGFL üblicherweise zugrunde gelegten Preise
angemessen gewesen seien.
122.
Zurückzuweisen sei auch das Argument der Kommission, dass die Klägerin jedenfalls nicht
nachgewiesen habe, dass die mit dem mobilen Bewässerungssystem zusammenhängenden Ausgaben
tatsächlich getätigt worden seien. Die Klägerin beruft sich hierzu auf einen mit einem Unternehmen
geschlossenen Vertrag zur Anlage von Baumkulturen, der die durchzuführenden Maßnahmen
einschließlich der Bewässerungsmaßnahmen genau aufgezählt habe. Im Übrigen sei die Einhaltung
aller Vorschriften in den Protokollen über die Inspektionen der Fachleute bestätigt worden, und dies
sei auch von den Kontrolleuren der Kommission bei den Kontrollen vor Ort festgestellt worden.
Außerdem zeige der Umstand, dass der Anbau erfolgreich zu Ende geführt worden sei, dass die
Bewässerungsmaßnahme tatsächlich durchgeführt worden sei.
123.
Die Kommission trägt vor, sie habe bei den Überprüfungen vor Ort festgestellt, dass die Klägerin
nicht die im Rahmen des Vorhabens vorgesehenen Investitionen betreffend die
„Reservebewässerungssysteme“ getätigt habe. Diese Investitionen hätten nur durch die Installation
fester Bewässerungssysteme getätigt werden und nicht durch ein „Beregnungssystem“ aus „von
einem Traktor gezogenen Tonnen“. Selbst wenn man annähme, dass der Begriff
„Reservebewässerungssysteme“ in dem von der Klägerin angeführten Sinn auszulegen wäre, hätte
diese doch im Verwaltungsverfahren nie auch nur das geringste Beweismittel, wie etwa Rechnungen
über den Erwerb mobiler Tanks oder die Verwendung eines Traktors, vorgelegt.
124.
Die Klägerin könne sich insoweit nicht auf einen von ihr mit einem Unternehmen geschlossenen
Vertrag zur Anlage von Baumkulturen berufen, den sie in ihrer Stellungnahme zum
verfahrenseinleitenden Schreiben angeführt habe. Diese Bezugnahme sei viel zu allgemein gehalten
gewesen, um den Kontrolleuren der Kommission eine Ermittlung des von der Klägerin angeführten
Vertrages zu ermöglichen. Überdies hätten die Kontrolleure bei den Überprüfungen vor Ort
festgestellt, dass die Bewässerungsmaßnahme nicht durchgeführt worden sei, da ein Großteil der
Jungpflanzen eingegangen gewesen sei.
- Würdigung durch das Gericht
125.
Zunächst ist festzustellen, dass zwar die Zuschussentscheidung die Finanzierung eines
„Reservebewässerungssystems“ (auch „Sicherheitsbewässerung“ genannt) vorsieht, dass jedoch
weder der von der Klägerin bei der Kommission gestellte Zuschussantrag noch die
Zuschussentscheidung eine Angabe darüber enthalten, welche Art von Bewässerungssystem im
Rahmen des Vorhabens einzuführen war.
126.
Weiter ergibt sich aus den Antworten der Klägerin auf eine schriftliche Frage des Gerichts, dass die
Kontrolleure der Kommission bei der Kontrolle vor Ort darauf hingewiesen hatten, dass die
Bewässerung der Pflanzen mittels von einem Traktor gezogenen mobilen Tanks nicht als Errichtung
eines „Reservebewässerungssystems“ angesehen werden könne und dass aus der fehlenden
Installation eines festen Bewässerungssystems zu schließen sei, dass das Vorhaben insoweit nicht wie
vorgesehen durchgeführt worden sei. Im verfahrenseinleitenden Schreiben hat die Kommission den
Standpunkt vertreten, dass die Investitionen zur Verbesserung der Bewässerungssysteme „nicht
getätigt“ worden seien, und die Klägerin aufgefordert, den Gegenbeweis anzutreten.
127.
In ihrer Stellungnahme zum verfahrenseinleitenden Schreiben hat die Klägerin ihre bereits
gegenüber den Kontrolleuren der Kommission abgegebene Erklärung wiederholt, dass ihrer Ansicht
nach „[das Bewässerungssystem] im Rahmen des Vorhabens nicht als fest installierte Anlage,
sondern als eine anhand von Transportmitteln (Tankwagen) zu realisierende Bewässerung geplant
war“. Die Klägerin bestreitet nicht, dass sie außer dieser Erklärung über ihre Auslegung der
Beschreibung des Vorhabens in Bezug auf das Bewässerungssystem der Kommission keine
Nachweise, wie Rechnungen über den Erwerb mobiler Tanks oder die Verwendung eines Traktors,
vorgelegt habe, die es ermöglicht hätten, zum einen die von der Kommission zur Art und Weise der
Errichtung des Bewässerungssystems geäußerten Zweifel zu zerstreuen und zum anderen
nachzuweisen, dass dieses System in der von der Klägerin geplanten Form auch tatsächlich realisiert
worden sei.
128.
Im Übrigen hat die Klägerin vor dem Gericht noch nicht einmal darzutun versucht, dass der Vertrag,
auf den sie sich in diesem Zusammenhang bezogen hat, ohne ihn dem Gericht vorzulegen, beweisen
könne, dass dieses Bewässerungssystem tatsächlich errichtet worden sei.
129.
Hieraus ist - ohne dass die Frage beantwortet werden müsste, ob die Bewässerung der Pflanzen
mittels von einem Traktor gezogenen mobilen Tanks als die Realisierung eines
„Reservebewässerungssystems“ im Sinne der Zuschussentscheidung anzusehen war - zu schließen,
dass die Kommission fehlerfrei zu der Auffassung gelangt ist, dass die Klägerin nicht nachgewiesen
habe, dass die für das Bewässerungssystem vorgesehenen Investitionen tatsächlich getätigt worden
seien.
130.
Eine Anrechnung von Kosten, die nicht durch Belege oder andere Beweismittel nachgewiesen
worden sind, ist jedoch als schwerwiegende Verletzung der Voraussetzungen für die Bewilligung der
finanziellen Beteiligung sowie der Loyalitätspflicht der durch sie Begünstigten anzusehen und kann
daher als Unregelmäßigkeit im Sinne von Artikel 24 der Verordnung Nr. 4253/88 in seiner geänderten
Fassung eingestuft werden.
131.
Was die Beachtung der Begründungspflicht angeht, ist festzustellen, dass die Kommission zwar
weder im verfahrenseinleitenden Schreiben noch in der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich die
Gründe angeführt hat, aus denen sie der Ansicht war, dass das von der Klägerin angeblich
vorgesehene Bewässerungssystem nicht dem im Rahmen des Vorhabens vorgesehenen System
entsprochen habe. Wie jedoch bereits oben in Randnummer 126 angeführt worden ist, hat die
Klägerin bestätigt, dass die Kontrolleure der Kommission dies ihr gegenüber gerügt hätten. Dies wird
auch dadurch bestätigt, dass die Klägerin schon in der Klageschrift nicht nur vorgetragen hat, die
Auslegung der Zuschussentscheidung durch die Kommission sei irrig, sondern auch schon in diesem
Stadium ein Gutachten zur Stützung ihres Standpunkts vorgelegt hat. Angesichts des
Zusammenhangs, in dem sie steht, ist die angefochtene Entscheidung daher als insoweit rechtlich
hinreichend begründet anzusehen.
132.
Infolgedessen sind die das Bewässerungssystem betreffenden Rügen, mit denen ein
Beurteilungsfehler und eine Verletzung der Begründungspflicht geltend gemacht werden,
zurückzuweisen.
Ergebnis
133.
Aus dem Vorstehenden folgt, dass der erste und der zweite Teil des zweiten Klagegrundes
zurückzuweisen sind.
134.
Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe keine Protokolle der Tätigkeiten ihrer Kontrolleure
und der von diesen geführten Gespräche und insbesondere keine Liste der bei diesen Gelegenheiten
fotokopierten Schriftstücke erstellt. Unter diesen Umständen sei es ihr nicht möglich, die Rügen der
Kommission zu beantworten, wonach sie bestimmte Unterlagen im Verwaltungsverfahren nicht
vorgelegt habe.
135.
Die Kommission führt aus, sie habe sowohl Protokolle der Tätigkeiten ihrer Kontrolleure und der von
diesen geführten Gespräche als auch eine Liste der fotokopierten Schriftstücke erstellt; diese
Unterlagen seien jedoch nur für den internen Gebrauch bestimmt gewesen. Jedenfalls sei die Stellung
der Klägerin dadurch, dass die Kommission ihr diese Unterlagen nicht übersandt habe, nicht
beeinträchtigt worden, da sie die Klägerin im verfahrenseinleitenden Schreiben von allen ihr
gegenüber erhobenen Rügen unterrichtet habe und diese in der Lage gewesen sei, alle Unterlagen
vorzulegen und alle Argumente vorzutragen, mit denen sie hätte beweisen können, dass sie ihre
Verpflichtungen aus der Zuschussentscheidung erfüllt habe.
136.
Es ist darauf hinzuweisen, dass die Beachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in allen
Verfahren, die zu einer den Betroffenen beschwerenden Maßnahme führen können, ein fundamentaler
Grundsatz des Gemeinschaftsrechts ist, dessen Beachtung auch dann sichergestellt werden muss,
wenn eine Regelung für das betrefffende Verfahren fehlt. Dieser Grundsatz gebietet es, dass die
Adressaten von Entscheidungen, die deren Interessen spürbar beeinträchtigen, in die Lage versetzt
werden, ihren Standpunkt in sachdienlicher Weise vorzutragen (Urteile des Gerichtshofes vom 24.
Oktober 1996 in der Rechtssache C-32/95 P, Kommission/Lisrestal u. a., Slg. 1996, I-5373, Randnr. 21,
und des Gerichts vom 26. September 2002 in der Rechtssache T-199/99, Sgaravatti
Mediterranea/Kommission, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 55).
137.
Im vorliegenden Fall hat die Kommission der Klägerin mit Schreiben vom 12. August 1997
angekündigt, dass sie die Durchführung des Vorhabens prüfen werde. Im verfahrenseinleitenden
Schreiben hat sie überdies alle gegen die Klägerin erhobenen Rügen angeführt und diese vor allem
aufgefordert, ihr alle Nachweise über die im Rahmen des Vorhabens angerechneten Ausgaben
vorzulegen. Aufgrund dieser Aufforderung hat die Klägerin der Kommission dreimal, nämlich mit den
Schreiben vom 25. August 1997, 6. April 1998 und 17. Mai 1999 Unterlagen mit ihren Stellungnahmen
dazu vorgelegt. Außerdem hat die Kommission im Schreiben vom 6. März 1998 die Daten der Kontrollen
vor Ort genannt und die Klägerin gebeten, alle Buchungs-, Verwaltungs- und Finanzunterlagen über
das Vorhaben zur Verfügung der Kontrolleure zu halten.
138.
Daraus ist zu schließen, dass die Kommission der Klägerin zur Genüge ermöglicht hat, durch die
Vorlage von Belegen, die sie der Kommission nach der Zuschussentscheidung zur Verfügung zu
stellen hatte, nachzuweisen, dass die von ihr zu realisierenden Maßnahmen des Vorhabens
ordnungsgemäß durchgeführt worden waren.
139.
Demgemäß sind der dritte Teil des zweiten Klagegrundes und der zweite Klagegrund insgesamt
zurückzuweisen.
3.
140.
Die Klägerin führt aus, die angefochtene Entscheidung verstoße gegen den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit und gegen Artikel 24 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4253/88 in seiner geänderten
Fassung, da die in ihr festgestellten verschiedenen Unregelmäßigkeiten nicht ausreichten, um eine so
schwerwiegende Sanktion wie die vollständige Streichung des Zuschusses zu rechtfertigen, der für die
Durchführung von Maßnahmen des Vorhabens durch die Klägerin gewährt worden sei. Sie hebt hervor,
dass alle im Rahmen des Vorhabens vorgesehenen Maßnahmen durchgeführt worden seien, womit
der Zweck der finanziellen Beteiligung erreicht worden sei. Unter diesen Umständen seien jedoch die
Tatbestandsmerkmale des Artikels 24 Absatz 2 der Verordnung Nr. 4253/88 in seiner geänderten
Fassung nicht erfüllt.
141.
Nach Ansicht der Kommission stellen die der Klägerin zur Last gelegten Tatsachen
„Unregelmäßigkeiten oder erhebliche Veränderungen“ im Sinne von Artikel 24 Absatz 2 der
Verordnung Nr. 4253/88 dar, die so schwerwiegend gewesen seien, dass jede andere Maßnahme als
die Streichung des Zuschusses einen Anreiz zum Betrug hätte darstellen können.
142.
Das Gericht weist darauf hin, dass der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach ständiger
Rechtsprechung verlangt, dass die Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane nicht die Grenzen dessen
überschreiten, was für die Erreichung des verfolgten Zieles angemessen und erforderlich ist (siehe
oben, Randnr. 65).
143.
Aus der Rechtsprechung ergibt sich weiter, dass ein Verstoß gegen die Verpflichtungen, deren
Einhaltung für das ordnungsgemäße Funktionieren eines Gemeinschaftssystems von grundlegender
Bedeutung ist, mit dem Verlust eines von der Gemeinschaftsregelung verliehenen Anspruchs, etwa
eines Anspruchs auf eine Beihilfe, geahndet werden kann (Urteil des Gerichtshofes vom 12. Oktober
1995 in der Rechtssache C-104/94, Cereol Italia, Slg. 1995, I-2983, Randnr. 24, und die dort
angeführte Rechtsprechung).
144.
Was die vorliegende Rechtssache angeht, so bezwecken die Verordnung Nr. 2052/88 und die sie
durchführenden Verordnungen Nrn. 4253/88 und 4256/88, im Rahmen einer Stärkung des
wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts und im Hinblick auf die Reform der gemeinsamen
Agrarpolitik die Anpassung der Agrarstrukturen und der Entwicklung des ländlichen Raumes durch
den EAGFL zu fördern. Dabei wollte der Gemeinschaftsgesetzgeber, wie sich aus der 20.
Begründungserwägung und Artikel 23 der Verordnung Nr. 4253/88 ergibt, ein wirksames
Kontrollverfahren einführen, um sicherzustellen, dass die Begünstigten die Voraussetzungen für die
Gewährung des EAGFL-Zuschusses erfüllen, damit die oben genannten Ziele ordnungsgemäß erreicht
werden können.
145.
Zudem hat das Gericht in seinem oben in Randnummer 96 angeführten Urteil Industrias Pesqueras
Campos u. a./Kommission (Randnr. 160) festgestellt, dass in Anbetracht der Natur der von der
Gemeinschaft gewährten Zuschüsse die Pflicht zur Einhaltung der finanziellen Bedingungen, wie sie in
der Entscheidung über die Gewährung des Zuschusses festgelegt sind, ebenso wie die Pflicht zur
materiellen Durchführung des Vorhabens eine Hauptpflicht des Begünstigten und Voraussetzung für
die Gewährung des Gemeinschaftszuschusses ist.
146.
Schließlich ist, wie bereits ausgeführt worden ist (siehe oben, Randnr. 97), die Erteilung
hinreichend genauer Angaben durch die Personen, die einen Gemeinschaftszuschuss beantragt oder
erhalten haben, für das ordnungsgemäße Funktionieren des Kontroll- und Beweissystems
unerlässlich, das eingeführt worden ist, um nachzuprüfen, ob die Voraussetzungen für die Gewährung
des Zuschusses erfüllt worden sind.
147.
Im vorliegenden Fall ergibt sich jedoch aus den Erwägungen im Rahmen der Prüfung des zweiten
Klagegrundes, dass die Klägerin Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Kofinanzierung des
Vorhabens begangen und in dessen Rahmen nicht gerechtfertigte Ausgaben angerechnet hat. Diese
Verhaltensweisen stellen schwerwiegende Verletzungen wesentlicher Pflichten der Begünstigten dar,
die die Streichung des fraglichen Zuschusses rechtfertigen können.
148.
Zu dem Argument, alle Maßnahmen des Vorhabens seien auch durchgeführt worden, ist daran zu
erinnern, dass die von der Klägerin im Kern vertretene Auffassung fehl geht, die in Artikel 24 der
Verordnung Nr. 4253/88 in seiner geänderten Fassung vorgesehenen Sanktionen seien nur dann
anwendbar, wenn die finanzierte Maßnahme weder ganz noch teilweise durchgeführt worden sei
(siehe oben, Randnr. 94).
149.
In Anbetracht dieser Verstöße durfte die Kommission davon ausgehen, dass jede andere Sanktion
als die völlige Streichung des Zuschusses und die Rückforderung der vom EAGFL gezahlten Beträge
einen Anreiz zum Betrug darstellen könnte, da die potenziell Begünstigten versucht wären, entweder
die dem Vorhaben zugeschriebenen Ausgaben künstlich aufzublähen, um sich ihrer
Kofinanzierungspflicht zu entziehen und die in der Zuschussentscheidung vorgesehene
Höchstbeteiligung des EAGFL zu erlangen, oder falsche Angaben zu machen oder bestimmte
Informationen zu verheimlichen, um einen Zuschuss zu erlangen oder den beantragten Zuschuss zu
erhöhen, wobei sie nur riskieren würden, dass dieser Zuschuss so weit gekürzt wird, wie dies den vom
Begünstigten tatsächlich getätigten Ausgaben und/oder der Genauigkeit seiner Angaben gegenüber
der Kommission entspricht (vgl. in diesem Sinne Urteil Industrias Pesqueras Campos u. a./Kommission,
angeführt oben in Randnr. 96, Randnr. 163, und Urteil Vela und Tecnagrind/Kommission, angeführt
oben in Randnr. 82, Randnr. 402).
150.
Infolgedessen ist der Vorwurf der Verletzung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit nicht
begründet. Demgemäß ist der dritte Klagegrund zurückzuweisen.
4.
151.
Die Klägerin vertritt die Ansicht, angesichts des zweifelhaften Gehalts der gegen sie erhobenen
Rügen und der Art und Weise, wie die Kontrollen vor Ort von den Kontrolleuren der Kommission
durchgeführt worden seien, sei davon auszugehen, dass die Streichung des Zuschusses böswillig und
in Bestrafungsabsicht und damit ermessensmissbräuchlich erfolgt sei. Der Wille der Kommission, sie
exemplarisch zu bestrafen, ergebe sich aus dem Schlusssatz des verfahrenseinleitenden Schreibens,
in dem der für die Angelegenheit zuständige Generaldirektor ausgeführt habe: „Für den Fall, dass die
[in diesem Schreiben angesprochenen] Erklärungen und Unterlagen zur Ausräumung jedes
vernünftigen Zweifels ausreichen, behält [er] sich ... das Recht vor, im Rahmen einer möglichen
Entscheidung über die Kürzung oder Streichung des Zuschusses ebenfalls nach Artikel 24 der
Verordnung Nr. 4253/88 in seiner geänderten Fassung auf andere Punkte zurückzukommen“.
152.
Die Kommission meint, wenn im Fall besonders schwerer Verstöße, wie sie vorliegend festgestellt
worden seien, die finanzielle Beteiligung gestrichen worden sei, so sei dies nicht Ausdruck einer
böswilligen Absicht, sondern stelle die einzig geeignete Maßnahme dar, um sicherzustellen, dass die
Zuschüsse des EAGFL wirksam und ordnungsgemäß verwendet würden. Mit dem von der Klägerin
angeführten Passus des verfahrenseinleitenden Schreibens habe die Kommission dieser eine
Verfahrensgarantie geben wollen. Sie habe nämlich die Klägerin nur davon in Kenntnis gesetzt, dass
ein neues Verfahren dann eingeleitet werden könnte, wenn sich zwar die erhobenen Vorwürfe als
unbegründet erwiesen, jedoch neue Anhaltspunkte zutage träten, die Zweifel an der
Ordnungsgemäßheit des Vorhabens begründen könnten.
153.
Der Begriff des Ermessensmissbrauchs hat im Gemeinschaftsrecht eine präzise Bedeutung: Er
bezieht sich auf eine Situation, in der eine Verwaltungsbehörde ihre Befugnisse zu einem anderen
Zweck als demjenigen ausübt, zu dem sie ihr übertragen worden sind. Eine Entscheidung ist nur dann
ermessensmissbräuchlich, wenn aufgrund objektiver, schlüssiger und übereinstimmender Indizien
anzunehmen ist, dass sie zu anderen als den angegebenen Zwecken getroffen wurde (Urteil
Industrias Pesqueras Campos u. a./Kommission, angeführt oben in Randnr. 96, Randnr. 168).
154.
Im vorliegenden Fall hat die Klägerin, wie das Gericht im Rahmen der Prüfung des zweiten
Klagegrundes festgestellt hat, jedoch das Vorliegen von Fehlern bei der Feststellung von
Unregelmäßigkeiten im Rahmen der Durchführung des Vorhabens nicht nachgewiesen. Außerdem hat
die Klägerin nichts vorgetragen, was den Schluss darauf zuließe, dass die Kommission einen anderen
Zweck als den verfolgt hat, die bei der Durchführung des Vorhabens festgestellten
Unregelmäßigkeiten zu ahnden. Die Behauptung der Klägerin, die Kommission habe ein „Exempel
statuieren“ wollen, findet keine Stütze in den Akten.
155.
Ebenso wenig lässt sich dem von der Klägerin angeführten Passus des verfahrenseinleitenden
Schreibens entnehmen, dass die Kommission die Klägerin mit dem Erlass der angefochtenen
Entscheidung bestrafen wollte. Wie die Kommission nämlich im Wesentlichen dargelegt hat, sollte
dieser Satz lediglich dazu dienen, die Klägerin davon in Kenntnis zu setzen, dass das eingeleitete
Verfahren dann beschränkt oder erweitert werden könnte, wenn sich die erhobenen Vorwürfe als
unbegründet erweisen oder aber neue Anhaltspunkte zutage treten sollten, die in einem späteren
Stadium Zweifel an der Ordnungsgemäßheit des Vorhabens begründen könnten.
156.
Der vierte Klagegrund ist mithin zurückzuweisen.
5.
157.
Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die Kommission ihre
Rückzahlungsforderung nicht auf die Beträge beschränkt hat, die dem Teil des Vorhabens
entsprachen, der nach der Zuschussentscheidung von der Klägerin selbst durchzuführen war.
Dagegen ist die Klage im Übrigen abzuweisen.
Kosten
158.
Nach Artikel 87 Absatz 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder
beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt oder teils
unterliegt. Unter den Umständen des vorliegenden Falles sind jeder Partei ihre eigenen Kosten
aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Entscheidung C (2000) 2388 der Kommission vom 14. August 2000 über die
Streichung des Zuschusses, der der Comunità montana della Valnerina mit Entscheidung
C (93) 3182 der Kommission vom 10. November 1993 über die Gewährung eines Zuschusses
des EAGFL, Abteilung Ausrichtung, nach der Verordnung (EWG) Nr. 4256/88 des Rates vom
19. Dezember 1988 zur Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 2052/88 hinsichtlich des
EAGFL, Abteilung Ausrichtung (ABl. L 374, S. 25), im Rahmen des Vorhabens Nr. 93.IT.06.016
„Pilot- und Demonstrationsvorhaben betreffend die Forst-, Land- und
Ernährungswirtschaft in Bergrandgebieten (Frankreich, Italien)“ gewährt worden war,
wird insoweit für nichtig erklärt, als die Kommission ihre Forderung der Rückzahlung des
Zuschusses nicht auf die Beträge beschränkt hat, die dem Teil des Vorhabens
entsprechen, der nach der Zuschussentscheidung von der Klägerin selbst durchzuführen
war.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.
Lenaerts
Azizi
Jaeger
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 13. März 2003.
Der Kanzler
Der Präsident
H. Jung
K. Lenaerts
Verfahrenssprache: Italienisch.