Urteil des BVerwG vom 20.02.2014

Grundsatz der Prozessökonomie, Anwaltskosten, Verwaltungsprozess, Rechtsquelle

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 6 PB 39.13
OVG 17 LP 3/12
In der Personalvertretungssache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 20. Februar 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge und Dr. Möller
beschlossen:
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulas-
sung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Nieder-
sächsischen Oberverwaltungsgerichts (Fachsenat für Per-
sonalvertretungssachen des Bundes) vom 25. September
2013 wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung der Rechtsbe-
schwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG
i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg. Die allein erhobene Grundsatzrü-
ge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG greift nicht durch.
1. Der Antragsteller will sinngemäß geklärt wissen, ob der Dienststellenleiter in
einem personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren, in welchem der Per-
sonalrat ein Sachanliegen verfolgt, im Wege des Widerantrages geltend ma-
chen kann, dass er nicht verpflichtet ist, den Personalrat von den außergericht-
lichen Kosten des Verfahrens freizustellen. Diese Frage ist anhand bereits vor-
liegender Senatsrechtsprechung ohne Weiteres zu bejahen, so dass es zu ihrer
Klärung der Durchführung des Rechtsbeschwerdeverfahrens nicht bedarf.
Für gewöhnlich hat der Personalrat, der im personalvertretungsrechtlichen Be-
schlussverfahren ein bestimmtes Sachanliegen - etwa die Feststellung eines
Mitbestimmungsrechts - verfolgt, keinen Anlass, in diesem Verfahren zugleich
die Feststellung zu beantragen, dass die Dienststelle zur Erstattung der ihm
entstandenen Anwaltskosten verpflichtet ist. Rechtsgrundlage für einen dahin-
gehenden Anspruch ist § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG, wonach die Dienststelle
die durch die Tätigkeit des Personalrats entstehenden Kosten trägt. Nach der
dazu ergangenen Senatsrechtsprechung hat die Dienststelle die außergerichtli-
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chen Kosten, die dem Personalrat durch Beauftragung eines Rechtsanwalts
entstanden sind, immer dann zu tragen, wenn die Rechtsverfolgung nicht von
vornherein aussichtslos war oder mutwillig betrieben wurde. Liegen die letztge-
nannten Voraussetzungen nicht vor, so greift die Erstattungspflicht der Dienst-
stelle selbst dann ein, wenn der Personalrat im Beschlussverfahren unterliegt
(vgl. Beschlüsse vom 11. Oktober 2010 - BVerwG 6 P 16.09 - Buchholz 251.95
§ 17 MBGSH Nr. 1 Rn. 14 ff., vom 29. April 2011 - BVerwG 6 PB 21.10 - Buch-
holz 250 § 44 BPersVG Nr. 39 Rn. 5 und vom 19. September 2012 - BVerwG
6 P 3.11 - Buchholz 250 § 86 BPersVG Nr. 8 Rn. 37). Der Personalrat kann da-
her im Allgemeinen davon ausgehen, dass die Dienststelle ihn nach Abschluss
des Verfahrens von den Anwaltskosten freistellt, falls nicht ohnehin bereits vor
Einleitung des Verfahrens eine entsprechende Kostenzusage erteilt wird. Eines
zusätzlichen auf Kostenerstattung gerichteten Antrages bedarf es daher regel-
mäßig nicht.
Anders liegt es freilich, wenn die Dienststelle bereits vor Einleitung des Verfah-
rens die Kostenübernahme abgelehnt hat oder eine entsprechende Erklärung
während des Verfahrens abgibt. In einem solchen Fall ist es dem Personalrat
unbenommen, sein Sachanliegen - etwa Feststellung eines Mitbestimmungs-
rechts - mit einem weiteren Antrag zu verbinden, welcher auf Freistellung von
den Rechtsanwaltskosten gerichtet ist (vgl. Beschluss vom 19. September 2012
a.a.O. Rn. 9 und 37). Für ein solches Begehren besteht ein Rechtsschutzbe-
dürfnis, weil zur Klärung der Kostentragungspflicht in den genannten Fällen ei-
ne gerichtliche Entscheidung unvermeidlich ist. Einen dahingehenden weiteren
Antrag zuzulassen, ist im Übrigen ein Gebot der Prozessökonomie, weil das mit
dem Hauptanliegen befasste Gericht gut beurteilen kann, ob der Kostenüber-
nahme durch die Dienststelle die Gesichtspunkte der Aussichtslosigkeit oder
Mutwilligkeit entgegenstehen (vgl. Beschluss vom 19. September 2012 a.a.O.
Rn. 38 f.). Es entspricht ebenfalls dem Grundsatz der Prozessökonomie und
zudem der prozessualen Waffengleichheit, ein korrespondierendes negatives
Feststellungsbegehren des Dienststellenleiters im Wege des Widerantrages
zuzulassen, wenn der antragstellende Personalrat von einem positiven auf Kos-
tenübernahme gerichteten Antrag absieht (vgl. in diesem Zusammenhang Be-
schluss vom 14. Januar 2010 - BVerwG 6 P 10.09 - juris Rn. 28 m.w.N., inso-
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weit bei BVerwGE 136, 29 und Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 110 nicht ab-
gedruckt).
Der Senatsbeschluss vom 6. Februar 2009 - BVerwG 6 P 2.09 - (Buchholz
251.6 § 83 NdsPersVG Nr. 2), auf welchen der Antragsteller im Schriftsatz vom
4. Februar 2014 nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist hingewiesen hat,
steht nicht entgegen. Dort ist lediglich klargestellt, dass im personalvertretungs-
rechtlichen Beschlussverfahren kein Raum ist für eine Entscheidung des Ge-
richts über die Erstattung außergerichtlicher Kosten. Gemeint ist damit die Ne-
benentscheidung des Gerichts über Kosten, wie sie sonst im Zivil- oder Verwal-
tungsprozess üblich ist (vgl. Beschluss vom 11. Oktober 2010 a.a.O. Rn. 22).
Dass der materielle Kostenerstattungsanspruch des Personalrats aus § 44
Abs. 1 Satz 1 BPersVG im Wege eines eigenständigen Antrages mit dem An-
trag des primären Anliegens verbunden werden kann, wenn er im Zeitpunkt der
gerichtlichen Entscheidung zwischen den Beteiligten streitig ist, wird damit nicht
ausgeschlossen.
2. Im Übrigen erschöpfen sich die Ausführungen in der Beschwerdebegründung
darin, den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts nach Art einer Berufung in
tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht anzugreifen. Damit wird den Anforderun-
gen an die Darlegung eines Zulassungsgrundes nicht Rechnung getragen
(§ 72a Abs. 3 Satz 2, § 92a Satz 2 ArbGG).
Neumann
Büge
Dr. Möller
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Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
Personalvertretungsrecht
Fachpresse: ja
Rechtsquelle:
BPersVG
§ 44
Stichworte:
Personalvertretungsrechtliches Beschlussverfahren; Rechtsanwaltskosten des
Personalrats; Widerantrag des Dienststellenleiters.
Leitsatz:
Der Dienststellenleiter kann in einem personalvertretungsrechtlichen Be-
schlussverfahren, in welchem der Personalrat ein Sachanliegen verfolgt, im
Wege des Widerantrages geltend machen, dass er nicht verpflichtet ist, den
Personalrat von den außergerichtlichen Kosten des Verfahrens freizustellen.
Beschluss des 6. Senats vom 20. Februar 2014 - BVerwG 6 PB 39.13
I. VG Osnabrück vom 08.05.2012 - Az.: VG 7 A 26/12 -
II. OVG Lüneburg vom 25.09.2013 - Az.: OVG 17 LP 3/12 -