Urteil des EuG vom 25.11.2003

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URTEIL DES GERICHTS (Zweite Kammer)
25. November 200
„Gemeinschaftsmarke - Widerspruchsverfahren - Anmeldung der Gemeinschaftswortmarke KIAP MOU - Ältere
nationale Wortmarken MOU - Ablehnung der Eintragung“
In der Rechtssache T-286/02
Oriental Kitchen SARL
Sebag,
Klägerin,
gegen
Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (HABM),
B. Lory, O. Waelbroeck und O. Montalto als Bevollmächtigte,
Beklagter,
Streithelferin im Verfahren vor dem Gericht:
Mou Dybfrost A/S
betreffend eine Klage gegen die Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Harmonisierungsamts
für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) vom 28. Juni 2002 (Beschwerdesache R 114/2001-4) über
den Widerspruch des Inhabers der nationalen Marken MOU gegen die Eintragung des Zeichens KIAP MOU als
Gemeinschaftsmarke
erlässt
DAS GERICHT ERSTER INSTANZ
DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten N. J. Forwood sowie der Richter J. Pirrung und A. W. H. Meij,
Kanzler: D. Christensen, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 23. September 2003
folgendes
Urteil
Vorgeschichte des Rechtsstreits
1.
Am 29. September 1998 meldete die Klägerin gemäß der Verordnung (EG) Nr. 40/94 des Rates vom
20. Dezember 1993 über die Gemeinschaftsmarke (ABl. 1994, L 11, S. 1) in der geänderten Fassung
beim Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (Marken, Muster und Modelle) (im Folgenden: Amt)
eine Gemeinschaftsmarke an.
2.
Die angemeldete Marke ist das Wortzeichen KIAP MOU.
3.
Die Waren, für die die Anmeldung erfolgte, gehören zu den Klassen 29 und 30 im Sinne des
Abkommens von Nizza über die internationale Klassifikation von Waren und Dienstleistungen für die
Eintragung von Marken vom 15. Juni 1957 in der revidierten und geänderten Fassung und
entsprechen hinsichtlich jeder dieser Klassen folgender Beschreibung:
Klasse 29: „Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild, Fleischextrakte; konserviertes, getrocknetes und
gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle
und -fette; Fleisch-, Fisch-, Geflügel- und Wildkonserven; Pickles, getrocknete Wurst; Fertiggerichte auf
Gemüsebasis; Fertiggerichte auf Fleischbasis; Fertiggerichte auf Fischbasis“;
Klasse 30: „Fertiggerichte auf der Basis von Teig, Teigwaren oder Reis“.
4.
Am 4. Oktober 1999 wurde diese Anmeldung im Nr. 78/99
veröffentlicht.
5.
Am 4. Januar 2000 erhob die Mou Dybfrost A/S (im Folgenden: Streithelferin) nach Artikel 42 der
Verordnung Nr. 40/94 hinsichtlich aller in der Markenanmeldung genannten Waren Widerspruch gegen
die Eintragung der angemeldeten Marke. Sie begründete den Widerspruch damit, dass eine
Verwechslungsgefahr im Sinne des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94
bestehe. Der Widerspruch stützte sich auf die Existenz verschiedener älterer nationaler Marken, die
die Streithelferin innehat, u. a.:
- die im Vereinigten Königreich am 18. August 1995 unter der Nr. 1524701 eingetragene Wortmarke
MOU für folgende Waren der Klasse 29: „Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild, Fleischextrakte;
konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Fleisch-, Fisch-, Obst- und
Gemüsegelees, Konfitüren; Eierwaren; Milchprodukte; Joghurt und Milchpulver; Speiseöle und -fette;
Fleisch- und Fischkonserven; Suppen, Brühen, Suppen mit Fleischeinlage, Ragouts; Fleischklößchen,
Markklößchen, Gemüseklößchen; Fertiggerichte, die vollständig oder teilweise aus Fleisch, Fisch,
Geflügel, Wild, Gemüse und/oder Obst bestehen; Wurst und Erzeugnisse auf der Basis von Wurst,
Hamburger“;
- die im Vereinigten Königreich am 18. August 1995 unter der Nr. 1524702 eingetragene Wortmarke
MOU für folgende Waren der Klasse 30: „Sago, Mehl und zum Verzehr bestimmte Getreidepräparate;
Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis, Salz, Senf, Essig; Gewürze, Kühleis; Mehl für die
Herstellung von Frikadellen; Toastbrot; Fertiggerichte ..., die vollständig oder nahezu vollständig aus
Nudeln, Reis, Mais, Mehl und/oder Getreidepräparaten bestehen; Saucen einschließlich Salatsaucen;
Brötchen für Hamburger“.
6.
Mit Entscheidung vom 11. Dezember 2000 (im Folgenden: Widerspruchsentscheidung) entschied
die Widerspruchsabteilung des Amtes gestützt auf diese beiden im Vereinigten Königreich
eingetragenen älteren Marken, dass die in Rede stehenden Marken ähnlich und die in Rede
stehenden Waren identisch oder ähnlich seien und dass deshalb eine Verwechslungsgefahr bestehe.
Die Widerspruchsabteilung gab daher dem Widerspruch statt und lehnte die Eintragung der für diese
Waren angemeldeten Marke ab.
7.
Am 26. Januar 2001 legte die Klägerin beim Amt nach Artikel 59 der Verordnung Nr. 40/94
Beschwerde gegen die Widerspruchsentscheidung ein.
8.
Diese Beschwerde wurde mit Entscheidung der Vierten Beschwerdekammer des Amtes vom 28. Juni
2002 (Beschwerdesache R 114/2001-4, im Folgenden: angefochtene Entscheidung), die der Klägerin
am 5. August 2002 zugestellt wurde, zurückgewiesen. Die Beschwerdekammer vertrat im Wesentlichen
die Ansicht, dass die Gefahr bestehe, dass die älteren Marken und die angemeldete Marke
verwechselt würden, da die in Rede stehenden Waren identisch seien, die konfligierenden Zeichen
sich bildlich und klanglich ähnelten und der Durchschnittsverbraucher im Vereinigten Königreich über
keine besonderen Kenntnisse der laotischen Sprache verfüge und daher das Wort „mou“ nur als
Phantasiewort auffassen könne.
Verfahren und Anträge der Beteiligten
9.
Die Klägerin hat mit Klageschrift, die am 23. September 2002 bei der Kanzlei des Gerichts
eingegangen ist, die vorliegende Klage erhoben. Das Amt hat seinen Klagebeantwortungsschriftsatz
am 3. März 2003, die Streithelferin ihren Streithilfeschriftsatz am 4. März 2003 eingereicht.
10.
Die mündliche Verhandlung, in der die Klägerin unentschuldigt nicht vertreten war, hat am 23.
September 2003 stattgefunden.
11.
Die Klägerin beantragt,
- die angefochtene Entscheidung aufzuheben;
- die Widerspruchsentscheidung abzuändern;
- den Widerspruch der Streithelferin zurückzuweisen;
- dem Antrag auf Eintragung der Marke KIAP MOU stattzugeben;
- der Streithelferin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
12.
Das Amt beantragt,
- die Anträge der Klägerin, mit denen sie begehrt, dass die Widerspruchsentscheidung abgeändert,
der Widerspruch zurückgewiesen und dem Antrag auf Eintragung der angemeldeten Marke
stattgegeben wird, für unzulässig zu erklären;
- die Klage im Übrigen als unbegründet abzuweisen;
- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
13.
Die Streithelferin beantragt,
- die angefochtene Entscheidung zu bestätigen;
- der Klägerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Zum Antrag auf Aufhebung der angefochtenen Entscheidung
14.
Die Klägerin macht als einzigen Klagegrund einen Verstoß gegen Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der
Verordnung Nr. 40/94 geltend.
15.
Die Klägerin trägt vor, die von ihr hergestellten und vertriebenen Lebensmittel, im Wesentlichen
Fleisch- und Wurstwaren, seien ausschließlich für eine Kundschaft bestimmt, die aus Indochina
(Vietnam, Laos, Thailand und China) stamme. Zu diesen Waren gehöre u. a. die frittierte
Schweineschwarte, eine typische Spezialität Indochinas, die sie unter der Phantasiemarke KIAP MOU
vertreibe.
16.
Nach einem der Klageschrift beigefügten Sachverständigengutachten bedeutet das Substantiv
„mou“ in der laotischen und in der thailändischen Sprache „Schwein“, während das Beiwort „kiap“
einen knusprigen Zustand beschreibe, so dass sich das zusammengesetzte Wort „kiap mou“ mit
„knusprige frittierte Schweineschwarte“ oder auch „Knuspriges vom Schwein“ übersetzen lasse.
17.
Die Klägerin zieht daraus den Schluss, dass das Zeichen MOU für die betreffende Kundschaft, d. h.
für die aus Indochina stammenden Bevölkerungsgruppen, die sich in Westeuropa niedergelassen
hätten, rein beschreibend für eine Ware sei, die einen wesentlichen Bestandteil ihrer Ernährung
darstelle. Ein solches Zeichen sei markenrechtlich nicht schutzfähig.
18.
Die Hinzufügung des Wortes „kiap“ verleihe dem Zeichen KIAP MOU jedoch ausreichende
Originalität, um seine Eintragung als Gemeinschaftsmarke zu ermöglichen.
19.
Das Zeichen KIAP MOU unterscheide sich ausreichend von dem Zeichen MOU, um die in Rede
stehenden Waren voneinander unterscheiden zu können.
20.
Die Klägerin ist daher der Ansicht, dass die angefochtene Entscheidung aufzuheben und dem
Antrag auf Eintragung der beanstandeten Marke stattzugeben sei.
21.
Das Amt und die Streithelferin vertreten im Wesentlichen die Auffassung, dass die
Beschwerdekammer die einschlägigen Gemeinschaftsvorschriften und die einschlägige
Gemeinschaftsrechtsprechung richtig angewandt und zutreffend entschieden habe, dass eine Gefahr
der Verwechslung der streitigen Marken im Sinne des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung
Nr. 40/94 bestehe und dass die Klage daher abzuweisen sei.
22.
Nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 ist auf Widerspruch des Inhabers
einer älteren Marke die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen, wenn wegen ihrer
Identität oder Ähnlichkeit mit der älteren Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der durch die
beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von
Verwechslungen in dem Gebiet besteht, in dem die ältere Marke Schutz genießt; dabei schließt die
Gefahr von Verwechslungen die Gefahr ein, dass die Marke mit der älteren Marke gedanklich in
Verbindung gebracht wird. Als ältere Marken gelten nach Artikel 8 Absatz 2 Buchstabe a Ziffer ii der
Verordnung Nr. 40/94 die in einem Mitgliedstaat eingetragenen Marken mit einem früheren
Anmeldetag als dem Tag der Anmeldung der Gemeinschaftsmarke.
23.
Verwechslungsgefahr liegt nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes zur Auslegung der Artikel 4
Absatz 1 Buchstabe b und 5 Absatz 1 Buchstabe b der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom
21. Dezember 1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken (ABl.
1989, L 40, S. 1), deren Regelungsgehalt im Wesentlichen dem des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe b
der Verordnung Nr. 40/94 entspricht, dann vor, wenn die Verkehrskreise glauben könnten, dass die
betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus
wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen (Urteile des Gerichtshofes vom 29.
September 1998 in der Rechtssache C-39/97, Canon, Slg. 1998, I-5507, Randnr. 29, und vom 22. Juni
1999 in der Rechtssache C-342/97, Lloyd Schuhfabrik Meyer, Slg. 1999, I-3819, Randnr. 17).
24.
Nach dieser Rechtsprechung ist die Verwechslungsgefahr für die Verkehrskreise unter
Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen (Urteile des Gerichtshofes
vom 11. November 1997 in der Rechtssache C-251/95, SABEL, Slg. 1997, I-6191, Randnr. 22, Canon,
zitiert in Randnr. 23, Randnr. 16, Lloyd Schuhfabrik Meyer, zitiert in Randnr. 23, Randnr. 18, und vom
22. Juni 2000 in der Rechtssache C-425/98, Marca Mode, Slg. 2000, I-4861, Randnr. 40).
25.
Diese umfassende Beurteilung impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht
kommenden Faktoren, insbesondere zwischen der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der
damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der
gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken
ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteile Canon, zitiert in Randnr. 23, Randnr. 17, Lloyd
Schuhfabrik Meyer, zitiert in Randnr. 23, Randnr. 19, und Marca Mode, zitiert in Randnr. 24, Randnr.
40). Die Wechselbeziehung zwischen diesen Faktoren kommt nämlich in der siebten
Begründungserwägung der Verordnung Nr. 40/94 zum Ausdruck, wonach der Begriff der Ähnlichkeit im
Hinblick auf die Verwechslungsgefahr auszulegen ist, deren Beurteilung ihrerseits insbesondere vom
Bekanntheitsgrad der Marke auf dem Markt und dem Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und
dem Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen abhängt.
26.
Ferner kommt es für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr entscheidend darauf
an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Der
Durchschnittsverbraucher nimmt eine Marke aber regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf
die verschiedenen Einzelheiten (vgl. Urteile SABEL, zitiert in Randnr. 24, Randnr. 23, und Lloyd
Schuhfabrik Meyer, zitiert in Randnr. 23, Randnr. 25). Bei dieser umfassenden Beurteilung ist auf einen
durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher der
betreffenden Waren abzustellen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass sich dem
Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar
miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er
von ihnen im Gedächtnis behalten hat. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Aufmerksamkeit des
Durchschnittsverbrauchers je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich
hoch sein kann (Urteil Lloyd Schuhfabrik Meyer, zitiert in Randnr. 23, Randnr. 26).
27.
Im vorliegenden Fall sind die beiden älteren Marken im Vereinigten Königreich eingetragen, das
somit das für die Anwendung des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94
maßgebliche Gebiet darstellt.
28.
Ferner handelt es sich sowohl bei den Waren, auf die sich die älteren Marken beziehen, als auch
bei den Waren, auf die sich die Markenanmeldung bezieht, um Lebensmittel des gängigen Verbrauchs
der Klassen 29 und 30.
29.
In dieser Hinsicht ist das Vorbringen der Klägerin, sie beabsichtige, die angemeldete Marke nur für
einen Teil der in der Markenanmeldung genannten Waren, und zwar für frittierte Schweineschwarte, zu
verwenden, unbeachtlich.
30.
Vielmehr muss bei der Anwendung des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94
die Beurteilung der Verwechslungsgefahr sämtliche Waren einbeziehen, die in der Markenanmeldung
bezeichnet sind. Eine Einschränkung des in einer Gemeinschaftsmarkenanmeldung enthaltenen
Verzeichnisses der Waren und Dienstleistungen kann nur berücksichtigt werden, wenn sie nach
besonderen Modalitäten vorgenommen wird; dazu bedarf es eines Antrags auf Änderung der
Anmeldung nach Artikel 44 der Verordnung Nr. 40/94 und Regel 13 der Verordnung (EG) Nr. 2868/95
der Kommission vom 13. Dezember 1995 zur Durchführung der Verordnung Nr. 40/94 (ABl. L 303, S. 1)
(in diesem Sinne Urteil des Gerichts vom 5. März 2003 in der Rechtssache T-194/01, Unilever/HABM
[Ovoide Tablette], Slg. 2003, II-0000, Randnr. 13). Diese Modalitäten sind im vorliegenden Fall nicht
beachtet worden, da die Klägerin keinen Antrag auf Änderung der Anmeldung nach diesen
Vorschriften gestellt hat.
31.
Ebenso unbeachtlich ist das Vorbringen der Klägerin, die in der Markenanmeldung genannten
Waren seien ausschließlich für eine aus China oder Indochina (Vietnam, Laos, Thailand) stammende
Kundschaft, die sich in Westeuropa niedergelassen habe, bestimmt.
32.
Zum einen weist das Amt nämlich zutreffend darauf hin, dass sich dem Wortlaut der beanstandeten
Anmeldung nicht entnehmen lasse, dass die in Rede stehenden Waren ausschließlich für eine solche
Kundschaft bestimmt seien. Die von der Klägerin verwendete allgemeine Formulierung spricht vielmehr
dafür, dass mit diesen Waren die durchschnittliche und gewöhnliche Kundschaft der Lebensmittel
angesprochen wird, auf die sich auch die älteren Marken beziehen. Das Amt macht, ohne dass die
Klägerin ihm insoweit widersprochen hätte, geltend, dass diese Waren auf denselben Vertriebswegen
vertrieben und an denselben Verkaufsstellen an denselben Typus von Käufern verkauft würden.
33.
Zum anderen trägt das Amt ebenso zutreffend vor, der bloße Umstand, dass das Wort „mou“ in
einer indochinesischen Sprache eine Bedeutung habe oder dass der Ausdruck „kiap mou“ in diesen
Sprachen auf eine Eigenschaft der Waren hinweise, ohne weitere Klarstellung im Text der
beanstandeten Anmeldung nicht ausreiche, um eine besondere, von der beanstandeten
Markenanmeldung betroffene Kategorie von Verbrauchern zu schaffen und zu definieren.
34.
Jedenfalls erscheint dieses Vorbringen der Klägerin für die Anwendung des Artikels 8 Absatz 1
Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 irrelevant, da, wie das Amt und die Streithelferin - der
Beschwerdekammer folgend - geltend machen, die Art und Weise, in der die Waren in der
Markenanmeldung bezeichnet sind, nicht die Möglichkeit ausschließt, die in Rede stehende Marke
später auf einem breiteren Markt, nämlich dem Markt, auf den sich die älteren Marken beziehen, zu
verwenden.
35.
Folglich ist für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr auf die Sicht der
angesprochenen Verkehrskreise abzustellen, die sich aus den Endverbrauchern von Lebensmitteln
des gängigen Verbrauchs im Vereinigten Königreich zusammensetzen.
36.
Unter Berücksichtigung der vorstehenden Erwägungen ist der Vergleich zu überprüfen, den die
Beschwerdekammer zum einen zwischen den betreffenden Waren und zum anderen zwischen den
konfligierenden Zeichen vorgenommen hat.
37.
Erstens ist zu den in Rede stehenden Waren, so wie sie zum einen in der Markenanmeldung und
zum anderen für die älteren Marken bezeichnet sind, festzustellen, dass sie unbestreitbar identisch
oder zumindest ähnlich sind. Es handelt sich, wie das Amt ausführt, um Lebensmittel der Klassen 29
und 30, die hauptsächlich unter Verwendung der Kapitelüberschriften der Klassifikation von Nizza
allgemein beschrieben werden. Die Klägerin bestreitet nicht diese Identität oder Ähnlichkeit an sich.
Das Vorbringen der Klägerin, die Verwendung der angemeldeten Marke beschränke sich auf
bestimmte der in der Markenanmeldung genannten Waren und diese Waren seien ausschließlich für
die indochinesische Kundschaft bestimmt, wurde bereits oben zurückgewiesen.
38.
Zweitens ist zu den in Rede stehenden Zeichen allgemein darauf hinzuweisen, dass zwei Marken
ähnlich sind, wenn sie aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise hinsichtlich eines oder
mehrerer relevanter Aspekte mindestens teilweise übereinstimmen (Urteil des Gerichts vom 23.
Oktober 2002 in der Rechtssache T-6/01, Hukla Germany [MATRATZEN], Slg. 2002, II-4335, Randnr.
30). Relevante Aspekte sind nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes bildliche, klangliche und
begriffliche Aspekte. Ferner ist für die Beurteilung der Ähnlichkeit von zwei Marken auf den
Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie
unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (Urteile SABEL, zitiert in
Randnr. 24, Randnr. 23, und Lloyd Schuhfabrik Meyer, zitiert in Randnr. 23, Randnr. 24).
39.
Nach Auffassung des Gerichts ist im Rahmen einer ersten Prüfung von dem Grundsatz auszugehen,
dass dann, wenn eine Wortmarke aus nur zwei Wörtern besteht und eines dieser Wörter bildlich oder
klanglich mit dem einzigen Wort identisch ist, aus dem eine ältere Wortmarke besteht, und wenn diese
Wörter insgesamt oder für sich genommen für die betreffenden Verkehrskreise keine begriffliche
Bedeutung haben, die fraglichen Marken, jeweils in ihrer Gesamtheit betrachtet, regelmäßig als
ähnlich im Sinne des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 anzusehen sind.
40.
Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass das Wort „mou“ bildlich und klanglich das einzige Wort
ist, aus dem die älteren Wortmarken bestehen, und das zweite der beiden Wörter ist (das erste ist
das Wort „kiap“), aus denen die angemeldete Wortmarke besteht.
41.
Was den begrifflichen Aspekt anbelangt, setzen sich die angesprochenen Verkehrskreise, wie
bereits oben festgestellt worden ist, aus den Endverbrauchern von Lebensmitteln des gängigen
Verbrauchs im Vereinigten Königreich zusammen. Diese Verkehrskreise sind ganz überwiegend
englischsprachig. Die Wörter „mou“ und „kiap mou“ haben im Englischen keine Bedeutung und ähneln
in keiner Weise den englischen Wörtern mit der der Bedeutung dieser Wörter im Laotischen oder im
Thai entsprechenden Bedeutung. Außerdem lässt sich weder den Akten noch dem Vorbringen der
Klägerin entnehmen, dass ein maßgeblicher Teil dieser Verkehrskreise über ausreichende Kenntnisse
des Laotischen oder des Thai verfügt, um die Bedeutung der fraglichen Wörter in diesen Sprachen zu
verstehen.
42.
Ferner folgt aus diesen Erwägungen, dass entgegen der Auffassung der Klägerin aus der Sicht der
angesprochenen Verkehrskreise das Wort „mou“ die Waren, auf die sich die ältere Marke bezieht,
nicht beschreibt. Diese Verkehrskreise werden es als seinem Wesen nach unterscheidungskräftiges
Phantasiewort auffassen.
43.
Da Gleiches für das Wort „kiap“ gilt, ist dem Amt folgend davon auszugehen, dass diese beiden
Wörter für die angesprochenen Verkehrskreise die gleiche Anziehungskraft haben und in ihrer
Verbindung in dem Ausdruck „kiap mou“ von diesen Verkehrskreisen als gleich dominant
wahrgenommen werden, ohne dass das Wort „mou“ seine Unterscheidungskraft verliert.
44.
Unter diesen Umständen ist die Beschwerdekammer zu Recht zu dem Schluss gelangt, dass die
Zeichen, aus denen die fraglichen Wortmarken bestehen, in ihrer Gesamtheit betrachtet und
namentlich unter Berücksichtigung der sie unterscheidenden und dominierenden Elemente ähnlich
sind.
45.
Nach alledem kann bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck entstehen, dass die mit
der Wortmarke KIAP MOU versehenen Lebensmittel von dem Unternehmen stammen, das die älteren
Wortmarken MOU innehat. Folglich genügt der Grad der Ähnlichkeit der in Rede stehenden Marken für
die Annahme, dass eine Gefahr der Verwechslung dieser Marken besteht. Der auf einen Verstoß
gegen Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b der Verordnung Nr. 40/94 gestützte einzige Klagegrund ist
daher zurückzuweisen.
46.
Die Klage ist somit abzuweisen, ohne dass es einer Entscheidung über die Zulässigkeit der Anträge
der Klägerin bedarf, die Widerspruchsentscheidung abzuändern, den Widerspruch zurückzuweisen und
dem Antrag auf Eintragung der angemeldeten Marke stattzugeben.
Kosten
47.
Nach Artikel 87 § 2 der Verfahrensordnung des Gerichts ist die unterliegende Partei auf Antrag zur
Tragung der Kosten zu verurteilen. Da die Klägerin mit ihrem Vorbringen unterlegen ist, sind ihr
entsprechend den Anträgen des Amtes und der Streithelferin deren Kosten aufzuerlegen.
Aus diesen Gründen
hat
DAS GERICHT (Zweite Kammer)
für Recht erkannt und entschieden:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Forwood
Pirrung
Meij
Verkündet in öffentlicher Sitzung in Luxemburg am 25. November 2003.
Der Kanzler
Der Präsident
H. Jung
J. Pirrung
Verfahrenssprache: Französisch.