Urteil des EuG vom 07.06.2001

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URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)
7. Juni 2001
„Gemeinschaftsmarke - Wort EuroHealth - Absolute Eintragungshindernisse - Beschreibender Charakter -
Unterscheidungskraft - Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b und c der Verordnung (EG) Nr. 40/94“
In der Rechtssache T-359/99
Deutsche Krankenversicherung AG (DKV)
Rechtsanwalt S. von Petersdorff-Campen, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM),
D. Schennen und S. Bonne als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagter,
betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für
den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) vom 15. Oktober 1999 in der Beschwerdesache R 19/1999-1
über die Eintragung des Wortes EuroHealth als Gemeinschaftsmarke
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten A. W. H. Meij sowie der Richter A. Potocki und J. Pirrung,
Kanzler: J. Palacio González, Verwaltungsrat
aufgrund der am 24. Dezember 1999 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klageschrift,
aufgrund der am 21. März 2000 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangenen Klagebeantwortung,
auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2000,
folgendes
Urteil
1.
Die Klägerin meldete am 26. Juni 1996 beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken,
Muster und Modelle) (im Folgenden: Amt) gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom 20.
Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in geänderter Fassung ein
Wortzeichen als Gemeinschaftsmarke an.
2.
Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um das Wort EuroHealth.
3.
Die Eintragung wurde für die Dienstleistungen des Bereiches „Versicherungswesen; Finanzwesen“
in Klasse 36 des Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und
Dienstleistungen für die Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in revidierter und geänderter
Fassung begehrt.
4.
Mit Bescheid vom 13. November 1998 wies der Prüfer die Anmeldung gemäß Artikel 38 der
Verordnung Nr. 40/94 zurück, da das angemeldete Wortzeichen nicht unterscheidungskräftig sei.
5.
Am 6. Januar 1999 legte die Klägerin gemäß Artikel 59 der Verordnung Nr. 40/94 beim Amt
Beschwerde gegen den Bescheid des Prüfers ein.
6.
Durch Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer vom 15. Oktober 1999, der Klägerin zugestellt
am 25. Oktober 1999 (im Folgenden: angefochtene Entscheidung), wurde die Beschwerde
zurückgewiesen.
7.
Die Beschwerdekammer führte aus, obgleich der Bescheid des Prüfers nur auf Artikel 7 Absatz 1
Buchstabe b und Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 gestützt sei, sei Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c
der Verordnung Nr. 40/94 gleichfalls einschlägig.
Anträge der Parteien
8.
Die Klägerin beantragt,
- als Hauptantrag, die angefochtene Entscheidung abzuändern und das Amt anzuweisen, das
Wortzeichen EuroHealth im Blatt für Gemeinschaftsmarken als Gemeinschaftsmarke für die in der
Anmeldung bezeichneten Dienstleistungen der Klasse 36 zu veröffentlichen;
- hilfsweise, die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
- dem Amt die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
9.
Das Amt beantragt,
- die Klage abzuweisen;
- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Zum Antrag, das Amt anzuweisen, die Markenanmeldung EuroHealth zu veröffentlichen
10.
Die Klägerin beantragt, an das Amt die Anweisung zu richten, die fragliche Anmeldung gemäß Artikel
40 der Verordnung Nr. 40/94 im Blatt für Gemeinschaftsmarken zu veröffentlichen.
11.
Gemäß Artikel 63 Absatz 6 der Verordnung Nr. 40/94 hat das Amt die Maßnahmen zu ergreifen, die
sich aus dem Urteil des Gemeinschaftsgerichts ergeben. Das Gericht kann dem Amt somit keine
Anordnung erteilen, denn dieses hat die Konsequenzen aus dem Tenor und den Gründen des
vorliegenden Urteils zu ziehen (Urteil des Gerichtsvom 8. Juli 1999 in der Rechtssache T-163/98,
Procter & Gamble/HABM, BABY-DRY, Slg. 1999, II-2383, Randnr. 53). Der vorliegende Antrag ist deshalb
unzulässig.
Zu dem Hauptantrag auf Abänderung und dem Hilfsantrag auf Aufhebung der
angefochtenen Entscheidung wegen Verstoßes gegen Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung
Nr. 40/94
Vorbringen der Parteien
12.
Die Klägerin macht geltend, sowohl die Wortbestandteile des Wortzeichens EuroHealth als auch
dieses selbst seien zahlreichen Auslegungen zugänglich, die jedoch gedankliche Schlussfolgerungen
erforderten.
13.
Das Freihaltebedürfnis, auf das sich Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94
beziehe, müsse konkret bestehen. Die angefochtene Entscheidung beruhe aber auf einer abstrakten
Beurteilung des Freihaltebedürfnisses, was die Gefahr rein spekulativ begründeter Zurückweisungen
von Markenanmeldungen erhöhe.
14.
Das Amt habe in der angefochtenen Entscheidung auch Artikel 12 Buchstabe b der Verordnung Nr.
40/94 nicht berücksichtigt. Mit dieser Bestimmung solle sichergestellt werden, dass ein Zeichen, das
aus einer Verkürzung oder Abwandlung einer beschreibenden Angabe bestehe, eingetragen werden
könne, ohne dass die Benutzer dieser Angabe befürchten müssten, deswegen vom Inhaber der
Gemeinschaftsmarke in Anspruch genommen zu werden.
15.
Das Amt habe ferner die Praxis der nationalen Markenämter der Mitgliedstaaten, insbesondere des
englischsprachigen Teils der Gemeinschaft, also Irlands und des Vereinigten Königreichs, nicht
berücksichtigt, die zahlreiche Marken mit dem Bestandteil „Euro“ eingetragen hätten. Parallel dazu
belegten die Recherchenberichte des Amtes, dass die nationalen Ämter Wortzeichen eintrügen, in
denen, wie im streitigen Zeichen, der Bestandteil „Euro“ mit beschreibenden Angaben verbunden sei.
16.
Das Amt führt aus, für die Zurückweisung eines Zeichens als Marke reiche es aus, wenn es nach
dem Verständnis des angesprochenen Verbrauchers mindestens eine Wortbedeutung gebe, die
beschreibend sei. Der Begriff EuroHealth erschöpfe sich in der beschreibenden Bedeutung, die
bereits die beiden Bestandteile hätten, aus denen er zusammengesetzt sei.
17.
Es sei unrichtig, dass Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 ein Freihaltebedürfnis zugrunde
liege. Die Begründung für die hier fraglichen Ausschlussgründe sei vielmehr, dass es sich bei dem
fraglichen Zeichen nicht um eine Marke handele.
18.
Artikel 12 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 betreffe den Schutzbereich der Eintragung einer
Gemeinschaftsmarke und komme nur im Verletzungsverfahren zum Tragen.
19.
Was die Eintragungen anderer Marken mit der Vorsilbe „Euro“ angehe, so seien sie nicht
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, und es sei nicht Zweck der Recherchenberichte, Material
für die Prüfung der absoluten Eintragungshindernisse zu ermitteln.
20.
Schließlich sei daran zu erinnern, dass die angefochtene Entscheidung die Zurückweisung mit der
Bedeutung von EuroHealth in der englischen Sprache begründet habe; damit habe die Erste
Beschwerdekammer das Bestehen eines Eintragungshindernisses im englischsprachigen Teil der
Gemeinschaft festgestellt.
Würdigung durch das Gericht
21.
Nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 sind von der Eintragung
ausgeschlossen „Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr
zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der
geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der
Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen
können“.
22.
Nach dem Willen des Gesetzgebers gelten derartige Zeichen - vorbehaltlich der etwaigen
Anwendung von Artikel 7 Absatz 3 der Verordnung Nr. 40/94 - somit wegen ihres rein beschreibenden
Charakters als ungeeignet, die Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen anderer
Unternehmen zu unterscheiden. Zeichen oder Angaben, deren Bedeutung über einen rein
beschreibenden Charakter hinausgeht, können hingegen als Gemeinschaftsmarken eingetragen
werden.
23.
Nach gefestigter Rechtsprechung ist das absolute Eintragungshindernis des Artikels 7 Absatz 1
Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 nur hinsichtlich der Waren oder Dienstleistungen zu beurteilen,
für die die Eintragung beantragt wurde (Urteile des Gerichts vom 31. Januar 2001 in der Rechtssache
T-135/99, Taurus-Film/HABM, Cine Action, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr.
25, und in der Rechtssache T-136/99, Taurus-Film/HABM, Cine Comedy, noch nicht in der amtlichen
Sammlung veröffentlicht, Randnr. 25).
24.
Gemäß Artikel 7 Absatz 2 der Verordnung Nr. 40/94 finden die „Vorschriften des Absatzes 1 ... auch
dann Anwendung, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Gemeinschaft vorliegen“.
25.
Im vorliegenden Fall führte die Beschwerdekammer aus, in dem Wortzeichen EuroHealth könne der
Bestandteil „Health“ - das englische Wort für „Gesundheit“ - von den angesprochenen Verbrauchern
allgemein als Branchen- oder Sachgebietsbezeichnung des Versicherungsgewerbes, nämlich der
Krankenversicherung,verstanden werden. Der Bestandteil „Euro“ sei austauschbar mit dem Adjektiv
„europäisch“. Die Kombination der Vorsilbe „Euro“ mit dem Begriff „Health“ schaffe keinen
zusätzlichen Gehalt, der dem Zeichen in seiner Gesamtheit seinen Charakter als bloße Beschreibung
für Dienstleistungen der Krankenversicherung nehmen könnte.
26.
Zunächst ist festzustellen, dass die Beschwerdekammer zu Recht annahm, dass das Wort
EuroHealth im englischsprachigen Teil der Gemeinschaft zur Bezeichnung einer bestimmten Art von
Versicherungsleistungen dienen kann, nämlich von Dienstleistungen der Krankenversicherung, die
europaweit angeboten werden können. Denn zumindest in dieser Sprachzone ist der Begriff „Health“,
wie die Beschwerdekammer zutreffend feststellte, rein beschreibend für Dienstleistungen der
Krankenversicherung, während die Vorsilbe „Euro“ lediglich auf den europäischen Charakter dieser
Dienstleistungen hinweist. Es lässt sich auch nichts dafür anführen, dass die Kombination der Vorsilbe
„Euro“ mit dem Substantiv „Health“ dem Wort EuroHealth einen zusätzlichen Gehalt verliehe, durch
den diese Wortbildung ihren rein beschreibenden Charakter für Dienstleistungen der
Krankenversicherung, die europaweit angeboten werden können, verlöre.
27.
Das Wort EuroHealth ermöglicht es somit den betroffenen Verkehrskreisen, sofort und ohne
weiteres Nachdenken einen konkreten und unmittelbaren Bezug zu Dienstleistungen der
Krankenversicherung herzustellen, die in dem in der streitigen Anmeldung genannten Bereich
„Versicherungswesen“ liegen. Als betroffene Verkehrskreise sind dabei die durchschnittlich
informierten, aufmerksamen und verständigen englischsprachigen Durchschnittsverbraucher von
Versicherungsleistungen anzusehen (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 22. Juni 1999
in der Rechtssache C-342/97, Lloyd Schuhfabrik Meyer, Slg. 1999, I-3819, Randnr. 26).
28.
Artikel 12 der Verordnung Nr. 40/94 regelt die Schranken, die dem Recht des Inhabers der
Gemeinschaftsmarke im Geschäftsleben gezogen sind. Trotz der scheinbaren Verwandtheit zwischen
Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c und Artikel 12 Buchstabe b hat die letztgenannte Bestimmung keinen
ausschlaggebenden Einfluss auf die Auslegung des absoluten Eintragungshindernisses gemäß Artikel
7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom
4. Mai 1999 in den verbundenen Rechtssachen C-108/97 und C-109/97, Windsurfing Chiemsee, Slg.
1999, I-2779, Randnr. 28). Der Anwendungsbereich von Artikel 12 Buchstabe b der Verordnung Nr.
40/94 steht der vorstehenden Beurteilung der Anwendung von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c der
Verordnung Nr. 40/94 im vorliegenden Fall somit nicht entgegen.
29.
Zum Argument der Klägerin, die nationalen Markenämter Irlands und des Vereinigten Königreichs
hätten zahlreiche Marken mit dem Bestandteil „Euro“ eingetragen, ist daran zu erinnern, dass die
Gemeinschaftsmarke es laut der ersten Begründungserwägung der Verordnung Nr. 40/94 den
Unternehmen ermöglichen soll, „ihre Waren oder Dienstleistungen in der gesamten Gemeinschaft
ohne Rücksicht auf Grenzen kennzeichnen [zu] können“. Die in den Mitgliedstaaten bereits
vorliegendenEintragungen stellen somit einen Umstand dar, der für die Eintragung einer
Gemeinschaftsmarke lediglich berücksichtigt werden kann, ohne entscheidend zu sein (Urteile des
Gerichts vom 16. Februar 2000 in der Rechtssache T-122/99, Procter & Gamble/HABM, Form einer
Seife, Slg. 2000, II-265, Randnrn. 60 und 61, und vom 5. Dezember 2000 in der Rechtssache T-32/00,
Messe München/HABM, electronica, Slg. 2000, II-3829, Randnrn. 45 und 46).
30.
Wenn somit auch nicht ausgeschlossen ist, dass sich das Amt gegebenenfalls von nationalen
Praktiken leiten lässt, war die Beschwerdekammer demnach nicht dazu verpflichtet, im vorliegenden
Fall im Einklang mit etwaigen nationalen Praktiken, wie die Klägerin sie geltend macht, zu entscheiden.
31.
Soweit sich die Klägerin auf die Recherchenberichte des Amtes bezieht, ist darauf hinzuweisen,
dass diese in Artikel 39 der Verordnung Nr. 40/94 genannten Berichte lediglich dazu dienen, den
Anmelder einer Gemeinschaftsmarke in nicht erschöpfender Weise über das Bestehen möglicher
Konflikte im Bereich der relativen Schutzhindernisse zu unterrichten. Wie das Amt zu Recht geltend
macht, ist es nicht Zweck der Recherchenberichte, Material für die Prüfung der absoluten
Eintragungshindernisse zu ermitteln.
32.
Unter diesen Umständen hat die Klägerin nichts vorgetragen, was zur Aufhebung der
angefochtenen Entscheidung führen könnte, soweit darin die Zurückweisung der Anmeldung des
Wortzeichens EuroHealth wegen seines rein beschreibenden Charakters im Hinblick auf
Dienstleistungen der Krankenversicherung bestätigt wird.
33.
Da die Klägerin die Eintragung des Zeichens für sämtliche Dienstleistungen des Bereiches
„Versicherungswesen“ ohne Unterscheidung nach einzelnen Dienstleistungen begehrt, ist die
Beurteilung der Beschwerdekammer, die sich auf die Gesamtheit dieser Dienstleistungen bezieht,
aufrechtzuerhalten.
34.
In Bezug auf Dienstleistungen des Finanzwesens hat die Beschwerdekammer in der angefochtenen
Entscheidung festgestellt, der Ausdruck EuroHealth könne „im englischsprachigen Teil der
Gemeinschaft ... als unmittelbar beschreibende Angabe für vermögensbildende Leistungen des
Finanzwesens dienen, die ergänzend zu Krankenversicherungsleistungen oder an ihrer Stelle als
Maßnahmen der privaten Gesundheitsvorsorge geeignet und für diesen Zweck bestimmt sind“.
35.
Insoweit geht aus der Begründung der angefochtenen Entscheidung nicht hervor, dass die
betroffenen Verkehrskreise sofort und ohne weiteres Nachdenken eine konkrete und unmittelbare
Verbindung zwischen Finanzdienstleistungen und dem Ausdruck EuroHealth herstellen werden.
36.
So hat die Beschwerdekammer ihren vorstehend wiedergegebenen Schluss in Randnummer 19 der
angefochtenen Entscheidung darauf gestützt, dass Finanzdienstleistungen, insbesondere
„vermögensbildende Maßnahmen wie Spar- und Anlageprogramme“, häufig als Absicherung gegen
den Krankheitsfall undkrankheitsbedingte Einkommensausfälle angeboten würden. Sie hat in diesem
Zusammenhang auf die „europaweit zu beobachtende Tendenz einer Verlagerung von der staatlichen
zur privaten Gesundheitsvorsorge“ verwiesen. Diese Erwägungen belegen aber nicht, dass der
Ausdruck EuroHealth in der Wahrnehmung des englischsprachigen Durchschnittsverbrauchers zur
Bezeichnung der spezifischen Merkmale bestimmter Finanzdienstleistungen dienen kann, sondern
befassen sich eingehend mit den Gründen, aus denen bestimmte Verbraucher diese möglicherweise
in Anspruch nehmen. Die von der Beschwerdekammer festgestellte Verbindung zwischen dem
semantischen Gehalt des Zeichens, d. h. „Gesundheit in Europa“, und den fraglichen
Dienstleistungen ist damit nicht hinreichend konkret und unmittelbar, um zu belegen, dass das
Zeichen in der Wahrnehmung der angesprochenen Verbraucher unmittelbar eine Identifizierung
dieser Dienstleistungen erlaubte und deshalb insoweit beschreibenden Charakter hätte.
37.
Die Bezugnahme auf Dienstleistungen des Bereiches „Finanzwesen“ oder auf eines ihrer Merkmale,
die das Zeichen für die betroffenen Verkehrskreise enthalten könnte, ist somit allenfalls mittelbar. Die
Verbindung zwischen dem Wort EuroHealth und den betroffenen Finanzdienstleistungen, die die
Beschwerdekammer in der angefochtenen Entscheidung darlegt, ist folglich zu vage und unbestimmt,
um unter den Ausschlußgrund des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 40/94 zu fallen.
38.
Nach alledem nahm die Beschwerdekammer zu Unrecht an, das Wort EuroHealth bestehe
ausschließlich aus Zeichen, die für Finanzdiensleistungen beschreibend seien. Die angefochtene
Entscheidung ist daher insoweit aufzuheben.
Vorbringen der Parteien
39.
Die Klägerin macht geltend, das Fehlen von Unterscheidungskraft als Eintragungshindernis gemäß
Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 könne nicht damit begründet werden, dass
das Eintragungshindernis des Buchstabens c dieses Absatzes vorliege. Die Systematik dieser
Bestimmungen untersagten eine Beurteilung der Unterscheidungskraft anhand von Kriterien, die sich
auf den beschreibenden Charakter bezögen.
40.
Besonders wegen der Verkürzung seiner Bestandteile und der Kombination dieser Verkürzungen
weise das fragliche Zeichen auch einen hinreichenden zusätzlichen Gehalt auf, um ein
unterscheidungskräftiges Zeichen zu bilden. Der Ausdruck EuroHealth sei nämlich eine künstliche
Wortbildung, die im Übrigen in keinem Wörterbuch zu finden sei.
41.
Das Amt macht geltend, die angefochtene Entscheidung sei auf Eintragungshindernisse gestützt,
die sich in ihren Ergebnissen überschneiden könnten. Ein Begriff, der ausschließlich die Art oder
Zweckbestimmung der Ware beschreibe, sei auch nicht geeignet, die Waren des einen Unternehmens
von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden. Dass der Begriff EuroHealth in Wörterbüchern
nicht nachweisbar sei, sei nicht ausschlaggebend, denn das maßgebende Kriterium sei das
Verständnis eines Begriffes bei den angesprochenen Verkehrskreisen.
42.
Was schließlich den Mangel der Unterscheidungskraft der Marke für Finanzdienstleistungen
angehe, so werde in der angefochtenen Entscheidung darauf hingewiesen, dass bestimmte
Finanzdienstleistungen, besonders vermögensbildende Maßnahmen wie Spar- und Anlageprogramme,
auch auf die Absicherung gegen den Krankheitsfall zielten. Darüber hinaus seien Versicherungs- und
Finanzwesen zunehmend ineinander verflochten.
Würdigung durch das Gericht
43.
Gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 sind „Marken, die keine
Unterscheidungskraft haben“, von der Eintragung ausgeschlossen.
44.
Wie sich aus Artikel 7 Absatz 1 der Verordnung Nr. 40/94 ergibt, kann ein Zeichen bereits dann
nicht als Gemeinschaftsmarke eingetragen werden, wenn eines der aufgezählten absoluten
Eintragungshindernisse vorliegt (Urteil BABY-DRY, Randnr. 29).
45.
Da die Beschwerdekammer, wie oben festgestellt, fehlerfrei zu dem Ergebnis gelangte, dass das
Wort EuroHealth im englischsprachigen Teil der Gemeinschaft für Dienstleistungen des
Versicherungswesens rein beschreibend ist, ist das absolute Eintragungshindernis fehlender
Unterscheidungskraft des Zeichens im vorliegenden Rechtsstreit somit nur hinsichtlich der
Finanzdienstleistungen zu prüfen.
46.
Auch wenn die angefochtene Entscheidung formell auf Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b und c der
Verordnung Nr. 40/94 Bezug nimmt, ist sie in Wirklichkeit nur hinsichtlich des Buchstaben c mit einer
Begründung versehen. Denn in Randnummer 18 der angefochtenen Entscheidung wird das Fehlen der
Unterscheidungskraft des Wortes EuroHealth ausschließlich aus dessen beschreibendem Charakter
hergeleitet. Nach Auffassung der Beschwerdekammer hat das Zeichen deshalb, weil es für die
angemeldeten Dienstleistungen beschreibend sei, auch keine Unterscheidungskraft. Die
Beschwerdekammer stellte somit zur Anwendung von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung
Nr. 40/94 keinerlei eigenständige Erwägungen an.
47.
Wie oben festgestellt, nahm die Beschwerdekammer jedoch zu Unrecht an, dass das Wort
EuroHealth ausschließlich aus Zeichen bestehe, die für die in Frage stehenden
Finanzdienstleistungen beschreibend seien. Damit kann aber auch nicht angenommen werden, das
Wort sei aus demselben Grund hinsichtlich solcher Dienstleistungenungeeignet, die
Finanzdienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden.
48.
Auch wenn die Umstände, aus denen sich die beiden fraglichen Eintragungshindernisse ergeben
können, sich in gewissem Umfang überschneiden können, haben doch beide Eintragungshindernisse
ihren eigenen Anwendungsbereich (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 26. Oktober 2000 in
der Rechtssache T-345/99, Harbinger Corporation/HABM, TRUSTEDLINK, Slg. 2000, II-3525, Randnr. 31).
Da die angefochtene Entscheidung jedoch keine eigenständige Würdigung der Anwendung des
Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 enthält, ist sie in Bezug auf
Finanzdienstleistungen auch wegen Verstoßes gegen diese Vorschrift aufzuheben.
49.
Unter diesen Voraussetzungen ist die angefochtene Entscheidung nicht abzuändern, sondern
aufzuheben, damit das Amt gemäß Artikel 63 Absatz 6 der Verordnung Nr. 40/94 die sich aus dem
Urteil ergebenden Maßnahmen ergreifen kann.
50.
Nach alledem ist die angefochtene Entscheidung hinsichtlich der Dienstleistungen des Bereiches
„Finanzwesen“ aufzuheben; im Übrigen sind die Abänderungs- und Aufhebungsanträge
zurückzuweisen.
Kosten
51.
Nach Artikel 87 § 3 der Verfahrensordnung kann das Gericht beschließen, dass jede Partei ihre
eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Im vorliegenden Fall sind jeder
Partei ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Zweite Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Entscheidung der Ersten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts für den
Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) vom 15. Oktober 1999 in der Beschwerdesache
R 19/1999-1 wird aufgehoben, soweit Dienstleistungen des Bereiches „Finanzwesen“
betroffen sind.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.
Meij
Potocki
Pirrung
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 7. Juni 2001.
Der Kanzler
Der Präsident
H. Jung
A. W. H. Meij
Verfahrenssprache: Deutsch.
Slg.