Urteil des EuG vom 14.07.1997

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URTEIL DES GERICHTS (Erste Kammer)
14. Juli 1997
„Sozialpolitik — Europäischer Sozialfonds — Zuschuß zur Finanzierung von Maßnahmen der beruflichen
Bildung — Nichtigkeitsklage — Übermittlung der Genehmigungsentscheidung — Entscheidung über den
Antrag auf Restzahlung — Rechtssicherheit — Berechtigtes Vertrauen — Begründung“
In der Rechtssache T-81/95
Interhotel
Lissabon, Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte José Miguel Alarcão Júdice, Nuno Morais Sarmento und
Gabriela Rodrigues Martins, Lissabon, Zustellungsanschrift: Kanzlei des Rechtsanwalts Victor Gillen, 16,
boulevard de la Foire, Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften
durch Günter Wilms, Juristischer Dienst, als Bevollmächtigte, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez de
la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,
Beklagte,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung C(94)1410/11 der Kommission vom 12. Juli 1994 über einen
Zuschuß des Europäischen Sozialfonds zu einer Bildungsmaßnahme, der Klägerin zugestellt am 27.
Dezember 1994 unter dem Aktenzeichen 870840/P1,
erläßt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten A. Saggio sowie der Richterin V. Tiili und des Richters R. M. Moura Ramos,
Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 15. Januar 1997,
folgendes
Urteil
Sachverhalt und Verfahren
1.
Mit Entscheidung vom 30. April 1987 genehmigte die Kommission mit bestimmten Änderungen ein
Vorhaben, für das das Departamento para os Assuntos do Fundo Social Europeu (Abteilung für
Angelegenheiten des Europäischen Sozialfonds; nachstehend: DAFSE) in Lissabon für das
Haushaltsjahr 1987 zugunsten der Klägerin einen Antrag auf Zuschuß gestellt hatte, der die Nummer
870840/P1 erhalten hatte. Während die Klägerin beim Europäischen Sozialfonds (nachstehend: ESF)
für die Ausbildung von 284 Personen einen Betrag von 152 466 071 ESC beantragt hatte, wurde ihr
vom ESF ein Zuschuß von 121 647 958 ESC für die Ausbildung von 277 Personen gewährt.
2.
Die Kommission übermittelte der DAFSE einen Vermerk mit der Überschrift „Anhang zur
Entscheidung C(87)0860 der Kommission“ (Anhang 1 der Klagebeantwortung), der folgende Daten
enthielt:
Zahl der betroffenen Personen 277
Beantragter Betrag
152 466 071 ESC
Bewilligter Betrag
121 647 958 ESC
Nicht zuschußfähig
27 766 349 ESC
Kürzung
3 051 763 ESC
Insgesamt abgelehnter Betrag 30 818 112 ESC
3.
Die DAFSE unterrichtete am 27. Mai 1987 die Klägerin von dieser Entscheidung mit einem
Schreiben, in dem der bewilligte Betrag und die genehmigte Personenzahl angegeben waren (Anhang
4 der Klageschrift). In diesem Schreiben wurde darauf hingewiesen, daß die Zuschüsse des
Europäischen Sozialfonds Mittel seien, die unter der Bedingung vergeben würden, daß die Maßnahme
unter Einhaltung der Gemeinschaftsvorschriften durchgeführt werde, und daß die Nichteinhaltung
dieser Bedingung die Rückzahlung der Vorschüsse und die Einbehaltung des Restbetrags nach sich
ziehe. Außerdem war darin hervorgehoben, daß jede Veränderung gegenüber den Angaben in den
Antragsunterlagen der DAFSE mitzuteilen sei.
4.
Die Maßnahme wurde im Jahr 1987 durchgeführt. Mit dem Rundschreiben Nr. 10/87 vom 8. Januar
1987, das die Klägerin ihren Angaben zufolge am 29. Juni 1987 erhielt, forderte die DAFSE die
Empfänger von ESF-Zuschüssen auf, die Zeiten der praktischen Ausbildung auf eine der
theoretischen Ausbildung entsprechende Dauer zu kürzen. Um den Anforderungen des
Rundschreibens nachzukommen, kürzte die Klägerin die vorgesehene Zahl der Stunden praktischer
Ausbildung um 36,13 %. Sie behauptet, sie habe von sich aus auch die Kosten in sämtlichen Ansätzen
des Haushalts für die Maßnahme proportional um 36,13 % gekürzt.
5.
Die Klägerin erhielt einen Vorschuß von 50 % des ESF-Zuschusses, d. h. einen Vorschuß von 60 823
979 ESC. Als die Maßnahme abgeschlossen war, reichte sie einen Antrag auf Restzahlung ein, in dem
sie vom ESF einen Betrag von 73 496 941 ESC verlangte, d. h. den Betrag des Vorschusses zuzüglich
12 672 962 ESC.
6.
Am 19. Juli 1989 unterrichtete die DAFSE die Klägerin, daß der Zuschuß des ESF gemäß einer dieser
Mitteilung beiliegenden Entscheidung der Kommission im Ergebnis 42 569 539 ESC nicht übersteigen
könne, weil bestimmte Ausgaben betreffend die Punkte 14.1, 14.2, 14.3, 14.6 und 14.8 des
Formblatts nicht zuschußfähig seien, „da eine der Herabsetzung der Bildungsstunden entsprechende
Kürzung nicht erfolgt ist und bestimmte Bedingungen des ursprünglichen Vorschlags nicht
eingehalten worden sind (14.1)“.
7.
Auf Klage der Klägerin wurde diese Entscheidung der Kommission vom Gerichtshof für nichtig
erklärt, weil die Kommission der Portugiesischen Republik vor Erlaß der endgültigen Entscheidung
über die Kürzung des Zuschusses keine
Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte (Urteil des Gerichtshofes vom 7. Mai 1991 in der
Rechtssache C-291/89, Interhotel/Kommission, Slg. 1991, I-2257).
8.
Zur Vorbereitung einer neuen Entscheidung über den Antrag der Klägerin auf Restzahlung
übermittelte die Kommission der DAFSE am 6. August 1991 einen ersten Entscheidungsentwurf. Mit
Schreiben vom 26. August 1991 teilte ihr die DAFSE mit, daß sie mit bestimmten der vorgeschlagenen
Kürzungen nicht einverstanden sei.
9.
Am 9. Februar 1993 stellte die Klägerin bei der Kommission den Antrag, innerhalb der im Vertrag
vorgesehenen Fristen, d. h. innerhalb von zwei Monaten ab Antragstellung, eine neue Entscheidung zu
erlassen.
10.
Nach der Stellungnahme der DAFSE und dem in der vorstehenden Randnummer genannten Antrag
der Klägerin führte die Kommission am 19. Februar 1993 eine Prüfung durch, die am 18. März 1993
fortgesetzt wurde, um die Belege für die Durchführung der Maßnahme an Ort und Stelle nachzuprüfen.
Die Klägerin hatte während dieser Prüfung Gelegenheit, Stellung zu nehmen. Nach Angaben der
Kommission waren nur wenige Belege verfügbar, deren Auswertung schwierig gewesen sei,
insbesondere weil bestimmte Arbeiten von der Klägerin an einen Unterauftragnehmer, Partex,
vergeben worden seien, der seinerseits zwei Unterauftragnehmer, Europraxis und Fortécnica,
beauftragt habe. Daher seien die Bücher der Unterauftragnehmer des von der Klägerin
eingeschalteten Unterauftragnehmers überprüft worden. Die Ergebnisse dieser Überprüfung seien in
der Zeit vom 24. bis 26. Mai 1993 von einer Arbeitsgruppe, in der die Kommission und die DAFSE
vertreten gewesen seien, untersucht worden.
11.
Danach, am 12. November 1993, übermittelte die Kommission der DAFSE mit einem Vermerk Nr.
22917 einen neuen Entscheidungsentwurf, wonach der Zuschuß des ESF auf 41 190 905 ESC
festgesetzt würde, sofern die Stellungnahme der DAFSE nicht zu einer Änderung dieses Betrages
führe.
12.
Dieser Vermerk enthält eine Reihe von Erläuterungen zu den vorgeschlagenen Kürzungen.
Zunächst wird darin darauf hingewiesen, daß die im Antrag auf Restzahlung angegebenen Zeiten der
Kurse von den Verzeichnissen über die Anwesenheit der Auszubildenden und den Berichten des
Lehrpersonals abwichen. Es sei weiter nicht möglich gewesen, die Aufteilung der Ausbildungsdauer
auf den theoretischen und den praktischen Teil zu bestätigen. Schließlich habe nicht festgestellt
werden können, wann welche Kurse stattgefunden hätten.
Was die verschiedenen Rubriken des Antrags auf Restzahlung anbelangt, wurden die Kürzungen im
einzelnen wie folgt begründet:
14.1 Entgelte der Auszubildenden
Ausbildungsbeihilfen
3 180 878 ESC
— Nach den Feststellungen haben 56 Auszubildende keine zuschußfähige praktische Ausbildung
erhalten, daher eine entsprechende Kürzung gemäß beiliegender Berechnung.
14.2 Vorbereitung der Kurse
Einstellung und Auswahl der Auszubildenden
1 456 000 ESC
— Nach den Feststellungen sind in der Rechnung der Partex ebenso wie im Antrag auf
Restzahlung 490 Tests zum Einheitspreis von 7 000 ESC genannt, während diese Arbeiten durch eine
dritte Einrichtung durchgeführt wurden, die der Partex die Durchführung von 282 Tests zu
Einheitskosten von 12 000 ESC in Rechnung stellte. Folglich wurden, da die Partex keine zusätzliche
Leistung erbracht hatte, die Kosten für 282 Auszubildende auf 7 000 ESC pro Einheit festgesetzt.
Vervielfältigung von Schriftstücken
1 183 680 ESC
— Diese Ausgabe war durch die Genehmigungsentscheidung nicht gedeckt, und sie war
angesichts der für Lehrmaterial angemeldeten Beträge und der Art der durchgeführten Maßnahme
nicht gerechtfertigt.
14.3 Ausführung und Verwaltung der Kurse
Lehrpersonal
21 705 954 ESC
— Diese Rubrik betrifft die Arbeitsentgelte, sowie die Fahrt-, Aufenthalts- und Verpflegungskosten
des Lehrpersonals.
Der Betrag für das Lehrpersonal wurde von Partex in voller Höhe in Rechnung gestellt; Partex
wandte sich ihrerseits an einen Unterauftragnehmer. Nach der bei dem Unterauftragnehmer
durchgeführten Überprüfung konnte festgestellt werden, daß Partex einen Vertrag geschlossen
hatte, nach dem der Unterauftragnehmer Kurse im Rahmen der von Interhotel und von einem anderen
Unternehmen, Grão-Pará, übernommenen Maßnahmen ungeachtet des Wertunterschieds
durchzuführen hatte. Der zuschußfähige Höchstbetrag für die Bildungsmaßnahmen wurde auf der
Grundlage der Kosten ermittelt, die dem Unterauftragnehmer für Lehrkräfte entstanden waren, die
Kurse für die Auszubildenden von Interhotel gehalten hatten, zuzüglich einer Brutto-Gewinnspanne von
50 %. Der zuschußfähige Höchstbetrag für die Bildungsmaßnahmen belief sich somit auf 10 613 646
ESC.
In bezug auf die Aufenthalts- und Verpflegungskosten des Lehrpersonals waren in dem
ursprünglichen Antrag zwei Fachkräfte und ein Direktor genannt. Die Kosten für die beiden Fachkräfte
waren in der Genehmigungsentscheidung abgelehnt worden, so daß für die Restzahlung als
zuschußfähig nur die Kosten für eine Führungskraft angesehen wurden. Der zuschußfähige Betrag von
462 000 ESC wurde auf der Grundlage der vorgesehenen und genehmigten Kosten von 700 ESC pro
Tag berechnet.
Verwaltungspersonal
2 912 955 ESC
— Die im Antrag auf Restzahlung genannten Ausgaben bezogen sich auf die Arbeit einer
Fachkraft und zweier Sekretärinnen, während in der Genehmigungsentscheidung nur der Betrag für
eine Sekretärin bewilligt worden war.
Aufenthalts-, Verpflegungs- und Fahrtkosten für nicht unterrichtendes Personal
2 409 940 ESC
— Die Ausgaben für Verwaltungspersonal und technisches nicht unterrichtendes und
nichtzuschußfähiges Personal (11 Personen) wurden in der Genehmigungsentscheidung in vollem
Umfang abgelehnt.
Verwaltung und Haushaltskontrolle
2 241 136 ESC
— Ungerechtfertigte und von der Genehmigungsentscheidung nicht gedeckte Ausgabe.
Besondere Arbeiten
2 363 000 ESC
— Ungerechtfertigte und von der Genehmigungsentscheidung nicht gedeckte Ausgabe.
Miete und Raumkosten
4 841 969 ESC
— Entsprechend den in der Genehmigungsentscheidung vorgesehenen und bewilligten Ansätzen
wurden nur tägliche Kosten von 8 000 ESC für die Miete bereits ausgestatteter Unterrichtsräume
anerkannt.
Material und nicht dauerhafte Güter
4 550 324 ESC
— Entsprechend den in der Genehmigungsentscheidung vorgesehenen und bewilligten Ansätzen
wurden Einheitskosten von 2 500 ESC pro Woche und pro Auszubildendem während der Zeit der
praktischen Ausbildung als zuschußfähig angesehen.
Andere Lieferungen und Dienstleistungen Dritter
1 777 183 ESC
— Ungerechtfertigte und von der Genehmigungsentscheidung nicht gedeckte Ausgabe.
14.6 Normale Abschreibung
3 668 700 ESC
— In der Genehmigungsentscheidung war die vorzeitige Abschreibung abgelehnt worden, und ihre
Neueinstufung als normale Abschreibung ist in der Phase des Antrags auf Restzahlung nicht
akzeptiert worden.
14.8 Unterbringungs- und Verpflegungskosten für die Auszubildenden
5 673 000 ESC
Diese Kosten waren in der Genehmigungsentscheidung weder vorgesehen noch anerkannt worden.
13.
Auf Verlangen der DAFSE reichte die Klägerin zu diesem Entscheidungsvorschlag am 17. Dezember
1993 ihre Stellungnahme ein. Die DAFSE ihrerseits übersandte der Kommission ihre Stellungnahme mit
Schreiben vom 7. Februar 1994, in dem sie anerkannte, daß die von der Kommission vorgeschlagenen
Kürzungen gerechtfertigt seien.
14.
Nachdem die Portugiesische Republik auf diese Weise gemäß Artikel 6 Absatz 1 der Verordnung
(EWG) Nr. 2950/83 des Rates vom 17. Oktober 1983 zur Anwendung des Beschlusses 83/516/EWG
über die Aufgaben des Europäischen Sozialfonds (ABl. L 289, S. 1) in der durch die Verordnung (EWG)
Nr. 3823/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 (ABl. L 370, S. 23) im Hinblick auf den Beitritt Spaniens
und Portugals geänderten Fassung gehört worden war, erließ die Kommission am 12. Juli 1994 eine
neue Entscheidung (C[94]1410/11), durch die der Zuschuß des ESF auf 41 190 905 ESC herabgesetzt
wurde (nachstehend: streitige Entscheidung). Nach dieser Entscheidung hatte die Überprüfung des
Antrags auf Restzahlung ergeben, daß aus den in dem Vermerk Nr. 22917 dargelegten Gründen ein
Teil des Zuschusses des ESF nicht entsprechend den in der Genehmigungsentscheidung
festgesetzten Bedingungen verwendet worden war. Diese Entscheidung wurde der Klägerin am 27.
Dezember 1994 mit einem Begleitschreiben der DAFSE zugestellt.
15.
Daraufhin hat die Klägerin mit Klageschrift, die am 9. März 1995 in das Register der Kanzlei des
Gerichts eingetragen worden ist, die vorliegende Klage erhoben. Das schriftliche Verfahren ist
ordnungsgemäß abgelaufen.
16.
Die Parteien haben in der Sitzung vom 15. Januar 1997 mündlich verhandelt und die schriftlichen
und mündlichen Fragen des Gerichts beantwortet.
Anträge
17.
Die Klägerin beantragt,
— die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären;
— der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
18.
Die Beklagte beantragt,
— die Klage als unbegründet abzuweisen;
— der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Gründe
19.
Die Klägerin macht zwei Klagegründe geltend. Sie rügt zum einen eine Verletzung allgemeiner
Rechtsgrundsätze, und zwar der Grundsätze des Schutzes wohlerworbener Rechte, der
Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sowie eine Verletzung des Grundsatzes der
ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfaltspflicht. Zum anderen rügt sie einen Verstoß gegen
die Begründungspflicht.
Zusammenfassung des Parteivorbringens
20.
Nach Auffassung der Klägerin ist die streitige Entscheidung wegen einer Verletzung allgemeiner
Rechtsgrundsätze, und zwar der Grundsätze des Schutzes wohlerworbener Rechte, der
Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, sowie einer Verletzung des Grundsatzes der
ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfaltspflicht durch die Kommission für nichtig zu erklären.
Sie weist auf die Bedeutung hin, die den allgemeinen Grundsätzen im Rahmen der Maßnahmen des
ESF zukomme, insbesondere wenn es um Maßnahmen gehe, die zum Verlust der Zahlung einer von
einem Mitgliedstaat oder einem einzelnen beantragten finanziellen Unterstützung führen könnten
(Urteil des Gerichtshofes vom 26. Mai 1982 in der Rechtssache 44/81, Deutschland/Kommission, Slg.
1982, 1855).
21.
Sie macht vorab geltend, daß ihr und der DAFSE im Jahr 1987, kurz nach dem Beitritt Portugals zu
den Europäischen Gemeinschaften, die Erfahrung auf diesem Gebiet gefehlt habe. Ferner hätte die
Kommission die damals in Portugal bestehenden Probleme der Anpassung der rechtlichen,
wirtschaftlichen und sozialen Lage berücksichtigen müssen. Sie verweist insoweit auf den Beschluß
86/221/EWG der Kommission vom 30. April 1986 über die Leitlinien für die Verwaltung des
Europäischen Sozialfonds in den Haushaltsjahren 1987 bis 1989 (ABl. L 153, S. 59). Selbst unter
diesen Umständen habe sie aber die geltende Regelung und die anwendbaren Anordnungen
eingehalten, und ihre Maßnahme habe den Zielen des ESF entsprochen. Sie verweist insoweit auf den
Beschluß 83/516/EWG des Rates
vom 17. Oktober 1983 über die Aufgaben des Europäischen Sozialfonds (ABl. L 289, S. 38) und auf die
Verordnung Nr. 2950/83.
22.
Die Genehmigungsentscheidung der Kommission, wie sie der Klägerin mitgeteilt worden sei, sei nur
mit der Festsetzung des ESF-Zuschusses auf 121 647 958 ESC und der Zahl der Auszubildenden auf
277 verknüpft gewesen. Es habe keinen Grund gegeben, anzunehmen, daß irgendeine zusätzliche
Überprüfung erforderlich sein werde. Unter diesen Umständen habe sie die Differenz zwischen dem in
dem Antrag auf Zuschuß angemeldeten und dem in der Genehmigungsentscheidung, wie sie ihr
übermittelt worden sei, genehmigten Betrag linear bzw. proportional auf sämtliche Rubriken aufgeteilt.
23.
Die von ihr bei der Aufteilung dieser Kürzungen angewandte Methode habe sie in ihrem Antrag auf
Zahlung eines Vorschusses dargelegt; diesem Antrag habe sie ein Schriftstück mit der Überschrift
„Überblick über die Situation“ beigelegt, in dem die durchzuführenden Bildungsstunden angegeben
gewesen seien. Die angewandte Methode ergebe sich auch aus dem zusammen mit dem Antrag auf
Restzahlung eingereichten quantitativen und qualitativen Bewertungsbericht. Weder die Kommission
noch die DAFSE hätten diesen Punkt beanstandet oder sich dazu geäußert. Die DAFSE habe sogar die
sachliche und rechnerische Richtigkeit der in dem Bewertungsbericht enthaltenen Angaben
bescheinigt.
24.
Sie habe also in der berechtigten Überzeugung gehandelt, daß die in dem ursprünglichen Antrag
auf Zuschuß enthaltenen Ausgaben, vorbehaltlich der nach der Genehmigungsentscheidung und dem
Rundschreiben der DAFSE vorgenommenen linearen Kürzung, ordnungsgemäß getätigt, anerkannt
und damit zuschußfähig seien. Jede andere Auslegung führe zu einer Verletzung der Grundsätze der
Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes sowie des Beschlusses 86/221.
25.
Die Entscheidung, mit der die DAFSE ihr die Bedingungen für die Genehmigung ihres Vorhabens
übermittelt habe, sei ein Verwaltungsakt, der ihr bestimmte Ansprüche gewähre und der auch dann
gültig sei, wenn er Teil eines umfassenderen und seitens der Kommission nicht abgeschlossenen
Entscheidungsfindungsprozesses sei. Die Rücknahme eines solchen Verwaltungsakts verletze ihre
rechtmäßigen Erwartungen und erworbenen Ansprüche.
26.
Zum angeblich fehlenden Nachweis bestimmter Ausgaben führt die Klägerin erstens aus, daß die in
Rechnung gestellten Beträge den seinerzeit üblichen Marktwerten entsprächen, zweitens seien die in
Rechnung gestellten Dienstleistungen tatsächlich erbracht worden, und drittens entsprächen die in
dem Antrag auf Restzahlung angegebenen Beträge den ihr wirklich entstandenen Kosten. In der
Sitzung hat sie hinzugefügt, daß es 1987 aufgrund der damals geltenden nationalen
Rechtsvorschriften ausgereicht habe, als Nachweis den
Vertrag vorzulegen, und daß erst seit 1988 Rechnungen mit Quittung verlangt würden.
27.
Was im einzelnen den Nachweis der Kosten in der Rubrik „Ausführung und Verwaltung der Kurse,
Lehrpersonal“ angehe, sei der ursprünglich genehmigte Betrag nicht überschritten worden. Auch
habe die Kommission in bezug auf die Kosten der Vorbereitung der Kurse nur die von der Partex der
Klägerin vorgelegte Rechnung beanstandet. Die Tests zur Auswahl der Auszubildenden seien
tatsächlich so durchgeführt worden, wie sie in Rechnung gestellt worden seien. Der in der Rubrik
„Material und nicht dauerhafte Güter“ angegebene Betrag entspreche den tatsächlichen Kosten und
habe als solcher berücksichtigt werden müssen. Zu der Rubrik „Normale Abschreibung“ wirft die
Klägerin der Kommission vor, daß sie in der Phase des Antrags auf Restzahlung die Berichtigung des in
dem Antrag auf Zuschuß enthaltenen Fehlers nicht zugelassen habe.
28.
Jedenfalls obliege es der Kommission, eine etwaige Unrichtigkeit der angegebenen Beträge bzw. der
Belege nachzuweisen, was sie nicht getan habe.
29.
In der Sitzung hat die Klägerin außerdem erklärt, daß sie im Bereich der Unterbringung und
Verpflegung der Auszubildenden zwar nichtvorgesehene Ausgaben gehabt habe; der Grund dafür sei
jedoch, daß sie die Maßnahme wegen der Verpflichtung zur Kürzung der Stundenzahl in der
Hauptsaison habe durchführen müssen und die Auszubildenden nicht, wie dies vorgesehen gewesen
sei, in Hotels habe unterbringen können.
30.
Zwischen der Eröffnung des Verfahrens und dem Erlaß der streitigen Entscheidung lägen etwa acht
Jahre. Dadurch sei ihr ein beträchtlicher Schaden entstanden, weil sie bis zu diesem Tag eine erhöhte
finanzielle Belastung habe tragen müssen, von der sie geglaubt habe, erwarten zu dürfen, daß sie die
Kommission tragen würde. Das Gericht möge beurteilen, inwieweit diese Zeitspanne möglicherweise
eine Verletzung der Grenzen und der Grundsätze darstelle, die für die Ausübung des Ermessens der
Kommission gälten. Außerdem sei es nach einer so langen Zeit offensichtlich unmöglich, den
Sachverhalt völlig zu rekonstruieren, da die Verantwortlichen, die für die Durchführung der Ausbildung
zuständig gewesen seien, nicht mehr zur Verfügung stünden, um Informationen zu liefern. Was ihre
Verpflichtung zur Aufbewahrung von Belegen angehe, habe bis zum 1. Januar 1989 eine Frist von fünf
Jahren gegolten, die erst auf zehn Jahre verlängert worden sei, als die Bildungsmaßnahmen bereits
abgeschlossen gewesen seien, auch wenn diese Änderung tatsächlich vor der Durchführung der
Prüfung an Ort und Stelle erfolgt sei.
31.
In ihrer Erwiderung macht die Klägerin außerdem geltend, daß die streitige Entscheidung nicht in
der durch den Vertrag vorgesehenen Frist erlassen worden sei, nämlich binnen zwei Monaten nach
Einreichung des darauf gerichteten Antrags.
32.
Die Beklagte macht geltend, daß sie es nicht versäumt habe, die Ordnungsmäßigkeit und
tatsächliche Entstehung von in dem Antrag auf Restzahlung aufgeführten Ausgaben nachzuprüfen.
Hinsichtlich der Ausgaben, die sie in der streitigen Entscheidung abgelehnt habe, weil sie bereits in
der Genehmigungsentscheidung als nicht zuschußfähig angesehen worden seien, sei sie erneut zu
dem Ergebnis gelangt, daß diese Ausgaben nicht zuschußfähig seien. Was die übrigen von ihr
vorgenommenen Kürzungen betreffe, seien bestimmte in der Genehmigungsentscheidung genehmigte
Ausgaben in dem Antrag auf Restzahlung nicht ausreichend nachgewiesen und folglich in der Phase
der Schlußprüfung nicht gerechtfertigt gewesen.
33.
Nach Auffassung der Beklagten, die darauf hinweist, daß die vorgeschlagene Maßnahme gar nicht
genehmigt worden wäre, wenn sie nicht den Zielen des ESF entsprochen hätte, geht es in der
vorliegenden Rechtssache um die Frage, ob der Träger der Maßnahme alle für ihre Durchführung
geltenden Vorschriften, insbesondere über den Nachweis der in dem Antrag auf Restzahlung
aufgeführten Ausgaben, beachtet hat. Dies sei nicht der Fall.
34.
Zur Art und Weise der Durchführung der Kürzungen und zu den von diesen betroffenen Punkten
erläutert die Beklagte, daß die Klägerin nur die Kosten der vorgeschlagenen Maßnahme durch die in
dem Vorschlag angegebene Zahl der Auszubildenden hätte zu teilen und dieses Ergebnis mit dem
hätte zu vergleichen brauchen, das bei der Teilung der Kosten der genehmigten Maßnahme durch die
genehmigte Zahl der Auszubildenden herausgekommen wäre, um festzustellen, daß die von der
Kommission in der Genehmigungsentscheidung insgesamt vorgesehene Kürzung nicht einer bloßen
linearen Kürzung entsprochen habe. Wenn nämlich die Kosten pro Auszubildendem niedriger gewesen
seien, bedeute dies, daß bestimmte Ausgaben von der Kommission nicht als zuschußfähig angesehen
worden seien. Die Beklagte macht unter Hinweis auf die Schlußanträge des Generalanwalts Darmon in
der Rechtssache C-291/89 (Nr. 28) geltend, daß es Sache des Trägers sei, voreiner Tätigung von
Ausgaben nachzuprüfen, ob die entsprechende Rubrik von der Kommission genehmigt worden sei,
wolle er nicht selbst für die Folgen einstehen müssen. Überdies sei weder sie noch die DAFSE über die
von der Klägerin vorgenommene lineare Kürzung der in dem ursprünglichen Antrag vorgesehenen
Ausgaben unterrichtet gewesen. Der Bewertungsbericht sei der Kommission nicht vollständig
zugesandt worden.
35.
In der der DAFSE übermittelten Genehmigungsentscheidung seien der beantragte Betrag, der
bewilligte Betrag, der Betrag der als nichtzuschußfähig angesehenen Ausgaben, die Kürzung und der
insgesamt abgelehnte Betrag klar angegeben. Diese Beträge hätten den Finanzierungsanteil des ESF,
d. h. 49,5 % der in dem Antrag auf Zuschuß vorgesehenen Gesamtkosten, gebildet. Der Kommission
sei nicht bekannt, ob die DAFSE der Klägerin diese Entscheidung in allen Einzelheiten oder nur den in
Anhang 4 der Klageschrift enthaltenen Vermerk (siehe oben, Randnr. 3) übermittelt habe.
36.
Falls die Klägerin nicht geprüft habe, ob die entsprechende Rubrik in der
Genehmigungsentscheidung bewilligt worden sei, könne sie sich nicht auf eine berechtigte Erwartung
und schon gar nicht auf wohlerworbene Rechte hinsichtlich der Zuschußfähigkeit einer in dem
ursprünglichen Antrag auf Zuschuß angemeldeten Ausgabe berufen.
37.
Ferner macht die Beklagte unter Hinweis auf die Schlußanträge des Generalanwalts Darmon in der
Rechtssache C-291/89 (Nr. 38) geltend, daß, selbst wenn die DAFSE die Kosten und die Finanzierung,
wie sie in der Akte aufgeführt seien, bestätigt habe, „diese rasche Überprüfung seitens der
innerstaatlichen Behörden nicht zu einer Verfestigung der Rechte führen kann, die die Klägerin erst
nach Abschluß der vertieften Prüfung durch die Dienststellen der Kommission ... erwirbt“, und daß „die
der Übermittlung des Zahlungsantrags an die Kommission vorangehende Prüfung der innerstaatlichen
Behörden in keiner Weise der Entscheidung dieses Organs vorgreifen kann“.
38.
Im übrigen könne sich ein gewerbliches Unternehmen, das nach innerstaatlichem Recht verpflichtet
sei, seine Unterlagen 10 Jahre lang aufzubewahren, nicht auf seine eigene oder die Nachlässigkeit
Dritter bei der Aufbewahrung von Unterlagen innerhalb dieser Frist berufen und der Kommission eine
Verletzung ihrer Sorgfaltspflicht vorwerfen.
39.
Das Verfahren der Entscheidung sei ordnungsgemäß abgelaufen, habe nicht zu lange gedauert;
und Interessen des Trägers der Maßnahme seien peinlich genau beachtet worden.
Würdigung durch das Gericht
40.
Das Verfahren betreffend die Zuschüsse des ESF, das durch die Verordnung Nr. 2950/83 geregelt
ist, umfaßt mehrere Abschnitte. Zunächst entscheidet die Kommission gemäß Artikel 4 Absatz 1 über
die Anträge auf Zuschuß, die die Mitgliedstaaten für Unternehmen stellen
(Genehmigungsentscheidung). Nach Artikel 5 Absätze 1 und 2 hat die Genehmigungsentscheidung zur
Folge, daß ein Vorschuß gezahlt wird. Wenn die Maßnahme abgeschlossen ist, reicht der Empfänger
einen Antrag auf Restzahlung ein, der eine eingehende Darstellung von Inhalt, Ergebnissen und die
finanziellen Aspekte der Maßnahme enthält. Nach Artikel 5 Absatz 4 bestätigt der Mitgliedstaat, daß
die in dem Antrag enthaltenen Angaben sachlich und rechnerisch richtig sind.
41.
Im übrigen deckt der Vorschuß, den der Empfänger erhält, höchstens 50 % der bewilligten
Ausgaben ab, so daß er selbst bis zur Zahlung des Restbetrags, auf die er vertrauen darf, soweit er
nachgewiesen hat, daß er den Zuschuß des Fonds gemäß den in der Entscheidung über die
Genehmigung festgelegten Bedingungen verwendet hat, erhebliche Mittel verauslagen muß (Urteil
des Gerichtshofes vom 4. Juni 1992 in der Rechtssache C-189/90, Cipeke/Kommission, Slg. 1992, I-
3573, Randnr. 17).
42.
Bei der Prüfung des Antrags auf Restzahlung hat die Kommission nachzuprüfen, ob die
Bedingungen, unter denen die Maßnahme genehmigt worden war, eingehalten wurden. Nach Artikel 6
Absatz 1 kann die Kommission, wenn ein Zuschuß des Fonds nicht unter den Bedingungen der
Entscheidung über die Genehmigung verwandt wird, ihn aussetzen, kürzen oder streichen, nachdem
sie dem betroffenen Mitgliedstaat Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat. Aus dieser
Bestimmung geht klar hervor, daß die Gewährung des Zuschusses des ESF von der Einhaltung der
Bedingungen der Maßnahme abhängt, die von der Kommission in der Genehmigungsentscheidung
bzw. vom Empfänger im Antrag auf Zuschuß, der Gegenstand dieser Genehmigungsentscheidung ist,
genannt wurden.
43.
Schließlich hat der Gerichtshof entschieden, daß der Standpunkt, „daß es erst nach Eingang eines
detaillierten Berichts über die zwischenzeitlich durchgeführte jeweilige Maßnahme möglich sei, die
genaue Höhe der zuschußfähigen Ausgaben zu berechnen“ nicht beanstandet werden kann (Urteil
vom 1. Oktober 1987 in der Rechtssache 84/85, Vereinigtes Königreich/Kommission, Slg. 1987, 3765,
Randnr. 23). Daraus ergibt sich die Befugnis der Kommission, sogar ursprünglich genehmigte
Ausgaben wegen fehlenden Nachweises zu streichen, ohne daß dies wohlerworbene Rechte des
Zuschußempfängers beeinträchtigte. Folglich muß die Kommission bei der Prüfung des Antrags auf
Restzahlung einen solchen Ermessensspielraum haben, da sie erst zu diesem Zeitpunkt konkret die
von dem Unternehmen vorgelegten Nachweise nachprüfen kann (vgl. auch die Schlußanträge des
Generalanwalts Darmon in der Rechtssache C-291/89, Nrn. 35 und 36).
44.
Im vorliegenden Fall lehnte die Kommission nach Einreichung des Antrags auf Restzahlung durch die
Klägerin eine Reihe von Ausgaben aus drei verschiedenen Gründen ab (siehe oben, Randnr. 12).
Erstens wurden Ausgaben abgelehnt, die vom Empfänger in seinem Zuschußantrag nicht vorgesehen
waren. Zweitens erachtete die Kommission bestimmte Ausgaben als nicht ordnungsgemäß
nachgewiesen und deshalb nicht belegt. Drittens wies sie darauf hin, daß bestimmte Ausgaben von
der Genehmigungsentscheidung nicht gedeckt seien. Folglich kürzte sie nach Anhörung der DAFSE,
die ihrerseits die Klägerin angehört hatte, durch die streitige Entscheidung den Zuschuß des ESF auf
einen Betrag, der unter dem ursprünglich gewährten Betrag lag. Die DAFSE stimmte diesen Kürzungen
überdies zu.
45.
Zunächst ist die Rüge einer Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes zu untersuchen.
Jeder Wirtschaftsteilnehmer, bei dem ein Gemeinschaftsorgan begründete Erwartungen geweckt hat,
kann sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen (Urteil des Gerichts vom 13. Juli 1995 in
den verbundenen Rechtssachen T-466/93, T-469/93, T-473/93, T-474/93 und T-477/93, O'Dwyer u.
a./Rat, Slg. 1995, II-2071, Randnr. 48). Zur Prüfung der Frage, ob die streitige Entscheidung mit den
Anforderungen des Grundsatzes des Vertrauensschutzes in Einklang steht, sind die drei Kategorien
von Kürzungen getrennt zu untersuchen.
46.
Aus den oben angeführten Regeln (Randnrn. 42 und 43) ergibt sich zum einen, daß die Kommission
berechtigt war, den Antrag der Beklagten auf Restzahlung, soweit darin die Genehmigung von im
Antrag auf Zuschuß nicht vorgesehenen Kosten beantragt wurde, abzulehnen, ohne daß dadurch der
Grundsatz des Vertrauensschutzes beeinträchtigt worden wäre. Zum andern verstieße es auch nicht
gegen diesen Grundsatz, den Antrag auf Restzahlung insoweit abzulehnen, als darin die Genehmigung
von Ausgaben beantragt war, die nicht durch Belege nachgewiesen waren, aus denen sich ihre
tatsächliche Entstehung und ihr Zusammenhang mit der Maßnahme, wie sie genehmigt worden war,
ergab.
47.
Es obliegt nämlich dem Empfänger, die tatsächliche Entstehung der Ausgaben und ihren
Zusammenhang mit der genehmigten Maßnahme nachzuweisen. Er ist dazu am besten in der Lage,
und er muß nachweisen, daß der Empfang von öffentlichen Mitteln gerechtfertigt ist. Die Klägerin hat
jedoch nur behauptet, daß die von der Kommission verwendeten Berechnungsmethoden zur
Ermittlung des Gesamtbetrags der genehmigten Ausgaben willkürlich und die von ihr angegebenen
Kosten tatsächlich entstanden seien, ohne Belege oder auch nur den geringsten Anhaltspunkt dafür
zu liefern, daß die Auskünfte und Feststellungen, auf die die Kommission sich stützte, falsch seien.
Folglich kann dem Vorbringen der Klägerin betreffend den Nachweis der im Antrag auf Restzahlung
genannten Ausgaben nicht gefolgt werden.
48.
Der Grundsatz des Vertrauensschutzes ist also, was die ersten beiden Kategorien von Kürzungen
betrifft, nicht verletzt worden.
49.
Zur dritten Kategorie von Kürzungen ist vorab festzustellen, daß in der Mitteilung der
Genehmigungsentscheidung der DAFSE nur der gewährte Gesamtbetrag und die Zahl der
zugelassenen Personen angegeben ist (siehe oben, Randnr. 3). Die von der Kommission im Rahmen
der Genehmigungsentscheidung vorgenommenen Beurteilungen zur Zuschußfähigkeit der
vorgeschlagenen Ausgaben wurden der Klägerin also nicht vor Abschluß der Bildungsmaßnahme auf
eine Weise zur Kenntnis gebracht, die es ihr erlaubt hätte, ihre Aufteilung auf die einzelnen Rubriken
festzustellen. Die Klägerin konnte also bei der Durchführung der Maßnahme nicht erkennen, welche
Ansätze genehmigt, welche gestrichen und welche gekürzt worden waren.
50.
Es ist auch unstreitig, daß die Klägerin, nachdem sie die erwähnte kurze Mitteilung erhalten hatte,
sich nicht erkundigt, ob bestimmte Ausgaben als nichtzuschußfähig angesehen worden seien,
sondern den Unterschied zwischen dem beantragten und dem bewilligten Betrag, d. h. die Summe der
Kürzungen, proportional auf sämtliche Rubriken ihres Zuschußantrags aufzuteilen. Außerdem nahm
sie entsprechend dem Rundschreiben der DAFSE (siehe oben, Randnr. 4) in allen Rubriken ihres
Zuschußantrags weitere Kürzungen vor. Der in ihrem Antrag auf Restzahlung verlangte Betrag von 73
496 941 ESC war nämlich erheblich niedriger als der von der Kommission in der
Genehmigungsentscheidung bewilligte Betrag von 121 647 958 ESC.
51.
Bei der Überprüfung der dritten Kategorie von Kürzungen ist zu berücksichtigen, daß die
Genehmigungsentscheidung der Klägerin nicht in allen ihren Einzelheiten mitgeteilt worden war, so
daß sie nicht rechtzeitig über die Kürzungen in den einzelnen Rubriken unterrichtet war. Zu klären ist,
ob die Nichteinhaltung von dem Empfänger vor Abschluß der Maßnahme nicht mitgeteilten
Bedingungen einer Genehmigungsentscheidung zur Folge hat, wie die Kommission annimmt, daß die
im Zuschußantrag vorgesehenen, in der Genehmigungsentscheidung aber abgelehnten Ausgaben
nicht zuschußfähig sind, auch wenn der Empfänger Belege für ihr tatsächliches Entstehen liefert.
52.
Wenn im vorliegenden Fall auch die Mitteilung der Einzelheiten der Genehmigungsentscheidung an
den Betroffenen nicht vorgeschrieben war, so konnte dieser doch in Wirklichkeit ohne ihre Kenntnis in
bezug auf die Ausgaben, von denen die Kommission behauptet, sie seien von der
Genehmigungsentscheidung nicht gedeckt, die Bedingungen der Gewährung des Zuschusses nicht
einhalten.
53.
Vom Empfänger eines Zuschusses kann nicht verlangt werden, daß er einer Entscheidung in der
Form, wie sie der Klägerin hier mitgeteilt worden ist, entnimmt, daß die von der Kommission
vorgenommenen Kürzungen sich auf bestimmte Rubriken beziehen. Im Gegenteil darf er glauben und
annehmen, daß eine allgemeine Kürzung und folglich nur eine allgemeine Einschränkung der
Ausgaben erfolgt ist. Daher kann die Kommission bei der Prüfung des Antrags auf Restzahlung
Ausgaben, die in dem Antrag auf Zuschuß wohl vorgesehen, in der Genehmigungsentscheidung aber
angeblich abgelehnt worden waren, nur dann als nicht zuschußfähig ansehen, wenn die
Genehmigungsentscheidung dem Empfänger mit hinreichender Genauigkeit zur Kenntnis gebracht
wurde. Diese Voraussetzung ist nur erfüllt, wenn die Mitteilung die Kürzungen für die einzelnen
Rubriken aufführt oder zumindest die Informationen enthält, die die Kommission im vorliegenden Fall
der DAFSE mitgeteilt hat, und zwar die Zahl der betroffenen Personen, den bewilligten Betrag, den
Betrag der nicht zuschußfähigen Ausgaben, den Betrag der sonstigen Kürzungen und den insgesamt
abgelehnten Betrag. Soll der Empfänger verpflichtet sein, die Bedingungen der
Genehmigungsentscheidung hinsichtlich der Kürzungen für jede einzelne Rubrik einzuhalten, so muß
er insbesondere aufgrund des Grundsatzes der Rechtssicherheit bei der Durchführung der
Bildungsmaßnahme die bewilligten, die abgelehnten und die gekürzten Ansätze kennen können.
54.
Daher kann der Klägerin, die über den Erlaß einer sie teilweise begünstigenden Entscheidung
unterrichtet war, ohne daß ihr aber deren Inhalt vollständig übermittelt worden wäre, nicht
vorgeworfen werden, daß sie seinerzeit auf die Genehmigungsentscheidung hin die DAFSE nicht um
nähere Angaben über die Aufteilung des bewilligten Betrages ersuchte.
55.
Die Genehmigungsentscheidung in der der Klägerin mitgeteilten Form enthielt keine Angabe über
die Aufteilung der vorgenommenen Kürzungen. Diese Entscheidung konnte daher bei der Klägerin
begründete Erwartungen hervorrufen, so daß diese annehmen durfte, es habe keine anderen
Kürzungen gegeben und es sei ihr gestattet, die Summe der Kürzungen auf alle Rubriken aufzuteilen,
wie sie es getan hat.
56.
Zudem kann sich die Kommission nicht auf den Wortlaut einer Entscheidung berufen, der dem
Empfänger nicht übermittelt worden ist. Dabei ist unerheblich, daß der Klägerin die Genehmigung des
Vorhabens von der DAFSE mitgeteilt wurde. Denn wenn die Kommission nicht alle Maßnahmen trifft,
um sicherzustellen, daß der Empfänger eines Zuschusses des ESF über die durch die
Genehmigungsentscheidung auferlegten Bedingungen unterrichtet wird, kann sie nicht erwarten, daß
dieser sie einhält.
57.
Soweit durch Belege nachgewiesen wird, daß solche Ausgaben tatsächlich getätigt wurden und daß
sie mit der Maßnahme im Zusammenhang stehen, widerspricht es dem Grundsatz des
Vertrauensschutzes, daß die Kommission in der Phase der Prüfung des Antrags auf Restzahlung
diesen insoweit zurückwies, als er Ausgaben betraf, die in dem Antrag auf Zuschuß vorgesehen, in der
Genehmigungsentscheidung aber angeblich abgelehnt worden waren, ohne daß dies dem Empfänger
mitgeteilt worden wäre.
58.
Soweit mit dem vorliegenden Klagegrund eine Verletzung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes
gerügt wird, ist ihm folglich insoweit stattzugeben, als er die Kürzungen betrifft, die von der
Kommission allein deshalb vorgenommen worden waren, weil die Kosten durch die
Genehmigungsentscheidung nicht gedeckt waren.
59.
Damit ist die streitige Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit die Kommission die von der
Klägerin in dem Antrag auf Restzahlung verlangten Beträge allein deshalb gekürzt hat, weil die
entsprechenden Kosten nicht durch die Genehmigungsentscheidung gedeckt waren.
60.
Die übrigen Kürzungen, die deshalb vorgenommen wurden, weil die entsprechenden Kosten
entweder nicht vorgesehen oder nicht durch Belege nachgewiesen waren, verstoßen hingegen
entgegen den Behauptungen der Klägerin weder gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit und des
Schutzes wohlerworbener Rechte noch gegen den Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und
die Sorgfaltspflicht.
61.
Der Grundsatz der Rechtssicherheit verlangt nämlich, daß eine Gemeinschaftsregelung dem
Betreffenden ermöglicht, seine Rechte und Pflichten unzweideutig zu erkennen und somit seine
Vorkehrungen zu treffen (vgl. sinngemäß Urteil des Gerichtshofes vom 13. Februar 1996 in der
Rechtssache C-143/93, Van Es Douane Agenten u. a., Slg. 1996, I-431, Randnr. 27). Dieser Grundsatz
ist zwar u. a. bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit von Entscheidungen
über die Rückforderung von Leistungen von Bedeutung; er ist jedoch nicht verletzt, wenn die geltende
Regelung wie im vorliegenden Fall klar die Möglichkeit der Rückforderung des Zuschusses in den
Fällen vorsieht, in denen die an die Unterstützung geknüpften Bedingungen nicht eingehalten wurden.
Zu diesen Bedingungen gehört, wie bereits festgestellt, das Erfordernis, daß die Kosten vorgesehen
waren und ordnungsgemäß belegt sind.
62.
Ebensowenig erwirbt der Empfänger eines Zuschusses, dessen Antrag von der Kommission
stattgegeben wurde, dadurch einen endgültigen Anspruch auf volle Auszahlung des Zuschusses,
wenn er die genannten Bedingungen nicht eingehalten hat.
63.
Dem Grundsatz der ordnungsgemäßen Verwaltung und der Sorgfaltspflicht hat die Kommission
entsprochen, indem sie alle Gesichtspunkte des Vorgangs sorgfältig geprüft hat und in diesem
Zusammenhang mit den Unterauftragnehmern in Kontakt getreten ist, um die Angaben und Belege zu
erlangen, die ihr die Klägerin nicht zur Verfügung stellen konnte. Zudem hat die Klägerin diese Rüge
nicht weiter ausgeführt; da sie nicht erläutert hat, worin die angeblichen Verletzungen bestehen
sollen, kann ihr kein Erfolg beschieden sein.
64.
Für die Prüfung des Vorbringens, seit Verfahrensbeginn sei beträchtliche Zeit verstrichen, ist die
Zeit maßgeblich, die zwischen der Verkündung des Nichtigkeitsurteils in der Rechtssache C-291/89 am
7. Mai 1991 und dem Erlaß der streitigen Entscheidung am 12. Juli 1994 liegt, d. h. eine Zeit von 38
Monaten oder mehr als drei Jahren. Da die Kommission nach der Nichtigerklärung der ersten
Entscheidung durch den Gerichtshof nämlich sämtliche bei ihrem Erlaß verfügbaren Informationen
erneut prüfen und eine neue Entscheidung über den Antrag auf Restzahlung erlassen mußte, ist die
vor der ersten Entscheidung der Kommission über den Antrag auf Restzahlung verstrichene Zeit im
Rahmen der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der streitigen Entscheidung ohne Bedeutung.
65.
Ob eine Zeitdauer angemessen war, ist von Fall zu Fall zu beurteilen. Die Kommission mußte jedoch
nach der Nichtigerklärung der ersten Entscheidung durch den Gerichtshof sämtliche bei ihrem Erlaß
verfügbaren Informationen erneut prüfen und eine neue Entscheidung über den Antrag auf
Restzahlung erlassen. Daher sind die verschiedenen Phasen des Entscheidungsverfahrens zu
berücksichtigen. Der Sachverhalt mußte neu ermittelt wwerden. Diese Arbeit, die durch den Verdacht
auf Unregelmäßigkeiten geleitet und bestimmt war, umfaßte die Durchführung einer Prüfung in
Portugal, Besuche bei den Unterauftragnehmern, die Auswertung der gesammelten Informationen
und mehrere Rücksprachen mit den portugiesischen Behörden. Die nationalen Behörden hörten
ferner die Klägerin zu den Entscheidungsentwürfen der Kommission an. Unter den oben dargelegten
besonderen Umständen war das Verfahren zwar lang, doch ging seine Dauer nicht über das
Angemessene hinaus.
66.
Zudem kann im Rahmen eines Verfahrens wegen Nichtigerklärung selbst eine unangemessen lange
Dauer für sich genommen die streitige Entscheidung nicht rechtswidrig machen und damit ihre
Nichtigerklärung wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Rechtssicherheit rechtfertigen. Eine
Verzögerung während eines Verfahrens zur Durchführung eines Urteils kann für sich allein die
Gültigkeit des aus diesem Verfahren hervorgegangenen Rechtsakts nicht beeinträchtigen, denn wenn
dieser Rechtsakt allein wegen seines späten Erlasses für nichtig erklärt würde, wäre der Erlaß eines
wirksamen Rechtsakts auf Dauer ausgeschlossen, da der Rechtsakt, der den für nichtig erklärten
Rechtsakt ersetzen soll, nicht eher ergehen könnte als dieser (Urteil des Gerichts vom 18. Juni 1996 in
der Rechtssache T-150/94, Vela Palacios/WSA, Slg. ÖD 1996, II-877, Randnr. 44, analog).
67.
Aus den gleichen Gründen ist auch das Vorbringen der Klägerin zurückzuweisen, die streitige
Entscheidung sei mit einem Mangel behaftet, weil sie nicht innerhalb einer Frist von zwei Monaten ab
Einreichung des darauf gerichteten Antrags der Klägerin erlassen worden sei. Die Aufforderung der
Klägerin, die Kommission solle nach Artikel 175 Absatz 3 EG-Vertrag tätig werden, bewirkte nur, daß
die Klägerin eine Untätigkeitsklage erheben konnte, wenn das betreffende Gemeinschaftsorgan nicht
binnen zwei Monaten nach dieser im Artikel 175 Absatz 2 EG-Vertrag vorgeschriebenen Aufforderung
tätig würde. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin nicht innerhalb der weiteren Frist von zwei Monaten
nach Ablauf der für die Stellungnahme durch das Organ gesetzten Frist Klage erhoben. Jedenfalls ist
eine spätere Entscheidung nicht allein aus dem Grund rechtswidrig, daß sie erst nach Ablauf der
genannten Frist erlassen wurde, da andernfalls in dieser Phase keine gültige Entscheidung mehr
erlassen werden könnte.
68.
Nach den vorstehenden Ausführungen braucht der Klagegrund eines Verstoßes gegen die
Begründungspflicht nur insoweit geprüft zu werden, als der Klage nicht bereits stattgegeben wurde, d.
h. als sie die Kürzungen betrifft, die deshalb vorgenommen wurden, weil die entsprechenden Kosten
entweder nicht vorgesehen oder nicht durch Belege nachgewiesen waren.
Zusammenfassung des Parteivorbringens
69.
Nach Auffassung der Klägerin enthält die streitige Entscheidung keine befriedigende Begründung
der Kürzungen, die erfolgt seien, weil die Ausgaben betreffend die Rubrik „Ausführung und Verwaltung
der Kurse, Lehrpersonal“, betreffend die Vorbereitung der Kurse, betreffend das Material und die nicht
dauerhaften Güter sowie betreffend die normale Abschreibung nicht gerechtfertigt und damit nicht
zuschußfähig seien. Die Kommission habe nämlich, was zunächst die Rubrik „Ausführung und
Verwaltung der Kurse, Lehrpersonal“ anbelangt, nicht erläutert, aufgrund welchen willkürlichen
Kriteriums sie den akzeptablen Gesamtbetrag habe festsetzen können. Ebenso habe sie in bezug auf
die Vorbereitung der Kurse nur die von der Partex an die Klägerin gestellte Rechnung
beanstandet, ohne ausreichende Gründe anzugeben. In der Rubrik „Material und nicht dauerhafte
Güter“ entspreche der angegebene Betrag den tatsächlichen Kosten und sei als solcher zu
berücksichtigen gewesen. Die Kommission habe aber ihren Standpunkt hierzu nicht gerechtfertigt.
70.
Die Beklagte weist die ihr von der Klägerin in bezug auf die Begründung gemachten Vorwürfe
zurück. Sie habe der DAFSE den genehmigten Gesamtbetrag sowie für jeden Antrag auf Zuschuß den
Betrag der vorgenommenen Kürzung mitgeteilt. Im vorliegenden Fall habe sie ihr den oben in
Randnummer 2 genannten Vermerk mitgeteilt. Der Grund für diese Verfahrensweise liege in dem
Umstand, daß die Kommission innerhalb eines kurzen Zeitraums mehrere tausend Zuschußanträge
bearbeiten müsse und nicht innerhalb so kurzer Zeit näher erläutern und rechtfertigen könne, warum
sie bestimmte Ausgaben nicht für zuschußfähig halte (Urteile des Gerichtshofes vom 25. Oktober 1984
in der Rechtssache 185/83, Rijksuniversiteit te Groningen, Slg. 1984, 3623, und vom 7. Februar 1990
in der Rechtssache C-213/87, Gemeente Amsterdam und VIA/Kommission, Slg. 1990, I-221). Als sie von
der DAFSE 1988 um eine Aufteilung der Kürzungen auf die Rubriken ersucht worden sei, sei sie diesem
Antrag sofort nachgekommen.
71.
In ihren Schriftsätzen erläutert die Beklagte ausführlich, welche Kürzungen sie in der streitigen
Entscheidung vorgenommen habe. Diese Ausführungen wiederholen im wesentlichen die in dem
Vermerk Nr. 22917 enthaltene Argumentation.
Würdigung durch das Gericht
72.
Nach ständiger Rechtsprechung hat die Pflicht zur Begründung von Einzelfallentscheidungen den
Zweck, dem Gemeinschaftsrichter die Überprüfung der Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu
ermöglichen und den Betroffenen so ausreichend zu unterrichten, daß er erkennen kann, ob die
Entscheidung begründet oder eventuell mit einem Mangel behaftet ist, der ihre Anfechtung
ermöglicht. Der Umfang der Begründungspflicht hängt von der Art des Rechtsakts und den
Umständen ab, unter denen er erlassen wurde (Urteil Cipeke/Kommission, a. a. O., Randnr. 14).
73.
Zur Beurteilung der Frage, ob die Begründung der streitigen Entscheidung ausreichend war und
damit dem EG-Vertrag und der Rechtsprechung entspricht, sind die Kürzungen, die vorgenommen
wurden, weil die Ausgaben nicht im Antrag auf Zuschuß vorgesehen waren, und die Kürzungen, die
vorgenommen wurden, weil die Ausgaben nicht durch Belege nachgewiesen waren, getrennt zu
prüfen.
74.
Was die Ablehnung der Ausgaben, die nicht in dem ursprünglichen Antrag auf Zuschuß vorgesehen
waren, also der der erstgenannten Gruppe, betrifft, war die Klägerin, auf die der Antrag zurückgeht,
nach Erhalt des Vermerks Nr. 22917 und der streitigen Entscheidung über die Gründe der von der
Kommission
vorgenommenen Kürzungen oder Streichungen hinreichend unterrichtet. Die in diesen beiden
Schriftstücken enthaltenen Informationen reichten nämlich aus, um die Klägerin erkennen zu lassen,
daß die Kommission in der streitigen Entscheidung Kürzungen in den Rubriken „Miete und
Raumkosten“, „Material und nicht dauerhafte Güter“ sowie „Unterbringungs- und Verpflegungskosten
[für die Auszubildenden]“ auferlegt und die Rubrik „Normale Abschreibung“ ganz gestrichen hatte, weil
die entsprechenden Ausgaben in dem Antrag auf Zuschuß nicht vorgesehen waren. Daher ist das
Gericht in der Lage, auch diesen Teil der streitigen Entscheidung zu überprüfen.
75.
Soweit sich die Rüge der Klägerin gegen die Begründung dieser ersten Gruppe von Kürzungen
richtet, ist sie daher unbegründet.
76.
Was die zweitgenannte Gruppe betrifft, d. h. die Kürzungen, die vorgenommen wurden, weil die
Ausgaben nicht durch Belege nachgewiesen waren, ist die streitige Entscheidung ebenfalls
ausreichend begründet. Aus dem Vermerk Nr. 22917 geht nämlich eindeutig hervor, daß die
Kürzungen betreffend die Rubriken „Entgelte der Auszubildenden“, „Vorbereitung der Kurse,
Einstellung und Auswahl der Auszubildenden“, „Vervielfältigung von Schriftstücken“, „Verwaltung und
Haushaltskontrolle“, „Besondere Arbeiten“ und „Andere Lieferungen“ sowie ein Teil der Rubrik
„Ausführung und Verwaltung der Kurse — Lehrpersonal“ deshalb vorgenommen wurden, weil die
vorgelegten Belege unzureichend waren. Die angewandten Methoden und die Berechnungen waren
so ausführlich dargelegt, daß die Klägerin ihre Ordnungsgemäßheit beurteilen und sie gegebenenfalls
durch Vorlage angemessener Belege beanstanden konnte.
77.
Die Rüge der Klägerin, soweit sie auf die Begründung dieser zweiten Gruppe von Kürzungen abzielt,
ist ebenfalls unbegründet.
78.
Folglich ist der Klagegrund einer nicht ausreichenden Begründung, soweit er hier zu prüfen war,
insgesamt zurückzuweisen.
79.
Der Antrag auf Nichtigerklärung ist daher im übrigen zurückzuweisen.
Kosten
80.
Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der
Kosten zu verurteilen.
81.
In der vorliegenden Rechtssache ist der Antrag der Klägerin auf Nichtigerklärung für teilweise
begründet erklärt worden; die Klägerin hat beantragt, der Kommission die Kosten des vorliegenden
Verfahrens aufzuerlegen. Die Klägerin ist zwar mit ihrem Begehren teilweise unterlegen, doch ist für
die Entscheidung über die Kosten auch der oben beschriebene Ablauf des Entscheidungsverfahrens
zu berücksichtigen, aufgrund dessen die Klägerin für längere Zeit im Ungewissen über
ihren Anspruch auf den gesamten Betrag des ihr bewilligten Zuschusses verblieb. Unter diesen
Umständen kann der Klägerin nicht vorgehalten werden, das Gericht angerufen zu haben, damit
dieses das Verhalten der Kommission beurteile. Daher ist festzustellen, daß die Entstehung des
Rechtsstreits durch das Verhalten der Beklagten begünstigt wurde.
82.
Somit ist neben Artikel 87 § 2 auch § 3 Absatz 2 der Verfahrensordnung anzuwenden, wonach das
Gericht der obsiegenden Partei auferlegen kann, der Gegenpartei die Kosten eines Verfahrens, das
durch ihr eigenes Verhalten verursacht wurde, zu erstatten (vgl. analog Urteil des Gerichtshofes vom
27. Januar 1983 in der Rechtssache 263/81, List/Kommission, Slg. 1983, 103, Randnrn. 30 und 31,
Urteil des Gerichts vom 16. Oktober 1996 in der Rechtssache T-336/94, Efisol/Kommission, Slg. 1996,
II-0000, Randnrn. 38 und 39); die Kommission ist zur Tragung der gesamten Kosten zu verurteilen.
83.
Folglich ist die Kommission zu verurteilen, außer ihren eigenen Kosten die gesamten Kosten der
Klägerin zu tragen.
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Erste Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Entscheidung C(94)1410/11 der Kommission vom 12. Juli 1994 über einen Zuschuß
des Europäischen Sozialfonds zu einer Bildungsmaßnahme, der Klägerin zugestellt am 27.
Dezember 1994 unter dem Aktenzeichen 870840/P1, wird für nichtig erklärt, soweit sie
Kürzungen der von der Klägerin in ihrem Antrag auf Restzahlung verlangten Beträge allein
deshalb vornimmt, weil die entsprechenden Kosten nicht durch die
Genehmigungsentscheidung gedeckt waren.
2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten sowie die gesamten Kosten der Klägerin.
Saggio
Tiili
Moura Ramos
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. Juli 1997.
Der Kanzler
Der Präsident
H. Jung
A. Saggio
Verfahrenssprache: Portugiesisch.