Urteil des EuG vom 06.03.2002

EuG: kommission, staatliche beihilfe, unternehmen, spanien, grundstück, rechtliches gehör, bemessungsgrundlage, nummer, handel, verwaltungsverfahren

URTEIL DES GERICHTS (Dritte erweiterte Kammer)
6. März 2002
„Staatliche Beihilfen - Begriff der staatlichen Beihilfe - Steuerliche Maßnahmen - Selektiver Charakter -
Rechtfertigung durch das Wesen oder den Aufbau des Steuersystems - Vereinbarkeit der Beihilfe mit dem
Gemeinsamen Markt“
In den verbundenen Rechtssachen T-127/99, T-129/99 und T-148/99
Territorio Histórico de Álava - Diputación Foral de Álava,
Creus Carreras und B. Uriarte Valiente,
Klägerin in der Rechtssache T-127/99,
Comunidad Autónoma del País Vasco,
Gasteizko Industria Lurra SA
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte F. Pombo García, E. Garayar Gutiérrez und J. Alonso Berberena,
Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerinnen in der Rechtssache T-129/99,
Daewoo Electronics Manufacturing España SA
Rechtsanwälte A. Creus Carreras und B. Uriarte Valiente,
Klägerin in der Rechtssache T-148/99,
gegen
Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
Jordana als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
unterstützt durch
Asociación Nacional de Fabricantes de Electrodomésticos de Línea Blanca (ANFEL)
Madrid (Spanien), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte M. Muñiz und M Cortés Muleiro,
Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Streithelferin,
und
Conseil européen de la construction d'appareils domestiques (CECED),
Rechtsanwalt A. González Martínez, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Streithelfer in der Rechtssache T-148/99,
wegen Nichtigerklärung der Entscheidung 1999/718/EG der Kommission vom 24. Februar 1999 über die
staatliche Beihilfe Spaniens zugunsten von Daewoo Electronics Manufacturing España SA (Demesa) (ABl. L
292, S. 1)
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Dritte erweiterte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten J. Azizi, des Richters K. Lenaerts, der Richterin V. Tiili sowie der Richter R. M.
Moura Ramos und M. Jäger,
Kanzler: J. Plingers, Verwaltungsrat
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juni 2001,
folgendes
Urteil
Rechtlicher Rahmen
1.
Nach der von der Kommission vorgeschlagenen Karte Spaniens für Beihilfen mit regionaler
Zweckbestimmung (ABl. 1996, C 25, S. 3) gilt für derartige Beihilfen im Baskenland eine Höchstgrenze
von 25 % des Nettosubventionsäquivalents (im Folgenden: NSÄ).
2.
Mit Entscheidung vom 12. Dezember 1996 (SG [96] D/11028 [Staatliche Beihilfe N 529/96]), deren
Erlass bekannt gegeben wurde (ABl. 1997, C 189, S. 7), genehmigte die Kommission das
Regionalbeihilfeprogramm Ekimen der Autonomen Gemeinschaft des Baskenlands, das ihr Spanien am
28. Juni 1996 im Projektstadium gemeldet hatte. Das Programm wurde durch das Dekret Nr. 289/1996
vom 17. Dezember 1996 (im Folgenden: Ekimen-Dekret), veröffentlicht im
Nr. 246 vom 23. Dezember 1996, S. 20138, geschaffen.
3.
Das Programm galt für die Zeit von 1996 bis 1998. Mit ihm sollten die Regionalentwicklung und die
Schaffung von Arbeitsplätzen in der Autonomen Gemeinschaft des Baskenlands gefördert werden
(Artikel 1 des Ekimen-Dekrets). Die Beihilfen konnten in Form von verlorenen Zuschüssen oder
zinsgünstigen Krediten für die Errichtung neuer oder die Erweiterung und Modernisierung
bestehender Anlagen gewährt werden (Artikel 9 des Ekimen-Dekrets). Die beihilfefähigen Kosten
umfassten Grundstücke, Gebäude und Anlagen (Artikel 7 Buchstabe a des Ekimen-Dekrets).
4.
Die Beihilfen konnten u. a. Industrieunternehmen gewährt werden (Artikel 3 des Ekimen-Dekrets),
sofern ihre Investitionen die folgenden, in Artikel 5 des Ekimen-Dekrets festgelegten Voraussetzungen
erfüllten:
- Das Investitionsvorhaben musste in technischer, wirtschaftlicher und finanzieller Hinsicht tragfähig
sein und innerhalb einer Frist von drei Jahren ab dem Datum der Beihilfegewährung durchgeführt
werden;
- die Investition musste sich auf mehr als 360 Mio. ESP belaufen;
- mit dem Projekt mussten mindestens 30 Arbeitsplätze geschaffen werden;
- die fraglichen Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen waren durch nur eine rechtliche
Einheit und im Fall von Unternehmen mit mehreren Betrieben in nur einem dieser Betriebe zu
erbringen, es sei denn, es wurde ordnungsgemäß nachgewiesen, dass es sich nur um ein
Investitionsvorhaben handelte;
- mindestens 30 % der Investition waren aus Eigenmitteln des begünstigten Unternehmens zu
finanzieren.
5.
Gemäß Artikel 10 des Ekimen-Dekrets durften die im Rahmen dieses Beihilfeprogramms gewährten
Beihilfen nicht mehr als 25 % der Investition betragen (vgl. unten, Randnr. 112).
6.
Der geltende steuerliche Rahmen im Baskenland beruht auf einem Finanzabkommen mit der
Zentralregierung, das in dem spanischen Gesetz Nr. 12/1981 vom 13. Mai 1981 niedergelegt ist und
zuletzt durch das Gesetz Nr. 38/1997 vom 4. August 1997 geändert wurde. Nach diesen
Rechtsvorschriften kann die Diputación Foral de Álava, eine Selbstverwaltungskörperschaft, das
Steuersystem in ihrem Gebiet unter bestimmten Voraussetzungen selbst regeln.
7.
Die Diputación Foral de Álava hat auf dieser Grundlage verschiedene steuerliche Vergünstigungen
eingeführt, darunter eine Steuergutschrift von 45 % und eine Ermäßigung der Bemessungsgrundlage
der Körperschaftssteuer.
Steuergutschrift von 45 %
8.
Die Sechste Zusatzbestimmung zur Norma Foral Nr. 22/1994 (Regionalgesetz) vom 20. Dezember
1994 über den Vollzug des Haushalts 1995 der Provinz Álava (
[im Folgenden: BOTHA] Nr. 5 vom 13. Januar 1995) bestimmt:
„Für die über 2,5 Mrd. ESP hinausgehenden Kosten für Investitionen in neue Sachanlagen, die
zwischen dem 1. Januar und 31. Dezember 1995 angefallen sind, wird gemäß der Entscheidung der
Diputación Foral de Álava eine Steuergutschrift in Höhe von 45 % des von der Diputación Foral de
Álava bestätigtenInvestitionsbetrags gewährt, um die sich die geschuldete Körperschaftssteuer
ermäßigt.
Die wegen unzureichender Investitionen nicht angewandten Abzüge von der Steuer können innerhalb
von neun Jahren nach dem Jahr der Entscheidung der Diputación Foral vorgenommen werden.
In dieser Entscheidung werden auch die Fristen und Höchstgrenzen für den jeweiligen Fall festgelegt.
Die im Rahmen der vorliegenden Bestimmungen gewährten Vorteile schließen weitere
Steuervergünstigungen für dieselben Investitionen aus.
Die Diputación Foral de Álava kann ferner die Dauer des Investitionsprozesses bestimmen und in der
Vorbereitungsphase getätigte Investitionen in die Beihilfe für das Investitionsbvorhaben einbeziehen.“
9.
Diese Regelung blieb aufgrund der Fünften Zusatzbestimmung zur Norma Foral Nr. 33/1995 vom 20.
Dezember 1995 (BOTHA Nr. 4 vom 10. Januar 1996), geändert durch Nummer 2.11 der
Ausnahmebestimmung zur Norma Foral Nr. 24/1996 vom 5. Juli 1996 (BOTHA Nr. 90 vom 9. August
1996), zunächst bis zum 31. Dezember 1996 und aufgrund der Siebten Zusatzbestimmung zur Norma
Foral Nr. 31/1996 vom 18. Dezember 1996 (BOTHA Nr. 148 vom 30. Dezember 1996) weiter bis zum 31.
Dezember 1997 in Kraft. Die Steuergutschrift in Höhe von 45 % des Investitionsbetrags wurde
aufgrund der Elften Zusatzbestimmung zur Norma Foral Nr. 33/1997 vom 19. Dezember 1997 (BOTHA
Nr. 150 vom 31. Dezember 1997) und aufgrund der Siebten Zusatzbestimmung zur Norma Foral Nr.
36/1998 vom 17. Dezember 1998 (BOTHA Nr. 149 vom 30. Dezember 1998) für die Jahre 1998 und
1999 beibehalten, wenn auch in veränderter Form.
Ermäßigung der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer
10.
Artikel 26 der in der vorstehenden Randnummer genannten Norma Foral Nr. 24/1996 vom 5. Juli
1996 bestimmt:
„(1) Unternehmen, die ihre Geschäftstätigkeit aufnehmen, erhalten vor dem Ausgleich negativer
Steuerbemessungsgrundlagen aus Vorperioden in vier aufeinanderfolgenden
Steuerbemessungszeiträumen eine Ermäßigung von 99 %, 75 %, 50 % bzw. 25 % der positiven
Bemessungsgrundlage ab dem ersten Geschäftsjahr, in dem innerhalb von vier Jahren nach Aufnahme
der Geschäftstätigkeit positive Bemessungsgrundlagen erzielt werden.
...
(2) Um in den Genuss dieser Ermäßigung zu kommen, müssen die Steuerschuldner folgende
Voraussetzungen erfüllen:
a) Sie müssen ihre Geschäftstätigkeit mit einem voll einbezahlten Kapital von mindestens 20 Mio. ESP
aufnehmen.
b) ...
c) ....
d) Die neue Tätigkeit darf nicht zuvor schon einmal direkt oder indirekt unter einer anderen
Rechtsträgerschaft ausgeführt worden sein.
e) Die neue Geschäftstätigkeit muss in einer Räumlichkeit oder Einrichtung ausgeübt werden, in der
keine andere natürliche oder juristische Person eine andere Tätigkeit ausübt.
f) In den ersten zwei Jahren müssen Sachanlageinvestitionen in Höhe von mindestens 80 Mio. ESP
durchgeführt werden, wobei alle Investitionen in für die Geschäftstätigkeit benötigte Anlagen erfolgen
müssen. Diese dürfen jedoch nicht zur Nutzung an Dritte verpachtet oder abgetreten werden. Zu
diesem Zweck gelten auch durch Finanzleasing erworbene Ausrüstungen als Sachanlageinvestitionen,
sofern eine Verpflichtung zur Ausübung der Kaufoption eingegangen wird.
g) In den ersten sechs Monaten nach Aufnahme der Geschäftstätigkeit müssen mindestens zehn
Arbeitsplätze geschaffen werden, und bis zu dem Geschäftsjahr, in dem der Anspruch auf Ermäßigung
der Bemessungsgrundlage ausläuft, muß die durchschnittliche jährliche Beschäftigtenzahl auf diesem
Stand bleiben.
h) ...
i) Es muß ein Geschäftsplan für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren vorliegen.
(3) ...
(4) Der in Absatz 2 Buchstabe f genannte Mindestbetrag und die unter Buchstabe g festgelegte
Mindestanzahl neu geschaffener Arbeitsplätze schließen jegliche andere Steuervergünstigung für
solche Investitionen oder für die Schaffung von Arbeitsplätzen aus.
(5) Die in diesem Artikel geregelte Ermäßigung muß bei der Steuerverwaltung beantragt werden, die
dem Antragsteller nach Prüfung der Einhaltung der eingangs genannten Bedingungen eine
provisorische Genehmigung erteilt, die dann durch Beschluss der Diputación Foral von Álava bestätigt
werden muss.“
Sachverhalt
11.
Am 13. März 1996 unterzeichneten die baskischen Behörden und die Daewoo Electronics Co. Ltd (im
Folgenden: Daewoo Electronics) eine Vereinbarung, mit der sich Daewoo Electronics verpflichtete, im
Baskenland ein Werk für die Herstellung von Kühlschränken zu errichten. Im Gegenzug verpflichteten
sich die baskischen Behörden, das Vorhaben mit einer Reihe von Zuschüssen zu unterstützen.
12.
In der Vereinbarung heißt es, für das Vorhaben könnten ein verlorener Zuschuss von bis zu 25 %
der Sachanlageinvestitionen und der Anlaufkosten sowie sämtliche für Investoren im Baskenland
allgemein verfügbare staatliche Beihilfen für Umweltschutz, Forschung und Entwicklung sowie
Energieeinsparung gewährt werden.
13.
Das von Daewoo Electronics gegründete Unternehmen sollte einen Geschäftsplan ausarbeiten,
dessen Genehmigung durch die baskischen Behörden eine Voraussetzung für die Durchführung der
Vereinbarung bildete. Dieser Geschäftsplan, der die Zeit von 1996 bis 2001 umfasste, wurde den
baskischen Behörden im September 1996 vorgelegt. Er sah Investitionen in Höhe von 11 835 600 000
ESP und die Schaffung von 745 Arbeitsplätzen vor. Der Verkauf sollte 1997 hauptsächlich auf dem
spanischen, dem französischen und dem italienischen Markt beginnen und 1998 auf den deutschen
und den britischen Markt ausgeweitet werden. Anfangs sollte der größte Teil des Umsatzes auf dem
spanischen Markt erzielt werden. Die Exporte sollten Jahr für Jahr zunehmen und in drei bis vier Jahren
60 % des Gesamtumsatzes erreichen.
14.
Am 7. Oktober 1996 wurde als eine Gesellschaft spanischen Rechts und 100%ige
Tochtergesellschaft der Daewoo Electronics die Daewoo Electronics Manufacturing España SA (im
Folgenden: Demesa) gegründet.
15.
Mit Schreiben vom 10. Oktober 1996 bot das zum öffentlichen Bereich gehörende Unternehmen
Gasteizko Industria Lurra SA (im Folgenden: Gasteizko Industria) Demesa ein erschlossenes
Grundstück von 100 000 m
2
in Vitoria-Gasteiz, im Industriegebiet Júndiz, zum Preis von 4 125 ESP/m
2
zum Kauf an. Demesa nahm dieses Angebot im November 1996 an.
16.
Etwa im November 1996 begann Demesa mit den Bauarbeiten zur Errichtung ihrer
Kühlschrankfabrik.
17.
Am 24. Dezember 1996 bewilligte die baskische Regionalregierung Demesa auf der Grundlage des
Ekimen-Dekrets (vgl. oben, Randnrn. 2 bis 5) einen Zuschuss in Höhe von 25 % des
Bruttosubventionsäquivalents (im Folgenden: BSÄ) des gesamten Investitionsbetrags, d. h. in Höhe
von 2 958 900 000 ESP.
18.
Mit der Entscheidung Nr. 737/1997 der Diputación Foral de Álava vom 21. Oktober 1997 wurde der
Klägerin die oben in den Randnummern 8 und 9 genannte Steuergutschrift von 45 % gewährt.
19.
Am 30. Dezember 1997 wurde der Kaufvertrag wirksam unterzeichnet und zahlte Demesa der
Gasteizko Industria den im Angebot vom 10. Oktober 1996 genannten Grundstückskaufpreis (vgl.
oben, Randnr. 15).
20.
Am 30. Dezember 1997 wurde der Grundstückskauf auch formgültig vollzogen.
Verwaltungsverfahren
21.
Mit Schreiben vom 11. Juni 1996 erhielt die Kommission eine Beschwerde der Asociacíon Nacional
de Fabricantes de Electrodomésticos de Línea Blanca (im Folgenden: ANFEL) gegen eine Beihilfe, die
Spanien Demesa in Form von Zuschüssen und Steuerbefreiungen gewährt habe, die über die im
Baskenland zulässige Regionalbeihilfegrenze hinausgingen. Daneben erhielt die Kommission
Beschwerden zum gleichen Gegenstand vom Conseil européen de la construction d'appareils
domestiques (im Folgenden: CECED) und von der Associazione Nazionale Industria Elettrotecniche ed
Elettroniche (im Folgenden: ANIE).
22.
Mit Schreiben vom 26. Juni 1996 richtete die Kommission an die spanischen Behörden ein
Auskunftsersuchen.
23.
Mit Schreiben vom 16. September 1996 übermittelten die spanischen Behörden der Kommission
verschiedene Informationen. Mit Schreiben vom 11. Februar 1997 übersandten sie ihr ergänzend
weitere Informationen.
24.
Mit Schreiben vom 16. Dezember 1997 unterrichtete die Kommission die spanischen Behörden über
ihre Entscheidung, u. a.,
„das Verfahren nach Artikel 93 Absatz 2 wegen einer möglichen Überschreitung der im Baskenland
zulässigen Beihilfehöchstgrenze von 25 % NSÄ einzuleiten, die durch die Gewährung folgender ...
Beihilfen an Demesa bewirkt werden könnte:
- die steuerlichen Maßnahmen im Rahmen der Steuerregelung der Provinz Álava (Norma Foral Nr.
24/1996 vom 5. Juli 1996 über die Körperschaftsteuer);
- die Steuergutschrift in Form einer 45%igen Ermäßigung der geschuldeten Körperschaftsteuer
(Sechste Zusatzbestimmung zur Norma Foral Nr. 22/1994 vom 20. Dezember 1994 über den Vollzug
des Haushalts der Provinz Álava im Jahr 1995, verlängert durch die Norma Foral Nr. 33/1995 vom 20.
Dezember 1995 [Fünfte Zusatzbestimmung], die Norma Foral Nr. 24/1996 vom 5. Juli 1996
[Ausnahmebestimmung, Nummer 2.11] und dieNorma Foral Nr. 31/1996 vom 18. Dezember 1996
[Siebte Zusatzbestimmung]);
- die unentgeltliche Nutzung eines 500 000 m
2
großen Grundstücks durch Demesa im
Industriegebiet von Júndiz seit 1996 und der möglicherweise nicht den Marktpreisen entsprechende
Verkaufspreis für dieses Grundstück.“
25.
Die Kommission ersuchte die Beteiligten um Stellungnahme zu den angeblichen Beihilfen (ABl. 1998,
C 103, S. 3). Die spanischen Behörden nahmen mit Schreiben vom 23. Januar und 6. März 1998
Stellung. Die Kommission erhielt weiterhin Stellungnahmen verschiedener Beteiligter und übermittelte
sie den spanischen Behörden, die sich hierzu mit Schreiben vom 20. Oktober 1998 äußerten.
26.
Mit Schreiben vom 4. Juni 1998 unterrichtete die Kommission die spanischen Behörden über ihre
Entscheidung, das anhängige Verfahren auf die Demesa im Rahmen des Ekimen-Programms gewährte
Beihilfe auszudehnen, und zwar hinsichtlich des Teils, der nicht durch die allgemeine Regel in Artikel
10 Absatz 1 des Ekimen-Dekrets abgedeckt werde, die eine Beihilfeintensität von bis zu 10 % der
tatsächlichen beihilfefähigen Kosten zulasse (vgl. unten, Randnr. 112).
27.
Die Kommission ersuchte die Beteiligten auch insoweit um Stellungnahme (ABl. 1998, C 266, S. 6).
Die spanischen Behörden nahmen mit Schreiben vom 22. und 24. Juli 1998 Stellung. Die Kommission
übermittelte die Stellungnahmen der übrigen Beteiligten den spanischen Behörden, die hierauf mit
Schreiben vom 3. Dezember 1998 reagierten.
28.
Die Dienststellen der Kommission und Vertreter der baskischen Behörden hielten am 29. Oktober
und 15. Dezember 1998 zwei Sitzungen, in Brüssel und in Vitoria-Gasteiz, ab.
29.
Am 24. Februar 1999 erließ die Kommission die Entscheidung 1999/718/EG (ABl. L 292, S. 1; im
Folgenden: angefochtene Entscheidung).
30.
Die angefochtene Entscheidung bestimmt:
Die von Spanien zugunsten der [Demesa] gewährten staatlichen Beihilfen bestehend aus
a) einem Vorteil durch einen neunmonatigen Aufschub der Zahlung des Grundstückspreises,
gerechnet ab Inbesitznahme des Grundstücks im Industriepark Júndiz (Vitoria-Gasteiz) durch [Demesa]
zwecks Ausführungder Bauarbeiten bis zur Entrichtung des Kaufpreises in Höhe von 184 075,79 Euro,
b) einem Vorteil in Höhe der Differenz zwischen dem Marktpreis und dem von [Demesa] gezahlten
Preis für ein Grundstück im Industriepark Júndiz in Höhe von 213 960,31 Euro,
c) einem Mehrbetrag in Höhe von 5 %, um den die zulässige Beihilfehöchstgrenze von 20 % der im
Rahmen des Ekimen-Programms beihilfefähigen Kosten überschritten wurde, wobei von diesen Kosten
Ausrüstungen abzuziehen sind, deren Wert in dem von den spanischen Behörden als Anhang zu ihrem
Schreiben vom 24. Juli 1998 vorgelegten Prüfbericht mit 1 803 036,31 Euro angegeben wird,
d) einer Steuergutschrift für 45 % der Investitionskosten, genehmigt durch die Diputación Foral de
Álava durch die Entscheidung Nr. 737/1997 vom 21. Dezember 1997,
e) einer Ermäßigung der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer für neu gegründete
Unternehmen gemäß Norma Foral 24/1996 Artikel 26,
sind mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar.
(1) Spanien ergreift alle notwendigen Maßnahmen, um
a) die in Artikel 1 Buchstaben a), b) und c) genannten, rechtswidrig zur Verfügung gestellten
Beihilfen vom Empfänger zurückzufordern,
b) hinsichtlich der in Artikel 1 Buchstaben d) und e) genannten rechtswidrig zur Verfügung
gestellten Beihilfen dem Empfänger die erlangten Vorteile wieder zu entziehen.
(2) Die Rückforderung der Beihilfe erfolgt nach den nationalen Vorschriften. Die zurückzufordernde
Beihilfe umfasst Zinsen von dem Zeitpunkt an, ab dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger zur
Verfügung stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung. Die Zinsen werden auf der Grundlage des für
die Berechnung des Subventionsäquivalents der Regionalbeihilfen verwendeten Bezugssatzes
berechnet.
Spanien teilt der Kommission binnen zwei Monaten nach der Bekanntgabe dieser Entscheidung die
Maßnahmen mit, die ergriffen wurden, um der Entscheidung nachzukommen.
Diese Entscheidung ist an das Königreich Spanien gerichtet.“
Verfahren
31.
Mit Klageschriften, die am 25. Mai, 26. Mai und 18. Juni 1999 bei der Kanzlei des Gerichts
eingegangen sind, haben die Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99, T-129/99 und T-148/99 die
vorliegenden Klagen auf Nichtigerklärung der angefochtenen Entscheidung erhoben.
32.
Mit Schriftsätzen, die am 17. November 1999 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, hat die
ANFEL beantragt, zur Unterstützung der Anträge der Kommission in den Rechtssachen T-127/99 und T-
129/99 als Streithelferin zugelassen zu werden.
33.
Mit Schriftsätzen, die am 13. Dezember 1999 bei der Kanzlei des Gerichts eingegangen sind, haben
die ANFEL und der CECED beantragt, zur Unterstützung der Anträge der Kommission in der
Rechtssache T-148/99 als Streithelferinnen zugelassen zu werden.
34.
Der Präsident der Dritten erweiterten Kammer des Gerichts hat diesen Streithilfeanträgen mit
Beschluss vom 25. Februar 2000 stattgegeben.
35.
Die ANFEL und der CECED haben am 12. April 2000 ihre Streithilfeschriftsätze eingereicht, zu denen
die Parteien Stellung genommen haben.
36.
Mit Beschluss vom 5. Juni 2001 sind die Rechtssachen T-127/99, T-129/99 und T-148/99 zu
gemeinsamem Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.
37.
Das Gericht hat auf Bericht des Berichterstatters beschlossen, die mündliche Verhandlung zu
eröffnen.
38.
Die Verfahrensbeteiligten haben in der Sitzung vom 26. Juni 2001 mündlich verhandelt und Fragen
des Gerichts beantwortet.
Anträge der Verfahrensbeteiligten
39.
Die Klägerin in der Rechtssache T-127/99 beantragt,
- die Klage für zulässig und begründet zu erklären und die Artikel 1 Buchstaben d und e und 2 Absatz
1 Buchstabe b und Absatz 2 der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären;
- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
40.
In der Rechtssache T-129/99 beantragen die Klägerinnen,
- die angefochtene Entscheidung für nichtig zu erklären;
- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen;
- der ANFEL die Streithilfekosten aufzuerlegen.
41.
Die Klägerin in der Rechtssache T-148/99 beantragt,
- die Klage für zulässig und begründet zu erklären;
- die angefochtene Erklärung für nichtig zu erklären;
- der Kommission die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
42.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 beantragen ferner, der Kommission
die Vorlage ihrer internen Unterlagen zum Erlass der angefochtenen Entscheidung aufzugeben. In der
Rechtssache T-129/99 beantragen die Klägerinnen die Vorlage sämtlicher Akten, die die
angefochtene Entscheidung betreffen.
43.
In den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 beantragt die Kommission,
- die Klage abzuweisen;
- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
44.
In der Rechtssache T-129/99 beantragt die Kommission,
- die Klage hinsichtlich Artikel 1 Buchstaben d und e der angefochtenen Entscheidung für unzulässig
zu erklären oder, hilfsweise, die Klage insoweit als unbegründet abzuweisen;
- die Klage hinsichtlich Artikel 1 Buchstaben a bis c der angefochtenen Entscheidung abzuweisen;
- den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
45.
Die Kommission ist ferner der Auffassung, dass die Anträge der Klägerinnen in den Rechtssachen T-
127/99, T-129/99 und T-148/99 auf Vorlage bestimmter Unterlagen oder sämtlicher Akten
zurückzuweisen sind.
46.
Wie die ANFEL und der CECED in der mündlichen Verhandlung klargestellt haben, beantragt die
ANFEL in allen drei Rechtssachen und der CECED in der Rechtssache T-148/99,
- die Klage abzuweisen;
- den Klägerinnen die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Zur teilweisen Unzulässigkeit der Klage in der Rechtssache T-129/99
47.
Nach Auffassung der Kommission ist die Klage in der Rechtssache T-129/99 unzulässig, soweit die
Klägerinnen die Nichtigerklärung von Artikel 1 Buchstaben d und e der angefochtenen Entscheidung
beantragen. Von diesen Bestimmungen seien die Klägerinnen nämlich nicht im Sinne von Artikel 230
Absatz 4 EG unmittelbar und individuell betroffen.
48.
Die Klägerinnen in der Rechtssache T-129/99 halten dem entgegen, dass die angefochtene
Entscheidung als ein unteilbares Ganzes anzusehen sei. Die Kommission habe die in Artikel 1
Buchstaben d und e genannten steuerlichen Beihilfen und die in Artikel 1 Buchstaben a bis c
genannten Beihilfen überdies pauschal zusammengefasst und auf dieser Grundlage festgestellt, dass
die Gesamthöhe der Beihilfen an Demesa die zulässige maximale Beihilfeintensität im Baskenland bei
weitem überschreite. Schließlich habe die Autonome Gemeinschaft des Baskenlands nach spanischem
Recht Zuständigkeiten in den in Artikel 1 Buchstaben d und e genannten Steuerangelegenheiten. Ihr
sei daher hinsichtlich dieser Bestimmungen eine Klagebefugnis zuzuerkennen.
49.
Dazu ist zunächst festzustellen, dass die Klägerinnen in der Rechtssache T-129/99, die Autonome
Gemeinschaft des Baskenlands und die Gasteizko Industria, nicht Adressaten der angefochtenen
Entscheidung sind. Daher ist zu prüfen, ob diese Parteien als im Sinne von Artikel 230 Absatz 4 EG
durch die angefochtene Entscheidung unmittelbar und individuell betroffen angesehen werden
können.
50.
Artikel 1 Buchstaben a und b der angefochtenen Entscheidung betrifft Beihilfen, die die Gasteizko
Industria an Demesa gewährt haben soll, und Artikel 1 Buchstabe c der angefochtenen Entscheidung
bezieht sich auf eine Demesa angeblich von der Autonomen Gemeinschaft des Baskenlands gewährte
Beihilfe. Die fraglichen Bestimmungen der angefochtenen Entscheidung betreffen nicht nur
Handlungen, deren Urheber die Klägerinnen in der Rechtssache T-129/99 sind, sondern hindern diese
daran, ihre eigenen Befugnisse, die ihnen nach innerstaatlichem spanischem Recht unmittelbar
zustehen, in der von ihnen gewünschten Weise auszuüben (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichts
vom 30. April 1998 in der Rechtssache T-214/95, Vlaams Gewest/Kommission, Slg. 1998, II-717,
Randnrn. 29 und 30, und vom 15. Juni 1999 in der Rechtssache T-288/97, Regione Autonoma Friuli-
Venezia Giulia/Kommission, Slg. 1999, II-1871, Randnr. 31).
51.
Daher ist die Gasteizko Industria unmittelbar und individuell durch Artikel 1 Buchstaben a und b der
angefochtenen Entscheidung und die Autonome Gemeinschaft des Baskenlands unmittelbar und
individuell durch Artikel 1 Buchstabe c der angefochtenen Entscheidung betroffen.
52.
Da nur eine einzige Klage erhoben wurde, ist diese deshalb als zulässig anzusehen, soweit sie
gegen Artikel 1 Buchstaben a bis c der angefochtenen Entscheidung gerichtet ist (vgl. in diesem
Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 24. März 1993 in der Rechtssache C-313/90, CIRFS u.
a./Kommission, Slg. 1993, I-1125, Randnr. 31).
53.
Was die in Artikel 1 Buchstaben d und e der angefochtenen Entscheidung genannten Maßnahmen,
die Steuergutschrift und die Ermäßigung der Bemessungsgrundlage, anbelangt, so wurden sie
unstreitig von keiner der Klägerinnen in der Rechtssache T-129/99 erlassen.
54.
Die Klägerinnen in dieser Rechtssache meinen jedoch, dass diese Bestimmungen der
angefochtenen Entscheidung sie gleichwohl unmittelbar und individuell beträfen. Sie verweisen
insoweit zunächst auf die eigenen steuerlichen Zuständigkeiten der Autonomen Gemeinschaft des
Baskenlands.
55.
Dieses Argument kann jedoch nicht durchgreifen, da die Autonome Gemeinschaft des Baskenlands
nicht nachgewiesen hat, dass Artikel 1 Buchstaben d und e der angefochtenen Entscheidung sie
daran hinderte, ihre eigenen steuerlichen Befugnisse in der von ihr gewünschten Weise
wahrzunehmen (Urteil Vlaams Gewest/Kommission, zitiert oben in Randnr. 50, Randnr. 29).
56.
Die Klägerinnen können sich auch nicht darauf berufen, dass die angefochtene Entscheidung
unteilbar sei. Die angefochtene Entscheidung stellt sich nämlich als ein Bündel von Entscheidungen
zu verschiedenen Beihilfen dar, die demselben Unternehmen durch unterschiedliche öffentliche
Rechtsträger gewährt wurden.
57.
Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen berücksichtigte die Kommission überdies die
angeblichen Beihilfen, die in Artikel 1 Buchstaben d und e der angefochtenen Entscheidung
bezeichnet sind, im Rahmen der Entscheidung nicht bei ihrer Beurteilung, ob die Demesa nach dem
Ekimen-Programm gewährten Vergünstigungen über die in der Entscheidung vom 12. Dezember 1996
(vgl. oben, Randnr. 2) genannte zulässige Höchstgrenze hinausgingen. Die Kommission stützte in der
angefochtenen Entscheidung ihre Auffassung, dass die in der Entscheidung bezeichneten Beihilfen
mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar seien, auch nicht auf die Feststellung, dass die
verschiedenen Vergünstigungen, die Demesa eingeräumt worden seien, in ihrer Gesamtheit über die
für das Baskenland festgelegte Höchstgrenze von 25 % des NSÄ hinausgegangen seien (vgl. oben,
Randnr. 1).
58.
Demnach ist die Klage in der Rechtssache T-129/99 unzulässig, soweit mit ihr die Nichtigerklärung
von Artikel 1 Buchstaben d und e der angefochtenenEntscheidung und folglich auch von Artikel 2
Absatz 1 Buchstabe b der angefochtenen Entscheidung begehrt wird.
Zur Begründetheit
59.
In den Klageschriften, mit denen die vorliegenden Klagen erhoben wurden, lassen sich drei
gemeinsame Klagegründe unterscheiden. Mit dem ersten dieser Klagegründe wird ein Verstoß gegen
Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 87 Absatz 1 EG), mit dem zweiten eine
Verletzung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Rechtssicherheit und mit dem dritten ein
Verstoß gegen Artikel 190 EG-Vertrag (jetzt Artikel 253 EG) gerügt.
60.
In den Rechtssachen T-129/99 und T-148/99 machen die Klägerinnen als weiteren Klagegrund eine
Verletzung des rechtlichen Gehörs geltend. Schließlich stützen sich die Klägerinnen in der
Rechtssache T-129/99 auch auf den Klagegrund eines Verstoßes gegen Artikel 92 Absatz 3 EG-
Vertrag.
I -
61.
Dieser Klagegrund besteht aus sechs Teilen. Die ersten fünf Teile beziehen sich jeweils auf die
einzelnen Beihilfen, die im Tenor der angefochtenen Entscheidung (Artikel 1 Buchstaben a bis e)
aufgeführt werden. Der sechste Klagegrund betrifft etwaige Wettbewerbsverzerrungen und die
Beeinträchtigung des innergemeinschaftlichen Handels im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag.
62.
Es erscheint zweckmäßig, vor der Rechtmäßigkeitsprüfung der sonstigen Bestimmungen des
Artikels 1 der angefochtenen Entscheidung den Teil des Klagegrunds zu prüfen, der sich auf die dort
unter Buchstabe b genannte Einzelbeihilfe bezieht.
63.
In der angefochtenen Entscheidung setzte die Kommission den Marktpreis des Grundstücks von
100 000 m
2
, das die Gasteizko Industria an Demesa verkaufte, mit 4 481 ESP/m
2
an (angefochtene
Entscheidung, Abschnitt V.2.2, letzter Absatz). Es handelte sich um ein erschlossenes Grundstück mit
Anschlüssen an die Wasser-, Gas- und Stromversorgung und an die Kanalisation.
64.
Der von der Kommission zugrunde gelegte Preis von 4 481 ESP/m
2
wird in einem Bericht von Price
Waterhouse vom Januar 1997 genannt (angefochtene Entscheidung, Abschnitt V.2.2, siebter Absatz).
In dem Bericht sei nämlich „für Grundstücke von 50 000 m
2
, die im gleichen Gebiet liegen wie Demesa,
ein Preis von 4 481 ESP pro erschlossenem Quadratmeter angegeben“ (angefochtene Entscheidung,
Abschnitt III.2.1, vierter Absatz).
65.
Der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass die Kommission die von Price Waterhouse
vorgenommene Schätzung durch Einholung dreier weiterer Gutachten nachprüfte.
66.
So bezieht sie sich zunächst auf die Schätzungen zweier Sachverständiger für Immobilien vom 13.
Januar und 6. Februar 1998, die die baskischen Regionalbehörden im Verwaltungsverfahren vorgelegt
hatten. In der angefochtenen Entscheidung wird dazu erläutert:
„In der ersten Schätzung wird ... darauf verwiesen, dass der Verkaufspreis für ein erschlossenes
Grundstück von über 10 000 m
2
bei 4 000 ESP/m
2
bis 4 500 ESP/m
2
liegen müsste. Bei der zweiten
Schätzung, die auf realen Angaben, d. h. auf den Verkaufspreisen für in den vorangegangenen
Monaten verkaufte erschlossene Grundstücke ähnlicher Art beruhte, wurde für zwei Grundstücke mit
einer Fläche von etwa 33 000 m
2
und 50 000 m
2
, die also weit über 10 000 m
2
lag, ein Preis von 5 000
ESP/m
2
ermittelt. Daraus wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass es auf dem Markt keine
Referenzen für erschlossene Grundstücke von 100 000 m
2
gibt und unter diesen Umständen sowie
angesichts der hohen Beschließungskosten für große Grundstücke ein Preis zwischen 4 000 ESP/m
2
und 4 800 ESP/m
2
gerechtfertigt scheint. Zugleich wurde der politische Aspekt des Verkaufs
hervorgehoben, unter dem für einen solchen Verkauf nicht unbedingt wirtschaftliche Maßstäbe
angelegt werden können“ (angefochtene Entscheidung, Abschnitt V.2.2, fünfter Absatz).
67.
Die Kommission stützte sich ferner auf eine Buchprüfung durch die Firma IDOM vom Juli 1998. Dazu
heißt es in der angefochtenen Entscheidung:
„Bei [dieser] Buchprüfung ... wurde festgestellt, dass der Quadratmeterpreis für ein nicht
erschlossenes Grundstück im gleichen Gebiet bei ca. 5 000 ESP/m
2
liegt. Der von Demesa gezahlte
Preis wäre durch einen Rabatt für die Größe des Grundstücks gerechtfertigt. Der Wirtschaftsprüfer
bleibt jedoch in seinen Schlussfolgerungen bei dem Preis von 5 000 ESP/m
2
und weist auf die Differenz
zwischen seiner Schätzung und dem von den Regionalbehörden festgelegten Preis von 4 125 ESP/m
2
hin“ (angefochtene Entscheidung, Abschnitt V.2.2, sechster Absatz).
68.
Weiterhin stellte die Kommission fest, „dass der Durchschnittspreis aus diesen [in den drei
Gutachten enthaltenen] Schätzungen nicht wesentlich von dem durchschnittlichen Quadratmeterpreis
von 4 481 ESP/m
2
für erschlossenes Gelände abweicht, der im Januar 1997 von Price Waterhouse
ermittelt wurde und der die Erschließungskosten enthält“ (angefochtene Entscheidung, Abschnitt
V.2.2, siebter Abschnitt). Diesen Preis sah die Kommission deshalb als den Marktpreis an.
69.
Sie fügte hinzu, dass Demesa mit „dem von ihr bezahlten Preis von 4 125 ESP/m
2
... einen Vorteil
erlangt [habe], der der Differenz zwischen beiden Zahlenentspricht (356 ESP/m
2
), nämlich 213 960,31
Euro (35 600 000 ESP)“ (angefochtene Entscheidung, Abschnitt V.2.2, letzter Absatz).
70.
Unter diesen Umständen stufte die Kommission in Artikel 1 Buchstabe b der angefochtenen
Entscheidung den „Vorteil in Höhe der Differenz zwischen dem Marktpreis und dem von [Demesa]
gezahlten Preis für ein Grundstück im Industriepark Júndiz in Höhe von 213 960,31 Euro“ als staatliche
Beihilfe ein.
71.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-129/99 und T-148/99 machen geltend, dass die Kommission
mit ihrer Feststellung, dass der Kaufpreis von 4 125 ESP/m
2
nicht dem Marktpreis entspreche, gegen
Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag verstoßen habe. Sie rügen, dass die Kommission in der angefochtenen
Entscheidung einen Marktpreis willkürlich festgesetzt habe. Sie habe nämlich auf einen Preis von 4
481 ESP/m
2
, den die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Price Waterhouse für ein Grundstück von 50 000
m
2
ermittelt habe, abgestellt, obgleich alle ihr im Verwaltungsverfahren vorgelegten Gutachten
unabhängiger Sachverständiger den wirklichen Verkaufspreis von 4 125 ESP/m
2
in die Bandbreite der
Marktpreise eingeschlossen hätten.
72.
Dazu ist festzustellen, dass der Verkauf von Gütern zu Vorzugsbedingungen, wie er hier mittels der
Gasteizko Industria vorgenommen wurde, eine staatliche Beihilfe darstellen kann (Urteil des
Gerichtshofes vom 11. Juli 1996 in der Rechtssache C-39/94, SFEI u. a., Slg. 1996, I-3547, Randnr. 59).
73.
Um zu ermitteln, ob Demesa mit dem Erwerb des Grundstückes von 100 000 m
2
eine staatliche
Beihilfe erhielt, ist zu prüfen, ob das Unternehmen das Grundstück zu einem Preis erwarb, den es
unter normalen Marktbedingungen nicht hätte erreichen können (Urteile des Gerichtshofes vom 29.
April 1999 in der Rechtssache C-342/96, Spanien/Kommission, Slg. 1999, I-2459, Randnr. 41, und vom
29. Juni 1999 in der Rechtssache C-256/97, DM Transport, Slg. 1999, I-3913, Randnr. 22).
74.
Der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen (vgl. oben, Randnrn. 63 bis 70), dass die
Kommission dem im Bericht von Price Waterhouse genannten Preis von 4 481 ESP/m
2
entscheidendes
Gewicht beilegte. Um festzustellen, ob der von Demesa für das Grundstück von 100 000 m
2
tatsächlich gezahlte Preis eine Beihilfe enthielt, verglich die Kommission nämlich den Verkaufspreis
allein mit dem im Bericht von Price Waterhouse genannten Preis. Die Preise, die die drei anderen in
der angefochtenen Entscheidung erwähnten Gutachten - die Gutachten vom 13. Januar und 6.
Februar 1998 und das Gutachten von IDOM vom Juli 1998 - ermittelt hatten, wurden nur
herangezogen, um die Verlässlichkeit des von Price Waterhouse festgestellten Preises zu überprüfen.
75.
Für die Rechtmäßigkeitskontrolle von Artikel 1 Buchstabe b der angefochtenen Entscheidung ist
daher zu prüfen, ob die Kommission dem Gutachten von Price Waterhouse vernünftigerweise ein
solches maßgebendes Gewicht beilegen durfte.
76.
Insoweit heißt es in der angefochtenen Entscheidung, es sei zu berücksichtigen, „dass das bei zwei
Ex-post-Evaluierungen [nämlich denen vom 13. Januar und 6. Februar 1998] und einer
Wirtschaftsprüfung [durch IDOM] ermittelte Ergebnis nicht das gleiche wie bei einer Ex-ante-
Evaluierung sein [könne]“ (angefochtene Entscheidung, Abschnitt V.2.2., dritter Absatz).
77.
Jedoch hatte die Gasteizko Industria das Verkaufsangebot für ein Grundstück von 100 000 m
2
im
Industriegebiet Júndiz zum Preis von 4 125 ESP/m
2
Demesa mit Schreiben vom 10. Oktober 1996
übermittelt, und ausweislich der Akten nahm Demesa dieses Angebot im November 1996 mündlich an.
Die vier in der angefochtenen Entscheidung genannten Schätzungen einschließlich der von Price
Waterhouse wurden somit nach der Kaufvereinbarung erstellt. Daher durfte die Kommission, auch
wenn laut ihrer Mitteilung betreffend Elemente staatlicher Beihilfe bei Verkäufen von Bauten oder
Grundstücken durch die öffentliche Hand (ABl. 1997, C 209, S. 3) ein Verkaufspreis, der einem durch
einen unabhängigen Sachverständigen vor dem Verkauf geschätzten Preis entspricht, kein
Beihilfeelement enthält, vernünftigerweise nicht auf den Zeitpunkt der Erteilung des Gutachtens von
Price Waterhouse (Januar 1997) abstellen, um ihm entscheidendes Gewicht beizumessen.
78.
Auf eine schriftliche Frage des Gerichts hat die Kommission ausgeführt, dass es sich bei der
Schätzung der Firma Price Waterhouse als Buchprüferin der als Verkäuferin aufgetretenen
Immobilienfirma um die einzige akzeptable Schätzung handele, da sie zur Ermittlung des finanziellen
Wertes des Grundvermögens dieses Unternehmens vorgenommen worden sei. Es handele sich
außerdem um die einzige Schätzung, die vor der Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens
gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag (jetzt Artikel 88 Absatz 2 EG) erfolgt sei. Überdies erscheine es
fraglich, ob die Gutachten vom 13. Januar und 6. Februar 1998 verlässlich seien, da das erste
Gutachten nicht von den wirklichen Daten des Marktes ausgehe und das zweite den Preis auf der
Grundlage politischer Kriterien nach unten geändert habe.
79.
Dass die Schätzungen vom 13. Januar und 6. Februar 1998 und das Gutachten von IDOM nach
Eröffnung des Verfahrens erstellt wurden, rechtfertigt es jedoch im vorliegenden Fall nicht, dem
Gutachten von Price Waterhouse vom Januar 1997 entscheidendes Gewicht beizumessen. Alle vier
Gutachten einschließlich dem von Price Waterhouse wurden nämlich in einem Zeitraum ausgearbeitet,
in dem die Kommission bereits eine Untersuchung wegen der angeblichen Beihilfen an Demesa
eingeleitet hatte. So datiert das erste Auskunftsersuchen in der Akte bereits vom Juni 1996.
80.
Ferner beruht keines der vier in der angefochtenen Entscheidung genannten Gutachten
unmittelbar auf Verkäufen von Grundstücken von 100 000 m
2
. Wie in der angefochtenen
Entscheidung erwähnt, gibt es nämlich „auf dem Markt keine Referenzen für erschlossene
Grundstücke von 100 000 m
2
“ (Abschnitt V.2.2, fünfter Absatz).
81.
Dennoch versuchten die Sachverständigen, die das Gutachten vom 6. Februar 1998 und den
Buchprüfungsbericht von IDOM ausarbeiteten, auf der Grundlage der verfügbaren Daten den
Verkaufspreis für ein Grundstück dieser Größe zu schätzen. Das Gutachten vom 13. Januar 1998
enthält eine allgemeine Schätzung für alle Grundstücke mit mehr als 10 000 m
2
.
82.
Dagegen wird im Gutachten von Price Waterhouse der Preis eines Grundstücks mit 55 481 m
2
geschätzt und die wirkliche Größe des von Demesa erworbenen Grundstücks nicht berücksichtigt.
83.
Unter diesen Umständen ist festzustellen, dass die Kommission damit, dass sie in der
angefochtenen Entscheidung den im Gutachten von Price Waterhouse genannten Preis als
maßgebenden Referenzpreis zugrunde legte, willkürlich handelte.
84.
Dass die Kommission den von Price Waterhouse festgesetzten Preis dadurch nachprüfte, dass sie
ihn mit dem Durchschnitt der in den drei anderen Gutachten - den Gutachten vom 13. Januar und 6.
Februar 1998 und dem Buchprüfungsbericht von IDOM - genannten Preisen verglich, steht diesem
Ergebnis nicht entgegen.
85.
Zum einen hatte die Kommission zu prüfen, ob der von Demesa gezahlte Kaufpreis ein Marktpreis
war. Sie hätte daher den von Demesa tatsächlich gezahlten und nicht den von Price Waterhouse
ermittelten Preis mit den Preisen vergleichen müssen, die aus den verschiedenen ihr im
Verwaltungsverfahren vorliegenden Sachverständigengutachten hervorgingen, um zu beurteilen, ob
der von Demesa gezahlte Preis nicht so stark von den in den Gutachten genannten Preisen abwich,
dass auf das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe zu schließen war.
86.
Zum anderen beruht die in der angefochtenen Entscheidung (Abschnitt V.2.2, siebter Absatz)
vorgenommene Berechnung des Durchschnittsbetrags der in dem Gutachten vom 13. Januar und 6.
Februar 1998 und im Buchprüfungsbericht von IDOM genannten Werte auf einem fehlerhaften
Verständnis dieser Expertisen.
87.
So hat die Kommission auf eine schriftliche Frage des Gerichts erläutert, dass sie den in der
angefochtenen Entscheidung (Abschnitt V.2.2, siebter Absatz) genannten Durchschnittsbetrag der
Schätzungen wie folgt berechnet habe:
„Die Mindestwerte betrugen ... 4 000 ESP/m
2
(Maklerfirma Luis Perales [Gutachten vom 13. Januar
1998]), 4 000 ESP/m
2
(Maklerfirma Juan Calvo [Gutachten vom 6. Februar 1998]) und 5 000 ESP/m
2
(IDOM). Hieraus ergibt sich ein durchschnittlicher Mindestwert von 4 333 ESP/m
2
. Die Höchstwerte
betrugen: 4 500 ESP/m
2
(Maklerfirma Luis Perales [Gutachten vom 13. Januar 1998]) und 4 800
ESP/m
2
(Maklerfirma Juan Calvo [Gutachten vom 6. Februar 1998]). Hieraus ergibt sich ein
durchschnittlicher Höchstwert von 4 650 ESP/m
2
. DerDurchschnittswert, der sich aus den drei
Schätzungen ergibt, beträgt daher 4 491 ESP/m
2
“.
88.
Dazu ist festzustellen, dass der Kommission erstens ein Sachverhaltsirrtum mit ihrer Annahme
unterlief, dass sich aus dem Buchprüfungsbericht von IDOM ein Mindestwert des von Demesa
erworbenen Grundstücks von 5 000 ESP/m
2
ergebe. Zwar wird im Buchprüfungsbericht von IDOM für
ein nicht erschlossenes Grundstück eine Zahl von „um 5 000 ESP/m
2
“ („entorno a las 5 000 pesetas“)
genannt. In dem Bericht wird aber zugleich bestätigt, dass der von Demesa erzielte Endpreis von 4
125 ESP/m
2
ein Marktpreis sei, der sich bei einem üblichen Preisnachlass unter Berücksichtigung der
Grundstücksgröße ergebe („el precio final obtenido por Demesa es un precio de mercado con un
descuento normal, teniendo en cuenta el tamaño de la superficie comprada“). Auch wenn in der
abschließenden Zusammenfassung der Ergebnisse des Berichts nochmals von einem Preis von 5 000
ESP/m
2
die Rede ist, wird auch dort bestätigt, dass die Investition von Demesa nach den von IDOM
durchgeführten Überprüfungen zu den aktuellen Marktpreisen erfolgt sei („la inversión realizada por
Demesa se ajusta a los precios de mercado actuales, tras las comprobaciones efectuadas por
IDOM“). Dem Buchprüfungsbericht der IDOM ist somit zu entnehmen, dass der von Demesa gezahlte
Preis, auch wenn der normale Preis mit 5 000 ESP/m
2
angesetzt werden kann, bei Berücksichtigung
der Grundstücksgröße ein Marktpreis ist.
89.
Zweitens geht auch aus den Gutachten vom 13. Januar und 6. Februar 1998 hervor, dass es sich
bei dem Preis von 4 125 ESP/m
2
um einen Marktpreis handele. So heißt es im ersten Gutachten, dass
der Marktpreis für ein Grundstück von mehr als 10 000 m
2
in einer Spanne zwischen 4 000 und 4 500
ESP/m
2
liege. Im zweiten Gutachten wird ausgeführt, dass der Marktpreis zwischen 4 000 und 4 800
ESP/m
2
liege. Bei ihrer Berechnung nur eines einzigen durchschnittlichen Betrags der in den
verschiedenen Gutachten genannten Werte ist die Kommission jedoch von einem fehlerhaften
Verständnis der Gutachten vom 13. Januar und 6. Februar 1998 ausgegangen. Da nämlich der von
Demesa entrichtete Preis von 4 125 ESP/m
2
jedes Mal dem Mindestwert der in den Gutachten vom 13.
Januar und 6. Februar 1998 genannten Preisspannen nahe kommt, legte die Kommission bei ihrer
Berechnung nur eines Durchschnittswerts auf der Grundlage der Gutachten vom 13. Januar und 6.
Februar 1998 zwangsläufig einen angeblichen Marktpreis zugrunde, der höher als der von Demesa
gezahlte war, obgleich in beiden Gutachten bestätigt wird, dass ein Preis von 4 125 ESP/m
2
noch ein
Marktpreis sei.
90.
Demnach ist festzustellen, dass die Vorgehensweise, der die Kommission bei ihrer Prüfung, ob der
von Demesa für das Grundstück von 100 000 m
2
gezahlte Preis von 4 125 ESP/m
2
ein Beihilfeelement
enthalte, in der angefochtenen Entscheidung folgte, willkürlich ist. Außerdem unterliefen der
Kommission bei ihren Berechnungen Sachverhaltsirrtümer.
91.
Demnach verstieß die Kommission mit ihrer in der angefochtenen Entscheidung getroffenen
Feststellung, die Differenz zwischen dem von Price Waterhouseermittelten Preis von 4 481 ESP/m
2
und
dem Preis von 4 125 ESP/m
2
begründe eine staatliche Beihilfe, gegen Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag.
92.
Der erste Teil des vorliegenden Klagegrunds greift daher durch. Artikel 1 Buchstabe b der
angefochtenen Entscheidung ist deshalb in den Rechtssachen T-129/99 und T-148/99 für nichtig zu
erklären. In diesen Rechtssachen ist ferner Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der angefochtenen
Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit dem Königreich Spanien darin aufgegeben wird, die
angebliche Beihilfe gemäß Artikel 1 Buchstabe b der angefochtenen Entscheidung von Demesa
zurückzufordern.
93.
In Artikel 1 Buchstabe a der angefochtenen Entscheidung bewertet die Kommission den „Vorteil
durch einen neunmonatigen Aufschub der Zahlung des Grundstückspreises, gerechnet ab
Inbesitznahme des Grundstücks im Industriepark Júndiz (Vitoria-Gasteiz) durch [Demesa] zwecks
Ausführung der Bauarbeiten bis zur Errichtung des Kaufpreises in Höhe von 184 075,79 Euro“ als
staatliche Beihilfe.
94.
Da der Tenor eines Rechtsakts nicht von seiner Begründung getrennt werden kann, ist er unter
Berücksichtigung der Gründe auszulegen, die zu seinem Erlass geführt haben (Urteil des
Gerichtshofes vom 15. Mai 1997 in der Rechtssache C-355/95 P, TWD/Kommission, Slg. 1997, I-2549,
Randnr. 21).
95.
Den Begründungserwägungen der angefochtenen Entscheidung ist zu entnehmen, dass das in
Artikel 1 Buchstabe a der angefochtenen Entscheidung genannte Beihilfeelement in dem Vorteil
liegen soll, den Demesa dadurch erlangt habe, dass sie infolge der Verschiebung des förmlichen
Abschlusses des Kaufvertrags und damit der Zahlung des Grundstückskaufpreises neun Monate lang
ein Grundstück von 100 000 m
2
unentgeltlich habe nutzen können.
96.
So trägt der Abschnitt V.2.1 der angefochtenen Entscheidung, der sich auf ihren Artikel 1
Buchstabe a bezieht, die Überschrift „Unentgeltliche Nutzung eines Grundstücks von 100 000 m
2
“. Die
Kommission führt dort aus, es hätten „keine Beweise beigebracht werden [können], dass Demesa von
dem Zeitpunkt des Baubeginns ... bis zu dem Zeitpunkt der tatsächlichen Entrichtung des Kaufpreises
bestimmte Zahlungen geleistet hat“ (Abschnitt V.2.1, zweiter Absatz). Weiter heißt es in der
angefochtenen Entscheidung, dass „Demesa zumindest in der Zeit von Februar 1997 bis Oktober
1997 [das ihr von dem öffentlichen Unternehmen Gasteizko Industria verkaufte, 100 000 m
2
große]
Grundstück mit dem Ziel genutzt [habe], eine Fabrik zu errichten oder errichten zu lassen, ohne den
Preis für das Grundstück bezahlt und ohne irgendwelche Kosten im Zusammenhang mit der Nutzung
desselben übernommen zu haben“ (Abschnitt V.2.1, fünfter Absatz).Demesa habe „ein Grundstück
genutzt, ... ohne sich zu einer finanziellen Gegenleistung verpflichtet zu sehen, die der Verkäufer des
Grundstücks hätte fordern können“ (Abschnitt V.2.1, siebter Absatz).
97.
Dazu ist festzustellen, dass die Gasteizko Industria mit Schreiben vom 10. Oktober 1996 Demesa ein
Verkaufsangebot für ein Grundstück von 100 000 m
2
im Industriegebiet Júndiz zum Preis von 4 125
ESP/m
2
übermittelte und dass Demesa dieses Angebot im November 1996 mündlich annahm. Der
vereinbarte Kaufpreis für das Grundstück wurde am 30. Dezember 1997, als der Kaufvertrag förmlich
geschlossen wurde, entrichtet.
98.
Auf eine schriftliche Frage des Gerichts hat Demesa eingeräumt, dass sie die Bauarbeiten für die
Errichtung eines Werkes auf dem fraglichen Grundstück etwa im November 1996 aufgenommen habe.
99.
Da der Kaufpreis erst am 30. Dezember 1997 entrichtet wurde, stellte die Kommission in der
angefochtenen Entscheidung zu Recht fest, dass Demesa mindestens neun Monate lang ein
Grundstück von 100 000 m
2
unentgeltlich besaß.
100.
Jedoch konnte die Kommission daraus nicht automatisch schließen, dass die Gasteizko Industria
eine staatliche Beihilfe an Demesa gewährt habe. So verhielte es sich nur, wenn das Verhalten der
Gasteizko Industria nicht dem normalen Verhalten eines Privatunternehmens entspräche (vgl. in
diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom 3. Oktober 1991 in der Rechtssache C-261/89,
Italien/Kommission, Slg. 1991, I-4437, Randnr. 8).
101.
Zur Begründung dafür, dass der förmliche Vertragsschluss und damit die Zahlung des Kaufpreises
verschoben wurden, berufen sich die Klägerinnen in den Rechtssachen T-129/99 und T-148/99 auf
Artikel 1502 des spanischen Zivilgesetzbuches, der bestimmt:
„Wird der Käufer in dem Besitz der Kaufsache oder im Eigentum an ihr gestört oder muss er eine
solche Störung wegen einer Klage auf Rückforderung oder aus einem Grundpfandrecht befürchten, so
kann er die Zahlung des Preises aufschieben, bis der Verkäufer die Störung oder die drohende
Störung beseitigt hat.“
102.
Nach Auffassung der Klägerinnen waren im vorliegenden Fall die Anwendungsvoraussetzungen von
Artikel 1502 des spanischen Gesetzbuches erfüllt. Zum einen habe die Gasteizko Industria eine
Parzelle von 100 000 m
2
von zwei größeren Grundstücken abteilen müssen. Zum anderen habe eine
Gruppe von Landwirten die Erfüllung einer mündlichen Vereinbarung mit Gasteizko Industria verlangt,
die sie zum Anbau auf dem Grundstück berechtigt habe. Diese Landwirte hätten das Gericht von
Vitoria-Gasteiz angerufen, und das Verfahren sei erst am 4. November 1997 abgeschlossen worden.
Der Vorteil aus dem Besitz des Grundstücks vor Zahlung des Kaufpreises könne somit nicht als
staatliche Beihilfeeingestuft werden, da er sich aus der Anwendung der allgemeinen Bestimmungen
des spanischen Zivilrechts ergeben habe.
103.
Zu dieser Argumentation, die die baskischen Behörden auch im Verwaltungsverfahren vortrugen,
Zu dieser Argumentation, die die baskischen Behörden auch im Verwaltungsverfahren vortrugen,
führt die Kommission in der angefochtenen Entscheidung aus, es hätten „keine Beweise beigebracht
werden [können], dass Demesa von dem Zeitpunkt des Baubeginns ... bis zu dem Zeitpunkt der
tatsächlichen Entrichtung des Kaufpreises bestimmte Zahlungen geleistet [habe]“ (Abschnitt V.2.1,
zweiter Abschnitt; vgl. auch siebter Absatz).
104.
Wie aus der angefochtenen Entscheidung hervorgeht, leitete die Kommission das Bestehen einer
staatlichen Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag somit unmittelbar aus ihrer
Feststellung her, dass Demesa das Grundstück von 100 000 m
2
mindestens neun Monate lang
unentgeltlich in Besitz hatte, ohne aber die Frage zu prüfen, ob das Verhalten der Gasteizko Industria
dem Verhalten eines privaten Wirtschaftsteilnehmers entsprechen könnte.
105.
Nach den Darlegungen, mit denen die Verschiebung des förmlichen Vertragsschlusses und der
Kaufpreiszahlung bis zum 30. Dezember 1997 im Verwaltungsverfahren begründet worden waren,
hätte die Kommission jedoch prüfen müssen, ob ein privater Wirtschaftsteilnehmer die Zahlung des
Kaufpreises vor diesem Datum fordern und, falls nicht, für die Zeit der Grundstücknutzung vor Zahlung
des Kaufpreises ein Entgelt hätte verlangen können.
106.
Da die Kommission dies nicht prüfte, hat sie rechtlich nicht hinreichend nachgewiesen, dass
Demesa durch den unentgeltlichen Besitz des Grundstücks von 100 000 m
2
vor Kaufpreiszahlung am
30. Dezember 1997 eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag erlangte.
107.
Auch der zweite Teil des Klagegrunds greift daher durch.
108.
Demnach ist in den Rechtssachen T-129/99 und T-148/99 Artikel 1 Buchstabe a der angefochtenen
Entscheidung für nichtig zu erklären. In diesen Rechtssachen ist ferner Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a
der angefochtenen Erklärung für nichtig zu erklären, soweit dem Königreich Spanien darin aufgegeben
wird, die in Artikel 1 Buchstabe a der Entscheidung genannte Beihilfe von Demesa zurückzufordern.
109.
Als eine weitere mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfe qualifiziert die Kommission in
Artikel 1 Buchstabe c der angefochtenen Entscheidung den „Mehrbetrag in Höhe von 5 %, um den die
zulässige Beihilfehöchstgrenze von 20 % der im Rahmen des Ekimen-Programms beihilfefähigen Kosten
überschrittenwurde, wobei von diesen Kosten Ausrüstungen abzuziehen sind, deren Wert in dem von
den spanischen Behörden als Anhang zu ihrem Schreiben vom 24. Juli 1998 vorgelegten Prüfbericht
mit 1 803 036,31 Euro angegeben wird“.
110.
Das Vorbringen der Klägerinnen in den Rechtssachen T-129/99 und T-148/99 betrifft zum einen die
nach dem Ekimen-Programm geltende Beihilfehöchstgrenze und zum anderen den Ausschluss der
Kosten bestimmter Anlagen von den nach der Ekimen-Beihilfenregelung zulässigen Kosten.
A - Die nach dem Ekimen-Programm geltende Beihilfehöchstgrenze
111.
Mit Entscheidung der Regierung der Autonomen Gemeinschaft des Baskenlands vom 24. Dezember
1996 wurde Demesa im Rahmen des Ekimen-Programms ein Zuschuss in Höhe von 25 % der
Sachanlageinvestitionen gewährt.
112.
Artikel 10 des Ekimen-Dekrets lautete damals:
„Für Beihilfen in Form verlorener Zuschüsse, die 25 % der zulässigen Investition nicht überschreiten
dürfen, gelten folgende Kriterien:
1. Es wird eine allgemeine Beihilfe von 10 % auf alle beihilfefähigen Kosten gewährt.
2. Bei strategischen Projekten und Investitionsvorhaben, die erheblich zur Arbeitsplatzschaffung
beitragen, d. h. mindestens 50 Arbeitsplätze schaffen und Investitionen in Höhe von 750 Mio. ESP
realisieren, erhöht sich der vorgenannte Prozentsatz um 5 Prozentpunkte.
3. Unternehmen, die ein Investitionsprojekt in einem nach Artikel 4 des vorliegenden Dekrets als
vorrangig eingestuften Gebiet durchführen, erhalten eine zusätzliche Beihilfe von 5 % auf die
beihilfefähige Investitionssumme.
4. Schließlich kann der Prozentsatz in Abhängigkeit von folgenden Kriterien maximal um weitere 5
Prozentpunkte erhöht werden:
- Grad der Integration des Projektes in die baskische Industriestruktur;
- Ansiedlung in einem strategischen Sektor des Baskenlandes;
- Anzahl der im Rahmen des Projektes neugeschaffenen Arbeitsplätze.“
113.
In ihrer Entscheidung vom 12. Dezember 1996, mit der sie die im Ekimen-Programm enthaltenen
Beihilfeelemente genehmigte (vgl. oben, Randnr. 2), führte die Kommission aus:
„Die Kommission teilt mit, dass der verlorene Zuschuss, der die Höchstgrenze von 25 % des BSÄ nicht
übersteigen darf, in folgenden Tranchen gewährt wird: a) 10 % für den Normalfall, b) 5 % für
strategische Projekte oder Projekte, die Arbeitsplätze schaffen, c) 5 % für Projekte in vorrangigen
Gebieten und d) 5 % für Projekte, die erheblich zur Entwicklung der Region und zur Schaffung von
Arbeitsplätzen beitragen.“
114.
In der angefochtenen Entscheidung stellt die Kommission fest, dass die Demesa nach dem Ekimen-
Dekret gewährte Beihilfe von 25 % der Sachanlageinvestitionen nicht den Voraussetzungen des
Ekimen-Programms in der von ihr genehmigten Form entspreche. Sie führt dazu aus, „dass bei
korrekter Anwendung des Ekimen-Programms ... die Gewährung einer Beihilfe in Form eines verlorenen
Zuschusses von maximal 20 % BSÄ, berechnet auf der Grundlage der Gesamtheit der beihilfefähigen
Kosten, statthaft gewesen wäre“ (angefochtene Entscheidung, Abschnitt V.2.3, dritter Abschnitt). Die
Kommission sei nämlich „der Auffassung, dass das Investitionsprojekt von Demesa die Kriterien gemäß
Artikel 10.1 des Dekrets (10 % im Normalfall) und Artikel 10.4 (Zuschlag von 5 %)“ erfülle
(angefochtene Entscheidung, Abschnitt V.2.3, achter Absatz). Dagegen sei das in Artikel 10 Nummer
3 genannte Kriterium nicht erfüllt, da „der Standort Vitoria-Gasteiz des Investitionsvorhabens von
Demesa nach der Ekimen-Regelung nicht als .vorrangiges Gebiet' eingestuft“ sei (angefochtene
Entscheidung, Abschnitt V.2.3, neunter Absatz). Schließlich sei die Kommission der Auffassung, „dass
es sich bei der Gewährung von zwei Tranchen von 5 % für das Kriterium gemäß Artikel 10.2 des
Dekrets um eine unkorrekte Anwendung der Ekimen-Regelung im Hinblick auf die von der Kommission
und mit [Entscheidung vom 12. Dezember 1996] genehmigten Bedingungen“ handele (angefochtene
Entscheidung, Abschnitt V.2.3, zehnter Absatz). Ein Projekt könne somit nicht zwei zusätzliche
Tranchen von 5 % als „strategisches Projekt“ und als „Projekt zur Schaffung einer erheblichen Anzahl
von Arbeitsplätzen“ erhalten. Gemäß Artikel 10 Nummer 2 des Ekimen-Dekrets sei vielmehr nur eine
Erhöhung um 5 % zulässig.
115.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-129/99 und T-148/99 machen geltend, dass Demesa die ihr
von der baskischen Regierung gewährte Beihilfe von 25 % des BSÄ zu Recht erhalten habe, nämlich 10
% gemäß Artikel 10 Nummer 1 des Ekimen-Dekrets, 5 % für das Vorhaben als strategisches Projekt
und 5 % als Projekt zur Schaffung von Arbeitsplätzen gemäß Artikel 10 Nummer 2 sowie 5 % gemäß
den in Artikel 10 Nummer 4 festgelegten Kriterien. Demesa habe somit gemäß Artikel 10 Nummer 2
des Ekimen-Dekrets zwei Erhöhungen des Zuschusses um 5 % beanspruchen können, und zwar eine
wegen des strategischen Charakters des Vorhabens und die andere, weil es sich um ein Vorhaben
handele, das erheblich zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitrage, da mit ihm mindestens 50
Arbeitsplätze geschaffen und 750 Mio. ESP investiert würden. In ihrer Entscheidung vom 12. Dezember
1996 über die Genehmigung des Ekimen-Programms habe die Kommission hingegen irrigerweise
festgestellt, dass nach Artikel 10 Nummer 2 des Ekimen-Dekrets nur ein Zuschlag von 5 %
fürstrategische Projekte „oder“ für Projekte zur Schaffung von Arbeitsplätzen zulässig sei.
116.
Nach Meinung der Klägerinnen unterlief der Kommission in ihrer Entscheidung vom 12. Dezember
1996, mit der sie die Ekimen-Regelung genehmigte, ein Redaktionsversehen. Es sei davon
auszugehen, dass die Kommission die Regelung so genehmigt habe, wie sie ihr gemeldet worden sei.
Jedenfalls sei die Kommission nicht dazu befugt, eine ihr gemeldete Beihilferegelung einseitig zu
ändern. Wenn ihr das Ekimen-Programm problematisch erschienen wäre, so hätte sie das
Prüfverfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag eröffnen müssen und die Genehmigung nur
bedingt erteilen dürfen, was sie aber nicht getan habe.
117.
Es ist zunächst zwischen den Verfahrensbeteiligten unstreitig, dass Demesa nach dem Ekimen-
Programm ein Zuschuss in Höhe von 25 % des BSÄ erhielt, nämlich 10 % gemäß Artikel Nummer 1 des
Dekrets, zweimal 5 % gemäß Artikel 10 Nummer 2 des Dekrets und 5 % gemäß Artikel 10 Nummer 4
des Dekrets. Dabei beanstandet die Kommission in der angefochtenen Entscheidung die doppelte
Anwendung von Artikel 10 Nummer 2 des Dekrets.
118.
Gemäß Artikel 10 Nummer 2 des Ekimen-Dekrets ist für ein Investitionsvorhaben gemäß dieser
Beihilferegelung nur eine Erhöhung des Zuschusses um 5 % zulässig.
119.
Artikel 10 des Dekrets, in dem als Grundsatz festgelegt ist, dass ein Zuschuss höchstens 25 %
betragen darf, enthält vier Nummern, von denen die erste Nummer einen Zuschlag von 10 % und die
übrigen drei Nummern Zuschläge von je 5 % vorsehen (vgl. oben, Randnr. 112). Um den zulässigen
Höchstbetrag des Zuschusses nicht zu überschreiten, kann gemäß Artikel 10 Nummern 2 bis 4 des
Dekrets jeweils nur eine Erhöhung von 5 % beansprucht werden.
120.
Die baskische Regierung hat in ihrer Stellungnahme, die der Kommission durch die Ständige
Vertretung Spaniens am 23. Januar 1998 zugeleitet wurde, die Auffassung eingenommen, dass ein
Investitionsvorhaben, das alle in Artikel 10 Nummern 1, 2 und 3 des Ekimen-Dekrets niedergelegten
Voraussetzungen erfülle, zwingend einen Bruttozuschuss von 20 % erhalten müsse. Wäre die von den
Klägerinnen vertretene Auslegung von Artikel 10 Nummer 2 des Ekimen-Dekrets richtig, so wäre für ein
Vorhaben, das alle Voraussetzungen gemäß Artikel 10 Nummern 1 bis 3 erfüllt, ein Bruttozuschuss von
25 % zu zahlen, was jedoch, wie bereits festgestellt, nicht zutrifft.
121.
Da gemäß Artikel 10 Nummer 2 des Ekimen-Dekrets somit nur eine Erhöhung des Zuschusses von 5
% zulässig ist, beruht das Verständnis der Vorschrift, von dem die Kommission in der Entscheidung
vom 12. Dezember 1996 („eine [zusätzliche] Tranche von 5 % für strategische Vorhaben
Vorhaben zur Schaffung von Arbeitsplätzen“ [Hervorhebung hinzugefügt]) und in der angefochtenen
Entscheidung ausgegangen ist, auf einer fehlerfreien Auslegung dieser Bestimmung.
122.
Für das Investitionsvorhaben von Demesa konnte somit nur eine zusätzliche Beihilfentranche von 5
% gemäß Artikel 10 Nummer 2 des Ekimen-Dekrets in der von der Kommission mit Entscheidung vom
12. Dezember 1996 genehmigten Fassung beansprucht werden.
123.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-129/99 und T-148/99 machen weiter geltend, dass allein die
Autonome Gemeinschaft des Baskenlands zur authentischen Auslegung ihrer eigenen Vorschriften
befugt sei.
124.
Dieses Argument ist zurückzuweisen. Für die Genehmigung staatlicher Beihilfen, die in den
Anwendungsbereich von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag fallen, ist nämlich allein die Kommission
zuständig. Da diese Bestimmung staatliche Beihilfen grundsätzlich untersagt, ist eine nationale
Regelung, die Beihilfeelemente enthält, nur rechtmäßig, soweit diese von der Kommission genehmigt
worden sind. Wie sich aus der Entscheidung vom 12. Dezember 1996 ergibt (vgl. oben, Randnr. 113),
wird die Auslegung von Artikel 10 Nummer 2 des Ekimen-Dekrets durch die Autonome Gemeinschaft
des Baskenlands jedoch von der mit dieser Entscheidung erteilten Genehmigung nicht gedeckt.
Überdies ist, wie vorstehend dargelegt, die Auslegung des Ekimen-Dekrets, die die Kommission in der
Entscheidung vom 12. Dezember 1996 und in der angefochtenen Entscheidung vertrat, mit Geist und
Buchstaben des Ekimen-Dekrets ohne weiteres vereinbar.
125.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-129/99 und T-148/99 weisen weiter darauf hin, dass die
Kommission im Juli 1999 das neue Ekimen-Dekret (Dekret Nr. 241/1999 vom 8. Juni 1999 zur Änderung
des Beihilfeprogramms Ekimen für produktionsbezogene und Arbeitsplätze schaffende
Industrieinvestitionen) genehmigt habe, wonach „der vorstehende Prozentsatz für strategische
Vorhaben und für Investitionsvorhaben, die erheblich zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen und
mit denen mindestens 50 Arbeitsplätze geschaffen und 750 Mio. ESP investiert werden, in jedem Fall
um 5 Prozentpunkte erhöht wird“.
126.
Dieses Argument ist jedoch für die Rechtmäßigkeitsprüfung der angefochtenen Entscheidung
unerheblich, da die Genehmigung der Kommission vom Juli 1999 nach Erlass der angefochtenen
Entscheidung erteilt wurde und überdies neue Rechtsvorschriften betrifft (vgl. in diesem Sinne Urteil
des Gerichts vom 12. Dezember 2000 in der Rechtssache T-296/97, Alitalia/Kommission, Slg. 2000, II-
3871, Randnr. 86).
127.
Demnach gelangte die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu Recht zu dem Ergebnis,
dass nach der Ekimen-Regelung - in der mit Entscheidung der Kommission vom 12. Dezember 1996
genehmigten Fassung - ein Zuschuss von höchstens 20 % des BSÄ zulässig war. Sie bewertete daher
den diese Höchstgrenze überschreitenden Zuschuss von 5 Prozentpunkten, der Demesa gewährt
wurde, fehlerfrei als eine neue Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 2 EG-Vertrag (angefochtene
Entscheidung, Abschnitt V.2.3, vierzehnter Absatz).
128.
Die Rüge, die sich auf die nach dem Ekimen-Programm geltende Beihilfehöchstgrenze bezieht, ist
daher zurückzuweisen.
B - Beihilfefähige Kosten im Rahmen des Ekimen-Programms
129.
In der angefochtenen Entscheidung führt die Kommission aus, „dass Dritten abgetretenes
Anlagevermögen nach Artikel 7 des Dekrets zur Ekimen-Regelung nicht beihilfefähig ist. Dem [von der
baskischen Regierung vorgelegten] Wirtschaftsprüfbericht zufolge wurde in der Tat ein Teil der von
Demesa erworbenen Produktionsanlagen (im Wert von 300 000 000 ESP = 1 803 036,31 Euro) in
Drittfirmen installiert. Gemäß der Ekimen-Regelung sind diese Ausrüstungen nicht beihilfefähig, und
ihre Finanzierung stellt gleichfalls eine Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag dar“
(Abschnitt V.2.3, letzter Absatz).
130.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-129/99 und T-148/99 tragen vor, dass gemäß Artikel 7 des
Ekimen-Dekrets nicht die Bezuschussung von an Dritte abgetretenem Anlagevermögen untersagt sei,
sondern lediglich „d) im Allgemeinen [Zuschüsse nur für Anlagevermögen, das] nicht entgeltlich oder
unentgeltlich an Dritte abgetreten wurde, gewährt werden“ dürfe. Jedenfalls seien die
Produktionsanlagen (Guss- und Stempelvorrichtungen), deren Wert die Kommission im Abschnitt V.2.3,
letzter Absatz, der angefochtenen Entscheidung auf 300 Mio. ESP (1 803 036,31 Euro) geschätzt
habe, zeitweise vier Unternehmen überlassen worden, die aus Effizienzgründen mit der Herstellung
eines Teils der Endprodukte für die Klägerin beauftragt gewesen seien. Demesa sei jedoch alleinige
Eigentümerin dieses Anlagevermögens, und seine Nutzung sei ausschließlich ihr vorbehalten. Dieses
Anlagevermögen sei daher nicht „abgetreten“ worden.
131.
Dazu ist zunächst festzustellen, dass in der Entscheidung vom 12. Dezember 1996, mit der das
Ekimen-Programm genehmigt wurde (vgl. oben, Randnr. 2), auf Artikel 7 Buchstabe d des Ekimen-
Dekrets nicht speziell Bezug genommen wird.
132.
Zwischen den Verfahrensbeteiligten ist unstreitig, dass diese Bestimmung, die Zuschüsse zu
Gunsten an Dritte abgetretenen Anlagevermögens nicht automatisch ausschließt, dahin auszulegen
ist, dass mit ihr Missbräuche verhindert werden sollen; mit ihr soll nämlich vermieden werden, dass
Beihilfen, die gemäß dem Dekret an Unternehmen gewährt wurden, sodann an andere Unternehmen
weitergeleitet werden, die die darin festgelegten Voraussetzungen nicht erfüllen. Das Risiko eines
solchen Missbrauchs besteht nicht nur, wenn ein Unternehmen, dem ein Zuschuss gemäß dem
Ekimen-Dekret gewährt wurde, das Eigentum an Gütern, deren Erwerbskosten für die Festsetzung des
Gesamtbetrags der Beihilfe berücksichtigt wurden, auf Dritte überträgt. Es kann ebenso dann
bestehen, wenn das fragliche Anlagevermögen einem anderen Unternehmen zu Vorzugsbedingungen
zur Verfügung gestellt wird. Aus wirtschaftlicher Sicht ist die rechtliche Form der Übertragung für die
Beurteilung, ob ein Beihilfeelement voneinem Unternehmen an ein anderes weitergeleitet wurde,
nämlich nicht entscheidend.
133.
Nach dem Zweck des Artikels 7 Buchstabe d des Ekimen-Dekrets ist jedoch davon auszugehen,
dass die Erwerbskosten von Gütern, wenn die Gefahr eines Missbrauchs durch die Weiterleitung der
fraglichen Beihilfe nicht besteht, auch dann, wenn diese Güter anschließend „abgetreten“ werden,
beihilfefähige Kosten gemäß dem Regionalbeihilfeprogramm Ekimen in der von der Kommission mit
Entscheidung vom 12. Dezember 1996 genehmigten Fassung (vgl. oben, Randnr. 2) bleiben.
134.
Es ist daher zu prüfen, ob die Kommission in der angefochtenen Entscheidung hinreichend belegt
hat, dass die nicht bestrittene Weitergabe bestimmter Güter an vier Unternehmen im vorliegenden
Fall die Gefahr eines Missbrauchs durch Weiterleitung von Beihilfeelementen in sich barg.
135.
Insoweit ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung nichts zu der
Frage ausgeführt hat, ob mit der Weitergabe bestimmter Wirtschaftsgüter, für die Demesa Beihilfen
gemäß dem Ekimen-Programm erhalten hatte, den vier fraglichen Unternehmen eine Vergünstigung
gewährt wurde, die sie unter normalen Marktbedingungen nicht erhalten hätten (vgl. in diesem Sinne
Urteile SFEI u. a., zitiert oben in Randnr. 72, Randnr. 60, und Spanien/Kommission, zitiert oben in
Randnr. 73, Randnr. 41).
136.
Weiterhin ist festzustellen, dass die Kommission diese Frage auch im Verwaltungsverfahren zu
keinem Zeitpunkt prüfte. In der diesen Vorgang betreffenden Mitteilung, die im vom 25.
August 1998 (C 266, S. 8) veröffentlicht wurde, gab die Kommission nicht einmal ihre Absicht zu
erkennen, bestimmte Kosten für Dritten überlassene Güter nicht als beihilfefähige Kosten
anzuerkennen.
137.
Da für die Gefahr eines Missbrauchs durch die Weitergabe von Behilfeelementen keinerlei Beweis
erbracht wurde, ist somit zu konstatieren, dass die Kommission nicht belegt hat, dass die an Dritte
„abgetretenen“ Güter im Schätzwert von 1 803 036,31 Euro nicht gemäß dem Ekimen-Dekret
beihilfefähig waren. Mit ihrer Feststellung, dass der von Demesa erhaltene Zuschuss für die
Finanzierung der fraglichen Güter eine durch die Entscheidung vom 12. Dezember 1996 über die
Genehmigung des Ekimen-Dekrets nicht gedeckte neue Beihilfe darstelle, verstieß die Kommission
daher gegen Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag.
138.
Demnach ist in den Rechtssachen T-129/99 und T-148/99 Artikel 1 Buchstabe c der angefochtenen
Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin Ausrüstungen im Schätzwert von 1 803 036,31 Euro
von den nach der Beihilferegelung Ekimen berücksichtigungsfähigen Kosten abgezogen werden. In
diesen Rechtssachen ist ferner Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der angefochtenen Entscheidung für
nichtigzu erklären, soweit dem Königreich Spanien darin aufgegeben wird, von Demesa Beihilfen
zurückzufordern, die diese nach dem Ekimen-Dekret für die Finanzierung von Gütern im Schätzwert von
1 803 036,31 Euro, die an Dritte „abgetreten“ worden seien, erhalten habe.
139.
In Artikel 1 Buchstabe d der angefochtenen Entscheidung bewertet die Kommission eine
„Steuergutschrift für 45 % der Investitionskosten, genehmigt durch die Diputación Foral de Álava
durch die Entscheidung Nr. 737/1997 vom 21. Dezember 1997,“ als staatliche Beihilfe.
140.
Im Rahmen dieses Teils des Klagegrundes berufen sich die Klägerinnen in den Rechtssachen T-
127/99 und T-148/99 zunächst auf die historischen Rechte des Territorio Histórico de Álava in
Steuerangelegenheiten. Sie bestreiten weiterhin die Spezifität der in Frage stehenden steuerlichen
Maßnahme. Die von der Diputación Foral de Álava angewandte Sechste Zusatzbestimmung zur Norma
Foral Nr. 22/1994 vom 20. Dezember 1994 sei eine allgemeine steuerliche Maßnahme, die in gleicher
Weise allen Steuerpflichtigen zugute komme, die mindestens 2,5 Milliarden ESP investierten. Selbst
wenn die steuerliche Maßnahme spezifischer Art wäre, wäre sie durch das Wesen und den Aufbau des
betreffenden Steuersystems gerechtfertigt. Schließlich müsse die steuerliche Maßnahme, falls sie als
staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag einzustufen sein sollte, als eine bereits
bestehende Beihilfe angesehen werden.
Zu den historischen Rechten des Territorio Histórico de Álava in Steuerangelegenheiten
141.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 machen geltend, dass die Kommission
bei ihrer Beurteilung der Steuergutschrift im Licht von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag die historischen
Rechte des Territorio Histórico de Álava in Steuerangelegenheiten nicht bedacht habe. Dieses besitze
nämlich eine seit Jahrhunderten anerkannte und durch die Verfassung des spanischen Staates
geschützte steuerliche Unabhängigkeit.
142.
Dazu ist festzustellen, dass es für die Anwendung von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag ohne
Bedeutung ist, dass die Steuergutschrift nach Rechtsvorschriften gewährt wurde, die das Territorio
Histórico de Álava und nicht der spanische Staat erließ. Diese Vorschrift bezieht sich nämlich auf
„staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen gleich welcher Art“ und damit auf alle
Beihilfen, die aus öffentlichen Mitteln finanziert werden. Folglich fallen Maßnahmen, die von
(dezentralisierten, föderalen, regionalen oder sonstigen) Einrichtungen der Mitgliedstaaten erlassen
werden, unabhängig vom Status und der Bezeichnung dieser Einrichtungen ebenso wie Maßnahmen
des Bundes- oder Zentralstaates in den Geltungsbereich von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag, wenn
dessenVoraussetzungen erfüllt sind (Urteil des Gerichtshofes vom 14. Oktober 1987 in der
Rechtssache 248/84, Deutschland/Kommission, Slg. 1987, 4013, Randnr. 17).
143.
Das Vorbringen der Klägerinnen zu den historischen Rechten des Territorio Histórico de Álava in
Steuerangelegenheiten kann deshalb die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Entscheidung nicht
berühren.
Zur Spezifität der Steuergutschrift
- Vorbemerkungen
144.
Gemäß Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag gilt eine Maßnahme nur als staatliche Beihilfe, wenn sie
„bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ begünstigt. Die Spezifität oder die Selektivität
einer Maßnahme ist damit eines der Merkmale des Begriffs der staatlichen Beihilfe (Urteil des
Gerichtshofes vom 1. Dezember 1998 in der Rechtssache C-200/97, Ecotrade, Slg. 1998, I-7907,
Randnr. 40; Urteil des Gerichts vom 29. September 2000 in der Rechtssache T-55/99,
CETM/Kommission, Slg. 2000, II-3207, Randnr. 39).
145.
Die Kommission führt in der angefochtenen Entscheidung (Abschnitt V.2.4.1) aus, dass sich der
spezifische Charakter der Norma Foral Nr. 22/1994, der zufolge eine Steuergutschrift von 45 % des
Investitionsbetrags gewährt wird, aus vier Gesichtspunkten ergebe, nämlich aus dem der Diputación
Foral de Álava eingeräumten Ermessen, „insofern als sie bestimmen konnte, welche über 2,5 Mrd. ESP
hinausgehenden Sachanlageinvestitionen für die Steuergutschrift in Betracht kommen, auf welchen
Teil der Investitionen die 45%ige Ermäßigung angewandt wird und welche Fristen und Höchstgrenzen
für jeden Einzelfall gelten“ (Abschnitt V.2.4.1, vierzehnter Absatz), aus dem Mindestinvestitionsbetrag
(2,5 Milliarden ESP), der die Anwendbarkeit der Steuergutschrift de facto auf die großen Investoren
beschränke, ohne dass diese Beschränkung durch das Wesen oder den Aufbau des Steuersystems,
von dem sie eine Ausnahme schaffe, gerechtfertigt sei (Abschnitt V.2.4.1, sechzehnter Absatz), aus
dem zeitlich begrenzten Charakter der Steuergutschrift, womit es „den Behörden überlassen [bleibe],
die Vergünstigungen nur bestimmten Unternehmen zu gewähren“ (Abschnitt V.2.4.1, siebzehnter
Absatz), und aus der „absolute[n] Parallelität zwischen [der steuerlichen] Maßnahme und der Ekimen-
Regelung ..., und zwar sowohl hinsichtlich der jeweiligen Zweckbestimmung (Finanzierung neuer
Investitionen) als auch des geografischen Aspekts (in einem Fall autonomes Gebiet, im anderen Fall
Provinz). Dennoch wurde die Ekimen-Regelung von den spanischen Behörden als
Regionalbeihilfeprogramm eingestuft und als solches notifiziert“ (Abschnitt V.2.4.1, achtzehnter
Absatz).
146.
Entgegen dem Vorbringen der Klägerinnen leitete die Kommission den selektiven Charakter der
steuerlichen Maßnahme somit in der angefochtenen Entscheidung nicht daraus her, dass diese nur
für einen Teil des spanischen Staatsgebiets,nämlich Álava, gilt. Die Klägerinnen können deshalb nicht
geltend machen, dass die angefochtene Entscheidung die Rechtsetzungskompetenz des Territorio
Histórico de Álava für den Erlass steuerlicher Maßnahmen allgemeiner Art in Frage stelle.
147.
Es ist allerdings im Licht der Argumente der Klägerinnen zu prüfen, ob die Gesichtspunkte, auf die
sich die Kommission in der angefochtenen Entscheidung tatsächlich stützte, den Schluss
rechtfertigen, dass es sich bei der Steuergutschrift gemäß der Norma Foral Nr. 22/1994 um eine
spezifische Maßnahme handelt, die „bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige“ im Sinne von
Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag begünstigt.
- Zum angeblichen Ermessen der Diputación Foral de Álava
148.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 machen geltend, dass die Diputación
Foral de Álava über keinerlei Ermessen hinsichtlich der Auswahl der durch die Steuergutschrift
begünstigten Unternehmen, einer Anpassung oder der Intensität der Vergünstigung oder des
Geltungszeitraums der steuerlichen Maßnahme verfüge. Die Diputación Foral de Álava müsse sich
vergewissern, dass das begünstigte Unternehmen den erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen
entspreche, und die Steuergutschrift sodann einheitlich und automatisch gewähren. Unter
Bezugnahme auf eine Bescheinigung des Generaldirektors für Finanzen von Álava heben die
Klägerinnen hervor, dass keinem Unternehmen, das diese rechtlichen Voraussetzungen erfülle, die in
der streitigen Maßnahme liegende Vergünstigung je versagt worden sei.
149.
Maßnahmen mit nur allgemeinem Charakter fallen nicht unter Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag. Nach
der Rechtsprechung können allerdings auch Maßnahmen, die auf den ersten Blick für alle
Unternehmen gelten, eine bestimmte Selektivität aufweisen und deshalb als Maßnahmen zur
Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige angesehen werden. Dies ist etwa
dann der Fall, wenn die Behörden, die eine allgemeine Regelung anzuwenden haben, hinsichtlich
dieser Anwendung über ein Ermessen verfügen (Urteile des Gerichtshofes vom 26. September 1996 in
der Rechtssache C-241/94, Frankreich/Kommission, Slg. 1996, I-4551, Randnrn. 23 und 24, Ecotrade,
zitiert oben in Randnr. 144, Randnr. 40, und vom 17. Juni 1999 in der Rechtssache C-295/97, Piaggio,
Slg. 1999, I-3735, Randnr. 39; Schlussanträge von Generalanwalt La Pergola in der Rechtssache
Spanien/Kommission, zitiert oben in Randnr. 73, Nr. 8). So hat der Gerichtshof in seinem Urteil
Frankreich/Kommission (Randnrn. 23 und 24) entschieden, dass die Beteiligung des französischen
Nationalen Beschäftigungsfonds an der Durchführung von Sozialplänen in Schwierigkeiten geratener
Unternehmen „geeignet [war], bestimmte Unternehmen in eine günstigere Lage zu versetzen als
andere, und so die Voraussetzungen für eine Beihilfe im Sinne des Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag
erfüllen [konnte]“, weil der Fonds nach den Rechtsvorschriften über die Beteiligung des Staates an
der Durchführung von Sozialplänen „über ein Ermessen [verfügte], das es ihm ermöglicht[e], seinen
finanziellen Beitrag nachMaßgabe verschiedener Kriterien, wie insbesondere der Wahl der
Begünstigten, der Höhe des finanzierten Beitrags und der Bedingungen der Maßnahme, anzupassen“.
150.
Nach der Norma Foral Nr. 22/1994 verfügt die Diputación Foral de Álava jedoch bei der Anwendung
der Steuergutschrift über ein gewisses Ermessen. So beträgt die Steuergutschrift nach der Norma
Foral Nr. 22/1994 (vgl. oben, Randnr. 8) 45 % „des von der Diputación Foral de Álava bestätigten
Investitionsbetrags“. Mit der Festsetzung des zulässigen Investitonsbetrags ermöglicht die Normal
Foral Nr. 22/1994 es der Diputación Foral de Álava jedoch gleichzeitig, den Betrag der finanziellen
Maßnahme zu modifizieren. Außerdem ist die Diputación Foral de Álava nach der Normal Foral Nr.
22/1994 dazu ermächtigt, „die Fristen und Höchstgrenzen für den jeweiligen Fall“ festzusetzen.
151.
Da die Vorschriften der Norma Foral Nr. 22/1994 über die Steuergutschrift der Diputación Foral de
Álava ein Ermessen einräumen, sind sie geeignet, bestimmte Unternehmen in eine günstigere Lage zu
versetzen als andere. Die steuerliche Maßnahme erfüllt deshalb das Kriterium der Spezifität.
152.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 können sich nicht darauf berufen,
dass keinem Unternehmen, das die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt habe, die Vergünstigung der
Steuergutschrift versagt worden sein. Dieses Vorbringen belegt nämlich nicht, dass die Diputación
Foral de Álava allen Anträgen zu den gleichen Bedingungen entsprach.
153.
Die Klägerinnen machen weiter geltend, dass das Ermessen der Diputación Foral de Álava
jedenfalls nicht als eine Befugnis zum Erlass willkürlicher Entscheidungen angesehen werden könne.
Artikel 9 der spanischen Verfassung enthalte nämlich ein Verbot staatlicher Willkür.
154.
Um die Einstufung einer Maßnahme als eine Maßnahme allgemeiner Art auszuschließen, braucht
aber, wie die Kommission ausführt, nicht geprüft zu werden, ob die Handlungsweise der
Steuerbehörden willkürlich war. Es genügt der - im vorliegenden Fall erbrachte - Nachweis, dass die
zuständigen Behörden über ein Ermessen verfügten, das es ihnen ermöglichte, u. a. den Betrag oder
die Anwendungsvoraussetzungen der fraglichen Steuervergünstigung entsprechend den Merkmalen
des von ihnen zu beurteilenden Investitionsvorhabens zu ändern.
- Zum Mindestinvestitionsbetrag
155.
In der angefochtenen Entscheidung (Abschnitt V.2.4.1, sechzehnter Absatz, heißt es:
„Die Kommission vertritt ... die Auffassung, dass der Mindestinvestitionsbetrag (2,5 Mrd. ESP), der zu
einem solchen Steuervorteil berechtigt, so hoch ist, dass die Anwendbarkeit der Steuergutschrift auf
Investitionen beschränkt wird, die mit derMobilisierung bedeutender Finanzmittel verbunden sind, und
dass die Steuergutschrift nicht durch das Wesen oder die Struktur des Steuersystems, von dem sie
eine Ausnahme schafft, gerechtfertigt ist. Die Tatsache, dass nur große Investoren Zugang zu einer
solchen Steuervergünstigung haben, verleiht dieser einen spezifischen Charakter, der wiederum zur
Einstufung derselben als staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag führt.“
156.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 meinen, dass es sich bei der
Voraussetzung eines Investitionsbetrags von mindestens 2,5 Milliarden ESP um eine objektive
Bedingung handele, die keinerlei Diskriminierung zwischen den Wirtschaftsteilnehmern oder
Produktionszweigen bewirke. Insgesamt sei die Steuerbelastung im Baskenland höher als im
restlichen Spanien. Alle Steuersysteme umfassten Maßnahmen, deren Gewährung oder Einhaltung
von einem quantitativen Kriterium abhänge. Im Übrigen habe die Kommission selbst in verschiedenen
Richtlinien, Empfehlungen oder Mitteilungen im Bereich des Steuerrechts quantitative Kriterien
herangezogen. Das quantitative Kriterium sei das objektivste Mittel, um den Geltungsbereich einer
bestimmten steuerlichen Maßnahme einzugrenzen. Im vorliegenden Fall begünstige die Anforderung
eines Mindestinvestitionsbetrags kein bestimmtes Unternehmen oder keine bestimmte Branche. Die
Kommission habe auch nicht angegeben, unter welchem Betrag eine Anforderung dieser Art nicht
mehr als selektives Kriterium zu betrachten sei. Falls die streitige Maßnahme indessen als
Vergünstigung für große Unternehmen anzusehen sein sollte, sei im Übrigen zu berücksichtigen, dass
es zahlreiche gemeinschaftliche Beihilfeprogramme für kleine und mittlere Unternehmen (im
Folgenden: KMU) gebe und dass diesen beihilferechtlichen Regelungen unter weniger strengen
Voraussetzungen zugute kämen.
157.
Dazu ist festzustellen, dass die baskischen Stellen mit der Beschränkung der Steuergutschrift auf
Investitionen in neue Sachanlagen in Höhe von mindestens 2,5 Milliarden ESP die fragliche
Steuervergünstigung de facto Unternehmen vorbehielten, die über erhebliche finanzielle Ressourcen
verfügen. Die Kommission gelangte deshalb zu Recht zu dem Ergebnis, dass die Steuergutschrift
gemäß der Norma Foral Nr. 22/1994 selektiv auf eine Anwendung zugunsten „bestimmter
Unternehmen“ im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag gerichtet ist.
158.
Selbst wenn die Steuerbelastung im Baskenland höher sein sollte als im restlichen Spanien, so
würde dies nichts daran ändern, dass die Steuervergünstigung gemäß der Norma Foral Nr. 22/1994
bestimmten, dem baskischen Steuerrecht unterliegenden Unternehmen vorbehalten bleibt.
159.
Auch dass Steuerregelungen häufig Vergünstigungen für die KMU umfassen oder dass die
Kommission in verschiedenen Richtlinien, Empfehlungen oder Mitteilungen quantitative Kriterien
verwendete, kann nicht den Schluss rechtfertigen, dass die Norma Foral Nr. 22/1994, mit der eine
steuerliche Vergünstigung eingeführt wurde, die nur Unternehmen mit bedeutenden finanziellen
Ressourcen zugute kommt, der Anwendung von Artikel 92 Absatz 1EG-Vertrag entzogen bliebe.
Insoweit ist zu berücksichtigen, dass auch selektive Maßnahmen zugunsten der KMU als staatliche
Beihilfe eingestuft werden (vgl. den Gemeinschaftsrahmen für staatliche Beihilfen an kleine und
mittlere Unternehmen, ABl. 1996, C 213, S. 4).
160.
Demnach begründet die Norma Foral Nr. 22/1994, mit der eine Steuergutschrift eingeführt wurde,
eine Begünstigung „bestimmter Unternehmen“ im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag. Unter
diesen Umständen braucht nicht geprüft zu werden, ob auch die zeitlich begrenzte Geltungsdauer der
Norma Foral Nr. 22/1994 und die angebliche parallele Ausrichtung der Steuergutschrift und der
Ekimen-Regelung der geprüften Maßnahme einen spezifischen Charakter verleihen.
161.
Sofern die Maßnahme nicht - was nachstehend unter den Randnummern 162 bis 170 zu prüfen ist -
durch das Wesen oder den Aufbau des Steuersystems gerechtfertigt wird, ist deshalb festzustellen,
dass die Steuergutschrift gemäß der Norma Foral Nr. 22/1994 eine staatliche Beihilfe im Sinne von
Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag darstellt.
Zu dem Wesen oder Aufbau des Steuersystems
162.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 meinen, die Steuergutschrift gemäß
der Norma Foral Nr. 22/1994 werde durch das Wesen und den Aufbau des Steuersystems
gerechtfertigt, da für sie objektive, einheitlich anwendbare Kriterien gälten und sie der Verwirklichung
des mit den einschlägigen Steuervorschriften verfolgten Zweckes diene. Insoweit sei auf die
Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts (Urteile des Gerichtshofes vom 2. Juli 1974 in der
Rechtssache 173/73, Italien/Kommission, Slg. 1974, 709, Randnr. 27, und vom 17. Juni 1999 in der
Rechtssache C-75/97, Belgien/Kommission, Slg. 1999, I-3671, Randnr. 34; Urteil CETM/Kommission,
zitiert oben in Randnr. 144, Randnr. 52) und auf die Entscheidung 96/369/EG der Kommission vom 13.
März 1996 über eine steuerliche Beihilfe in Form einer Abschreibungsregelung zugunsten der
deutschen Luftverkehrsunternehmen (ABl. L 146, S. 42) zu verweisen.
163.
Auch wenn der Geltungsbereich der fraglichen steuerlichen Maßnahme nach Maßgabe objektiver
Kriterien abgegrenzt ist, weist diese dennoch einen selektiven Charakter auf (vgl. oben, Randnrn. 144
bis 161). Jedoch kann der selektive Charakter einer Maßnahme, wie die Klägerinnen geltend machen,
unter bestimmten Voraussetzungen durch das Wesen oder den Aufbau des Steuersystems
gerechtfertigt sein. Wenn dies der Fall ist, wäre die Maßnahme dem Zugriff der Bestimmung des
Artikels 92 Absatz 1 EG-Vertrag entzogen (Urteile vom 2. Juli 1974 in den Rechtssachen
Italien/Kommission, zitiert oben in Randnr. 162, Randnr. 27, und Belgien/Kommission, zitiert oben in
Randnr. 162, Randnr. 34; Urteil CETM/Kommission, zitiert oben in Randnr. 144, Randnr. 52).
164.
Jedoch setzt die Rechtfertigung einer spezifischen steuerlichen Maßnahme durch das Wesen oder
den Aufbau des Steuersystems voraus, dass diese Maßnahme mit der inneren Logik des allgemeinen
Steuersystems im Einklang steht (vgl. in diesem Sinne Urteil Belgien/Kommission, zitiert oben in
Randnr. 162, Randnr. 39, und Schlussanträge von Generalanwalt La Pergola in dieser Rechtssache,
Nr. 8; vgl. auch Schlussanträge von Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer vom 17. September 1998 in
der Rechtssache C-6/97, Italien/Kommission, Slg. 1999, I-2981, Nr. 27). So bleibt etwa eine spezifische
steuerliche Maßnahme, die durch die innere Logik des Steuersystems gerechtfertigt wird - wie die
Steuerprogression, die durch die Logik der steuerlichen Umverteilung gerechtfertigt wird -, der
Anwendung von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag entzogen.
165.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 tragen vor, dass die in Artikel 1
Buchstabe d der angefochtenen Entscheidung bezeichnete Steuergutschrift dem Wesen und Aufbau
des spanischen Steuersystems entspreche. Ihr lägen die Grundsätze der Progression und der Effizienz
der Steuererhebung zugrunde.
166.
Mit der Festsetzung des Investitionsmindestbetrags auf 2,5 Milliarden ESP begünstigt die mit der
Norma Foral Nr. 22/1994 geschaffene Steuergutschrift jedoch nur Unternehmen mit erheblichen
finanziellen Mitteln. Die Maßnahme läuft damit den Grundsätzen der steuerlichen Progression und
Umverteilung, die dem spanischen Steuersystem zugrunde liegen, zuwider. Die Klägerinnen haben
auch nichts dazu vorgetragen, wie die fragliche Maßnahme zur Effizienz der Steuererhebung beitragen
könnte.
167.
Im Übrigen behaupten die Klägerinnen nur, dass die Steuergutschrift die wirtschaftliche Entwicklung
im Baskenland, das zum Mitgliedstaat der Europäischen Union mit der höchsten Arbeitslosigkeit
gehöre, fördern solle. Sie nehmen damit Bezug auf wirtschaftspolitische Ziele, die außerhalb des
fraglichen Steuersystems liegen.
168.
Könnten aber spezifische Maßnahmen aus Gründen, die mit der Schaffung oder Erhaltung von
Arbeitsplätzen zusammenhängen, der Anwendung von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag entzogen
werden, so verlöre diese Bestimmung jede praktische Wirksamkeit. Staatliche Beihilfen werden
nämlich in zahlreichen Fällen gerade zur Schaffung oder Rettung von Arbeitsplätzen vergeben. Nach
ständiger Rechtsprechung kann deshalb eine Maßnahme der Einstufung als staatliche Beihilfe im
Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag nicht wegen des mit ihr verfolgten Zweckes entgehen (Urteile
Frankreich/Kommission, zitiert oben in Randnr. 149, Randnr. 20, Belgien/Kommission, zitiert oben in
Randnr. 162, Randnr. 25, und CETM/Kommission, zitiert oben in Randnr. 144, Randnr. 53).
169.
Das Vorbringen der Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 zu dem Wesen und
Aufbau des spanischen Steuersystems greift deshalb nicht durch.
170.
Nach alledem kam die Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu Recht zu dem Ergebnis,
dass die Steuergutschrift von 45 % des Investitionsbetrags eine staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel
92 Absatz 1 EG-Vertrag ist.
Zur Einstufung als eine bereits bestehende Beihilfe
171.
Die Klägerinnen sind der Auffassung, dass die Steuergutschrift gemäß der Norma Foral Nr. 22/1994,
wenn sie als staatliche Maßnahme im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag einzustufen sein sollte,
als eine bereits bestehende Beihilfe anzusehen wäre, da ihr Ursprung in die Zeit vor dem Beitritt
Spaniens zur Europäischen Gemeinschaft zurückreiche. Die Steuergutschrift sei nämlich durch
Beschluss der Juntas Generales de Álava vom 30. Juli 1984 eingeführt worden und anschließend durch
verschiedene Normas Forales, nämlich die Norma Foral Nr. 28/1988 vom 18. Juli 1988, die Norma Foral
Nr. 9/1990 vom 14. Februar 1990, die Norma Foral Nr. 18/1993 vom 5. Juli 1993 und die Norma Foral
Nr. 22/1994 vom 20. Dezember 1994, fortgeschrieben worden.
172.
Der Vertrag sieht für bestehende und für neue Beihilfen unterschiedliche Verfahren vor. Während
neue Beihilfen gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag der Kommission vorher zu melden sind und nicht
durchgeführt werden dürfen, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung erlassen hat,
dürfen bestehende Beihilfen gemäß Artikel 93 Absatz 1 EG-Vertrag rechtmäßig durchgeführt werden,
solange die Kommission nicht ihre Vertragswidrigkeit festgestellt hat (Urteil des Gerichtshofes vom 15.
März 1994 in der Rechtssache C-387/92, Banco Exterior de España, Slg. 1994, I-877, Randnr. 20).
Hinsichtlich bestehender Beihilfen kann daher nur eine Entscheidung ergehen, die ihre Unzulässigkeit
mit Wirkung für die Zukunft feststellt.
173.
Nach gefestigter Rechtsprechung sind als bestehende Beihilfen diejenigen anzusehen, die vor dem
Inkrafttreten des Vertrages bestanden oder die unter den Voraussetzungen des Artikels 93 Absatz 3
EG-Vertrag ordnungsgemäß durchgeführt wurden (Urteil Piaggio, zitiert oben in Randnr. 149, Randnr.
48). Als neue, gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag meldepflichtige Beihilfen gelten hingegen
Maßnahmen zur Einführung oder Umgestaltung von Beihilfen, wobei die Umgestaltung entweder
bestehende Beihilfen oder frühere, der Kommission gemeldete Vorhaben betreffen kann (Urteile des
Gerichtshofes vom 9. Oktober 1984 in den verbundenen Rechtssachen 91/83 und 127/83, Heineken
Brouwerijen, Slg. 1984, 3435, Randnrn. 17 und 18, und vom 9. August 1994 in der Rechtssache C-
44/93, Namur-Les assurances du crédit, Slg. 1994, I-3829, Randnr. 13).
174.
Die in Artikel 1 Buchstabe d der angefochtenen Entscheidung bezeichnete Beihilfe wurde jedoch
unstreitig auf der Grundlage von Rechtsvorschriften, nämlich der Norma Foral Nr. 22/1994 vom 20.
Dezember 1994, gewährt, die zu einem Zeitpunkt erlassen wurde, zu dem Spanien bereits ein
Mitgliedstaat war.
175.
Überdies handelt es sich bei den Rechtsvorschriften über die Steuergutschrift im Gebiet von Álava
um gesetzliche Bestimmungen, deren Geltung zeitlich begrenzt ist. Selbst wenn, wie die Klägerinnen
vortragen, die Steuervergünstigung gemäß der Normal Foral Nr. 22/1994 nur die „Fortschreibung“
einer bereits 1984 geschaffenen steuerlichen Maßnahme darstellen sollte, war sie doch wegen der
Änderung der Geltungsdauer der Beihilfe als eine neue Beihilfe anzusehen.
176.
Demnach bildete die in Artikel 1 Buchstabe d der angefochtenen Entscheidung bezeichnete Beihilfe
eine neue, bei der Kommission gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag anzumeldende Beihilfe und
durfte nicht durchgeführt werden, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung über sie
erließ.
177.
Nach alledem greift der vierte Teil des vorliegenden Klagegrunds nicht durch.
178.
Laut Artikel 1 Buchstabe e der angefochtenen Entscheidung gewährte Spanien Demesa eine
„Ermäßigung der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer für neu gegründete Unternehmen
gemäß Norma Foral 24/1996 Artikel 26“, die als eine mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare
staatliche Beihilfe anzusehen sei.
179.
Nach Meinung der Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 beruht Artikel 1
Buchstabe e der angefochtenen Entscheidung auf einer fehlerhaften Würdigung des Sachverhalts. In
Wirklichkeit sei Demesa eine Ermäßigung der Bemessungsgrundlage gemäß Artikel 26 der Norma
Foral Nr. 24/1996 nie zugute gekommen.
180.
Die Kommission hält dem entgegen, dass die Einstufung der Ermäßigung der
Bemessungsgrundlage gemäß Artikel 26 der Norma Foral Nr. 24/1996 als Beihilfeelement nicht davon
abhänge, ob die Maßnahme dem Adressaten tatsächlich zugute gekommen sei, sondern vom
Vorliegen der in Artikel 92 EG-Vertrag genannten Voraussetzungen.
181.
Unter Durchführung einer staatlichen Beihilfe sei nicht ihre Gewährung an die Begünstigten,
sondern der Erlass der gesetzlichen Regelung anzusehen, nach der eine solche Gewährung ohne
weitere Förmlichkeiten zulässig sei. Die in Artikel 1 Buchstabe e der angefochtenen Bezeichnung
bezeichnete steuerliche Maßnahme sei deshalb eine rechtswidrige Beihilfe.
182.
Dass die Klägerin von ihrem Recht auf Steuerabzug noch keinen Gebrauch gemacht habe, ändere
ungeachtet der dafür maßgebenden Gründe nichts daran, dass sie seit Aufnahme ihrer
Geschäftstätigkeit einen entsprechenden Anspruch habe.
183.
Gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag ist die Kommission über neue Beihilfen zu unterrichten, und
diese dürfen nicht durchgeführt werden, bevor die Kommission eine abschließende Entscheidung über
ihre Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt erlassen hat.
184.
Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag unterscheidet nicht zwischen Einzelbeihilfen und allgemeinen
Beihilferegelungen.
185.
Erlässt ein Mitgliedstaat oder ein regionaler oder kommunaler Hoheitsträger eines Mitgliedstaats
Rechts- und/oder Verwaltungsvorschriften, die eine allgemeine Beihilferegelung enthalten, so müssen
diese daher der Kommission gemeldet werden.
186.
Daher wäre es, wenn die mit der vorliegenden Klage angefochtene Entscheidung allgemein die mit
Artikel 26 der Norma Foral Nr. 24/1996 geschaffene Beihilferegelung beträfe, für die
Rechtmäßigkeitsprüfung dieser Entscheidung bedeutungslos, ob Demesa oder anderen Unternehmen
eine Anwendung der Bestimmung tatsächlich zugute kam.
187.
Die angefochtene Entscheidung betrifft jedoch nicht allgemein die mit Artikel 26 der Norma Foral
Nr. 24/1996 geschaffene Beihilferegelung, sondern ausschließlich die Einzelbeihilfen, die Demesa
erhalten haben soll.
188.
Denn im Tenor der angefochtenen Entscheidung stellt die Kommission fest, dass Spanien
zugunsten von Demesa verschiedene Beihilfen gewährt habe (Artikel 1 der angefochtenen
Entscheidung), darunter eine „Ermäßigung der Bemessungsgrundlage der Körperschaftsteuer für neu
gegründete Unternehmen gemäß Norma Foral Nr. 24/1996 vom 5. Juli 1996 Artikel 26“ (Artikel 1
Buchstabe e). Gemäß Artikel 2 Buchstabe b der angefochtenen Entscheidung ist Spanien verpflichtet,
alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um „hinsichtlich der [in Form der Ermäßigung der
Bemessungsgrundlage] rechtswidrig zur Verfügung gestellten [Beihilfe] dem Empfänger die erlangten
Vorteile wieder zu entziehen“.
189.
In der angefochtenen Entscheidung wird somit festgestellt, dass die Ermäßigung der
Bemessungsgrundlage gemäß Artikel 26 der Norma Foral Nr. 24/1996 zugunsten von Demesa
durchgeführt worden sei. Diese Feststellung beschwert sowohl die spanischen Behörden, die danach
vertragswidrig eine Einzelbeihilfe gewährten, als auch Demesa, die eine rechtswidrige Beihilfe erhalten
hätte, die überdies nach der Spanien in Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der angefochtenen
Entscheidung erteilten Weisung zurückzufordern ist.
190.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 bestreiten jedoch, dass diese
Feststellung sachlich zutreffend sei.
191.
Insoweit ergibt sich aus der angefochtenen Entscheidung nichts dafür, dass die Behörden von
Álava die in Artikel 26 der Norma Foral Nr. 24/1996 vorgesehene Vergünstigung zugunsten von
Demesa tatsächlich gewährten.
192.
So kann ein Unternehmen gemäß Artikel 26 Absatz 5 der Norma Foral Nr. 24/1996 (vgl. oben,
Randnr. 10) nur dann in den Genuss einer ermäßigten Bemessungsgrundlage kommen, wenn es zuvor
einen entsprechenden Antrag bei den Steuerbehörden gestellt hat. Diese erteilen nach dieser
Bestimmung „eine ... Genehmigung ..., die dann durch Beschluss der Diputación Foral von Álava
bestätigt werden muss“.
193.
Im Verwaltungsverfahren bestätigte die baskische Regierung in einem von der Ständigen
Vertretung Spaniens am 6. März 1998 der Kommission übermittelten Schreiben, dass „die
Ermäßigungen der Bemessungsgrundlage gemäß Artikel 26 der steuerrechtlichen Norma Foral auf
Demesa anwendbar wären, “
(Hervorhebung hinzugefügt).
194.
Jedoch prüfte die Kommission nicht, ob Demesa tatsächlich einen Antrag gemäß Artikel 26 Absatz 5
der Norma Foral Nr. 24/1996 einreichte. Sie prüfte auch nicht, ob die Behörden von Álava die in dieser
Vorschrift vorgesehene Genehmigung wirklich erteilten.
195.
Überdies haben die Verfahrensbeteiligten in den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 im
Verfahren vor dem Gericht - und zwar unwidersprochen seitens der Kommission - darauf hingewiesen,
dass Demesa im Zeitpunkt des Erlasses der angefochtenen Entscheidung die Ermäßigung der
Bemessungsgrundlage gemäß Artikel 26 der Norma Foral Nr. 24/1996 nicht mehr habe in Anspruch
nehmen können. Sie verweisen insoweit auf Artikel 25 der Verordnung über die Körperschaftsteuer
(Reglamento del Impuesto sobre Sociedades), wonach ein Unternehmen, das eine ermäßigte
Bemessungsgrundlage in Anspruch nehmen wolle, dies binnen drei Monaten nach Aufnahme seiner
Geschäftstätigkeit beantragen müsse.
196.
Demnach unterlief der Kommission mit ihrer in der angefochtenen Entscheidung enthaltenen
Feststellung, dass die Ermäßigung der Bemessungsgrundlage gemäß Artikel 26 der Norma Foral Nr.
24/1996 zugunsten von Demesa gewährt worden sei, ein Sachverhaltsirrtum.
197.
Demgemäß ist Artikel 1 Buchstabe e der angefochtenen Entscheidung in den Rechtssachen T-
127/99 und T-148/99 für nichtig zu erklären. In diesen Rechtssachen ist ferner Artikel 2 Absatz 1
Buchstabe b der angefochtenen Entscheidung für nichtig zu erklären, soweit darin dem Königreich
Spanien aufgegeben wird, die Vorteile, die durch die in Artikel 1 Buchstabe e der angefochtenen
Entscheidung bezeichnete Beihilfe erlangt worden seien, von Demesa zurückzufordern.
198.
Dieser Teil des Klagegrundes ist in der Rechtssache T-148/99 und als Verstoß gegen Artikel 190 EG-
Vertrag auch in der Rechtssache T-127/99 geltend gemacht worden.
199.
Die Klägerin in der Rechtssache T-148/99 macht geltend, eine Maßnahme, die den Wettbewerb
nicht tatsächlich und spürbar beeinträchtige, sei keine durch Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag
verbotene staatliche Beihilfe. Sie verweist insoweit auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes (Urteile
des Gerichtshofes vom 25. Juni 1970 in der Rechtssache 47/69, Frankreich/Kommission, Slg. 1970,
487, Randnr. 16, Deutschland/Kommission, zitiert oben in Randnr. 142, Randnr. 18, und vom 2.
Februar 1988 in den verbundenen Rechtssachen 67/85, 68/85 und 70/85, Van der Kooy, Slg. 1988,
219, Randnr. 58), auf die Mitteilung der Kommission über „De minimis“-Beihilfen (ABl. 1996, C 68, S. 9)
und auf die Veröffentlichung der Kommission „Erläuterungen zu den Wettbewerbsregeln für staatliche
Beihilfen“ (Stand: Dezember 1996), (Band II
B). Die Kommission habe nicht hinreichend die Frage geprüft, ob die Maßnahmen zugunsten von
Demesa eine spürbare Verfälschung des Wettbewerbs bewirkt hätten, durch die der
innergemeinschaftliche Handel im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag beeinträchtigt worden
wäre. Die Klägerin in der Rechtssache T-127/99 meint, dass die Kommission die Auswirkungen der
streitigen Maßnahmen auf den Wettbewerb und den innergemeinschaftlichen Handel nicht konkret
geprüft habe.
200.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 machen geltend, dass die
angefochtene Entscheidung insoweit unzureichend begründet sei.
201.
Gemäß Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag sind mit dem Gemeinsamen Markt nur Beihilfen unvereinbar,
die „den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“ und „den Wettbewerb verfälschen oder zu
verfälschen drohen“. Zwar kann sich in bestimmten Fällen bereits aus den Umständen, unter denen
die Beihilfe gewährt worden ist, ergeben, dass sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigt
und den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht, jedoch hat die Kommission diese Umstände
in der Begründung ihrer Entscheidung zumindest anzugeben (Urteil des Gerichtshofes vom 19.
Oktober 2000 in den verbundenen Rechtssachen C-15/98 und C-105/99, Italien und Sardegna
Lines/Kommission, Slg. 2000, I-8855, Randnr. 66, und die dort zitierte Rechtsprechung).
202.
In Abschnitt V.1. der angefochtenen Entscheidung erläutert die Kommission, aus welchen Gründen
nach ihrer Auffassung die Demesa gewährten Beihilfen den Wettbewerb und den Handel zwischen
Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Sie weist zunächst darauf hin, dass Demesa nach ihrem
Geschäftsplan jährlich 600 000Kühl-/Gefrierkombinationen habe verkaufen sollen. Der
westeuropäische Markt für Kühl- und Gefrierschränke sei gesättigt (angefochtene Entscheidung,
Abschnitt V.1, vierter Absatz) und die Überkapazität auf diesem Markt werde für das Jahr 1997 auf 5
Millionen Stück geschätzt (Abschnitt V.1, sechster Absatz). Da Demesa „spätestens 1999 eine
Jahresproduktionskapazität von 600 000 Stück erreichen [solle], von denen 30 % auf dem spanischen
Markt und 70 % auf anderen Märkten (im Prinzip in Frankreich und im Vereinigten Königreich) verkauft
werden“ sollten (angefochtene Entscheidung, Abschnitt V.1, erster Absatz) und „der
innergemeinschaftliche Handel einen bedeutenden Umfang angenommen“ habe, werde sich „jede
Beihilfemaßnahme ... zwangsweise auf den Handel und den Wettbewerb auswirken“ (angefochtene
Entscheidung, Abschnitt V.1, letzter Absatz).
203.
Damit werden in der angefochtenen Entscheidung hinreichend die Gründe dargelegt, aus denen
die streitigen Maßnahmen nach Auffassung der Kommission den Wettbewerb verfälschten oder zu
verfälschen drohten und den innergemeinschaftlichen Handel beeinträchtigten. Dieser Teil der
angefochtenen Entscheidung genügt daher den Anforderungen von Artikel 190 EG-Vertrag.
204.
Hinsichtlich der Frage, ob die Kommission zu Recht annahm, dass die Demesa gewährten Beihilfen
im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag den Wettbewerb verfälschten oder zu verfälschen drohten
und den innergemeinschaftlichen Handel beeinträchtigten, ist ferner daran zu erinnern, dass nach
der Rechtsprechung (Urteile des Gerichtshofes vom 17. September 1980 in der Rechtssache 730/79,
Philip Morris/Kommission, Slg. 1980, 2671, Randnrn. 11 und 12, vom 13. März 1985 in den
verbundenen Rechtssachen 296/82 und 318/82, Niederlande und Leeuwarder
Papierwarenfabriek/Kommission, Slg. 1985, 809, und Belgien/Kommission, zitiert oben in Randnr. 162,
Randnr. 47 und 48; Urteil Vlaams Gewest/Kommission, zitiert oben in Randnr. 50, Randnrn. 48 bis 50)
jede Gewährung von Beihilfen an ein Unternehmen, das auf dem Gemeinsamen Markt tätig ist,
Verfälschungen des Wettbewerbs hervorrufen und den Handel zwischen Mitgliedstaaten
beeinträchtigen kann.
205.
Oben wurde jedoch bereits festgestellt, dass die Kommission zu Recht zu dem Ergebnis gelangte,
dass Demesa verschiedene Elemente staatlicher Beihilfen zugute kamen. Es ist außerdem unstreitig,
dass Demesa nach ihrem Geschäftsplan 600 000 Kühl-/Gefrierkombinationen jährlich herzustellen
beabsichtigte. Es ist ebenfalls unstreitig, dass auf dem Gemeinsamen Markt weitere Hersteller von
Kühlschränken und Gefriergeräten tätig sind und dass Demesa nach ihrem Geschäftsplan einen
großen Teil ihrer Herstellung nach anderen Mitgliedstaaten, insbesondere nach Frankreich und in das
Vereinigte Königreich, ausführen wollte.
206.
Im Geschäftsplan von Demesa wird ferner vom Bestehen eines „Binnenmarkts mit einem
Angebotsüberhang“ gesprochen.
207.
Unter diesen Umständen konnte die Kommission zu Recht annehmen, dass die Demesa gewährten
Beihilfen gemäß Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag „den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen“
und „den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen“.
208.
Auch wenn die Kommission in ihrer Veröffentlichung „Erläuterungen zu den Wettbewerbsregeln für
staatliche Beihilfen“ (vgl. oben, Randnr. 199) anerkannt hat, dass eine Beihilfe nur dann unter Artikel
92 Absatz 1 EG-Vertrag fällt, wenn sie „spürbare Auswirkungen auf den Wettbewerb“ hat, bezifferte sie
doch diese Schwelle in ihrer Mitteilung über „De-minimis“-Beihilfen (vgl. oben, Randnr. 199) auf ein
Beihilfevolumen von 100 000 Euro, das im vorliegenden Fall überschritten wurde (vgl. in diesem Sinne
Urteil des Gerichtshofes vom 19. September 2000 in der Rechtssache C-156/98,
Deutschland/Kommission, Slg. 2000, I-6857, Randnrn. 39 bis 41).
209.
Soweit die Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 geltend machen, dass der
Wettbewerb durch den Markteintritt eines neuen Herstellers von Kühl- und Gefriergeräten auf dem
spanischen Markt belebt worden sei, ist festzustellen, dass die Gründung eines neuen Unternehmens
stets Auswirkungen auf die Wettbewerbsstruktur hat. Jedoch ist die Gewährung verschiedener
Beihilfen an ein neues Unternehmen im vorliegenden Fall geeignet, den Wettbewerb auf dem in Frage
stehenden Markt zu verfälschen.
210.
Im schriftlichen Verfahren hat die Klägerin in der Rechtssache T-148/99 weiter erläutert, dass ihre
Produktion hauptsächlich für Drittländer, vor allem die nordafrikanischen und arabischen Länder,
bestimmt sei. Die ihr gewährten Vergünstigungen könnten daher nicht den Handel auf dem
Gemeinsamen Markt beeinträchtigen und den dort bestehenden Wettbewerb verfälschen.
211.
Im Geschäftsplan von Demesa vom September 1996 war jedoch seinerzeit vorgesehen, dass das
Unternehmen 60 % bis 65 % seiner Herstellung insbesondere nach Frankreich und in das Vereinigte
Königreich ausführen sollte. In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin in der Rechtssache T-
148/99 erklärt, dass sich die Ausfuhren anders als ursprünglich im Geschäftsplan vorgesehen
entwickelt hätten.
212.
Im Rahmen einer Nichtigkeitsklage gemäß Artikel 230 EG ist die Rechtmäßigkeit eines
Gemeinschaftsrechtsakts nach dem Sachverhalt und der Rechtslage zu beurteilen, die bei Erlass des
Rechtsakts gegeben waren (Urteil Alitalia/Kommission, zitiert oben in Randnr. 126, Randnr. 86).
213.
Da Demesa aber im Verwaltungsverfahren hierzu nichts vorgetragen hatte, konnte sich die
Kommission in der angefochtenen Entscheidung vernünftigerweise auf den Geschäftsplan von
Demesa stützen, um die Auswirkungen der Demesa gewährtenBeihilfen auf den Handel zwischen
Mitgliedstaaten und auf den Wettbewerb zu beurteilen.
214.
Jedenfalls bestreitet die Klägerin in der Rechtssache T-148/99 nicht, dass ein großer Teil ihrer
Herstellung auf dem spanischen Markt verkauft wird. In der mündlichen Verhandlung hat sie eine Zahl
von 50 % bis 60 % genannt. Da indessen (nach dem Geschäftsplan von Demesa) die Einfuhren von
Kühlschränken und Gefriergeräten 30 % des spanischen Marktes ausmachten, beeinflusste die
Herstellung von Demesa notwendig die Möglichkeiten von in anderen Mitgliedstaaten konkurrierenden
Unternehmen, ihre Erzeugnisse nach dem spanischen Markt zu exportieren. Selbst wenn im Übrigen
ein großer Teil der Herstellung von Demesa für Drittländer bestimmt ist, befindet sich Demesa
hinsichtlich der Ausfuhren in diese Drittländer in unmittelbarem Wettbewerb mit anderen in der
Gemeinschaft ansässigen Unternehmen.
215.
Die Demesa gewährten Vergünstigungen sind daher geeignet, den Handel zu beeinträchtigen und
den Wettbewerb zu verfälschen (vgl. in diesem Sinne Urteile des Gerichtshofes vom 8. März 1988 in
den verbundenen Rechtssachen 62/87 und 72/86, Exécutif régional wallon und Glaverbel/Kommission,
Slg. 1988, 1573, Randnr. 13, vom 13. Juli 1988 in der Rechtssache 102/87, Frankreich/Kommission,
Slg. 1988, 4067, Randnr. 19, und Belgien/Kommission, zitiert oben in Randnr. 162, Randnr. 47).
216.
Die Klägerin in der Rechtssache T-148/99 rügt ferner, dass die Kommission die Auswirkungen der
streitigen Maßnahmen auf den Wettbewerb ausschließlich auf der Grundlage von Informationen
geprüft habe, die ihr die Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren übermittelt hätten. Auf der
Grundlage dieser Angaben sei die Kommission in der angefochtenen Entscheidung fälschlich zu dem
Schluss gelangt, dass auf dem spanischen Markt für Kühlschränke eine Überkapazität bestehe. Wie
ein Bericht von Master Cadena vom 1. Juli 1998 belege, habe sich der Markt in Wirklichkeit, und zwar
unmittelbar nach einer allgemeinen Krise auf dem Markt für Haushaltsgeräte, in einer
Expansionsphase befunden.
217.
Dazu ist festzustellen, dass die Kommission im vorliegenden Fall eine Untersuchung einleitete,
nachdem ihr mehrere Beschwerden wegen der Demesa gewährten Beihilfen zugegangen waren. Da
sie erhebliche Bedenken an der Vereinbarkeit dieser Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt hegte,
eröffnete die Kommission das Verfahren gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag, um alle erforderlichen
Informationen für eine endgültige Entscheidung in der Angelegenheit zu erheben. Demesa, die es
nicht für erforderlich hielt, im Verwaltungsverfahren eine Stellungnahme einzureichen, kann der
Kommission nicht vorwerfen, dass sie sich in der angefochtenen Entscheidung auf in den
Beschwerden enthaltene Angaben stützten, die durch die nach der Entscheidung über die Eröffnung
des Verfahrens gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag gesammelten Informationen nicht widerlegt
wurden.
218.
Was den Bericht von Master Cadena anbelangt, so enthält er ausschließlich Zahlen über die
Verkäufe im spanischen Einzelhandel und keine Angaben zu den Produktionskapazitäten. Überdies
wird im Geschäftsplan von Demesa das Bestehen eines „Inlandsmarktes mit einem
Angebotsüberhang“ als „Schwachpunkt“ erwähnt.
219.
Auch wenn durch den Bericht von Master Cadena belegt würde, dass es auf dem Markt, auf dem
Demesa tätig ist, keine Überkapazität gibt - was nicht der Fall ist -, würde dies nicht den Schluss der
Kommission berühren, dass die Demesa gewährten Beihilfen den Handel und den Wettbewerb
beeinträchtigten. Wird nämlich einem Unternehmen eine beträchtliche Beihilfe wie die hier fragliche
gewährt, um ihm die erstmalige Herstellung eines bestimmten Erzeugnisses in einem Mitgliedstaat zu
ermöglichen, so hat dies auf einem durch Wettbewerb gekennzeichneten Markt zur Folge, dass sich
die Chancen von in anderen Mitgliedstaaten ansässigen Unternehmen, ihre Erzeugnisse nach dem
Markt des betreffenden Mitgliedstaats auszuführen, verringern. Eine solche Beihilfe ist deshalb
geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen und den Wettbewerb zu
verfälschen (vgl. in diesem Sinne Urteile Exécutif régional wallon und Glaverbel/Kommission, zitiert
oben in Randnr. 215, Randnr. 13, vom 13. Juli 1988 in der Rechtssache Frankreich/Kommission, zitiert
oben in Randnr. 215, Randnr. 19, und Belgien/Kommission, zitiert oben in Randnr. 162, Randnr. 47).
220.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 machen geltend, dass Demesa das
einzige Unternehmen sei, das ausschließlich „No-frost“-Kühlschränke herstelle. Die Kommission hätte
dies in der angefochtenen Entscheidung berücksichtigen müssen. Die Klägerinnen in der Rechtssache
T-129/99 verweisen darauf, dass der Markt für Gefrierschränke von dem Markt für Kühlschränke zu
unterscheiden sei.
221.
Auch wenn davon ausgegangen wird, dass der Markt für Kühlschränke von dem für Gefrierschränke
zu unterscheiden ist und dass Demesa ausschließlich „No-frost“-Kühlschränke herstellt, erläutern die
Klägerinnen jedoch nicht, warum dies die Feststellung der Kommission, dass die Demesa gewährten
Beihilfen den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigten und den Wettbewerb verfälschten, in
Frage stellen kann. Das Argument ist deshalb zurückzuweisen.
222.
Die Klägerin in der Rechtssache T-148/99 bemängelt weiterhin, dass die Kommission es gänzlich
versäumt habe, den Markt unter einer vertikalen Perspektive zu prüfen. Sie habe nicht untersucht, wie
sich die streitigen Maßnahmen auf die Zulieferer und Subunternehmer und auch auf die Verbraucher
von Elektrohaushaltsgeräten auswirkten.
223.
Die Kommission weist jedoch zu Recht darauf hin, dass die Prüfung, ob eine staatliche Beihilfe
vertragskonform ist, keine Würdigung der etwaigen Gründe verlangt, aus denen die individuelle
Freistellung einer Vereinbarung, einer Verhaltensweise oder eines Beschlusses, durch die der
Wettbewerb beeinträchtigtwerden kann, gemäß Artikel 85 Absatz 3 EG-Vertrag (jetzt Artikel 81 Absatz
3 EG) gerechtfertigt sein könnte. Hat die Kommission rechtlich hinreichend nachgewiesen, dass die
Demesa gewährten Beihilfen im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag den (horizontalen)
Wettbewerb verfälschten oder zu verfälschen drohten und geeignet waren, den Handel zwischen
Mitgliedstaaten zu beeinträchtigten, so sind sie, von Ausnahmefällen abgesehen, mit dem
Gemeinsamen Markt unvereinbar.
224.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 tragen schließlich vor, dass die
Kommission, um die Auswirkungen der streitigen Maßnahmen zu beurteilen, hätte prüfen müssen, wie
der Markt auf den Markteintritt von Demesa reagiert hat, nicht aber, wie der Markt vorher
funktionierte.
225.
Auch dieses Argument ist zurückzuweisen. Müsste nämlich die Kommission in ihrer Entscheidung die
tatsächlichen Auswirkungen bereits gewährter Beihilfen darlegen, so würden dadurch diejenigen
Mitgliedstaaten, die Beihilfen unter Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-
Vertrag zahlen, zu Lasten derjenigen begünstigt, die die Beihilfen in der Planungsphase anmelden
(Urteil des Gerichtshofes vom 14. Februar 1990 in der Rechtssache C-301/87, Frankreich/Kommission,
Slg. 1990, I-307, Randnr. 33). Die Kommission braucht daher die Auswirkungen nicht angemeldeter,
aber durchgeführter Beihilfen auf den Wettbewerb und die Beeinträchtigung des
innergemeinschaftlichen Handels nicht nach dem aktuellen Stand zu würdigen (Urteile vom 14.
Februar 1990 in der Rechtssache Frankreich/Kommission, Randnr. 33, und Belgien/Kommission, zitiert
oben in Randnr. 162, Randnr. 48).
226.
Demnach ist auch der letzte Teil des ersten Klagegrunds zurückzuweisen.
II -
227.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-129/99 und T-148/99 machen erstens, in Bezug auf die in
Artikel 1 Buchstabe c der angefochtenen Entscheidung genannten Zuschüsse, geltend, dass die
Entscheidung vom 12. Dezember 1996, mit der die allgemeine Beihilfenregelung Ekimen in der der
Kommission durch die nationalen Behörden notifizierten Fassung - d. h. der Fassung des im
veröffentlichten Dekrets - genehmigt worden sei, insbesondere eine Garantie
dafür darstelle, dass alle gemäß dieser Regelung gewährten Zuschüsse mit dem Gemeinsamen Markt
vereinbar seien. Die Kommission habe das Ekimen-Programm zudem erst ganz kurze Zeit vor der
Niederlassung von Demesa in der Provinz Álava genehmigt.
228.
Die Kommission kann, wenn sie es mit einer Beihilfe zu tun hat, hinsichtlich deren geltend gemacht
wird, dass sie aufgrund einer zuvor genehmigten Regelung gewährt worden sei, diese Beihilfe nicht
einfach unmittelbar am EG-Vertrag messen. Sie darf zunächst - bevor sie ein Verfahren eröffnet - nur
prüfen, ob die Beihilfe durchdie allgemeine Regelung gedeckt ist und die in der Entscheidung über die
Genehmigung dieser Regelung gestellten Bedingungen erfüllt. Andernfalls könnte die Kommission bei
der Überprüfung jeder individuellen Beihilfe ihre Entscheidung über die Genehmigung der
Beihilferegelung, die bereits eine Prüfung anhand von Artikel 92 EG-Vertrag voraussetzt, rückgängig
machen. Dann wäre aber die Einhaltung der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der
Rechtssicherheit sowohl gegenüber den Mitgliedstaaten als auch gegenüber den
Wirtschaftsteilnehmern gefährdet, da die individuellen Beihilfen, die der Entscheidung über die
Genehmigung der Beihilferegelung in vollem Umfang entsprechen, von der Kommission jederzeit
wieder in Frage gestellt werden könnten (Urteil des Gerichtshofes vom 5. Oktober 1994 in der
Rechtssache C-47/91, Italien/Kommission, Slg. 1994, I-4635, Randnr. 24; Urteil des Gerichts vom 27.
April 1995 in der Rechtssache T-442/93, AAC u. a./Kommission, Slg. 1995, II-1329, Randnr. 86).
229.
Die Kommission stellte jedoch zu Recht fest, dass die nach dem Ekimen-Programm gewährte
individuelle Beihilfe von ihrer Entscheidung vom 12. Dezember 1996 über die Genehmigung dieser
allgemeinen Beihilfenregelung nicht vollständig gedeckt war (vgl. oben, Randnr. 127). Unter diesen
Umständen konnte sie ohne Verstoß gegen die Grundsätze des Vertrauensschutzes und der
Rechtssicherheit zu dem Ergebnis gelangen, dass der im Rahmen des Ekimen-Programms gewährte
Zuschuss insoweit eine neue Beihilfe war, als er über die in der Genehmigungsentscheidung der
Kommission festgelegte Höchstgrenze hinausging (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Oktober 1994 in
der Rechtssache Italien/Kommission, zitiert oben in Randnr. 228, Randnr. 26).
230.
Die Klägerinnen können sich auch nicht darauf berufen, dass die Entscheidung vom 12. Dezember
1996 über die Genehmigung des Ekimen-Programms und die angefochtene Entscheidung auf einer
fehlerhaften Auslegung des Ekimen-Dekrets beruhen. Die Auslegung des Dekrets in den beiden
Entscheidungen der Kommission ist vielmehr mit seinem Geist und Buchstaben vereinbar (vgl. oben,
Randnrn. 118 bis 124).
231.
Die Klägerinnen tragen schließlich auch nichts vor, was belegen könnte, dass die Kommission ihnen
bestimmte Zusicherungen gemacht hätte, nach denen sie darauf hätten vertrauen dürfen, dass das
nicht von der Entscheidung vom 12. Dezember 1996 über die Genehmigung des Ekimen-Programms
erfasste Beihilfeelement mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar wäre (vgl. in diesem Sinne Urteil des
Gerichts vom 31. März 1998 in der Rechtssache T-129/96, Preussag Stahl/Kommission, Slg. 1998, II-
609, Randnr. 78).
232.
Nach alledem ist das erste Argument zurückzuweisen.
233.
Zweitens tragen die Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 hinsichtlich der
Steuergutschrift vor, dass die Kommission am 10. Mai 1993 dieEntscheidung 93/337/EWG über eine
Steuerbeihilferegelung für Investitionen im Baskenland (ABl. L 134, S. 25) erlassen habe, die
insbesondere die Norma Foral Nr. 28/1988 betreffe und in der sie festgestellt habe, dass bestimmte
Steuervergünstigungen gemäß dieser Norma Foral, u. a. eine Steuergutschrift für durchgeführte
Investitionen, mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare Beihilfen seien, da sie Artikel 52 EG-Vertrag
(nach Änderung jetzt Artikel 43 EG) zuwiderliefen. Es seien die erforderlichen Vorschriften erlassen
worden, um die regionalen Rechtsvorschriften der Entscheidung 93/337 anzupassen, und die
Kommission habe den spanischen Behörden mit Schreiben vom 3. Februar 1995 förmlich ihr
Einverständnis mit der gewählten Lösung mitgeteilt. Da die Vertragswidrigkeit somit ausgeräumt
worden sei, seien sowohl die spanischen Behörden als auch die Kommission selbst davon
ausgegangen, dass die mit diesen staatlichen Beihilfen verbundenen Schwierigkeiten gelöst worden
seien. Aus diesem Grund habe die Kommission nie Verfahren über staatliche Beihilfen eröffnet oder
gegen später erlassene, ähnliche Steuervorschriften Einwände erhoben. Damit habe die Kommission
bei Demesa wie bei jedem der betreffenden regionalen Regelung unterliegenden
Wirtschaftsteilnehmer ein berechtigtes Vertrauen erweckt, dass die von der Diputación Foral de Álava
getroffenen steuerlichen Maßnahmen von der Kommission genehmigt seien, da sie Artikel 52 EG-
Vertrag nicht zuwiderliefen.
234.
Selbst wenn das Schreiben der Kommission vom 3. Februar 1995 als ein Bescheid, wonach die
Norma Foral Nr. 28/1988 nunmehr mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar sei, auszulegen sein sollte,
wurde doch die in Artikel 1 Buchstabe d der angefochtenen Entscheidung genannte Steuergutschrift
nicht nach dieser Norma Foral gewährt und wird deshalb weder von der Entscheidung 93/337 noch
vom Schreiben vom 3. Februar 1995 erfasst. Die in der angefochtenen Entscheidung bezeichnete
Steuergutschrift wurde vielmehr gemäß der Norma Foral Nr. 22/1994 gewährt. Sie ist deshalb eine
neue Beihilfe, die der Kommission gemäß Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag hätte mitgeteilt werden
müssen (vgl. in diesem Sinne Urteil Namur-Les assurances du crédit, zitiert oben in Randnr. 173,
Randnr. 13).
235.
Es ist jedoch unstreitig, dass die in der angefochtenen Entscheidung genannte Steuergutschrift
unter Verstoß gegen Artikel 93 Absatz 3 EG-Vertrag ohne vorherige Anmeldung eingeführt wurde.
236.
Diese Erwägungen genügen, um das Argument der Klägerinnen zurückzuweisen. Nach ständiger
Rechtsprechung setzt ein Vertrauensschutz nämlich grundsätzlich voraus, dass die Beihilfe unter
Einhaltung des Verfahrens gemäß Artikel 93 EG-Vertrag gewährt wurde, was hier nicht der Fall ist. Es
ist nämlich davon auszugehen, dass ein sorgfältiger Wirtschaftsteilnehmer und regionaler
Hoheitsträger sich normalerweise hätte vergewissern können, dass das Verfahren eingehalten wurde
(Urteile des Gerichtshofes vom 20. September 1990 in der Rechtssache C-5/89,
Kommission/Deutschland, Slg. 1990, I-3437, Randnr. 17; Urteil des Gerichts vom 15. September 1998
in den verbundenen Rechtssachen T-126/96 und T-127/96, BFM und EFIM/Kommission, Slg. 1998, II-
3437, Randnr. 69).
237.
Vorsorglich ist darauf hinzuweisen, dass die Klägerinnen, die dieses Argument vorgetragen haben,
von einem verfehlten Verständnis der Entscheidung 93/337 ausgehen. In dieser Entscheidung
bewertete die Kommission die fraglichen Beihilfen nämlich nicht nur als mit dem Gemeinsamen Markt
unvereinbar, weil sie Artikel 52 EG-Vertrag zuwiderliefen, sondern auch, weil sie den verschiedenen
Beihilfebestimmungen nicht entsprächen, so den Bestimmungen über Regionalbeihilfen, über
sektorielle Beihilfen, über Beihilfen an KMU und über die Kumulierung von Beihilfen (Abschnitt V der
Entscheidung 93/337). Was das Schreiben vom 3. Februar 1995 anbelangt, so stellte die Kommission
darin nur fest, dass die fragliche Steuerregelung nicht mehr gegen Artikel 52 EG-Vertrag verstoße,
aber äußerte sich nicht zu der Frage, ob diese Regelung den verschiedenen in der Entscheidung
93/337 genannten Beihilfebestimmungen entsprach.
238.
Die Kommission schuf daher bei den Klägerinnen kein berechtigtes Vertrauen in die Vereinbarkeit
der mit der Norma Foral Nr. 22/1994 eingeführten Steuergutschrift mit dem Gemeinsamen Markt, und
zwar auch dann nicht, wenn diese Steuergutschrift derjenigen entsprechen sollte, die mit der
steuerlichen Maßnahme, die Gegenstand der Entscheidung 93/337 der Kommission und ihres
Schreibens vom 3. Februar 1995 war, eingeführt wurde.
239.
Der zweite Klagegrund greift deshalb gleichfalls nicht durch.
III -
240.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99, T-129/99 und T-148/99 beanstanden, dass die
Beurteilung der im Tenor der angefochtenen Entscheidung aufgeführten Maßnahmen im Licht von
Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag unzureichend begründet sei.
241.
Nach ständiger Rechtsprechung muss die nach Artikel 190 EG-Vertrag vorgeschriebene
Begründung der Natur des betreffenden Rechtsakts angepasst sein und die Überlegungen des
Gemeinschaftsorgans, das den Rechtsakt erlassen hat, so klar und eindeutig zum Ausdruck bringen,
dass die Betroffenen ihr die Gründe für die erlassene Maßnahme entnehmen können und der
Gemeinschaftsrichter seine Kontrolle ausüben kann. In der Begründung eines Rechtsakts brauchen
nicht alle tatsächlich oder rechtlich relevanten Gesichtspunkte genannt zu werden, da die Frage, ob
die Begründung eines Rechtsakts den Erfordernissen des Artikels 190 EG-Vertrag genügt, nicht nur im
Hinblick auf ihren Wortlaut zu beurteilen ist, sondern auch anhand ihres Kontextes sowie sämtlicher
Rechtsvorschriften auf dem betreffenden Gebiet (Urteil des Gerichtshofes vom 29. Februar 1996 in
der Rechtssache C-56/93, Belgien/Kommission, Slg. 1996, I-723, Randnr. 86, und die dort zitierte
Rechtsprechung).
242.
Hinsichtlich der Einstufung einer Maßnahme als Beihilfe folgt aus der Begründungspflicht, dass die
Gründe angegeben werden müssen, aus denen diefragliche Maßnahme nach Ansicht der Kommission
unter Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag fällt (Urteile des Gerichts Vlaams Gewest/Kommission, zitiert oben
in Randnr. 50, Randnr. 64, vom 30. April 1998 in der Rechtssache T-16/96, Cityflyer
Express/Kommission, Slg. 1998, II-757, Randnr. 66, und CETM/Kommission, zitiert oben in Randnr. 144,
Randnr. 59).
243.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-129/99 und T-148/99 rügen erstens, dass die angefochtene
Entscheidung nicht den Markt definiere, der durch die Demesa angeblich gewährte staatliche Beihilfe
betroffen sein soll. In der angefochtenen Entscheidung werde nicht erläutert, ob es sich dabei um
den Markt für Haushaltsgeräte allgemein, für Haushaltsgroßgeräte oder für Kühlschränke oder um
einen anderen Markt handele. Die Klägerin in der Rechtssache T-148/99 weist ergänzend darauf hin,
dass die Definition des fraglichen Marktes eine unerlässliche Voraussetzung sei, um die Auswirkung
einer möglicherweise als staatliche Beihilfe einzustufenden Maßnahme auf den Wettbewerb beurteilen
zu können.
244.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 behaupten, dass Demesa das einzige
Unternehmen sei, das ausschließlich „No-frost“-Kühlschränke herstelle. Dies werde jedoch in der
angefochtenen Entscheidung nicht berücksichtigt. Die Klägerinnen in der Rechtssache T-129/99
meinen, dass der Markt für Gefrierschränke ein anderer als der für Kühlschränke sei.
245.
Dazu ist festzustellen, dass die Kommission ausweislich der Begründung der angefochtenen
Entscheidung (Abschnitt V.1) als maßgebenden Markt den Markt für Kühlschränke und
Gefrierschränke in Europa definierte. Es handele sich dabei um nur einen Markt, da „der Trend in den
Haushalten dahin [gehe], die separaten Kühl- und Gefrierschränke durch kombinierte Anlagen zu
ersetzen (Kühlschrank mit integriertem Gefrierschrank)“ (angefochtene Entscheidung, Abschnitt V.1,
vierter Absatz). In Abschnitt V.1 der angefochtenen Entscheidung wird der fragliche Markt eingehend
beschrieben; dieser Abschnitt genügt damit den Anforderungen von Artikel 190 EG-Vertrag.
246.
Die Klägerin in der Rechtssache T-127/99 bezieht sich zweitens auf die in der angefochtenen
Entscheidung enthaltenen Ausführungen, auf deren Grundlage die Kommission die in Artikel 1
Buchstaben d und e bezeichneten steuerlichen Maßnahmen als selektiv einstufte. Ihnen sei nicht zu
entnehmen, ob jeweils sämtliche zur Regelung über die Steuergutschrift und zur Ermäßigung der
Bemessungsgrundlage angeführten Gesichtspunkte diesen Maßnahmen einen selektiven Charakter
verliehen oder ob bereits ein einziger dieser Gesichtspunkte jeweils ausreiche, um ihre Einstufung als
staatliche Beihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 1 EG-Vertrag zu begründen.
247.
Auch dieses Argument ist zurückzuweisen. Der angefochtenen Entscheidung (Abschnitt V.2.4.1,
zwölfter bis achtzehnter Absatz, und Abschnitt V.2.4.2, sechzehnter und achtzehnter Absatz) ist zu
entnehmen, dass bereits ein für dieSelektivität der Maßnahme kennzeichnender Gesichtspunkt dafür
genügt, dass sie nicht mehr als allgemeine Maßnahme eingestuft werden kann.
248.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 meinen drittens, dass die
Ausführungen der Kommission, wonach die streitigen steuerlichen Maßnahmen nicht durch das Wesen
oder den Aufbau des Steuersystems gerechtfertigt würden, nicht hinreichend begründet seien. In
Wirklichkeit habe die Kommission diese Frage nämlich nicht geprüft.
249.
Die Kommission weist jedoch in Abschnitt V.2.4.2, siebzehnter Absatz, der angefochtenen
Entscheidung darauf hin, dass eine Maßnahme mit selektivem steuerlichen Charakter, mit der ein
industriepolitisches Ziel verfolgt wird, nicht als mit dem Wesen und dem Aufbau des fraglichen
Steuersystems in Einklang stehend angesehen werden kann. Damit konnten die Klägerinnen aus der
Begründung der Entscheidung ersehen, weshalb die Kommission die betreffenden steuerlichen
Maßnahmen nicht als durch das Wesen und den Aufbau des fraglichen Steuersystems gerechtfertigt
betrachtete.
250.
Die Kommission hebt überdies zu Recht hervor, dass eine Rechtfertigung durch Wesen und Aufbau
des fraglichen Steuersystems eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass staatliche Beihilfen verboten
sind, darstellt und deshalb restriktiv auszulegen ist. Da die spanischen Behörden im
Verwaltungsverfahren nicht dahin argumentierten, dass die streitigen Maßnahmen mit den
Grundsätzen des fraglichen Steuersystems vereinbar seien, brauchte die Kommission ihre
Entscheidung unter diesem Gesichtspunkt nicht einmal zu begründen (vgl. in diesem Sinne
Schlussanträge von Generalanwalt Ruiz-Jarabo Colomer vom 17. September 1998 in der Rechtssache
Italien/Kommission, zitiert oben in Randnr. 164, Randnr. 27).
251.
Dieses Argument ist deshalb ebenfalls zurückzuweisen.
252.
Nach alledem greift auch der dritte Klagegrund nicht durch.
IV -
253.
Die Klägerin in der Rechtssache T-148/99 macht geltend, dass das Verfahren gemäß Artikel 93
Absatz 2 EG-Vertrag zwar nicht zu Sanktionen führen, aber dennoch für die von den fraglichen
Beihilfen begünstigten Unternehmen nachteilige wirtschaftliche Folgen haben könne. Nach der
Rechtsprechung (Urteile des Gerichtshofes vom 13. Februar 1979 in der Rechtssache 85/76,
Hoffmann-La Roche/Kommission, Slg. 1979, 461, und vom 29. Juni 1994 in der Rechtssache C-135/92,
Fiskano/Kommission, Slg. 1994, I-2885; Urteile des Gerichts vom 6. Dezember 1994 in der Rechtssache
T-450/93, Lisrestal/Kommission, Slg. 1994, II-1177, und vom 19. Juni 1997 in der Rechtssache T-260/94,
Air Inter/Kommission, Slg. 1997, II-997) habe die Kommission ihr die Eröffnung des Verfahrens gemäß
Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag mitteilen und ihr während des Verfahrens eineangemessene Frist für
ihre Stellungnahme zur Richtigkeit des Sachverhalts und der geltend gemachten Umstände und zu
den Unterlagen, mit denen die Kommission ihre Argumentation zu der Verletzung des
Gemeinschaftsrechts untermauere, einräumen müssen. Ihr hätte auch eine besondere Anhörung
gewährt werden müssen.
254.
Dazu ist festzustellen, dass das Verwaltungsverfahren in Angelegenheiten staatlicher Beihilfen nur
gegen den betroffenen Mitgliedstaat eröffnet wird. Im vorliegenden Fall ist Spanien Adressat der
angefochtenen Entscheidung, dessen Anspruch auf rechtliches Gehör im Verwaltungsverfahren
unstreitig gewahrt wurde.
255.
Der Empfänger der Beihilfe wie die Klägerin in der Rechtssache T-148/99 gilt im
Verwaltungsverfahren in Beihilfesachen nur als „Beteiligter“ im Sinne von Artikel 93 Absatz 2 EG-
Vertrag. Den „Beteiligten“ steht jedoch das mit dem vorliegenden Klagegrund geltend gemachte
Recht nicht zu. Sie haben keinen Anspruch auf rechtliches Gehör wie diejenigen, gegen die ein
Verfahren eingeleitet worden ist, sondern nur auf angemessene Beteiligung am Verwaltungsverfahren
(Urteil des Gerichts vom 25. Juni 1998 in den verbundenen Rechtssachen T-371/94 und T-394/94,
British Airways u. a. und British Midland Airways/Kommission, Slg. 1998, II-2405, Randnrn. 60 und 61).
So haben sie gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag das Recht, während der in dieser Bestimmung
vorgesehenen Prüfung eine Stellungnahme einzureichen.
256.
Es ist jedoch unstreitig, dass die Kommission die „Beteiligten“ in zwei im veröffentlichten
Mitteilungen dazu aufforderte, zu den von der angefochtenen Entscheidung betroffenen Maßnahmen
Stellung zu nehmen (vgl. oben, Randnrn. 25 und 27).
257.
Auch wenn die Klägerin in der Rechtssache T-148/99 auf diese Mitteilungen nicht reagierte, ist
festzustellen, dass sie wie alle anderen Interessierten im Rahmen des Verwaltungsverfahrens zur
Stellungnahme aufgefordert wurde. Die Verfahrensrechte der Klägerin in der Rechtssache T-148/99
gemäß Artikel 93 Absatz 2 EG-Vertrag wurden daher gewahrt.
258.
Die Klägerinnen in der Rechtssache T-129/99 rügen, dass ihr Anspruch auf rechtliches Gehör
dadurch verletzt worden sei, dass die Kommission im Verwaltungsverfahren einen etwaigen Verstoß
gegen Artikel 7 Buchstabe d des Ekimen-Dekrets nicht erwähnt habe.
259.
In der angefochtenen Entscheidung stellte die Kommission fest, dass die von Demesa Dritten
überlassenen Ausrüstungen nicht gemäß Artikel 7 Buchstabe d des Ekimen-Dekrets im Sinne des
Dekrets beihilfefähig seien (angefochtene Entscheidung, Abschnitt V.2.3, letzter Absatz).
260.
Wie oben bereits festgestellt, ist Artikel 1 Buchstabe c der angefochtenen Entscheidung für nichtig
zu erklären, soweit darin diese Ausrüstungen von denbeihilfefähigen Kosten im Rahmen der Ekimen-
Beihilferegelung ausgeschlossen werden (vgl. oben, Randnr. 138); das Vorbringen ist damit
gegenstandslos geworden.
261.
Nach alledem ist der vierte Klagegrund nicht begründet.
V -
262.
Die Klägerinnen in der Rechtssache T-129/99 machen erstens geltend, dass die Kommission die in
Artikel 1 Buchstaben a bis c der angefochtenen Entscheidung bezeichneten Maßnahmen zu Unrecht
nicht als regionale Beihilfen im Sinne von Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag eingestuft habe.
Während die zulässige Höchstgrenze der Beihilfe im Baskenland 25 % des NSÄ betrage (angefochtene
Entscheidung, Abschnitt II.3, dritter Absatz), entspreche der Demesa gewährte Zuschuss von 25 %
des BSÄ einer Intensität von 18,76 % des NSÄ (angefochtene Entscheidung, Abschnitt II.4, sechster
Absatz). Demgemäß entspreche der von der Kommission im Rahmen des Ekimen-Programms gebilligte
Zuschuss von 20 % des BSÄ einem Zuschuss von 15 % des NSÄ, so dass ein zusätzlicher Zuschuss
von 10 % des NSÄ gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag hätte genehmigt werden
müssen.
263.
Dazu ist festzustellen, dass die Kommission in der angefochtenen Entscheidung anerkennt, dass
„Vitoria Gasteiz in einem Gebiet liegt, das nach [Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag] Anspruch
auf Regionalbeihilfen hat. Die maximale Beihilfeintensität [betrage] im Baskenland 25 % des NSÄ (für
KMU 35 %)“ (angefochtene Entscheidung, S. 20, zweiter Absatz).
264.
Aus der Höchstgrenze von 25 % des BSÄ, die die Kommission für das Baskenland festlegte, folgt
aber nur, dass die Kommission eine positive Entscheidung über baskische Regionalbeihilfen im
Anwendungsbereich von Artikel 92 Absatz 3 Buchstaben a oder c EG-Vertrag zu treffen hat, die diese
Höchstgrenzen einhalten. Hingegen folgt aus der Höchstgrenze nicht, dass jede im Baskenland
gewährte individuelle Beihilfe, die unter der Höchstgrenze verbleibt, ohne weiteres mit dem
Gemeinsamen Markt vereinbar wäre.
265.
Die einzige von der Kommission genehmigte Regelung über Regionalbeihilfen, die Demesa im
vorliegenden Fall zugute kam, ist die im Ekimen-Dekret enthaltene Beihilferegelung. Ein Teil des
Demesa nach diesem Dekret gewährten Zuschusses ist jedoch „als eine neue Beihilfe zu bewerten,
die nicht durch eine zuvor genehmigte Regelung gedeckt ist“ (angefochtene Entscheidung, Abschnitt
V.2.3, vierzehnter Absatz). Die übrigen in der angefochtenen Entscheidung bezeichneten Beihilfen
werden durch keine von der Kommission genehmigte allgemeine Regelung über Regionalbeihilfen
erfasst.
266.
Unter diesen Umständen konnte die Kommission in der angefochtenen Entscheidung (S. 20, dritter
und vierter Absatz) fehlerfrei feststellen, dass es sich bei den Beihilfen, deren Vereinbarkeit mit dem
Gemeinsamen Markt sie zu prüfen hatte, um Ad-hoc-Beihilfen handelte.
267.
Eine Ad-hoc-Beihilfe kann gleichwohl als eine Regionalbeihilfe im Sinne von Artikel 92 Absatz 3
Buchstaben a oder c EG-Vertrag bewertet werden (vgl. in diesem Sinne Urteil des Gerichtshofes vom
14. September 1994 in den verbundenen Rechtssachen C-278/92 bis C-280/92, Spanien/Kommission,
Slg. 1994, I-4103, Randnr. 49).
268.
Die Klägerinnen in der Rechtssache T-129/99 machen nicht geltend, dass die Demesa gewährte
Beihilfe unter die Ausnahme gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe a EG-Vertrag hätte fallen müssen.
Nach ihrer Auffassung verneinte die Kommission jedoch zu Unrecht die Einstufung dieser Beihilfen als
Regionalbeihilfen gemäß Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag.
269.
Die Kommission stellte in der angefochtenen Entscheidung fest, dass die Demesa gewährten
Beihilfen aus mehreren Gründen nicht als Regionalbeihilfen, die den Anforderungen von Artikel 92
Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag genügten, eingestuft werden könnten. Sie stellte zunächst fest,
dass es auf dem Markt für Kühl-/Gefrierschränke in der Gemeinschaft eine Überkapazität der
Produktion gebe, was einen Umstrukturierungsprozess zur Folge gehabt habe, der seinerseits zum
Kapazitätsabbau und zu Produktionsverlagerungen mit starken Arbeitsplatzverlusten innerhalb der
Gemeinschaft geführt habe. Die Demesa gewährten Beihilfen trügen deshalb zu einer weiteren
Verschlechterung der Lage bei (angefochtene Entscheidung, S. 20, fünfter Absatz). In diesem
wirtschaftlichen Kontext könnten die Beihilfen weder auf Gemeinschaftsebene noch in Spanien und
noch weniger im Baskenland im Ergebnis neue Arbeitsplätze schaffen oder sonstige wirtschaftliche
Vorteile bringen (angefochtene Entscheidung, S. 20, sechster Absatz). Die Kommission fügte hinzu,
dass die „leicht positive Entwicklung der Nachfrage auf dem Gemeinsamen Markt im Jahr 1998 ...
nichts an der Tatsache [ändere], dass sich die Industrie im Zusammenhang mit den Überkapazitäten
in der Gemeinschaft noch immer in einem Umstellungsprozess befindet, der mit einem massiven
Arbeitsplatzabbau einhergeht“ (angefochtene Entscheidung, S. 20, sechster Absatz). So habe der im
Baskenland ansässige MCC-Konzern wegen der schlechten Konjunktur in der Kühlschrankherstellung
120 Arbeitsplätze gestrichen (angefochtene Entscheidung, S. 20, sechster Absatz).
270.
Die Klägerinnen in der Rechtssache T-129/99 wenden sich gegen diese Ausführungen, die die
Kommission in der angefochtenen Entscheidung zu dem Ergebnis führten, dass die Beihilfen mit dem
Gemeinsamen Markt unvereinbar seien. So ergebe sich aus der Untersuchung des spanischen
Marktes für Haushaltsgeräte, die in dem Bericht von Master Cadena, der größten Händlerin dieses
Wirtschaftszweiges in Spanien, enthalten sei, dass der Markt für langlebige Verbrauchsgüter 1997 im
Vergleich zum Vorjahr um 5 % gewachsen sei. DerMarkt für Haushaltsgroßgeräte sei um 5,1 % und der
für Kühl-/Gefrierschränke um 3,8 % expandiert. Das Auftreten von Demesa auf dem spanischen Markt
habe deshalb problemlos aufgefangen werden können. Weiterhin ergebe sich aus einer Reihe der
Kommission übermittelter Informationen über den Markt für Kühlschränke, dass der europäische Markt
mit Ausnahme Deutschlands und Österreichs zwischen 1996 und 1997 ein bedeutendes Wachstum
von etwa 10 % in der Mehrheit der europäischen Länder verzeichnet habe; in den Niederlanden, im
Vereinigten Königreich, in Spanien und in Norwegen sei das Wachstum sogar noch größer gewesen.
Das durchschnittliche jährliche Wachstum des Marktes für Kühlschränke betrage 1,7 %. Der Markt
expandiere stark in Skandinavien und Osteuropa. In Spanien habe sich die Kühlschrankherstellung
zwischen 1995 und 1997 um 10 % erhöht.
271.
Diese Informationen stimmten mit den Daten von Eurostat überein und bestätigten, dass die
Kühlschrankherstellung in Spanien erheblich expandiert sei. Nach einer Schätzung der Zeitschrift
„Consumer Europe“ sollten die Verkäufe von Kühlschrankeinheiten zwischen 1996 und 2001 um 10 %
steigen.
272.
Aus diesen verschiedenen Gesichtspunkten ziehen die Klägerinnen in der Rechtssache T-129/99
den Schluss, dass die Investition von Demesa dem Baskenland, das mit schwerwiegenden
strukturellen Problemen der Beschäftigung und der Wettbewerbsfähigkeit seiner Unternehmen
konfrontiert sei, zugute komme und dass die Demesa gewährten Vergünstigungen nicht im Sinne von
Artikel 92 Absatz 3 Buchstabe c EG-Vertrag die Handelsbedingungen in einer Weise veränderten, die
dem gemeinsamen Interesse zuwiderlaufe. Die Demesa gewährten Beihilfen seien deshalb nach dieser
Vorschrift für mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar zu erklären.
273.
Insoweit ist daran zu erinnern, dass die gerichtliche Kontrolle einer Entscheidung über die
Vereinbarkeit einer Beihilfe mit dem Gemeinsamen Markt, die eine umfassende wirtschaftliche
Würdigung erfordert, auf die Prüfung der Fragen zu beschränken ist, ob die Verfahrens- und
Begründungsvorschriften eingehalten worden sind, ob der Sachverhalt, der der getroffenen
Ermessensentscheidung zugrunde gelegt wurde, zutreffend festgestellt worden ist und ob keine
offensichtlich fehlerhafte Würdigung dieses Sachverhalts und kein Ermessensmissbrauch vorliegen.
Insbesondere darf das Gericht nicht seine wirtschaftliche Würdigung an die Stelle derjenigen des
Verfassers der Entscheidung setzen (Urteil vom 29. Februar 1996 in der Rechtssache
Belgien/Kommission, zitiert oben in Randnr. 241, Randnr. 11; Urteil des Gerichts vom 12. Dezember
1996 in der Rechtssache T-380/94, AIUFFASS und AKT/Kommission, Slg. 1996, II-2169, Randnr. 56).
274.
Die Kommission stützte ihre oben in Randnummer 269 wiedergegebenen Ausführungen nur auf
Unterlagen, die sie in der angefochtenen Entscheidung benannte (Abschnitt V.1). Die Klägerinnen
machen nicht geltend, dass die Kommission den Inhalt dieser Unterlagen verfälscht habe.
275.
Aus dem Vorbringen der Klägerinnen in der Rechtssache T-129/99 ergibt sich überdies nichts, was
die Feststellung der Kommission widerlegte, dass der Gemeinschaftsmarkt für Kühl-/Gefrierschränke
durch eine Überkapazität der Herstellung gekennzeichnet sei. Zum einen wird die Überkapazität auf
dem Markt im Geschäftsplan von Demesa bestätigt (vgl. oben, Randnr. 218). Zum anderen schließt
der Umstand, dass die Verkäufe auf dem Markt steigen, nicht notwendig eine Beseitigung der
Überkapazität in Europa ein. Die Kommission stellt selbst in der angefochtenen Entscheidung fest,
dass die „leicht positive Entwicklung der Nachfrage auf dem Gemeinsamen Markt im Jahr 1998 ...
nichts an der Tatsache [ändere], dass sich die Industrie im Zusammenhang mit den Überkapazitäten
in der Gemeinschaft noch immer in einem Umstellungsprozess [befinde], der mit einem massiven
Arbeitsplatzabbau“ einhergehe (angefochtene Entscheidung, S. 20, sechster Absatz).
276.
Dass in der fraglichen Branche Arbeitsplätze abgebaut wurden, wird von den Klägerinnen nicht
bestritten.
277.
Demnach belegt das Vorbringen der Klägerinnen in der Rechtssache T-129/99 in keiner Hinsicht,
dass der Kommission mit ihrer Feststellung, die Demesa gewährten beträchtlichen Beihilfen für die
Errichtung neuer Produktionskapazitäten auf dem Markt für Kühl-/Gefrierschränke seien mit dem
Gemeinsamen Markt unvereinbar, ein offensichtlicher Beurteilungsfehler unterlaufen wäre.
278.
Auch der fünfte Klagegrund greift deshalb nicht durch.
Zu dem Antrag auf Vorlage der Unterlagen über den Erlass der angefochtenen
Entscheidung
279.
Die Klägerinnen in den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 beantragen, der Kommission
aufzugeben, ihre internen Unterlagen zum Erlass der angefochtenen Entscheidung vorzulegen. In der
Rechtssache T-129/99 beantragen die Klägerinnen die Vorlage aller Verwaltungsakten, die die
angefochtene Entscheidung betreffen.
280.
Aus dem Vorbringen der Klägerinnen ergibt sich jedoch kein Anhaltspunkt dafür, dass die
Schriftstücke, deren Vorlage beantragt wird, für ihre Argumentation oder für die
Rechtmäßigkeitsprüfung der angefochtenen Entscheidung von Interesse wäre.
281.
Die Anträge auf Vorlage der Schriftstücke sind deshalb zurückzuweisen (vgl. in diesem Sinne Urteil
Cityflyer Express/Kommission, zitiert oben in Randnr. 242, Randnrn. 102 bis 106).
Kosten
282.
Gemäß Artikel 87 § 3 seiner Verfahrensordnung kann das Gericht die Kosten teilen oder
beschließen, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, wenn jede Partei teils obsiegt, teils
unterliegt. Da sowohl die Klägerinnen als auch die Kommission mit ihren Anträgen teilweise unterlegen
sind, sind jeder Partei ihre eigenen Kosten aufzuerlegen.
283.
Gemäß Artikel 87 § 4 letzter Absatz sind den Streithelferinnen jeweils ihre eigenen Kosten
aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Dritte erweiterte Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. In der Rechtssache T-129/99 ist die Klage unzulässig, soweit mit ihr die
Nichtigerklärung der Artikel 1 Buchstaben d und e und 2 Absatz 1 Buchstabe b der
Entscheidung 1999/718/EG der Kommission vom 24. Februar 1999 über die staatliche
Beihilfe Spaniens zugunsten von Daewoo Electronics Manufacturing España SA (Demesa)
beantragt wird.
2. In den Rechtssachen T-129/99 und T-148/99 wird Artikel 1 Buchstabe a der
Entscheidung 1999/718 für nichtig erklärt.
3. In den Rechtssachen T-129/99 und T-148/99 wird Artikel 1 Buchstabe b der
Entscheidung 1999/718 für nichtig erklärt.
4. In den Rechtssachen T-129/99 und T-148/99 wird Artikel 1 Buchstabe c der Entscheidung
1999/718 für nichtig erklärt, soweit darin die Ausrüstungen im Schätzwert von 1 803 036,31
Euro von den nach der Beihilferegelung Ekimen beihilfefähigen Kosten ausgeschlossen
werden.
5. In den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 wird Artikel 1 Buchstabe e der
Entscheidung 1999/718 für nichtig erklärt.
6. In den Rechtssachen T-129/99 und T-148/88 wird Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der
Entscheidung 1999/718 für nichtig erklärt, soweit darin auf Artikel 1 Buchstaben a und b
der Entscheidung verwiesen und dem Königreich Spanien aufgegeben wird, die Beihilfen,
die Gegenstand des für nichtig erklärten Teils von Artikel 1 Buchstabe c der Entscheidung
sind, von Demesa zurückzufordern.
7. In den Rechtssachen T-127/99 und T-148/99 wird Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe b der
Entscheidung 1999/718 für nichtig erklärt, soweit darin auf Artikel 1 Buchstabe e der
Entscheidung verwiesen wird.
8. Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
9. Die Verfahrensbeteiligten tragen ihre eigenen Kosten.
Azizi
Lenaerts
Tiili
Moura Ramos Jaeger
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 6. März 2002.
Der Kanzler
Der Präsident
H. Jung
M. Jaeger
Verfahrenssprache: Spanisch.