Urteil des BVerwG vom 28.02.2008

BVerwG (beschwerde, antragsteller, normenkontrolle, bundesverwaltungsgericht, bebauungsplan, zulassung, nichtigerklärung, rechtsschutzinteresse, anwendungsbereich, gkg)

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 4 BN 16.08
OVG 1 C 11131/07
In der Normenkontrollsache
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hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 23. Oktober 2008
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Prof. Dr. Rojahn, Gatz
und Dr. Jannasch
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Nichtzu-
lassung der Revision in dem Urteil des Oberverwaltungs-
gerichts Rheinland-Pfalz vom 28. Februar 2008 wird zu-
rückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Beschwerdever-
fahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde gegen die Nichtzulas-
sung der Revision bleibt ohne Erfolg.
Die Rechtssache hat nicht die rechtsgrundsätzliche Bedeutung, die ihr die Be-
schwerde beimisst. Dies setzt die Formulierung einer bestimmten, höchstrich-
terlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen
Rechtsfrage des revisiblen Rechts und außerdem die Angabe voraus, worin die
allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll
(stRspr).
1. Die Frage,
ob der Darstellung einer Konzentrationsfläche im Flä-
chennutzungsplan noch der Charakter einer Rechtsvor-
schrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zukommt,
wenn die Antragstellerin eine Planfeststellung nach § 38
BauGB begehrt,
rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision.
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Der Senat hat - was die Beschwerde auch nicht verkennt - in seinem Urteil vom
26. April 2007 - BVerwG 4 CN 3.06 - (BVerwGE 128, 382) entschieden, dass
Darstellungen im Flächennutzungsplan mit den Rechtswirkungen des § 35
Abs. 3 Satz 3 BauGB in entsprechender Anwendung des § 47 Abs. 1 Nr. 1
VwGO der (prinzipalen) Normenkontrolle unterliegen. Das Oberverwaltungsge-
richt geht davon aus, dass auch der Flächennutzungsplan, der den Gegenstand
der vorliegenden Normenkontrolle bildet, Darstellungen mit diesen Rechtswir-
kungen enthält. Für Flächennutzungspläne mit diesen Rechtswirkungen hat der
Senat hervorgehoben, dass sie eine dem Bebauungsplan vergleichbare Funkti-
on erfüllen. Wie die Festsetzungen eines Bebauungsplans bestimmen Darstel-
lungen des Flächennutzungsplans mit den Rechtswirkungen des § 35 Abs. 3
Satz 3 BauGB Inhalt und Schranken des Eigentums i.S.v. Art. 14 Abs. 1 Satz 2
GG; wie ein Bebauungsplan müssen sie dem Gewährleistungsgehalt des
Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG genügen und den Gleichheitssatz sowie das Verhält-
nismäßigkeitsprinzip wahren (a.a.O. Rn. 16). Diese Wirkungen treten unmittel-
bar mit Erlass des Flächennutzungsplans ein und sind davon unabhängig, ob
ein Grundstückseigentümer - oder ein in anderer Weise Berechtigter - beab-
sichtigt, eine Baugenehmigung oder eine Planfeststellung zu beantragen. Dies
gilt umso mehr, wenn - wovon das Oberverwaltungsgericht ausgegangen ist -
noch offen ist, ob ein bestimmtes vom Antragsteller beabsichtigtes Vorhaben
vom Anwendungsbereich des § 38 Satz 1 BauGB umfasst ist oder nicht.
2. Auch die zum - vom Oberverwaltungsgericht bejahten - Rechtsschutzinteres-
se aufgeworfene Frage führt nicht zur Zulassung der Revision. In der Recht-
sprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass mit dem Erfordernis
des Vorliegens eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses neben der Antrags-
befugnis nur vermieden werden soll, dass die Gerichte in eine Normprüfung
eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist. Zu fragen
ist, ob der Antragsteller durch die von ihm angestrebte Nichtigerklärung des
Bebauungsplans seine Rechtsstellung verbessern kann. Dagegen ist nicht er-
forderlich, dass die begehrte Nichtigerklärung unmittelbar zum eigentlichen
Rechtsschutzziel führt (Urteil vom 23. April 2002 - BVerwG 4 CN 3.01 - BRS 65
Nr. 50 m.w.N.). Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung wirft der vorliegende
Fall, in dem noch ungeklärt ist, ob ein Verfahren nach § 38 BauGB durchzufüh-
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ren sein wird, keine weiteren Fragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Der
von der Beschwerde in diesem Zusammenhang angeführte Beschluss vom
30. August 1995 - BVerwG 4 B 86.95 - (NVwZ-RR 1996, 67 = BRS 57 Nr. 1)
betrifft eine gänzlich andere Konstellation.
3. Die in der Beschwerde ferner beiläufig angesprochene Frage, ob „die Nass-
auskiesung ein Vorhaben überörtlicher Bedeutung“ sei, war für das Oberverwal-
tungsgericht nicht entscheidungserheblich; es hat sie ausdrücklich offen gelas-
sen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestset-
zung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Prof. Dr. Rojahn
Gatz
Dr. Jannasch
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