Urteil des BVerwG vom 18.06.2003

BVerwG (begriff, bundesrepublik deutschland, erweiterung, versorgung, verkauf, definition, umgebung, markt, verbraucher, grundstück)

Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
Bauplanungsrecht
Fachpresse:
ja
Rechtsquellen:
BauGB § 30 Abs. 1
BauNVO 1968 § 9 Abs. 2 Nr. 1, § 11 Abs. 3
BauNVO 1977 § 11 Abs. 3
Stichworte:
Verbrauchermarkt; Fachmarkt; - für Fahrräder und Sportbedarf; großflächiger Han-
delsbetrieb; Industriegebiet.
Leitsatz:
Der Begriff des Verbrauchermarkts im Sinne des § 11 Abs. 3 BauNVO 1968 be-
schränkt sich nicht auf großflächige Einzelhandelsbetriebe mit einem hauptsächlich
auf Lebensmittel und verwandte Waren ausgerichteten oder mit einem insgesamt
warenhausähnlichen Sortiment. Auch ein so genannter Fachmarkt (hier: für Fahrrä-
der und Sportbedarf) kann ein Verbrauchermarkt sein.
Urteil des 4. Senats vom 18. Juni 2003 - BVerwG 4 C 5.02 -
I. VG Stuttgart vom 13.11.2001 - Az.: VG 12 K 2201/01 -
II. VGH Mannheim vom 10.05.2002 - Az.: VGH 8 S 435/02 -
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IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 4 C 5.02
Verkündet
VGH 8 S 435/02
am 18. Juni 2003
Röder
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
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In der Verwaltungsstreitsache
- 3 -
hat der 4. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 18. Juni 2003
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. P a e t o w
sowie die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. L e m m e l , H a l a m a ,
G a t z und Dr. J a n n a s c h
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts-
hofs Baden-Württemberg vom 10. Mai 2002 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
G r ü n d e :
I.
Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Erteilung eines Bauvorbescheides in Anspruch.
Die Klägerin ist Eigentümerin eines Grundstücks im Geltungsbereich des Bebauungsplans ...
der Gemeinde D. vom 11. September 1973, der das Grundstück als Industriegebiet aus-
weist. Nachdem ihr am 15. Mai 1998 eine entsprechende Baugenehmigung erteilt worden
war, errichtete sie im November 1998 auf dem Grundstück einen Fachmarkt für Fahrräder,
Sportartikel und Sportbekleidung mit einer Geschossfläche von ca. 5 800 qm. Mit Schreiben
vom 11. Januar 2001 beantragte sie die Erteilung eines Bauvorbescheides zur planungs-
rechtlichen Zulässigkeit eines Anbaus mit einer Geschossfläche von 3 120 qm. Diesen An-
trag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 15. März 2001 und der Begründung ab, das ge-
plante Vorhaben widerspreche den Festsetzungen des Bebauungsplans. Es handele sich bei
dem Vorhaben um die Erweiterung eines bestehenden Verbrauchermarktes im Sinne des
§ 11 Abs. 3 BauNVO 1968, der der übergemeindlichen Versorgung diene und außer in
Kerngebieten nur in hierfür festgesetzten Sondergebieten zulässig sei.
Mit ihrem fristgerecht eingelegten Widerspruch machte die Klägerin ohne Erfolg geltend, un-
ter den Begriff des Verbrauchermarktes fielen nur Einzelhandelsbetriebe mit einem haupt-
sächlich auf Lebensmittel und verwandte Waren ausgerichteten oder mit einem insgesamt
warenhausähnlichen Sortiment, nicht dagegen Fachmärkte. Klage und Berufung blieben
ebenfalls erfolglos. Das Berufungsurteil ist im Wesentlichen wie folgt begründet: Bei dem
Fachmarkt der Klägerin handele es sich um einen Verbrauchermarkt im Sinne des § 11
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Abs. 3 BauNVO 1968, dessen Erweiterung in einem Industriegebiet unzulässig sei. Der Ver-
ordnungsgeber habe bei Erlass der BauNVO 1968 unter einem Verbrauchermarkt eine Ein-
kaufsgelegenheit für Endverbraucher mit der Tendenz zum Verkauf in größeren Mengen bei
einem preisgünstigen Warenangebot verstanden. Auf ein bestimmtes Warenangebot sei es
ihm nicht angekommen. Die Einstufung großflächiger Fachmärkte als Verbrauchermärkte sei
auch nach Sinn und Zweck des § 11 Abs. 3 BauNVO 1968 geboten. Der Verordnungsgeber
habe seinerzeit erreichen wollen, dass der Standort von Einkaufszentren und Verbraucher-
märkten den Zielen der Raumordnung und Landesplanung entspreche, da beide Unterneh-
mensarten negative Auswirkungen auf die Wirtschaftstruktur der Umgebung und die örtliche
und überörtliche Verkehrsplanung haben könnten. Die Gefahren, denen mit § 11 Abs. 3
BauNVO 1968 habe begegnet werden sollen, träten nicht nur bei Einzelhandelsgeschäften
auf, die über ein warenhausähnliches oder ein hauptsächlich aus Lebensmitteln oder ver-
wandten Waren bestehendes Sortiment verfügten, sondern ebenso bei nicht zu dieser Bran-
che gehörenden Geschäften, die nur das Sortiment einer bestimmten Warengruppe auf gro-
ßer Fläche anböten. Die von der Klägerin befürwortete Definition des Verbrauchermarktbe-
griffs lasse sich weder aus dem Wortlaut des § 11 Abs. 3 BauNVO herleiten, da unter einem
"Verbraucher" ein Konsument von wirtschaftlichen Gütern jeglicher Art zu verstehen sei und
der Wortteil "Markt" nur auf eine gewisse Größe oder Großflächigkeit des Betriebes hindeute,
noch aus der Änderung des § 11 Abs. 3 BauNVO 1968 durch die BauNVO 1977. Die Erset-
zung des Begriffs des Verbrauchermarkts durch denjenigen der großflächigen Handelsbe-
triebe habe lediglich der Klarstellung gedient, dass auf die großflächige Erscheinungsform
und nicht auf die Betriebsform abzustellen sei.
Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegeh-
ren weiter.
II.
Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat im Einklang mit Bundesrecht ent-
schieden, dass die Klägerin keinen Anspruch auf den beantragten Bauvorbescheid hat.
Die Bauvoranfrage scheitert daran, dass die geplante Erweiterung des vorhandenen Fach-
marktes für Fahrräder, Sportartikel und Sportbekleidung mit § 30 Abs. 1 BauGB nicht verein-
bar ist. Sie widerspricht den Festsetzungen des – qualifizierten - Bebauungsplans ... der
Gemeinde D. vom 11. September 1973. Der Plan weist das Grundstück der Klägerin als In-
dustriegebiet aus. Nach § 9 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO in der maßgeblichen Fassung der Be-
kanntmachung vom 26. November 1968 (BGBl I S. 1233) - BauNVO 1968 - sind in Industrie-
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gebieten Gewerbebetriebe aller Art mit Ausnahme von Einkaufszentren und Verbraucher-
märkten im Sinne des § 11 Abs. 3, Lagerhäuser, Lagerplätze und öffentliche Betriebe zuläs-
sig. Nach § 11 Abs. 3 BauNVO 1968 sind Einkaufszentren und Verbrauchermärkte, die au-
ßerhalb von Kerngebieten errichtet werden sollen und die nach Lage, Umfang und Zweckbe-
stimmung vorwiegend der übergemeindlichen Versorgung dienen sollen, als Sondergebiete
darzustellen und festzusetzen. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Fachmarkt
der Klägerin vorwiegend auf einen übergemeindlichen Kundenkreis ausgerichtet ist. Entge-
gen der Ansicht der Revision erfüllt er auch den Begriff des Verbrauchermarkts (für die Aner-
kennung von Märkten mit einem speziellen "Non-food-Angebot" als Verbrauchermarkt auch
Grae, Einkaufszentrum und Verbrauchermarkt im System des Planungsrechts, Diss. Münster
1981; S. 5 f.; Thies, Einzelhandelsgroßbetriebe im Städtebaurecht, S. 17; Leder, Baunut-
zungsverordnung/Planzeichenverordnung, 4. Aufl., § 11 BauNVO Rn. 28, 29). Zwar scheint
sich inzwischen in Handelswissenschaft und -praxis die Definition in Abschnitt V Nr. 10 des
Katalogs E - Begriffsdefinitionen aus der Handels- und Absatzwirtschaft (herausgegeben von
der Katalogkommission für die handels- und absatzwirtschaftliche Forschung beim Bundes-
ministerium für Wirtschaft, 1. Ausgabe Oktober 1970) - durchgesetzt zu haben, nach der un-
ter Verbrauchermärkten Einzelhandelsbetriebe zu verstehen sind, die auf weiträumiger Ver-
kaufsfläche (mindestens 1 000 qm) ein warenhausähnliches Sortiment einschließlich Nah-
rungsmittel vorwiegend in Selbstbedienung anbieten (vgl. auch Brockhaus, Die Enzyklopädie
in 24 Bänden, Stichwort Verbrauchermarkt; Crone-Erdmann, GewArch 1975, 319 <320>;
Kniep, GewArch 1985, 89 <90 Fn 15>). Auf den heutigen Begriffsinhalt kommt es aber un-
abhängig davon, ob für die Auslegung des Rechtsbegriffs des Verbrauchermarkts überhaupt
auf die Definition der einschlägigen Fachkreise zurückgegriffen werden darf (so BAG, Urteil
vom 8. Februar 1984 - 4 AZR 158/83 - BAGE 45, 121 <130 f.> für eine Regelung in einem
Tarifvertrag), nicht an. Maßgeblich sind die Vorstellungen des Verordnungsgebers bei Erlass
der BauNVO 1968. Aus der Entwurfsbegründung ergibt sich, dass der Verordnungsgeber
Verbrauchermärkte als "Einkaufsgelegenheiten für Endverbraucher mit der Tendenz zum
Verkauf in größeren Mengen bei einem preisgünstigen Angebot" verstanden hat (BRDrucks
402/68, S. 5). Auf ein hauptsächlich auf Lebensmittel und verwandte Waren ausgerichtetes
oder insgesamt warenhausähnliches Sortiment hat er nicht abgestellt.
Seine Zurückhaltung lässt sich mit der damaligen Unsicherheit von Handelswissenschaft und
–praxis erklären, die Erscheinungsform der Verbrauchermärkte, die insbesondere im Jahr
1967 als Folge neuartiger Marketingkonzeptionen auf dem Markt erschienen waren, begriff-
lich zu erfassen. Die Schwierigkeiten, einen Begriff des Verbrauchermarkts zu erarbeiten,
beruhten darauf, dass die neue Vertriebsform die üblicherweise zur Beschreibung von Ein-
zelhandelsbetrieben verwendeten Strukturmerkmale wie z.B. Verkaufsfläche, Standort, Park-
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raum, Sortiment, Art des Kundenkreises, Bau- und Finanzträgerschaft, Untervermietung von
Abteilungen in wechselnder Form verwirklichte (Gerlach, Die Verbrauchermärkte – ein neu-
zeitliches Distributionssystem im Einzelhandel der Bundesrepublik Deutschland, Diss.
Winterthur 1976, S. 3). Die zahlreichen Vorschläge für eine Definition (vgl. im Einzelnen Ger-
lach, a.a.O., S. 3 - 8) belegen, dass sich im Jahr 1968 noch kein fest umrissener und allge-
mein anerkannter Verbrauchermarktbegriff entwickelt hatte. Auch der Verordnungsgeber hat
ihm keine Konturenschärfe verliehen. Er hat sich lediglich darauf festgelegt, dass ein Ver-
brauchermarkt ein Einzelhandelsbetrieb ist, der sich von den ehemals vorherrschenden
Formen wohnungsnaher Einzelhandelsbetriebe und Läden unterscheidet, die in die aus-
schließlich, überwiegend oder zumindest auch dem Wohnen dienenden Gebiete gehören
und dort typischerweise auch zu finden sind. Das maßgebende Abgrenzungsmerkmal ist die
Großflächigkeit. Ein Verbrauchermarkt verfügt über eine größere Verkaufsfläche als die Ein-
zelhandelsbetriebe der wohnungsnahen Versorgung, deren Verkaufsflächen-Obergrenze
nicht wesentlich unter 700 qm, aber auch nicht wesentlich darüber liegen dürfte (BVerwG,
Urteil vom 22. Mai 1987 - BVerwG 4 C 19.85 - BRS 47 Nr. 56). Dagegen kommt es auf
Merkmale wie aggressive Preispolitik, Tendenz zum Verkauf in größeren Mengen und Ein-
kauf im Wege der Selbstbedienung nicht an. Sie sind keine begrifflichen Voraussetzungen
für das Vorliegen eines Verbrauchermarkts, sondern beschreiben, ebenso wie das Angebot
auch von Lebensmitteln, dessen häufige Erscheinungsformen (vgl. BVerwG, Beschluss vom
25. Juli 1986 - BVerwG 4 B 144.86 - ZfBR 1986, 243 = NVwZ 1987, 50 <51>). Es lag in der
Absicht des Verordnungsgebers, den noch in den Anfängen steckenden Verbrauchermarkt-
begriff für die weiteren absatzwirtschaftlichen Entwicklungen offen zu halten. Wegen der dem
Begriff beigelegten "Dynamik" ist es ohne Belang, dass es die jetzt als Fachmärkte bezeich-
neten Betriebe im Jahr 1968 - unstreitig - noch nicht gab.
Die Änderung des § 11 Abs. 3 BauNVO 1968 durch die Baunutzungsverordnung in der Fas-
sung der Bekanntmachung vom 15. September 1977 (BGBl I S. 1763) - BauNVO 1977 -
lässt nicht den Rückschluss zu, dass die Fachmärkte dem Anwendungsbereich der Vor-
schrift ursprünglich entzogen waren. Die BauNVO 1977 ersetzte den Begriff des Verbrau-
chermarkts durch denjenigen des großflächigen Handelsbetriebes und unterteilte diesen in
die Untergruppen der großflächigen Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Um-
fang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die
städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken können, und der
sonstigen großflächigen Handelsbetriebe, die im Hinblick auf den Verkauf an letzte Verbrau-
cher und auf die Auswirkungen den großflächigen Einzelhandelsbetrieben vergleichbar sind.
Ferner bestimmte sie, was unter Auswirkungen im diesem Sinne zu verstehen ist, und führte
für Betriebe mit einer Geschossfläche von mehr als 1 500 qm eine Vermutungsregelung für
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das Vorliegen solcher Auswirkungen ein. Nach der Entwurfsbegründung war Anlass für diese
Neuerungen die Erkenntnis, dass angesichts der Entwicklung neuer Verkaufsformen mit der
Beschränkung auf Verbrauchermärkte der Kreis entsprechender Anlagen, die einer vorsorg-
lichen städtebaulichen Planung bedurften, nicht voll erfasst wurde und daher nicht mehr al-
lein auf die Betriebsform abgestellt werden konnte (BRDrucks 261/77, S. 36). Hieraus ist
indessen nicht zu folgern, die Novellierung des § 11 Abs. 3 BauNVO habe die Ausdehnung
des Anwendungsbereichs auf die neu auf den Markt drängenden Fachmärkte zum Ziel ge-
habt (a.A. Schenke, UPR 1986, 281 <288>). Wie sich der Entwurfsbegründung (a.a.O.) ent-
nehmen lässt, hielt der Verordnungsgeber den Begriff des Verbrauchermarkts deshalb für zu
eng, weil dieser nur Einkaufsgelegenheiten für Endverbraucher erfasste, nicht jedoch die
häufig anzutreffenden Mischformen zwischen Groß- und Einzelhandel, die - meist mit Hilfe
von Einkaufsberechtigungen - z.B. allen Gewerbetreibenden, Dienstleistungsunternehmen
usw. auch die Deckung des privaten Bedarfs an allgemeinen Gebrauchsgütern und gegebe-
nenfalls Lebensmitteln ermöglichen. Anlässlich der Erweiterung des Geltungsbereichs des
§ 11 Abs. 3 BauNVO auf diese Mischformen wählte er den Begriff "Einzelhandelsbetriebe",
um damit in Anknüpfung an den Begriff in § 6a Abs. 1 des Gesetzes gegen den unlauteren
Wettbewerb klarzustellen, dass Betriebe gemeint sind, die letzte Verbraucher beliefern
(BRDrucks, a.a.O.). Eine inhaltliche Abweichung von dem bis dahin verwandten Begriff des
Verbrauchermarkts beabsichtigte er nicht.
Die Einbeziehung von Fachmärkten in den Regelungsbereich des § 11 Abs. 3 BauNVO 1968
ist auch nach Sinn und Zweck der Vorschrift geboten. Deren Ziel war es, großflächige Ein-
zelhandelsbetriebe wegen möglicher negativer Auswirkungen auf die Umgebung aus Ge-
werbegebieten und Industriegebieten fernzuhalten (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Februar 1984
- BVerwG 4 C 54.80 - BVerwGE 68, 342 <350> zu § 11 Abs. 3 BauNVO 1977). Der Verord-
nungsgeber hatte frühzeitig erkannt, dass die Ansiedlung solcher Betriebe in den genannten
- städtebaulich häufig nicht integrierten - Baugebieten infolge ihrer Anziehungswirkung auf
die Bevölkerung als günstige und attraktive Einkaufsstätten die Wirtschaftsstruktur der Um-
gebung beeinträchtigen, insbesondere die Entwicklung einer Gemeinde als wirtschaftlicher,
geistiger und sozialer Schwerpunkt der Umgebung zunichte machen können (BRDrucks
402/68, S. 5). Namentlich können für die Versorgung der Bevölkerung Nachteile daraus er-
wachsen, dass die wirtschaftliche Existenz kleiner, fußläufig erreichbarer Einzelhandelsbe-
triebe infolge der Ansiedlung von Großbetrieben in Ortsrandlagen bedroht wird und deshalb
eine bedarfsgerechte wohnungsnahe Versorgung nicht mehr gewährleistet ist (Stock in:
König/Roeser/Stock, BauNVO, § 11 Rn. 70). Dem Verordnungsgeber war ferner bewusst,
dass die Errichtung großflächiger Einzelhandelsbetriebe Auswirkungen auf die örtliche und
überörtliche Verkehrsplanung haben bzw. ihr zuwiderlaufen kann, weil eine Erhöhung des
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Verkehrsaufkommens auf den umliegenden Zufahrtsstraßen zu erwarten ist (BRDrucks
402/68, S. 6). Der Senat folgt dem Berufungsgericht darin, dass die unerwünschten Folgen,
die mit Hilfe des § 11 Abs. 3 BauNVO 1968 vermieden werden sollten, auch bei Einzelhan-
delsbetrieben auftreten können, die nur das Sortiment einer bestimmten Warengruppe auf
großer Fläche anbieten. Dies gilt um so eher, je größer der Betrieb ist. Es steht außer Frage
und wird auch von der Revision nicht in Abrede gestellt, dass ein Fachmarkt, der - wie derje-
nige der Klägerin nach der Erweiterung - eine Geschossfläche von ca. 9 000 qm aufweist,
eine städtebaulich problematische Größenordnung erreicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Paetow Lemmel Halama
Gatz RiBVerwG Dr. Jannasch
ist wegen Urlaubs gehin-
dert zu unterschreiben.
Paetow
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 102 000 € festgesetzt.
Paetow Lemmel Halama
Gatz RiBVerwG Dr. Jannasch
ist wegen Urlaubs gehin-
dert zu unterschreiben.
Paetow