Urteil des BVerwG vom 03.07.2002

BVerwG: vorbehalt des gesetzes, ermächtigung, erlass, rüge, exekutive, rechtsstaatsprinzip, vergleich, beweiswürdigung, hessen, verfahrensmangel

Rechtsquelle:
HSOG § 71 a
Stichworte:
Gefahr; Gefahrenabwehr; Gefahrenverdacht; Gefahrenvorsorge; so genannte ge-
fährliche Hunde; Liste von Hunderassen; Bestimmtheitsgrundsatz.
Leitsatz:
Die Einführung von Listen mit Rassen so genannter gefährlicher Hunde muss der
Gesetzgeber selbst verantworten. Dagegen darf er die Festlegung der einzelnen in
die Liste aufzunehmenden Hunderassen dem Verordnungsgeber überlassen (wie
Urteil vom 3. Juli 2002 - BVerwG 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347).
Beschluss des 6. Senats vom 10. November 2004 - BVerwG 6 BN 3.04
I. VGH Kassel vom 27.01.2004 - Az.: VGH 11 N 520/03 -
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 6 BN 3.04
VGH 11 N 520/03
In der Normenkontrollsache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. November 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. H a h n und Dr. G r a u l i c h
beschlossen:
Die Beschwerden der Antragsteller gegen die Nichtzulassung
der Revision in dem Urteil des Hessischen Verwaltungsge-
richtshofs vom 27. Januar 2004 werden zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen je 1/14 der Kosten des Beschwerde-
verfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 56 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
A. Die Beschwerden bleiben ohne Erfolg.
Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die
Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Berufungsentscheidung von
einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der
obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht
und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird
und vorliegt, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann. Wird wie hier die
Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muss in der Be-
schwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung dargelegt oder die Entschei-
dung, von der das Berufungsurteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet
werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO).
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I. Die Rechtssache hat nicht die von den Beschwerden geltend gemachte grundsätz-
liche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Grundsätzliche Bedeutung
kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung er-
hebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der
Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfor-
dernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten
Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hin-
weis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen
soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsent-
scheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallüber-
greifenden Rechtsfrage des revisiblen Rechts führen kann. Die von den Beschwer-
den aufgeworfenen Fragen verleihen der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeu-
tung.
1. Die Antragsteller zu 1 bis 5 und 7 bis 11 bringen die nachfolgenden Grundsatzrü-
gen vor:
a) Sie sehen eine grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage darin, ob § 71 a Abs. 1
HSOG dem für den Bereich der Bundesgesetzgebung in Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG
normierten und für die Ländergesetzgebung entsprechend geltenden verfassungs-
rechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz entspricht, wonach eine gesetzliche Ermächti-
gung nach Inhalt, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt sein muss, das gebote-
ne und verbotene Verhalten genau bezeichnen muss und nicht lediglich den ange-
strebten Zustand (Zweck) nennen darf. Dem genüge § 71 a Abs. 1 HSOG nicht, weil
die gesetzliche Regelung selbst keine Bestimmung darüber enthalte, welche Anfor-
derungen in einer Gefahrenabwehrverordnung an bestimmte Hunderassen oder
-gruppen zu stellen seien.
Diese Rüge kann nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision führen, weil sie keine
noch zu klärende Rechtsfrage des revisiblen Rechts aufwirft, sondern die Vereinbar-
keit einer landesrechtlichen Vorschrift mit dem auch bundesrechtlich vorgegebenen
Bestimmtheitsgrundsatz in Frage stellt. Nach ständiger Rechtsprechung des Bun-
desverwaltungsgerichts vermag die Rüge der Nichtbeachtung von Bundesrecht bei
der Anwendung und Auslegung von Landesrecht eine Beschwerde gegen die Nicht-
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zulassung der Revision allenfalls dann zu begründen, wenn die Auslegung der
- gegenüber dem Landesrecht als korrigierender Maßstab angeführten - bundes-
rechtlichen Norm ihrerseits ungeklärte Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf-
wirft (vgl. Beschluss vom 9. März 1984 - BVerwG 7 B 238.81 - Buchholz 401.84 Be-
nutzungsgebühren Nr. 49; Beschluss vom 9. September 1988 - BVerwG 4 B 37.88 -
DVBl 1988, 1176 <1178>; Beschluss vom 15. Dezember 1989 - BVerwG 7 B
177.89 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 277; Beschluss vom 1. September 1992
- BVerwG 11 B 24.92 - Buchholz 310 § 137 VwGO Nr. 171; Beschluss vom 11. De-
zember 2003 - BVerwG 6 B 69.03 - Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 39). Die an-
geblichen bundesrechtlichen Maßgaben, deren Tragweite und Klärungsbedürftigkeit
im Hinblick auf die einschlägigen landesrechtlichen Regelungen sowie die Entschei-
dungserheblichkeit ihrer Klärung in dem anhängigen Verfahren wären in der Be-
schwerdebegründung darzulegen (vgl. Beschluss vom 19. Juli 1995 - BVerwG 6 NB
1.95 - NVwZ 1997, 61). Daran fehlt es.
In Bezug auf das aus Art. 20 Abs. 1 und 3, Art. 28 Abs. 1 GG abzuleitende Gebot
der Bestimmtheit von gesetzlichen Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverord-
nungen macht die Beschwerde Klärungsbedarf nicht ersichtlich.
b) Nach Ansicht der Antragsteller zu 1 bis 5 und 7 bis 11 ist außerdem die Frage
grundsätzlich zu klären, ob § 71 a Abs. 1 HSOG mit dem Demokratieprinzip und
Rechtsstaatsprinzip vereinbar ist (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 118 Hess.Verf.), insbeson-
dere ob die Ermächtigung in § 71 a Abs. 1 Satz 2 HSOG der Forderung des Bun-
desverwaltungsgerichts entspreche, wonach der Gesetzgeber die Aufstellung so ge-
nannter Rasselisten selbst zu verantworten habe, was der Hessische Verwaltungs-
gerichtshof ohne weiteres annehme.
Diese Frage kann aus den zu a) dargelegten Gründen ebenfalls nicht eine Revisi-
onszulassung rechtfertigen. Die Antragsteller zu 1 bis 5 und 7 bis 11 zeigen nicht
auf, dass sich in Bezug auf das bundesverfassungsrechtliche Demokratie- und
Rechtsstaatsprinzip klärungsbedürftige Rechtsfragen stellen.
c) Grundsätzliche Bedeutung hat entgegen der Ansicht der Antragsteller zu 1 bis 5
und 7 bis 11 auch nicht die Frage, ob die in § 3 Abs. 1 Satz 2 HundeVO vorgesehe-
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ne unterschiedliche Erlaubnisdauer für (1) tatsächlich unauffällige, positiv wesensge-
testete Listenhunde (2 Jahre) gegenüber (2) tatsächlich bereits verhaltensauffälligen,
nicht gelisteten Hunderassen (bis 4 Jahre) mit revisiblem Bundesrecht, nämlich
Art. 3 Abs. 1 GG, vereinbar ist (Urteil S. 45 f.).
Auch damit ist eine zur Revisionszulassung führende Frage nicht dargetan. Die blo-
ße Behauptung des Verstoßes einer landesrechtlichen Norm, hier § 3 Abs. 1 Satz 2
HundeVO, gegen eine Norm des Bundesrechts, hier Art. 3 Abs. 1 GG, wäre im Rah-
men einer zugelassenen Revision zu prüfen, beinhaltet aber, wie ausgeführt, für sich
genommen keine grundsätzlich zu klärende Rechtsfrage.
d) Außerdem hat nach Ansicht der Antragsteller zu 1 bis 5 und 7 bis 11 die Frage
grundsätzliche Bedeutung, "ob sachverständige Personen oder Stellen, die weder
Beliehene sind, noch als solche tätig sind, sondern Privatpersonen, die aufgrund ei-
nes privatrechtlichen Vertrages (Werkvertrag i.S.d. BGB) verpflichtet sind, der örtli-
chen Ordnungsbehörde als zuständige Stelle (§ 7 Satz 3 letzter Satzteil HundeVO)
mitzuteilen, dass eine positive Wesensprüfung nicht bescheinigt worden ist (…)".
Es sei zu klären, ob die vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof dazu vertretene
Ansicht mit der Lehre vom Vorbehalt des Gesetzes, der Wesentlichkeitstheorie so-
wie dem Rechtsstaats- und Demokratieprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) im Einklang stehe.
Damit ist nach dem Gesagten ebenfalls keine grundsätzlich zu klärende Frage des
Bundesrechts benannt.
e) Grundsätzliche rechtliche Bedeutung haben nach Ansicht der Antragsteller
zu 1 bis 5 und 7 bis 11 ferner die Ausführungen des Hessischen Verwaltungsge-
richtshofs zu § 9 Abs. 1 Satz 1 HundeVO (Urteil S. 47 f.). Die Grundsätzlichkeit er-
gebe sich daraus, dass die Rechtsprechung des Hessischen Verwaltungsgerichts-
hofs an dieser Stelle evident von der Rechtsprechung des OVG Schleswig-Holstein
abweiche, ohne dies auch nur zu erwähnen oder sich damit inhaltlich auseinander zu
setzen. Das Bundesverwaltungsgericht werde zu klären haben, ob bzw. wann das
Gebot, gefährliche Hunde außerhalb des befriedeten Besitztums oder der Wohnung
des Halters oder der Halterin an der Leine zu führen, mit dem Übermaßverbot ver-
einbar sei.
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Eine klärungsbedürftige Frage des Bundesrechts ist mit dem Vorbringen nicht auf-
geworfen.
f) Die Antragsteller zu 1 bis 5 und 7 bis 11 machen zudem geltend, grundsätzliche
Bedeutung habe die Beantwortung der Rechtsfrage, ob § 22 Abs. 2 Nr. 3 HSOG,
wonach die Gefahrenabwehr- und Polizeibehörden personenbezogene Daten an
Behörden und öffentliche Stellen aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte für die Wahr-
nehmung einer sonstigen Gefahrenabwehraufgabe übermitteln können, "die Mittei-
lung von der örtlichen Ordnungsbehörde an die für die Erhebung der Hundesteuer
zuständige Stelle innerhalb der Gemeinde (§ 15 Abs. 6 HundeVO) auch dann trägt,
wenn lediglich eine bloße Gefahrenvermutung bzw. ein Besorgnispotential besteht,
also gerade kein tatsächlicher Anhaltspunkt gegeben ist". Fraglich sei, ob die Aus-
dehnung einer Mitteilungspflicht über tatsächliche Anhaltspunkte der Gefahrenab-
wehr hinaus auf Fälle eines bloßen Besorgnispotentials bzw. einer nur vermuteten
Gefahr nicht einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG begründe oder eine dem
Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) widersprechende analoge Anwendung
darstelle.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat die Regelung über die Mitteilung an die
Hundesteuerstelle in § 15 Abs. 6 HundeVO als durch § 22 Abs. 2 Nr. 3 HSOG ge-
deckt angesehen (Urteil S. 48 f.). Diese landesrechtliche Frage ist revisionsrechtlich
nicht zu überprüfen. Welche mit dem Verständnis von Art. 3 Abs. 1 GG und dem
Rechtsstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 3 GG verbundene Frage des Bundesrechts
grundsätzlich zu klären sein sollte, ist der Beschwerde nicht zu entnehmen.
g) Außerdem habe, so meinen die Antragsteller zu 1 bis 5 und 7 bis 11, grundsätzli-
che Bedeutung die Rechtsfrage, ob die HundeVO nicht erforderlich und somit unver-
hältnismäßig sei. Damit ist ebenfalls keine in einem Revisionsverfahren noch zu klä-
rende Frage des Bundesrechts aufgeworfen.
2. Die Antragsteller zu 12 bis 15 bringen im Wege der Grundsatzrüge vor, der Hessi-
sche Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Urteil die Rechtmäßigkeit der in Rede
stehenden HundeVO im Wesentlichen damit begründet, dass (1) § 71 a Abs. 1
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HSOG nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und das aus Art. 20
Abs. 3 GG herzuleitende Rechtsstaatsprinzip verstoße, weil Hunde von gelisteten
Rassen und Gruppen auch nach Bestehen der Wesensprüfung als gefährliche Hun-
de betrachtet und besonderen Anforderungen unterworfen würden, dass (2) § 71 a
Abs. 1 Satz 2 HSOG nicht deshalb gegen Verfassungsrecht verstoße, weil der Ge-
setzgeber die in eine Liste aufzunehmenden Hunderassen/-gruppen, deren Gefähr-
lichkeit aus einem oder mehreren der in § 71 a Abs. 1 Satz 1 HSOG genannten
Gründe zu vermuten ist, nicht selbst näher bestimmt bzw. die Ermächtigung zum
Erlass von Geboten und Verboten zur Vorsorge gegen von Hunden ausgehenden
Gefahren nicht konkretisierend dargestellt habe, und dass (3) das Ausmaß der
Grundrechtseingriffe, die mit den auf § 71 a Abs. 1 Satz 1 HSOG beruhenden Verbo-
ten und Geboten verbunden seien, es nicht rechtfertige, an die Bestimmtheit der ge-
setzlichen Ermächtigungsgrundlage weitergehende Anforderungen zu stellen. Bei
diesen die Entscheidung tragenden Gründen der Anwendung geltenden Verfas-
sungsrechts handele es sich um Rechtsfragen, die entscheidungserheblich und nicht
nur von abstrakter Bedeutung seien. Es gehe auch nicht um die tatsächliche Ab-
schätzung des Gefahrenpotentials der in der HundeVO als unwiderleglich gefährlich
aufgeführten Hunderassen/-typen, sondern maßgeblich um die Rechtsfrage, ob die
in Rede stehende Ermächtigungsgrundlage unter dem Gesichtspunkt des Gleich-
heitssatzes und/oder des Bestimmtheitsgrundsatzes als ausreichend zu werten sei.
Diese Rüge bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Mit ihr wird weder eine einzelne noch eine
bestimmte Anzahl grundsätzlich klärungsbedürftiger Rechtsfragen benannt. Vielmehr
werden lediglich bestimmte Begründungselemente der Entscheidung des Verwal-
tungsgerichtshofs als klärungsbedürftig in Zweifel gezogen. Diese Art des Vorbrin-
gens genügt nicht den nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO erforderlichen Mindestanfor-
derungen an die Darlegung einer Grundsatzrüge. Auch diese muss nämlich gewis-
sen Mindestanforderungen hinsichtlich ihrer Klarheit, Verständlichkeit und Über-
schaubarkeit genügen (vgl. Beschluss vom 23. November 1995 - BVerwG 9 B
362.95 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 20). Außerdem werden auch insoweit
keine klärungsbedürftigen Probleme des Bundesrechts aufgezeigt.
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II. Mit keiner der von den Beschwerden vorgebrachten Rügen wird eine Divergenz
dargetan.
Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur
dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die
Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden
abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtspre-
chung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung
des Bundesverwaltungsgerichts tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben
Rechtsvorschrift widersprochen hat (vgl. Beschluss vom 21. Juni 1995 - BVerwG 8 B
61.95 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 18); für die behauptete Abweichung
von einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts oder des Gemeinsamen
Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes gilt Entsprechendes (vgl. Beschluss
vom 21. Januar 1994 - BVerwG 11 B 116.93 - Buchholz 442.16 § 15 b StVZO
Nr. 22). Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von
Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung aufge-
stellt hat, genügt weder den Zulässigkeitsanforderungen einer Divergenz noch denen
einer Grundsatzrüge (vgl. Beschluss vom 17. Januar 1995 - BVerwG 6 B 39.94 -
Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 342 S. 55).
1. Die Antragsteller zu 1 bis 5 und 7 bis 11 bringen die folgenden Divergenzrügen
vor:
a) Der Hessische Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Urteil (S. 27, 3. Absatz) die
Auffassung vertreten, der verfassungsrechtliche Grundsatz der hinreichenden Be-
stimmtheit verwehre es dem Gesetzgeber des § 71 a Abs. 1 HSOG nicht, in der ge-
setzlichen "Ermächtigung zum Erlass belastender Verwaltungsakte in gewissem Um-
fang Generalklauseln und unbestimmte Rechtsbegriffe zu verwenden und der Exe-
kutive hinsichtlich der auf ein hinreichend bestimmt umrissenes Gesetzesziel zu tref-
fende Maßnahmen zu überlassen." Damit weiche das angefochtene Urteil von den
Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Juli 2002 - BVerwG 6 CN
5.01, 6.01, 7.01 und 8.01 - (BVerwGE 116, 347), vom 18. Dezember 2002 - BVerwG
6 CN 1.02, 3.01 und 4.01 - und vom 20. August 2003 - BVerwG 6 CN 2.02 - ab. Im
Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Dezember 2002 - BVerwG 6 CN
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1.02 - sei ausgeführt: "Aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungs-
system (Art. 20 Abs. 1 und 3, Art. 28 Abs. 1 GG) folgt, dass in einem Gesetz, durch
das die Exekutive zum Erlass von Rechtsverordnungen ermächtigt wird, Inhalt,
Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmt werden. Das Parlament soll
sich seiner Verantwortung als gesetzgebende Körperschaft nicht dadurch entäußern
können, dass es einen Teil der Gesetzgebungsmacht der Exekutive überträgt, ohne
die Grenzen dieser Kompetenzen bedacht und diese nach Tendenz und Programm
so genau umrissen zu haben, dass schon aus der Ermächtigung erkennbar und vor-
hersehbar ist, was dem Bürger gegenüber zulässig sein soll ..."
In seinem Urteil vom 18. Dezember 2002 - BVerwG 6 CN 4.01 - habe das Bundes-
verwaltungsgericht ausgeführt: "Wenn ein Gesetz die Ausübung von Handlungsbe-
fugnissen durch die Einführung eines Verbots mit Erlaubnisvorbehalt regelt, muss
der Gesetzgeber die Verantwortung für die Erlaubniserteilung selbst regeln und darf
sie nicht dem Ermessen der Verwaltung anheim geben (BVerfGE 80, 137, 161)."
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof weiche von der vorgenannten Rechtspre-
chung ab, weil § 71 a Abs. 1 HSOG lediglich den Zweck der Gefahrenabwehrverord-
nung enthalte, nicht aber die Bestimmung von Inhalt und Ausmaß der Ermächtigung,
an die die Exekutive gebunden sei.
Mit diesem Vorbringen wird keine Abweichung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2
VwGO gerügt. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Antragsteller zu 1 bis 5
und 7 bis 11 keine abstrakten Rechtssätze der angefochtenen Entscheidung aufzei-
gen, die von den angeführten Aussagen des beschließenden Senats abweichen.
Die vorliegend maßgebliche Verordnungsermächtigung in § 71 a HSOG ist zudem in
ihrer allgemeinen rechtlichen Beschaffenheit mit keiner der in Bezug genommenen
Ermächtigungsgrundlagen vergleichbar, weil der Hessische Landtag sie gerade in
Reaktion auf die Rechtsprechung des beschließenden Senats erlassen hat, um ne-
ben der verordnungsrechtlichen Ermächtigung zur Gefahrenabwehr auch eine Er-
mächtigung zur Gefahrenvorsorge zu schaffen. In Wahrheit rügen die Antragsteller
zu 1 bis 5 und 7 bis 11 eine falsche Rechtsanwendung durch den Hessischen Ver-
waltungsgerichtshof. Dies reicht für die Darlegung einer Divergenzrüge nicht aus.
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b) Die Antragsteller zu 1 bis 5 und 7 bis 11 machen weiter geltend, der Hessische
Verwaltungsgerichtshof halte die rechtliche Einstufung als "gefährlicher Hund" als
solche und deren Nichtbeseitigung durch eine positiv verlaufene Wesensprüfung
(§ 7 HundeVO) für rechtmäßig. Auch nach bestandenem Wesenstest und bei weite-
rer tatsächlicher Verhaltensunauffälligkeit unterliege der Hundehalter danach weiter
den Ge-/Verboten der HundeVO, insbesondere der Erlaubnispflicht. Demgegenüber
habe das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 3. Juli 2002 - BVerwG 6 CN 8.01 -
in konsequenter Anwendung des Verhältnismäßigkeitsprinzips sowie polizeirechtli-
cher Grundsätze - ausgeführt, "... dass nach Bestehen dieses (Wesens-)Tests keine
weiteren Anforderungen an die Hundehaltung gestellt werden, weil dann der Gefah-
renverdacht ausgeräumt ist".
Dieses Vorbringen vermag ebenfalls keine Divergenzrüge zu begründen. Bei der zi-
tierten Textstelle im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Juli 2002 handelt
es sich um die vom beschließenden Senat verworfene Auslegung einer bestimmten
Regelung in der damals gültigen Fassung der Niedersächsischen Gefahrtier-Ver-
ordnung unter dem Gesichtspunkt eines Gefahrerforschungseingriffs (Urteil vom
3. Juli 2002 - BVerwG 6 CN 8.01 - a.a.O. S. 357). Eine Divergenz des angefochte-
nen Urteils zu dieser Ausführung im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts ist schon
deshalb nicht dargelegt, weil kein abstrakter Rechtssatz im Urteil des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs benannt ist, der zur zitierten Stelle im Urteil des Bundes-
verwaltungsgerichts im Widerspruch stehen sollte. Mit dieser Art des Angriffs wird
keine Divergenz, sondern lediglich eine fehlerhafte Rechtsanwendung behauptet.
Außerdem können Aussagen zur Niedersächsischen Gefahrtier-Verordnung mit sol-
chen zur geltenden Hessischen Hundeverordnung nicht gleichgesetzt werden. § 71 a
HSOG beinhaltet nach der Auslegung durch den Hessischen Verwaltungsgerichtshof
(Urteil S. 19) ausdrücklich eine Ermächtigung zum Erlass von Verordnungsrecht mit
dem Ziel der Gefahrenvorsorge, während das Konzept der entsprechenden Rege-
lung in Niedersachsen gerade auf Gefahrenabwehr ging.
c) Die von den Antragstellern zu 1 bis 5 und 7 bis 11 erstmals mit Schriftsatz vom
30. Oktober 2004 erhobene Abweichungsrüge ist unzulässig, weil sie nach Ablauf
der Beschwerdebegründungsfrist erhoben worden ist. Abgesehen davon weicht das
Urteil des Verwaltungsgerichtshofs nicht von dem Urteil des Senats vom 28. Juni
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2004 - BVerwG 6 C 22.03 - ab. Der Senat hat in diesem Urteil lediglich im Anschluss
an seine bisherige ständige Rechtsprechung (vgl. insbesondere BVerwGE 116, 347)
ausgeführt, dass verordnungsrechtliche Regelungen zum Schutz der Bevölkerung
vor den von Hunden ausgehenden Gefahren, die an die Zugehörigkeit der Hunde zu
bestimmten Rassen anknüpfen, nicht auf die polizeiliche Generalermächtigung ge-
stützt werden können, sondern einer speziellen gesetzlichen Ermächtigungsgrundla-
ge bedürfen; da derartige Regelungen nicht der Gefahrenabwehr, sondern der Ge-
fahrenvorsorge dienten, müsse die Einführung von so genannten Rasselisten vom
Gesetzgeber selbst verantwortet werden. Damit hat der Senat jedoch nicht zugleich
zum Ausdruck gebracht, dass über die grundlegende Entscheidung des Gesetzge-
bers für eine Rasseliste hinaus auch die einzelnen in der Liste enthaltenen Hunde-
rassen bereits in der gesetzlichen Verordnungsermächtigung festgelegt sein müs-
sen.
2. Die Antragsteller zu 12 bis 15 weisen im Rahmen ihrer Grundsatzrüge darauf hin,
das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Urteil in der Sache BVerwG 6 C 5.01
festgestellt, dass aus dem rechtsstaatlichen und demokratischen Verfassungssystem
folge, dass in einem Gesetz, durch das die Exekutive zum Erlass von Rechtsverord-
nungen ermächtigt werde, Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung
bestimmt werden müssten. Demgegenüber habe der Hessische Verwaltungsge-
richtshof die Auffassung vertreten, dass der Gesetzgeber die Rasseliste nicht selbst
zu bestimmen habe. Auch das Ausmaß der in Rede stehenden Grundrechtseingriffe
erfordere nach seinem Urteil keine weitergehenden Bestimmtheitsanforderungen.
Auch mit diesem Vorbringen werden keine einander widersprechenden Rechtssätze
aufgezeigt.
III. Auch die von den Antragstellern erhobenen Verfahrensrügen bleiben ohne Erfolg.
1. Die Antragsteller zu 1 bis 5 und 7 bis 11 bringen die folgenden Verfahrensrügen
vor:
a) Auf Seite 44 f. seines Urteils habe der Hessische Verwaltungsgerichtshof zur Be-
gründung, warum kein Verstoß in der unterschiedlichen Behandlung von Listenhun-
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den (§ 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO) im Vergleich zu anderen, tatsächlich auffälligen
(und erfassten), aber nicht gelisteten Hunderassen vorliege, entscheidend auf die
jeweilige Populationsgröße abgestellt. Insoweit habe der Hessische Verwaltungsge-
richtshof den Sachverhalt entgegen der Amtsermittlungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO)
nicht hinreichend aufgeklärt. Hätte der Hessische Verwaltungsgerichtshof die Popu-
lationsdichte der anderen auffälligen Rassen vergleichsweise von Amts wegen (§ 86
VwGO) erhoben, hätte er festgestellt, dass darunter Hunderassen seien, deren Po-
pulation die der gelisteten Hunderassen nicht (wesentlich) überstiegen, so dass doch
eine sachwidrige Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG vorliege. Die
Erhebung der Populationsdichte sei zwingend geboten gewesen, da solche Popula-
tionsdaten nicht gerichtsbekannt seien.
Die Aufklärungsrüge ist unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat die in die Ras-
seliste aufgenommenen Hunderassen mit der Begründung für sachgerecht abge-
grenzt gehalten, sie seien sämtlich entweder mit Beißvorfällen oder mit einer Versa-
gerquote von mindestens 3 % bei den durchgeführten Wesensprüfungen in Erschei-
nung getreten. Auf die Populationsdichte der Rassen ist er nur im Zusammenhang
mit den gleichfalls durch Beißvorfälle auffällig gewordenen Rassen Dobermann,
Rottweiler, Deutscher Schäferhund und sonstige Schäferhunde eingegangen; hierzu
hat er ausgeführt, dass die im Vergleich zu den "gelisteten" Rassen wesentlich grö-
ßere Verbreitung dieser Rassen deren Nichtberücksichtigung in der Rasseliste recht-
fertige. Dem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs lässt sich nicht entnehmen, dass
dieser die Populationsdichte zu einem generellen Abgrenzungskriterium für die in die
Liste aufzunehmenden Hunderassen erhoben hat und deswegen verpflichtet gewe-
sen wäre, hierzu weitere Ermittlungen anzustellen. Die Antragsteller zu 1 bis 5 und
7 bis 11 führen selbst aus, dass es keine verlässlichen Statistiken über die Populati-
on der Hunderassen gebe, und zwar weder in Deutschland noch im Bundesland
Hessen. Ein etwaiger Mangel an sachlicher Überzeugungskraft der Urteilsgründe
kann nicht im Wege der Aufklärungsrüge geltend gemacht werden.
b) Nach Ansicht der Antragsteller zu 1 bis 5 und 7 bis 11 hat der Hessische Verwal-
tungsgerichtshof ferner die anerkannten Grundsätze der Logik und die allgemeinen
Denkgesetze im Rahmen der Beweisverwertung bzw. -würdigung verletzt, was per
se zu deren Fehlerhaftigkeit führe und einer korrekten richterlichen Überzeugungs-
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bildung entgegenstehe (§ 108 Abs. 1 VwGO). Wiederholt stelle der Hessische Ver-
waltungsgerichtshof (S. 38 und 45 des Urteils) hinsichtlich der Rechtfertigung der
Rasseliste auf die vom Antragsgegner willkürlich festgesetzte Nichtbestehensquote
von 3 % im Wesenstest ab und rechtfertige damit z.B. die Listung des Fila Brasileiro,
der keine Auffälligkeit aufweise. Aus den Nichtbestehensquoten könne nach den un-
umstößlichen Gesetzen der Logik aber nichts über die Gefährlichkeit geschlossen
werden. Ohne jeden Vergleich mit anderen, nicht gelisteten Hunderassen, die sich
demselben Test unterziehen müssten, wolle man nämlich einer als gefährlich vermu-
teten Rasse damit ihre Gefährlichkeit nachweisen.
Die Rüge ist unbegründet. Die Beschwerde bemängelt insoweit einen Verstoß gegen
Denkgesetze in der Beweiswürdigung, woraus sie offenbar einen Verfahrensmangel
ableiten will. Dieses Vorbringen übersieht, dass regelmäßig Fehler in der Sachver-
halts- und Beweiswürdigung revisionsrechtlich nicht dem Verfahrensrecht, sondern
dem sachlichen Recht zuzurechnen sind (vgl. Beschluss vom 2. November 1995
- BVerwG 9 B 710.94 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 266 m.w.N.); soweit hiervon
Ausnahmen zuzulassen sind (vgl. BVerwGE 84, 271; Beschluss vom 3. April 1996
- BVerwG 4 B 253.95 - Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 269), verlangt die Behauptung
eines Verstoßes gegen Denkgesetze im Tatsachenbereich die Darlegung, dass das
Gericht einen Schluss gezogen hat, der schlechterdings nicht gezogen werden kann
(vgl. Beschluss vom 24. Mai 1996 - BVerwG 8 B 98.96 - Buchholz 310 § 108 VwGO
Nr. 270). Dies kann dem Beschwerdevorbringen nicht entnommen werden. Es ver-
stößt nicht gegen die Denkgesetze, wenn eine normative Regelung im Rahmen einer
Plausibilitätskontrolle auch mit solchen Umständen gerechtfertigt wird, die sich erst
nach dem Erlass der Regelung und in deren Vollzug ergeben haben. Die Frage, ob
der Verwaltungsgerichtshof sich bei der Überprüfung der Gefährlichkeitsvermutun-
gen des Verordnungsgebers in § 2 Abs. 1 Satz 2 HundeVO auf eine solche Kontrolle
beschränken durfte, hat der Senat im vorliegenden Verfahren nicht zu beantworten.
2. Die Antragsteller zu 12 bis 15 bringen im Wege der Verfahrensrüge vor, das Urteil
verstoße gegen den Überzeugungsgrundsatz aus § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO und
gegen die Untersuchungs- und Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO.
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a) Das Urteil des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs verletze den Überzeugungs-
grundsatz insbesondere, weil er von einem falschen oder unvollständigen Sachver-
halt ausgehe oder sachverhaltsrelevante Erkenntnisse ohne ersichtlichen Grund ein-
seitig gewichtet bzw. wesentliche Abweichungen unberücksichtigt gelassen habe.
Der Hessische Verwaltungsgerichtshof stütze seine Auffassung, nach der Hunde
bestimmter Rassen/Typen als abstrakt gefährlicher zu gelten hätten als Hunde ande-
rer Rassen oder Mischlinge, allein auf angeblich diesbezüglich aussagekräftige Sta-
tistiken. Er führe hierzu vor allem das von dem Antragsgegner vorgelegte Zahlenma-
terial an, obwohl dieses nachgewiesenermaßen unrichtig sei. Des Weiteren behaup-
te er, Auswertungen des Deutschen Städtetags würden dieses Ergebnis zur Genüge
stützen, ohne das entsprechende Material in Gänze zu würdigen.
Der behauptete Rechtsverstoß liegt nicht vor. Das Gericht hat gemäß § 108 Abs. 1
Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewon-
nenen Überzeugung zu entscheiden. Die "Freiheit", die dieser so genannte Über-
zeugungsgrundsatz dem Tatsachengericht zugesteht, bezieht sich auf die Bewertung
von Tatsachen und Beweisergebnissen, d.h. auf die Bewertung der für die Feststel-
lung des Sachverhalts maßgebenden Umstände (Urteil vom 17. Januar 1980
- BVerwG 5 C 7.79 - Buchholz 431.1 Architekten Nr. 5 S. 16 <17>). Dabei ist das
Gericht angewiesen auf die ihm zugänglichen Erkenntnismittel. Dem streitgegen-
ständlichen Urteil ist nicht vorzuwerfen, es habe eine bekannte und von einem Betei-
ligten für wichtig gehaltene empirische Erhebung über das Beißverhalten oder sons-
tige Gefahrenmomente bei in Deutschland vorkommenden Hunderassen außer Be-
tracht gelassen. Derartiges kann auch der Beschwerde nicht entnommen werden.
Bei der Stichhaltigkeit des Zahlenmaterials, insbesondere bei Langzeitbeobachtun-
gen, kann das Gericht diejenigen Unschärfen nicht aus eigener Kraft ausgleichen,
die beispielsweise bei der Begriffsbestimmung oder beim Eingabeverhalten entstan-
den sind. Die von der Beschwerde deshalb angegriffene, vom Deutschen Städtetag
erhobene Statistik ist beispielsweise auch zentraler Bestandteil in dem das Hunde-
verbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz des Bundes vom 12. April 2001
betreffenden Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16. März 2004 (- 1 BvR
1778/01 - NVwZ 2004, 597) gewesen. Wogegen die Beschwerde sich wendet, ist
nicht der Inhalt, sondern das Ergebnis der Beweiswürdigung. Dieses unterfällt aber
der richterlichen Entscheidungsfreiheit nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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b) Die Antragsteller zu 12 bis 15 machen zudem geltend, das Urteil verletze auch
"evtl." die Untersuchungs- und Aufklärungspflicht aus § 86 Abs. 1 VwGO. Es hätte
sich dem Gericht aufdrängen müssen, aufgrund der aufgezeigten Diskrepanzen ent-
weder das Land Hessen zu einer Nachbesserung des Zahlenmaterials im Hinblick
auf das Erfordernis einer amtlichen Statistik aufzufordern, oder aber, soweit vorhan-
den, Zahlenmaterial aus anderen Bundesländern zwecks Überprüfung der Zahlen
zugrunde zu legen. Insbesondere der Umstand der hohen Durchfallerquote bei We-
senstests in Hessen im Vergleich zu der in anderen Bundesländern hätte den Hessi-
schen Verwaltungsgerichtshof dazu bewegen müssen, das Zahlenmaterial kritischer
zu bewerten und weitere Sachverhaltsaufklärung zu betreiben.
Dieses Rügevorbringen genügt nicht den Anforderungen an die Darlegungspflicht
nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO. Mit dem Vortrag wird nicht substantiiert dargelegt,
hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, wel-
che für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Be-
tracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung
der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären.
IV. Im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde werden weitere Rügen vorgebracht.
1. Die Antragsteller zu 1 bis 5 und 7 bis 11 rügen, im Urteil werde auf Seite 2 im
1. Satz des Tatbestandes in rechtswidriger Weise festgestellt, der Antragsteller zu 1.
sei Halter eines Pitbull Terriers. Der Antragsteller zu 1. sei aber Halter eines Staf-
fordshire-Bullterriers.
Dieses Vorbringen kann allenfalls Gegenstand eines Tatbestandsberichtigungsan-
trages gegenüber dem erstinstanzlichen Gericht sein (§ 119 Abs. 1 VwGO), nicht
aber Rüge in einer Nichtzulassungsbeschwerde nach § 132 Abs. 2 VwGO.
2. Außerdem wird von den Antragstellern zu 1 bis 5 und 7 bis 11 gerügt, auf Seite 4
des Urteils sei der Wortlaut von § 3 Abs. 1 HundeVO unzutreffend wiedergegeben
worden. Es gebe dort keine Ziffern 9 und 10. Vielmehr handele es sich um § 3
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Abs. 1 Satz 2 der HundeVO, dessen Rechtsgültigkeit in dem Normenkontrollverfah-
ren angefochten worden sei. Mit diesem Vorbringen wird auf eine offensichtliche Un-
richtigkeit des Tatbestandes hingewiesen, aber kein Revisionszulassungsgrund gel-
tend gemacht.
B. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1
ZPO, die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 14
Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG a.F., § 5 ZPO in entsprechender An-
wendung.
Bardenhewer
Hahn
Graulich