Urteil des EuG vom 16.03.2004

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URTEIL DES GERICHTS (Zweite erweiterte Kammer)
16. März 2004
„Staatliche Beihilfen – Öffentlicher regionaler Busverkehr“
In der Rechtssache T-157/01
Danske Busvognmæ nd
P. Dalskov und N. Symes,
Klägerin,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
Beklagte,
unterstützt durch
Königreich Dänemark,
P. Biering und K. Hansen, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung SG (2001) D/287297 der Kommission vom 28. März 2001 (Beihilfe
NN 127/2000), mit der die Beihilfen, die die dänischen Behörden der Combus A/S im Rahmen ihrer
Privatisierung als Kapitaleinlagen gewährten, für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt wurden,
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite erweiterte Kammer),
unter Mitwirkung des Präsidenten N. J. Forwood sowie der Richter J. Pirrung, P. Mengozzi, A. W. H. Meij und
M. Vilaras,
Kanzler: D. Christensen, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 2003,
folgendes
Urteil
Sachverhalt und Verfahren
1
Der dänische Markt des öffentlichen Busverkehrs ist in zwei Sektoren aufgeteilt: den Sektor der Hauptstadt
und das übrige Land.
2
Was den Busverkehr im hauptstädtischen Sektor angeht, so obliegt den Stadt‑ und Gemeinderäten von
Kopenhagen und Frederiksberg, die im Rat für die Entwicklung der Hauptstadt vertreten sind, die
Verpflichtung zur Planung und Festlegung der Buslinien, des Verkehrsvolumens, des Busnetzes, der
Fahrpläne, der Busbahnhöfe, der Fahrzeugtypen und der Fahrpreise sowie zur Durchführung von
Ausschreibungen im öffentlichen Verkehr.
3
Außerhalb des Sektors der Hauptstadt werden diese Aufgaben von den verschiedenen Stadt‑ oder
Gemeinderäten jedes Landkreises wahrgenommen. Soweit diese Gremien Beförderungsunternehmen eines
Kreises oder mehrerer Gemeinden errichtet haben, obliegt es diesen Unternehmen, den Busverkehrsbetrieb
gemäß den beschlossenen Plänen zu gewährleisten. Sie fungieren als „Verwaltungsgesellschaften“, die
nach entsprechenden Ausschreibungen private und öffentliche Unternehmen mit der Durchführung des
Busverkehrs betrauen. Diese Busunternehmen haben die Beförderung gemäß dem Streckennetz, den
Fahrplänen und den Beförderungstarifen zu erbringen, die der Landkreis festgesetzt hat.
4
Nach der Ausschreibungsregelung wird der Zuschlag dem „wirtschaftlich günstigsten Angebot“ erteilt, ohne
dass dabei die private oder öffentliche Rechtsnatur des Bieters zu berücksichtigen ist. Die Einkünfte aus den
Beförderungsleistungen fließen nicht den Busunternehmen zu, sondern den Landkreisen, die den
Busunternehmen ein Entgelt in Form eines bestimmten Bruttobetrags pro Beförderungsstunde und
eingesetztem Bus, erhöht um einen Zuschlag, zahlen. Die Entgelthöhe ist in der Ausschreibung festgelegt.
5
In der Praxis ist das von den Fahrgästen entrichtete Beförderungsentgelt nicht kostendeckend. Im Jahr 2000
betrugen die Einkünfte aus dem Fahrscheinverkauf 53 % der Gesamtkosten.
6
Der öffentliche Busverkehr wurde in Dänemark ursprünglich vor allem von De Danske Statsbaner (dänische
Eisenbahn, im Folgenden: DSB) betrieben. Mit einem Gesetz von 1995 wurde diese Tätigkeit auf die DSB
Busser A/S übertragen, die als unabhängiges Unternehmen errichtet wurde, aber weiterhin vollständig dem
Staat gehörte. Durch ein Gesetz von 1996 wurde dieses Unternehmen in Combus A/S (im Folgenden:
Combus) umbenannt. Mit der Gründung dieser Aktiengesellschaft wurde das Ziel verfolgt, die
Beförderungsleistungen auf gewerblicher Basis zu erbringen und auf dem Markt unter
Wettbewerbsbedingungen zu operieren, die denen privater Busunternehmen vergleichbar sind.
7
Bei der Gründung von Combus waren rund 1 600 Personen im Busverkehr beschäftigt, davon 750 vertraglich
angestellte Mitarbeiter und 845 Beamte. Diese Beamten behielten ihr Dienstverhältnis beim Staat, wurden
Combus aber im Rahmen einer neu geschaffenen Abordnungsregelung zur Verfügung gestellt. Da diese
Beamten für Combus arbeiteten, musste das Unternehmen den Staat für die Bezüge und Pensionen, die er
ihnen zahlte, entschädigen. Diese Beamten genossen außerdem besonderen Schutz bei Verlust ihres
Arbeitsplatzes, und zwar, soweit ihre Behörde für sie keine andere angemessene Beamtenstelle finden
konnte, einen Anspruch auf Zahlung eines Freistellungsgehaltes für drei Jahre.
8
Die Eröffnungsbilanz der neuen Aktiengesellschaft wies im Jahr 1995 einen Betrag von 140 Millionen
dänischen Kronen (DKK) als Rückstellung aus, den der dänische Staat zur Deckung der zusätzlichen
Aufwendungen für die Pensionen und die Freistellungsgehälter der abgeordneten Beamten zur Verfügung
stellte.
9
Ein Gesetz von 1998 ermächtigte den Staat zur Veräußerung sämtlicher Aktien von Combus im Zuge ihrer
Privatisierung. Der Staat wurde außerdem ermächtigt, aus seinem Haushalt eine einmalige Zahlung an die
rund 550 Beamten zu leisten, die am 1. Oktober 1998 bei Combus beschäftigt waren und sich bereit erklärt
hatten, auf ihren Beamtenstatus zu verzichten und vertraglich angestellte Mitarbeiter von Combus zu
werden. Tatsächlich war der Einsatz von Beamten teurer als der von Angestellten.
10
Aus diesem Grund schloss der Staat im September 1998 mit dem Eisenbahnerverband der DSB ein
Übereinkommen über die Bedingungen der Umwandlung des Beamtenverhältnisses der bei Combus
beschäftigten Beamten in ein vertragliches Angestelltenverhältnis. Im Wesentlichen wurde den Beamten mit
dem Übereinkommen die Option eingeräumt, zum 1. April 1999 zwischen einem vertraglichen
Angestelltenverhältnis bei Combus oder der Einweisung in eine andere angemessene Stelle bei der
dänischen Eisenbahn zu wählen. Für den Verzicht auf ihre Rechte aus dem Beamtenverhältnis im Zuge des
Wechsels zu einem Angestelltenverhältnis bei Combus hatten die betroffenen Beamten eine einmalige
Vergütung verlangt. Die Gesamtausgaben dafür wurden auf 100 Millionen DKK geschätzt. Dieser Betrag
wurde den betroffenen Beamten 1998 ausgezahlt.
11
Wegen der kritischen wirtschaftlichen Lage von Combus beschloss der Staat am 21. Mai 1999, ihr Kapital um
300 Millionen DKK zu erhöhen.
12
Vor diesem Hintergrund wandte sich die Klägerin, eine Unternehmensvereinigung, der mehr als 90 % der
Unternehmen des regionalen öffentlichen Busverkehrs in Dänemark angehören, mit Schreiben vom 25. Juni
1999 und mit einer Beschwerde vom 11. November 1999 an die Kommission, um zwei Combus gewährte
staatliche Beihilfen und eine möglicherweise unmittelbar bevorstehende dritte Beihilfe zu rügen. Dabei bezog
sich die Klägerin u. a. auf die Rückstellung von 140 Millionen DKK bei der Gründung von Combus und auf den
1998 ausgezahlten Betrag von 100 Millionen DKK, mit dem, wie die Klägerin ausführte, angeblich der Wechsel
von Mitarbeitern des Unternehmens aus dem Beamtenverhältnis zu einem vertraglichen Arbeitsverhältnis
habe erleichtert werden sollen, während es aber in Wirklichkeit keinerlei Gewähr gegeben habe, dass diese
Beträge nicht einfach für den laufenden Betrieb von Combus verwendet worden seien. Die Klägerin rügte
ferner die Zahlung von 300 Millionen DKK am 31. Mai 1999.
13
Im November 2000 wurde Combus privatisiert, und zwar durch Veräußerung ihrer Aktien an die Arriva
Danmark A/S (im Folgenden: Arriva), ein Unternehmen eines an der Londoner Börse notierten britischen
Konzerns. Mit Schreiben vom 30. November 2000 unterrichteten die dänischen Behörden die Kommission
über ihre Absicht, Combus im Rahmen ihrer Veräußerung an Arriva eine weitere Beihilfe in Höhe von 171,8
Millionen DKK zu gewähren.
14
Der dänische Staat hatte Arriva in einer Ausschreibung unter mehreren interessierten Unternehmen
ausgewählt, weil er ihr Angebot als das wirtschaftlich günstigste betrachtete.
15
Mit Entscheidung vom 28. März 2001 beschloss die Kommission nach einer ersten Prüfung, gegen die
Beihilfe, die als Ausgleich für künftige Verluste von Combus im Zeitraum 2001–2006 gewährt wurde, und eine
weitere Beihilfe, die zum Ausgleich ihrer vorherigen Verluste gewährt wurde, keine Einwendungen zu erheben
(im Folgenden: angefochtene Entscheidung).
16
In der angefochtenen Entscheidung beschreibt die Kommission zunächst den Markt des öffentlichen
Busverkehrs in Dänemark, dessen Liberalisierung Anfang der 90er Jahre eingeleitet wurde und auf dem
einige wenige große sowie sehr viele kleine, örtliche Unternehmen tätig sind, wobei allein Combus im
gesamten dänischen Staatsgebiet mit einem Marktanteil von 33 % im Jahr 2000 präsent war.
17
Zur Lage von Combus führte die Kommission aus, dass ihre Fahrer ursprünglich im Beamtenverhältnis
standen, woraus Combus eine höhere finanzielle Belastung erwachsen sei als für Fahrer im
Angestelltenverhältnis. Daher habe man die Fahrer von Combus ersucht, ein vertragliches
Beschäftigungsverhältnis zu akzeptieren. Fahrer, die darauf eingegangen seien, hätten dafür von der DSB
eine Gratifikation erhalten.
18
Ab 1995 habe sich die Finanzlage von Combus erheblich verschlechtert; die von ihr 1997 angenommenen
Aufträge seien stark defizitär gewesen. Der Staat habe daher Kapitaleinlagen in Höhe von 300 Millionen DKK
erbracht, um Combus die Fortführung des Geschäftsbetriebs zu ermöglichen, und gleichzeitig ihre
Veräußerung verstärkt vorangetrieben. Hierfür sei eine Marktstudie erstellt worden, mit der mehrere
potenzielle Erwerber ermittelt worden seien. Im November 2000 habe der dänische Verkehrsminister einen
Vertrag über den Verkauf von Combus an Arriva unterzeichnet, da Arrivas Angebot als das wirtschaftlich
günstigste bewertet worden sei.
19
Im Rahmen ihrer rechtlichen Würdigung stellte die Kommission fest, dass die an Combus im Jahr 1999
gezahlten 300 Millionen DKK vollständig als staatliche Beihilfe einzustufen seien, da sie dem Kriterium eines
unter normalen marktwirtschaftlichen Bedingungen agierenden Privatinvestors nicht genügten. Gleiches
gelte für die zusätzliche Zahlung von 171,8 Millionen DKK an Combus im Rahmen ihrer Veräußerung an Arriva.
20
Der aktuelle Nettowert der Beihilfe belaufe sich bei Anwendung eines Aktualisierungszinses von 6 % auf [Z]
DKK: [X] DKK könnten als Beihilfe nach Artikel 73 EG angesehen werden und [Y] DKK als eine staatliche
Beihilfe, die nach der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 des Rates vom 26. Juni 1969 über das Vorgehen der
Mitgliedstaaten bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet
des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs (ABl. L 156, S. 1) in der durch die Verordnung (EWG) Nr.
1893/91 des Rates vom 20. Juni 1991 (ABl. L 169, S. 1) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr.
1191/69) zu beurteilen sei.
21
Hinsichtlich des Betrages von [Y] DKK zur Deckung künftiger Verluste aus Beförderungsverträgen von
Combus erinnerte die Kommission daran, dass im Rahmen der normalen dänischen Ausgleichsregelung die
Gebietskörperschaften nach entsprechenden Ausschreibungen Verträge mit Busbeförderungsunternehmen
über den Betrieb bestimmter Linien schlössen. Die Gebietskörperschaften zahlten dem
Beförderungsunternehmen den vereinbarten Betrag, legten die Fahrpreise fest und vereinnahmten die
Erlöse aus dem Fahrscheinverkauf.
22
Diese Verfahrensweise stehe mit der Verordnung Nr. 1191/69 im Einklang, soweit in der Ausschreibung die
Tarifpflicht, die Betriebspflicht und die Beförderungspflicht berücksichtigt würden. Der Betrag von [Y] DKK
solle im Zeitraum 2001-2006 voraussichtliche Verluste aus Verträgen decken, in die Arriva für Combus
eingetreten sei. Dieser Betrag sei faktisch eine Anpassung der normalen Ausgleichszahlung, die die
dänischen Behörden zu erbringen hätten. Dieser Teil der Beihilfe sei daher mit dem EG-Vertrag vereinbar.
23
Hinsichtlich des Betrages von [X] DKK prüfte die Kommission, ob Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG und die
Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur Rettung und Umstrukturierung von Unternehmen in
Schwierigkeiten (ABl. 1999, C 288, S. 2 im Folgenden: Leitlinien) anwendbar seien, da die in Frage stehende
Tätigkeit in der Fortführung des von Combus betriebenen Linienverkehrs bis zum Ende der
Beförderungsverträge bestehe, um Störungen im öffentlichen Nahverkehr zu vermeiden. Nach Meinung der
Kommission waren alle Voraussetzungen für eine Umstrukturierungsbeihilfe erfüllt, außer einer: Die
Lebensfähigkeit von Combus entspreche nicht völlig den Anforderungen der Leitlinien, weil das Unternehmen
partiell von weiteren staatlichen Beihilfen abhängig sei. Damit könne die Prüfung einer
Umstrukturierungsbeihilfe zur bloßen Theorie werden.
24
Da insoweit Zweifel bestünden, sei dieser Teil der Beihilfe angesichts der außergewöhnlichen Umstände des
Falles unmittelbar an Artikel 73 EG zu messen. Insoweit diene die fragliche Beihilfe der Erfüllung der
vertraglichen Verpflichtungen von Combus gegenüber den zuständigen Behörden und entspreche damit der
Abgeltung von mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes zusammenhängenden Leistungen im Sinne von
Artikel 73 EG.
25
Unter analoger Anwendung von Artikel 86 Absatz 2 EG prüfte die Kommission weiter, ob dieser Beihilfeteil
nicht die Entwicklung des Handelsverkehrs in einem Ausmaß beeinträchtige, das dem Interesse der
Gemeinschaft zuwiderlaufe. Sie kam zu dem Ergebnis, dass die Entwicklung des Handelsverkehrs
voraussichtlich nicht wesentlich beeinträchtigt werde, weil die Verträge von Arriva nur eine begrenzte
Laufzeit hätten und die zuständigen Behörden danach neue Ausschreibungen vornähmen.
26
Zusammenfassend stellte die Kommission fest, dass die Zahlung des Betrages von [Y] DKK mit der
Verordnung Nr. 1191/69 im Einklang stehe und die des Betrages von [X] DKK als eine
Umstrukturierungsbeihilfe gewertet werden könne, die mit Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG oder
zumindest mit Artikel 73 EG, der unmittelbare Anwendung finde, vereinbar sei. Die Kommission erklärte daher
die Beihilfe in Höhe von [Z] DKK für mit dem EG-Vertrag vereinbar.
27
Die angefochtene Entscheidung wurde mittels eines Verweises auf die Internet-Seite der Kommission im
vom 5. Mai 2001 (ABl. C 133, S. 21) veröffentlicht.
28
Mit Schreiben vom 8. Mai 2001 teilte die Kommission der Klägerin mit, dass die dänischen Behörden die in
der angefochtenen Entscheidung genannten Kapitaleinlagen auf die Beschwerde der Klägerin bei der
Kommission angemeldet hätten. Die angefochtene Entscheidung war diesem Schreiben in Kopie beigefügt.
Das Schreiben ging der Klägerin am 15. Mai 2001 zu.
29
Mit Klageschrift, die am 11. Juli 2001 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen ist, hat die Klägerin die
vorliegende Klage erhoben.
30
Der Präsident der Zweiten erweiterten Kammer des Gerichts hat das Königreich Dänemark mit Beschluss
vom 9. Januar 2002 als Streithelfer zur Unterstützung der Anträge der Kommission zugelassen.
31
Das Königreich Dänemark hat am 27. März 2002 seinen Streithilfeschriftsatz eingereicht.
32
Das Gericht (Zweite erweiterte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters die Kommission und das
Königreich Dänemark um Einreichung bestimmter Schriftstücke ersucht. Diese wurden fristgemäß vorgelegt.
33
Mit Schriftsatz vom 24. Februar 2003 hat die Klägerin zum Streithilfeschriftsatz des Königreichs Dänemark
und zu den eingereichten Schriftstücken Stellung genommen.
34
Das Gericht (Zweite erweiterte Kammer) hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche
Verhandlung zu eröffnen und verschiedene Fragen an die Verfahrensbeteiligten zu richten; diese Fragen
sind fristgerecht beantwortet worden. Bei dieser Gelegenheit haben die Kommission und das Königreich
Dänemark zum Schriftsatz der Klägerin vom 24. Februar 2003 Stellung genommen.
35
Die Verfahrensbeteiligten haben in der öffentlichen Sitzung vom 21. Oktober 2003 mündlich verhandelt und
mündliche Fragen des Gerichts beantwortet.
Anträge der Verfahrensbeteiligten
36
Die Klägerin beantragt,
die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;
hilfsweise, die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin der Teil der Beihilfe
genehmigt wird, der Combus am 31. Mai 1999 ausgezahlt wurde;
der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
37
Die Kommission beantragt,
die Klage als unbegründet abzuweisen;
der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
38
Das Königreich Dänemark schließt sich den Anträgen der Kommission an.
Zur Zulässigkeit der Klage und zur Abgrenzung des Klagegegenstands
39
Die Kommission bestreitet die Klagebefugnis der Klägerin. Insoweit genügt der Hinweis, dass sich die
Klägerin als Unternehmensverband, der die Interessen der meisten dänischen Busunternehmen vertritt, mit
Schreiben vom 25. Juni und 11. November 1999 an die Kommission wandte, um das Bestehen von
staatlichen Beihilfen im vorliegenden Fall zu rügen, und dabei gemäß Artikel 2 Absatz 1 ihrer Satzung tätig
wurde, wonach ihr die Verteidigung der inländischen und internationalen Interessen ihrer Mitglieder obliegt.
Mit Schreiben vom 8. Mai 2001 antwortete ihr die Kommission, dass „[i]nfolge Ihrer Beschwerde … die im Jahr
1999 erbrachten Kapitaleinlagen als staatliche Beihilfe angemeldet worden“ seien („As a result of your
complaint … the capital injections made in 1999 were notified as a State aid“). Diesem Schreiben war die
angefochtene Entscheidung in Kopie beigefügt. Ferner wurde die angefochtene Entscheidung von der
Kommission nach einer ersten Prüfung der Angelegenheit erlassen, also ohne Eröffnung des förmlichen
Prüfverfahrens nach Artikel 88 Absatz 2 EG.
40
Demnach kommen der Klägerin – in ihrer Eigenschaft als Beschwerdeführerin, die überdies den Verlauf des
Verwaltungsverfahrens der Kommission beeinflusst hat und unter deren Mitgliedern zumindest einige
Unternehmen in Konkurrenz zur Empfängerin der gerügten Beihilfen stehen – die Verfahrensgarantien nach
Artikel 88 Absatz 2 EG zugute. Die Einhaltung dieser Garantien kann aber nur sichergestellt werden, wenn
die Klägerin die angefochtene Entscheidung beim Gemeinschaftsrichter nach Artikel 230 Absatz 4 EG
anfechten kann (Urteil des Gerichtshofes vom 2. April 1998 in der Rechtssache C-367/95 P,
Kommission/Sytraval und Brink’s France, Slg. 1998, I-1719, Randnrn. 40, 41 und 47, und die dort zitierte
Rechtsprechung). Die vorliegende Klage ist deshalb für zulässig zu erklären.
41
Was den Klagegegenstand angeht, so ist die von der dänischen Regierung in der mündlichen Verhandlung
vertretene Auffassung zurückzuweisen, wonach die Kontrolle des Gerichts auf die Frage zu beschränken ist,
ob die Kommission das förmliche Prüfverfahren nach Artikel 88 Absatz 2 EG hätte einleiten müssen. Auch
wenn die Klägerin der Kommission vorwirft, die Eröffnung dieses Verfahrens versäumt zu haben, macht sie
doch zusätzliche Klagegründe geltend, so insbesondere die Verletzung weiterer Grundsätze und
Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts. Da die vorliegende Klage den Interessen der Klägerin und ihrer in
einem Wettbewerbsverhältnis zu Combus stehenden Mitglieder dient, kann sich die Klägerin auf jeden der in
Artikel 230 Absatz 2 EG aufgezählten Rechtswidrigkeitsgründe berufen, soweit diese auf die vollständige
oder partielle Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung bezogen sind (in diesem Sinne, auch wenn
mit noch anhängigem Rechtsmittel angefochten, Urteil des Gerichts vom 5. Dezember 2002 in der
Rechtssache T-114/00, Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum/Kommission, Slg. 2002, II-5121, Randnr.
78), ohne dass die Klägerin hierbei auf eine Rüge der Verletzung von Verfahrensrechten des Artikels 88
Absatz 2 EG beschränkt wäre.
42
Grundsätzlich ist das Gericht daher in seiner Prüfung der Klagegründe, die die Klägerin für ihre Klage geltend
macht, nicht beschränkt.
Zur Begründetheit
43
Die Klägerin stützt ihre Nichtigkeitsanträge auf zehn Klagegründe, die teils gegen die Genehmigung einer
bestimmten der gerügten finanziellen Maßnahmen, teils gegen die angefochtene Entscheidung insgesamt
gerichtet sind. Nach den Umständen des vorliegenden Falles sind die verschiedenen Finanzmaßnahmen der
dänischen Behörden, die mit der angefochtenen Entscheidung genehmigt wurden, in chronologischer
Reihenfolge zu prüfen.
44
Mit ihrem Schreiben vom 25. Juni 1999 und ihrer Beschwerde vom 11. November 1999 rügte die Klägerin die
Rückstellung in Höhe von 140 Millionen DKK in der Eröffnungsbilanz von Combus als rechtswidrige staatliche
Beihilfe. Damit wäre es grundsätzlich Sache der Kommission gewesen, die von der Klägerin erhobenen Rügen
sorgfältig und unparteiisch zu prüfen und, wenn sie das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe verneint hätte,
der Klägerin die Gründe darzulegen, aus denen die in ihrer Beschwerde angeführten rechtlichen und
tatsächlichen Gesichtspunkte nicht zum Nachweis des Vorliegens einer staatlichen Beihilfe genügten. Dabei
hätte die Kommission jedoch nicht zu Gesichtspunkten Stellung zu nehmen brauchen, die offensichtlich
neben der Sache liegen oder keine oder eindeutig untergeordnete Bedeutung haben (Urteil
Kommission/Sytraval und Brink’s France, Randnrn. 62 und 64). Es ist festzustellen, dass weder die
angefochtene Entscheidung noch das Anschreiben vom 8. Mai 2001 eine Stellungnahme zur rechtlichen
Einordnung der Rückstellung von 140 Millionen DKK enthalten.
45
Zu prüfen ist allerdings, ob die die Rückstellung in Höhe von 140 Millionen DKK betreffende Rüge in der
Klageschrift selbst wirksam erhoben worden ist. Denn die Klageschrift muss – nach Artikel 21 Absatz 1 der
Satzung des Gerichtshofes, der nach Artikel 53 Absatz 1 auch auf das Gericht Anwendung findet, in
Verbindung mit Artikel 44 § 1 Buchstabe c der Verfahrensordnung – den Streitgegenstand und eine kurze
Darstellung der Klagegründe enthalten. Diese Darstellung muss aus sich selbst heraus hinreichend klar und
deutlich sein, damit der Beklagte seine Verteidigung vorbereiten und das Gericht, gegebenenfalls auch
ohne weitere Informationen, über die Klage entscheiden kann. Um die Rechtssicherheit und eine geordnete
Rechtspflege zu gewährleisten, ist es für die Zulässigkeit eines Klagegrunds daher erforderlich, dass sich die
tatsächlichen und rechtlichen Umstände, auf die er gestützt ist, zumindest in gedrängter Form, aber
zusammenhängend und verständlich unmittelbar aus dem Text der Klageschrift ergeben (Beschluss des
Gerichts vom 25. Juli 2000 in der Rechtssache T-110/98, RJB Mining/Kommission, Slg. 2000, II-2971, Randnr.
23, und die dort zitierte Rechtsprechung; Urteil des Gerichts vom 10. April 2003 in der Rechtssache T-
195/00, Travelex Global and Financial Services und Interpayment Services/Kommission, Slg. 2003, II-0000,
Randnr. 26).
46
Wie eine Prüfung der Klageschrift zeigt, wird die Rückstellung des Betrages von 140 Millionen DKK darin nur
ein einziges Mal erwähnt, und zwar nicht als Rüge, sondern als reiner Sachvortrag. Denn es heißt dort nur,
dass bei der Gründung von Combus in deren Eröffnungsbilanz ein Rückstellungsbetrag eingestellt wurde, um
die besondere Belastung des Unternehmens aus der Fortbeschäftigung von Beamten zumindest teilweise zu
decken. Die Problematik der früheren Beamten bei Combus wird nur unter dem Aspekt der Entschädigung in
Höhe von 100 Millionen DKK angesprochen, wobei die Klägerin der Kommission lediglich vorwirft, diese
Beihilfe nicht geprüft, sondern ihre Prüfung auf die Beihilfen von 300 Millionen und 171,8 Millionen DKK
beschränkt zu haben.
47
In der Klageschrift wird somit keine Rüge speziell gegen die Rückstellung in Höhe von 140 Millionen DKK
erhoben. Um einen Klagegrund für zulässig zu erklären, genügt es aber nicht, dass er sich aus den Anlagen
der Klageschrift ergibt. Nach der vorstehend zitierten Rechtsprechung muss er sich vielmehr aus dem
Wortlaut der Klageschrift selbst ergeben.
48
Das eingehende Vorbringen, das die Klägerin erstmals in ihrer Erwiderung zu verschiedenen Teilsummen des
Rückstellungsbetrags von 140 Millionen DKK entwickelt hat, könnte dennoch zulässig sein, wenn es einen
zuvor in der Klageschrift unmittelbar oder implizit vorgetragenen Klagegrund verstärkte und in engem
Zusammenhang mit diesem stünde (Beschluss RJB Mining/Kommission, Randnr. 24, und die zitierte
Rechtsprechung), nämlich hier mit dem Klagegrund betreffend die Entschädigung von 100 Millionen DKK für
die Aufgabe des Beamtenverhältnisses durch Mitarbeiter von Combus. Indessen steht die Entschädigung
von 100 Millionen DKK, wie sie in der Klageschrift gerügt wird, nicht in engem Zusammenhang mit der
Rückstellung des Betrages von 140 Millionen DKK. Diese beiden Finanzmaßnahmen des dänischen Staates
sind vielmehr grundverschieden.
49
So wurde die Rückstellung von 140 Millionen DKK in der Eröffnungsbilanz von Combus vom 1. Januar 1995
bereitgestellt und sollte die Finanzaufwendungen für die Abordnung von 845 Beamten an Combus decken,
die ihr Dienstverhältnis beim Staat behielten, aber Combus zur Verfügung gestellt wurden. Da diese
Beamten für Combus arbeiteten, hatte Combus den Staat für die ihnen gezahlten Bezüge und Pensionen zu
entschädigen. Die Entschädigung von 100 Millionen DKK wurde dagegen zum einen im Jahr 1998 gewährt,
und zwar unmittelbar den betreffenden Beamten und nicht Combus, und sollte zum anderen den finanziellen
Nachteil ausgleichen, den die Mitarbeiter erlitten, die ihren Beamtenstatus zugunsten eines
arbeitsvertraglichen Verhältnisses aufgeben wollten.
50
Folglich ist der in der Erwiderung geltend gemachte Klagegrund, der gegen die Rückstellung des Betrages
von 140 Millionen DKK gerichtet ist, als neues Angriffmittel im Sinne von Artikel 48 § 2 Absatz 1 der
Verfahrensordnung einzustufen. Da er nicht auf Umstände gestützt ist, die infolge prozessleitender
Maßnahmen des Gerichts erst während des Verfahrens zu Tage getreten sind, ist er für unzulässig zu
erklären.
51
Daher kann die angefochtene Entscheidung im vorliegenden Verfahren nicht mit der Begründung für nichtig
erklärt werden, dass die Kommission eine Prüfung der Rückstellung in Höhe von 140 Millionen DKK zugunsten
von Combus versäumt habe. Hinsichtlich dieser Rückstellung ist der Antrag auf Nichtigerklärung der
angefochtenen Entscheidung daher zurückzuweisen.
52
In der Klageschrift wirft die Klägerin der Kommission vor, in der angefochtenen Entscheidung zu Unrecht den
Combus gezahlten Betrag von 100 Millionen DKK nicht geprüft zu haben, mit dem der Wechsel von Combus-
Mitarbeitern aus dem Beamtenverhältnis in ein vertragliches Arbeitsverhältnis habe finanziert werden sollen,
und nicht festgestellt zu haben, dass in dieser Änderung des Beschäftigungsverhältnisses ein Element
staatlicher Beihilfen liege. Nach Auffassung der Klägerin ist der Combus zugewandte Vorteil auf jährlich 10
bis 15 Millionen DKK zu beziffern.
53
In ihrer Erwiderung hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, dass Combus für die besonderen
Verpflichtungen, die sie bei ihrer Gründung hinsichtlich der ihr vom Staat zur Verfügung gestellten Beamten
eingegangen sei, einen Ausgleich durch die erwähnte Rückstellung von 140 Millionen DKK erhalten habe.
Durch die Zahlung des Betrages von 100 Millionen DKK sei Combus somit von Verpflichtungen entbunden
worden, für die sie eine Gegenleistung erlangt habe. Combus habe so 21,3 Millionen DKK der insgesamt 140
Millionen DKK rechtswidrig für andere als die vorgesehenen Zwecke verwendet. Durch die Zuwendung von
100 Millionen DKK seitens des dänischen Staates habe Combus eine mittelbare Beihilfe in Höhe von
mindestens 12,7 Millionen DKK erlangt.
54
Insoweit ist daran zu erinnern, dass die Klägerin die Kommission mit Schreiben vom 25. Juni 1999 und mit
ihrer Beschwerde vom 11. November 1999 aufgefordert hatte, die Vereinbarkeit der Zahlung des Betrages
von 100 Millionen DKK mit Artikel 87 EG zu prüfen. Demnach wäre es grundsätzlich Sache der Kommission
gewesen, dieser Aufforderung gemäß eine sorgfältige und unparteiische Prüfung vorzunehmen und, wenn
sie den Beihilfecharakter dieser Zahlung verneint hätte, der Klägerin die Gründe darzulegen, aus denen die
geltend gemachten rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte nicht zum Nachweis des Vorliegens einer
staatlichen Beihilfe genügten; dabei hätte die Kommission nicht zu Gesichtspunkten Stellung zu nehmen
brauchen, die offensichtlich neben der Sache liegen oder keine oder eindeutig untergeordnete Bedeutung
haben (vgl. oben, Randnr. 44).
55
Zur Frage, ob die Kommission auf den von der Klägerin angesprochenen Vorgang in der angefochtenen
Entscheidung hinreichend einging, ist hervorzuheben, dass sich ihre rechtliche Würdigung (vgl. Abschnitt 3
der angefochtenen Entscheidung) nur auf die beiden Beihilfen in Höhe von 300 Millionen und 171,8 Millionen
DKK bezog, ohne den Betrag von 100 Millionen DKK zu erwähnen. Die Problematik der Umwandlung des
arbeitsrechtlichen Status von Mitarbeitern der Combus wird in der angefochtenen Entscheidung nur in
Abschnitt 2.2 (unter den Überschriften „Darstellung des Falles“ und „Combus A/S“) erörtert, in dem die
Kommission nur darauf hinweist, dass Mitarbeiter von Combus, die die neuen Bedingungen akzeptierten,
eine Gratifikation erhielten.
56
Nach Auffassung des Gerichts ist dieser Hinweis im Kontext der angefochtenen Entscheidung dahin
auszulegen, dass die Kommission als Begünstigte der fraglichen Zahlung nur die für ein vertragliches
Arbeitsverhältnis optierenden Combus-Mitarbeiter betrachtete und in der Zahlung keine staatliche Beihilfe
im Sinne von Artikel 87 Absatz 1 EG zugunsten von Combus sah.
57
Diese Feststellung war offenkundig zutreffend, da mit dieser Maßnahme der privilegierte und
kostenaufwendige Status der bei Combus eingesetzten Beamten durch ein vertragliches Arbeitsverhältnis
abgelöst werden sollte, wie es auch Mitarbeiter von anderen, mit Combus konkurrierenden Busunternehmen
haben. Foglich handelte es sich darum, Combus von einem strukturellen Nachteil im Vergleich zu ihren
privaten Konkurrenten zu befreien. Die Bestimmung des Artikels 87 Absatz 1 EG hat aber nur zum Zweck,
Vorteile zu untersagen, durch die bestimmte Unternehmen begünstigt werden, da der Begriff der Beihilfe nur
Interventionen erfasst, die die normalen Belastungen eines Unternehmens mindern und die als ein
wirtschaftlicher Vorteil anzusehen sind, den das begünstigte Unternehmen unter normalen
Marktbedingungen nicht erlangt hätte (Urteile des Gerichtshofes vom 2. Juli 1974 in der Rechtssache
173/73, Italien/Kommission, Slg. 1974, 709, Randnr. 26, vom 15. März 1994 in der Rechtssache C‑387/92,
Banco Exterior de España, Slg. 1994, I-877, Randnrn. 12 und 13, und vom 24. Juli 2003 in der Rechtssache
C‑280/00, Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg, Slg. 2003, I-0000, Randnr. 84, und die dort
zitierte Rechtsprechung). Im Übrigen hätte der dänische Staat, anstatt den Betrag von 100 Millionen DKK
unmittelbar an die bei Combus beschäftigten Beamten auszuzahlen, das gleiche Ergebnis durch eine
Wiedereingliederung dieser Beamten in die öffentliche Verwaltung ohne besondere Gratifikationszahlung
erzielen können, was es Combus erlaubt hätte, unmittelbar Mitarbeiter in einem privatrechtlichen
Vertragsverhältnis anzustellen.
58
Da diese rechtliche Bewertung offenkundig war, brauchte die Kommission in der angefochtenen
Entscheidung die fragliche Zahlung von 100 Millionen DKK nicht eigens zu begründen. Jedenfalls hat die
Klägerin in ihrer Klageschrift nicht schlüssig dargelegt, dass diese Zahlung als eine rechtswidrige staatliche
Beihilfe zugunsten von Combus zu qualifizieren gewesen wäre.
59
Was die Rüge anbelangt, Combus habe einen Betrag von 21,3 Millionen DKK rechtswidrig verwendet und sich
hierdurch eine Beihilfe in Höhe von mindestens 12,7 Millionen DKK verschafft, so genügt der Hinweis, dass
sie erstmals in der Erwiderung erhoben wurde und darauf abzielt, eine Verbindung zwischen der Verwendung
des Betrages von 100 Millionen DKK und der Rückstellung in Höhe von 140 Millionen DKK herzustellen. Die
Rüge ist daher nach Artikel 48 § 2 Absatz 1 der Verfahrensordnung verspätet erhoben worden und
demgemäß für unzulässig zu erklären (vgl. oben, Randnr. 50).
60
Die angefochtene Entscheidung kann daher im vorliegenden Verfahren nicht mit der Begründung für nichtig
erklärt werden, die Kommission habe die Feststellung versäumt, dass in der Zahlung der Entschädigung von
100 Millionen DKK ein Element staatlicher Beihilfen zugunsten von Combus liege. Hinsichtlich dieser
Entschädigungszahlung ist der Antrag auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung daher
zurückzuweisen.
61
Die Klägerin führt gegen die Beihilfe in Höhe von [Y] DKK zur Deckung künftiger Verluste von Combus mehrere
Klagegründe an, darunter die Rüge einer fehlerhaften Anwendung der Verordnung Nr. 1191/69.
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
62
Die Klägerin macht geltend, Combus erbringe keine Leistungen des öffentlichen Dienstes, sondern
Beförderungsleistungen auf der Grundlage von zivilrechtlichen Verträgen. Ihr obliege keinerlei Verpflichtung
des öffentlichen Dienstes im Sinne der Verordnung Nr. 1191/69. Die entsprechenden Verpflichtungen des
öffentlichen Dienstes oblägen vielmehr den für den öffentlichen Verkehr zuständigen Behörden, die mit ihrer
Erfüllung ein beliebiges Unternehmen beauftragen könnten. Der Preis, den diese Behörden Combus für
deren Leistungen zahle, beruhe auf den geschlossenen Verträgen und gewährleiste dem Unternehmen
normalerweise genügende Einkünfte.
63
Insoweit sei zu bedenken, dass die von den Busunternehmen erbrachten Beförderungsleistungen nicht
durch das von den Fahrgästen entrichtete Beförderungsentgelt finanziert würden. Die Einnahmen aus dem
Fahrscheinverkauf flössen nicht den Busunternehmen, sondern den für den öffentlichen Verkehr
zuständigen Behörden zu. Das Busunternehmen habe nur einen einzigen Vertragspartner, nämlich diese
Behörden. Es unterliege daher keiner Tarifpflicht im Sinne der Verordnung Nr. 1191/69, denn es beschränke
sich darauf, die Beförderungsentgelte zu kassieren und an die zuständigen Verkehrsbehörden
weiterzuleiten. Im Übrigen werde der Beförderungsvertrag nicht zwischen dem Fahrgast und dem
Busunternehmen geschlossen, sondern zwischen dem Fahrgast und der zuständigen Behörde. Der dänische
Staat unterstütze damit finanziell nicht die Busunternehmen, sondern die zuständigen Verkehrsbehörden
und letztlich die Fahrgäste.
64
Da der dänische Staat beschlossen habe, dass der von den Fahrgästen im öffentlichen Verkehr zu
entrichtende Fahrpreis nicht den tatsächlichen Kosten der Beförderungsleistung entsprechen solle, werde
somit ein Teil der Ausgaben der Busunternehmen von den dänischen Steuerzahlern finanziert. Insoweit
bestehe kein Unterschied gegenüber Fällen, in denen eine Behörde ein Wirtschaftsgut oder eine
Dienstleistung zu Marktbedingungen erwerbe.
65
Es sei der dänischen Regierung außerdem keineswegs darum gegangen, Combus für den Zeitraum 2001–
2006 wirtschaftlich tragbare Bedingungen zu gewährleisten und zu diesem Zweck Ausgaben auszugleichen,
die mit einer Verpflichtung des öffentlichen Dienstes verbunden seien. Vielmehr habe die Regierung eine
Beihilfe in Höhe von 300 Millionen DKK gewährt, um eine Lähmung des öffentlichen Busverkehrs zum Nachteil
der Fahrgäste, der zuständigen Verkehrsbehörden und der Mitarbeiter von Combus zu vermeiden und um die
defizitären Verträge des Unternehmens auszugleichen. Insoweit sei darauf hinzuweisen, dass Combus eine
verfehlte Expansionspolitik verfolgt habe, indem sie in etlichen Ausschreibungen zu niedrige Preis angeboten
und Unternehmenskäufe betrieben habe.
66
Ebenso habe auch die im April 2001 gewährte staatliche Beihilfe in Höhe von 171,8 Millionen DKK nicht
künftige Verluste aus Verträgen von Combus im Zeitraum 2001–2006 decken sollen. Vielmehr hätten die
Jahresabschlüsse von Combus für die defizitären Verträge ab 1999 bis zu ihrem Auslaufen genügende
Rückstellungen enthalten. Bei der Festsetzung des Jahresabschlusses 2000 habe der neue, von Arriva nach
dem Erwerb von Combus ernannte Vorstand weitere Rückstellungen für unnötig gehalten.
67
Die Kommission hält dem entgegen, dass die öffentliche Finanzierung von Combus in Höhe von [Y] DKK durch
die Verordnung Nr. 1191/69 gedeckt sei. Denn Combus erbringe Verkehrsdienste, die mit Verpflichtungen
des öffentlichen Dienstes verbunden seien, deren Finanzierung die vereinbaren Ausgleichszahlungen
dienten. Das bedeute nicht, dass Combus der einzige Betreiber sei, auf den die Verordnung Anwendung
finde. Das Vorbringen der Klägerin, wonach die Verordnung nur für die staatlichen Einrichtungen gelte, die
für den öffentlichen Verkehr zuständig seien, nicht aber für die Busunternehmen selbst, beruhe auf einer
verfehlten Auslegung der Verordnung. Diese solle die Finanzierung von Busunternehmen durch Gewährung
von Ausgleichszahlungen für ihnen obliegende Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes erleichtern. Dass
zwischen dem Staat und Combus vermittelnde Organismen bestünden, nehme Combus nicht ihre
Eigenschaft als Konzessionärin des öffentlichen Dienstes.
68
Eine im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse liegende Aufgabe (öffentlicher Dienst) dürfe im Wege eines
Vertrages einseitig auf ein Unternehmen übertragen werden (Urteil des Gerichtshofes vom 23. Oktober 1997
in der Rechtssache C-159/94, Kommission/Frankreich, Slg. 1997, I-5815, Randnrn. 65 ff.); dies finde eine
Bestätigung in der Verordnung Nr. 1191/69, die einen ganzen Abschnitt (Abschnitt V) über
Verkehrsdienstverträge mit Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes enthalte. Nach Artikel 1 Absatz 4 der
Verordnung könnten die Mitgliedstaaten nach Maßgabe dieses Abschnitts V, um „eine ausreichende
Verkehrsbedienung sicherzustellen“, Verträge schließen, die ausdrücklich als Verträge über Verkehrsdienste
aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes bezeichnet würden.
69
Nach Ansicht der Kommission und der dänischen Regierung stellt die angefochtene Entscheidung zutreffend
fest, dass die dänischen Behörden auf Kreis- und Gemeindeebene die Verkehrsstrecken, die Fahrpläne und
die Fahrpreise der Busunternehmen festlegten, und insbesondere auch die Buslinien, die diese
Unternehmen zu bedienen hätten, um ausreichende Beförderungsleistungen sicherzustellen. Mit den hierfür
durchgeführten Ausschreibungen sollten die nötigen Leistungen zum bestmöglichen Preis erlangt und der
Betreiber ermittelt werden, der nur die geringste Beihilfe benötige. Im vorliegenden Fall trete die
Finanzierung von Combus neben die Finanzierung, die Combus in ihren Angeboten im Rahmen verschiedener
Ausschreibungen vorgeschlagen habe.
70
Die einschlägige dänische Regelung aus dem Jahr 1995 erlege den Gebietskörperschaften die Verpflichtung
des öffentlichen Dienstes auf, unter Einschaltung von auf Kreisebene oder gemeindeübergreifend
geschaffenen Beförderungsunternehmen das Volumen und die künftige Entwicklung des Verkehrswesens zu
planen sowie die Beförderungstarife und das System des Fahrscheinverkaufs festzulegen. Die
Beförderungsunternehmen hätten somit die Wahl, die Beförderungsleistungen entweder selbst zu erbringen
– was niemals der Fall gewesen sei – oder diese Aufgaben Busunternehmen wie Combus zu übertragen. Die
Combus obliegende Verpflichtung des öffentlichen Dienstes ergebe sich somit aus ihren Verträgen mit der
öffentlichen Verwaltung und mit den Beförderungsunternehmen.
71
Zum Vorbringen der Klägerin, die zuständigen Behörden seien Verkehrsunternehmen gleichzustellen, die
ihre Verpflichtungen auf Busunternehmen „als Subunternehmer“ übertrügen, weist die Kommission darauf
hin, dass die Zuständigkeit der Behörden für die Organisation der öffentlichen Verkehrsmittel zur inneren
Organisation des jeweiligen Staates gehöre und von der tatsächlichen Erbringung der
Beförderungsleistungen durch Unternehmen mit deren Verkehrsmitteln und Personal zu trennen sei. Die
Verantwortung der Behörden für die Sicherstellung der Beförderungsleistungen sei anderer Art als die der
Unternehmen, die die Beförderungsleistungen wirklich erbrächten. Selbst wenn es für
Beförderungsleistungen „Unteraufträge“ gäbe, heiße dies jedenfalls nicht, dass den Subunternehmern
keine Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes oblägen.
72
Da die Ausgleichszahlungen, die die Behörden an Betreiber wie Combus leisteten, unstreitig höher seien als
die Einnahmen aus dem Fahrscheinverkauf, handele es sich um Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes
und damit um Verpflichtungen, die die Busunternehmen nicht in gleichem Umfang erbringen würden, wenn
sie ihr eigenes Geschäftsinteresse zugrunde legten. Darin unterschieden sich Leistungen des öffentlichen
Dienstes von Tätigkeiten rein gewerblicher Art.
Würdigung durch das Gericht
73
Es ist daran zu erinnern, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (Abschnitt 3.7) die
Zahlung des Betrages von [Y] DKK als Kompensation künftiger Verluste im Zusammenhang mit Leistungen
des öffentlichen Dienstes im Zeitraum 2001–2006 einstuft und damit als durch die Verordnung Nr. 1191/69
gedeckt betrachtet. Nach Auffassung der Kommission steht das dänische Vertragssystem besonders
deshalb mit der Verordnung in Einklang, weil die von den örtlichen Gebietskörperschaften veranstaltete
Ausschreibung „sowohl den Faktoren Kosten und Einnahmen in Bezug auf die Tarifpflicht als auch der
Betriebspflicht und der Beförderungspflicht im Sinne der Artikel 10 bis 13 der Verordnung [Rechnung trägt]“.
Die Kommission ist der Meinung, dass die Regelung „außerdem den Vorschriften des Artikels 14 der
Verordnung [Nr. 1191/69] betreffend die Verträge über Verkehrsdienste [genügt]“. So sei die Zahlung des
Betrages von [Y] DKK faktisch „eine Anpassung der normalen Ausgleichszahlung, die Dänemark zu erbringen
hat“. Die Beihilfe entspreche auch insofern der Verordnung Nr. 1191/69, als sie „den Umfang der
wirtschaftlichen Sachzwänge aus den Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes [berücksichtige]“ (Abschnitt
3.2 der angefochtenen Entscheidung). Die Kommission kommt so zu dem Ergebnis, dass die Beihilfe für den
Linienbusverkehr von Combus im Zeitraum 2001–2006 mit dem EG-Vertrag in Einklang steht.
74
Diese Ausführungen der Kommission halten der Nachprüfung nicht Stand.
75
In Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1191/69 sind „Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes“ definiert
als „Verpflichtungen, die das Verkehrsunternehmen im eigenen wirtschaftlichen Interesse nicht oder nicht
im gleichen Umfang und nicht unter den gleichen Bedingungen übernehmen würde“; Artikel 2 Absatz 2 der
Verordnung bezeichnet als Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes im Sinne des Absatzes 1 „die
Betriebspflicht, die Beförderungspflicht und die Tarifpflicht“. In diesem Zusammenhang sehen die Artikel 10
und 11 in Abschnitt IV der Verordnung bei Bestehen einer Betriebs‑, Beförderungs‑ oder Tarifpflicht
„gemeinsame Ausgleichsmethoden“ vor.
76
Die dänische Regelung über den öffentlichen Busverkehr und insbesondere die Rolle von Combus bei ihrer
Anwendung sind durch die genannten Vorschriften der Verordnung Nr. 1191/69 nicht gedeckt.
77
Denn der Wortlaut des Artikels 1 der Verordnung Nr. 1191/69 unterscheidet klar zwischen „mit dem Begriff
des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen“, die die zuständigen Behörden aufheben müssen
(Absatz 3), und der „Verkehrsbedienung“, die die Behörden mittels „Verträgen über Verkehrsdienste“
gewährleisten können (Absatz 4), wobei in Absatz 5 des Artikels klargestellt wird, dass „[d]ie Behörden …
jedoch ... Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes im Sinne des Artikels 2 beibehalten oder auferlegen
[können]“. Nur in diesem letztgenannten Fall sind die insbesondere in Abschnitt IV der Verordnung Nr.
1191/69, d. h. in deren Artikeln 10 bis 13, vorgesehenen gemeinsamen Ausgleichsmethoden anzuwenden.
Soweit nach der deutschen Fassung des Artikels 1 Absatz 4 der Verordnung Nr. 1191/69 die zuständigen
Behörden Verträge über Verkehrsdienste „aufgrund von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes“
schließen können, liegt ein offensichtliches, der neuen Vertragsregelung widersprechendes
Redaktionsversehen vor, da diese Formulierung in keiner anderen Sprachfassung enthalten ist.
78
Artikel 14 der Verordnung Nr. 1191/69 definiert den „Vertrag über Verkehrsdienste“ als einen Vertrag mit
dem Zweck, der Allgemeinheit ausreichende Verkehrsdienste zu bieten. Außer seiner Laufzeit legt dieser
Vertrag alle Einzelheiten der Beförderungsleistungen fest, darunter den „Preis ... für die Dienstleistungen,
der die Tarifeinnahmen ergänzt oder die Einnahmen miteinschließt, sowie die Einzelheiten der finanziellen
Beziehungen zwischen den beiden Parteien“ (Artikel 14 Absätze 1 und 2 Buchstabe b). Diese rein
vertragliche Regelung kennt daher weder einen Ausgleich für die Erfüllung einer übertragenen Aufgabe noch
eine Verpflichtung des öffentlichen Dienstes im Sinne von Artikel 2 der Verordnung Nr. 1191/69.
79
Insoweit bestimmt Artikel 14 Absätze 4 bis 6 der Verordnung Nr. 1191/69, dass die zuständigen Behörden,
wenn ein Unternehmen einen Verkehrsdienst, der nicht unter die Vertragsregelung „oder“ das System der
Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes fällt, einstellen möchte, die Aufrechterhaltung dieses
Verkehrsdienstes vorschreiben können, wobei für die aus dieser Verpflichtung entstehenden Kosten ein
„Ausgleich nach den in den Abschnitten II, III und IV genannten gemeinsamen Methoden“ zu leisten ist.
Folglich umfasst das Vertragsverhältnis, das nach einer Ausschreibung zwischen dem Verkehrsunternehmen
und der zuständigen Behörde zustande kommt, nach Artikel 14 Absätze 1 und 2 der Verordnung Nr. 1191/69
zwangsläufig eine besondere Finanzierungsregelung, die für einen Ausgleich nach den Methoden gemäß den
Abschnitten II, III und IV der Verordnung keinen Raum lässt.
80
Im vorliegenden Fall wurden die Verpflichtungen zum Betrieb, zur Beförderung und zur Vereinnahmung der
festgelegten Fahrpreise Combus nicht einseitig auferlegt; Combus war nicht verpflichtet, ihre
Beförderungsaufgaben zu unrentablen Bedingungen zu erbringen, die ihrem wirtschaftlichen Interesse
zuwiderliefen. Vielmehr erfüllte Combus diese Verpflichtungen freiwillig, nachdem sie in Ausschreibungen
ausgewählt worden war, die keine staatlichen Zuschüsse vorsahen, wobei es Combus freistand an diesen
Ausschreibungen nach Maßgabe ihrer wirtschaftlichen Interessen teilzunehmen. Die von Combus erbrachten
Verkehrsdienste wurden durch den Preis vergütet, den sie selbst in ihren Angeboten im Rahmen der
Ausschreibungen vorgeschlagen hatte und der anschließend in die geschlossenen Verträge aufgenommen
wurde. Daher hatte Combus keine Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes im Sinne des Artikels 2 Absatz 1
der Verordnung Nr. 1191/69 zu tragen.
81
Die wechselseitigen Verpflichtungen von Combus und der zuständigen Behörde wurden in den einschlägigen
Verträgen erschöpfend festgelegt. So konnte Combus das in ihrem eigenen Angebot genannte
Vertragsentgelt beanspruchen und hatte dafür während der Vertragslaufzeit als Gegenleistung den Betrieb,
die Beförderung und die Vereinnahmung der von der zuständigen Behörde festgelegten Fahrpreise zu
übernehmen und die Erlöse aus dem Fahrscheinverkauf an diese Behörde weiterzuleiten. Insbesondere trug
Combus keinerlei Tarifrisiko, weil das vertragliche Entgelt durch etwaige Schwankungen der Fahrgastzahl
oder der Einkünfte aus dem Fahrscheinverkauf nicht berührt wurde. Im Rahmen dieser vertraglichen
Regelung gab es somit keinerlei Grund dafür, Combus zusätzlich zu dem vereinbarten Entgelt eine
Ausgleichszahlung zu gewähren.
82
Entgegen dem Vorbringen der Kommission hatte Combus somit nicht aufgrund von „Ausgleichszahlungen“
der Behörden, die die Einkünfte aus dem Fahrscheinverkauf überstiegen, tatsächlich Verpflichtungen des
öffentlichen Dienstes wahrzunehmen. Denn Combus erhielt nur das vereinbarte Entgelt gemäß den
Beförderungsverträgen, die sie mit den zuständigen Behörden nach der Zuschlagserteilung in
Ausschreibungen freiwillig geschlossen hatte.
83
Die angefochtene Entscheidung ist daher fehlerhaft, soweit darin die Zahlung des Betrages von [Y] DKK als
Ausgleich für Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes im Sinne der Artikel 2 und 10 bis 13 der Verordnung
Nr. 1191/69 eingestuft werden.
84
Selbst wenn Combus bei der Wahrnehmung ihrer Beförderungsaufgaben Verpflichtungen des öffentlichen
Dienstes oblegen haben sollten – weil an diesen Beförderungsaufgaben aus der Sicht der Nutzer „ein
allgemeines Interesse des Wirtschaftslebens [besteht], das im Vergleich zu anderen Tätigkeiten des
Wirtschaftslebens besondere Merkmale aufweist“ (Urteil des Gerichtshofes vom 18. Juni 1998 in der
Rechtssache C-266/96, Corsica Ferries France, Slg. 1998, I‑3949, Randnr. 45) –, so entspräche die in der
angefochtenen Entscheidung genehmigte Zahlung von [Y] DKK jedenfalls nicht den einschlägigen
Vorschriften der Verordnung Nr. 1191/69.
85
Insoweit ist daran zu erinnern, dass die zuständigen nationalen Behörden nach der Verordnung Nr. 1191/69
auf dem Gebiet des Straßenverkehrs alle unter die Verordnung fallenden Maßnahmen erlassen dürfen,
einschließlich der erforderlichen Finanzmaßnahmen, und dass sie hierfür nach Artikel 17 Absatz 2 sogar von
der Anmeldepflicht nach Artikel 88 Absatz 3 EG befreit sind. Die Verordnung Nr. 1191/69 enthält somit eine
sektorielle Ausnahme von dem in Artikel 87 Absatz 1 EG niedergelegten Grundsatz des Verbotes staatlicher
Beihilfen und lässt der Kommission für die Genehmigung von unter die Ausnahme fallenden Beihilfen keinen
Spielraum. Demnach enthält diese Verordnung eine besonders günstige Genehmigungsregelung, die folglich
restriktiv auszulegen ist (vgl. analog Urteil Kommission/Frankreich, Randnr. 53, und Urteil des Gerichts vom
15. Dezember 1999 in den Rechtssachen T-132/96 und T-143/96, Freistaat Sachsen u. a./Kommission, Slg.
1999, II-3663, Randnr. 132, zu Artikel 86 Absatz 2 und Artikel 87 Absatz 2 EG).
86
Diese besonders günstige Genehmigungsregelung ist daher auf Beihilfen zu beschränken, die für die
Erbringung von öffentlichen Verkehrsdiensten als solchen unmittelbar und ausschließlich erforderlich sind,
und zwar unter Ausschluss von Zuschüssen zur Deckung von Verlusten, die dem Busunternehmen aus
anderen Umständen entstehen als der Beförderungsaufgabe selbst wie etwa Auswirkungen allgemein
schlechter Finanzverwaltung, die nicht mit dem Verkehrssektor zusammenhängt. Die öffentliche Finanzierung
solcher, nicht speziell sektorieller Defizite kann nur nach den allgemeinen Vorschriften des Artikels 87
Absätze 2 und 3 EG genehmigt werden.
87
In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die von Combus akkumulierten Verluste nicht unmittelbar
und ausschließlich aus ihren Verkehrsdiensten als solchen resultierten, sondern im Wesentlichen aus der
allgemeinen Führung des Unternehmens, besonders der Einreichung zu niedriger Angebote, um den
Zuschlag in Ausschreibungen zu erhalten.
88
Überdies sahen die von Combus mit den zuständigen Behörden nach den Ausschreibungen geschlossenen
Verträge bereits eine – von Combus in ihren Angeboten selbst vorgeschlagene – Vergütung vor, die für die
Erbringung der Verkehrsdienste grundsätzlich genügte, ohne dass Combus eine staatliche
Ausgleichszahlung erhielt. Nach der vertraglichen Regelung, die die Verordnung Nr. 1893/91 zur Änderung
der Verordnung Nr. 1191/69 vorsieht, war auf die geschlossenen Verträge als einzige gültige
Bezugsgrundlage abzustellen, um festzustellen, welche Zahlungen zur Finanzierung von Busverkehrsdiensten
genehmigt werden können. Insoweit ermöglicht Artikel 14 Absatz 2 Buchstabe c der Verordnung Nr. 1191/69
ausdrücklich Vertragszusätze und Vertragsänderungen, um „insbesondere unvorsehbare Veränderungen zu
berücksichtigen“.
89
In der angefochtenen Entscheidung werden aber weder solche unvorhersehbaren Veränderungen im Fall
von Combus genannt noch Verluste aus einzelnen Beförderungsverträgen geprüft, sondern die
Entscheidung stellt auf die allgemeine Finanzlage von Combus ab (vgl. Tabelle 7 in Abschnitt 3.1 der
angefochtenen Entscheidung) und nennt verschiedene Beträge aus der Zeit von 1998 bis 2008 (staatliche
Beihilfen, Schuldenerlasse, Umstrukturierungskosten, Investitionen usw.), um daraus (am Ende von
Abschnitt 3.1) den Schluss zu ziehen, dass der „Restbetrag in Höhe von [Y] DKK (Wert 2001) als staatliche
Beihilfe [anzusehen ist], die nach der Verordnung Nr. 1191/69 zu beurteilen ist“. Diese globale und
pauschale Betrachtungsweise der Kommission ist mit der Vertragsregelung nach Artikel 14 der Verordnung
Nr. 1191/69, die auf individuelle Verträge über Verkehrsdienste abstellt, nicht zu vereinbaren.
90
Im Verfahren vor dem Gericht hat sich die Kommission auf das Urteil des Gerichts vom 27. Februar 1997 in
der Rechtssache T-106/95 (FFSA u. a./Kommission, Slg. 1997, II-229, Randnr. 178) berufen, wonach
Mehrkosten, die dem mit einer Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse betrauten
Unternehmen durch die Erfüllung der ihm übertragenen besonderen Aufgabe entstehen, ausgeglichen
werden dürfen, wenn die Gewährung der Beihilfe erforderlich ist, um diesem Unternehmen die Erfüllung
seiner Verpflichtungen als öffentlicher Dienstleistungserbringer unter wirtschaftlich tragbaren Bedingungen
zu ermöglichen. Nach Meinung der Kommission wurde es Combus mit der hier fraglichen Beihilfe gerade
ermöglicht, die Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes, die ihr hinsichtlich aller von ihr betriebenen
Buslinien oblägen, zu wirtschaftlich tragbaren Bedingungen zu erfüllen.
91
Diese Rechtsprechung ist jedoch im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Das im Urteil FFSA u. a./Kommission
betroffene Unternehmen, die französische Post, hatte nämlich Aufgaben des öffentlichen Dienstes in einem
Monopolbereich erfüllt, der als solcher dem Wettbewerb nicht offen stand: So hatte die Post im gesamten
Staatsgebiet einen universellen Postdienst zu Einheitstarifen und mit einheitlichem Qualitätsstandard zu
gewährleisten, ohne Einzelsituationen und den Grad der wirtschaftlichen Rentabilität von einzelnen
Tätigkeiten berücksichtigen zu dürfen. Dafür musste die Post Infrastrukturen schaffen, deren Kosten durch
die Posttarife nicht gedeckt wurden; dies erklärte die an sie erbrachten staatlichen Ausgleichszahlungen.
92
Im vorliegenden Fall standen hingegen sämtliche Verkehrsdienste, die Combus und alle sonstigen
Busunternehmen auf dem dänischen Markt für öffentliche Personenbeförderung im Straßenverkehr
erbrachten, dem Wettbewerb offen; es handelte sich nicht um den Monopolbereich eines einzigen
Unternehmens, dessen besondere Kosten aus der Erbringung öffentlicher Dienstleistungen auszugleichen
waren, um den finanziellen Nachteil zu beseitigen, den dieses Unternehmen gegenüber anderen
Unternehmen hatte, die mit ihm in anderen Bereichen konkurrierten. Alle auf diesem Markt tätigen
Verkehrsunternehmen befanden sich in der gleichen Lage: Es stand ihnen frei, an den Ausschreibungen
teilzunehmen und den Verkehrsbehörden einen ihrem wirtschaftlichen Interesse gemäßen vertraglichen
Preis anzubieten, während sie nach Abschluss eines Beförderungsvertrages ihren Vertragspflichten
nachkommen mussten.
93
Diesem Ergebnis steht nicht der Umstand entgegen, dass Combus tatsächlich Verträge zu erfüllen hatte, die
sie gegenüber den zuständigen Behörden banden. Dabei handelte es sich um eine mit jedem gegenseitigen
Vertrag verbundene Verpflichtung, die allein eine Ausgleichszahlung in der Form der fraglichen Beihilfe nicht
rechtfertigen kann. Selbst wenn alle von Combus geschlossenen Verträge die Erbringung öffentlicher
Dienstleistungen zum Gegenstand hatten und Combus das einzige Unternehmen war, das diese
Dienstleistungen auf den an sie vergebenen Buslinien zu erbringen hatte, kann nicht außer Betracht
bleiben, dass ihr die Anwendung der Verordnung Nr. 1191/69 bereits auf vertraglicher Ebene zugute
gekommen war, nämlich hinsichtlich der in den Verträgen über Verkehrsdienste vorgesehenen Vergütung.
94
Ferner wird in der angefochtenen Entscheidung nicht dargetan, dass nur die finanzielle Rettung von Combus
ein funktionierendes System des Wettbewerbs auf dem dänischen Markt des öffentlichen Busverkehrs
gewährleisten konnte. Die Kommission und die dänische Regierung haben nur behauptet, dass ein Konkurs
von Combus mit dem erheblichen Risiko einer Störung der von ihr erbrachten Verkehrsdienste verbunden
gewesen wäre, da ihre Wettbewerber diese Dienste nicht von heute auf morgen hätten übernehmen
können. Entgegen diesen Mutmaßungen und vagen Behauptungen hat die Klägerin in ihrer Klageschrift –
ohne Widerspruch der Kommission und der dänischen Regierung – darauf hingewiesen, dass sich der
dänische Markt des Busverkehrs der Nachfrage der Verkehrsbehörden rasch anpassen könne und dass bei
der Liquidation eines Unternehmens, dem ein Zuschlag erteilt worden sei, leicht andere Unternehmen bis zu
einer neuen Ausschreibung in Anspruch genommen werden könnten. Bei einer Liquidation von Combus
hätten daher andere Unternehmen die von Combus ausgeführten Beförderungsverträge übernehmen
können.
95
Überdies ist nach der dänischen Ausschreibungsregelung ein Verkehrsdienstvertrag für eine bestimmte
Buslinie alle fünf Jahre zu erneuern (vgl. Abschnitt 2.1 der angefochtenen Entscheidung). Da diese Regelung
somit die mögliche Beteiligung neuer Vertragspartner vorsieht, lässt sich schwerlich geltend machen, dass
die Übernahme der Tätigkeiten von Combus durch andere Busunternehmen vor Ablauf der von Combus
geschlossenen Fünfjahresverträge geeignet gewesen wäre, den Verkehrsbetrieb auf den betroffenen Linien
schwerwiegend zu beeinträchtigen.
96
Da die Kommission und die dänische Regierung eine Ausnahme vom Grundsatz des Verbotes staatlicher
Beihilfen geltend machen, hätten sie nachweisen müssen, dass sämtliche Anwendungsvoraussetzungen für
diese Ausnahme vorlagen. Jedoch haben sie nicht substantiiert dargelegt, warum bei einem Konkurs von
Combus der Betrieb der von ihr bedienten Linien zu wirtschaftlich tragbaren Bedingungen nicht länger
möglich gewesen wäre (vgl. analog Urteil Kommission/Frankreich, Randnr. 101).
97
In ihrer Antwort auf eine Frage des Gerichts hat die Kommission weiterhin geltend gemacht, dass die
Zahlung von [Y] DKK den in Randnummer 95 des Urteils Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg
umschriebenen Voraussetzungen genüge und daher nicht als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87
Absatz 1 EG angesehen werden könne.
98
Insoweit genügt der Hinweis, dass diese Zahlung entgegen dem Vorbringen der Kommission nicht alle in
diesem Urteil genannten Voraussetzungen erfüllt. Denn wie oben in den Randnummern 75 bis 83 dargelegt,
war Combus in Wirklichkeit nicht mit der Ausführung von Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes
beauftragt, wie sie aber in Randnummer 89 des Urteils Altmark Trans und Regierungspräsidium Magdeburg
zur Voraussetzung gemacht wird. Jedenfalls lässt sich der angefochtenen Entscheidung, insbesondere ihrer
Tabelle 7 und der Berechnung des Betrages von [Y] DKK (am Ende von Abschnitt 3.1), nicht entnehmen,
dass die Daten, auf deren Grundlage die streitige Ausgleichszahlung berechnet wurde, zuvor in objektiver
und transparenter Weise gemäß den Randnummern 90 und 91 des genannten Urteils ermittelt worden
wären.
99
Der Klagegrund einer fehlerhaften Anwendung der Verordnung Nr. 1191/69 greift daher durch. Die
angefochtene Entscheidung ist folglich für nichtig zu erklären, soweit darin die Zahlung des Betrages von [Y]
DKK auf der Grundlage dieser Verordnung genehmigt wird, ohne dass die weiteren diesbezüglichen
Klagegründe geprüft zu werden brauchen.
Zum Klagegrund einer fehlerhaften Anwendung von Artikel 73 EG
100
Wie die Klägerin zutreffend ausführt, sind die Mitgliedstaaten nicht mehr befugt, sich außerhalb der im
abgeleiteten Gemeinschaftsrecht genannten Fälle unmittelbar auf Artikel 73 EG zu berufen. Soweit nämlich
die Verordnung Nr. 1191/69 nicht anwendbar ist und die Zahlung von [X] DKK unter Artikel 87 Absatz 1 EG
fällt, werden die Voraussetzungen, unter denen die Mitgliedstaaten Beihilfen nach Artikel 73 EG vergeben
dürfen, abschließend durch die Verordnung (EWG) Nr. 1107/70 des Rates vom 4. Juni 1970 über Beihilfen im
Eisenbahn‑, Straßen‑ und Binnenschiffsverkehr (ABl. L 130, S. 1) festgelegt (Urteil Altmark Trans und
Regierungspräsidium Magdeburg, Randnrn. 107 und 108).
101
Folglich greift der geltend gemachte Klagegrund gegen die angefochtene Entscheidung durch, soweit darin
die Zahlung von [X] DKK auf der Grundlage von Artikel 73 EG genehmigt wird.
Zu den Klagegründen eines Verstoßes gegen Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG und einer fehlerhaften
Anwendung der Leitlinien
– Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
102
Die Klägerin macht geltend, dass die Combus gewährte Beihilfe in Höhe von [X] DKK weder von Artikel 87
Absatz 3 Buchstabe c EG noch von den Leitlinien gedeckt sei, da sie keinesfalls als eine
Umstrukturierungsbeihilfe angesehen werden könne. So fehle ein Umstrukturierungsplan, und Dänemark sei
auch selbst nie davon ausgegangen, dass die ersten gezahlten Beihilfen unter Artikel 87 Absatz 3
Buchstabe c EG fallen könnten, sondern habe nur geltend gemacht, dass die Beihilfen nicht unter Artikel 87
Absatz 1 EG fielen. Deshalb sei kein Umstrukturierungsplan vorgelegt worden.
103
Mit der Annahme defizitärer Aufträge habe Combus eine aggressive Wachstumspolitik betrieben. In dieser
liege der Grund für ihre jährlichen Verluste, besonders in den Geschäftsjahren 1998, 1999 und 2000. Die
Combus gewährten Beihilfen hätten ausschließlich der Deckung dieser Verluste gedient und das Überleben
eines dem Staat gehörenden Unternehmens sichern sollen. Es könne sich also nur um Beihilfen zur
Unternehmensrettung oder um Betriebsbeihilfen handeln. Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG erlaube aber
keine Betriebsbeihilfen. Was die Vorschriften über Beihilfen zur Rettung von Unternehmen angehe, so seien
sie in der angefochtenen Entscheidung nicht als einschlägig betrachtet worden. Für die Genehmigung der
Beihilfen gebe es daher keine Rechtsgrundlage.
104
Nach Meinung der Kommission ist dieses Vorbringen der Klägerin nicht stichhaltig. Die angefochtene
Entscheidung sei, was die Beihilfe für die Verluste in der Vergangenheit angehe, hauptsächlich auf Artikel 73
EG gestützt. Sie beruhe auf dem Gedanken, dass mit dieser Beihilfe die Wahrnehmung einer Aufgabe des
öffentlichen Dienstes im Bereich des Verkehrs kompensiert werden solle.
105
Es sei weiterhin darauf hinzuweisen, dass auf der Grundlage eines Umstrukturierungsplans bestimmte
Rationalisierungsmaßnahmen durchgeführt worden seien, so u. a. der Kauf neuer Omnibusse, die Kündigung
eines Teiles der Belegschaft, die Veräußerung bestimmter Vermögenswerte und verschiedene
Einsparungen. Nach ihrer Unterrichtung über diese Maßnahmen habe die Kommission geprüft, ob die
öffentliche Finanzierung als Umstrukturierungsbeihilfe genehmigt werden könne. Dabei habe sie jedoch
berücksichtigt, dass eine solche Beihilfe das begünstigte Unternehmen zur Erwirtschaftung von Gewinnen
befähigen müsse, so dass es künftig nicht mehr von staatlichen Subventionen abhängig sei. Der regionale
Busverkehr werde aber zu unrentablen Bedingungen ausgeübt, denn er bedürfe öffentlicher Zuschüsse.
106
Indessen lasse sich nicht ausschließen, dass die fragliche Beihilfe im Sinne von Artikel 87 Absatz 3
Buchstabe c EG zur Entwicklung des betreffenden Wirtschaftszweiges beitrage. Die von den dänischen
Behörden erlassenen Maßnahmen, besonders die Auftragsvergabe im Wege von Ausschreibungen, trügen
zur Stärkung des Wettbewerbs bei, da sie mehreren privaten Betreibern eine Beteiligung daran
ermöglichten. Die Angleichung von Combus als ehemals staatliches Unternehmen an ihre privaten
Konkurrenten füge sich in diese Politik ein, zumal Combus Einsparungen vornehmen, ihre Belegschaft
verkleinern und ihren Buspark erneuern musste, um ihren Aufgaben besser nachkommen zu können. Diese
Rationalisierung des ehemals staatlichen Unternehmens trage zur Verbesserung der
Wettbewerbsbedingungen auf dem fraglichen Markt bei, da eine Einschränkung des öffentlichen Sektors
grundsätzlich das freie Wirtschaftsleben begünstige.
107
Nach Auffassung der Kommission lässt sich die angefochtene Entscheidung sogar dahin verstehen, dass sie
eine Umstrukturierung „sui generis“ betreffe, die eine Lebensfähigkeit ebenfalls „sui generis“ eines mit
Aufgaben des öffentlichen Dienstes betrauten Unternehmens begründe. Gehe man nämlich davon aus, dass
die Umstrukturierung eines Unternehmens im Bereich des öffentlichen Dienstes in einer Rationalisierung des
Unternehmens an sich – die es als solches lebensfähig mache, wenn man von den Verpflichtungen des
öffentlichen Dienstes absehe – bestehen könne, so könnten die Beihilfen zur Deckung früherer Verluste
auch dann als Umstrukturierungsbeihilfen angesehen werden, wenn Combus noch weiterer Zuschüsse
bedürfe, um ihre Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes zu erfüllen.
108
Indessen sei erneut darauf hinzuweisen, dass das Vorbringen der Klägerin in diesem Zusammenhang
jedenfalls von nur begrenzter Bedeutung sei, weil die angefochtene Entscheidung nicht definitiv auf Artikel
87 Absatz 3 Buchstabe c EG gestützt worden sei. Aus diesem Grund sei auch das weitere Vorbringen der
Klägerin unbeachtlich, mit dem sie dartun wolle, dass die fragliche Beihilfe eine Betriebsbeihilfe sei. Da es
sich nicht um eine Umstrukturierungsbeihilfe im engeren Sinne handele, sei die vorherige Aufstellung eines
Umstrukturierungsplans nicht erforderlich gewesen.
109
Obgleich die Leitlinien einen Zusammenhang zu einem Umstrukturierungsplan verlangten, sei mit den
verschiedenen Rationalisierungsmaßnahmen der dänischen Behörden – nämlich der Reform des
Arbeitsverhältnisses der Mitarbeiter ab 1998 als Teil des Privatisierungsplans und der Privatisierung selbst
im Jahr 2000 – derselbe Zweck verfolgt worden: die Umwandlung von Combus in ein gewerbliches
Unternehmen. Diese Maßnahmen seien in ein und demselben Rahmen erlassen worden und hätten mehrere
finanzielle und operative Schritte umfasst. Dass der Privatisierungsplan erst im Jahr 2000 habe
abgeschlossen werden können, schließe es nicht aus, ihn als einen schon vorher in den Grundlinien
bestehenden Plan anzusehen. Er sei erst während seiner Durchführung mit der Hilfe eines privaten
Investors, Arriva, vollendet worden.
110
In ihrer Gegenerwiderung fügt die Kommission hinzu, dass ihr die dänischen Behörden einen Geschäftsplan
(„business plan“) für Combus vorgelegt hätten, in dem sie ihr Eingreifen zur Umstrukturierung von Combus
im Kontext der Privatisierung des Unternehmens dargestellt hätten. Das Konzept für die Rationalisierung
habe bereits bestanden, als die Änderung des Arbeitsverhältnisses der Mitarbeiter beschlossen worden sei.
Insoweit seien die Vorarbeiten für zwei dem dänischen Parlament in den Jahren 1995 und 1998 unterbreitete
Gesetzesvorhaben zu berücksichtigen. Es sei nicht erforderlich, dass ein Umstrukturierungsplan bereits im
Voraus abschließend erstellt werde, sondern es genüge, dass sich die Beihilfen, wie es hier der Fall
gewesen sei, aus der Umsetzung eines solchen Planes ergäben.
– Würdigung durch das Gericht
111
Es ist darauf hinzuweisen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nach ihrer Feststellung,
dass die Voraussetzungen für eine Umstrukturierungsbeihilfe gegeben seien, (in Abschnitt 3.4.7 der
Entscheidung) ausführt, dass „weiterhin die Lebensfähigkeit von Combus zu prüfen [sei], da das
Unternehmen als eigene juristische Person [nach seiner Veräußerung an Arriva] untergehen wird und die
Lebensfähigkeit auch von der Beihilfe nach der Verordnung Nr. 1191/69 abhängt. Diese Sachlage kann
diese Prüfung zur bloßen Theorie machen“. Daraus hat die Kommission (in Abschnitt 3.7) den Schluss
abgeleitet, dass die Zahlung von [X] DKK „möglicherweise als mit Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG oder
zumindest Artikel 73 EG vereinbar angesehen werden kann … Sie kann als eine Umstrukturierungsbeihilfe
angesehen werden, mit der die Verschuldung aus früheren Verlusten verringert und zur Verwirklichung des
Umstrukturierungsplans beigetragen werden kann, und bildet jedenfalls einen Ausgleich für Verluste im
Sinne von Artikel 73 EG, der unmittelbar anwendbar ist“.
112
In ihren Schriftsätzen hat die Kommission versucht, diese ungewissen und mehrdeutigen Ausführungen mit
dem Hinweis zu erläutern, dass sie in der angefochtenen Entscheidung zunächst den Aspekt der
„Umstrukturierungsbeihilfe“ behandelt und diesen Aspekt sodann vorsorglich um eine Prüfung der
Bestimmungen über Tätigkeiten des öffentlichen Dienstes ergänzt habe. Die Klagegründe, die die Klägerin
gegen die Genehmigung einer „Umstrukturierungsbeihilfe“ richte, seien unerheblich, weil die angefochtene
Entscheidung als Rechtsgrundlage hauptsächlich auf Artikel 73 EG gestützt worden sei. Die Erwägungen zur
„Umstrukturierung“ hätten nicht den Ausschlag gegeben, denn in Wirklichkeit sei Combus lebensfähig
gewesen.
113
Gleichzeitig hat Kommission ihre Beurteilung der Lebensfähigkeit von Combus offenbar geändert, denn sie
meint, es könne von einer Umstrukturierung „sui generis“ gesprochen werden, die eine Lebensfähigkeit „sui
generis“ begründe. Könne nämlich die Umstrukturierung eines Unternehmens im Bereich des öffentlichen
Dienstes in einer Rationalisierung des Unternehmens an sich bestehen, so könnten die Beihilfen zur
Deckung früherer Verluste auch dann als Umstrukturierungsbeihilfen angesehen werden, wenn Combus
noch weiterer Ausgleichszahlungen bedürfe, um ihre Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes zu erfüllen.
114
Zu diesem Vorbringen der Kommission ist festzustellen, dass die angefochtene Entscheidung nicht dahin
ausgelegt werden kann, dass das Kollegium der Kommissionsmitglieder eine klare, unbedingte und
endgültige Genehmigung für die Zahlung von [X] DKK nach Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG und den
Leitlinien ausgesprochen hat. Das Vorbringen der Kommission ist vielmehr als Ausdruck ernster Zweifel an
der Lebensfähigkeit von Combus im Sinne der genannten Bestimmung und der Leitlinien zu werten, auch
wenn die Kommission sich nicht gehalten sah, diese Zweifelsfrage zu klären, da sie Artikel 73 EG als
ausreichende Rechtsgrundlage für die Genehmigung der fraglichen Beihilfe betrachtete. Da Artikel 73 EG
hierfür jedoch nicht herangezogen werden kann (vgl. oben, Randnrn. 100 und 101), ergibt sich für die
Zahlung in Höhe von [X] DKK aus der angefochtenen Entscheidung keine gültige Genehmigung.
115
Auch wenn man – entgegen dem Urteil des Gerichts vom 25. Juni 1998 in den Rechtssachen T-371/94 und T-
394/94 (British Airways u. a./Kommission, Slg. 1998, II-2405, Randnrn. 116 und 117) – davon ausgeht, dass
die angefochtene Entscheidung in wirksamer Weise durch ein neues Konzept der Lebensfähigkeit ergänzt
werden kann, das die Bediensteten der Kommission vor dem Gericht entwickelt haben, so wäre die Frage der
Lebensfähigkeit von Combus damit nicht gelöst. Die Kommission hat nämlich auf eine Frage des Gerichts
ausdrücklich erklärt, für die Beurteilung der Rentabilität von Combus sei zu berücksichtigen, dass ein Teil der
Beihilfe „den Ausgleich für Verpflichtungen des öffentlichen Dienstes gemäß der Verordnung Nr. 1191/69“
darstelle. Dabei hat die Kommission hinzugefügt, dass „das Unternehmen ohne diese Kompensation … nicht
rentabel“ sei. Wie jedoch oben in den Randnummern 75 bis 99 dargelegt, oblag Combus keine Verpflichtung
des öffentlichen Dienstes; jedenfalls erfüllte die Zahlung in Höhe von [Y] DKK, die nach der Verordnung Nr.
1191/69 genehmigt wurde, nicht die in dieser Verordnung normierten Voraussetzungen. Folglich kann die
Lebensfähigkeit von Combus keinesfalls als erwiesen angesehen werden.
116
Demnach greifen die geltend gemachten Klagegründe gegen die angefochtene Entscheidung durch, soweit
darin die Zahlung in Höhe von [X] DKK auf der Grundlage des Artikels 87 Absatz 3 Buchstabe c EG und der
Leitlinien genehmigt wird, ohne dass geprüft zu werden braucht, ob die weiteren Voraussetzungen für eine
Umstrukturierungsbeihilfe, insbesondere das Vorliegen eines den Anforderungen der Leitlinien genügenden
Umstrukturierungsplans, gegeben waren.
117
Nach alledem ist die Genehmigung der Zahlung in Höhe von [X] DKK insgesamt für nichtig zu erklären, ohne
dass die übrigen diesbezüglichen Klagegründe geprüft zu werden brauchen.
Kosten
118
Nach Artikel 87 § 3 Absatz 1 der Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen, wenn jede Partei
teils obsiegt, teils unterliegt. Da die Kommission mit ihren Anträgen im Wesentlichen unterlegen ist,
erscheint es nach den Umständen des Falles angemessen, ihr die gesamten Kosten aufzuerlegen,
ausgenommen die Kosten des Königreichs Dänemark, das diese nach Artikel 87 § 4 Absatz 1 der
Verfahrensordnung selbst zu tragen hat.
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Zweite erweiterte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1.
Die Entscheidung SG (2001) D/287297 der Kommission vom 28. März 2001 (Beihilfe NN
127/2000) wird für nichtig erklärt, soweit darin die Beihilfen, die die dänischen Behörden
der Combus A/S in Form von Kapitaleinlagen in Höhe von [Y] DKK und von [X] DKK gewährt
haben, für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar erklärt werden.
2.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3.
Die Kommission trägt ihre eigenen Kosten und die Kosten der Klägerin.
4.
Das Königreich Dänemark trägt seine eigenen Kosten.
Forwood
Pirrung
Mengozzi
Meij
Vilaras
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 16. März 2004.
H. Jung
J. Pirrung
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt und Verfahren
Vorgeschichte des Rechtsstreits
Angefochtene Entscheidung
Verfahren
Anträge der Verfahrensbeteiligten
Zur Zulässigkeit der Klage und zur Abgrenzung des Klagegegenstands
Zur Begründetheit
Zur Beihilfe in Höhe von 140 Millionen DKK für besondere Ausgaben im Zusammenhang mit dem
Beamtenstatus der Mitarbeiter von Combus
Zur Beihilfe in Höhe von 100 Millionen DKK zur Finanzierung der Aufgabe des Beamtenstatus durch
Mitarbeiter von Combus zugunsten eines vertraglichen Arbeitsverhältnisses
Zur Beihilfe in Höhe von [Y] DKK zur Deckung künftiger Verluste von Combus
Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
Würdigung durch das Gericht
Zur Beihilfe in Höhe von [X] DKK zur Deckung der von Combus in der Vergangenheit akkumulierten
Verluste
Zum Klagegrund einer fehlerhaften Anwendung von Artikel 73 EG
Zu den Klagegründen eines Verstoßes gegen Artikel 87 Absatz 3 Buchstabe c EG und einer
fehlerhaften Anwendung der Leitlinien
– Vorbringen der Verfahrensbeteiligten
– Würdigung durch das Gericht
Kosten
Verfahrenssprache: Dänisch.
Nicht angegebene vertrauliche Daten.