Urteil des EuG vom 11.03.1999

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URTEIL DES GERICHTS (Zweite erweiterte Kammer)
11. März 1999
„EGKS-Vertrag — Wettbewerb — Beschluß eines Unternehmensverbands — Informationsaustauschsystem“
In der Rechtssache T-136/94
Eurofer ASBL,
Prozeßbevollmächtigter: Rechtsanwalt Norbert Koch, Brüssel,
Klägerin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Lorenz, beide Juristischer Dienst, sowie durch Géraud Sajust de Bergues, zur Kommission abgeordneter
nationaler Beamter, dann durch Jean-Louis Dewost, Generaldirektor des Juristischen Dienstes, Julian Currall
und Guy Charrier, zur Kommission abgeordneter nationaler Beamter, als Bevollmächtigte,
Beistand: Rechtsanwalt Heinz-Joachim Freund, Frankfurt am Main, Zustellungsbevollmächtigter: Carlos Gómez
de la Cruz, Juristischer Dienst, Centre Wagner, Luxemburg-Kirchberg,
Beklagte,
hauptsächlich wegen Nichtigerklärung der Artikel 2 und 3 der Entscheidung 94/215/EGKS der Kommission
vom 16. Februar 1994 in einem Verfahren nach Artikel 65 des EGKS-Vertrags betreffend Vereinbarungen und
verabredete Praktiken von europäischen Trägerherstellern (ABl. L 116, S. 1)
erläßt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite erweiterte Kammer)
unter Mitwirkung des Richters C. W. Bellamy in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten sowie der
Richter A. Potocki und J. Pirrung,
Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23., 24., 25., 26. und 27.
März 1998,
folgendes
Urteil
Sachverhalt
A —
1.
Die vorliegende Klage ist auf die Nichtigerklärung der Entscheidung 94/215/EGKS der Kommission
vom 16. Februar 1994 in einem Verfahren nach Artikel 65 des EGKS-Vertrags betreffend
Vereinbarungen und verabredete Praktiken von europäischen Trägerherstellern (ABl. L 116, S. 1; im
folgenden: Entscheidung oder angefochtene Entscheidung) gerichtet, mit der die Kommission die
gegen Artikel 65 § 1 EGKS-Vertrag verstoßende Beteiligung von 17 europäischen Stahlunternehmen
und der Klägerin an einer Reihe von Vereinbarungen, Beschlüssen und verabredeten Praktiken zur
Festsetzung von Preisen, zur Marktaufteilung und zum Austausch vertraulicher Informationen auf dem
Trägermarkt der Gemeinschaft feststellte und gegen vierzehn Unternehmen aus dieser Branche
Geldbußen wegen
Zuwiderhandlungen zwischen dem 1. Juli 1988 und dem 31. Dezember 1990 festsetzte.
2.
Aus Randnummer 12 Buchstabe b der Entscheidung geht hervor, daß die Klägerin die europäische
Vereinigung der Eisen- und Stahlindustrie ist. Die meisten ihrer Mitglieder sind
Unternehmensvereinigungen, aber ihr gehören auch einige Unternehmen (wie z. B. British Steel) an. In
Artikel 2 ihrer Satzung heißt es:
„Die Ziele von Eurofer sind unter Berücksichtigung der Artikel 2 und 3 des Vertrages über die
Gründung der EGKS:
— die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Verbänden und zwischen den Unternehmen der
europäischen Eisen- und Stahlindustrie,
— die Vertretung der gemeinsamen Interessen ihrer Mitglieder gegenüber Dritten, insbesondere
gegenüber der Kommission der Europäischen Gemeinschaften und anderen internationalen
Organisationen, in den Bereichen, die die Tätigkeit der Eisen- und Stahlindustrie betreffen.
Die Mitglieder von Eurofer verwirklichen diese Ziele durch
— die Schaffung von Konsultationsmechanismen zur Erleichterung einer Harmonisierung der
Investitionsentscheidungen und einer Rationalisierung der Produktion unter Beachtung der in Artikel
46 des Vertrages über die Gründung der EGKS genannten Ziele,
— den Austausch von Informationen über alle Probleme von gemeinsamem Interesse, insbesondere
die Produktion, den Markt und die Beschäftigung,
...“
3.
Zehn weitere Adressaten der Entscheidung, und zwar NMH Stahlwerke GmbH (im folgenden: NMH;
Rechtssache T-134/94), ARBED SA (im folgenden: ARBED; Rechtssache T-137/94), Cockerill-Sambre SA
(im folgenden: Cockerill-Sambre; Rechtssache T-138/94), Thyssen Stahl AG (im folgenden: Thyssen;
Rechtssache T-141/94), Unimétal — Société française des aciers longs SA (im folgenden: Unimétal;
Rechtssache T-145/94), Krupp Hoesch Stahl AG (im folgenden: Krupp Hoesch; Rechtssache T-147/94),
Preussag Stahl AG (im folgenden: Preussag; Rechtssache T-148/94), British Steel plc (im folgenden:
British Steel; Rechtssache T-151/94), Siderúrgica Aristrain Madrid SL (im folgenden: Aristrain;
Rechtssache T-156/94) und Empresa Nacional Siderúrgica SA (im folgenden: Ensidesa; Rechtssache T-
157/94) haben ebenfalls vor dem Gericht Klage erhoben.
4.
Da die elf Rechtssachen durch Beschluß des Gerichts vom 10. Dezember 1997 zu gemeinsamer
Beweisaufnahme und mündlicher Verhandlung verbunden worden
sind, wird im vorliegenden Urteil auf einige in Parallelsachen vorgelegte Unterlagen Bezug genommen.
Ferner wird, da die Klägerinnen in diesen Rechtssachen einige Argumente im Rahmen gemeinsamer
Ausführungen in der mündlichen Verhandlung vorgetragen haben, von „Klägerinnen“ gesprochen.
B —
5.
Ab 1974 wurde die europäische Stahlindustrie hart von einem Nachfragerückgang getroffen, der zu
einem Überangebot und Überkapazitäten und damit zu niedrigen Preisen führte. Ab 1977 ergriff die
Kommission verschiedene Maßnahmen, um diese Lage zu meistern (vgl. das Urteil vom heutigen Tag in
der Rechtssache T-141/94, Thyssen/Kommission, Randnrn. 5 bis 7).
6.
Da sich die Lage auf dem Stahlmarkt weiter verschlechterte, erließ die Kommission die
Entscheidung Nr. 2794/80/EGKS vom 31. Oktober 1980 zur Einführung eines Systems von
Erzeugungsquoten für Stahl für die Unternehmen der Stahlindustrie (ABl. L 291, S. 1). In dieser
Entscheidung stellte die Kommission eine offensichtliche Krise im Sinne von Artikel 58 EGKS-Vertrag
fest und schrieb für die meisten Stahlerzeugnisse einschließlich der Träger verbindliche
Produktionsquoten vor.
7.
Dieses Quotensystem wurde sodann u. a. durch die Festsetzung von Mindestpreisen (Entscheidung
Nr. 3715/83/EGKS der Kommission vom 23. Dezember 1983 zur Festsetzung von Mindestpreisen für
bestimmte Stahlerzeugnisse, ABl. L 373, S. 1) sowie ab 1984 durch eine Politik der Stabilität der
herkömmlichen Handelsströme (vgl. die Entscheidung Nr. 234/84/EGKS der Kommission vom 31. Januar
1984 zur Verlängerung des Systems der Überwachung und der Erzeugungsquoten für bestimmte
Erzeugnisse der Unternehmen der Stahlindustrie, ABl. L 29, S. 1) vervollständigt. Bei der Bewältigung
der Krise stützte sich die Kommission weitgehend auf die Klägerin. Diese war namentlich mit der
Aufteilung der von der Kommission auf Gemeinschaftsebene für jedes Unternehmen festgelegten
Produktions- und Lieferquoten („I-Quoten“) in Lieferquoten für die einzelnen nationalen Märkte („i-
Quoten“) betraut.
8.
Die Kommission bereitete ab 1985 die Beendigung der Krisenregelung und die Rückkehr zu
normalen Marktbedingungen vor. Die Krisenregelung endete bei Trägern offiziell am 30. Juni 1988 (vgl.
Urteil Thyssen/Kommission, Randnrn. 17 bis 31).
9.
Ab diesem Zeitpunkt nahm die Kommission bis zum 30. Juni 1990 eine Marktüberwachung vor und
erließ dazu u. a. die Entscheidung Nr. 2448/88/EGKS vom 19. Juli 1988 zur Einführung eines
Überwachungssystems für bestimmte Erzeugnisse für die Unternehmen der Stahlindustrie (ABl. L 212,
S. 1). Im Rahmen dieser Politik gab es weiterhin regelmäßige enge Kontakte zwischen den
Unternehmen und der Generaldirektion Binnenmarkt und gewerbliche Wirtschaft der Kommission (GD
III) (vgl. Urteil Thyssen/Kommission, Randnrn. 34 und 35).
C —
10.
Am 16., 17. und 18. Januar 1991 ließ die Kommission aufgrund von Einzelentscheidungen gemäß
Artikel 47 des Vertrages in den Geschäftsräumen von sieben Unternehmen und zwei
Unternehmensverbänden — u. a. bei der Klägerin — Nachprüfungen vornehmen. Weitere
Nachprüfungen wurden am 5., 7. und 25. März 1991 vorgenommen. Von verschiedenen beteiligten
Unternehmen und Unternehmensverbänden wurden zusätzliche Auskünfte erteilt, die die Kommission
gemäß Artikel 47 des Vertrages verlangt hatte.
11.
Die Kommission richtete an die betroffenen Unternehmen und Verbände, zu denen auch die
Klägerin gehörte, am 6. Mai 1992 eine Mitteilung der Beschwerdepunkte. Die Klägerin antwortete
darauf mit Schreiben vom 30. Juli und vom 10. September 1992.
12.
Die Parteien hatten außerdem bei einer Anhörung, die vom 11. bis zum 14. Januar 1993 in Brüssel
stattfand und deren Protokoll ihnen am 8. Juli 1993 und am 8. September 1993 übersandt wurde, die
Möglichkeit, ihren Standpunkt vorzutragen. Bei dieser Gelegenheit forderte der Anhörungsbeauftragte
die anwesenden Parteien auf, ihm im Hinblick auf ihre zahlreichen Andeutungen, daß zwischen der GD
III und den Trägerherstellern in dem von den Beschwerdepunkten erfaßten Zeitraum bestimmte
Kontakte bestanden hätten, alle insoweit in ihrem Besitz befindlichen Beweismittel zukommen zu
lassen. Die Klägerin antwortete darauf nicht.
13.
Mit Schreiben vom 22. April 1993 teilte der Anhörungsbeauftragte den Betroffenen mit, daß er nicht
beabsichtige, eine zweite Anhörung durchzuführen.
14.
Am 15. Februar 1994, einen Tag vor dem Erlaß der angefochtenen Entscheidung, wurden die
Verhandlungen zwischen der Kommission und Vertretern der Stahlindustrie über die Umstrukturierung
dieser Industrie durch freiwillige Verringerung der Produktionskapazitäten erfolglos abgebrochen.
15.
Nach dem Protokoll der 1189. Sitzung der Kommission (Vor- und Nachmittag), das die Beklagte auf
Ersuchen des Gerichts vorgelegt hat, wurde die Entscheidung am Nachmittag des 16. Februar 1994
endgültig erlassen.
16.
Am Mittag des 16. Februar 1994 veranstaltete Herr Van Miert, das für Wettbewerbsfragen
zuständige Mitglied der Kommission, eine Pressekonferenz, bei der er bekanntgab, daß die
Kommission soeben die Entscheidung erlassen habe, und die Höhe der gegen die Klägerinnen British
Steel, Preussag und ARBED festgesetzten Geldbußen mitteilte. Diese Angaben entsprachen nicht den
in der Entscheidung genannten Beträgen. Er erläuterte ferner einige bei der Festsetzung
der Geldbußen herangezogene Kriterien und beantwortete Fragen der Journalisten. Er bestritt u. a.
jeden Zusammenhang zwischen dem Erlaß der Entscheidung und dem Fehlschlagen der
Verhandlungen über die freiwillige Verringerung der Produktionskapazitäten am Vortag.
17.
Am 24. Februar 1994 warfen bei einer Debatte im Europäischen Parlament einige Abgeordnete die
Frage auf, welche Gründe die Kommission dazu veranlaßt hätten, die Entscheidung einen Tag nach
dem Fehlschlagen der Verhandlungen über die Umstrukturierung der Stahlindustrie zu erlassen. Herr
Van Miert verteidigte den Standpunkt der Kommission und wies darauf hin, daß es sich dabei um zwei
getrennte Vorgänge handele.
D —
18.
Die angefochtene Entscheidung ging der Klägerin am 3. März 1994 zusammen mit einem
Begleitschreiben von Herrn Van Miert vom 28. Februar 1994 zu. In ihren Artikeln 1 bis 3 heißt es:
Die folgenden Unternehmen haben in dem in dieser Entscheidung beschriebenen Umfang an den
jeweils unter ihrem Namen aufgeführten wettbewerbswidrigen Praktiken teilgenommen, die den
normalen Wettbewerb im Gemeinsamen Markt verhinderten, einschränkten und verfälschten. ...
...
Eurofer hat gegen Artikel 65 EGKS-Vertrag verstoßen, indem sie den Austausch vertraulicher
Informationen im Zusammenhang mit den von ihren Mitgliedern begangenen Verstößen nach Artikel 1
organisierte.
Die in den Artikeln 1 und 2 genannten Unternehmen und Unternehmensverbände stellen die in den
Artikeln 1 und 2 genannten Verstöße, soweit noch nicht bereits geschehen, ab. Zu diesem Zweck
unterlassen sie es, die in Artikel 1 bzw. 2 genannten Handlungen oder Verhaltensweisen zu
wiederholen oder fortzusetzen und Maßnahmen gleicher Wirkung zu ergreifen.“
19.
Wegen der in Artikel 1 genannten und nach dem 30. Juni 1988 (31. Dezember 198 im Fall von
Aristrain und Ensidesa) begangenen Verstöße wurden in Artikel 4 der Entscheidung gegen 14
Unternehmen Geldbußen festgesetzt. Die Klägerin gehört zu den in Artikel 6 aufgeführten Adressaten
der Entscheidung.
Verfahren vor dem Gericht, Entwicklung nach der Klageerhebung und Anträge der Parteien
20.
Die vorliegende Klage wurde mit Klageschrift erhoben, die am 1. April 1994 bei der Kanzlei des
Gerichts eingegangen ist.
21.
Mit Schreiben an die Kanzlei vom 7. September 1994 hat Aristrain, die Klägerin in der Rechtssache
T-156/94, die Frage aufgeworfen, ob die Kommission im vorliegenden Fall ihre Verpflichtungen aus
Artikel 23 der EGKS-Satzung des Gerichtshofes (im folgenden: Artikel 23) hinsichtlich der Übersendung
der Vorgänge erfüllt hat. Die zur Stellungnahme zu diesem Ersuchen aufgeforderte Kommission hat mit
Schreiben vom 12. Oktober 1994 im wesentlichen geantwortet, daß sie der Ansicht ist, den
Anforderungen von Artikel 23 genügt zu haben.
22.
Die Kanzlei des Gerichts hat die Kommission mit Schreiben vom 25. Oktober 1994 aufgefordert,
ihren Verpflichtungen aus Artikel 23 nachzukommen. Mit Begleitschreiben vom 24. November 1994 hat
die Kommission bei der Kanzlei insgesamt etwa 11 000 die Entscheidung betreffende Schriftstücke
eingereicht; in diesem Schreiben hat die Kommission u. a. geltend gemacht, daß Schriftstücke, die
Geschäftsgeheimnisse enthielten, sowie ihre eigenen internen Unterlagen den betroffenen
Unternehmen nicht zugänglich gemacht werden sollten.
23.
Im Anschluß an eine informelle Zusammenkunft mit den Parteien am 14. März 1995 hat das Gericht
(Dritte erweiterte Kammer) die Parteien mit Schreiben der Kanzlei vom 30. März 1995 ersucht,
schriftlich zu den aufgeworfenen Fragen der Vertraulichkeit sowie zu einer etwaigen Verbindung der
Rechtssachen Stellung zu nehmen. In Anbetracht der Unvollständigkeit der Antworten der Parteien
hat das Gericht mit Schreiben der Kanzlei vom 21. Juli 1995 (25. Juli im Fall von British Steel) einen
zweiten Fragenkatalog an sie gerichtet. Ferner hat es die Beklagte aufgefordert, zu einem neuen
Antrag von British Steel vom 14. Juli 1995 Stellung zu nehmen.
24.
In ihren Antworten auf die Fragen des Gerichts, die zwischen dem 6. und dem 15. September 1995
eingegangen sind, haben die Klägerinnen u. a. ihre Anträge auf Einsicht in die internen Unterlagen
der Kommission anhand einer Liste dieser
Unterlagen konkretisiert, die einem Schreiben der Kommission an das Gericht vom 25. Juni 1995
beigefügt war.
25.
Durch Beschluß vom 19. Juni 1996 in den Rechtssachen T-134/94, T-136/94, T-137/94, T-138/94, T-
141/94, T-145/94, T-147/94, T-148/94, T-151/94, T-156/94 und T-157/94 (NMH Stahlwerke u.
a./Kommission, Slg. 1996, II-537; im folgenden: Beschluß vom 19. Juni 1996) hat das Gericht (Zweite
erweiterte Kammer, der der Berichterstatter inzwischen zugeteilt worden war) über das Recht der
Klägerinnen auf Einsicht in die von der Beklagten übersandten Aktenstücke entschieden, die zum
einen von den Klägerinnen selbst und zum anderen von nicht an den vorliegenden Verfahren
beteiligten Dritten stammen und in deren Interesse von der Kommission als vertraulich eingestuft
wurden. Das Gericht hat sich dagegen die Entscheidung über die Anträge der Klägerinnen auf Einsicht
in die von der Beklagten als interne Unterlagen eingestuften Schriftstücke in diesen Akten sowie über
ihre Anträge auf Beibringung von in diesen Akten nicht enthaltenen Unterlagen vorbehalten und die
Beklagte zugleich aufgefordert, ausführlich und konkret anzugeben, aus welchen Gründen bestimmte,
von ihr als „intern“ eingestufte Schriftstücke in diesen Akten ihrer Ansicht nach den Klägerinnen nicht
übermittelt werden können.
26.
Die Beklagte ist dieser Aufforderung des Gerichts mit Schreiben vom 11., 12. und 13. September
1996 nachgekommen. In den gleichen Schreiben hat sie vorgeschlagen, alle Rechtssachen gemäß
Artikel 14 der Verfahrensordnung des Gerichts an das Plenum des Gerichts zu verweisen. Die um
Stellungnahme zu diesem Antrag ersuchten Klägerinnen haben dem Gericht zwischen dem 4. und dem
18. Oktober 1996 schriftlich geantwortet. Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-134/94, T-137/94, T-
138/94, T-148/94, T-151/94 und T-157/94 haben sich gegen eine solche Verweisung ausgesprochen.
27.
Durch Beschluß vom 10. Dezember 1997 in den Rechtssachen T-134/94, T-136/94, T-137/94, T-
138/94, T-141/94, T-145/94, T-147/94, T-148/94, T-151/94, T-156/94 und T-157/94 (NMH Stahlwerke u.
a./Kommission, Slg. 1997, II-2293; im folgenden: Beschluß vom 10. Dezember 1997) hat das Gericht
(Zweite erweiterte Kammer) über die Anträge der Klägerinnen auf Einsicht in die von der Kommission
als „intern“ eingestuften Unterlagen entschieden und angeordnet, daß bestimmte dem Gericht
gemäß Artikel 23 übersandte Unterlagen über die Kontakte zwischen der GD III und der Stahlindustrie
in dem in der Entscheidung bei der Festlegung der Höhe der Geldbußen herangezogenen Zeitraum
der Zuwiderhandlung sowie bestimmte Unterlagen der Generaldirektion Auswärtige Beziehungen (GD
I) über Kontakte zwischen der Kommission und einigen nationalen skandinavischen Behörden zu den
Akten der Rechtssache genommen werden. Ferner hat das Gericht die Erhebung einiger Beweise
angeordnet und der Kommission aufgegeben, ihre eigenen Protokolle oder Vermerke über Treffen der
GD III mit Vertretern der Stahlindustrie zwischen Juli 1988 und November 1990 vorzulegen. Schließlich
hat das Gericht die Verbindung der Rechtssachen zu gemeinsamer Beweiserhebung und mündlicher
Verhandlung angeordnet, ohne sie an das Plenum zu verweisen.
28.
Auf Bericht des Berichterstatters hat das Gericht beschlossen, die mündliche Verhandlung zu
eröffnen und den Parteien gemäß Artikel 64 der Verfahrensordnung einige schriftliche Fragen zu
stellen. Mit Schreiben der Kanzlei vom 26. November 1997 hat es u. a. die Beklagte gebeten, das
endgültige Protokoll der Sitzung der Kommission vom 16. Februar 1994 (Vormittag und Nachmittag)
vorzulegen, soweit es den Erlaß der angefochtenen Entscheidung betrifft, und einige Fragen zur
Berechnung der Geldbußen gestellt.
29.
Die Beklagte hat auf diese Fragen des Gerichts mit Schreiben vom 21. Januar 1998 geantwortet,
das am 22. Januar 1998 bei der Kanzlei eingegangen ist. Mit diesem Schreiben hat sie dem Gericht
zwei Schriftstücke übermittelt, die mit „Projet de procès-verbal de la 1189ème réunion de la
Commission tenue à Bruxelles (Breydel) le mercredi 16 février 1994 (matin et après-midi)“ (Entwurf des
Protokolls der 1189. Sitzung der Kommission in Brüssel [Breydel] am Mittwoch, dem 16. Februar 1994
[Vormittag und Nachmittag]) und „Projet de procès-verbal spécial de la 1189ème réunion de la
Commission tenue à Bruxelles (Breydel) le mercredi 16 février 1994 (matin et après-midi)“ (Entwurf des
Sonderprotokolls der 1189. Sitzung der Kommission in Brüssel [Breydel] am Mittwoch, dem 16. Februar
1994 [Vormittag und Nachmittag]) überschrieben sind, und vorgetragen, diese beiden Schriftstücke
fielen unter das Beratungsgeheimnis und dürften den Klägerinnen nicht zugänglich gemacht werden.
30.
Am 14. Januar 1998 hat das Gericht eine informelle Sitzung mit den Parteien durchgeführt, um den
reibungslosen Ablauf der mündlichen Verhandlung zu planen. Es hat den Parteien u. a. mitgeteilt, daß
sie in dem in den Beschlüssen vom 19. Juni 1996 und vom 10. Dezember 1997 genannten Umfang und
in der von der Kanzlei festzulegenden Weise Anspruch auf Einsicht in die ihm gemäß Artikel 23
übermittelten Akten haben. Es hat die Parteien überdies gebeten, ihm nach der Einsichtnahme in die
Akten mitzuteilen, auf welche zusätzlichen Unterlagen sie im einzelnen in der mündlichen Verhandlung
eingehen möchten.
31.
Die Klägerinnen ARBED, Aristrain, Cockerill-Sambre, British Steel, Ensidesa, Preussag und Unimétal
haben die genannten Akten des Gerichts eingesehen und eine Kopie der Unterlagen erhalten, die sie
für ihre Verteidigung zu benötigen glaubten. Mit Schreiben vom 9. Februar 1998 hat Ensidesa zu
einigen der fraglichen Unterlagen Stellung genommen.
32.
Mit Schreiben der Kanzlei vom 30. Januar 1998 hat das Gericht der Kommission und der Klägerin
einige zusätzliche Fragen zu dem von der Klägerin eingeführten und in der Entscheidung unter dem
Namen „Fast Bookings“ beschriebenen System des monatlichen Informationsaustauschs über
Bestellungen und Lieferungen gestellt. Sie haben darauf mit Schreiben vom 17. und vom 23. Februar
1998 geantwortet.
33.
Mit Schreiben der Kanzlei vom 6. Februar 1998 hat das Gericht der Beklagten außerdem einige
ergänzende Fragen zu der im vorliegenden Fall angewandten Berechnungsmethode der Geldbußen
gestellt, auf die sie mit Schreiben vom 23. Februar 1998 geantwortet hat, das am 24. Februar 1998
bei der Kanzlei eingegangen ist.
34.
Durch Beschluß vom 16. Februar 1998 hat das Gericht (Zweite erweiterte Kammer) angeordnet, nur
das am 22. Januar 1998 bei der Kanzlei eingegangene, mit „Projet de procès-verbal de la 1189ème
réunion de la Commission tenue à Bruxelles (Breydel) le mercredi 16 février 1994 (matin et après-
midi)“ überschriebene Schriftstück zu den Akten der Rechtssache zu nehmen und den Klägerinnen
zuzuleiten.
35.
Mit Schreiben vom 13. und vom 19. Februar 1998 haben die Klägerinnen gemeinsame Anträge
gestellt, mit denen sie die Erhebung von Beweisen, insbesondere zur Berechnung der Geldbußen, und
die Vorlage von Unterlagen über den Erlaß der Entscheidung begehren. Die Kommission hat darauf
mit Schreiben vom 2. März 1998 geantwortet.
36.
Mit Schreiben der Kanzlei vom 11. März 1998 hat das Gericht die Beklagte gebeten, ihre Antworten
vom 21. Januar 1998 und vom 23. Februar 1998 auf die Fragen des Gerichts dadurch zu
vervollständigen, daß sie für jede Klägerin die genauen arithmetischen Berechnungen angibt, anhand
deren konkret nachvollzogen werden kann, wie die Bußgeldbeträge ermittelt wurden, und das
endgültige Protokoll der Sitzung der Kommission (Vormittag und Nachmittag), in der die angefochtene
Entscheidung erlassen wurde, sowie dessen Anlagen, soweit sie diese Entscheidung betreffen,
vorzulegen. Die Beklagte hat darauf mit Schreiben vom 19. März 1998 geantwortet und bei der Kanzlei
das endgültige Protokoll der Sitzung der Kommission vom 16. Februar 1994 sowie dessen Anlagen
eingereicht.
37.
Durch Beschluß vom 23. März 1998 hat das Gericht angeordnet, Herrn Ortún und Herrn
Vanderseypen, zwei Beamte der GD III, sowie Herrn Kutscher, einen ehemaligen Beamten der GD III, als
Zeugen zu den Kontakten zwischen der GD III und der Stahlindustrie in der Zeit vom 1. Juli 1988 bis
Ende 1990 zu vernehmen, die bei der Bußgeldbemessung als Zeitraum der Zuwiderhandlung
zugrunde gelegt wurde.
38.
In der Sitzung, die vom 23. bis zum 27. März 1998 stattfand, haben die Parteien mündlich verhandelt
und Fragen der Zweiten erweiterten Kammer des Gerichts, bestehend aus dem Präsidenten A.
Kalogeropoulos sowie den Richtern C. P. Briët, C. W. Bellamy, A. Potocki und J. Pirrung, beantwortet.
Die Klägerinnen haben zu einigen Punkten gemeinsame mündliche Ausführungen gemacht. Das
Gericht hat Professor Steindorff, den ehemaligen Generalsekretär der deutschen Delegation bei den
Verhandlungen vor der Unterzeichnung des EGKS-Vertrags, als Sachverständigen gehört. Das Gericht
hat ferner Herrn Ortún, Herrn Vanderseypen und Herrn Kutscher sowie auf Antrag von Preussag zwei
ihrer
Mitarbeiter, Herrn Mette und Herrn Kröll, als Zeugen vernommen. Dem Gericht wurde außerdem eine
von Aristrain vorgelegte Videoaufzeichnung der Pressekonferenz von Herrn Van Miert am 16. Februar
1994 vorgeführt.
39.
In der Sitzung wurde, entweder auf Ersuchen des Gerichts oder mit seiner Zustimmung, eine Reihe
neuer Unterlagen eingereicht.
40.
Die mündliche Verhandlung wurde am Ende der Sitzung vom 27. März 1998 geschlossen. Da zwei
Mitglieder der Kammer nach dem Ablauf ihrer Amtszeit am 17. September 1998 nicht mehr an den
Beratungen teilnehmen konnten, wurden die Beratungen des Gerichts gemäß Artikel 32 der
Verfahrensordnung von den drei Richtern fortgesetzt, deren Unterschrift das vorliegende Urteil trägt.
41.
Die Klägerin beantragt,
— die Artikel 2 und 3 der Entscheidung für nichtig zu erklären;
— der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
42.
Die Kommission beantragt,
— die Klage abzuweisen;
— der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Zum Antrag auf Nichtigerklärung von Artikel 2 der Entscheidung
43.
Zur Stützung ihres Antrags auf Nichtigerklärung von Artikel 2 der Entscheidung beruft sich die
Klägerin auf mehrere Argumente, die wie folgt zusammengefaßt werden können. Erstens rügt sie eine
Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör. Zweitens bestreitet sie, einen Beschluß im Sinne
von Artikel 65 des Vertrages gefaßt zu haben. Drittens macht sie geltend, ein Verband könne selbst
nicht gegen Artikel 65 des Vertrages verstoßen, und viertens trägt sie vor, daß die zuletzt genannte
Bestimmung die Kommission nicht zur Feststellung einer etwaigen Zuwiderhandlung ermächtige. Eine
fünfte Gruppe von Argumenten stützt sie darauf, daß das ihr zur Last gelegte System keinen
wettbewerbswidrigen Charakter habe.
44.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin darüber hinaus geltend gemacht, daß die
Entscheidung hinsichtlich der Schilderung des ihr zur Last gelegtenrelevanten Sachverhalts
widersprüchlich sei. Ferner hat sie sich einigen sie betreffenden Klagegründen und Argumenten
angeschlossen, die in der mündlichen Verhandlung im Namen aller Klägerinnen vorgetragen wurden
und sich mit der Rolle der GD III bei den in der Entscheidung beanstandeten Verhaltensweisen, einem
Ermessensmißbrauch und einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften
während des Verwaltungsverfahrens beschäftigen. Das Gericht wird zunächst das zum Schluß
genannte Vorbringen prüfen.
A —
45.
In der mündlichen Verhandlung sind bei einer gemeinsamen Stellungnahme im Namen aller
Klägerinnen folgende Rügen vorgetragen worden, die die Verletzung wesentlicher Formvorschriften
während des Verfahrens zum Erlaß der Entscheidung betreffen.
46.
Die Klägerinnen weisen zunächst darauf hin, daß Herr Van Miert in der von ihm am Mittag des 16.
Februar 1994 veranstalteten Pressekonferenz fälschlich behauptet habe, daß die Entscheidung
bereits erlassen worden sei, und daß er überdies in bezug auf einige Geldbußen falsche Zahlen
genannt habe (vgl. Anhang 1 der Klageschrift in der Rechtssache T-151/94). Die Pressemitteilungen
der Kommission, die vor dem Erlaß der Entscheidung vorbereitet worden seien, hätten ebenfalls
Fehler enthalten, u. a. hinsichtlich der Identität der Unternehmen, gegen die eine Geldbuße
festgesetzt worden sei.
47.
Unter diesen Umständen erheben die Klägerinnen unter Berufung auf das Urteil des Gerichtshofes
vom 15. Juni 1994 in der Rechtssache C-137/92 P (Kommission/BASF u. a., Slg. 1994, I-2555; im
folgenden: PVC-Urteil) und die Urteile des Gerichts vom 6. April 1995 in den Rechtssachen T-80/89, T-
81/89, T-83/89, T-87/89, T-88/89, T-90/89, T-93/89, T-95/89, T-97/89, T-99/89, T-100/89, T-101/89, T-
103/89, T-105/89, T-107/89 und T-112/89 (BASF u. a./Kommission, Slg. 1995, II-729, Randnrn. 114 und
119; im folgenden: LDPE-Urteil) und vom 29. Juni 1995 in der Rechtssache T-31/91 (Solvay/Kommission,
Slg. 1995, II-1821, Randnr. 50) vier Hauptvorwürfe.
48.
Erstens sei das nach Artikel 5 der damals geltenden Geschäftsordnung der Kommission vom 17.
Februar 1993 (93/492/Euratom, EGKS, EWG, ABl. L 230, S. 15; im folgenden: Geschäftsordnung von
1993) erforderliche Quorum von neun anwesenden Mitgliedern der Kommission nicht erreicht worden.
Auch wenn aus Seite 2 des Protokolls der Sitzung der Kommission vom 16. Februar 1994
hervorzugehen scheine, daß beim Erlaß der Entscheidung am Nachmittag (Punkt XXV, S. 43) neun
Mitglieder anwesend gewesen seien, ergebe sich aus der Liste der Personen, die „in Abwesenheit der
Mitglieder der Kommission“ an der Sitzung teilgenommen hätten, auf Seite 40 des Protokolls, daß bei
diesem Teil der Sitzung in Wirklichkeit nur sechs Kommissionsmitglieder anwesend gewesen seien.
Wegen der Nichterreichung des Quorums habe gemäß Artikel 6 der Geschäftsordnung von 1993 keine
gültige Abstimmung über den Erlaß der Entscheidung stattfinden können.
49.
Zweitens sei die Entscheidung von der Kommission nicht in der den Klägerinnen notifizierten Form
erlassen worden. Es sei zumindest nicht möglich, den genauen Inhalt der Entscheidung zu ermitteln,
die die Kommission am 16. Februar 1994 habe erlassen wollen.
50.
Nach dem Protokoll der Sitzung (S. 43) habe die Kommission „die in dem Schriftstück K(94) 321/2
und /3 wiedergegebene Entscheidung in den verbindlichen Sprachen“ genehmigt, während die den
Klägerinnen notifizierte Entscheidung das Aktenzeichen K(94) 321 endg. trage. Überdies gebe es nach
der dem Gericht gemäß Artikel 23 im Anhang des Schreibens der Kommission vom 27. Juni 1995
übermittelten Liste interner Unterlagen eine weitere Fassung der Entscheidung, die das Aktenzeichen
K(94) 321/4 und das Datum des 25. Februar 1994 trage.
51.
Außerdem bestünden gewisse Zweifel hinsichtlich der verschiedenen Fassungen der Entscheidung,
die im Anschluß an das Ersuchen des Gerichts vom 11. März 1998 bei der Kanzlei eingereicht worden
seien. Abgesehen davon, daß nur die spanische und die italienische Fassung die Angabe
„verbindliche Fassung“ auf ihrem Deckblatt trügen, schienen die Schriftstücke K(94) 321/2 und K(94)
321/3 aus mehreren gesondert ausgearbeiteten Schriftstücken zu bestehen, die unterschiedliche
Schrifttypen aufwiesen und nicht einheitlich durchnumeriert seien.
52.
Nachdem sich die Kommission in der mündlichen Verhandlung bereit erklärt hat, die Vertraulichkeit
der internen Unterlagen über den Erlaß der Entscheidung aufzuheben, die sich in den Ordnern 57, 58
und 61 der dem Gericht gemäß Artikel 23 übermittelten Akten befinden, sehen die Rechtsanwälte der
Klägerinnen ihre Zweifel durch die Entdeckung einer Reihe von Unterschieden zwischen den internen
Unterlagen in diesen Ordnern und den Schriftstücken K(94) 321/2 und K(94) 321/3 bestätigt, die in
einer in der mündlichen Verhandlung eingereichten Liste aufgeführt sind. Außerdem bestünden
erhebliche Unterschiede zwischen der Unterlage im Aktenordner 61 der Kommission, bei der es sich
um das von der Kommission in ihrer Vormittagssitzung vom 16. Februar 1994 geprüfte Schriftstück
K(94) 321/1 handele, und den Schriftstücken K(94) 321/2 und K(94) 321/3. Diese Unterschiede sind in
einer zweiten in der mündlichen Verhandlung eingereichten Liste aufgeführt. Schließlich seien an der
italienischen Fassung des Schriftstücks K(94) 321/2 nach dem Eingang eines Telefax des
Übersetzungsdienstes der Kommission am 16. Februar 1994 zwischen 17 Uhr 09 und 17 Uhr 14, also
nach dem Schluß der Sitzung um 16 Uhr 25, einige manuelle Änderungen vorgenommen worden.
53.
Drittens seien weder die Fassung K(94) 321 endg. noch die Fassungen K(94) 321/2 und K(94) 321/3
der Entscheidung gemäß Artikel 16 der Geschäftsordnung von 1993 festgestellt worden. Keine dieser
Fassungen sei dem Protokoll im Sinne dieser Bestimmung, die eine körperliche Verbindung verlange,
beigefügt worden. Außerdem würden im Protokoll die ihm beigefügten Unterlagen nicht erwähnt.
54.
Von einer Feststellung des Protokolls gemäß den Artikeln 9 und 16 der Geschäftsordnung von 1993
könne jedenfalls deshalb nicht ausgegangen werden, weil auf dem Deckblatt die
Originalunterschriften des Präsidenten und des Generalsekretärs fehlten.
55.
Viertens enthalte das Protokoll nicht das Datum, an dem es vom Präsidenten und vom
Generalsekretär der Kommission unterschrieben worden sei, so daß nicht davon ausgegangen
werden könne, daß es zum Zeitpunkt seiner Genehmigung festgestellt worden sei.
56.
Schließlich bitten die Klägerinnen das Gericht, Beweisbeschlüsse zu erlassen, die es ihnen
ermöglichen sollen, das in den Archiven der Kommission befindliche Original des Protokolls
einzusehen, und mit denen sich, z. B. anhand der Terminkalender der Kommissionsmitglieder und
anderer vergleichbarer Unterlagen, klären lasse, welche Kommissionsmitglieder beim Erlaß der
Entscheidung in der Nachmittagssitzung des 16. Februar 1994 tatsächlich anwesend gewesen seien.
Zulässigkeit
57.
Die Klägerin hat in ihrer Klageschrift nicht geltend gemacht, daß beim Erlaß der Entscheidung
Verfahrensfehler begangen worden seien. Das Protokoll der Sitzung der Kommission vom 16. Februar
1994 und seine Anlagen sind jedoch erst während des Verfahrens — im Anschluß an
Beweiserhebungen und prozeßleitende Maßnahmen des Gerichts — zutage getreten. Artikel 48 § 2 der
Verfahrensordnung schließt neue Angriffsmittel nicht aus, sofern sie auf solche Gründe gestützt
werden. Folglich ist der vorliegende Klagegrund zulässig.
Die Nichterreichung des Quorums
58.
Der durch Artikel H Nr. 2 des Vertrages über die Europäische Union eingefügte Artikel 13 Absatz 1
EGKS-Vertrag sieht vor, daß die Beschlüsse der Kommission mit der Mehrheit der Anzahl ihrer —
damals 17 — Mitglieder gefaßt werden. Gemäß Artikel 13 Absatz 2 des Vertrages kann die Kommission
nur dann wirksam tagen, wenn die in ihrer Geschäftsordnung festgesetzte Anzahl von Mitgliedern
anwesend ist.
59.
Artikel 5 der Geschäftsordnung von 1993 lautet: „Die Kommission ist beschlußfähig, wenn die
Mehrheit der im Vertrag vorgesehenen Zahl der Mitglieder anwesend ist.“ Folglich lag das Quorum für
die Beschlußfähigkeit der Kommission in ihrer Sitzung vom 16. Februar 1994 bei neun anwesenden
Mitgliedern.
60.
In Artikel 6 der Geschäftsordnung heißt es: „Die Kommission beschließt auf Vorschlag eines oder
mehrerer ihrer Mitglieder. Die Kommission nimmt auf Antrag
eines ihrer Mitglieder eine Abstimmung vor. Dabei wird über den ursprünglichen Vorschlag oder über
einen von dem oder den zuständigen Mitglied(ern) oder dem Präsidenten geänderten Vorschlag
abgestimmt. Die Beschlüsse der Kommission werden mit der Mehrheit der im Vertrag vorgesehenen
Zahl der Mitglieder gefaßt.“ Auch daraus folgt, daß die Beschlüsse der Kommission damals der
Zustimmung von neun ihrer Mitglieder bedurften.
61.
Aus dem Protokoll der 1189. Sitzung der Kommission in Brüssel am 16. Februar 1994 (im folgenden:
Protokoll), das dem Gericht auf seine Ersuchen vom 27. November 1997 und vom 11. März 1998
übersandt wurde, geht hervor, daß diese Sitzung in zwei Teilen am Vormittag und am Nachmittag
stattfand. Punkt XVII des Protokolls, der am Vormittag erörtert wurde, lautet wie folgt:
„XVII. FALL DER ANWENDUNG VON ARTIKEL 65 EGKS-VERTRAG
(K[94] 321; SEK[94] 267)
Herr RENAUDIERE, Mitglied des Kabinetts von Herrn VAN MIERT, nimmt an den Beratungen über
diesen Punkt teil.
Herr VAN MIERT erläutert der Kommission die verschiedenen Gesichtspunkte des ihm vorliegenden
Falles. Er weist auf die besondere Schwere der festgestellten Zuwiderhandlungen hin. Er unterbreitet
der Kommission Vorschläge für die gegen die fraglichen Unternehmen festzusetzenden Geldbußen.
Die Kommission stimmt der von Herrn VAN MIERT vorgeschlagenen Entscheidung im wesentlichen zu
und erörtert ausführlich die Höhe der Geldbußen. Es wird vereinbart, zu einem späteren Zeitpunkt der
vorliegenden Sitzung über den von Herrn VAN MIERT vorzulegenden Entwurf der endgültigen
Entscheidung zu befinden.
Die übrigen Beratungen der Kommission über diesen Punkt sind Gegenstand eines
Sonderprotokolls.“
62.
Punkt XXV des Protokolls, der am Nachmittag erörtert wurde, lautet wie folgt:
„XXV. FALL DER ANWENDUNG VON ARTIKEL 65 EGKS-VERTRAG (FORTSETZUNG VON PUNKT XVII) (K[94]
321/2 und 3; SEK[94] 267)
Die Kommission führt ihre am Vormittag begonnenen Beratungen fort. Sie setzt gegen die
fraglichen Unternehmen folgende Geldbußen fest:
ARBED SA:
11 200 000 ECU
British Steel plc:
32 000 000 ECU
Unimétal SA:
12 300 000 ECU
Saarstahl AG:
4 600 000 ECU
Ferdofin SpA:
9 500 000 ECU
Thyssen Stahl AG:
6 500 000 ECU
Preussag AG:
9 500 000 ECU
Empresa Nacional Siderúrgica SA:
4 000 000 ECU
Siderúrgica Aristrain Madrid SL:
10 600 000 ECU
SA Cockerill Sambre:
4 000 000 ECU
Krupp-Hoesch Stahl AG:
13 000 ECU
NMH Stahlwerke GmbH:
150 000 ECU
Norsk Jernverk AS:
750 ECU
Inexa Profil AB:
600 ECU
Die Kommission beschließt ferner, daß Geldbußen, die 20 000 ECU überschreiten, in Raten bezahlt
werden können. Sie genehmigt infolgedessen die in dem Schriftstück K(94) 321/2 und /3
wiedergegebene Entscheidung in den verbindlichen Sprachen.
*
* *
Die Sitzung wird um 16 Uhr 25 geschlossen.“
63.
Aus Punkt XVII in Verbindung mit Punkt XXV des Protokolls ergibt sich, daß die Entscheidung nicht
während der Beratung von Punkt XVII am Vormittag endgültig erlassen wurde, sondern während der
Beratung von Punkt XXV am Nachmittag.
64.
Aus der Liste der Anwesenden auf Seite 2 des Protokolls geht ferner hervor, daß bei der Beratung
von Punkt XXV durch die Kommission neun Mitglieder der Kommission anwesend waren, und zwar Herr
Delors, Sir Leon Brittan, Herr Van Miert, Herr Ruberti, Herr Millan, Herr Van den Broek, Herr Flynn, Herr
Steichen und Herr Paleokrassas. Das nach Artikel 5 der Geschäftsordnung von 1993 erforderliche
Quorum war somit erreicht. Die Entscheidung konnte auch nach Artikel 6 der Geschäftsordnung mit
Zustimmung der neun anwesenden Mitglieder gefaßt werden.
65.
Das Vorbringen der Klägerinnen beruht indessen auf einer Anwesenheitsliste aufSeite 40 des
Protokolls, in der es heißt, daß Herr Budd und Herr Santopinto, die Kabinettschefs von Sir Leon Brittan
und Herrn Ruberti, sowie Frau Evans, ein Mitglied des Kabinetts von Herrn Flynn, „in Abwesenheit der
Mitglieder der Kommission“ an der Sitzung teilgenommen hätten. Die Klägerinnen folgern daraus, daß
Sir Leon Brittan, Herr Ruberti und Herr Flynn entgegen den Angaben auf Seite 2 des Protokolls bei
dem unter Punkt XXV behandelten Erlaß der Entscheidung nicht anwesend gewesen seien.
66.
Dem kann nicht gefolgt werden. Wie schon aus dem Wortlaut der Liste auf Seite 2 des Protokolls
hervorgeht, dient sie einer genauen Aufstellung der An- oder
Abwesenheit der Mitglieder der Kommission bei der betreffenden Sitzung. Diese Aufstellung betrifft
sowohl die Vormittags- als auch die Nachmittagssitzung und ist somit der Beweis für die Anwesenheit
der fraglichen Kommissionsmitglieder bei diesen beiden Sitzungsteilen, sofern nicht ausdrücklich
angegeben ist, daß ein Mitglied bei der Erörterung eines bestimmten Punktes abwesend war. Die Liste
auf Seite 40 des Protokolls betrifft dagegen nicht die Anwesenheit der Kommissionsmitglieder,
sondern nur die etwaiger anderer Personen wie z. B. der Kabinettschefs. Unter diesen Umständen
können die indirekten Schlüsse, die die Klägerinnen aus der genannten Liste ziehen zu können
glauben, nicht höher bewertet werden als die ausdrücklichen Angaben zur An- oder Abwesenheit der
Kommissionsmitglieder auf Seite 2 des Protokolls.
67.
Das Gericht ist jedenfalls der Ansicht, daß die Angabe „An der Sitzung nehmen in Abwesenheit der
Mitglieder der Kommission teil“ auf Seite 40 des Protokolls als Synonym für „An der Sitzung nehmen
teil, falls ein Mitglied bei einem bestimmten Punkt abwesend ist,“ verstanden werden muß.
68.
Diese Angabe ist nämlich im Zusammenhang mit Artikel 8 der Geschäftsordnung von 1993 zu
sehen, in dem es u. a. heißt: „Ist ein Mitglied der Kommission abwesend, so kann sein Kabinettschef
an der Sitzung teilnehmen und auf Aufforderung des Präsidenten die Meinung des abwesenden
Mitglieds vortragen.“ Die Liste auf Seite 40 des Protokolls soll daher die Liste auf Seite 2 nicht
ersetzen, sondern die Personen angeben, die gemäß Artikel 8 zur Teilnahme an der Sitzung berechtigt
sind und dort gegebenenfalls die Meinung des abwesenden Mitglieds vortragen können.
69.
Die Tatsache, daß ein Kabinettschef in Abwesenheit des von ihm vertretenen Kommissionsmitglieds
dessen Meinung zu einem bestimmten Punkt vortragen kann, schließt es jedoch nicht aus, daß das
betreffende Kommissionsmitglied bei der Erörterung eines anderen Punktes in die Sitzung
zurückkehrt, ohne daß sein Kabinettschef den Sitzungssaal nach seiner Rückkehr verläßt. Die Angabe
zurückkehrt, ohne daß sein Kabinettschef den Sitzungssaal nach seiner Rückkehr verläßt. Die Angabe
auf Seite 40 des Protokolls, daß Herr Budd, Herr Santopinto und Frau Evans der Nachmittagssitzung
beigewohnt hätten, kann deshalb allein damit zu erklären sein, daß gemäß Seite 2 des Protokolls Sir
Leon Brittan, Herr Ruberti und Herr Flynn bei der Erörterung einiger Punkte der Tagesordnung für den
Nachmittag abwesend waren, und zwar bei den Punkten XXIII.B, XXIII.C und teilweise XXIV (Sir Leon
Brittan) sowie den Punkten XXIII.B und teilweise XXIII.C (Herr Ruberti und Herr Flynn). Daraus folgt
daher nicht, daß diese drei Kommissionsmitglieder bei der Beratung über Punkt XXV entgegen den
ausdrücklichen Angaben auf Seite 2 des Protokolls abwesend waren.
70.
Diese Auslegung wird durch Seite 7 des Protokolls bestätigt, auf der sich für den Vormittag —
entsprechend der Liste auf Seite 40 für den Nachmittag — eine Liste der Personen befindet, die „in
Abwesenheit“ der Mitglieder der Kommission an der Sitzung teilnahmen. Wenn die Auslegung der
Formulierung „An der Sitzung
nehmen in Abwesenheit der Mitglieder der Kommission teil“ durch die Klägerinnen zuträfe, wäre
daraus, daß nach dieser Liste Herr Kubosch, ein Mitglied des Kabinetts von Herrn Bangemann, und
Herr Budd, der Kabinettschef von Sir Leon Brittan, während des gesamten Vormittags anwesend
waren, zu folgern, daß die beiden genannten Kommissionsmitglieder den ganzen Vormittag über
abwesend waren. Dies ist ersichtlich nicht der Fall, denn gemäß Seite 2 des Protokolls waren Herr
Bangemann am Vormittag bei den Punkten I bis XVIII und Sir Leon Brittan bei den Punkten XVII bis XXII
anwesend.
71.
Demnach war das erforderliche Quorum anwesender Mitglieder beim Erlaß der Entscheidung am
Nachmittag des 16. Februar 1994 erfüllt.
72.
Im übrigen sieht Artikel 6 der Geschäftsordnung von 1993 vor, daß die Kommission auf Vorschlag
eines oder mehrerer Mitglieder beschließt und nur auf Antrag eines ihrer Mitglieder eine Abstimmung
vornimmt. Mangels eines solchen Antrags brauchte die Kommission in der Nachmittagssitzung keine
förmliche Abstimmung vorzunehmen. Da gemäß Artikel 6 die Beschlüsse der Kommission mit der
Mehrheit der im Vertrag vorgesehenen Mitgliederzahl gefaßt werden, die damals neun Mitglieder
betrug, waren die am Nachmittag des 16. Februar 1994 anwesenden neun Mitglieder jedenfalls nicht
daran gehindert, einstimmig den Erlaß der Entscheidung zu beschließen.
73.
Folglich ist die erste Rüge der Klägerinnen unbegründet.
Die fehlende wörtliche Übereinstimmung zwischen der erlassenen und der der Klägerin notifizierten
Entscheidung
74.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes müssen der verfügende Teil und die Begründung der
ihrem oder ihren Adressaten notifizierten Entscheidung — abgesehen von rein orthographischen oder
grammatikalischen Anpassungen, die am Wortlaut eines Rechtsakts noch nach seiner endgültigen
Verabschiedung durch das Kommissionskollegium vorgenommen werden dürfen — mit der vom
Kollegium erlassenen Entscheidung übereinstimmen (PVC-Urteil, Randnrn. 62 bis 70).
75.
Nach Punkt XXV des Protokolls hat die Kommission „die in dem Schriftstück K(94) 321/2 und /3
wiedergegebene Entscheidung in den verbindlichen Sprachen“ erlassen.
76.
Folglich ist der maßgebliche Vergleich zwischen der Fassung K(94) 321/2 in Verbindung mit der
Fassung K(94) 321/3 der Entscheidung, die von der Kommission am Nachmittag des 16. Februar 1994
erlassen wurden, und den verschiedenen, den Klägerinnen in den verbindlichen Sprachen notifizierten
Fassungen der Entscheidung anzustellen.
77.
Ein sachlicher Unterschied zwischen der Fassung K(94) 321/2 in Verbindung mit der Fassung K(94)
321/3 der Entscheidung, die von der Kommission in den vier
verbindlichen Sprachen bei der Kanzlei des Gerichts eingereicht worden sind, und den Fassungen der
Entscheidung, die den Klägerinnen notifiziert wurden, ist aber von den Klägerinnen nicht geltend
gemacht worden und für das Gericht nicht ersichtlich. Daß die Entscheidung in Form von zwei
Schriftstücken — K(94) 321/2 und K(94) 321/3 — erlassen wurde, wobei im zweiten mehrere, zum Teil
handschriftliche Änderungen am ersten vorgenommen wurden, spielt unter diesen Umständen keine
Rolle, zumal diese Änderungen im wesentlichen nur die Ratenzahlung der Geldbußen und den
Beschluß betreffen, keine Geldbußen unter 100 ECU festzusetzen. Auch die Tatsache, daß die
Schriftstücke K(94) 321/2 und K(94) 321/3 in einigen Sprachfassungen nicht durchgehend paginiert
sind oder unterschiedliche Schrifttypen aufweisen, ist unerheblich, da das intellektuelle und das
formelle Element dieser Schriftstücke zusammen genommen der den Klägerinnen notifizierten Fassung
der Entscheidung entsprechen (PVC-Urteil, Randnr. 70).
78.
Die Unterschiede zwischen den Schriftstücken K(94) 321/2 und K(94) 321/3 zeugen vielmehr vom
Bestreben der Kommission, die Entscheidung erst förmlich zu erlassen, nachdem alle vom Kollegium
beschlossenen Änderungen, insbesondere hinsichtlich der Ratenzahlung der Geldbußen und der
Nichtfestsetzung von Geldbußen unter 100 ECU, in alle Sprachfassungen eingefügt worden waren.
79.
Aus dem Vorstehenden folgt ferner, daß die auf einem eingehenden Vergleich zwischen einigen in
den Aktenordnern 57, 58 und 61 der Kommission befindlichen Unterlagen und den Schriftstücken
K(94) 321/2 und K(94) 321/3 beruhenden Argumente fehl gehen. Wie oben ausgeführt, ist der
maßgebliche Vergleich zwischen den von der Kommission vorgelegten Schriftstücken K(94) 321/2 und
K(94) 321/3 einerseits und der den Klägerinnen notifizierten Fassung andererseits anzustellen und
nicht zwischen den Schriftstücken K(94) 321/2 und K(94) 321/3 einerseits und einigen Entwürfen und
anderen möglicherweise älteren Unterlagen in den Akten der Kommission andererseits. Es gibt
insbesondere keinen Beweis dafür, daß das im Ordner 61 enthaltene Schriftstück B, das ein
Arbeitsdokument zu sein scheint, das Schriftstück K(94) 321 darstellt oder dem von der Kommission in
der Vormittagssitzung des 16. Februar 1994 geprüften Schriftstück entspricht. Dem Schriftstück K(94)
321 kommt ohnehin keine Bedeutung zu, da die von der Kommission erlassene endgültige Fassung
der Entscheidung aus den Schriftstücken K(94) 321/2 und K(94) 321/3 besteht.
80.
Auch etwaige Unklarheiten hinsichtlich des genauen Zeitpunkts, zu dem die Übersetzung einiger
geringfügiger Änderungen der italienischen Fassung der Entscheidung übersandt wurde, sind
unerheblich, zumal sich die italienische Fassung der Entscheidung nicht an die Klägerin richtet.
81.
Schließlich ist unstreitig, daß das Schriftstück K(94) 321/4 nur eine nicht vertrauliche Fassung des
Schriftstücks K(94) 321 endg. ist, in der einige Zahlen, bei
denen es sich um Geschäftsgeheimnisse der Adressaten handelt, zum Zweck der Notifizierung der
Entscheidung an andere Adressaten entfernt wurden.
82.
Folglich ist die zweite Rüge der Klägerinnen unbegründet.
Die fehlende Feststellung der Entscheidung
83.
Zur dritten Rüge der Klägerinnen, nach der die Fassungen K(94) 321/2 und K(94) 321/3 der
Entscheidung nicht in der in Artikel 16 Absatz 1 der Geschäftsordnung von 1993 vorgesehenen Weise
festgestellt worden seien, ist darauf hinzuweisen, daß diese Bestimmung folgendes vorsieht:
„Die von der Kommission in einer Sitzung oder im schriftlichen Verfahren gefaßten Beschlüsse werden
in der Sprache oder in den Sprachen, in denen sie verbindlich sind, dem Protokoll der
Kommissionssitzung beigefügt, in der diese Beschlüsse angenommen wurden oder in der ihre
Annahme vermerkt wurde. Diese Beschlüsse werden durch die Unterschriften des Präsidenten und
des Generalsekretärs auf der ersten Seite dieses Protokolls festgestellt.“
84.
Ferner sieht Artikel 9 Absatz 2 der Geschäftsordnung von 1993 vor, daß die Protokolle der
Kommission „durch die Unterschrift des Präsidenten und des Generalsekretärs festgestellt“ werden.
85.
In Artikel 16 Absatz 1 der Geschäftsordnung von 1993 war nicht festgelegt, in welcher Weise die in
einer Sitzung gefaßten Beschlüsse dem Protokoll „beigefügt“ werden mußten, während sie z. B.
gemäß Artikel 16 der Geschäftsordnung der Kommission in der Fassung des Beschlusses 95/148/EG,
Euratom, EGKS vom 8. März 1995 (ABl. L 97, S. 82) „untrennbar mit dem Protokoll ... verbunden“ sein
müssen.
86.
Im vorliegenden Fall ist dem Gericht das Protokoll mit den verschiedenen verbindlichen
Sprachfassungen der Schriftstücke K(94) 321/2 und K(94) 321/3 in demselben Behältnis und so
zugegangen, wie es die Prozeßvertreter der Kommission nach ihren Angaben im Anschluß an das
Ersuchen des Gerichts vom 11. März 1998 vom Generalsekretariat der Kommission erhalten haben.
Daher ist davon auszugehen, daß diese Schriftstücke dem Protokoll in der Weise „beigefügt“ waren,
daß sie mit ihm zusammen aufbewahrt wurden, ohne körperlich mit ihm verbunden zu sein.
87.
Artikel 16 Absatz 1 der Geschäftsordnung von 1993 soll sicherstellen, daß die Kommission den dem
Adressaten notifizierten Beschluß ordnungsgemäß erlassen hat. Im vorliegenden Fall hat die Klägerin
aber keinen sachlichen Unterschied zwischen der ihr notifizierten Fassung der Entscheidung und der
Fassung dargetan, die der Kommission zufolge dem Protokoll „beigefügt“ war.
88.
Unter diesen Umständen hat die Klägerin angesichts der Gültigkeitsvermutung für
Gemeinschaftshandlungen (Urteil des Gerichts vom 27. Oktober 1994 in der Rechtssache T-35/92,
Deere/Kommission, Slg. 1994, II-957, Randnr. 31) nicht nachgewiesen, daß die Schriftstücke K(94)
321/2 und K(94) 321/3 dem Protokoll nicht im Sinne von Artikel 16 der Geschäftsordnung von 1993
„beigefügt“ waren. Daher ist davon auszugehen, daß diese Schriftstücke durch die Unterschriften des
Präsidenten und des Generalsekretärs auf der ersten Seite des Protokolls festgestellt wurden.
89.
Zu der Tatsache, daß das dem Gericht vorgelegte Protokoll seinerseits eine Fotokopie ist, die nicht
die Originalunterschriften des Präsidenten und des Generalsekretärs trägt, ist festzustellen, daß die
erste Seite des Protokolls mit dem Stempel „Beglaubigte Ausfertigung, Der Generalsekretär, Carlo
Trojan“ versehen ist und daß dieser Stempel die Originalunterschrift von Herrn Trojan, dem derzeitigen
Generalsekretär der Kommission, trägt. Diese Beglaubigung durch den derzeitigen Generalsekretär
der Kommission ist als rechtlich hinreichender Beweisdafür anzusehen, daß das Original des Protokolls
die Originalunterschriften des Präsidenten und des Generalsekretärs der Kommission trägt.
90.
Folglich ist die dritte Rüge nicht begründet.
Die fehlende Angabe des Datums der Unterzeichnung des Protokolls
91.
Zur vierten Rüge der Klägerinnen, daß auf dem Protokoll das Datum seiner Unterzeichnung durch
den Präsidenten und den Generalsekretär der Kommission fehle, genügt die Feststellung, daß die
erste Seite des dem Gericht vorgelegten Protokolls die Angabe „Brüssel, den 23. Februar 1994“ und
den Satz enthält: „Das vorliegende Protokoll wurde von der Kommission in ihrer 1190. Sitzung in
Brüssel am 23. Februar 1994 angenommen.“ Es folgen die Unterschriften des Präsidenten und des
Generalsekretärs sowie die Beglaubigung der Übereinstimmung der Ausfertigung des Protokolls mit
dem Original durch Herrn Trojan. Somit wurde das Protokoll vom Präsidenten und vom Generalsekretär
am 23. Februar 1994 in Einklang mit der Geschäftsordnung von 1993 ordnungsgemäß unterzeichnet.
92.
Auch die vierte Rüge der Klägerinnen ist folglich unbegründet.
93.
Schließlich haben die unzutreffenden Angaben von Herrn Van Miert in seiner Pressekonferenz am
Mittag des 16. Februar 1994, bei der er bekanntgab, daß die Kommission soeben die Entscheidung
erlassen habe, und einige Bußgeldbeträge nannte, die nicht den in der Entscheidung festgesetzten
Beträgen entsprachen, als solche keine Auswirkungen auf den ordnungsgemäßen Erlaß der
Entscheidung durch das Kommissionskollegium, da sich die gerichtliche Kontrolle nur auf die von der
Kommission erlassene Entscheidung erstrecken kann (vgl. Urteil des Gerichts vom 12. Dezember 1991
in der Rechtssache T-30/89, Hilti/Kommission, Slg. 1991, II-1439, Randnr. 136).
94.
Nach alledem sind die verschiedenen Argumente, mit denen geltend gemacht wird, daß die
Kommission im Verwaltungsverfahren wesentliche Formvorschriften verletzt habe, in vollem Umfang
zurückzuweisen, ohne daß die von den Klägerinnen beantragten Beweisaufnahmen angeordnet zu
werden brauchen.
B —
95.
Die Klägerin trägt vor, die Kommission habe dem tatsächlichen Verhalten eines
Unternehmensverbands in der Entscheidung eine andere Bedeutung beigemessen als in den
Beschwerdepunkten, ohne ihr Gelegenheit zu geben, zu dieser neuen rechtlichen Würdigung Stellung
zu nehmen. In den Beschwerdepunkten (Nrn. 465 und 472) habe die Kommission die Ansicht
vertreten, daß das tatsächliche Verhalten eines Unternehmensverbands, insbesondere eine
einseitige Handlung seiner Geschäftsführung, selbst einen „Beschluß“ dieses Verbandes darstelle. In
der Entscheidung (Randnr. 281) habe sie ein solches Verhalten dagegen als bloßen Anhaltspunkt für
das Vorliegen eines Beschlusses im vorerwähnten Sinne angesehen. Sie gehe dort offenbar davon
aus, daß der im vorliegenden Fall beanstandete „Beschluß“ auf einer Absprache zwischen den
Mitgliedern der Klägerin beruht habe. Diese geänderte Sichtweise der Kommission sei von
grundlegender Bedeutung und hätte der Klägerin deshalb vorab mitgeteilt werden müssen.
96.
Der Anspruch auf rechtliches Gehör, auf den sich die Klägerin beruft, wird im vorliegenden Fall
durch Artikel 36 Absatz 1 EGKS-Vertrag gewährleistet, der bestimmt, daß die Kommission vor der
Festsetzung der nach diesem Vertrag vorgesehenen Sanktionen dem Betroffenen Gelegenheit zur
Stellungnahme zu geben hat. Diese Bestimmung wendet so einen allgemeinen Grundsatz des
Gemeinschaftsrechts an, der verlangt, daß in allen Verfahren, die zu Sanktionen — namentlich zu
Geldbußen oder Zwangsgeldern — führen können, dem betroffenen Unternehmen im Lauf des
Verwaltungsverfahrens Gelegenheit gegeben wird, zum Vorliegen und zur Erheblichkeit der
behaupteten Tatsachen und Umstände sowie zu den Unterlagen Stellung zu nehmen, die die
Kommission zur Stützung ihrer Behauptung, daß eine Zuwiderhandlung vorliege, herangezogen hat
(vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 13. Februar 1979 in der Rechtssache 85/76, Hoffmann-La
Roche/Kommission, Slg. 1979, 461, Randnrn. 9 und 11).
97.
Dieser Grundsatz gilt auch für Entscheidungen, mit denen eine Zuwiderhandlung festgestellt wird
(vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 2. März 1983 in der Rechtssache 7/82, GVL/Kommission, Slg. 1983,
483, Randnrn. 7 bis 13).
98.
Im vorliegenden Fall führte die Kommission in Nummer 471 der Beschwerdepunkte aus, daß die
Klägerin ein Unternehmensverband im Sinne von
Artikel 65 des Vertrages sei. In den Nummern 472 und 473 der Beschwerdepunkte fügte sie folgendes
hinzu:
„Für die Anwendung von Artikel 65 § 1 muß ... das tatsächliche Verhalten eines
Unternehmensverbands, seiner Organe oder seiner Hilfsorgane als .Beschluß' angesehen werden, da
anzunehmen ist, daß der Verband nicht ohne ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung seiner
Mitglieder tätig wird. Wenn die Handlungen eines Unternehmensverbands als solche darauf abzielen,
den Wettbewerb einzuschränken oder zu verfälschen, so fallen sie automatisch unter das Verbot.
Diese Auslegung steht im Einklang mit dem Buchstaben, dem Geist und dem Zweck von Artikel 65, der
generell alle Vereinbarungen, Beschlüsse und verabredeten Praktiken untersagt, die darauf abzielen,
den Wettbewerb einzuschränken. Dieses Verbot findet folglich insoweit auf Unternehmensverbände
Anwendung, als ihre eigene Tätigkeit oder die ihrer Mitglieder die Wirkungen zu entfalten trachtet, die
Artikel 65 zu unterbinden versucht. Eine weitere Bestätigung für diese Auslegung liefert Artikel 48
Absatz 1 des EGKS-Vertrages, wonach Verbände von Unternehmen jede Tätigkeit ausüben können,
die nicht im Widerspruch zu den Bestimmungen des EGKS-Vertrages steht.“
99.
In ihrer Erwiderung vom 30. Juli 1992 auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte (Anlage 4 der
Klageschrift) hat die Klägerin u. a. folgendes geltend gemacht:
„Nach der Auffassung der Kommission erfüllt tatsächliches Handeln eines Verbandes den Tatbestand
des Beschlusses, weil die Zustimmung der Mitglieder zu unterstellen sei.
[Solches] Handeln ... verletzt das Verbot des Artikels 65 § 1 EGKS-Vertrag aber nur in der Person der
Mitgliedsunternehmen.
Zuzustimmen ist der Kommission darin, daß es dabei auf die Zustimmung der Mitglieder zu dem
Handeln des Verbandes ankommt. Diese Zustimmung kann aber nicht unterstellt werden, sondern ist
eine Frage der Verbandssatzung. Verbandshandeln, das von der Satzung nicht gedeckt ist, kann
unbeteiligten Verbandsmitgliedern nicht angelastet werden.
Das von Eurofer .betriebene' Informationsaustauschsystem beruht im übrigen auf der Initiative der
hieran beteiligten Unternehmen. Irgendeinen Verbandsbeschluß hat es hierzu nicht gegeben. Die
Frage nach den satzungsmäßigen Befugnissen der Eurofer-Organe stellt sich daher gar nicht.
In diesem Zusammenhang muß hervorgehoben werden, daß Eurofer ihren satzungsmäßigen Auftrag
zum Austausch von Daten in allen Fragen von gemeinsamem Interesse (§ 2 vierter Spiegelstrich der
Eurofer-Satzung) nur in dem
Umfang auszuführen berechtigt ist und tatsächlich nur in dem Umfang ausführen kann und ausführt,
den die Verbandsmitglieder (die nationalen Verbände) oder die Mitgliedsunternehmen der
Verbandsmitglieder bestimmen.“
100.
In den Randnummern 281 und 282 der Entscheidung führt die Kommission folgendes aus:
„281. Artikel 65 § 1 des EGKS-Vertrags bezieht sich auf Beschlüsse von Unternehmensverbänden,
die geeignet sind, den Wettbewerb einzuschränken. Auf die Existenz eines solchen Beschlusses kann
vom tatsächlichen Verhalten eines Unternehmensverbandes, seiner Organe oder seiner Hilfsorgane
geschlossen werden.
Laut Satzung von Eurofer gehört der Informationsaustausch zu den Aufgaben von Eurofer (Artikel 2,
vierter Gedankenstrich, der Satzung). Es muß angenommen werden, daß Eurofer nicht ohne
ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung ihrer Mitglieder handelte. Dies wird dadurch
bestätigt, daß es sich bei den ausgetauschten Zahlen um Zahlen der Unternehmen handelte, die
(unmittelbar oder mittelbar) Mitglied von Eurofer waren.
282. Diese Auslegung steht im Einklang mit Wortlaut, Sinn und Zweck von Artikel 65, der alle
Vereinbarungen, Beschlüsse und verabredeten Praktiken untersagt, die darauf abzielen, den
Wettbewerb einzuschränken.“
101.
Der einzige Unterschied zwischen der Begründung der Mitteilung der Beschwerdepunkte und der
Begründung der Entscheidung besteht darin, daß die Kommission in Nummer 472 der
Beschwerdepunkte die Ansicht vertrat, das tatsächliche Verhalten eines Verbandes müsse „als
.Beschluß' angesehen werden“, während das tatsächliche Verhalten eines Verbandes in der
Entscheidung nur als Anhaltspunkt für das Vorliegen eines solchen Beschlusses betrachtet wird.
Sowohl in der Mitteilung der Beschwerdepunkte als auch in der Entscheidung macht die Kommission
geltend, daß die Klägerin nicht ohne ausdrückliche oder stillschweigende Einwilligung ihrer Mitglieder
gehandelt habe.
102.
Die Kommission hat in der Entscheidung ferner auf die satzungsmäßige Aufgabe der Klägerin
abgestellt, auf die diese in ihrer Erwiderung auf die Mitteilung der Beschwerdepunkte selbst
hingewiesen hat.
103.
Nach ständiger Rechtsprechung braucht die Entscheidung nicht unbedingt ein Abbild der
Darstellung der Beschwerdepunkte zu sein. Die Kommission muß die Ergebnisse des
Verwaltungsverfahrens berücksichtigen, sei es, um Beschwerdepunkte fallenzulassen, die sich als
nicht ausreichend begründet erwiesen haben, sei es, um ihre Argumentation, auf die sie die
aufrechterhaltenen Beschwerdepunkte stützt, sowohl in tatsächlicher als auch in rechtlicher Hinsicht
neu zu ordnen und zu ergänzen. Die letztere Möglichkeit beeinträchtigt nicht den
durch Artikel 36 Absatz 1 des Vertrages gewährleisteten Anspruch auf rechtliches Gehör (vgl. im
Rahmen des EG-Vertrags das Urteil des Gerichts vom 10. März 1992 in der Rechtssache T-11/89,
Shell/Kommission, Slg. 1992, II-757, Randnr. 59).
104.
Im vorliegenden Fall hat sich die Kommission darauf beschränkt, ihre Argumentation in rechtlicher
Hinsicht neu zu ordnen, um auf das Vorbringen der Klägerin zu antworten. Diese Umformulierung ihrer
Argumentation war im übrigen nicht so grundlegend, daß sie verpflichtet gewesen wäre, der Klägerin
erneut Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.
105.
Folglich ist das Vorbringen zurückzuweisen, mit dem geltend gemacht wird, daß sich aus den
Kriterien, aus denen die Kommission das Vorliegen eines Beschlusses eines Unternehmensverbands
ableitete, eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ergebe.
C —
106.
Die Klägerin trägt vor, sie habe weder einen Beschluß im Sinne von Artikel 65 § 1 des Vertrages
über einen Informationsaustausch gefaßt noch auch nur eine entsprechende Empfehlung an die
fraglichen Unternehmen gerichtet.
107.
Beschlüsse im Sinne dieses Artikels würden definitionsgemäß von den dafür zuständigen Organen
gefaßt, und ihr Erlaß durch einen Verband setze voraus, daß dieser nach seiner Satzung die Aufgabe
habe, die Tätigkeit seiner Mitglieder zu koordinieren (Urteil des Gerichtshofes vom 27. Januar 1987 in
der Rechtssache 45/85, Verband der Sachversicherer/Kommission, Slg. 1987, 405, Randnr. 31).
Außerdem müßten diese Beschlüsse für die Mitglieder des Verbandes verbindlich sein (Urteil des
Gerichtshofes vom 29. Oktober 1980 in den Rechtssachen 209/78 bis 215/78 und 218/78, van
Landewyck u. a./Kommission, Slg. 1980, 3125, Randnrn. 88, 89 und 91, sowie Urteil Verband der
Sachversicherer/Kommission, Randnr. 30) oder zumindest von ihnen befolgt worden sein (Urteil van
Landewyck u. a./Kommission). Es sei nicht möglich, einem Verbandsbeschluß die tatsächlichen
Handlungen des betreffenden Verbandes, seiner Organe oder seiner Hilfsorgane gleichzusetzen,
wenn diese Handlungen keine Bindungswirkung für seine Mitglieder hätten. Ein solches Vorgehen
würde das Kartellverbot in ein Empfehlungsverbot verwandeln.
108.
Im vorliegenden Fall gehe aus der Entscheidung nicht hervor, wie die Klägerin einen diesen Kriterien
entsprechenden Verbandsbeschluß hätte fassen können. Das tatsächliche Verhalten der Klägerin sei
als bloßer Anhaltspunkt für das Vorliegen eines derartigen Beschlusses angesehen worden (Randnr.
281 der Entscheidung). Außerdem reichten die von der Kommission berücksichtigten Umstände — das
Vorhandensein und die Verbreitung von Übersichten, die Tatsache, daß der
Informationsaustausch der satzungsmäßigen Aufgabe der Klägerin entspreche, und das Erfordernis
einer Genehmigung durch ihre Mitglieder, damit sie tätig werden könne (vgl. Randnrn. 143, 144 und
281 der Entscheidung) — zum Nachweis eines solchen Beschlusses nicht aus.
109.
Nach den Ausführungen in Artikel 2 der Entscheidung und in ihren Randnummern 317, 279 und 281
hat die Klägerin den streitigen Informationsaustausch auf derGrundlage eines von ihr gefaßten
Beschlusses organisiert und dadurch gegen Artikel 65 § 1 des Vertrages verstoßen. Folglich wurde
diese Zuwiderhandlung nach Ansicht der Kommission von der Klägerin begangen.
110.
Die Klägerin, deren Mitglieder in der Mehrzahl nationale Verbände europäischer Stahlunternehmen
sind (siehe oben, Randnr. 2), ist ein „Verband von Unternehmen“ im Sinne von Artikel 65 des
Vertrages. Angesichts des Zweckes dieser Bestimmung ist der Begriff des Unternehmensverbands,
wie die Kommission in Randnummer 280 der Entscheidung festgestellt hat, dahin auszulegen, daß ihm
gegebenenfalls auch Einrichtungen unterfallen, die aus Unternehmensverbänden bestehen.
111.
Zur Frage, ob die Klägerin einen „Beschluß“ im Sinne von Artikel 65 § 1 des Vertrages gefaßt hat,
ist erstens festzustellen, daß zu den Zielen der Klägerin die Zusammenarbeit „zwischen den
Unternehmen der europäischen Eisen- und Stahlindustrie“ gehört (Artikel 2 Absatz 1, erster
Gedankenstrich, ihrer Satzung) und daß sie diese Ziele u. a. durch „den Austausch von Informationen
über alle Probleme von gemeinsamem Interesse, insbesondere die Produktion, den Markt und die
Beschäftigung“, verwirklichen soll (Artikel 2 Absatz 2, zweiter Gedankenstrich, ihrer Satzung).
112.
Zweitens hat die Klägerin die in Rede stehenden statistischen Angaben unstreitig selbst
gesammelt, zusammengestellt und verbreitet. In ihrem Schreiben vom 30. Juli 1990 an den
Vorsitzenden und das Sekretariat der Träger-Kommission, das in Randnummer 44 der Entscheidung
zitiert wird, unterschied die Klägerin im übrigen ausdrücklich zwischen ihren eigenen Aktivitäten in
bezug auf den Austausch individueller Informationen („... haben wir beschlossen, die Weitergabe von
Statistiken mit individualisierten Produktions-, Liefer- oder Auftragszahlen auszusetzen ...“) und den
ähnlichen Aktivitäten der Träger-Kommission („... [wir] bitten Sie, auch im Rahmen Ihres Ausschusses
einstweilen von einer derartigen Weitergabe abzusehen“).
113.
Drittens ist davon auszugehen, daß das Personal der Klägerin den streitigen Informationsaustausch
ohne die Genehmigung der dafür zuständigen Organe oder zumindest die ausdrückliche oder
stillschweigende Einwilligung ihrer Mitglieder nicht hätte durchführen können.
114.
Viertens gehörten die Unternehmen, die — insbesondere durch Übermittlung ihrer individuellen
Zahlen — am fraglichen Austausch teilnahmen, unstreitig entweder der Klägerin selbst oder einem
ihrer Mitgliedsverbände an (vgl. Randnr. 281 der Entscheidung).
115.
In Anbetracht dieser Umstände war die Kommission in den Randnummern 281 und 282 der
Entscheidung zu der Folgerung berechtigt, daß der streitige Informationsaustausch ohne
ausdrücklichen oder stillschweigenden Beschluß der Klägerin, ihn zu organisieren und zu leiten, nicht
hätte durchgeführt werden können.
116.
Zum Vorbringen der Klägerin, daß ein „Beschluß“ im Sinne von Artikel 65 § 1 des Vertrages für ihre
Mitglieder verbindlich sein müsse, genügt die Feststellung, daß ein Rechtsakt als „Beschluß“ eines
Unternehmensverbands eingestuft werden kann, ohne zwangsläufig für die betroffenen Mitglieder
verbindlich zu sein; dies gilt jedenfalls dann, wenn sich die Mitglieder, die dieser „Beschluß“ betrifft, an
ihn halten (vgl. analog dazu das Urteil des Gerichtshofes vom 8. November 1983 in den Rechtssachen
96/82 bis 102/82, 104/82, 105/82, 108/82 und 110/82, IAZ u. a./Kommission, Slg. 1983, 3369, Randnr.
20, sowie die Urteile van Landewyck u. a./Kommission, Randnrn. 88 und 89, und Verband der
Sachversicherer/Kommission, Randnrn. 29 bis 32). Daß dies hier der Fall war, wird dadurch hinreichend
belegt, daß die Unternehmen der Klägerin ständig ihre Zahlen mitteilten und die von dieser auf der
Grundlage aller übermittelten Daten erstellten Tabellen widerspruchslos entgegennahmen. Dies zeigt,
daß die Klägerin allen betroffenen Unternehmen den Austausch von Informationen zumindest empfahl
und daß diese der Empfehlung folgten.
117.
Selbst wenn man unterstellt, daß die Tätigkeiten der Klägerin durch eine ausdrückliche oder
stillschweigende „Vereinbarung“ ihrer Mitglieder ausgelöst wurden, sie mit der Sammlung und
Verbreitung der streitigen Statistiken zu betrauen, ohne daß es einen förmlichen Beschluß der Organe
der Klägerin gab, wäre eine solche Vereinbarung als „Beschluß eines Verbandes von Unternehmen“
im Sinne von Artikel 65 § 1 des Vertrages einzustufen, da die fragliche „Vereinbarung“ zwangsläufig im
Rahmen der Tätigkeiten dieses Verbandes getroffen wurde, der selbst in Einklang mit seiner
satzungsmäßigen Aufgabe die Verantwortung für die Sammlung und Verbreitung der streitigen
Informationen übernimmt.
118.
Unter diesen Umständen war die Kommission zu der Folgerung berechtigt, daß es einen Beschluß
eines Unternehmensverbands gab, der geeignet war, die Haftung der Klägerin auszulösen.
119.
Dem ist hinzuzufügen, daß die Ausführungen, die in der Entscheidung zu finden sind, der Klägerin
die Verteidigung ihrer Rechte und dem Gericht die Ausübung
seiner Kontrolle ermöglichten und daß sie somit eine ausreichende Begründung darstellen.
120.
Folglich sind die auf das Fehlen eines Beschlusses der Klägerin gestützten Argumente in vollem
Umfang zurückzuweisen.
D —
121.
Die Klägerin trägt vor, selbst wenn es im vorliegenden Fall einen „Beschluß eines
Unternehmensverbands“ gegeben habe, könne ein derartiger Verband als solcher im Gegensatz zu
seinen Mitgliedsunternehmen das Verbot in Artikel 65 des Vertrages nicht verletzen.
122.
Diese Auffassung entspreche erstens den Bestimmungen von Artikel 65 §§ 4 (Nichtigkeit von
Vereinbarungen oder Beschlüssen) und 5 (Möglichkeit zur Festsetzung von Geldbußen und
Zwangsgeldern) des Vertrages, die allein die Unternehmen beträfen.
123.
Zweitens verfügten nur die Unternehmen als autonom handelnde wirtschaftliche Einheiten über die
durch Artikel 65 des Vertrages geschützte Handlungsfreiheit. Folglich beträfen die
wettbewerbswidrigen Wirkungen, die ein gemäß der einschlägigen Satzung getroffener
Verbandsbeschluß haben könne, nur die Mitgliedsunternehmen des Verbandes, da sie an diesen
Beschluß gebunden seien. In einem solchen Fall drücke der fragliche Beschluß den für die Anwendung
von Artikel 65 des Vertrages unabdingbaren Konsens von mindestens zwei Unternehmen aus. Die
Satzung der Klägerin verleihe ihren Organen aber keinerlei Befugnis, das Marktverhalten der
europäischen Stahlerzeuger durch Beschluß zu regeln. Außerdem seien die meisten ihrer Mitglieder
selbst Unternehmensverbände, und die ihnen angeschlossenen Unternehmen seien an die
Beschlüsse der Klägerin nicht gebunden. Es spiele keine Rolle, ob die fragliche Entscheidung den
Verband selbst binde.
124.
Drittens könnten nur die Unternehmen den subjektiven Tatbestand des Kartellverbots erfüllen.
125.
Daß ein Verband nicht gegen dieses Verbot verstoßen könne, werde schließlich durch die
Genehmigungsvorschriften (Artikel 65 § 2 des Vertrages) bestätigt, die mit ihm eine Einheit bildeten
(vgl. Artikel 65 § 4 Absatz 2 des Vertrages und zum EWG-Vertrag das Urteil des Gerichtshofes vom 6.
April 1962 in der Rechtssache 13/61, De Geus en Uitdenbogerd, Slg. 1962, 99). Nur die Unternehmen
könnten aber Adressaten einer solchen Genehmigung sein, wie der Begriff „beteiligte Unternehmen“
in Artikel 65 § 2 Buchstabe c des Vertrages und die Tatsache
zeigten, daß eine Genehmigung das Marktverhalten der Unternehmen betreffe (Spezialisierung,
gemeinsamer Ein- oder Verkauf).
126.
Diese Auffassung stehe weder in Widerspruch zu Artikel 48 des Vertrages, der im wesentlichen
deklaratorischen Charakter habe und selbst kein Verbot aufstelle, noch zur Rechtsprechung des
Gerichtshofes. Was den letztgenannten Punkt anbelange, so betreffe insbesondere das Urteil des
Gerichtshofes vom 19. März 1964 in der Rechtssache 67/63 (Sorema/Hohe Behörde, Slg. 1964, 323,
347) einen anderen als den vorliegenden Fall.
127.
Artikel 65 § 1 des Vertrages verbietet „alle Vereinbarungen zwischen Unternehmen, alle Beschlüsse
von Verbänden von Unternehmen und alle verabredeten Praktiken, die darauf abzielen würden, auf
dem gemeinsamen Markt unmittelbar oder mittelbar den normalen Wettbewerb zu verhindern,
einzuschränken oder zu verfälschen“.
128.
Artikel 65 § 4 des Vertrages lautet:
„Nach § 1 dieses Artikels untersagte Vereinbarungen oder Beschlüsse sind nichtig; eine Berufung auf
sie ist vor keinem Gericht der Mitgliedstaaten zulässig.
Vorbehaltlich der bei dem Gerichtshof zu erhebenden Klagen ist die Kommission ausschließlich
zuständig, darüber zu entscheiden, ob die genannten Vereinbarungen oder Beschlüsse mit den
Bestimmungen dieses Artikels in Einklang stehen.“
129.
In Artikel 65 § 5 des Vertrages heißt es: „Gegen Unternehmen, die eine nichtige Vereinbarung
getroffen oder ... eine Vereinbarung oder einen nichtigen Beschluß ... angewendet oder anzuwenden
versucht haben ... oder zu den Bestimmungen des § 1 im Widerspruch stehende Praktiken anwenden,
kann die Kommission Geldbußen und Zwangsgelder festsetzen ...“
130.
Aus Artikel 65 § 5 des Vertrages geht zwar hervor, daß gegen einen Unternehmensverband weder
eine Geldbuße noch ein Zwangsgeld festgesetzt werden kann; im Wortlaut von Artikel 65 § 1 gibt es
jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, daß ein Verband, der einen auf die Verhinderung, Einschränkung
oder Verfälschung des normalen Wettbewerbs abzielenden Beschluß getroffen hat, selbst nicht unter
das dort verankerte Verbot fällt.
131.
Diese Auslegung wird sowohl durch Artikel 65 § 4 des Vertrages bestätigt, der sich auch auf solche
Beschlüsse bezieht, als auch durch das Urteil Sorema/Hohe Behörde, in dem der Gerichtshof
entschieden hat, daß Artikel 65 § 1 des Vertrages auch für Verbände gilt, soweit deren eigene
Tätigkeiten oder die der ihnen angehörenden Unternehmen auf die Wirkungen abzielen, die er
unterbinden soll
(Slg. 1964, S. 347). Letzteres wird nach Ansicht des Gerichtshofes überdies durch Artikel 48 des
Vertrages bestätigt, der den Verbänden die Ausübung jeder Tätigkeit gestattet, die zu den
Bestimmungen des Vertrages nicht in Widerspruch steht.
132.
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin ist dem Urteil Sorema/Hohe Behörde ferner zu entnehmen,
daß ein Unternehmensverband im Sinne von Artikel 65 § 1 des Vertrages der Adressat einer
Entscheidung sein kann, mit der die Kommission eine Vereinbarung gemäß Artikel 65 § 2 des
Vertrages genehmigt (vgl. Slg. 1964, S. 347 bis 352).
133.
Die Behauptung der Klägerin, daß ein Unternehmensverband im Sinne von Artikel 65 § 1 des
Vertrages nicht gegen das in dieser Bestimmung verankerte Verbot verstoßen könne, ist daher
zurückzuweisen.
E —
134.
Die Klägerin ist der Ansicht, daß Artikel 65 des Vertrages die Kommission nicht zum Erlaß einer
Entscheidung ermächtige, mit der eine ihr zuzurechnende Zuwiderhandlung festgestellt werde.
Insbesondere lasse sich weder aus § 4 noch aus § 5 dieser Bestimmung eine solche Befugnis ableiten.
135.
Artikel 65 § 4 des Vertrages betreffe nur die Zuständigkeit der Kommission zur inzidenten
Feststellung von Zuwiderhandlungen in Rechtsstreitigkeiten, die bei den Gerichten der
Mitgliedstaaten anhängig seien. Er schaffe dagegen keine allgemeine Befugnis, die es diesem Organ
ermögliche, solche Feststellungsentscheidungen zu erlassen. Außerdem beträfen die in dieser
Bestimmung vorgesehenen Rechtsfolgen — die Nichtigkeit wettbewerbswidriger Vereinbarungen oder
Beschlüsse und die Unzulässigkeit einer Berufung auf sie vor den Gerichten — nicht die Verbände,
sondern nur die Parteien dieser Vereinbarungen oder Beschlüsse, d. h. die Unternehmen.
136.
Artikel 65 § 5 des Vertrages ermächtige die Kommission nur zur Festsetzung von Geldbußen und
Zwangsgeldern. Er erlaube ihr nicht, Entscheidungen zur Feststellung von Zuwiderhandlungen gegen
Artikel 65 § 1 zu treffen. Die durch Artikel 65 § 5 verliehene Befugnis erstrecke sich zwar auch auf den
Erlaß von Abstellungs- oder Unterlassungsanordnungen und, im Fall einer solchen Anordnung, auf die
inzidente Feststellung der fraglichen Zuwiderhandlung. DieseBefugnis bestehe jedoch nur gegenüber
Unternehmen im Sinne von Artikel 80 des Vertrages.
137.
Gemäß Artikel 65 § 4 Absatz 2 des Vertrages ist die Kommission vorbehaltlich der beim Gerichtshof
zu erhebenden Klagen ausschließlich zuständig, darüber zu entscheiden, ob die unter Artikel 65 § 1
des Vertrages fallenden Vereinbarungen und Beschlüsse von Unternehmensverbänden mit dessen
Bestimmungen in Einklang stehen.
138.
Artikel 65 § 4 des Vertrages kann nicht dahin ausgelegt werden, daß er nur inzident im Rahmen
eines Rechtsstreits vor einem nationalen Gericht Anwendung findet, wie die Klägerin behauptet.
Folglich stellt diese Bestimmung im vorliegenden Fall eine ausreichende Rechtsgrundlage für die
Feststellung der in Artikel 2 der Entscheidung behandelten Zuwiderhandlung dar.
139.
Das Argument der Klägerin, daß die Kommission zum Erlaß von Artikel 2 der Entscheidung nicht
befugt gewesen sei, ist daher zurückzuweisen.
F —
140.
Die Klägerin trägt vor, erstens verstoße Artikel 2 der Entscheidung insofern gegen die in Artikel 15
Absatz 1 des Vertrages verankerte Begründungspflicht, als die Feststellung, daß zwischen dem ihr zur
Last gelegten Verhalten und den in Artikel 1 der Entscheidung aufgezählten Verstößen ihrer Mitglieder
ein „Zusammenhang“ bestehe, ihre Teilnahme an den Verstößen impliziere. Diese Annahme finde
aber in den Gründen der Entscheidung keine Stütze.
141.
Zweitens habe sie sich im Verwaltungsverfahren nicht zu den Tätigkeiten der Träger-Kommission
(abgesehen von der „Traverso-Methode“) äußern können, obwohl nach Artikel 2 der Entscheidung
zwischen diesen Tätigkeiten und der ihr zur Last gelegten Zuwiderhandlung ein „Zusammenhang“
bestehe. Die Kommission habe dadurch ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
142.
Drittens habe die Kommission in Randnummer 317 der Entscheidung zu Unrecht die Ansicht
vertreten, daß ein Verband gegen Artikel 65 § 1 des Vertrages verstoßen könne, indem er sich an
einer von Dritten — seinen Mitgliedern — begangenen Zuwiderhandlung beteilige.
143.
Viertens ergebe sich aus einer Reihe von Argumenten, daß der ihr zur Last gelegte
Informationsaustausch eine Einschränkung des normalen Wettbewerbs im Sinne von Artikel 65 § 1 des
Vertrages weder bezweckt noch bewirkt habe.
144.
Zunächst habe das ihr vorgeworfene Verhalten keine Wettbewerbsbeschränkung und
folglich nicht auf eine solche Beschränkung „abgezielt“. Es reiche für die Anwendung von Artikel 65
des Vertrages nicht aus, daß eine solche Beschränkung als bloße des beanstandeten
Verhaltens erscheine (vgl. Randnr. 283 der Entscheidung) oder daß dieses sei, eine solche
Wirkung zu erzielen (vgl. Randnr. 281 der Entscheidung). Das Verb „tendre à“ in der französischen
Sprachfassung — der einzigen verbindlichen Fassung des EGKS-Vertrags — beziehe sich ebenso wie
das Wort „abzielen“ in der deutschen Übersetzung dieses Vertrages auf das Ziel des streitigen
Verhaltens.
145.
Im vorliegenden Fall könne der Zweck des angeblichen Beschlusses — durch einen
Informationsaustausch eine größere Markttransparenz herbeizuführen — nicht als wettbewerbswidrig
eingestuft werden.
146.
Der Austausch von Daten über die Lieferungen habe jedenfalls keinerlei
wettbewerbsbeschränkende Wirkung gehabt.
147.
Nach der plausibelsten Auslegung der Entscheidung sei die Kommission von einer solchen
beschränkenden Wirkung ausgegangen, da das Informationsaustauschsystem ihrer Ansicht nach die
spätere Koordinierung des wirtschaftlichen Verhaltens der Unternehmen durch die Festsetzung von
Preisen und die Aufteilung von Märkten ermöglicht oder erleichtert habe. Diese Erwägungen reichten
nicht aus, um das System als wettbewerbswidrig einzustufen. Die Kommission hätte vielmehr
nachweisen müssen, daß es selbst die Freiheit der beteiligten Unternehmen zu selbständigem und
autonomem Handeln eingeschränkt habe.
148.
Selbst wenn man die Entscheidung dahin auslege, daß der Informationsaustausch eine autonome
Zuwiderhandlung und keine Maßnahme zur Vorbereitung einer solchen Zuwiderhandlung darstelle, sei
der Schluß auf das Vorliegen einer wettbewerbsbeschränkenden Wirkung ebensowenig zulässig. Die
Handlungsfreiheit der beteiligten Unternehmen sei weder durch den Erhalt der fraglichen Daten noch
durch ihre Übermittlung beeinträchtigt worden.
149.
Die Daten, die die beteiligten Unternehmen hätten, hätten es ihnen nicht erlaubt, das
künftige Verhalten des betreffenden Konkurrenten zu ermitteln, da es sich um historische Daten über
vergangene Lieferungen gehandelt habe, die zur Abwicklung von Geschäften gedient hätten, die
mindestens dreieinhalb Monate (in den meisten Fällen sechs Monate, unter Umständen sieben
Monate und mehr) vor der Verbreitung der fraglichen Informationen abgeschlossen worden seien. Die
Kenntnis des künftigen Marktverhaltens eines Konkurrenten stelle jedenfalls für sich genommen keine
Wettbewerbsbeschränkung dar, sondern sei im Gegenteil ein wettbewerbsförderndes Element, da sie
dem Betreffenden die Orientierung erleichtere.
150.
Die Pflicht zur bestimmter Angaben könne zwar die Handlungsfreiheit der betreffenden
Wirtschaftsteilnehmer einschränken, indem sie ihnen die Vorteile
etwaiger Wettbewerbsinitiativen nehme, aber der der Klägerin zur Last gelegte Austausch habe keine
solche Wirkung entfaltet. Die historischen Daten hätten keinen Aufschluß über einzelne
Transaktionen, Kunden, Preise, Geschäftsbedingungen oder sonstige Einzelheiten gegeben. Sie
hätten sich auf mindestens acht unter dem Oberbegriff „Träger“ zusammengefaßte Produktkategorien
bezogen. Unter diese Kategorien sei eine Fülle von Profilen und Abmessungen gefallen. Die Produkte
der verschiedenen Kategorien seien untereinander nicht substituierbar. Unter diesen Umständen
treffe die Behauptung nicht zu, daß es jedem Unternehmen durch die Weitergabe dieser
Informationen ermöglicht worden sei, sich ein Bild vom Verhalten seiner Konkurrenten auf den
einzelnen Märkten zu machen (Randnr. 283 der Entscheidung).
151.
Aufgrund der in Artikel 60 des Vertrages vorgesehenen Veröffentlichung der Preislisten und
Geschäftsbedingungen habe jedes Unternehmen automatisch von den wesentlichen Parametern
künftiger Transaktionen seiner Konkurrenten erfahren, da der Wettbewerb auf den EGKS-Märkten im
wesentlichen über die Preislisten geführt werde. Folglich habe der streitige Informationsaustausch
den durch die Vorschriften des Vertrages zugelassenen Wettbewerb nicht einschränken können.
152.
Zu den Merkmalen der betreffenden Märkte sei festzustellen, daß der Trägersektor bei über
sechzehn Anbietern aus der Gemeinschaft und einem starken Einfluß von Einfuhren aus Drittländern
keine oligopolistische Struktur aufweise. Es gebe keine Solidarität zwischen den Herstellern, sondern
eine starke Rivalität. Der Geheimwettbewerb zwischen den Herstellern sei nach den Vorschriften von
Artikel 60 des Vertrages verboten. Da Artikel 65 des Vertrages nur gesetzmäßigen Wettbewerb
schütze, verstoße es nicht gegen diese Bestimmung, wenn ein verbotener (geheimer) Wettbewerb
verhindert werde.
153.
Es sei auch unerheblich, ob diese Informationen als „Geschäftsgeheimnisse“ einzustufen seien
(Randnr. 283 der Entscheidung). Im übrigen sei es zulässig, solche Geheimnisse mit Einverständnis
des Betroffenen aufzudecken.
154.
Schließlich hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, daß sie selbst
damals zwei verschiedene Arten von Statistiken verteilt habe, und zwar zum einen nach Unternehmen
aufgeschlüsselte Statistiken, die zu Beginn der Krisenregelung ihren Ursprung genommen hätten, und
zum anderen die aus beschleunigten Erhebungen hervorgegangenen und hinsichtlich der beteiligten
Unternehmen zusammengefaßten Statistiken.
155.
Aus den Randnummern 143 bis 146 und 283 der Entscheidung gehe nicht klar hervor, auf welche
der beiden Arten von Statistiken sie sich beziehe. Einerseits verweise die Kommission dort auf Zahlen,
die zwei Monate nach dem Bezugsquartal übermittelt worden seien (Randnr. 145), was für die
Hypothese der nach Unternehmen aufgeschlüsselten Statistiken spreche. Andererseits erwähne sie
den Begriff „Fast Bookings“ (Randnr. 143), was für die Hypothese der aus beschleunigten Erhebungen
hervorgegangenen zusammengefaßten Statistiken spreche. Ebenso habe die Kommission in ihrer
Antwort vom 23. Februar 1998 auf Fragen des Gerichts das Interesse der Unternehmen an schneller
Verfügbarkeit der Statistiken hervorgehoben, während die Informationen, die sich in den nach
Unternehmen aufgeschlüsselten Statistiken befunden hätten, auch (und bisweilen schneller) im
Rahmen des Monitoring und des Systems der Walzstahl-Vereinigung, die in den Randnummern 39 bis
60 der Entscheidung beschrieben würden, verfügbar gewesen seien. Diese Umstände legten den
Schluß nahe, daß die Kommission in der Entscheidung die aus beschleunigten Erhebungen
hervorgegangenen zusammengefaßten Statistiken gemeint habe. Der Austausch solcher
zusammengefaßter Statistiken verstoße aber nicht gegen Artikel 65 des Vertrages und habe die
Begehung der übrigen in der Entscheidung behandelten Zuwiderhandlungen nicht erleichtern
können.
156.
Die Kommission trägt vor, der in Artikel 2 der Entscheidung verwendete Begriff „Zusammenhang“
bringe keine Beteiligung der Klägerin an dem in Artikel 1 genannten Verhalten der Unternehmen zum
Ausdruck. Aus Wortlaut und Systematik der Abschnitte, die der Zuwiderhandlung der Klägerin
gewidmet seien (Randnrn. 143 bis 146 und 279 bis 283), gehe klar hervor, daß die Kommission sie im
Gegenteil als selbständigen Verstoß angesehen habe.
157.
In Wirklichkeit beziehe sich der Begriff „Zusammenhang“ erstens auf die Übereinstimmung zwischen
den jeweiligen Zuwiderhandlungen. So hätten die von der Klägerin erstellten Statistiken dasselbe
Produkt (Träger), annähernd denselben Kreis von Unternehmen, denselben Zeitraum der Erfassung
und dieselbe Erfassungsart (Auftrags- und Lieferungsübersichten) betroffen wie der
Informationsaustausch im Rahmen der Träger-Kommission (vgl. die oben genannten Abschnitte der
Entscheidung). Außerdem hätten die beiden Informationsaustauschsysteme dieselben Wirkungen (vgl.
Randnr. 283 der Entscheidung) und das gleiche Ziel gehabt, das darin bestanden habe, die
Unternehmen in die Lage zu versetzen, ihre traditionellen Handelsströme zu bewahren und die
Durchführung der Preis- und Marktaufteilungsabsprachen zu überwachen (vgl. zum zuletzt genannten
Punkt den in Randnr. 59 der Entscheidung zitierten internen Vermerk).
158.
Zweitens hätten die von der Klägerin weitergegebenen Daten die im Rahmen der Träger-
Kommission verbreiteten Daten ergänzt (was der Klägerin und den beteiligten Unternehmen bewußt
gewesen sei, vgl. Nr. 273 der Beschwerdepunkte) und zu den von ihren Mitgliedern begangenen
Zuwiderhandlungen beigetragen.
159.
Da der Trägermarkt ein oligopolistischer Markt mit homogenen Produkten sei, sei die Kommission
jedenfalls berechtigt gewesen, den von der Klägerin organisierten Informationsaustausch unabhängig
von einem Zusammenhang mit den Zuwiderhandlungen der Unternehmen im Rahmen der Träger-
Kommission zu beanstanden.
160.
Insoweit sei u. a. auf die Erläuterungen in den Nummern 272 bis 284 und 470 bis 474 der
Beschwerdepunkte zu verweisen. Insbesondere habe es der von der Klägerin organisierte
Informationsaustausch nach den Angaben in Nummer 474 der Beschwerdepunkte jedem
Unternehmen ermöglicht, „sich ein Bild vom früheren oder gegenwärtigen Marktverhalten seiner
Wettbewerber zu machen, und gleichzeitig ein System der Solidarität und der wechselseitigen
Einflußnahme zwischen diesen Unternehmen geschaffen, das zu einer Koordinierung ihrer
Wirtschaftstätigkeiten führte“. Diese Koordinierung werde den Unternehmen in Artikel 1 der
Entscheidung vorgeworfen. Der „Zusammenhang“, von dem Artikel 2 der Entscheidung spreche, stelle
folglich kein neues Element dar, zu dem die Klägerin nicht habe Stellung nehmen können.
161.
Speziell zur wettbewerbswidrigen Natur des streitigen Informationsaustauschs sei festzustellen, daß
die fraglichen Daten zwei Monate nach Ablauf des Referenzquartals verbreitet worden seien. Die
Verfügbarkeit dieser Daten, die nicht als rein historisch eingestuft werden könnten, habe es den
Unternehmen ermöglicht, sich ein Bild vom Verhalten ihrer Konkurrenten auf den Märkten der
Gemeinschaft zu machen. Eine solche Erhöhung der Transparenz könne zwar grundsätzlich den
Wettbewerb verstärken; dies gelte aber nicht, wenn es sich um einen oligopolistischen Markt wie den
Trägermarkt handele. In diesem Fallverstärke sie die Reaktionsverbundenheit und Solidarität der
Unternehmen und vermindere die Intensität des Wettbewerbs. Im vorliegenden Fall sei es bei den
Diskussionen in der Träger-Kommission darum gegangen, die bestehenden Handelsströme zu festigen
und ein Eindringen von Konkurrenten in „Heimatmärkte“ der jeweiligen Unternehmen zu verhindern.
Die Kenntnis des Verhaltens ihrer Konkurrenten habe die Unternehmen in die Lage versetzt, zu
entscheiden, ob sie diese zu einer Verhaltensänderung auffordern sollten.
162.
Außerdem sei der beanstandete Informationsaustausch nur den beteiligten Anbietern zugute
gekommen und habe ihren Abnehmern die Möglichkeit genommen, den normalerweise selbst auf
oligopolistisch strukturierten Märkten noch vorhandenen „Geheimwettbewerb“ auszunutzen. Artikel 60
des Vertrages habe auf diese Erwägungen keinen Einfluß. Während die nach diesem Artikel
erforderliche Veröffentlichung der Preislisten die Information nicht nur der Konkurrenten, sondern
auch der Käufer ermögliche, hätten von dem der Klägerin zur Last gelegten Datenaustausch nur
erstere profitiert.
163.
In Beantwortung einer Frage des Gerichts hat die Kommission hinzugefügt, der streitige Austausch
habe zur Erleichterung der Absprachen über die Preisfestsetzung und die Aufteilung der Märkte und
damit zur Begehung der in Artikel 1 Buchstaben b ff. genannten Zuwiderhandlungen gedient; diese
Zuwiderhandlungen seien dadurch ermöglicht worden, daß die Unternehmen die Angaben der
Klägerin genutzt hätten. In Artikel 2 der Entscheidung komme angesichts dieses Verhaltens und in
Einklang mit den Erläuterungen in Randnummer 283 der Gedanke zum Ausdruck, daß die Klägerin in
Zusammenhang
mit den Zuwiderhandlungen, für die die Unternehmen gemäß Artikel 1 selbst verantwortlich seien,
eine eigene Verantwortung trage.
164.
In der mündlichen Verhandlung hat die Kommission, ebenfalls in bezug auf Artikel 2 der
Entscheidung, noch den funktionalen Zusammenhang zwischen dem genannten Austausch und der
Traverso-Methode hervorgehoben. Dieser Zusammenhang werde in den Randnummern 72 und 74 der
Entscheidung angesprochen.
1. Die in der Entscheidung behandelten Statistiken
165.
Wie die Ermittlungen des Gerichts ergeben haben, verbreitete die Klägerin im maßgeblichen
Zeitraum zwei verschiedene Arten von Statistiken. Erstens verbreitete sie, wie aus Randnummer 144
und Anhang II der Entscheidung hervorgeht, Auftragszahlen in globaler Form sowie nach Unternehmen
und nach den Märkten der Mitgliedstaaten aufgeschlüsselte Lieferzahlen. Gemäß Randnummer 145
der Entscheidung wurden die Lieferstatistiken spätestens etwa zwei Monate nach dem Ende des
betreffenden Quartals oder Monats an die beteiligten Unternehmen weitergegeben. Ferner heißt es
dort, daß dieser Austausch mindestens seit 1986 praktiziert worden sei.
166.
Zweitens führte die Klägerin im Januar 1989 ein System des schnellen Austauschs von
Informationen ein, in dessen Rahmen die monatlichen Angaben über Aufträge und Lieferungen auf
den einzelnen nationalen Märkten den beteiligten Unternehmen in globaler Form übermittelt wurden.
Über dieses System von Schnellstatistiken wurde die Kommission in einer Sitzung vom 21. März 1989
informiert, und die daraus resultierenden rasch verfügbaren Angaben wurden der Kommission sodann
regelmäßig im Rahmen des durch die Entscheidung Nr. 2448/88 eingeführten Überwachungssystems
und der Vorbereitung der in Artikel 46 des Vertrages erwähnten Vorausschätzungsprogramme
mitgeteilt.
167.
Entgegen der Behauptung der Klägerin geht aus den Randnummern 143 bis 145 in Verbindung mit
Randnummer 283 der Entscheidung jedoch klar hervor, daß es sich bei den Angaben, deren
Verbreitung ihr zur Last gelegt wird, um die nach Unternehmen und nationalen Märkten
aufgeschlüsselten Lieferdaten handelt; dies wird auch durch die in Anhang II der Entscheidung
genannten Unterlagen bestätigt. Auch wenn die Verwendung der Bezeichnung „Fast Bookings“ in
Randnummer 143 der Entscheidung verwirrend ist, folgt daraus, daß die Entscheidung nicht das mit
Wissen der Kommission im Jahr 1989 eingeführte System aus beschleunigten Erhebungen
hervorgegangener globaler Auftrags- und Lieferstatistiken betrifft, sondern den 1986 eingeführten
Austausch nach Unternehmen aufgeschlüsselter Lieferstatistiken.
168.
Das auf eine widersprüchliche Darstellung des Sachverhalts in der Entscheidung gestützte
Argument der Klägerin ist daher zurückzuweisen.
2. Die Auslegung von Artikel 2 der Entscheidung
169.
Zur Beurteilung der übrigen Argumente der Klägerin ist zunächst zu prüfen, ob ihr in Artikel 2 der
Entscheidung eine eigenständige Zuwiderhandlung gegen Artikel 65 § 1 des Vertrages zur Last gelegt
wird oder ob sich die Rechtswidrigkeit der Handlungen der Klägerin aus ihrem „Zusammenhang“ mit
den von den Trägerherstellern begangenen und in Artikel 1 der Entscheidung beschriebenen
Zuwiderhandlungen ergeben soll.
170.
Artikel 2 der Entscheidung lautet wie folgt:
„Eurofer hat gegen Artikel 65 EGKS-Vertrag verstoßen, indem sie den Austausch vertraulicher
Informationen im Zusammenhang mit den von ihren Mitgliedern begangenen Verstößen nach Artikel 1
organisierte.“
171.
Nach ständiger Rechtsprechung ist der verfügende Teil einer Entscheidung im Licht ihrer
Begründung auszulegen (vgl. z. B. Urteil des Gerichtshofes vom 15. Mai 1997 in der Rechtssache C-
355/95 P, TWD/Kommission, Slg. 1997, I-2549, Randnr. 21).
172.
Randnummer 283 der Entscheidung lautet:
„Die Weitergabe von Informationen über Eurofer hatte die gleichen für den Wettbewerb schädlichen
Wirkungen wie die weiter oben beschriebenen Informationsaustauschsysteme (siehe Randnummern
263 bis 272). Eurofer versorgte ihre (direkten oder indirekten) Mitglieder mit Informationen über die
Lieferungen deren Wettbewerber. Durch die Weitergabe solcher gewöhnlich als Betriebsgeheimnis
eingestufter Informationen wurde es jedem Unternehmen ermöglicht, sich ein Bild vom Verhalten
seiner Wettbewerber auf einzelnen Märkten zu machen. Damit hatte dieser Informationsaustausch zur
Folge, daß an die Stelle der normalen Wettbewerbsrisiken eine praktische Zusammenarbeit trat und
Wettbewerbsbedingungen geschaffen wurden, die von denen eines normalen Marktes verschieden
waren. Ein solches Vorgehen steht im Widerspruch zu Artikel 65 § 1 des EGKS-Vertrags.“
173.
Wie aus Randnummer 283 der Entscheidung klar hervorgeht, stellt die Verbreitung der streitigen
Informationen durch die Klägerin nach Ansicht der Kommission eine eigenständige Zuwiderhandlung
gegen Artikel 65 § 1 des Vertrages dar, die vom etwaigen „Zusammenhang“ zwischen diesem
Informationsaustausch und den übrigen Zuwiderhandlungen, die den beteiligten Unternehmen zur
Last gelegt werden, unabhängig ist.
174.
Diese Auslegung steht auch in Einklang mit Nummer 474 der Beschwerdepunkte, wo sich die
Kommission wie folgt äußerte:
„Die Weitergabe von Informationen über Eurofer hatte die gleichen wettbewerbsfeindlichen Wirkungen
wie die oben beschriebenen Informationsaustauschsysteme (siehe Punkte 435-456). Eurofer
versorgte seine (direkten oder indirekten) Mitglieder mit Informationen über die Auftragsbuchungen
und Lieferungen ihrer Wettbewerber. Durch die Weitergabe solcher gewöhnlich als Betriebsgeheimnis
eingestufter Informationen wurde es jedem Unternehmen ermöglicht, sich ein Bild vom früheren oder
gegenwärtigen Marktverhalten seiner Wettbewerber zu machen, und gleichzeitig ein System der
Solidarität und der wechselseitigen Einflußnahme zwischen diesen Unternehmen geschaffen, das zu
einer Koordinierung ihrer Wirtschaftstätigkeiten führte. Dieser Informationsaustausch hatte somit zur
Folge, daß an die Stelle der normalen Wettbewerbsrisiken eine praktische Zusammenarbeit trat und
Wettbewerbsbedingungen geschaffen wurden, die von denen eines normalen Marktes verschieden
waren. Ein solches Verhalten steht im Widerspruch zu Artikel 65 § 1 des EGKS-Vertrages.“
175.
Daraus folgt zum einen, daß die Kommission stets davon ausging, daß der Informationsaustausch,
den sie der Klägerin zur Last legt, eine eigenständige Zuwiderhandlung gegen Artikel 65 § 1 des
Vertrages darstellte, und zum anderen, daß die Klägerin während des Verwaltungsverfahrens
Gelegenheit hatte, zu dieser Frage Stellung zu nehmen.
176.
Zur Bedeutung der Worte „im Zusammenhang mit den von ihren Mitgliedern begangenen
Verstößen nach Artikel 1“ geht schon aus dem Wortlaut hervor, daß sie nicht dahin ausgelegt werden
können, daß die Einstufung der Verbreitung der streitigen Informationen durch die Klägerin als
Zuwiderhandlung ganz von einem angeblichen Zusammenhang zwischen diesem Austausch und den
übrigen, von ihren Mitgliedern begangenen und in Artikel 1 der Entscheidung aufgezählten
Zuwiderhandlungen abhängt. Eine solche Auslegung stünde im übrigen in Widerspruch zu
Randnummer 283 der Entscheidung.
177.
In Randnummer 317 Absatz 2 der Entscheidung wird allerdings folgendes ausgeführt:
„Im vorliegenden Fall erleichterte Eurofer Zuwiderhandlungen gegen Artikel 65 EGKS-Vertrag seitens
ihrer Mitglieder, indem sie den Austausch einiger der notwendigen vertraulichen Informationen
organisierte. Da gegen diese Mitglieder jedoch bereits wegen der Zuwiderhandlungen —
einschließlich des Austauschs vertraulicher Informationen in Zusammenhang mit Preisfestsetzungs-
und Marktaufteilungsmaßnahmen — Geldbußen festgesetzt werden, hält es die Kommission nicht für
erforderlich, gegen sie wegen des Verhaltens ihres Verbandes zusätzliche Geldbußen festzusetzen.“
178.
Auch wenn der Wortlaut von Artikel 2 der Entscheidung kein Muster an Klarheit darstellt, ist daraus
zu schließen, daß diese Bestimmung bei einer Auslegung im Licht der Begründung der Entscheidung
die Feststellung enthält, daß i) der Austausch vertraulicher Informationen mit Hilfe von Eurofer als
solcher gegen Artikel 65 § 1 des Vertrages verstieß und ii) ein Zusammenhang zwischen diesem
Informationsaustausch und den übrigen in Artikel 1 der Entscheidung aufgezählten
Zuwiderhandlungen besteht.
179.
Angesichts dieser Klarstellungen ist das Argument der Klägerin zurückzuweisen, daß die Kommission
ihr eine bloße Beteiligung an von Dritten begangenen Zuwiderhandlungen vorwerfe. Wie bereits
festgestellt, wird der Klägerin in der Entscheidung eine eigenständige, von ihr selbst durch die
Organisation des streitigen Informationsaustauschs begangene Zuwiderhandlung gegen Artikel 65 § 1
des Vertrages vorgeworfen.
180.
Demnach hängt die Rechtmäßigkeit von Artikel 2 der Entscheidung zum einen davon ab, ob der von
der Klägerin organisierte Informationsaustausch als solcher eine eigenständige Zuwiderhandlung
gegen Artikel 65 § 1 des Vertrages darstellt, und zum anderen davon, ob es einen „Zusammenhang“
zwischen diesem Informationsaustausch und den übrigen in Artikel 1 der Entscheidung aufgezählten
Zuwiderhandlungen gab. Das Gericht wird diese beiden Fragen nacheinander prüfen.
3. Der eigenständige Charakter der Zuwiderhandlung gegen Artikel 65 § 1 des Vertrages, die in dem
von der Klägerin organisierten Informationsaustausch besteht
181.
In seiner Stellungnahme 1/61 vom 13. Dezember 1961 (Slg. 1961, 527) hat der Gerichtshof
ausgeführt, daß der Zweck von Artikel 4 Buchstabe d des Vertrages darin besteht, die Unternehmen
daran zu hindern, mit Hilfe einschränkender Praktiken eine Stellung zu erlangen, die ihnen eine
Aufteilung oder Ausbeutung der Märkte gestattet. Dieses durch Artikel 65 § 1 des Vertrages
umgesetzte Verbot gilt nach Ansicht des Gerichtshofes in ganzer Strenge und ist für die vom Vertrag
geschaffene Wirtschaftsordnung kennzeichnend (S. 566). Überdies hat der Gerichtshof in seinem
Urteil vom 15. Juli 1964 in der Rechtssache 66/63 (Niederlande/Hohe Behörde, Slg. 1964, 1149, 1180)
entschieden, daß der vom Vertrag angestrebte Wettbewerb im freien Spiel der Kräfte auf dem Markt
und der Strategie unabhängiger Wirtschaftseinheiten mit entgegengesetzten Interessen besteht.
182.
Im vorliegenden Fall steht fest, daß die Klägerin nach dem Ende der Krisenzeit am 30. Juni 1988
fortfuhr, ein System des Austauschs von Informationen zu organisieren und zu leiten, das spätestens
1986 in Zusammenhang mit dem damals geltenden System der „I-“ und „i-Quoten“ eingeführt worden
war (siehe oben, Randnr. 7). Nach diesem System verteilte die Klägerin an die Trägerhersteller
Statistiken über die Lieferungen ihrer Konkurrenten auf den wichtigsten Märkten
der Gemeinschaft, die nach Unternehmen und Mitgliedstaaten aufgeschlüsselt waren. Diese
Statistiken wurden etwa zwei Monate nach dem Ende des betreffenden Quartals oder Monats
verbreitet.
183.
Gemäß Randnummer 283 der Entscheidung verstieß dieser Informationsaustausch insofern gegen
Artikel 65 § 1 des Vertrages, als es durch „die Weitergabe solcher gewöhnlich als Betriebsgeheimnis
eingestufter Informationen ... jedem Unternehmen ermöglicht [wurde], sich ein Bild vom Verhalten
seiner Wettbewerber auf einzelnen Märkten zu machen. Damit hatte dieser Informationsaustausch zur
Folge, daß an die Stelle der normalen Wettbewerbsrisiken eine praktische Zusammenarbeit trat
undWettbewerbsbedingungen geschaffen wurden, die von denen eines normalen Marktes
verschieden waren. Ein solches Vorgehen steht im Widerspruch zu Artikel 65 § 1 des EGKS-Vertrags.“
184.
Darüber hinaus hatte der von der Klägerin organisierte Informationsaustausch nach Ansicht der
Kommission die gleichen für den Wettbewerb schädlichen Wirkungen wie die von der Träger-
Kommission organisierten und in den Randnummern 263 bis 272 der Entscheidung beschriebenen
Informationsaustauschsysteme, in deren Rahmen die teilnehmenden Unternehmen Auftrags- und
Lieferstatistiken austauschten, die ebenfalls nach Unternehmen und nationalen Märkten
aufgeschlüsselt waren und in der Träger-Kommission erörtert wurden (vgl. Randnrn. 39 bis 46 der
Entscheidung). Bei diesem System des „Monitoring“ wurden jede Woche aktuelle Auftragszahlen
verbreitet; die Lieferzahlen wurden weniger als drei Monate nach dem Ende des betreffenden Quartals
verbreitet (Randnr. 267 der Entscheidung).
185.
Es trifft zu, daß der von der Klägerin organisierte Informationsaustausch im Gegensatz zu dem von
der Träger-Kommission organisierten Monitoring nicht die nach Unternehmen und Ländern
aufgeschlüsselten Auftragsstatistiken betraf, sondern nur den Austausch nach Unternehmen und
Ländern aufgeschlüsselter Lieferstatistiken.
186.
Erstens ist jedoch darauf hinzuweisen, daß Statistiken über die fraglichen Lieferungen
normalerweise als streng vertraulich betrachtet werden, wie die Kommission in Randnummer 283 der
Entscheidung festgestellt hat. Entgegen den Behauptungen der Klägerin sind derartige Angaben, aus
denen die aktuellen Marktanteile der Teilnehmer hervorgehen und die nicht öffentlich verfügbar sind,
ihrem Wesen nach vertraulicher Art.
187.
Zweitens beschränkte sich der streitige Informationsaustausch allein auf die teilnehmenden
Hersteller unter Ausschluß der Verbraucher und der übrigen Konkurrenten.
188.
Drittens betraf der streitige Austausch homogene Produkte (vgl. Randnr. 269 der Entscheidung),
so daß der Wettbewerb anhand der Merkmale der Produkte nur
eine begrenzte Rolle spielte. Es gibt in den Akten keinen Anhaltspunkt dafür, daß es — wie die
Klägerin andeutet — genauerer Informationen über die Art der Erzeugnisse oder über die Identität der
Kunden bedurft hätte, um das Interesse der Teilnehmer an der Kenntnis der Marktstellung ihrer
Konkurrenten zu befriedigen.
189.
Viertens entfielen 1989 auf neun der am streitigen Informationsaustausch teilnehmenden
Unternehmen (TradeARBED, Peine-Salzgitter, Thyssen, Unimétal, Cockerill-Sambre, Ferdofin, Ensidesa,
Saarstahl und British Steel) etwa 60 % des sichtbaren Verbrauchs (Randnr. 19 der Entscheidung). Bei
einer solchen Marktstruktur, die entgegen den Behauptungen der Klägerin oligopolistischen
Charakter hat und selbst schon den Wettbewerb verringern kann, ist es um so notwendiger, die
Entscheidungsfreiheit der Unternehmen und den verbleibenden Wettbewerb zu schützen.
190.
Fünftens erlaubten es die streitigen Informationen den teilnehmenden Unternehmen im
vorliegenden Fall u. a., die genauen Marktanteile jedes ihrer Konkurrenten in Erfahrung zu bringen
und insbesondere herauszufinden, in welchem Umfang jeder von ihnen Lieferungen außerhalb seines
„Heimatmarkts“ vornahm.
191.
Die Tatsache, daß das streitige System spätestens 1986 im Rahmen des damals von der Klägerin
verwalteten Quotensystems eingeführt wurde, zeigt, daß es ursprünglich dazu diente, die Einhaltung
der jedem teilnehmenden Unternehmen zugeteilten Quoten in einem Zusammenhang zu überwachen,
in dem die Kommission eine Politik der „traditionellen Handelsströme“ verfolgte (siehe oben, Randnr.
7). Die Fortsetzung des streitigen Austauschs nach dem Ende des Quotensystems am 30. Juni 1988
(vgl. S. 3482 und 3483 der Akten) ermöglichte es den Unternehmen zu überwachen, in welchem
Umfang jedes von ihnen weiterhin die Heimatmärkte respektierte, die als Grundlage für das
Quotensystem dienten. Ein solcher Informationsaustausch zielte naturgemäß darauf ab, die
Abschottung der Märkte unter Bezugnahme auf die traditionellen Handelsströme aufrechtzuerhalten.
192.
Sechstens fand der streitige Informationsaustausch zu einer Zeit statt, als es in der betreffenden
Branche mit der Träger-Kommission ein Forum gab, in dem sich die beteiligten Unternehmen
regelmäßig trafen, um u. a. — wie die Randnummern 49 bis 60 der Entscheidung belegen — die
Interpenetration der einzelnen nationalen Märkte durch diese Unternehmen zu erörtern. Bei ihren
Erörterungen nahmen die Unternehmen regelmäßig auf Zahlen aus der Vergangenheit Bezug
(Randnrn. 51, 53, 57 und 58), wobei sie den Begriff „traditionelle Handelsströme“ verwandten
(Randnr. 57). Ferner wurden wegen als überzogen angesehener Verhaltensweisen Drohungen
ausgesprochen (Randnr. 58), und die kritisierten Unternehmen versuchten mehrfach, ihr Verhalten zu
erklären (Randnrn. 52 und 56).
193.
Auch wenn die Kommission nicht speziell darauf hingewiesen hat, daß die in den Randnummern 44
bis 60 der Entscheidung behandelten Erörterungen sowohl auf der Grundlage der Zahlen des von der
Träger-Kommission organisierten Monitoring als auch auf der Grundlage des von der Klägerin
geleiteten Informationsaustauschs stattfanden, ist hierzu festzustellen, daß z. B. die von der Klägerin
verbreiteten Lieferzahlen für die ersten beiden Quartale von 1989 (S. 3162 und 3163 der Akten)
identisch sind mit den Zahlen für diese beiden Quartale in der Übersicht (S. 1864 der Akten), die in
Randnummer 55 der Entscheidung herangezogen wird und die Peine-Salzgitter Anfang März 1990 mit
folgendem handschriftlichen Vermerk an British Steel gesandt hat: „According to these figures there
is — I fear — no backlog due to BS plc!“ (Nach diesen Zahlen gibt es — so fürchte ich — keinen
Rückstand zugunsten von BS plc!).
194.
Siebtens waren die fraglichen Angaben, die jedenfalls weniger als drei Monate nach dem
betreffenden Quartal verbreitet wurden, entgegen den Behauptungen der Klägerin hinreichend
aktuell, um es den betreffenden Unternehmen zu ermöglichen, die Entwicklung der Marktanteile ihrer
Konkurrenten in zweckdienlicher Weise zu verfolgen und gegebenenfalls darauf zu reagieren.
195.
Die Informationen, die die Unternehmen im Rahmen des streitigen Systems erhielten, waren
demnach geeignet, ihr Verhalten spürbar zu beeinflussen, und zwar sowohl deshalb, weil sich jedes
Unternehmen der genauen Überwachung durch seine Konkurrenten bewußt war, als auch deshalb,
weil es selbst gegebenenfalls auf deren Verhalten anhand relativ aktueller Lieferdaten reagieren
konnte.
196.
Folglich zielte das streitige Informationsaustauschsystem darauf ab, den normalen Wettbewerb im
Sinne von Artikel 65 § 1 des Vertrages zu verhindern, einzuschränken oder zu verfälschen, indem es
den teilnehmenden Herstellern erlaubte, an die Stelle der normalen Wettbewerbsrisiken eine
praktische Zusammenarbeit zwischen ihnen zu setzen.
197.
Das der Klägerin zur Last gelegte Verhalten war folglich auch nicht durch Abschnitt II Nummer 1 der
Bekanntmachung von 1968 gedeckt, der schon nach seinem Wortlaut nicht für einen Austausch von
Informationen gilt, der die Entscheidungsfreiheit der Teilnehmer einschränkt oder geeignet ist, ein
koordiniertes Marktverhalten zu erleichtern. Im übrigen handelte es sich vorliegend um einen
Austausch individualisierter Daten im Rahmen eines oligopolistischen Marktes homogener Produkte,
der zur Abschottung der Märkte unter Bezugnahme auf die traditionellen Handelsströme diente.
198.
Soweit die Klägerin zur Rechtfertigung des streitigen Systems auf Artikel 60 des Vertrages Bezug
nimmt, kann ihrem Vorbringen nicht gefolgt werden. Zum einen beschränkt sich diese Bestimmung auf
den Preisbereich und bezieht sich nicht auf Informationen über die auf den Markt gebrachten Mengen.
Zum anderen sollen von der in Artikel 60 § 2 des Vertrages vorgesehenen Veröffentlichung der Preise
u. a. die Verbraucher profitieren (vgl. insbesondere das Urteil des Gerichtshofes vom 21. Dezember
1954 in der Rechtssache 1/54, Frankreich/Hohe Behörde, Slg. 1954, 7, 23), während die streitigen
Systeme nur den teilnehmenden Herstellern zugute kamen. Desgleichen gestattet es Artikel 47 des
Vertrages der Kommission ebensowenig wie Artikel 46, Informationen über das Wettbewerbsverhalten
der Unternehmen bei den Mengen bekanntzugeben, die allein den Herstellern nutzen. Aus den
gleichen Gründen kann sich die Klägerin nicht auf einen im EGKS-Vertrag enthaltenen allgemeinen
Grundsatz der Transparenz berufen, zumal es sich vorliegend um vertrauliche Angaben handelt, die
ihrem Wesen nach Geschäftsgeheimnisse darstellen.
199.
Zu der auf die Artikel 5 und 46 bis 48 des Vertrages sowie die Entscheidung Nr. 2448/88 gestützten
Argumentation, daß der Austausch von Informationen im Rahmen der Zusammenarbeit mit der
Kommission erforderlich gewesen sei, ist festzustellen, daß keine dieser Bestimmungen ausdrücklich
einen Austausch von Informationen der vorliegenden Art zwischen Unternehmen erlaubt. Die Frage, ob
ein solcher Austausch durch das Verhalten der GD III stillschweigend gestattet wurde, wird in
Abschnitt G behandelt.
200.
Unter diesem Vorbehalt und insbesondere in Anbetracht des Grundprinzips des Vertrages, wonach
der dort angestrebte Wettbewerb im Spiel unabhängiger und entgegengesetzter Kräfte und
Wirtschaftsstrategien auf dem Markt besteht (Urteil Niederlande/Hohe Behörde, S. 1180), hat die
Kommission keinen Rechtsfehler begangen, als sie in Randnummer 271 der angefochtenen
Entscheidung auf einige frühere Entscheidungen verwies, die sie im Bereich des EWG-Vertrags in
bezug auf oligopolistische Märkte getroffen hatte. Speziell zur Entscheidung 92/157/EWG vom 17.
Februar 1992 in einem Verfahren nach Artikel 85 EWG-Vertrag (IV/31.370 und 31.446 — UK Agricultural
Tractor Registration Exchange, ABl. L 68, S. 19) haben sowohl das Gericht als auch der Gerichtshof
ausgeführt, daß der Austausch von Marktinformationen auf einem hochgradig konzentrierten
oligopolistischen Markt geeignet ist, den Unternehmen Aufschluß über die Marktposition und die
Verkaufsstrategie ihrer Konkurrenten zu geben und damit den noch bestehenden Wettbewerb
zwischen den Wirtschaftsteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen (Urteil des Gerichts in der
Rechtssache Deere/Kommission, Randnr. 51; Urteil des Gerichtshofes vom 28. Mai 1998 in der
Rechtssache C-7/95 P, Deere/Kommission, Slg. 1998, I-3111, Randnrn. 88 bis 90).
201.
Im übrigen hat die Kommission ihren Standpunkt, daß das streitige System dem normalen
Wettbewerb widersprochen habe, in den Randnummern 279 bis 283 der Entscheidung rechtlich
hinreichend begründet.
202.
Nach alledem ist das Vorbringen der Klägerin zur Einstufung des streitigen Informationsaustauschs
als eigenständige Zuwiderhandlung gegen Artikel 65 § 1 des Vertrages vorbehaltlich der in Abschnitt
G getroffenen Feststellungen in vollem Umfang zurückzuweisen.
4. Zum „Zusammenhang“ zwischen dem von der Klägerin organisierten Informationsaustausch und
den in Artikel 1 der Entscheidung aufgezählten Zuwiderhandlungen
203.
Wie bereits festgestellt, hängt die Einstufung des von der Klägerin organisierten
Informationsaustauschs als Zuwiderhandlung nicht von seinem angeblichen „Zusammenhang“ mit
den von ihren Mitgliedern begangenen und in Artikel 1 der Entscheidung aufgezählten
Zuwiderhandlungen ab, da dieser Austausch eine eigenständige Zuwiderhandlung gegen Artikel 65 §
1 des Vertrages darstellt.
204.
Festzustellen ist jedoch auch, daß der von der Klägerin organisierte Informationsaustausch parallel
zu dem von der Träger-Kommission organisierten Informationsaustausch über Aufträge und
Lieferungen stattfand und die gleichen Unternehmen betraf. Der streitige Informationsaustausch fand
auch in dem Zeitraum statt, in den nach Artikel 1 der Entscheidung die verschiedenen
Zuwiderhandlungen fielen. Damit steht fest, daß er im Rahmen der in der Entscheidung
beschriebenen umfassenderen Zuwiderhandlungen ablief.
205.
Unter diesen Umständen sind die Worte „im Zusammenhang mit den von ihren Mitgliedern
begangenen Verstößen nach Artikel 1“ als ergänzende Erwägung zu verstehen, mit der sich die
Kommission auf die Feststellung beschränkte, daß der streitige, von der Klägerin organisierte
Informationsaustausch Teil eines den Adressaten der Entscheidung zur Last gelegten größeren
Komplexes von Zuwiderhandlungen war, ohne ihr die Teilnahme an den übrigen in Rede stehenden
Zuwiderhandlungen vorzuwerfen.
206.
Im Hinblick auf den ergänzenden Charakter dieser Feststellung war die Kommission nicht zu einer
zusätzlichen Begründung verpflichtet.
207.
Ferner steht fest, daß die Klägerin als Adressatin der Mitteilung der Beschwerdepunkte im
Verwaltungsverfahren Gelegenheit hatte, ihren Standpunkt zum gesamten Sachverhalt vorzutragen, in
den sich der ihr einzig zur Last gelegte Informationsaustausch einfügt.
208.
Das Vorbringen der Klägerin, mit dem sie sich gegen die Feststellung der Kommission in Artikel 2
der Entscheidung wendet, daß der von der Klägerin organisierte Austausch vertraulicher
Informationen „im Zusammenhang“ mit den übrigen, in Artikel 1 aufgezählten Zuwiderhandlungen
stand, ist daher in vollem Umfang zurückzuweisen.
G —
209.
Die Frage, ob die Kommission selbst in die der Klägerin zur Last gelegte Zuwiderhandlung verwickelt
war, ist nicht in deren Schriftsätzen aufgeworfen worden, sondern im Rahmen der gemeinsamen
Ausführungen der Klägerinnen in
der mündlichen Verhandlung, auf die die Klägerin dort ausdrücklich Bezug genommen hat.
210.
Aus den Ermittlungen des Gerichts geht aber nicht nur hervor, daß die Kommission von dem
Informationsaustausch, den die Klägerin organisierte, keine Kenntnis hatte, sondern daß diese sowohl
der GD III als auch der Generaldirektion Wettbewerb (GD IV) die Existenz von
Informationsaustauschsystemen, die sich auf individualisierte Daten erstreckten, verheimlichte.
211.
Bei dem Treffen im kleinen Kreis vom 21. März 1989, an dem Vertreter der GD III und der Industrie
teilnahmen (vgl. das Protokoll dieses Treffens, Klageschrift in der Rechtssache T-151/94, Anhang 3,
Schriftstück 24), teilte Herr von Hülsen, der Generaldirektor der Klägerin, der GD III mit, daß im
Rahmen von Eurofer ein System beschleunigter statistischer Erhebungen eingeführt worden sei, das
sich auf die zusammengefaßten monatlichen Auftrags- und Lieferdaten erstrecke (siehe oben, Randnr.
166). Er informierte die GD III aber weder über das streitige Informationsaustauschsystem, das den
Austausch individualisierter Daten einschloß, noch über die Einführung des in den Randnummern 263
bis 271 der Entscheidung behandelten Auftrags- und Liefermonitoring, obwohl dessen erste
Ergebnisse von den beteiligten Unternehmen in der Sitzung der Träger-Kommission vom 9. Februar
1989 erstmals erörtert worden waren.
212.
Herr Vanderseypen, der in der mündlichen Verhandlung als Zeuge vernommen worden ist, hat
bestätigt, daß die fraglichen Schnellstatistiken auf Unternehmensebene zusammengefaßt, aber nach
Produkten und nationalen Zielmärkten aufgeschlüsselt waren, so daß kein Unternehmen den
Marktanteil seiner Konkurrenten ermitteln konnte. Er hat hinzugefügt, die Kommission habe von der
Klägerin nie nach Unternehmen aufgeschlüsselte Zahlen erhalten und keine Kenntnis davon gehabt,
daß bei ihr solche Zahlen in Umlauf gewesen seien.
213.
Im Schreiben vom 22. Juni 1990 (Klageschrift in der Rechtssache T-151/94, Anhang 4, Schriftwechsel
1) sprach Herr Temple Lang, der Leiter der Direktion D „Kartelle, Mißbrauch marktbeherrschender
Stellungen und sonstige Wettbewerbsverzerrungen III“ der GD IV, u. a. das allgemeine Problem der
Sammlung und des Austauschs von Informationen und statistischen Angaben im Rahmen von Eurofer
an. Er wies darauf hin, daß es die Kommission in einer Sitzung des Statistischen Ausschusses Stahl
vom 11. Juni 1990 „angesichts der ungewöhnlichen Lösung bei der Sammlung von Informationen für
erforderlich hielt, die Mitglieder des Ausschusses und insbesondere den Vertreter von Eurofer auf die
Anwendbarkeit von Artikel 65 EGKS-Vertrag aufmerksam zu machen“. Er wies ferner auf den
„Standpunkt der Kommission in der Frage der gemeinsamen Erstellung von Statistiken und des
Informationsaustauschs ... unter Unternehmen oder im Rahmen einer dritten Stelle“ hin, wobei er den
Unterschied „zwischen einer Vereinbarung über die Sammlung allgemein bekannter und nicht
aktueller Informationen einerseits und der Sammlung aktueller und detaillierter Statistiken,
die den Konkurrenten sonst nicht zugänglich wären, andererseits“ hervorhob. Er fügte hinzu, daß die
Mitglieder des Ausschusses bereits in der Sitzung vom 7. Juli 1989 durch die Übersendung einer Kopie
der Bekanntmachung von 1968 informiert worden seien. Er ersuchte den Generaldirektor der Klägerin
deshalb um eine Reihe von Auskünften, um „prüfen zu können, ob [seine] Aktivitäten im Bereich der
gemeinsamen Erstellung von Statistiken den wirksamen Wettbewerb beeinträchtigen können“, und
insbesondere um eine „Beschreibung der Methode zur Sammlung und Verteilung von Statistiken
innerhalb [seiner] Vereinigung“.
214.
Aus der Antwort des Generaldirektors der Klägerin vom 24. Juli 1990 (Klageschrift in der
Rechtssache T-151/94, Anhang 4, Schriftwechsel 1) geht jedoch hervor, daß die GD IV trotz ihrer
ausdrücklichen Bitte nicht genau über Art und Umfang des Informationsaustauschs informiert wurde,
d. h. darüber, daß die Klägerin einen Austausch individueller, nach Unternehmen und Ländern
aufgeschlüsselter Lieferdaten organisierte und daß auch im Rahmen des von ihrer Träger-Kommission
organisierten Monitoring individuelle Auftrags- und Lieferdaten ausgetauscht wurden.
215.
Zugleich richtete die Verwaltung der Klägerin am 30. Juli 1990, also weniger als eine Woche nach
ihrer Antwort auf das Auskunftsverlangen der GD IV, u. a. an den Vorsitzenden und das Sekretariat
der Träger-Kommission ein Schreiben mit der Überschrift „Austausch und Verteilung von Statistiken“
(S. 1681 der Akten der Kommission), dessen Wortlaut in Randnummer 44 der Entscheidung wie folgt
wiedergegeben wird:
„Die jüngste Entscheidung der Kommission in der Sache nichtrostende Flacherzeugnisse und
verschiedentliche Kontakte zwischen der GD IV und dem Eurofer-Vorstand haben die Aufmerksamkeit
auf die Frage des Austauschs bzw. der Verteilung von Statistiken durch uns oder die
Ausschußsekretariate und deren Vereinbarkeit mit Artikel 65 des EGKS-Vertrags gelenkt.
Bis zu einer eingehenden rechtlichen Prüfung der Frage haben wir beschlossen, die Weitergabe von
Statistiken mit individualisierten Produktions-, Liefer- oder Auftragszahlen auszusetzen, und bitten Sie,
auch im Rahmen Ihres Ausschusses einstweilen von einer derartigen Weitergabe abzusehen.
Von diesem Ersuchen nicht betroffen sind natürlich die Erfassung individualisierter Zahlen durch eine
neutrale Stelle, d. h. Eurofer, und die Weitergabe globaler Ergebnisse ohne individualisierte Zahlen,
wie wir dies gewöhnlich tun. Solche Statistiken sind rechtlich absolut unbedenklich, da mit ihnen nur
überschlägige Informationen über die Wirtschafts- und Marktentwicklung vermittelt werden sollen.
Diese Statistiken werden von uns wie bisher fortgeführt, wobei Sie in gleicher Weise verfahren
können.“
216.
Somit ist festzustellen, daß die Klägerin — trotz des an sie gerichteten ausdrücklichen
Auskunftsverlangens der GD IV — der Kommission den Austausch
und die Verbreitung individueller Statistiken, die sie selbst organisierte oder die mit ihrem Wissen in
ihren Produktausschüssen und insbesondere in der Träger-Kommission stattfanden, bewußt
verheimlichte und die Ausschüsse zugleich bat, davon künftig abzusehen. Die Klägerin hat im übrigen
die Angabe in Randnummer 145 der Entscheidung, daß sie die Verbreitung der streitigen individuellen
Statistiken kurz danach wiederaufgenommen habe, nicht in Abrede gestellt.
217.
Demnach ist das Vorbringen der Klägerin zur angeblichen Verwicklung der Kommission in die ihr zur
Last gelegte Zuwiderhandlung in vollem Umfang zurückzuweisen, ohne daß darüber entschieden zu
werden braucht, ob diese Argumentation im Hinblick auf Artikel 48 § 2 der Verfahrensordnung des
Gerichts zulässig ist.
H —
218.
Im Rahmen gemeinsamer Ausführungen in der mündlichen Verhandlung haben die Klägerinnen
einen Ermessensmißbrauch gerügt, der darin bestehen soll, daß die Kommission, statt ihre
Befugnisse aufgrund des Vertrages und insbesondere dessen Artikel 58 auszuüben, die Hersteller
habe „zwingen“ wollen, die von ihr als unabdingbar angesehenen Umstrukturierungen vorzunehmen,
und deren Weigerung durch die Verhängung hoher Geldbußen in der Entscheidung „geahndet“ habe,
die am Tag nach dem Abbruch der mit Vertretern der Stahlindustrie geführten Verhandlungen
erlassen worden sei.
219.
Die Klägerin hat sich jedoch in ihren Schriftsätzen nicht auf den Klagegrund eines
Ermessensmißbrauchs berufen. Da während des Verfahrens vor dem Gericht kein neuer
Gesichtspunkt zutage getreten ist, aus dem sich das Vorliegen eines solchen Ermessensmißbrauchs
ergeben könnte, ist diese Rüge der Klägerin als unzulässig zurückzuweisen.
Zum Antrag auf Nichtigerklärung von Artikel 3 der Entscheidung
220.
Die Klägerin trägt vor, die ihr durch Artikel 3 der Entscheidung auferlegte Verpflichtung, die in
Artikel 2 beanstandete Zuwiderhandlung abzustellen und es zu unterlassen, die dort genannten
Handlungen zu wiederholen oder fortzusetzen und Maßnahmen gleicher Wirkung zu ergreifen, verletze
Artikel 65 § 5 des Vertrages. Diese Bestimmung — die einzige denkbare Rechtsgrundlage für derartige
Anordnungen — beziehe sich nur auf Unternehmen und nicht auf Verbände.
221.
Áußerdem richte sich ihre Rüge einer unzureichenden Begründung, die sie gegen Artikel 2 der
Entscheidung erhebe, auch gegen deren Artikel 3. Diesem lasse sich nicht entnehmen, ob das darin
enthaltene Verbot in bezug auf die Klägerin eine Tätigkeit im Rahmen des von ihr selbst organisierten
Systems oder eine Tätigkeit
im Zusammenhang mit den Aktivitäten der Träger-Kommission oder mit anderen
Wettbewerbsbeschränkungen betreffe, wie sie den Unternehmen in der Entscheidung vorgeworfen
würden.
222.
Darüber hinaus werde die Pflicht, „Maßnahmen gleicher Wirkung“ zu unterlassen, nicht ausreichend
begründet. Mangels einer genauen Definition der Merkmale einer solchen Maßnahme untersage
Artikel 3 der Entscheidung letztlich jede Wettbewerbsbeschränkung und erfülle damit nicht den Zweck
von Abstellungs- und Unterlassungsverfügungen, die Pflichten der Betroffenen zu konkretisieren.
223.
Das Gericht hat bereits ausgeführt, daß ein Unternehmensverband wie die Klägerin gegen Artikel
65 § 1 des Vertrages verstoßen kann und daß die Kommission berechtigt ist, eine solche
Zuwiderhandlung auf der Grundlage von Artikel 65 § 4 des Vertrages festzustellen.
224.
Durch die Verpflichtung der Klägerin nach Artikel 3 der Entscheidung, die in Artikel 2
beanstandeten Verhaltensweisen abzustellen und es zu unterlassen, sie zu wiederholen oder
fortzusetzen, hat die Kommission überdies nur die Konsequenzen zum Ausdruck gebracht, die sich für
ihr künftiges Verhalten aus der Feststellung der Rechtswidrigkeit in Artikel 2 ergeben (in diesem Sinne
Urteil des Gerichtshofes vom 31. März 1993 in den Rechtssachen C-89/85, C-104/85, C-114/85, C-
116/85, C-117/85 und C-125/85 bis C-129/85, Ahlström Osakeyhtiö u. a./Kommission, Slg. 1993, I-1307,
Randnr. 184).
225.
Zur Tragweite von Artikel 3 der Entscheidung geht aus den vom Gericht bereits getroffenen
Feststellungen hervor, daß er sich auf den Informationsaustausch bezieht, den die Klägerin
organisiert hat und der in den Randnummern 143 bis 146 und 279 bis 283 der Entscheidung
beschrieben ist.
226.
Das Verbot, „Maßnahmen gleicher Wirkung zu ergreifen“, ist rein deklaratorischer Art, da es die
Unternehmen an der Wiederholung von Verhaltensweisen hindern soll, deren Rechtswidrigkeit
festgestellt wurde (Urteil des Gerichts vom 27. Oktober 1994 in der Rechtssache T-34/92, Fiatagri und
New Holland Ford/Kommission, Slg. 1994, II-905, Randnr. 39). Die Kommission ist jedenfalls berechtigt,
gegen etwaige spätere Zuwiderhandlungen auf der Grundlage von Artikel 65 des Vertrages selbst
vorzugehen (vgl. Urteil Fiatagri und New Holland Ford/Kommission, Randnr. 39).
227.
Diese Anordnung ist im übrigen hinreichend genau, da aus der Begründung der Entscheidung in
den Randnummern 143 bis 146 und 279 bis 283 hervorgeht, welche Umstände die Kommission zur
Feststellung der Rechtswidrigkeit der in Artikel 2 beanstandeten Verhaltensweisen veranlaßt haben
(vgl. Urteil des Gerichtshofes vom 17. September 1985 in den Rechtssachen 25/84 und 26/84,
Ford/Kommission, Slg. 1985, 2725, Randnr. 42, und Urteil Fiatagri und New Holland Ford/Kommission,
Randnr. 39).
228.
Der Antrag auf Nichtigerklärung von Artikel 3 der Entscheidung ist daher zurückzuweisen.
Kosten
229.
Gemäß Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung
ihrer Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr gemäß dem
Antrag der Kommission die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Bellamy
Potocki
Pirrung
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 11. März 1999.
Der Kanzler
Der Präsident
H. Jung
C. W. Bellamy
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt
II - 2
A — Vorbemerkungen
II - 2
B — Die Beziehungen zwischen der Stahlindustrie und der Kommission zwischen 1970 und 1990
II - 4
C — Das Verwaltungsverfahren vor der Kommission
II - 5
D — Die angefochtene Entscheidung
II - 6
Verfahren vor dem Gericht, Entwicklung nach der Klageerhebung und Anträge der Parteien
II - 7
Zum Antrag auf Nichtigerklärung von Artikel 2 der Entscheidung
II - 11
A — Zur Verletzung wesentlicher Formvorschriften
II - 12
Zusammenfassung des Vorbringens der Klägerin
II - 12
Würdigung durch das Gericht
II - 14
Zulässigkeit
II - 14
Die Nichterreichung des Quorums
II - 14
Die fehlende wörtliche Übereinstimmung zwischen der erlassenen und der der Klägerin
notifizierten Entscheidung
II - 18
Die fehlende Feststellung der Entscheidung
II - 20
Die fehlende Angabe des Datums der Unterzeichnung des Protokolls
II - 21
B — Zur Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör
II - 22
Zusammenfassung des Vorbringens der Klägerin
II - 22
Würdigung durch das Gericht
II - 22
C — Zum Vorliegen eines Beschlusses der Klägerin
II - 25
Zusammenfassung des Vorbringens der Klägerin
II - 25
Würdigung durch das Gericht
II - 26
D — Zum Ausschluß der Verbände vom Kreis der Adressaten des Verbotes in Artikel 65 des
Vertrages
II - 28
Zusammenfassung des Vorbringens der Klägerin
II - 28
Würdigung durch das Gericht
II - 29
E — Zur Befugnis der Kommission zum Erlaß einer Entscheidung, mit der das Vorliegen einer der
Klägerin zuzurechnenden Zuwiderhandlung festgestellt wird
II - 30
Zusammenfassung des Vorbringens der Klägerin
II - 30
Würdigung durch das Gericht
II - 31
F — Zu den Klagegründen und Argumenten, die die wettbewerbswidrige Natur des der Klägerin
zur Last gelegten Systems betreffen
II - 31
Zusammenfassung des Vorbringens der Parteien
II - 31
Würdigung durch das Gericht
II - 36
1. Die in der Entscheidung behandelten Statistiken
II - 36
2. Die Auslegung von Artikel 2 der Entscheidung
II - 37
3. Der eigenständige Charakter der Zuwiderhandlung gegen Artikel 65 § 1 des Vertrages,
die in dem von der Klägerin organisierten Informationsaustausch besteht
II - 39
4. Zum „Zusammenhang“ zwischen dem von der Klägerin organisierten
Informationsaustausch und den in Artikel 1 der Entscheidung aufgezählten Zuwiderhandlungen
II - 44
G — Zur Verwicklung der Kommission in die der Klägerin zur Last gelegte Zuwiderhandlung
II - 44
H — Zum Ermessensmißbrauch
II - 47
Zum Antrag auf Nichtigerklärung von Artikel 3 der Entscheidung
II - 47
Zusammenfassung des Vorbringens der Klägerin
II - 47
Würdigung durch das Gericht
II - 48
Kosten
II - 49
Verfahrenssprache: Deutsch.
— Dieses Datum wird in der deutschen und der englischen Fassung der Entscheidung angegeben. In
der französischen und der spanischen Fassung findet sich das Datum des 31. Dezember 1989.