Urteil des EuG vom 19.03.2010

EuG: anmerkung, klagegrund, ausschreibung, zuschlagskriterium, verfügung, erfahrung, auszug, beförderung, zugang, gleichbehandlung

URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)
19. März 2010)
„Öffentliche Dienstleistungsaufträge – Gemeinschaftliches Ausschreibungsverfahren –
Informationsdienstleistungen in Bezug auf ferngesteuerte Kontrollsysteme für die Beförderung
verbrauchsteuerpflichtiger Waren – Ablehnung des Angebots eines Bieters – Nichtigkeitsklage –
Bietendes Konsortium – Zulässigkeit – Grundsätze der Gleichbehandlung der Bieter und der
Transparenz – Zuschlagskriterien – Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfalt –
Begründungspflicht – Offensichtlicher Beurteilungsfehler“
In der Rechtssache T‑50/05
Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE
Sitz in Athen (Griechenland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt N. Korogiannakis,
Klägerin,
gegen
Europäische Kommission,
M. Parpala und E. Manhaeve, schließlich durch M. Parpala, E. Manhaeve und M. Wilderspin als
Bevollmächtigte,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung der Kommission der Europäischen Gemeinschaften vom 18.
November 2004, das Angebot des von der Klägerin und einer anderen Gesellschaft gebildeten
Konsortiums im Rahmen einer Ausschreibung über Informationsdienstleistungen für die Spezifikation,
Entwicklung, Wartung und Betreuung von ferngesteuerten Kontrollsystemen für die Beförderung von
verbrauchsteuerpflichtigen Waren unter Steueraussetzung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft
nicht zu berücksichtigen und den Auftrag an einen anderen Bieter zu vergeben,
erlässt
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi, der Richterin E. Cremona (Berichterstatterin) und des
Richters S. Frimodt Nielsen,
Kanzler: C. Kantza, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 17. März 2009
folgendes
Urteil
Rechtlicher Rahmen
1 Die Vergabe von Dienstleistungsaufträgen durch die Kommission der Europäischen Gemeinschaften
unterliegt den Bestimmungen des Titels V des Ersten Teils der Verordnung (EG, Euratom)
Nr. 1605/2002 des Rates vom 25. Juni 2002 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan
der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 248, S. 1, im Folgenden: Haushaltsordnung) sowie den
Vorschriften der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2342/2002 der Kommission vom 23. Dezember 2002 mit
Durchführungsbestimmungen zur Haushaltsordnung (ABl. L 357, S. 1, im Folgenden:
Durchführungsbestimmungen) in ihrer für den Sachverhalt maßgeblichen Fassung.
Sachverhalt
2 Am 16. Juni 2003 erließen das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union die
Entscheidung Nr. 1152/2003/EG über die Einführung eines EDV-gestützten Systems zur Beförderung
und Kontrolle der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren (ABl. L 162, S. 5), in der sie es als
erforderlich bezeichneten, über ein EDV-gestütztes System für die Übermittlung von Daten über die
Bewegungen der verbrauchsteuerpflichtigen Waren (EMCS) zu verfügen, damit die Mitgliedstaaten
diese Bewegungen in Echtzeit verfolgen und die erforderlichen Kontrollen durchführen können (dritter
Erwägungsgrund der Entscheidung Nr. 1152/2003).
3 Art. 1 der Entscheidung Nr. 1152/2003 regelt demgemäß die Einrichtung des EMCS.
4 Außerdem bestimmt Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 1152/2003:
„Die Kommission trägt dafür Sorge, dass bei den Arbeiten, die die Gemeinschaftskomponenten des
EDV-gestützten Systems betreffen, so weit wie möglich auf das [neue EDV-gestützte System für das
Versandverfahren (NCTS)] zurückgegriffen und gewährleistet wird, dass das EDV-gestützte System mit
dem NCTS kompatibel ist und, sofern technisch durchführbar, mit ihm zusammengelegt wird mit dem
Ziel,
ein
integriertes
EDV-System
zu
schaffen,
das
gleichzeitig
die
Kontrolle
der
innergemeinschaftlichen Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren und verbrauchsteuer-
/abgabenpflichtiger Waren und Beförderung aus und nach Drittstaaten ermöglicht.“
5 Aus den Akten geht hervor, dass das EMCS in vier Phasen zwischen 2002 und 2009 eingeführt werden
sollte (eine Phase 0 neben den Phasen 1, 2 und 3).
6 Die Phase 0 sollte eine Übergangsphase bis zur endgültigen Einführung des EMCS darstellen.
Während dieser Phase sollten die auf dem Gebiet der Verbrauchsteuern bestehenden EDV-Systeme
gewartet und betreut werden, bis sie mit Umsetzung des EMCS in dieses integriert würden. Diese
Phase 0 sollte parallel zu den anderen Phasen des EMCS verlaufen und mit Inbetriebnahme dieses
Systems enden. Die Aufgaben in Phase 0 sollten vom Vertragspartner des Auftrags für Fiscalis
Information Technology Systems, Spezifikation, Entwicklung, Wartung und Betreuung (FITS-DEV)
durchgeführt werden.
7 In Phase 1 sollten das EMCS umgesetzt und seine Spezifikationen festgelegt werden. Diese
Spezifikationen sollten vom Vertragspartner des Auftrags für EMCS-Systemspezifikationen (ESS) erstellt
werden (im Folgenden: ESS-Auftrag). Die Arbeit dieses Vertragspartners sollte bis Mitte 2005
fertiggestellt werden.
8 Die Phasen 2 und 3 sollten schließlich Entwicklungs- und Einführungsphasen darstellen und mit den
Tätigkeiten verbunden sein, die der Vertragspartner des Auftrags für „Spezifikation, Entwicklung,
Wartung und Betreuung von ferngesteuerten Kontrollsystemen für die Beförderung von
verbrauchsteuerpflichtigen Waren unter Steueraussetzung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft
(EMCS‑DEV)‑(TAXUD/2004/AO-004)“ (im Folgenden: fraglicher Auftrag) durchführt.
9 Die Generaldirektion „Steuern und Zollunion“ der Kommission (im Folgenden: betreffende GD oder
öffentlicher Auftraggeber) leitete durch eine im Supplement zum
vom 20. Juli 2004 (ABl. 2004, S. 139) veröffentlichte Vergabebekanntmachung die Ausschreibung für
den fraglichen Auftrag ein. Dieser Auftrag sollte an den Bieter mit dem wirtschaftlich günstigsten
Angebot vergeben werden, d. h. dem Angebot, das das beste Preis-Leistungs-Verhältnis aufweist. Der
Ablauf der Angebotsfrist wurde auf den 31. August 2004 festgesetzt.
10 Nr. 10 der Spezifikationen, die der Aufforderung zur Angebotsabgabe beigefügt waren, legte die
Zuschlagskriterien des fraglichen Auftrags wie folgt fest:
„10. Zuschlagskriterien
Den Zuschlag erhält das wirtschaftlich günstigste Angebot. Die folgenden Kriterien werden bei der
Bewertung der Angebote berücksichtigt:
1. Qualität der vorgeschlagenen Lösung:
1. – Eignung der vorgeschlagenen Strategie zur Durchführung der Vertragsaufgaben (40/100);
2. – Eignung der Methoden, der Tools, des Qualitätsumfelds und der Qualitätsverfahren, die zur
Durchführung der Aufgaben vorgeschlagen werden (30/100);
3. – Eignung der vorgeschlagenen Teamorganisation zur Durchführung der Aufgaben (20/100);
4. – Struktur, Klarheit und Vollständigkeitsgrad des Angebots (10/100).
Die Preiskomponente wird für diejenigen Angebote weiter beurteilt, die eine Punktzahl für die
Gesamtqualität in Höhe von 60 % für alle Qualitätskriterien und die Mindestpunktzahl (50 %) für jedes
Qualitätskriterium erreicht haben.
2. Preis
Das Angebot mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis wird folgendermaßen ermittelt:
– das Angebot mit der höchsten technischen Punktzahl wird einen Qualitätsindikator von 100
Punkten erhalten. Die restlichen Angebote werden niedrigere Qualitätsindikatoren anteilmäßig
zu ihren technischen Punktzahlen erhalten;
– das für am günstigsten befundene Angebot wird einen Preisindikator von 100 Punkten erhalten.
Die restlichen Angebote werden höhere Preisindikatoren anteilmäßig zu ihren Preisen erhalten.
Für jedes Angebot wird ein Qualitäts-/Preisverhältnis berechnet, indem der Qualitätsindikator durch
den Preisindikator geteilt wird. Das höchste Ergebnis erzielt das Angebot mit dem besten Preis-
Leistungs-Verhältnis.“
11 Mit Fernkopie vom 27. August 2004 äußerte die Klägerin, die Evropaïki Dynamiki – Proigmena
Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai Tilematikis AE, eine Gesellschaft griechischen Rechts, die auf
dem Gebiet der Informations- und Kommunikationstechnologie tätig ist, Vorbehalte gegenüber dem
fraglichen Vergabeverfahren, die auf einer möglichen mangelnden Objektivität der Ausschreibung
zugunsten von Bietern, die bereits Vertragspartner der betreffenden GD waren, dem Fehlen klarer
Spezifikationen dieses Angebots sowie genauer und objektiver Kriterien zur Bewertung der Bieter
beruhten. Mit derselben Fernkopie beantragte sie bei dem öffentlichen Auftraggeber auch, die
Vorlagefrist für die Angebote hinauszuschieben, bis er die erwähnten Probleme behoben habe.
12 Am 31. August 2004 gab die Klägerin gemeinsam mit der Steria SA, einer französischen Gesellschaft,
ein Angebot auf die Ausschreibung ab (im Folgenden: Angebot des Konsortiums Evropaïki
Dynamiki‑Steria).
13 In seinem Schreiben vom 3. September 2004 vertrat der öffentliche Auftraggeber die Auffassung, die
in der Fernkopie vom 27. August 2004 geäußerten Vorbehalte der Klägerin seien nicht begründet, und
lehnte es ab, dem Antrag auf Fristverschiebung für die Vorlage der Angebote stattzugeben.
14 In ihrer Antwort auf das vorstehend erwähnte Schreiben vom 3. September 2004 äußerte die Klägerin
mit Fernkopie vom 6. September 2004 Vorbehalte gegenüber der Vereinbarkeit des
Ausschreibungsverfahrens mit Art. 92 der Haushaltsordnung und Art. 131 Abs. 1 und 2 der
Durchführungsbestimmungen.
15 Mit Schreiben vom 5. Oktober 2004 antwortete der öffentliche Auftraggeber, die Voraussetzungen des
Art. 92 der Haushaltsordnung und des Art. 131 Abs. 1 und 2 der Durchführungsbestimmungen seien
eingehalten worden.
16 Die Eröffnung der Angebote fand am 8. September 2004 statt. Alle fünf eingegangenen Angebote
wurden für gültig erklärt. Eines der Angebote schied nach Prüfung der Ausschlusskriterien aus. Ein
anderes wurde bei der qualitativen Bewertung ausgeschlossen. Nur drei Angebote, u. a. das Angebot
des Konsortiums Evropaïki Dynamiki‑Steria, wurden zur endgültigen Prüfung des Preis-Leistungs-
Verhältnisses vorgelegt.
17 Der Bewertungsausschuss schlug vor, den Auftrag an die Intrasoft International SA (im Folgenden:
Intrasoft) zu vergeben, deren Angebot das beste Preis-Leistungs-Verhältnis aufweise. Das Angebot
des Konsortiums Evropaïki Dynamiki‑Steria sei auf den dritten Rang zu setzen.
18 Der Vorschlag des Bewertungsausschusses wurde von dem öffentlichen Auftraggeber angenommen,
der mit Entscheidung vom 18. November 2004 den fraglichen Auftrag vergab.
19 Das Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens wurde der Klägerin mit Schreiben vom 18. November
2004 mitgeteilt. Darin hieß es: „Ihr Angebot ist nicht für eine Vergabe ausgewählt worden, weil es nach
Bewertung der eingegangenen Angebote und aufgrund der in den Verdingungsunterlagen
angegebenen Zuschlagskriterien unter dem Preis-Leistungs-Gesichtspunkt nicht das beste Angebot
darstellt.“
20 Mit Einschreibebrief und Fernkopie vom 22. November 2004 bat die Klägerin den öffentlichen
Auftraggeber um folgende Informationen und Unterlagen: den Namen des ausgewählten Bieters und,
falls es sich um eine Gesellschaft (oder mehrere Gesellschaften) oder einen Untervertragspartner
(oder mehrere Untervertragspartner) handele, dessen (oder deren) Namen und den ihm (oder ihnen)
zugeteilten prozentualen Anteil an dem Vertrag, die dem technischen Angebot der Klägerin und dem
ausgewählten Angebot für jedes Zuschlagskriterium erteilte Note, eine Kopie des Berichts des
Bewertungsausschusses und die Modalitäten des Vergleichs zwischen dem finanziellen Angebot der
Klägerin und dem ausgewählten Angebot, insbesondere die jedem dieser beiden Angebote erteilten
Noten.
21 Daraufhin übermittelte der öffentliche Auftraggeber der Klägerin mit Schreiben vom 10. Dezember
2004 einen Auszug aus dem Bericht des Bewertungsausschusses. Dieser Auszug enthält vor allem die
folgenden Anmerkungen des Ausschusses zu den Angeboten der Intrasoft und des Konsortiums
Evropaïki Dynamiki-Steria in Bezug auf die einzelnen Zuschlagskriterien für den fraglichen Auftrag:
„A. Intrasoft …
Gesamtwertung
Ein ausgezeichnetes Angebot, das ein tiefes Verständnis der betreffenden Fragen mit
einem gut durchdachten und detaillierten Ansatz für das Projektmanagement
aufweist. Die Detailgenauigkeit, der gründliche Ansatz bei der Analyse der möglichen
Probleme und die Berücksichtigung von Fragen zur qualitativen Durchführung tragen
zur Gesamtqualität dieses Angebots bei. Die einzige Schwäche ist das Fehlen einer
Analyse des Aufbaus, wodurch die Qualität des Angebots insgesamt jedoch nicht
wesentlich beeinträchtigt wird.
Das Angebot beruht auf einem soliden Grundverständnis des Gebiets der
Verbrauchsteuern und ihres politischen und organisatorischen Zusammenhangs in
der Kommission und den Mitgliedstaaten.
Die Methoden und die Organisation des Teams sind von sehr hoher Qualität und zur
Erfüllung der umfangreichen Aufgabe offensichtlich geeignet, die notwendige
Flexibilität eingeschlossen.
Daher erscheint dieser Vorschlag für die Durchführung des Projekts hervorragend
geeignet.
Kriterium: Eignung der vorgeschlagenen Strategie zur Erfüllung der Vertragsaufgaben
Diese Gesellschaft besitzt ein bemerkenswertes Verständnis der im Rahmen des EMCS
zu lösenden Probleme, ein klares Verständnis der Art und Weise, wie sich die Teile des
Projekts zusammenfügen.
Das Angebot enthält eine vollständige und detaillierte Beschreibung ihrer Strategie,
ihres Umsetzungskonzepts sowie eine sehr detaillierte Beschreibung der
Arbeitsabschnitte.
Ihre Vorstellung und ihre Strategie werden von einem außergewöhnlich soliden und
detaillierten Plan für die Durchführung des Projekts unterstützt.
Es enthält eine gute Analyse der Möglichkeit, auf die Bestandteile des NCTS
zurückzugreifen.
Das Angebot enthält eine umfassende Tabelle zur Kontrolle der Anforderungen, wobei
sich ihr tiefes Verständnis für die Ziele des Projekts sowie die Einhaltung der
Forderungen der Verdingungsunterlagen der Ausschreibung ‚nach einem hohen
Niveau‘ zeigt.
Das Angebot schlägt insgesamt gute Qualitätsindikatoren vor, die sämtliche
Tätigkeiten
erfassen
und
so
eine
Ergänzung
der
Vorschläge
der
Verdingungsunterlagen ermöglichen.
Eine leichte Schwäche dieses Angebots liegt in der fehlenden Vertiefung der Analyse
von Aufbaufragen (Solidität, Skalierbarkeit und Leistung)
Kriterium: Eignung der Methoden, der Tools, des Qualitätsumfelds und der
Qualitätsverfahren, die zur Durchführung der Aufgaben vorgeschlagen werden
Ausgesprochen detaillierte Beschreibung der vorgeschlagenen Methoden und Tools.
Der allgemeine Ansatz einer Kombination von RUP (Rational Unified Process) für die
Spezifikationsphase und anschließend TEMPO für die Entwicklungsphase zeigt ein
gutes Verständnis der Unterschiede zwischen den Entwicklungsstufen der
Zusammenarbeit zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten.
Der Ansatz der Qualitätssicherung ist außergewöhnlich gut durchdacht, da
Qualitätsindikatoren sowohl für das Verfahren als auch für das Erzeugnis
vorgeschlagen werden und von ‚Hauptbewertungsfaktoren‘ abgeleitet werden.
Der Bieter verfügt über ein gutes Verständnis der Grundsätze von Cosmic‑FFP
[Fußnote nicht wiedergegeben], obwohl die Beschreibung etwas theoretisch ist und
eine pragmatische Umsetzung fehlt (z. B. sind die anzuwendenden Instrumente nicht
genau angegeben).
Trotz einer sehr guten Beschreibung der Entwicklung der Infrastruktur werden die
Sicherheitsvorkehrungen in den Räumen des Bieters übersehen.
Kriterium: Eignung der vorgeschlagenen Teamorganisation zur Durchführung der
Aufgaben
Die Struktur und Organisation des Teams werden mit Berichtlegung, ausführlicher
Identifizierung und Beschreibung der (insgesamt 23) Profile sowie vollständiger
tabellarischer Darstellung der Kompetenzen pro Profil hervorragend bestimmt. Die
Zusammensetzung des Teams aus Managern, kaufmännischen Experten, Analysten,
Entwicklern, Planern, Helpdesk Operateuren usw. ist sehr ausgewogen.
Die Rollen und Zuständigkeiten innerhalb des Teams sind sehr gut beschrieben.
Die Größe des Teams (ungefähr 60 Personen) ist im Hinblick auf den Umfang der zu
erbringenden Tätigkeiten logisch und kohärent.
Das Angebot gewährleistet eine geringe Personalfluktuation, indem etwa 80 % des
Gesamtpersonals des Teams beibehalten werden und eine Umsetzung der
Betroffenen zur Arbeit an anderen Projekten vermieden wird.
Kriterium: Struktur, Klarheit und Vollständigkeitsgrad des Angebots
Das vorgelegte Angebot ist in Bezug auf sämtliche Tätigkeiten des Projekts vollständig
und detailliert.
Die allgemeine Darstellung ist gut strukturiert und wird durch zahlreiche erläuternde
Diagramme ergänzt. Die Informationen sind einfach aufzufinden und zu lesen, da sie in
einer verständlichen Sprache geschrieben sind. Diesem Angebot fehlt nur eine Tabelle
der Akronyme.
B. [Evropaïki Dynamiki-Steria]
Gesamtwertung
Obwohl dieses Angebot einige interessante Vorschläge zum Projektaufbau enthält, ist
es zu allgemein: die Beschreibung des Spezifikations- und Entwicklungsverfahrens
lässt die Spezifität der [Einführung des EMCS] nicht erkennen.
Die in dem Angebot vorgeschlagene Methodik besteht in einer Auflistung bewährter
Methoden und Literatur über die Entwicklung von Informationssystemen. Erneut
werden jedoch die spezifischen Gesichtspunkte der Entwicklung des EMCS sehr
allgemein behandelt, und die vorgeschlagene Analyse ist nicht ganz vollständig.
Die Beschreibung der Teamorganisation ist gut, zeigt jedoch kein Verständnis dafür,
dass
eine
anschließende
Unterstützung
des
Endnutzers
während
der
Spezifizierungstätigkeiten [der Einführung des EMCS] erforderlich ist.
Das Angebot weist gewisse Widersprüche auf, wodurch Zweifel an der Verlässlichkeit
dieses Vorschlags aufkommen.
Kriterium: Eignung der vorgeschlagenen Strategie zur Durchführung der
Vertragsaufgaben
Der Bieter hat einen Bericht über den technischen Aufbau des EMCS beigefügt, er hat
einen interessanten Vorschlag zum Aufbau (z. B. die Verwendung von Web-Diensten),
erste Vorschläge für technische Lösungen sowie einen Vorschlag zum Aufbau der
Infrastruktur gemacht.
Das Angebot beinhaltet eine detaillierte Liste der Arbeitsabschnitte in passender
Reihenfolge
Antrags-,
Planungs-,
Lieferungs-/Annahmemechanismen
und
Qualitätsindikatoren.
Jedoch ist der Ansatz insgesamt höchst allgemein, und die spezifischen
Gesichtspunkte des EMCS werden im Einzelnen kaum geprüft.
Die vorgeschlagene Strategie ist etwas zu vereinfacht. Sie enthält zahlreiche Auszüge
aus externen Quellen (z. B. lange Auszüge aus der Dokumentation der IBM-Rational
RUP), ohne deren Relevanz für das Projekt zu erläutern.
Das Angebot weist einen Mangel an Verständnis der Verdingungsunterlagen auf,
indem auf Tätigkeiten Bezug genommen wird, die schon erbracht worden sind oder bei
Inkrafttreten des Vertrags erbracht sein werden. Es schlägt auch Aufbauteile vor, die
sich in Bezug auf ihre Funktionsweise oder Skalierbarkeit nicht in die EMCS-
Infrastruktur einfügen.
Das Angebot weist einige Widersprüche auf, insbesondere hinsichtlich der Planung:
z. B. beginnen einige Entwicklungstätigkeiten bereits vor Beginn der Spezifikationen.
Kriterium: Eignung der Methoden, der Tools, des Qualitätsumfelds und der
Qualitätsverfahren, die zur Durchführung der Aufgaben vorgeschlagen werden
Die vorgeschlagenen Methoden sind im Allgemeinen gut dargestellt. Das Angebot
enthält eine genaue Beschreibung der Entwicklung der EDV-Infrastruktur sowie eine
gute Beschreibung der einschlägigen Sicherheitsaspekte.
Es gibt zahlreiche [handbuchartige] Standardreferenzen in Bezug auf Aufbau, Normen,
Informatikinstrumente und Zusammensetzung der Infrastruktur (Beispiel: XML, X509,
J2EE). Sie werden von einigen hundert Seiten aus Handbüchern und Broschüren von
HP, Oracle, CISCO usw. begleitet, aber meist ohne eine Rechtfertigung oder
ausdrückliche Verknüpfung mit den Zielen des EMCS.
Das Angebot enthält eine detaillierte Beschreibung der Cosmic‑FFP‑Methode, aber die
für die Schätzungen vorgeschlagenen Tools (Calico und Costar) sind nur für
Schätzungen auf der Grundlage der Cocomo‑II‑Methode geeignet. Dies ist inkohärent
(siehe Abschnitt 4.1.3.5.1).
RUP wird in dem gesamten Angebot als ‚die‘ Methode des Projektmanagements
dargestellt; der Software-Vorschlag für die Entwicklung der Umgebung enthält jedoch
keine IBM-Rational-Lizenz.
Kriterium: Eignung der vorgeschlagenen Teamorganisation zur Durchführung der
Aufgaben
Gute Beschreibung der Teamorganisation, was das Verständnis der Entwicklung
seiner Zusammensetzung entsprechend dem Fortgang des Projekts von der
Spezifikation zu der Entwicklung, der Herstellung, der Vorlage, einschließlich
Sicherheit, Tests und technischer Unterstützung, zeigt. Das Zusammenwirken
innerhalb des Teams ist gut beschrieben.
Die Größe des Teams ist mit 67 Personen angemessen.
Obwohl Erfahrung auf dem Gebiet der Zölle und Verbrauchsteuern in dem Angebot als
unverzichtbar genannt wird, weist ihr Vorschlag praktisch auf keine solchen
Kompetenzen hin.
Kriterium: Struktur, Klarheit und Vollständigkeitsgrad des Angebots
Die Darstellung des Angebots ist klar.
Seine Struktur und seine Gesamtschau sind gut.
Jedoch beeinträchtigen die überaus allgemeine Art der Dokumentation und die
geringe Detailgenauigkeit die Lesbarkeit des Angebots.“
22 Der der Klägerin übermittelte Auszug aus dem Bericht des Bewertungsausschusses enthält ebenfalls
eine vergleichende Bewertungstabelle zur Qualität der Angebote des Konsortiums Evropaïki Dynamiki-
Steria und der Intrasoft sowie eine vergleichende Bewertung des Preis-Leistungs-Verhältnisses dieser
beiden Angebote. Die beiden Tabellen lauten:
Vergleichende Bewertungstabelle
ITT TAXUD/2004/AO-004 EMCS-DEV
Kriterien
[…]
Intrasoft
Evropaïki
Dynamiki-
Steria
[…]
[…]
Qualität
Eignung
der
vorgeschlagenen Strategie
zur
Durchführung
der
Vertragsaufgaben (/40)
35,1
23,2
Eignung der Methoden, der
Tools, des Qualitätsumfelds
und der Qualitätsverfahren,
die zur Durchführung der
Aufgaben
vorgeschlagen
werden (/30)
24,5
16,7
Eignung
der
vorgeschlagenen
Teamorganisation
zur
Durchführung der Aufgaben
(/20)
17,6
14,5
Struktur,
Klarheit
und
Vollständigkeitsgrad
des
Angebots (/10)
8,5
5,8
Gesamtqualität
85,7
60,2
Qualitätsindikator
(der
maximale
Referenzwert
beträgt 100)
100
70
Vergleichende Bewertungstabelle
ITT TAXUD/2004/AO-004 EMCS-DEV
Kriterien
[…]
Intrasoft
Evropaïki
Dynamiki-
Steria
[…]
[…]
Gesamtqualität
85,7
60,2
Qualitätsindikator (der maximale
Referenzwert beträgt 100)
100
70
Vorgeschlagener Preis TBP/(IS+EI)
(in Euro)
(IT-Dienstleistungen
für
die
Entwicklung der Infrastruktur)
11 634 533
15 078 693
Genormter
Preisindikator
(der
Referenzwert beträgt 100)
100
130
Qualitätsindikator/Preisindikator
1
0,54
23 Mit Einschreibebrief und Fernkopie vom 30. Dezember 2004 nahm die Klägerin zu dem ihr
übermittelten Auszug aus dem Bericht des Bewertungsausschusses Stellung und wiederholte ihre
Auffassung, das fragliche Vergabeverfahren verstoße gegen die Haushaltsordnung und die
anwendbaren Rechtsvorschriften.
24 Mit Schreiben vom 14. Januar 2005 teilte der öffentliche Auftraggeber der Klägerin mit, ihre im
Schreiben vom 30. Dezember 2004 geltend gemachten Punkte würden sorgfältig geprüft, und sie
werde sobald wie möglich eine detaillierte Antwort erhalten.
25 Mit Schreiben vom 17. Februar 2005 beantwortete der öffentliche Auftraggeber die Stellungnahme
der Klägerin im Schreiben vom 30. Dezember 2004.
26 Die Bekanntmachung der Vergabe des fraglichen Auftrags wurde am 2. März 2005 im
(ABl. 2005, S 43) veröffentlicht.
Verfahren und Anträge der Parteien
27 Mit Klageschrift, die am 28. Januar 2005 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin
die vorliegende Klage erhoben.
28 Mit Schreiben vom 30. Oktober 2006 hat das Gericht die Klägerin im Rahmen prozessleitender
Maßnahmen aufgefordert, Fragen zur Zulässigkeit der Klage schriftlich zu beantworten. Die Klägerin ist
dieser Aufforderung fristgerecht nachgekommen.
29 Auf Bericht der Berichterstatterin hat das Gericht (Dritte Kammer) beschlossen, die mündliche
Verhandlung zu eröffnen.
30 Mit Schreiben vom 3. Februar 2009 hat das Gericht die Klägerin im Rahmen prozessleitender
Maßnahmen aufgefordert, Fragen schriftlich zu beantworten. Mit demselben Schreiben hat sie auch
die Kommission um Vorlage von Unterlagen gebeten. Die Parteien sind dieser Aufforderung
fristgerecht nachgekommen.
31 Mit Schreiben vom 2. März 2009 hat das Gericht beide Parteien im Rahmen prozessleitender
Maßnahmen aufgefordert, zu den Antworten der jeweils anderen Partei auf die Fragen des Gerichts im
Schreiben vom 3. Februar 2009 schriftlich Stellung zu nehmen. Die Parteien sind dieser Aufforderung
fristgerecht nachgekommen.
32 Die Parteien haben in der Sitzung vom 17. März 2009 mündlich verhandelt und Fragen des Gerichts
beantwortet.
33 Die Klägerin beantragt,
– die Entscheidung der Kommission, mit der ihr Angebot als nicht erfolgreich bewertet und der
Auftrag an den ausgewählten Bieter vergeben wurde, für nichtig zu erklären;
– die Kommission zur Tragung der Kosten zu verurteilen, auch wenn die Klage abgewiesen wird.
34 Die Kommission beantragt,
– die Klage als unbegründet abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Rechtliche Würdigung
35 Ohne ausdrücklich eine Einrede der Unzulässigkeit zu erheben, hat die Kommission darauf
hingewiesen, dass Steria, das andere Mitglied des Konsortiums Evropaïki Dynamiki‑Steria, die
Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers, das Angebot dieses Konsortiums nicht auszuwählen und
den fraglichen Auftrag an einen anderen Bieter zu vergeben, nicht angefochten habe und dass zudem
aus der Klageschrift nicht hervorgehe, dass die Klägerin die Entscheidung im Namen von Steria
angefochten habe. Daraus ergebe sich, dass die Klägerin diese Entscheidung allein im eigenen
Namen angefochten habe.
36 Die Klägerin entgegnet in der Erwiderung, als Konsortialführerin und in vollem Umfang für die
Vorbereitung und Abfassung des Angebots Verantwortliche sei sie klagebefugt; weder nach der
gemeinschaftlichen Rechtsetzung noch Rechtsprechung müssten alle Mitglieder eines bietenden
Konsortiums die streitige Entscheidung der Auftragsvergabe anfechten. Die Klägerin habe dies im
Übrigen in ihren schriftlichen Antworten auf die Fragen des Gerichts deutlich zum Ausdruck gebracht
(siehe vorstehend, Randnr. 28).
37 Die Kommission ist dieser Auffassung der Klägerin nicht entgegengetreten.
38 Es ist angezeigt, im vorliegenden Fall die Befugnis der Klägerin zu prüfen, gegen die ihr mit Schreiben
vom 18. November 2004 zugegangene Entscheidung des öffentlichen Auftraggebers zu klagen, das
Angebot des Konsortiums Evropaïki Dynamiki‑Steria nicht auszuwählen und den Auftrag somit an einen
anderen Bieter zu vergeben (im Folgenden: angefochtene Entscheidung).
39 Gemäß Art. 230 Abs. 4 EG „[kann j]ede natürliche oder juristische Person … unter den gleichen
Voraussetzungen gegen die an sie ergangenen Entscheidungen sowie gegen diejenigen
Entscheidungen Klage erheben, die, obwohl sie als Verordnung oder als eine an eine andere Person
gerichtete Entscheidung ergangen sind, sie unmittelbar und individuell betreffen“.
40 Auch wenn sich die angefochtene Entscheidung im vorliegenden Fall formal an den Bieter, d. h. an
das Konsortium Evropaïki Dynamiki-Steria, richtet, hat das Konsortium Evropaïki Dynamiki-Steria jedoch,
wie aus den schriftlichen Antworten der Klägerin auf die Fragen des Gerichts hervorgeht (siehe
vorstehend, Randnr. 28), die von der Kommission nicht bestritten werden und an denen zu zweifeln es
keinen Grund gibt, niemals Rechtspersönlichkeit besessen. Da die vorübergehende Struktur des
Konsortiums in Bezug auf seine Mitglieder transparent ist, müssen gemäß Art. 230 EG beide
Gesellschaften als Adressaten der angefochtenen Entscheidung angesehen werden. Als Adressatin
der angefochtenen Entscheidung konnte die Klägerin diese daher unter den Voraussetzungen des
Art. 230 EG anfechten.
41 Die Klage ist somit zulässig.
42 Die Klägerin stützt ihre Klage auf fünf Gründe. Mit dem ersten Klagegrund rügt sie einen Verstoß
gegen den Grundsatz der Nichtdiskriminierung und den Grundsatz des freien Wettbewerbs. Der zweite
Klagegrund bezieht sich auf die Verletzung der Bestimmungen der Haushaltsordnung, der
Durchführungsbestimmungen sowie der Richtlinie 92/50/EWG des Rates vom 18. Juni 1992 über die
Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge (ABl. L 209, S. 1) und der
Richtlinie 2004/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die
Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge, Lieferaufträge und
Dienstleistungsaufträge (ABl. L 134, S. 114). Der dritte Klagegrund beruht auf einem offensichtlichen
Beurteilungsfehler des öffentlichen Auftraggebers bei der Bewertung des Angebots des Konsortiums
Evropaïki Dynamiki‑Steria. Mit dem vierten Klagegrund werden das Fehlen sachdienlicher Informationen
und ein Begründungsmangel gerügt. Der fünfte Klagegrund beruht auf der Verletzung der Grundsätze
der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfalt.
43 Das Gericht hält es für sachdienlich, nacheinander den ersten, den zweiten, den fünften, den vierten
und schließlich den dritten Klagegrund zu prüfen. Diese Reihenfolge wird dadurch vorgegeben, dass
der erste, der zweite und der fünfte Klagegrund das fragliche Ausschreibungsverfahren betreffen,
während sich der vierte und der dritte Klagegrund auf die angefochtene Entscheidung selbst
beziehen.
1. Vorbringen der Parteien
44 Die Klägerin macht geltend, die Kommission habe gegen die Grundsätze der Nichtdiskriminierung und
des freien Wettbewerbs der Bieter verstoßen, indem sie ihr – trotz ihres entsprechenden Antrags, den
sie vor Ablauf der Abgabefrist für die Angebote gestellt habe – zwei Kategorien von technischen
Informationen nicht zur Verfügung gestellt habe, die für die Abfassung der Angebote im Rahmen des
umstrittenen Auftrags erforderlich gewesen wären, nämlich erstens die genauen Spezifikationen des
EMCS und zweitens technische Informationen über bestehende, mit dem EMCS verbundene EDV-
Anwendungen, vor allem den Quellcode des neuen EDV-gestützten Systems für das Versandverfahren
(NCTS). Dieses Versäumnis der Kommission habe die Bieter begünstigt, die frühere oder gegenwärtige
Vertragspartner der betreffenden GD seien oder mit solchen Vertragspartnern in Beziehung
gestanden und daher über einen ausschließlichen Zugang zu diesen Informationen verfügt hätten.
Diese Bieter, darunter der ausgewählte Bieter, hätten sowohl in technischer als auch in finanzieller
Hinsicht wettbewerbsfähigere Angebote als das der Klägerin vorlegen können.
45 Was zum einen die Spezifikationen des EMCS anbelange, hätten diese während des fraglichen
Ausschreibungsverfahrens noch nicht zur Verfügung gestanden, sondern ein anderer Vertragspartner
der Kommission sei im Rahmen eines anderen Auftrags mit ihrer Vorbereitung befasst gewesen. Die
Kommission erkläre nicht, wie ein Bieter die Ziele und Forderungen eines rechnergestützten Systems,
zu denen er keine detaillierte Spezifikation erhalten habe, angemessen hätte berücksichtigen können,
und es stelle sich die Frage, wie ihr Angebot hätte „besser“ sein können als das des ausgewählten
Vertragspartners, der als einziger über diese Spezifikationen verfügt habe.
46 Was zum anderen den NCTS-Quellcode anbelange, habe die Kommission ihr ohne stichhaltige
Begründung und trotz ihres entsprechenden Antrags den Zugang dazu verweigert. Der ausgewählte
Bieter habe dagegen Zugang zu dem Code gehabt, da er der Vertragspartner der Kommission für das
NCTS gewesen sei, und er habe somit ein wettbewerbsfähigeres Angebot als die Klägerin vorlegen
können.
47 Um die Bedeutung des Zugangs zu dem NCTS-Quellcode für die Abfassung der Angebote im Rahmen
des betreffenden Auftrags darzutun, beruft sich die Klägerin auf folgende Gesichtspunkte.
48 Erstens beruft sie sich auf Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 1152/2003, wonach der Vertragspartner
des fraglichen Auftrags soweit wie möglich auf das NCTS zurückzugreifen habe, da ein integriertes EDV-
System der innergemeinschaftlichen Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren geschaffen
werden solle. Demnach verlange diese Entscheidung vom Vertragspartner des streitigen Auftrags,
dass er auf den Quellcode und den Aufbau des NCTS zurückgreife.
49 Zweitens beruft sie sich auf die Beschreibung des Arbeitsabschnitts Nr. 7.1 im technischen Anhang
der Verdingungsunterlagen, in dem auf den NCTS-Quellcode verwiesen werde.
50 Drittens beruft sie sich auf die Anmerkung des Bewertungsausschusses zum Angebot des
ausgewählten Bieters, wonach dieses Angebot eine sehr gute Analyse der Möglichkeit enthalte, auf
die Bestandteile („components“) des NCTS zurückzugreifen. Der Begriff „Bestandteile“ beziehe sich im
vorliegenden Fall „eindeutig auf die verschiedenen Bestandteile des Quellcodes“.
51 Um nachzuweisen, dass die Kenntnis des NCTS-Quellcodes für die Preisgestaltung ihres Angebots
erforderlich gewesen wäre, trägt die Klägerin − viertens − zum finanziellen Gesichtspunkt vor, die
Kommission habe entgegen ihrer Behauptung von den Bietern verlangt, in ihren Angeboten nicht nur
Preise je Einheit anzugeben, sondern auch und vor allem ein Budget und einen Gesamtpreis für den
Aufbau des EMCS und sämtlicher damit zusammenhängender Leistungen. Aufgrund dieser Forderung
der Kommission seien genaue Einschätzungen der Bieter zu Umfang und Komplexität des Projekts
notwendig gewesen, was die Kenntnis des Quellcodes vorausgesetzt habe. Um dem sich aus der
fehlenden Kenntnis ergebenden Risiko Rechnung zu tragen, habe sie den Preis ihres Angebots
erhöhen müssen. Dagegen habe der ausgewählte Bieter, der den Code gekannt habe, ein
wettbewerbsfähigeres Angebot vorlegen können, das sich auf nur 50 % des für den fraglichen Auftrag
angegebenen Budgets belaufen habe.
52 Schließlich weist die Klägerin darauf hin, dass der NCTS-Quellcode den Bietern im Rahmen einer
Ausschreibung für einen anderen Auftrag (den Auftrag zur Erbringung von Dienstleistungen
hinsichtlich Spezifikation, Entwicklung, Pflege und Support für IT-Systeme über Zölle im Rahmen von IT-
Projekten der betreffenden GD [CUST-DEV] [TAXUD/2005/AO-001]), der kurz nach der fraglichen
Ausschreibung eingeleitet worden sei und bei dem die betreffende GD ebenfalls der öffentliche
Auftraggeber gewesen sei, zur Verfügung gestellt worden sei. Sie ersucht die Kommission daher um
eine Erklärung für diese unterschiedliche Behandlung. Außerdem hat die Klägerin in der mündlichen
Verhandlung vorgetragen, die vorliegende Rechtssache sei der Rechtssache vergleichbar, die zum
Urteil vom 12. März 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission (T‑345/03, Slg. 2008, II‑341), geführt habe, in
dem das Gericht dem auf einem Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter
beruhenden Klagegrund stattgegeben und die Vergabeentscheidung der Kommission daher für nichtig
erklärt habe.
53 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
2. Würdigung durch das Gericht
54 Gemäß Art. 89 Abs. 1 der Haushaltsordnung gelten für alle öffentlichen Aufträge, die ganz oder
teilweise aus dem Haushalt finanziert werden, die Grundsätze der Transparenz, der
Verhältnismäßigkeit, der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung.
55 Daher ist der öffentliche Auftraggeber nach ständiger Rechtsprechung in allen Abschnitten eines
Ausschreibungsverfahrens zur Einhaltung des Grundsatzes der Gleichbehandlung und damit der
Chancengleichheit aller Bieter verpflichtet (Urteil des Gerichtshofs vom 29. April 2004, Kommission/CAS
Succhi di Frutta, C‑496/99 P, Slg. 2004, I‑3801, Randnr. 108; Urteile des Gerichts vom 17. Dezember
1998, Embassy Limousines & Services/Parlament, T‑203/96, Slg. 1998, II‑4239, Randnr. 85, und vom
17. März 2005, AFCon Management Consultants u. a./Kommission, T‑160/03, Slg. 2005, II‑981,
Randnr. 75).
56 Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter, der die Entwicklung eines gesunden und effektiven
Wettbewerbs zwischen den sich um einen öffentlichen Auftrag bewerbenden Unternehmen fördern soll,
gebietet, dass alle Bieter bei der Abfassung ihrer Angebote die gleichen Chancen haben, was
voraussetzt, dass die Angebote aller Bieter den gleichen Bedingungen unterworfen sind (vgl. in diesem
Sinne Urteile des Gerichtshofs vom 18. Oktober 2001, SIAC Construction, C‑19/00, Slg. 2001, I‑7725,
Randnr. 34, und vom 12. Dezember 2002, Universale‑Bau u. a., C‑470/99, Slg. 2002, I‑11617,
Randnr. 93).
57 Ferner ist der Rechtsprechung zu entnehmen, dass der Grundsatz der Gleichbehandlung eine
Verpflichtung zur Transparenz einschließt, die es ermöglichen soll, seine Beachtung zu überprüfen
(Urteile des Gerichtshofs vom 18. Juni 2002, HI, C‑92/00, Slg. 2002, I‑5553, Randnr. 45, und
Universale‑Bau u. a., oben in Randnr. 56 angeführt, Randnr. 91).
58 Dieser Grundsatz der Transparenz soll im Wesentlichen die Gefahr von Günstlingswirtschaft oder von
willkürlichen Entscheidungen des öffentlichen Auftraggebers ausschließen. Er verlangt, dass alle
Bedingungen und Modalitäten des Vergabeverfahrens in der Bekanntmachung oder in den
Verdingungsunterlagen klar, genau und eindeutig formuliert sind (Urteil Kommission/CAS Succhi di
Frutta, oben in Randnr. 55 angeführt, Randnr. 111).
59 Der Grundsatz der Transparenz bedeutet daher, dass alle für das richtige Verständnis der
Ausschreibung oder der Verdingungsunterlagen maßgeblichen technischen Informationen allen an
einer öffentlichen Ausschreibung beteiligten Unternehmen so bald wie möglich zur Verfügung gestellt
werden, so dass zum einen alle gebührend informierten und mit der üblichen Sorgfalt handelnden
Bieter die genaue Bedeutung dieser Informationen verstehen und sie in gleicher Weise auslegen
können und zum anderen der Auftraggeber überprüfen kann, ob die Angebote der Bieter tatsächlich
die für den betreffenden Auftrag geltenden Kriterien erfüllen. (Urteil Evropaïki Dynamiki/Kommission,
oben in Randnr. 52 angeführt, Randnr. 145).
60 Im vorliegenden Fall wirft die Klägerin der Kommission vor, ihr zwei Kategorien technischer
Informationen nicht zur Verfügung gestellt zu haben, die ihrer Ansicht nach für die Abfassung der
Angebote erforderlich gewesen seien und die anderen Bietern sehr wohl zur Verfügung gestanden
hätten. Angesichts der vorstehend in den Randnrn. 55 bis 58 angeführten Rechtsprechung würde ein
solcher Rechtsverstoß der Kommission, wenn er sich bestätigen sollte, zu einer Verletzung der
Chancengleichheit der Bieter sowie des mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung einhergehenden
Grundsatzes der Transparenz führen.
61 Wie das Gericht im Urteil Evropaïki Dynamiki/Kommission (oben in Randnr. 52 angeführt, Randnr. 147)
festgestellt hat, würde eine solche Verletzung der Chancengleichheit und des Grundsatzes der
Transparenz, sofern sie vorliegt, einen Verfahrensverstoß im vorprozessualen Verfahren bedeuten,
durch den das Informationsrecht der Betroffenen beeinträchtigt wäre. Ein solcher Verfahrensverstoß
könnte nur dann zur Nichtigerklärung der fraglichen Entscheidung führen, wenn nachgewiesen wird,
dass das Verwaltungsverfahren ohne diesen Verstoß zu einem anderen Ergebnis hätte führen können,
d. h., wenn die Klägerin Zugang zu den fraglichen Informationen gehabt hätte und insofern für die
Klägerin eine – sei es auch nur geringe – Chance bestand, im Verwaltungsverfahren ein anderes
Ergebnis zu erzielen (vgl. Urteil Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 52 angeführt,
Randnr. 147 und die dort angeführte Rechtsprechung).
62 Es ist daher als Erstes zu prüfen, ob im vorliegenden Fall ein unterschiedlicher Informationsstand in
dem Sinne vorlag, dass bestimmte Bieter, zu denen auch der ausgewählte Bieter gehörte, im Rahmen
der Ausschreibung über Informationen verfügten, die die Klägerin ihrem Vortrag nach nicht hatte. Wird
ein solcher Unterschied festgestellt, ist als Zweites zu prüfen, ob die betreffende Information für die
Abfassung der Angebote nützlich war. Nur unter diesen Umständen hatte der Bieter, der Zugang zu
dieser Information hatte, einen Vorteil auf Kosten der übrigen Bieter. Als Drittes ist zu prüfen, ob der
gerügte unterschiedliche Informationsstand auf einen Verfahrensverstoß der Kommission
zurückzuführen ist. Liegt ein solcher vor, ist als Viertes zu prüfen, ob das Ausschreibungsverfahren
ohne einen solchen Verfahrensverstoß zu einem anderen Ergebnis hätte führen können. Ein
Verfahrensverstoß könnte die Chancengleichheit der Bieter nur dann verletzen, wenn die Klägerin
plausibel und hinreichend detailliert dargelegt hätte, dass sie in dem Verfahren ein anderes Ergebnis
hätte erzielen können (vgl. in diesem Sinne Urteil Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 52
angeführt, Randnrn. 148 und 149).
63 Diese Überlegungen gelten für beide Kategorien technischer Informationen, die der Klägerin nicht zur
Verfügung gestanden haben sollen, d. h. die Spezifikationen des EMCS (erster Teil des Klagegrundes)
und den NCTS-Quellcode (zweiter Teil des Klagegrundes).
a) Zum ersten Teil des Klagegrundes: Fehlen der Spezifikationen des EMCS
64 Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass das Fehlen der genauen Spezifikationen des EMCS
während des Ausschreibungsverfahrens die Bieter begünstigt habe, die – wie der ausgewählte Bieter –
bereits Dienstleistungserbringer der betreffenden GD gewesen seien und daher bereits Kenntnis von
diesen Spezifikationen besessen hätten. Daher hätten diese Bieter genauere und somit
wettbewerbsfähigere Angebote als die Klägerin abgeben können.
65 Wie oben in Randnr. 62 ausgeführt, ist zunächst zu prüfen, ob im vorliegenden Fall ein
unterschiedlicher Informationsstand in dem Sinne vorlag, dass bestimmte Bieter, zu denen der
ausgewählte Bieter gehörte, anders als die Klägerin über die Spezifikationen des EMCS verfügten.
66 Aus den Verdingungsunterlagen des fraglichen Auftrags (siehe vorstehend, Randnr. 7) geht hervor,
dass das Projekt zur Umsetzung des EMCS, zu dem dieser Auftrag gehört, eine Phase 1 vorsah, in der
die Spezifikationen vom Vertragspartner des ESS-Auftrags erstellt werden sollten. Die Kommission
stellte klar, dass es sich um „allgemeine“ Spezifikationen des EMCS (Spezifikationen auf hohem Niveau)
handele. Die erwähnten Verdingungsunterlagen sehen auch vor, dass der Vertragspartner des ESS-
Auftrags diese Spezifikationen vor und teilweise parallel zur Festlegung von Spezifikationen durch den
Vertragspartner des fraglichen Auftrags erstellen sollte. Die Kommission wies darauf hin, dass sich die
im Rahmen des fraglichen Auftrags vorgeschlagenen Spezifikationen im Gegensatz zu den
„allgemeinen“ Systemspezifikationen, die im Rahmen des ESS-Auftrags erstellt würden, auf die
Anwendung des EMCS („anwendungsbezogene“ Spezifikationen) (application-related specifications)
bezögen.
Schließlich
musste
der
Vertragspartner
des
ESS-Auftrags
den
erwähnten
Verdingungsunterlagen zufolge seine Arbeit Mitte 2005 fertig gestellt haben.
67 Aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich, dass sich ihre Rüge auf mangelnde Unterrichtung der
Bieter über die „allgemeinen“ Spezifikationen des EMCS bezieht.
68 Die Kommission hat im Übrigen, von der Klägerin unwidersprochen, geltend gemacht, dass der
Vertragspartner des ESS-Auftrags, Siemens, im Juni 2004 mit der Arbeit an den Spezifikationen des
EMCS begonnen habe (und dass er sie im April 2005 beendet habe), dass die Frist für die Einreichung
von Angeboten für den fraglichen Auftrag jedoch auf den 31. August 2004 festgelegt worden sei.
Angesichts des von der Klägerin unbestrittenen Vorbringens der Kommission lässt sich daher
feststellen, dass zwischen der Aufnahme der Arbeit an den Spezifikationen des EMCS durch Siemens
und der Abgabefrist für die Angebote nur drei Monate vergangen sind; folglich gab es während der
Ausschreibung keine Spezifikationen des EMCS auf einem verwertbaren Niveau, deren Kenntnis dem
Bieter, der über einen Zugang zu diesen Spezifikationen verfügte, einen Vorteil hätte verschaffen
können.
69 Schließlich haben sowohl die Klägerin als auch die Kommission vorgebracht, dass Siemens als
Vertragspartner des ESS-Auftrags auch im Rahmen des fraglichen Auftrags ein Angebot abgegeben
habe.
70 Aus alledem ist folgendes zu schließen.
71 Erstens verfügte offensichtlich kein Bieter – auch nicht der ausgewählte Bieter – über genauere
Informationen zu den Spezifikationen des EMCS, da es diese Spezifikationen nicht gab oder sie sich im
ersten Entwicklungsstadium befanden. Somit wurde der unterschiedliche Informationsstand, aus dem
sich ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung der Bieter ergeben würde, nicht
dargetan.
72 Zweitens war die Tatsache, dass es die Spezifikationen des EMCS zum Zeitpunkt der Einleitung des
Ausschreibungsverfahrens für den fraglichen Auftrag nicht gab, nicht auf einen Verfahrensfehler der
Kommission zurückzuführen, sondern ergab sich aus der Planung der Einrichtung des EMCS selbst, die
die Ausarbeitung dieser Spezifikationen im Rahmen eines ESS-Auftrags vorsah, der sich von dem
fraglichen Auftrag unterscheidet und ihm voranging.
73 Selbst wenn man − drittens − davon ausginge, dass es Siemens im Rahmen des ESS-Auftrags,
dessen Vertragspartner diese Gesellschaft war, gelungen war, für die Abfassung von Angeboten im
Rahmen des fraglichen Auftrags verwendbare Spezifikationen auszuarbeiten, erweist sich dies als nicht
relevant, da das Angebot von Siemens für den fraglichen Auftrag nicht ausgewählt worden war.
Außerdem lässt die Tatsache, dass Siemens ein Angebot für den fraglichen Auftrag abgegeben hat
und somit für diesen Auftrag in unmittelbaren Wettbewerb mit dem ausgewählten Bieter getreten ist,
den Schluss zu, dass diese Gesellschaft ihre vermeintliche Kenntnis der Spezifikationen des EMCS
diesem Bieter nicht preisgegeben hat. Daher ist nicht ersichtlich, dass irgendein Bieter in den Genuss
eines bevorzugten Zugangs zu diesen Spezifikationen gekommen wäre.
74 Da die Klägerin nicht dargetan hat, dass bestimmte Bieter, zu denen auch der ausgewählte Bieter
gehörte, über genauere Informationen über die Spezifikationen des EMCS verfügt haben als sie, ist zu
schließen, dass es hinsichtlich dieser Kategorie technischer Informationen keine Ungleichbehandlung
zwischen den Bietern gegeben hat. Der erste Teil des Klagegrundes ist daher zurückzuweisen.
b) Zum zweiten Teil des Klagegrundes: mangelnde Bekanntgabe des NCTS-Quellcodes
75 Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, dass die Weigerung des öffentlichen Auftraggebers, ihr
den NCTS-Quellcode mitzuteilen, den ausgewählten Bieter, der auch der Vertragspartner der
Kommission für die Erstellung dieses NCTS gewesen sei und daher zwangsläufig Zugang zu diesem
Quellcode gehabt habe, begünstigt habe. Der ausgewählte Bieter habe mit diesen Informationen
sowohl in technischer als auch in finanzieller Hinsicht ein wettbewerbsfähigeres Angebot als das der
Klägerin vorlegen können.
Zu dem den ausgewählten Bieter begünstigenden unterschiedlichen Informationsstand
76 Die Kommission bestreitet nicht, dass der NCTS-Quellcode dem öffentlichen Auftraggeber vor
Eröffnung des Ausschreibungsverfahrens für den fraglichen Auftrag zur Verfügung stand und dass er
ihn den Bietern nicht bekannt gegeben hat. Sie habe ihn als für die Abfassung der Angebote unnötig
angesehen.
77 Es wird auch nicht bestritten, dass der ausgewählte Bieter den NCTS-Quellcode bei der Vorbereitung
seines Angebots kannte, da er für das NCTS Vertragspartner der betreffenden GD war.
78 Da der ausgewählte Bieter Vertragspartner der betreffenden GD für das NCTS war, verfügte er daher
von der Eröffnung des Vergabeverfahrens für den fraglichen Auftrag bis zum Ablauf der Frist die
Einreichung der Angebote über technische Informationen, die die Klägerin nicht hatte.
Zum Nutzen des NCTS-Quellcodes für die Abfassung der Angebote
79 Damit der unterschiedliche Informationsstand einen Vorteil zugunsten des ausgewählten Bieters bei
der Ausarbeitung seines Angebots darstellt, muss die betreffende Information für die Ausarbeitung
der Angebote für den fraglichen Auftrag insofern nützlich sein, als sich ihr Fehlen sowohl in qualitativer
als auch in finanzieller Hinsicht nachteilig auf das Angebot auswirken kann.
80 Im vorliegenden Fall ist im Licht des Parteivorbringens der Nutzen des NCTS-Quellcodes für die
Abfassung der Angebote für den fraglichen Auftrag zu bewerten. Hierzu bedarf es zweier
Vorbemerkungen.
81 Zunächst setzt sich der Quellcode, wie aus dem Vorbringen der Parteien hervorgeht, aus schriftlichen
Weisungen in einer Programmiersprache zusammen, mit der ein Computerprogramm erzeugt werden
kann. Der Quellcode stellt daher eine der ersten Stufen im gesamten Lebenszyklus eines
Computerprogramms dar.
82 Sodann hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung, von der Klägerin unwidersprochen,
festgestellt, dass das NCTS und das EMCS klare Unterschiede aufwiesen, da das NCTS Zölle, das EMCS
dagegen Verbrauchsteuern betreffe. Im Mittelpunkt des Verfahrens stünden beim NCTS
Zollbedienstete, während es sich beim EMCS um Wirtschaftsteilnehmer handele. Die beiden Systeme
unterschieden sich daher hinsichtlich ihrer „Zielgruppen“ und folglich auch hinsichtlich ihrer
Funktionen.
83 Zur Stützung ihres Vorbringens in Bezug auf den Nutzen des Zugangs zum NCTS-Quellcode beruft sich
die Klägerin als Erstes auf den oben in Randnr. 4 erwähnten Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung
Nr. 1152/2003.
84 Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die erwähnte Entscheidung die Rechtsgrundlage für die
Einrichtung des EMCS darstellt und Art. 3 Abs. 2 dieser Entscheidung die Beziehungen zwischen dem
EMCS und dem NCTS festlegt. Die der Kommission übertragene Aufgabe bestand darin, soweit
technisch möglich, die Integration des EMCS in das NCTS sicherzustellen, um ein integriertes
Informationssystem über die innergemeinschaftliche Beförderung von verbrauchsteuerpflichtigen
Waren zu schaffen. Um diesen ihr vom Gemeinschaftsgesetzgeber übertragenen Auftrag
durchzuführen, leitete die Kommission die Ausschreibung des fraglichen Auftrags ein. Im Rahmen
dieser Ausschreibung war die Kommission als öffentlicher Auftraggeber der Ansicht, die Formulierung
in Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 1152/2003, wonach „so weit wie möglich auf das [neue EDV-
gestützte System für das Versandverfahren (NCTS)] zurückgegriffen … wird“, setze nicht voraus, dass
der NCTS-Quellcode den Bietern für die Abfassung ihrer Angebote bekannt gegeben werde. Diese
„Botschaft“ ließ sie den Bietern in den betreffenden Ausschreibungsunterlagen zukommen.
85 Hierbei bezieht sich die Kommission vor allem auf Nr. 4.2.1 „The EMCS development based on NCTS
experience“ (Die Entwicklung des EMCS vor dem Hintergrund der Erfahrung mit dem NCTS) des Plans
für die Durchführung des EMCS, der an die Bieter und damit auch an die Klägerin verteilt worden sei;
die darin enthaltene Beschreibung der „Erfahrung mit dem NCTS“, die für die Entwicklung des EMCS zu
berücksichtigen sei, beziehe sich nicht auf den NCTS-Quellcode und erst recht nicht darauf, dass der
Zugang zu dem Code für die Erstellung eines Angebots erforderlich sei. Außerdem hat der öffentliche
Auftraggeber in der Erläuterung Nr. 46, die er im Laufe des betreffenden Vergabeverfahrens gegeben
hat, festgestellt, dass nach Vergabe des fraglichen Auftrags „die Aufgabe des Vertragspartners [des
fraglichen Auftrags darin bestehen wird,] einen Vorschlag zu unterbreiten und die Aufgabe der
[betreffenden] GD darin, die Entscheidung zu treffen, inwieweit auf den Aufbau und den Quellcode der
Anwendungen des … NCTS zurückgegriffen werden wird“, und dass „[d]iese Information [nämlich der
Quellcode des NCTS] nur dem ausgewählten Bieter zugänglich sein wird“.
86 Daher kann die Klägerin ihr Vorbringen, der Zugang zum NCTS-Quellcode sei nützlich gewesen, im
vorliegenden Fall nicht auf Art. 3 Abs. 2 der Entscheidung Nr. 1152/2003 stützen, da der öffentliche
Auftraggeber die in dieser Bestimmung enthaltene Forderung, „so weit wie möglich auf das [NCTS
zurückzugreifen]“, in der fraglichen Ausschreibung in der Weise konkret und transparent umgesetzt
hat, dass die Bieter zur Erstellung eines Angebots keinen Zugang zu diesem Code benötigten.
87 Zweitens beruft sich die Klägerin zur Stützung ihres Vorbringens auf die folgende Beschreibung des
Arbeitsabschnitts Nr. 7.1 im technischen Anhang der Verdingungsunterlagen:
„Abschnitt 7.1: Entwicklung der Anwendung
Dieser Abschnitt erfasst die Entwicklung und Wartung der zentral entwickelten Anwendungen (CDA),
der Testanwendungen und der Anwendungen für die zentralen Dienste (z. B. MCC, ETA, SETA, CS/RD
und CS/MIS).
Die entwickelten Anwendungen werden soweit wie möglich den Aufbau, d. h. den Quellcode der NCTS-
Anwendungen, nutzen.
…“
88 In der Beschreibung dieses Arbeitsabschnitts wird der NCTS-Quellcode ausdrücklich erwähnt. Diese
Beschreibung weist jedoch, entgegen dem Vorbringen der Klägerin, nicht auf den Nutzen des Codes
bei der Vorbereitung der Angebote hin, sondern auf seinen Nutzen für die Aufgaben, die in einem
späteren Stadium als dem der Vergabe des fraglichen Auftrags, nämlich bei der Durchführung des
Auftrags durch den ausgewählten Bieter, zu erbringen sein werden.
89 Dies geht auch klar aus der vorgenannten Erläuterung Nr. 46 hervor (siehe vorstehend, Randnr. 85).
90 Daher ergibt sich sowohl aus der Beschreibung des Arbeitsabschnitts Nr. 7.1 als vor allem auch aus
der Erläuterung Nr. 46, die keineswegs den Nutzen des NCTS-Quellcodes für die Abfassung der
Angebote im Rahmen des fraglichen Auftrags belegen, dass die „Botschaft“, die der öffentliche
Auftraggeber den Bietern zukommen lassen wollte, darin bestand, dass erstens der Code für die
Abfassung der Angebote nicht erheblich sei, sondern erst bei der späteren Durchführung des
fraglichen Auftrags durch den ausgewählten Bieter Bedeutung erlange, und zweitens der öffentliche
Auftraggeber zu entscheiden habe, inwieweit auf den NCTS-Quellcode zurückgegriffen werde. Im
Übrigen hat die Kommission in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, der öffentliche Auftraggeber
habe letztlich entschieden, überhaupt keine Zeile des NCTS-Quellcodes für die Entwicklung des
Projekts zur Einführung des EMCS zu verwenden.
91 Folglich kann dem Vorbringen der Klägerin, das sich auf die Erwähnung des NCTS-Quellcodes in der
Beschreibung des Arbeitsabschnitts Nr. 7.1 stützt, nicht gefolgt werden.
92 Dies gilt − drittens − auch für das Vorbringen der Klägerin im Hinblick auf eine spezifische Anmerkung
des Bewertungsausschusses zum Angebot des ausgewählten Bieters (siehe vorstehend, Randnr. 50).
Die Klägerin erbringt nämlich keinen Beweis dafür, dass die Wendung des Bewertungsausschusses
„Bestandteile des NCTS“ auf die Bestandteile des Quellcodes des NCTS verweist. Hierzu geht aus den
Unterlagen zur Ausschreibung des fraglichen Auftrags hervor, dass der öffentliche Auftraggeber den
Bietern eine Reihe von Referenzdokumenten zum NCTS zur Verfügung gestellt hat, die, wie die
Kommission zu Recht vorträgt, zahlreiche Aspekte erfassen, von der Methodik bis zu
Qualitätssicherungsverfahren, von Systemspezifikationen bis zu Testverfahren und von der
funktionellen Beschreibung der Anwendungen des NCTS bis zu Spezifikationen des zentralen Betriebs.
Mit dem Hinweis auf die Möglichkeit, auf „Bestandteile des NCTS“ zurückzugreifen, hat der
Bewertungsausschuss daher auf die Möglichkeit verwiesen, auf Bestandteile des NCTS
zurückzugreifen, die in den Unterlagen enthalten waren, die den Bietern zur Verfügung gestellt worden
waren. Die Klägerin liefert jedenfalls keinen Beleg oder Beweis, der diese Analyse erschüttern könnte.
93 Viertens tut die Klägerin auch nicht den Nutzen des Zugangs zu dem NCTS-Quellcode für die
Preisgestaltung der Angebote dar. Wie bereits dargelegt, macht die Klägerin im Wesentlichen geltend,
für die Preisgestaltung des Bieters wären genaue Einschätzungen zu Umfang und Komplexität des
Projekts notwendig gewesen, was die Kenntnis des Quellcodes vorausgesetzt hätte. Aufgrund ihres
Unvermögens, Umfang und Komplexität des Projekts ohne Zugang zu dem Quellcode genau
einzuschätzen, sei sie im Wesentlichen zu einer Erhöhung ihres Angebotspreises gezwungen gewesen.
94 Dieser Argumentation der Klägerin kann nicht gefolgt werden.
95 Zunächst war der NCTS-Quellcode nicht erforderlich, um den Umfang und die Komplexität des Projekts
zur Einführung des EMCS einzuschätzen. Wie bereits festgestellt, unterscheiden sich nämlich das NCTS
und das EMCS voneinander (siehe vorstehend, Randnr. 82), und der öffentliche Auftraggeber hat den
Bietern – und damit auch der Klägerin – gegenüber deutlich gemacht, dass der NCTS-Quellcode für die
Abfassung der Angebote nicht erheblich sei (siehe vorstehend, Randnr. 90).
96 Wie die Kommission sodann vorgetragen und die Klägerin in der mündlichen Verhandlung eingeräumt
hat, hat der öffentliche Auftraggeber, der die Zahl der der Durchführung dieser Tätigkeiten
gewidmeten Tage selbst festgesetzt hat, in Bezug auf Tätigkeiten, deren Preisgestaltung von einer
Einschätzung des Umfangs und der Komplexität des Projekts abhängt, von den Bietern nur verlangt,
dass sie für jedes erforderliche Personalprofil in Tagessätzen ausgedrückte Preise je Einheit angeben
(d. h. vor allem für Entwickler, Programmierer und Analysten). Diese Preise je Einheit mussten zur
Berechnung des Angebotspreises mit der vom öffentlichen Auftraggeber festgesetzten Zahl der Tage
multipliziert werden. Der öffentliche Auftraggeber hat somit den Umfang der auszuführenden Arbeit
selbst geschätzt, indem er die Zahl der für die Durchführung der erwähnten Tätigkeiten notwendigen
Tage festgesetzt hat, so dass die Bieter von dieser Aufgabe entbunden waren und sich der
Wettbewerb zwischen ihnen auf den für jedes erforderliche Personalprofil vorgeschlagenen Tagestarif
konzentrierte. Die Klägerin hat nicht dargetan, dass sich die mangelnde Kenntnis des NCTS-Quellcodes
in irgendeiner Weise auf den für ihr Personal vorgeschlagenen Tagestarif ausgewirkt hat.
97 Die Notwendigkeit des Zugangs zu dem NCTS-Quellcode für die Preisgestaltung des Angebots der
Klägerin ist daher nicht dargetan.
98 Schließlich lässt sich das Vorbringen der Klägerin zum Nutzen des NCTS-Quellcodes nicht auf das Urteil
Evropaïki Dynamiki/Kommission (siehe vorstehend, Randnr. 52) stützen. Im Unterschied zu der
vorliegenden Rechtssache, in der das EDV-System, um das es in dem fraglichen Auftrag geht − das
EMCS −, sich von dem System unterscheidet, dessen Quellcode nicht zur Verfügung gestellt worden ist
− dem NCTS − (siehe vorstehend, Randnr. 82), bezieht sich die Rechtssache, die Anlass zu dem von
der Klägerin erwähnten Urteil gegeben hat, auf ein EDV-System – Cordis −, das nur eine neue Version
des Systems darstellte, dessen Quellcode nicht zur Verfügung gestellt wurde (Urteil Evropaïki
Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 52 angeführt, Randnr. 7). Da es im vorliegenden Fall um den
Nutzen des NCTS-Quellcodes geht, kann keine Entsprechung zwischen der vorliegenden Rechtssache
und der Rechtssache, in der das Urteil Evropaïki Dynamiki/Kommission (siehe vorstehend, Randnr. 52)
ergangen ist, festgestellt werden.
99 Ebenso verhält es sich mit dem Vorbringen der Klägerin zu dem Auftrag für CUST-DEV (siehe
vorstehend, Randnr. 52). Dazu hat die Kommission in ihrer Stellungnahme zum Schreiben des Gerichts
vom 2. März 2009 (siehe vorstehend, Randnr. 31) festgestellt, dass der Auftrag für CUST-DEV EDV-
Anwendungen auf dem Gebiet der Zölle betreffe, zu dem auch das NCTS gehöre, und dass es daher
gerechtfertigt gewesen sei, den Bietern den Quellcode dieses Systems zur Verfügung zu stellen. Bei
dem fraglichen Auftrag, der EDV-Anwendungen auf dem Gebiet der Verbrauchsteuern, also auf einem
anderen Gebiet als dem der Zölle, betreffe, sei dies jedoch nicht der Fall. Die Klägerin hat dieses
Vorbringen der Kommission in der mündlichen Verhandlung nicht bestritten, und das Gericht hat
keinen Grund, es anzuzweifeln.
100 Nach alledem ist zu schließen, dass der Nutzen des NCTS-Quellcodes für die Abfassung der Angebote
im Rahmen der Vergabe des fraglichen Auftrags nicht erwiesen ist. Der zweite Teil des Klagegrundes
ist daher zurückzuweisen.
101 Daher ist der vorliegende Klagegrund insgesamt zurückzuweisen.
1. Vorbringen der Parteien
102 Die Klägerin macht geltend, die Zuschlagskriterien des fraglichen Auftrags seien nicht hinreichend
spezifiziert und quantifizierbar und könnten vom Bewertungsausschuss daher nicht objektiv geprüft
werden. Dieses Versäumnis des öffentlichen Auftraggebers stelle einen Verstoß gegen Art. 97 Abs. 1
der Haushaltsordnung, Art. 138 der Durchführungsbestimmungen, Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 92/50
und die Bestimmungen der Richtlinie 2004/18 dar.
103 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
2. Würdigung durch das Gericht
104 Vorab ist festzustellen, dass die Richtlinien über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe
öffentlicher Lieferaufträge, Dienstleistungsaufträge und Bauaufträge für öffentliche Aufträge, die die
Organe und Einrichtungen auf eigene Rechnung vergeben, gemäß Art. 105 der Haushaltsordnung ab
1. Januar 2003 – dem Datum des Inkrafttretens der Haushaltsordnung – nur auf Fragen der
Schwellenwerte Anwendung finden, die für die Veröffentlichungsmodalitäten, die Wahl eines
Verfahrens und die entsprechenden Fristen festgelegt sind. Daher ist die Rüge der Klägerin
hinsichtlich der Zuschlagskriterien des fraglichen Auftrags einzig am Maßstab der Haushaltsordnung
und der Durchführungsbestimmungen zu prüfen.
105 Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 97 Abs. 2 der Haushaltsordnung und Art. 138
Abs. 1 Buchst. b der Durchführungsbestimmungen das wirtschaftlich günstigste Angebot den
Zuschlag für den fraglichen Auftrag erhält.
106 Ferner schreibt Art. 97 Abs. 1 der Haushaltsordnung dem öffentlichen Auftraggeber zur
Gewährleistung der Grundsätze der Transparenz, der Gleichbehandlung und der Nichtdiskriminierung
im Stadium der Auswahl der Angebote für die Auftragsvergabe vor, bei einer Vergabe an den Bieter mit
dem wirtschaftlich günstigsten Angebot in den Ausschreibungsunterlagen die Zuschlagskriterien zur
Bewertung des Inhalts der Angebote festzulegen und zu spezifizieren. Diese Kriterien müssen gemäß
Art. 138 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen durch den Gegenstand des Auftrags gerechtfertigt
sein. Gemäß Art. 138 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen muss der öffentliche Auftraggeber in
der Bekanntmachung des Auftrags oder den Verdingungsunterlagen auch genaue Angaben zur
relativen Gewichtung der Kriterien machen, die bei der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten
Angebots zugrunde gelegt werden.
107 Diese Bestimmungen überlassen es gleichwohl dem öffentlichen Auftraggeber, welche Kriterien er für
die Bewertung der Angebote auswählt. Aufgrund der Zuschlagskriterien, die der öffentliche
Auftraggeber auswählt, muss sich jedenfalls das wirtschaftlich günstigste Angebot ermitteln lassen
(vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 25. Februar 2003, Renco/Rat, T-4/01, Slg. 2003, II-171,
Randnr. 66, und Strabag Benelux/Rat, T-183/00, Slg. 2003, II-135, Randnr. 74).
108 Im Übrigen müssen die Zuschlagskriterien, die der öffentliche Auftraggeber zur Ermittlung des
wirtschaftlich günstigsten Angebots wählt, nicht notwendigerweise quantitativer Art oder
ausschließlich auf die Preise ausgerichtet sein. Selbst wenn die Verdingungsunterlagen
Zuschlagskriterien enthalten, die nicht quantitativ ausgedrückt sind, können diese Kriterien objektiv
und einheitlich zum Vergleich der Angebote angewandt werden und sind eindeutig für die Ermittlung
des wirtschaftlich günstigsten Angebots relevant (vgl. in diesem Sinne Urteil Renco/Rat, oben in
Randnr. 107 angeführt, Randnrn. 67 und 68).
109 Im vorliegenden Fall ist zunächst festzustellen, dass die Zuschlagskriterien für den fraglichen Auftrag
sowohl in der Bekanntmachung des Auftrags (Nr. IV.2) als auch in den der Aufforderung zur
Angebotsabgabe beigefügten Spezifikationen enthalten sind. Daher ist die Voraussetzung der
Öffentlichkeit gemäß Art. 97 Abs. 1 der Haushaltsordnung erfüllt.
110 Sodann lauten, wie dargelegt, die von der Klägerin als ungenau und subjektiv bezeichneten
Zuschlagskriterien wie folgt:
„1. Qualität der vorgeschlagenen Lösung:
– Eignung der vorgeschlagenen Strategie zur Durchführung der Vertragsaufgaben (40/100);
– Eignung der Methoden, der Tools, des Qualitätsumfelds und der Qualitätsverfahren, die zur
Durchführung der Aufgaben vorgeschlagen werden (30/100);
– Eignung der vorgeschlagenen Teamorganisation zur Durchführung der Aufgaben (20/100);
– Struktur, Klarheit und Vollständigkeitsgrad des Angebots.“
111 Es ist also festzustellen, dass die Klägerin, die ihr Vorbringen, diese Kriterien seien ungenau und
subjektiv, in keiner Weise untermauert, durch die klare Fassung der Kriterien widerlegt wird. Die
Klägerin trägt insbesondere nichts dafür vor, dass der öffentliche Auftraggeber bei der Festlegung
dieser Kriterien die Verpflichtung zur Beachtung der Grundsätze der Transparenz und der
Gleichbehandlung der Bieter missachtet hätte. Vielmehr wiederholt die Klägerin gewissermaßen ihr
Vorbringen
zum
ersten
Klagegrund,
es
fehle
eine
eindeutige
Beschreibung
der
Vertragsdienstleistungen und der genauen Anforderungen an die auszuführende Arbeit.
112 Die erwähnten Kriterien belegen, dass sie auf folgende Gesichtspunkte abzielen: die von den Bietern
vorgeschlagene Strategie (erstes Kriterium), die Methoden, die Tools, das Qualitätsumfeld und die
Qualitätsverfahren,
die
die
Bieter
vorschlagen
(zweites
Kriterium),
die
vorgeschlagene
Teamorganisation (drittes Kriterium) sowie die Struktur, Klarheit und der Vollständigkeitsgrad des
Angebots (viertes Kriterium). Die Klägerin erklärt weder, noch tut sie dar, warum diese Kriterien nicht
durch den Gegenstand des fraglichen Auftrags gerechtfertigt sein sollen. Außerdem lässt sich nicht
bezweifeln, dass diese Kriterien zur Bestimmung des wirtschaftlich günstigsten Angebots erheblich
sind, da sie eindeutig für die ordnungsgemäße Erbringung der Dienstleistungen des fraglichen
Auftrags und somit den Wert des Angebots selbst bestimmend sind.
113 Auch wenn diese Kriterien nicht quantitativer Art sind, lässt sich daraus allein nicht ableiten, dass der
öffentliche Auftraggeber sie nicht objektiv und einheitlich angewandt hat (vgl. in diesem Sinne Urteil
Renco/Rat, oben in Randnr. 107 angeführt, Randnrn. 67 und 68). Im vorliegenden Fall ist festzustellen,
dass die Klägerin hierfür nichts Beweiskräftiges vorgebracht hat.
114 Schließlich ist vorsorglich darauf hinzuweisen, dass der öffentliche Auftraggeber gemäß den
anwendbaren Bestimmungen die jedem Zuschlagskriterium zugemessene Gewichtung angegeben hat
und die Bieter damit über die Bedeutung in Kenntnis setzte, die er jedem Kriterium bei der
vergleichenden Bewertung der Angebote zukommen lassen wollte.
115 Daraus ergibt sich, dass die Klägerin nicht dargetan hat, dass der öffentliche Auftraggeber gegen
seine Verpflichtung verstoßen hat, in den Ausschreibungsunterlagen die Zuschlagskriterien unter
Beachtung des ordnungspolitischen Rahmens und der von der Rechtsprechung entwickelten
Grundsätze festzulegen, die vorstehend in den Randnrn. 104 bis 108 wiedergegeben werden.
116 Nach alledem ist der zweite Klagegrund zurückzuweisen.
1. Vorbringen der Parteien
117 Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, die Kommission habe die Grundsätze der
ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfalt dadurch verletzt, dass sie die Fernkopie vom 27.
August 2004, in der die Klägerin vor allem im Hinblick auf den Grundsatz der Nichtdiskriminierung
Vorbehalte gegenüber der Ausschreibung geäußert habe, nicht umgehend und angemessen
beantwortet habe.
118 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
2. Würdigung durch das Gericht
119 Nach dem allgemeinen Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung, der auch die Sorgfaltspflicht
einschließt, ist jedes Gemeinschaftsorgan zur Einhaltung einer angemessenen Frist bei der Abwicklung
der Verwaltungsverfahren und zu sorgfältigem Handeln in den Beziehungen zur Öffentlichkeit
verpflichtet (Urteile des Gerichtshofs vom 16. Dezember 2008, Masdar [UK]/Kommission, C-47/07 P, Slg.
2008, I-9761, Randnr. 92, und des Gerichts vom 11. April 2006, Angeletti/Kommission, T-394/03, Slg.
ÖD 2006, I‑A‑2‑95 und II‑A‑2‑441, Randnr. 162).
120 Was die Vergabe eines öffentlichen Auftrags anbelangt, ist ferner darauf hinzuweisen, dass für die
Kontakte zwischen dem öffentlichen Auftraggeber einerseits und den potenziellen Bietern und den
Bietern andererseits die Art. 141 und 148 der Durchführungsbestimmungen gelten.
121 Art. 141 der Durchführungsbestimmungen lautet:
„(1) Sind die Verdingungsunterlagen und die zusätzlichen Unterlagen rechtzeitig vor Ablauf der Frist für
den Eingang der Angebote angefordert worden, so müssen allen Wirtschaftsteilnehmern, die die
Verdingungsunterlagen angefordert oder ein Interesse an der Angebotsabgabe bekundet haben, die
genannten Unterlagen innerhalb von sechs Kalendertagen nach Eingang des Antrags zugeschickt
werden.
(2) Rechtzeitig angeforderte zusätzliche Auskünfte über die Verdingungsunterlagen müssen allen
Wirtschaftsteilnehmern, die die Verdingungsunterlagen angefordert oder ein Interesse an der
Angebotsabgabe bekundet haben, spätestens sechs Kalendertage vor Ablauf der Frist für den
Eingang der Angebote gleichzeitig mitgeteilt werden. Bei Auskunftsersuchen, die weniger als acht
Kalendertage vor Ablauf der Frist für den Eingang der Angebote eingehen, sind die Auskünfte
möglichst rasch nach Eingang des Auskunftsersuchens mitzuteilen.
…“
122 Außerdem sieht Art. 148 der Durchführungsbestimmungen vor:
„(1) Im Verlauf eines Vergabeverfahrens sind Kontakte zwischen Auftraggeber und Bietern
ausnahmsweise unter den Bedingungen der Absätze 2 und 3 zulässig.
(2) Vor Ablauf der Frist für die Einreichung der Angebote in Bezug auf die Unterlagen und ergänzenden
Auskünfte nach Artikel 141 kann der öffentliche Auftraggeber
a) auf Veranlassung der Bieter ergänzende Auskünfte erteilen, die ausschließlich der näheren
Erläuterung der Art des Auftrags dienen; diese Auskünfte müssen zeitgleich allen Bietern, die die
Verdingungsunterlagen angefordert haben, erteilt werden;
…“
123 Aus den erwähnten Bestimmungen geht somit hervor, dass Kontakte zwischen dem öffentlichen
Auftraggeber einerseits und den potenziellen Bietern und den Bietern andererseits vor Ablauf der Frist
für die Abgabe der Angebote zulässig sind, sofern sie dazu dienen, „zusätzliche Auskünfte“ über die
Verdingungsunterlagen zu erhalten (Art. 141 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen) oder
„ergänzende Auskünfte“ in Bezug auf die Unterlagen oder ergänzende Auskünfte nach Art. 141 zu
erhalten, „die ausschließlich der näheren Erläuterung der Art des Auftrags dienen“ (Art. 148 Abs. 2
Buchst. a der Verdingungsunterlagen).
124 „Zusätzliche Auskünfte“ gemäß Art. 141 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen hat der öffentliche
Auftraggeber den potenziellen Bietern innerhalb der in diesem Artikel vorgeschrieben Fristen zu
erteilen. „Ergänzende Auskünfte“ gemäß Art. 148 Abs. 2 Buchst. a der Durchführungsbestimmungen
kann der öffentliche Auftraggeber den Bietern erteilen, ist dazu aber nicht verpflichtet.
125 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Fernkopie vom 27. August 2004, auf die sich die
Klägerin bezieht, kein Auskunftsersuchen im Sinne der erwähnten Durchführungsbestimmungen
enthält. Wie bereits festgestellt (siehe vorstehend, Randnr. 11), hat die Klägerin in dieser Fernkopie
Vorbehalte gegenüber dem fraglichen Vergabeverfahren geäußert, die auf eine möglicherweise
mangelnde Objektivität der Ausschreibungen zugunsten von Bietern, die bereits Vertragspartner der
betreffenden GD waren, sowie auf das Fehlen klarer Spezifikationen des fraglichen Angebots und
genauer und objektiver Kriterien zur Bewertung der Bieter gestützt waren. Mit derselben Fernkopie
beantragte sie ebenfalls bei der betreffenden GD, die Vorlagefrist für die Angebote hinauszuschieben,
bis sie die erwähnten Probleme behoben habe. Die Kommission musste dieses Schreiben daher nicht
beantworten. Sie hat es jedoch unverzüglich und in angemessener Weise mit Schreiben vom 3.
September 2004 getan, indem sie erklärte, die Vorbehalte der Klägerin seien nicht begründet, und
,
)
bewiesen, zumal sie, wie vorstehend festgestellt, im vorliegenden Fall nicht gesetzlich verpflichtet war,
eine Antwort zu erteilen. Die Reaktion der Kommission auf die Fernkopie der Klägerin vom 27. August
2004 verstößt daher nicht gegen die Grundsätze der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfalt.
126 Vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerin das Vorbringen der Kommission, der öffentliche
Auftraggeber habe sämtliche Fragen der Bieter zu den Verdingungsunterlagen, von denen ein Großteil
von der Klägerin stammte, zügig beantwortet, nicht bestreitet.
127 Nach alledem ist der vorliegende Klagegrund als unbegründet zurückzuweisen.
1. Vorbringen der Parteien
128 Die Klägerin macht geltend, die angefochtene Entscheidung sei fehlerhaft, da die betreffende GD ihre
Handlungen nicht hinreichend begründet habe. Der Klagegrund umfasst zwei Rügen.
129 Erstens habe die betreffende GD der Klägerin nicht alle erbetenen Informationen über die Gründe für
die Zurückweisung ihres Angebots erteilt und somit gegen Art. 253 EG und Art. 8 der Richtlinie 92/50
verstoßen. Die betreffende GD habe die Gründe für die Zurückweisung des Angebots der Klägerin
nicht klar dargestellt und sich zu den Merkmalen und den Vorteilen ihres Angebots, verglichen mit dem
ausgewählten Angebot, nicht geäußert; damit habe sie der Klägerin die Möglichkeit genommen,
spezifische Anmerkungen zu ihrer Wahl zu machen und möglicherweise gerichtlichen Rechtsschutz zu
suchen. Die betreffende GD habe sich außerdem weder auf die öffentliche Ordnung noch auf ein
Geschäftsgeheimnis berufen, um ihre Weigerung zu rechtfertigen, den Bewertungsbericht zu
übersenden, den die Kommission in einem solchen Fall normalerweise allen Bietern gemäß Art. 12
Abs. 2 der Richtlinie 92/50 übermittele. Eine unzureichende Begründung wie im vorliegenden Fall
mache die gerichtliche Kontrolle der angefochtenen Entscheidung äußerst schwierig, wenn nicht gar
unmöglich.
130 Zweitens weist die Klägerin in der Erwiderung auf die Überschreitung der Frist von fünfzehn Tagen für
die Übermittlung der Auszüge aus dem Bericht des Bewertungsausschusses an die Bieter unter
Verstoß gegen die Haushaltsordnung und die Vergabebestimmungen hin. Diese Fristüberschreitung
und das vollständige Fehlen einer Begründung bestimmter Teile der angefochtenen Entscheidung
habe die Erhebung ihrer Klage vor dem Gericht behindert.
131 Die Kommission ist der Auffassung, dass dieser Klagegrund zurückzuweisen sei.
2. Würdigung durch das Gericht
132 Zunächst ist festzustellen, dass es sich bei den Bestimmungen, die den Inhalt der Begründungspflicht
des öffentlichen Auftraggebers gegenüber dem Bieter, dessen Angebot im Rahmen des Verfahrens zur
Vergabe eines bestimmten Auftrags abgelehnt worden ist, festlegen, um Art. 100 Abs. 2 der
Haushaltsordnung und Art. 149 der Durchführungsbestimmungen und nicht, wie von der Klägerin
geltend gemacht, um die Bestimmungen der Richtlinie 92/50 handelt (siehe vorstehend, Randnr. 104).
133 Aus den erwähnten Artikeln ergibt sich, dass der öffentliche Auftraggeber seiner Begründungspflicht
genügt, wenn er sich zunächst darauf beschränkt, jeden abgewiesenen Bieter unverzüglich über die
Gründe für die Ablehnung seines Angebots zu unterrichten, und sodann die Merkmale und Vorteile des
ausgewählten Angebots sowie den Namen des Auftragnehmers den Bietern, die ein
anforderungsgemäßes Angebot eingereicht und ausdrücklich um diese Mitteilung ersucht haben,
binnen fünfzehn Kalendertagen nach Eingang eines entsprechenden schriftlichen Antrags mitteilt (vgl.
Urteile des Gerichts vom 12. Juli 2007, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T-250/05, nicht in der amtlichen
Sammlung veröffentlicht, Randnr. 68, und vom 10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, T-
465/04, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 47 und die dort angeführte
Rechtsprechung).
134 Ein solches Vorgehen entspricht dem Zweck der Begründungspflicht gemäß Art. 253 EG, wonach die
Begründung die Überlegungen des Urhebers des Rechtsakts so klar und eindeutig zum Ausdruck
bringen muss, dass zum einen die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen
können, um ihre Rechte geltend zu machen, und zum anderen das Gericht seine Kontrollaufgabe
wahrnehmen kann (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts vom 8. Mai 1996, Adia interim/Kommission,
T-19/95, Slg. 1996, II-321, Randnr. 32, vom 26. Februar 2002, Esedra/Kommission, T-169/00, Slg. 2002,
II-609, Randnr. 190, Strabag Benelux/Rat, oben in Randnr. 107 angeführt, Randnr. 55, und vom 12. Juli
2007, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 133 angeführt, Randnr. 69).
135 Hinzuzufügen ist, dass die Frage, ob der Begründungspflicht genügt wurde, aufgrund der
Informationen zu beurteilen ist, die die Klägerin bei der Klageerhebung besaß (Urteile Strabag
Benelux/Rat, oben in Randnr. 107 angeführt, Randnr. 58, und Renco/Rat, oben in Randnr. 107
angeführt, Randnr. 96).
136 Um festzustellen, ob die Kommission im vorliegenden Fall ihre Begründungspflicht erfüllt hat, sind
daher die Schreiben vom 18. November und 20. Dezember 2004 zu untersuchen, die sie der Klägerin
vor Erhebung der vorliegenden Klage übersandt hat.
137 Mit Schreiben vom 18. November 2004 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass ihr (mit Steria im Rahmen
des Angebots des Konsortiums Evropaïki Dynamiki-Steria eingereichtes) Angebot nicht ausgewählt
worden sei. Dieses Angebot sei deshalb nicht ausgewählt worden, weil es in Bezug auf die
Zuschlagskriterien nicht das beste Angebot hinsichtlich Qualität und Preis darstelle. Außerdem wird in
diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass die Klägerin zusätzliche Informationen über die Gründe für
die Ablehnung ihres Angebots erhalten könne und ihr auf schriftlichen Antrag die Merkmale und
Vorteile des ausgewählten Angebots sowie der Name des ausgewählten Bieters mitgeteilt werden
könnten. Schließlich heißt es in dem Schreiben, bestimmte Einzelheiten des erwähnten Angebots
würden nicht bekannt gegeben, wenn die Veröffentlichung den Gesetzesvollzug behindere, dem
öffentlichen Interesse zuwiderlaufe, die legitimen geschäftlichen Interessen öffentlicher oder privater
Unternehmen berühre oder den fairen Wettbewerb zwischen diesen beeinträchtigen könnte. Trotz
seines in mancher Hinsicht stereotypen Charakters entspricht dieses Schreiben daher den
Bestimmungen des Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung.
138 Mit dem Schreiben der Kommission vom 10. Dezember 2004 wurde der Klägerin ein Auszug aus dem
Bericht des Bewertungsausschusses übermittelt. Damit wurde ein schriftlicher Antrag der Klägerin vom
22. November 2004 beantwortet, der am 8. Dezember 2004 wiederholt wurde.
139 In dem Auszug aus dem Bewertungsbericht wird der Name des ausgewählten Bieters genannt.
Außerdem enthält dieser Auszug in Bezug auf jedes Zuschlagskriterium erschöpfende Anmerkungen
des Bewertungsausschusses zu dem Angebot des ausgewählten Bieters und dem Angebot des
Konsortiums Evropaïki Dynamiki‑Steria (siehe vorstehend, Randnr. 21). Ferner enthält dieser Auszug
eine Tabelle mit den jedem der beiden Angebote für jedes Zuschlagskriterium erteilten Noten sowie
eine Tabelle mit den jeweiligen Preisen der beiden Angebote und der vergleichenden Bewertung des
Preis-Leistungs-Verhältnisses (siehe vorstehend, Randnr. 22).
140 Indem die Kommission der Klägerin zunächst die wesentlichen Gründe für die Ablehnung des Angebots
des Konsortiums Evropaïki Dynamiki‑Steria mitgeteilt und anschließend den erwähnten Auszug aus
dem Bericht des Bewertungsausschusses übermittelt hat, hat sie daher die Ablehnung des Angebots
gemäß Art. 100 Abs. 2 der Haushaltsordnung und Art. 149 Abs. 2 der Durchführungsbestimmungen
rechtlich hinreichend begründet. In diesem Auszug werden nämlich der Name des
Zuschlagsempfängers für den Auftrag sowie durch Übermittlung der Anmerkungen des
Bewertungsausschusses und der beiden Tabellen die „Merkmale und Vorteile des ausgewählten
Angebots“ bekannt gegeben. Dem Schreiben vom 18. November 2004 und diesem Auszug, der der
Klägerin mit Schreiben vom 10. Dezember 2004 zugeleitet worden ist, konnte die Klägerin daher
unmittelbar entnehmen, warum ihr Angebot nicht ausgewählt worden war, nämlich deshalb, weil es
wirtschaftlich weniger vorteilhaft als das des ausgewählten Bieters war, da dieses ein besseres Preis-
Leistungs-Verhältnis aufwies.
141 Was schließlich die Rüge der Klägerin in Bezug auf das Versäumnis der Fünfzehn-Tage-Frist für die
Übermittlung der Auszüge aus dem Bericht des Bewertungsausschusses anbelangt, ist in der Tat
festzustellen, dass ihr dieser Auszug mit Schreiben vom 10. Dezember 2004, also mindestens achtzehn
Kalendertage nach ihrem schriftlichen Antrag, den sie mit Fernkopie und Einschreibebrief vom 22.
November 2004 bei der Kommission gestellt hatte, übermittelt worden ist. Diese geringfügige
Verzögerung hat die Klägerin nicht in ihrer Möglichkeit beeinträchtigt, ihre Rechte vor dem Gericht
geltend zu machen, und kann allein nicht zur Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung
führen. Aus den Akten geht nämlich hervor, dass die Klägerin alle in diesem Auszug erhaltenen
Informationen verwendet hat, um die vorliegende Klage zu erheben (vgl. in diesem Sinne Urteil vom
10. September 2008, Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 133 angeführt, Randnr. 52).
142 Aus alledem ist zu schließen, dass die Begründung der angefochtenen Entscheidung es der Klägerin
ermöglichte, ihre Rechte vor dem Gericht geltend zu machen, und diesem, seine Kontrollaufgabe
wahrzunehmen. Daher ist der vorliegende Klagegrund zurückzuweisen.
1. Vorbringen der Parteien
143 Die Klägerin macht geltend, die betreffende GD habe dadurch einen offensichtlichen
Beurteilungsfehler begangen, dass sie die Qualität ihres Angebots nicht richtig und nicht objektiv
beurteilt habe und zu dem Ergebnis gekommen sei, dass diese unter der des Angebots des
ausgewählten Bieters liege.
144 Im Rahmen dieses Klagegrundes macht die Klägerin erstens geltend, die Entscheidung des
Bewertungsausschusses sei auf ungenaue Annahmen gestützt, da die betreffende GD zur Festlegung
der endgültigen Reihenfolge keine objektive, im Voraus festgelegte und den Bietern bekannte
Methodik verfolgt habe.
145 Zweitens weist die Klägerin darauf hin, dass der allgemeine Charakter der angewandten Kriterien und
die fehlende Kenntnis der Bieter von der genauen Art der vertraglichen Aufgabe zu einer subjektiven
Bewertung der Angebote geführt hätten.
146
Schließlich
beanstandet
die
Klägerin
bestimmte
spezifische
Anmerkungen
des
Bewertungsausschusses, die das Vorliegen offensichtlicher Beurteilungsfehler bei der Bewertung ihres
Angebots erkennen ließen.
147 Die Kommission tritt dem Vorbringen der Klägerin entgegen.
2. Würdigung durch das Gericht
148 Nach ständiger Rechtsprechung verfügt der öffentliche Auftraggeber bei der Beurteilung der
Gesichtspunkte, die bei einer Entscheidung über die Vergabe eines ausgeschriebenen Auftrags zu
berücksichtigen sind, über einen weiten Spielraum; die Kontrolle durch das Gericht muss sich auf die
Prüfung beschränken, ob die Verfahrensvorschriften und die Begründungspflicht beachtet wurden, der
Sachverhalt
richtig
ermittelt
wurde
und
kein
offensichtlicher
Beurteilungsfehler
oder
Ermessensmissbrauch vorliegt (Urteile des Gerichts vom 27. September 2002, Tideland
Signal/Kommission, T-211/02, Slg. 2002, II‑3781, Randnr. 33, und vom 6. Juli 2005, TQ3 Travel Solutions
Belgium/Kommission, T‑148/04, Slg. 2005, II‑2627, Randnr. 47; vgl. in diesem Sinne auch Urteil des
Gerichtshofs vom 23. November 1978, Agence européenne d’intérims/Kommission, 56/77, Slg. 1978,
2215, Randnr. 20).
149 Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass die Klägerin sich im Wesentlichen auf zwei Gesichtspunkte
stützt, um das Vorliegen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers des öffentlichen Auftraggebers
darzutun.
150 Erstens macht sie geltend, die betreffende GD habe zur Festlegung der endgültigen Reihenfolge
keine objektive, im Voraus festgelegte und den Bietern bekannte Methodik verfolgt. Sie beruft sich
auch darauf, dass die Bieter die Art der zu erbringenden Vertragsaufgaben nicht gekannt hätten und
dass die Zuschlagskriterien allgemeinen Charakter gehabt hätten, und schließt daraus, dass die
Bewertung der Angebote subjektiv und auf ungenaue Annahmen gegründet worden sein müsse.
151 Die Klägerin beschränkt sich jedoch auf allgemeine Behauptungen, die nicht durch irgendeinen Beleg
untermauert und bekräftigt werden. Mit ihrem Vorbringen wiederholt sie das Vorbringen zum ersten
und zum zweiten Klagegrund, die das Gericht zurückgewiesen hat. Außerdem fehlt es an jeglichem
Vortrag der Klägerin, warum alle diese vermeintlichen Fehler des öffentlichen Auftraggebers zu
ungenauen Annahmen und einer subjektiven Bewertung der Angebote geführt hätten. Deshalb ist zu
schließen, dass dieses Vorbringen den vorliegenden Klagegrund nicht stützen kann.
152 Zweitens tritt die Klägerin bestimmten spezifischen Anmerkungen des Bewertungsausschusses zum
Angebot des Konsortiums Evropaïki Dynamiki‑Steria entgegen.
153 Die Klägerin rügt erstens die Anmerkung des Bewertungsausschusses, wonach „[d]as Angebot …
einen Mangel an Verständnis der Verdingungsunterlagen [aufweist], indem auf Tätigkeiten Bezug
genommen wird, die schon erbracht worden sind oder bei Inkrafttreten des Vertrags erbracht sein
werden“. Die Klägerin bestreitet die Stichhaltigkeit dieser Anmerkung, die sie als subjektiv und
ungerecht bewertet, und macht im Wesentlichen geltend, wenn es ein Missverständnis gegeben habe,
beruhe dieses darauf, dass die Klägerin zur Vorlage eines Angebots für ein Projekt aufgefordert
worden sei, dessen Spezifikationen nicht bekannt gewesen seien. Im Übrigen sei eine solche
Anmerkung jedenfalls ungenau, und es sei nicht möglich, sie zu entkräften.
154 Die erwähnte Anmerkung des Bewertungsausschusses bezieht sich auf das erste Zuschlagskriterium
des fraglichen Auftrags, die „Eignung der vorgeschlagenen Strategie zur Durchführung der
Vertragsaufgaben“. Im Hinblick auf dieses Kriterium erhielt das Angebot des Konsortiums Evropaïki
Dynamiki‑Steria eine Note von 23,2/40, während das ausgewählte Angebot eine Note von 35,1/40
erhielt.
155 Festzustellen ist auch hierzu, dass die Klägerin bei ihrer Kritik an der erwähnten Anmerkung die
Argumente wieder aufnimmt, die sie im Rahmen des ersten Klagegrundes geltend gemacht hat, den
das Gericht zurückgewiesen hat. Im Übrigen hat die Klägerin durch bloße Behauptungen nicht die
Stichhaltigkeit ihres Vorbringens zu dem ihrer Ansicht nach subjektiven, ungerechten und ungenauen
Charakter der erwähnten Anmerkung nachgewiesen. Die kritischen Bemerkungen der Klägerin zu der
vorgenannten Anmerkung des Bewertungsausschusses belegen daher nicht die Fehlerhaftigkeit
dieser Anmerkung, und noch weniger belegen sie das Vorliegen eines offensichtlichen
Beurteilungsfehlers im Hinblick auf ihr Angebot.
156 Zweitens stellt die Klägerin die Anmerkung des Bewertungsausschusses in Frage, wonach „[d]as
Angebot … einige Widersprüche [aufweist], insbesondere hinsichtlich der Planung: z. B. beginnen
einige Entwicklungstätigkeiten bereits vor Beginn der Spezifikationen“. In ihrer Antwort auf eine
schriftliche Frage des Gerichts hat die Klägerin festgestellt, eine sorgfältige Prüfung der in ihrem
Angebot enthaltenen Gantt-Diagramme zeige, dass sie entgegen der Anmerkung des
Bewertungsausschusses davon ausgegangen sei, dass die Entwicklungstätigkeiten außer in einigen
gerechtfertigten Ausnahmefällen nach den mit den Spezifikationen zusammenhängenden Tätigkeiten
begännen.
157 Auch diese von der Klägerin bestrittene Anmerkung des Bewertungsausschusses bezieht sich auf das
erste Zuschlagskriterium des fraglichen Auftrags.
158 Nach Prüfung der von der Klägerin vorgelegten Gantt-Diagramme und unter Einbeziehung der
Antworten der Parteien auf die Fragen des Gerichts in der mündlichen Verhandlung ist festzustellen,
dass diese Diagramme tatsächlich den Eindruck erwecken, die Klägerin habe in ihrer Projektplanung
für den fraglichen Auftrag vorgesehen, dass zumindest einige mit der Spezifikation
zusammenhängende Tätigkeiten vor den entsprechenden Spezifizierungen beginnen sollten, so dass
die Anmerkung des Bewertungsausschusses zutrifft. Zwar hat die Klägerin in der mündlichen
Verhandlung im Wesentlichen vorgebracht, jegliches Missverständnis, das aus den Gantt-Diagrammen
herrühren könnte, sei darauf zurückzuführen, dass diese Diagramme in einem A4-Format sowohl bei
Gericht eingereicht als auch dem Angebot beigefügt worden seien; deswegen seien bestimmte
Informationen – die für das Verständnis der Planung des Projekts gemäß dem Angebot des
Konsortiums Evropaïki Dynamiki‑Steria erforderlich gewesen seien – nicht sichtbar gewesen. Sie habe
dieselben Gantt-Diagramme auch in ihr Angebot aufgenommen, aber im A3-Format, so dass die
einschlägigen, mit der Projektplanung zusammenhängenden Informationen sichtbar gewesen seien
und bewiesen sei, dass die Anmerkung des Bewertungsausschusses nicht zutreffe. Ungeachtet ihrer
von der Klägerin behaupteten Bedeutung ist jedoch festzustellen, dass die Diagramme im A3‑Format
dem Gericht nicht zur Verfügung gestanden haben.
159 Selbst unterstellt, das Vorbringen der Klägerin sei begründet, ist jedenfalls festzustellen, dass es sich
auf das erste Zuschlagskriterium des fraglichen Auftrags bezieht. Wie aus den oben in Randnr. 22
angeführten Tabellen hervorgeht, hätte die Klägerin aufgrund der mit ihrem Angebot erzielten
Punktzahl in Bezug auf die drei anderen Zuschlagskriterien den Auftrag nicht erhalten können, selbst
wenn das Angebot der Klägerin die Höchstpunktzahl für dieses Zuschlagskriterium, also 40/40,
erhalten hätte.
160 Unter diesen Umständen ist zu schließen, dass die Klägerin den fehlerhaften Charakter der fraglichen
Anmerkung des Bewertungsausschusses nicht dargetan hat und dass sie jedenfalls in keiner Weise
dargetan hat, dass die von ihr als fehlerhaft gerügte Anmerkung auf einen offensichtlichen
Beurteilungsfehler bei der Bewertung ihres Angebots zurückzuführen ist.
161 Drittens bestreitet die Klägerin folgende Anmerkung des Bewertungsausschusses:
„Das Angebot enthält eine detaillierte Beschreibung der Cosmic‑FFP‑Methode, aber die für die
Schätzungen vorgeschlagenen Tools (Calico und Costar) sind nur für Schätzungen auf der Grundlage
der Cocomo‑II‑Methode geeignet. Dies ist inkohärent (siehe Abschnitt 4.1.3.5.1 [des Angebots]).“
162 Diese Anmerkung bezieht sich auf das zweite Zuschlagskriterium des streitigen Auftrags, die „Eignung
der Methoden, der Tools, des Qualitätsumfelds und der Qualitätsverfahren, die zur Durchführung der
Aufgaben vorgeschlagen werden“. Hinsichtlich dieses Zuschlagskriteriums hat das erwähnte Angebot
eine Note von 16,7/30 erhalten, während das ausgewählte Angebot eine Note von 24,5/30 erhalten
hat.
163 Die Kommission hat in ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung festgestellt, dass die
vom Bewertungsausschuss festgestellte Inkohärenz darin bestanden habe, dass die Klägerin in ihrem
Angebot zwar entgegen der Anforderung der Ausschreibung die Tools beschrieben habe, die sie für
die Anwendung der Cocomo-Methode verwenden wolle, die Infrastruktur für die Anwendung der in den
Verdingungsunterlagen vorgeschriebenen Cosmic‑FFP‑Methode aber nicht erläutert habe. Außerdem
habe die Klägerin nicht angegeben, welche Verbindung zwischen den beiden in ihrem Angebot
erwähnten Verfahren, Cocomo und Cosmic‑FFP, bestehe, und welche Verbindung zwischen der
Cocomo‑Methode, die sie ohne ersichtlichen Grund in ihrem Angebot erwähne, und dem System
bestehe, das Gegenstand des fraglichen Auftrags sei.
164 In ihrer Antwort auf eine schriftliche Frage des Gerichts hat die Klägerin geltend gemacht, es sei nicht
als Inkohärenz anzusehen, dass sie in ihrem Angebot auf die Cocomo-Methode Bezug nehme, und der
Grund, weshalb sie für die Cosmic‑FFP‑Methode keine spezifischen Tools vorgeschlagen habe, habe
darin bestanden, dass solche spezifischen Tools nicht erforderlich gewesen seien. Auch der
ausgewählte Bieter habe keine entsprechenden Tools für sein Angebot vorgeschlagen.
165 Zunächst ist festzustellen, dass die Verdingungsunterlagen für den fraglichen Auftrag zur Schätzung
des Aufwands, der für die Durchführung bestimmter, mit dem fraglichen Auftrag verbundener EDV-
Tätigkeiten erforderlich ist, das Verfahren Cosmic‑FFP vorschreiben. Auch aus der Prüfung des
Abschnitts 4.1.3.5.1 des Angebots des Konsortiums Evropaïki Dynamiki-Steria ergibt sich, dass darin
sehr kurz und in allgemeinen Worten auf die Cocomo-Methode sowie die Tools Calico und Costar Bezug
genommen wird. Schließlich wirft der Bewertungsausschuss nicht nur dem erwähnten Konsortium,
sondern auch dem ausgewählten Bieter vor, die Tools, die im Rahmen des Cosmic‑FFP‑Verfahrens
verwendet würden, nicht beschrieben zu haben.
166 Die Klägerin hat nichts dafür vorgebracht, dass die oben in Randnr. 161 erwähnte Anmerkung des
Bewertungsausschusses aufgrund dieser Tatsachen, die nicht bestritten werden, unrichtig sei oder
der öffentliche Auftraggeber aufgrund dieser Anmerkung sogar zu einer offensichtlich unrichtigen
Bewertung des Angebots des Konsortiums Evropaïki Dynamiki‑Steria gelangt sei; vor allem beruht die
diesem Angebot erteilte Note in Bezug auf das zweite Zuschlagskriterium des fraglichen Auftrags nicht
nur auf einer einzigen Analyse, sondern ist auch auf die anderen Anmerkungen gegründet, die der
Bewertungsausschuss zusammen abgegeben hat (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. Juli 2007,
Evropaïki Dynamiki/Kommission, oben in Randnr. 133 angeführt, Randnr. 106).
167 Viertens tritt die Klägerin der Anmerkung des Bewertungsausschusses entgegen, wonach „RUP … in
dem gesamten Angebot [des Konsortiums Evropaïki Dynamiki‑Steria] als ‚die‘ Methode des
Projektmanagements dargestellt [wird, obwohl] der Software-Vorschlag für die Entwicklung der
Umgebung … keine IBM-Rational-Lizenz [enthält]“. Diese Anmerkung bezieht sich ebenfalls auf das
zweite Zuschlagskriterium des fraglichen Auftrags.
168 Die Kommission hat in ihren Schriftsätzen und in der mündlichen Verhandlung festgestellt, dass der
Bewertungsausschuss mit dieser Anmerkung auf eine Inkohärenz in dem Angebot des Konsortiums
Evropaïki Dynamiki‑Steria hingewiesen habe, die darin bestehe, dass dieses Angebot zwar wiederholt
RUP als „die“ anzuwendende Methode bezeichnet, aber nicht angegeben habe, ob das Konsortium
eine IBM‑Rational-Lizenz besitze, die für diese Methode erforderlich sei, und damit die Frage offen
gelassen habe, wer – die Klägerin oder der öffentliche Auftraggeber – die Kosten für die Verwendung
dieser Computersoftware tragen müsse.
169 Nach Ansicht der Klägerin war die erwähnte Anmerkung geeignet, einen Irrtum bei dem öffentlichen
Auftraggeber herbeizuführen; sie sei zudem irrelevant. Die Kosten der erforderlichen Lizenzen seien von
der Klägerin zu tragen; es habe daher keinen Grund gegeben, die Ausführungen des Angebots hierzu
zu erwähnen, da die Ausschreibung diese nicht verlangt habe. Es sei offensichtlich, dass sie für die
Durchführung ihrer Arbeit Software verwende, für die sie eine Lizenz besitze.
170 Hierzu genügt die Feststellung, dass dieses Vorbringen der Klägerin allgemein ist und durch keinen
Beweis gestützt wird. Es ist daher nicht geeignet, die Fehlerhaftigkeit der erwähnten Anmerkung des
Bewertungsausschusses oder gar das Vorliegen eines offensichtlichen Beurteilungsfehlers des
öffentlichen Auftraggebers darzutun.
171 Fünftens bestreitet die Klägerin die Relevanz der Anmerkung des Bewertungsausschusses, wonach,
„[o]bwohl Erfahrung auf dem Gebiet der Zölle und Verbrauchsteuern in ihrem Angebot als
unverzichtbar genannt wird, … ihr Vorschlag praktisch auf keine solchen Kompetenzen [hinweist]“.
Diese Anmerkung bezieht sich auf das dritte Zuschlagskriterium des fraglichen Auftrags, die „Eignung
der vorgeschlagenen Teamorganisation zur Durchführung der Aufgaben“. In Bezug auf dieses
Zuschlagskriterium erhielt das Angebot des Konsortiums Evropaïki Dynamiki‑Steria eine Note von
14,5/20, während das ausgewählte Angebot eine Note von 17,6/20 erhielt.
172 Erstens hebt die Klägerin hervor, die erwähnte Anmerkung sei nicht begründet, da das Konsortium
Evropaïki Dynamiki‑Steria über Erfahrung auf dem Gebiet der Zölle und Verbrauchsteuern verfüge und
diese Erfahrung in dem Angebot beschrieben worden sei. Zweitens bemerkt die Klägerin, es habe
keinen Grund gegeben, detaillierte Informationen hierzu in das Angebot aufzunehmen, da die
Ausschreibung dies nicht verlangt habe und die Verdingungsunterlagen diese „Kompetenz“ nicht
gefordert hätten. Schließlich liege darin, dass die mäßige Bewertung ihres Angebots damit
gerechtfertigt worden sei, dass es dem Konsortium Evropaïki Dynamiki‑Steria an Erfahrung auf dem
Gebiet der Zölle und Verbrauchsteuern fehle, eine Verletzung der Ausschreibung, da diese Erfahrung
darin nicht als Zuschlagskriterium genannt werde.
173 Die Kritik der Klägerin bezieht sich sowohl auf die Relevanz der Anmerkung des
Bewertungsausschusses als auch auf ihre inhaltliche Fehlerfreiheit.
174 Zur Relevanz der Anmerkung ist festzustellen, dass der Bewertungsausschuss ungeachtet der
Tatsache, dass die Verdingungsunterlagen keine Erfahrung der Bieter auf dem Gebiet der Zölle und
Verbrauchsteuern forderten, mit dieser Anmerkung lediglich auf das Vorliegen einer Inkohärenz im
Angebot des Konsortiums Evropaïki Dynamiki‑Steria hinweisen wollte. Diese Inkohärenz bestand darin,
dass das Konsortium behauptete, der Bieter müsse, um ausgewählt zu werden, Erfahrung auf dem
Gebiet der Zölle und Verbrauchsteuern besitzen, dass sein Angebot jedoch keine solche Erfahrung
auswies.
Entgegen
dem
Vorbringen
der
Klägerin
war
eine
solche
Anmerkung
des
Bewertungsausschusses geeignet, dem öffentlichen Auftraggeber eine sinnvolle Information zu geben.
175 Was die inhaltliche Fehlerfreiheit der Anmerkung anbelangt, ist hervorzuheben, dass diese
Anmerkung der Kommission zufolge Abschnitt 6.3.1 des Angebots des Konsortiums Evropaïki
Dynamiki‑Steria betrifft, wo angegeben sei, dass die vorgeschlagenen Betriebsanalysten (business
analysts)
über
„nachgewiesene
Erfahrung
auf
dem
Gebiet
der
Verbrauchsteuern/des
Steuerwesens/der Zölle in der EU“ verfügten. Der Bewertungsausschuss habe die Auffassung
vertreten, in den von der Klägerin vorgelegten Lebensläufen der Betriebsanalysten sei keine solche
Erfahrung erfasst. Die Klägerin war nicht in der Lage, diese Aussagen der Kommission zu entkräften.
Unter
diesen
Umständen
ist
die
Fehlerhaftigkeit
der
fraglichen
Anmerkung
des
Bewertungsausschusses nicht dargetan.
176 Schließlich tritt die Klägerin der Anmerkung des Bewertungsausschusses zum zweiten
Zuschlagskriterium entgegen, in der dem Angebot des Konsortiums Evropaïki Dynamiki‑Steria
vorgeworfen wird, es enthalte vor allem im Hinblick auf den Aufbau und die verwendeten EDV-
Instrumente Standardreferenzen, die nicht gerechtfertigt seien und keinen Bezug zu den Zielen des
EMCS aufwiesen. Die Klägerin tritt auch der Anmerkung des Bewertungsausschusses zum vierten
Zuschlagskriterium entgegen, dass das Angebot des Konsortiums Evropaïki Dynamiki‑Steria
allgemeinen Charakter habe. Es ist jedoch erneut festzustellen, dass die Klägerin bloße Behauptungen
vorbringt, allgemein argumentiert und ihren Behauptungen keine Beweise beifügt. Diese Rügen sind
daher zurückzuweisen.
177 Vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass das Vorgehen der Klägerin, das darauf abzielt, bestimmten
spezifischen Anmerkungen des Bewertungsausschusses entgegenzutreten, nicht erheblich ist, da sie
in keiner Weise dartut, wie diese aus ihrer Sicht fehlerhaften Anmerkungen zu einem offensichtlichen
Beurteilungsfehler im Hinblick auf das Angebot des Konsortiums Evropaïki Dynamiki‑Steria führen
können. Hierzu müsste die Klägerin vor allem erklären, wie die ihres Erachtens fehlerhafte Anmerkung
die von ihrem Angebot erzielte Note beeinflusse. Die Klägerin hat eine solche Erklärung nicht gegeben.
178 Aus alledem ist zu schließen, dass die Klägerin das Vorliegen offensichtlicher Beurteilungsfehler des
öffentlichen Auftraggebers im Rahmen der Bewertung des Angebots des Konsortiums Evropaïki
Dynamiki‑Steria nicht dargetan hat. Der vorliegende Klagegrund ist daher zurückzuweisen.
179 Folglich ist die Klage abzuweisen.
Kosten
180 Die Klägerin beantragt, der Kommission sämtliche Kosten aufzuerlegen, selbst wenn ihre Klage
abgewiesen werde. Mangels fristgemäßer Übermittlung einer hinreichenden Begründung durch die
betreffende GD habe sie die Erfolgsaussichten für eine Anfechtung der Entscheidung der Kommission
nicht in vollem Umfang einschätzen können und sei daher gezwungen gewesen, zur Wahrung ihrer
Rechte die vorliegende Klage zu erheben.
181 Nach Auffassung der Kommission findet dieser Antrag keine Rechtfertigung im Gemeinschaftsrecht.
182 Nach Art. 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur
Tragung der Kosten zu verurteilen.
183 Außerdem sieht Art. 87 § 3 der Verfahrensordnung vor:
„Das Gericht kann die Kosten teilen oder beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt,
wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt oder wenn ein außergewöhnlicher Grund gegeben ist.
Das Gericht kann auch der obsiegenden Partei die Kosten auferlegen, die sie der Gegenpartei ohne
angemessenen Grund oder böswillig verursacht hat.“
184 Im vorliegenden Fall ist insbesondere festgestellt worden, dass der vierte Klagegrund, der auf dem
Fehlen sachdienlicher Informationen und einem Begründungsmangel beruht, nicht begründet ist. Im
Übrigen gibt es für das Gericht auch keinen anderen Grund, von der Regelung in Art. 87 § 2
abzuweichen. Der Antrag der Klägerin ist daher zurückzuweisen.
185 Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr, wie von der Kommission beantragt, die
Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen hat
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Evropaïki Dynamiki – Proigmena Systimata Tilepikoinonion Pliroforikis kai
Tilematikis AE trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Europäischen
Kommission.
Azizi
Cremona
Frimodt Nielsen
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 19. März 2010.
Unterschriften
Inhaltsverzeichnis
Rechtlicher Rahmen
Sachverhalt
I – EDV-gestütztes System zur innergemeinschaftlichen Beförderung und
Kontrolle der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren (EMCS)
II – Vergabe des fraglichen Auftrags
Verfahren und Anträge der Parteien
Rechtliche Würdigung
I – Zur Zulässigkeit
A – Vorbringen der Parteien
B – Würdigung durch das Gericht
II – Zur Begründetheit
A – Zum ersten Klagegrund: Verstoß gegen den Grundsatz der
Nichtdiskriminierung und den Grundsatz des freien Wettbewerbs
1. Vorbringen der Parteien
2. Würdigung durch das Gericht
a) Zum ersten Teil des Klagegrundes: Fehlen der Spezifikationen des
EMCS
b) Zum zweiten Teil des Klagegrundes: mangelnde Bekanntgabe des
NCTS-Quellcodes
Zu dem den ausgewählten Bieter begünstigenden unterschiedlichen
Informationsstand
Zum Nutzen des NCTS-Quellcodes für die Abfassung der Angebote
B – Zum zweiten Klagegrund: Verstoß gegen die Haushaltsordnung, die
Durchführungsbestimmungen und die Richtlinien 92/50 und 2004/18
1. Vorbringen der Parteien
2. Würdigung durch das Gericht
C – Zum fünften Klagegrund: Verstoß gegen die Grundsätze der
ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfalt
1. Vorbringen der Parteien
2. Würdigung durch das Gericht
D – Zum vierten Klagegrund: Fehlen sachdienlicher Informationen und
Begründungsmangel
1. Vorbringen der Parteien
2. Würdigung durch das Gericht
E – Zum dritten Klagegrund: offensichtliche Beurteilungsfehler des
öffentlichen Auftraggebers bei der Bewertung des Angebots der Klägerin
1. Vorbringen der Parteien
2. Würdigung durch das Gericht
Kosten
Verfahrenssprache: Englisch.