Urteil des EuG vom 14.04.2005
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URTEIL DES GERICHTS (Dritte Kammer)
14. April 2005)
„Gemeinschaftsmarke – Wortmarke CELLTECH – Absolute Eintragungshindernisse –
Unterscheidungskraft – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung (EG) Nr. 40/94“
In der Rechtssache T-260/03
Celltech R & D Ltd
D. Alexander, Barrister, und N. Jenkins, Solicitor,
Klägerin,
gegen
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM),
durch I. de Medrano Caballero und A. Folliard‑Monguiral als Bevollmächtigte,
Beklagter,
betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des HABM vom 19. Mai
2003 (Sache R 659/2002‑2) über die Anmeldung des Wortzeichens CELLTECH als Gemeinschaftsmarke
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten M. Jaeger sowie der Richterin V. Tiili und des Richters O. Czúcz,
Kanzler: C. Kristensen, Verwaltungsrätin,
aufgrund der am 18. Juli 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,
aufgrund der am 28. November 2003 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,
auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2005
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1 Am 30. Juni 2000 meldete die Klägerin, die früher die Unternehmensbezeichnung Celltech
Chiroscience Ltd führte, beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle)
(im Folgenden: Amt) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20. Dezember 1993 über die
Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung eine Gemeinschaftsmarke an.
2 Dabei handelt es sich um das Wortzeichen CELLTECH.
3 Die Marke wurde für folgende Waren und Dienstleistungen der Klassen 5, 10 und 42 des Abkommens
von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die Eintragung von
Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter Fassung angemeldet:
– „pharmazeutische und veterinärmedizinische Präparate, Verbindungen und Substanzen sowie
Präparate für die Gesundheitspflege“ in Klasse 5;
– „chirurgische, ärztliche, zahnärztliche und tierärztliche Apparate und Instrumente“ in Klasse 10;
– „Forschungs- und Entwicklungsdienste; Consulting; alles in Bezug auf die Wissenschaften
Biologie, Medizin und Chemie“ in Klasse 42.
4 Mit Entscheidung vom 4. Juni 2002 wies der Prüfer die Anmeldung nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben
b und c der Verordnung Nr. 40/94 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass das fragliche Zeichen
aus der grammatisch fehlerfreien Kombination der beiden Begriffe „cell“ (Zelle) und „tech“ (Abkürzung
für „technisch“ oder „Technologie“) bestehe. Daher könne die Anmeldemarke nicht als Hinweis auf die
Herkunft der in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen fungieren, denn alle diese
Waren und Dienstleistungen fielen in das Gebiet der Zelltechnologie.
5 Am 2. August 2002 legte die Klägerin beim Amt gemäß den Artikeln 57 bis 62 der Verordnung Nr.
40/94 gegen die Entscheidung des Prüfers eine Beschwerde ein.
6 Mit Entscheidung vom 19. Mai 2003 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung) wies die Zweite
Beschwerdekammer die Beschwerde mit der Begründung zurück, dass Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b
der Verordnung Nr. 40/94 der Zulassung der Wortmarke CELLTECH zur Eintragung entgegenstehe.
Diese werde nämlich sofort und eindeutig als ein Begriff aufgefasst, der Tätigkeiten auf dem Gebiet
der Zelltechnologie und die im Rahmen dieser Tätigkeiten verwendeten oder durch sie
hervorgebrachten Produkte, Geräte und Stoffe bezeichne. Die Marke CELLTECH, die das englische Wort
„cell“ mit der englischen Abkürzung „tech“ kombiniere, sei nicht mehr als die Summe dieser beiden
Elemente, denen jeweils für sich genommen jede Unterscheidungskraft fehle. Infolgedessen sei der
Zusammenhang, der zwischen den beanspruchten Waren und Dienstleistungen einerseits und der
Marke andererseits bestehe, nicht hinreichend indirekt, um der Marke das nach Artikel 7 Absatz 1
Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 erforderliche Mindestmaß an Unterscheidungskraft zu
verleihen.
Anträge der Parteien
7 Die Klägerin beantragt,
– die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
– hilfsweise, die angefochtene Entscheidung aufzuheben, soweit sie die Waren der Klasse 5 oder
der Klassen 5 und 10 betrifft;
– dem Amt die Kosten aufzuerlegen.
8 Das Amt beantragt,
– die Klage abzuweisen;
– der Klägerin die Kosten aufzuerlegen.
Entscheidungsgründe
9 Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der
Verordnung Nr. 40/94 geltend.
10 Sie rügt, dass die Beschwerdekammer sowohl die Anmeldemarke in ihrer Gesamtheit als auch ihre
einzelnen Bestandteile fehlerhaft gewürdigt habe.
11 Erstens sei das Zeichen CELLTECH nicht geeignet, die in der Anmeldung aufgeführten Waren und
Dienstleistungen im geschäftlichen Sprachgebrauch zu beschreiben. Denn in seiner Gesamtheit sei es
keine bloße Verbindung von zwei Begriffen, die für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen jeweils
unmittelbar beschreibend seien. So sei die letzte Silbe von „Celltech“ kein Wort, sondern eine
Abkürzung, und die erste kein Adjektiv. Zweitens sei „Celltech“ auch mehr als bloß die Summe seiner
Wortbestandteile. Drittens sei das Zeichen, wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung unter
Bezugnahme auf das Urteil des Gerichtshofes vom 16. September 2004 in der Rechtssache C‑329/02 P
(SAT.1/HABM, Slg. 2004, I‑0000, im Folgenden: Urteil SAT.1) ausgeführt hat, ein eigenständiges, als
solches erkennbares Wort und ermögliche es in seiner Gesamtheit dem Verbraucher, das in Frage
stehende Unternehmen und seine Waren oder Dienstleistungen zu identifizieren. Folglich sei das
fragliche Zeichen hinreichend phantasievoll, um der Anforderung eines Minimums von
Unterscheidungskraft zu genügen.
12 Hilfsweise rügt die Klägerin, dass das Amt die in der Anmeldung aufgeführten Waren oder
Dienstleistungen nicht hinreichend analysiert habe. So seien die in der Anmeldung genannten Waren
der Klassen 5 und 10 pharmazeutische Produkte. Es gebe aber keinerlei pharmazeutische Produkte,
die jemand, sei er sachkundig oder nicht, als ein „Celltech‑Pharmaprodukt“ bezeichne oder bezeichnen
könne oder für die der Begriff „Celltech“ irgendeinen Sinn ergebe.
13 Das Amt erinnert daran, dass ein Zeichen, um unterscheidungskräftig zu sein, hauptsächlich dazu
dienen müsse, den Verkäufer zu identifizieren und zu unterscheiden, nicht aber nur den Verbraucher
über die fraglichen Waren und Dienstleistungen zu informieren. Zeichen, die lediglich die potenziellen
Käufer über eine angebliche Eigenschaft der fraglichen Waren oder deren Eignung für eine bestimmte
Funktion unterrichteten, seien daher nicht unterscheidungskräftig.
14 Hier bestehe das maßgebliche Publikum sowohl aus professionellen Abnehmern (der Waren und
Dienstleistungen der Klassen 5, 10 und 42) mit hohem Aufmerksamkeitsniveau als auch aus nicht
spezialisierten Verbrauchern (der Waren in Klasse 5 außer Verbindungen und Substanzen), die
durchschnittlich informiert und aufmerksam sowie mit dem Englischen vertraut seien.
15 Das Zeichen CELLTECH sei die bloße Verbindung von zwei sprachüblichen englischen Wörtern. Das
Wort „cell“ werde in der Biologie wie folgt definiert:
„Die kleinste Einheit eines Organismus, die eigenständig funktionsfähig ist. Sie besteht aus einem das
genetische Material enthaltenden Zellkern, der vom Zytoplasma umgeben ist; in diesem befinden sich
weiterhin die Mitochondrien, die Lysosomen, die Ribosomen und andere Organelle. Alle Zellen werden
von einer Zellmembran umschlossen, wobei pflanzliche Zellen außerdem eine äußere Zellwand
besitzen.“
16 Das Wort „tech“ sei im Übrigen die übliche Abkürzung für „technical“ (technisch) oder „technology“
(Technologie).
17 Die Wörter „cell“ und „tech“ seien im medizinisch‑pharmazeutischen Bereich, zu dem die
beanspruchten Waren und Dienstleistungen gehörten, allgemein gebräuchlich und hätten, jeweils für
sich genommen, für diese Waren und Dienstleistungen eine klar umrissene Bedeutung. Denn sie
gäben Auskunft über deren Bestimmungszweck und Art, also ihre Verwendung in der Zelltechnologie
oder Gewinnung aus ihr. Dass diese Wörter, einzeln betrachtet, möglicherweise in anderen
Zusammenhängen noch weitere Bedeutungen hätten, sei unerheblich.
18 Die Kombination von zwei Wörtern, die häufig zusammen gebraucht würden, um Waren der Klassen 5
und 10 und Dienstleistungen der Klasse 42 mit durchweg medizinisch‑pharmazeutischem Charakter zu
beschreiben, sei keineswegs ungewöhnlich. Das Zeichen CELLTECH bestehe aus einer syntaktisch
üblichen Verbindung von zwei englischen Wörtern und weise keinen wahrnehmbaren Unterschied zu
einer lexikalisch fehlerfreien Wortbildung wie „cell technology“ (Zelltechnologie) auf. Dass die Wörter
„cell“ und „tech“ in dieser Kombination nicht in Wörterbüchern zu finden seien, beweise noch nicht,
dass es sich bei dieser Wortkombination um eine schöpferische, ungewöhnliche oder phantasievolle
Wortbildung handele.
19 Von der Eintragung ausgeschlossen sind gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr.
40/94 solche Marken, die keine Unterscheidungskraft haben, und nach Buchstabe c die Marken, die
ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der
Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geographischen Herkunft oder der Zeit
der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger
Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können (Urteil des Gerichtshofes vom 20. September
2001 in der Rechtssache C‑383/99 P, Procter & Gamble/HABM, Slg. 2001, I‑6251, Randnr. 35).
20 Nach der Rechtsprechung besteht die Hauptfunktion der Marke darin, dem Verbraucher oder
Endabnehmer die Ursprungsidentität der durch die Marke gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung
zu garantieren, indem sie es ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung ohne
Verwechslungsgefahr von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden (z. B.
Urteile des Gerichtshofes vom 23. Mai 1978 in der Rechtssache 102/77, Hoffmann‑La Roche, Slg. 1978,
1139, Randnr. 7, und vom 18. Juni 2002 in der Rechtssache C‑299/99, Philips, Slg. 2002, I‑5475,
Randnr. 30).
21 Insoweit ist hervorzuheben, dass jedes der in Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 genannten
Eintragungshindernisse unabhängig ist von den anderen und getrennt geprüft werden muss.
Außerdem sind diese Eintragungshindernisse im Licht des Allgemeininteresses auszulegen, das jedem
von ihnen zugrunde liegt. Das bei der Prüfung jedes dieser Eintragungshindernisse berücksichtigte
Allgemeininteresse kann oder muss sogar je nach dem betreffenden Eintragungshindernis in
unterschiedlichen Erwägungen zum Ausdruck kommen (Urteil des Gerichtshofes vom 29. April 2004 in
den Rechtssachen C‑456/01 P und C‑457/01 P, Slg. 2004, I‑5089, Randnrn. 45 und 46, und Urteil
SAT.1, Randnr. 25).
22 Jedoch gibt es eine offensichtliche Überschneidung der jeweiligen Anwendungsbereiche der in den
Buchstaben b, c und d dieser Bestimmung genannten Fälle (Urteile des Gerichtshofes vom 12. Februar
2004 in der Rechtssache C‑265/00, Campina Melkunie, Slg. 2004, I‑1699, Randnr. 18, und in der
Rechtssache C‑363/99, Koninklijke KPN Nederland, Slg. 2004, I‑1619, Randnr. 67; Urteil des Gerichts
vom 8. Juli 2004 in der Rechtssache T‑289/02, Telepharmacy Solutions/HABM [TELEPHARMACY
SOLUTIONS], Slg. 2004, II‑0000, Randnr. 23).
23 Der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts ist insbesondere zu entnehmen, dass einer
Wortmarke, die im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 Merkmale von
Waren oder Dienstleistungen beschreibt, aus diesem Grund in Bezug auf diese Waren oder
Dienstleistungen zwangsläufig die Unterscheidungskraft im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b
der Verordnung fehlt (Urteile Campina Melkunie, Randnr. 19, Koninklijke KPN Nederland, Randnr. 86,
und TELEPHARMACY SOLUTIONS, Randnr. 24).
24 Hat hingegen eine Marke, der nicht das Eintragungshindernis des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe c der
Verordnung entgegensteht, gleichwohl keine Unterscheidungskraft im Sinne von Buchstabe b, so
muss das Amt die Gründe darlegen, aus denen es dieser Marke Unterscheidungskraft abspricht (Urteil
SAT.1, Randnr. 42).
25 In der angefochtenen Entscheidung (Randnrn. 10 bis 12) wies die Beschwerdekammer die
Beschwerde mit der Begründung zurück, dass Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94
der Zulassung der Wortmarke CELLTECH zur Eintragung deshalb entgegenstehe, weil diese geeignet
sei, sofort und eindeutig als ein Begriff aufgefasst zu werden, der Tätigkeiten auf dem Gebiet der
Zelltechnologie und die im Rahmen dieser Tätigkeiten verwendeten oder durch sie hervorgebrachten
Produkte, Geräte und Stoffe bezeichne. Die Marke CELLTECH, die das englische Wort „cell“ mit der
englischen Abkürzung „tech“ kombiniere, sei nicht mehr als die Summe dieser beiden Elemente, denen
jeweils für sich genommen jede Unterscheidungskraft fehle. In diesem Zusammenhang führte die
Beschwerdekammer weiter aus: „Die Wortfolge entspricht dem fehlerfreien syntaktischen Gebrauch
der beiden Wörter im Sinne von ‚cell technology‘ [Zelltechnologie]. Dies bedeutet, dass der Begriff
nicht mehr als die unmittelbare Bedeutung der beiden Wörter jeweils für sich genommen zum Ausdruck
bringt … [D]ie Wortkombination ‚CELLTECH‘ wird von [den maßgeblichen Verkehrskreisen] zunächst
und vor allem als Bezeichnung für die Art der von dem Zeichen erfassten Waren und Dienstleistungen
und nicht als Herkunftshinweis verstanden werden.“ Die Beschwerdekammer kam demgemäß zu dem
Ergebnis, dass der Zusammenhang, der zwischen den beanspruchten Waren und Dienstleistungen
einerseits und der Marke andererseits bestehe, nicht hinreichend indirekt sei, um der Marke das nach
Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 erforderliche Mindestmaß an
Unterscheidungskraft zu verleihen.
26 Die Beschwerdekammer hat also im Wesentlichen die Auffassung eingenommen, dass das Zeichen
CELLTECH deshalb nicht im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94
unterscheidungskräftig sei, weil es von den maßgeblichen Verkehrskreisen als beschreibender
Ausdruck für die Art der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen aufgefasst werde.
27 Somit ist zunächst zu prüfen, ob die Beschwerdekammer dargetan hat, dass das angemeldete
Wortzeichen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibend ist. Falls dies zu
bejahen ist, wäre die angefochtene Entscheidung gemäß der oben in Randnummer 23 zitierten
Rechtsprechung, wonach einem beschreibenden Zeichen zwangsläufig die Unterscheidungskraft fehlt,
zu bestätigen. Ist hingegen das Zeichen für die in der Anmeldung aufgeführten Waren und
Dienstleistungen nicht beschreibend, so wäre im Einklang mit dem Urteil SAT.1 zu prüfen, ob die
Beschwerdekammer weitere Erwägungen angeführt hat, aus denen sich ergibt, dass die
Anmeldemarke gleichwohl nicht unterscheidungskräftig ist.
28 Nach der Rechtsprechung ist sowohl die Unterscheidungskraft (Urteile des Gerichtshofes vom 21.
Oktober 2004 in der Rechtssache C‑64/02 P, HABM/Erpo Möbelwerk, Slg. 2004, I‑0000, Randnr. 43, und
des Gerichts vom 20. März 2002 in der Rechtssache T‑355/00, DaimlerChrysler/HABM [TELE AID], Slg.
2002, II‑1939, Randnr. 51) als auch der beschreibende Charakter eines Zeichens (Urteil des Gerichts
vom 20. März 2002 in der Rechtssache T‑356/00, DaimlerChrysler/HABM [CARCARD], Slg. 2002, II‑1963,
Randnr. 25) zum einen anhand der in der Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen und
zum anderen im Hinblick auf seine Wahrnehmung durch die maßgeblichen Verkehrskreise zu
beurteilen.
29 Insoweit ist zunächst zu beachten, dass die in der Anmeldung aufgeführten Waren und
Dienstleistungen in das Gebiet der Pharmazie fallen.
30 Folglich hat die Beschwerdekammer, worauf das Amt zutreffend hinweist, zu Recht festgestellt, dass
die angesprochenen Verkehrskreise nicht nur aus spezialisierten medizinischen Fachkreisen bestehen,
sondern auch aus Durchschnittsverbrauchern; die Klägerin hat dies nicht bestritten.
31 Außerdem umfassen nach Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 die maßgeblichen,
angesprochenen Verkehrskreise, hinsichtlich deren das absolute Eintragungshindernis zu beurteilen
ist, nicht nur, da das Zeichen aus Elementen der englischen Sprache besteht, die englischsprachigen
Durchschnittsverbraucher, sondern auch alle Fachleute des medizinischen Bereichs, die unabhängig
von ihrer Muttersprache das wissenschaftliche Fachvokabular ihres Tätigkeitsbereichs kennen.
32 Zu berücksichtigen ist schließlich, dass das Wortzeichen CELLTECH aus zwei der englischen Sprache
entstammenden Substantiven besteht, wobei das zweite dieser Substantive in der Form einer
Abkürzung wiedergegeben ist. Was das Wort „cell“ angeht, so bezieht es sich im Bereich der Biologie
unstreitig auf die kleinste eigenständig funktionsfähige Einheit eines Organismus. Auch das
Wortbestandteil „tech“ ist die übliche Abkürzung für das Wort „technology“ (Technologie) und weicht
damit als Abkürzung nicht von den lexikalischen Regeln der englischen Sprache ab (vgl. in diesem
Sinne Urteil SAT.1, Randnr. 31).
33 Zumindest eine der Bedeutungen des Wortzeichens CELLTECH ist folglich „cell technology“
(Zelltechnologie).
34 Zur Art des Zusammenhangs, der zwischen dem Wortzeichen CELLTECH und den in Frage stehenden
Waren und Dienstleistungen besteht, hat die Beschwerdekammer in Randnummer 12 der
angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass dieser Begriff Tätigkeiten auf dem Gebiet der
Zelltechnologie und die im Rahmen dieser Tätigkeiten verwendeten oder durch sie hervorgebrachten
Produkte, Geräte und Stoffe bezeichne.
35 Es ist somit zu prüfen, ob die Beschwerdekammer dargetan hat, dass das Wortzeichen CELLTECH,
soweit es als „cell technology“ verstanden wird, für die in Frage stehenden Waren und
Dienstleistungen im Bereich der Pharmazie beschreibend ist.
36 Insoweit ist festzustellen, dass weder die Beschwerdekammer noch das Amt die wissenschaftliche
Bedeutung der Zelltechnologie dargelegt hat. So hat das Amt lediglich, als Anlage seiner
Klagebeantwortung, einen Auszug aus mit den Definitionen der Begriffe „cell“
und „tech“ eingereicht.
37 Indessen hat weder die Beschwerdekammer noch das Amt erläutert, inwiefern diese Begriffe eine
Information über den Bestimmungszweck und die Art der in der Anmeldung aufgeführten Waren und
Dienstleistungen vermitteln, insbesondere über die Art und Weise, in der diese Produkte und
Dienstleistungen in der Zelltechnologie angewandt oder durch sie hervorgebracht werden.
38 Zwar sind die in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen im Allgemeinen
pharmazeutische Produkte und Dienstleistungen und stehen aus diesem Grund in Zusammenhang zu
zellular aufgebauten Körpern. Die Beschwerdekammer hat jedoch nicht aufgezeigt, dass die
maßgeblichen Verkehrskreise sofort und ohne weiteres Nachdenken eine konkrete und unmittelbare
Verbindung zwischen den beanspruchten pharmazeutischen Waren und Dienstleistungen und dem
Bedeutungsgehalt des Wortzeichens CELLTECH herstellen werden (vgl. in diesem Sinne Urteil des
Gerichts vom 7. Juni 2001 in der Rechtssache T‑359/99, DKV/HABM [EuroHealth], Slg. 2001, II‑1645,
Randnr. 35).
39 Selbst wenn im Übrigen die betroffenen Waren und Dienstleistungen in einem
Funktionszusammenhang der Zelltechnologie verwendet werden könnten, genügt dies nicht für die
Feststellung, dass das Wortzeichen CELLTECH zur Bezeichnung ihres Bestimmungszwecks dienen kann.
Denn eine solche Verwendung wäre allenfalls eines der vielfachen Anwendungsgebiete, nicht aber
eine technische Funktion (Urteil CARCARD, Randnr. 40).
40 Demnach hat die Beschwerdekammer nicht dargetan, dass der Ausdruck „Celltech“, selbst in der
Bedeutung von „Zelltechnologie“, geeignet ist, sofort und eindeutig als ein Begriff aufgefasst zu
werden, der Tätigkeiten auf dem Gebiet der Zelltechnologie und die im Rahmen dieser Tätigkeiten
verwendeten oder durch sie hervorgebrachten Produkte, Geräte und Stoffe bezeichne. Ebenso wenig
hat sie aufgezeigt, dass die angesprochenen Verkehrskreise das Zeichen ausschließlich als Hinweis
auf die Art der mit dem Zeichen gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen auffassen werden.
41 Folglich hat die Beschwerdekammer nicht dargetan, dass das Wortzeichen CELLTECH für die in der
Anmeldung beanspruchten Waren und Dienstleistungen beschreibend ist.
42 Damit bleibt zu prüfen, ob die Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung weitere
Erwägungen angeführt hat, aus denen sich ergibt, dass das Wortzeichen nicht unterscheidungskräftig
ist.
43 Insoweit ist daran zu erinnern, dass die etwaige Unterscheidungskraft einer aus Wörtern
zusammengesetzten Marke zwar partiell für jeden ihrer Begriffe oder Bestandteile getrennt geprüft
werden kann, aber in jedem Fall von einer Prüfung der durch diese gebildeten Gesamtheit abzuhängen
hat. Der Umstand allein, dass jeder der Bestandteile für sich genommen nicht unterscheidungskräftig
ist, schließt nämlich nicht aus, dass deren Kombination unterscheidungskräftig sein kann (in diesem
Sinne Urteil SAT.1, Randnr. 28).
44 Die Beschwerdekammer hat aber nicht dargelegt, dass es das in Frage stehende Zeichen in seiner
Gesamtheit den angesprochenen Verkehrskreisen nicht ermöglicht, die Waren und Dienstleistungen
der Klägerin von denen mit anderer betrieblicher Herkunft zu unterscheiden.
45 Im Ergebnis hat die Beschwerdekammer somit nicht dargetan, dass der Anmeldemarke das absolute
Eintragungshindernis des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 entgegensteht.
Da die Beschwerdekammer auch keine anderen Gründe dargelegt hat, aus denen sie die Marke
gleichwohl als nicht unterscheidungskräftig im Sinne von Artikel 7 Absatz 2 Buchstabe b ansieht, hat
sie zu Unrecht angenommen, dass das Wortzeichen CELLTECH keine Unterscheidungskraft im Sinne
des Buchstaben b hat.
46 Die Klage ist daher abzuweisen.
Kosten
47 Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung ist die unterliegende Partei auf Antrag zur Tragung der
Kosten zu verurteilen. Da der Beklagte unterlegen ist, sind ihm entsprechend dem Antrag der Klägerin
die Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Dritte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Entscheidung der Zweiten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den
Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) vom 19. Mai 2003 (Sache R 659/2002‑2)
wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Jaeger
Tiili
Czúcz
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 14. April 2005.
Der Kanzler
Der Präsident
H. Jung
M. Jaeger
Verfahrenssprache: Englisch.