Urteil des BVerwG vom 26.03.2014

Aufschub, Aussetzen, Dringlichkeit, Allgemeininteresse

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 6 PB 7.14
OVG 8 Bf 107/12.PVL
In der Personalvertretungssache
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 26. März 2014
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Hahn und
Prof. Dr. Hecker
beschlossen:
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Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulas-
sung der Rechtsbeschwerde in dem Beschluss des Ham-
burgischen Oberverwaltungsgerichts - Fachsenat nach
dem Hamburgischen Personalvertretungsgesetz - vom
9. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
Die allein erhobene Grundsatzrüge greift nicht durch. Der geltend gemachte
rechtsgrundsätzliche Klärungsbedarf im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG im
Hinblick auf die Vorschrift des § 82 Satz 1 HmbPersVG liegt nicht vor.
Gemäß § 82 Satz 1 HmbPersVG kann die Dienststelle bei Maßnahmen, die der
Natur der Sache nach keinen Aufschub dulden, bis zur endgültigen Entschei-
dung vorläufige Regelungen treffen. Der Antragsteller hält der Sache nach für
klärungsbedürftig, ob die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs
gemäß § 3 Abs. 7 TV-L i.V.m. § 48 Satz 1 BeamtStG gegenüber einem Be-
schäftigten, die während eines noch laufenden Mitbestimmungsverfahrens zur
Abwendung eines Anspruchsverfalls nach § 37 Abs. 1 Satz 1 TV-L erfolgt, auch
dann eine der Natur der Sache nach keinen Aufschub duldende Maßnahme im
Sinne von § 82 Satz 1 HmbPersVG darstellt, wenn die Dienststelle bei nicht
zögerlicher Bearbeitung der Schadensangelegenheit das Mitbestimmungsver-
fahren zu einem Zeitpunkt hätte einleiten können, der dem Personalrat eine
Entscheidung „im Laufe der verbleibenden Frist“ ermöglicht hätte (vgl. Be-
schwerdebegründung S. 4).
Die damit aufgezeigte Frage erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2
Nr. 1 ArbGG. Durch die Senatsrechtsprechung ist bereits geklärt, dass bei der
Beurteilung, ob eine Maßnahme im Sinne von § 82 Satz 1 HmbPersVG ohne
Aufschub geboten ist, aus Rücksicht auf die mit ihr verfolgten öffentlichen Be-
lange allein auf die objektiven Gegebenheiten abzustellen ist, nicht hingegen
darauf, ob die Dringlichkeit die Folge vorausgegangener behördlicher Ver-
säumnisse ist (Beschlüsse vom 4. Februar 1992 - BVerwG 6 PB 20.91 -
Buchholz 251.4 § 82 HmbPersVG Nr. 1 S. 1, vom 20. Juli 1984 - BVerwG
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6 P 16.83 - Buchholz 238.3A § 75 BPersVG Nr. 30 S. 25
BVerwGE 70, 1> sowie vom 25. Oktober 1979 - BVerwG 6 P 53.78 - Buchholz
238.3A § 69 BPersVG Nr. 3 S. 3). Diese Maßgabe ist in der Senatsrechtspre-
chung auch auf den speziellen Fall der Geltendmachung von Schadensersatz-
ansprüchen, deren Verjährung droht, angewandt worden (Beschluss vom
25. Oktober 1979 a.a.O.). Der Senat sieht keine Veranlassung, von dieser Aus-
legung abzurücken. Dem Oberverwaltungsgericht ist darin beizupflichten, dass
das von § 82 Satz 1 HmbPersVG geschützte Allgemeininteresse an der effekti-
ven behördlichen Aufgabenerledigung nicht an Gewicht verliert, weil die Dienst-
stelle früher hätte handeln müssen. Dem kollektiven Schutzinteresse des betrof-
fenen Beschäftigten, dem § 82 Satz 1 HmbPersVG gleichfalls Rechnung tragen
soll, wird dadurch hinreichend Genüge getan, dass nach dieser Vorschrift die
Dienststelle grundsätzlich nur befugt ist, vorläufige Regelungen zu treffen. Wie
das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, folgt hieraus für den vor-
liegenden Fall, dass die Dienststelle die Durchsetzung des Anspruchs zunächst
aussetzen und vom Ausgang des eingeleiteten Mitbestimmungsverfahrens ab-
hängig machen muss (vgl. Beschluss vom 25. Oktober 1979 a.a.O. S. 5).
Büge
Hahn
Prof. Dr. Hecker