Urteil des BVerwG vom 18.11.2013

Faber, Rüge, Ausschluss, Einfluss

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 6 PB 32.13
OVG 4 A 10352/13
In der Personalvertretungssache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. November 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge und Dr. Möller
beschlossen:
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Die Beschwerde der Antragsteller zu 1 bis 41 gegen die
Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des
Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz (Fachsenat für
Personalvertretungssachen-Bund) vom 26. Juni 2013 wird
als unzulässig verworfen.
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Antragstellerin zu 42
wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Rechtsbe-
schwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG
i.V.m. § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg.
1. Die Beschwerde der Antragsteller zu 1 bis 41 ist als unzulässig zu verwerfen,
weil sie nicht statthaft ist (§ 72a Abs. 5 Satz 3, § 92a Satz 2 ArbGG).
Ausweislich ihrer Beschwerdebegründung erheben die Antragsteller zu 1 bis 41
allein eine Divergenzrüge, welche sie ausschließlich auf den Beschluss des
Oberverwaltungsgerichts Koblenz vom 4. Dezember 1978 - 5 A 10/78 -
(PersV 1980, 474) stützten. Nach der Regelung in § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 92
Abs. 1 Satz 2 ArbGG, welche gemäß § 83 Abs. 2 BPersVG im personalvertre-
tungsrechtlichen Beschlussverfahren entsprechend anzuwenden ist, kann sich
der Beschwerdeführer auf die Abweichung von einer Entscheidung eines ande-
ren Senats desselben Oberverwaltungsgerichts oder eines anderen Oberwal-
tungsgerichts nur berufen, solange eine Entscheidung des Bundesverwaltungs-
gerichts in der Rechtsfrage nicht ergangen ist. Zwar handelt es sich bei dem
zitierten Beschluss des Oberverwaltungsgerichts um eine Entscheidung des
Fachsenats für Landespersonalvertretungssachen, während im vorliegenden
Verfahren der Fachsenat für Bundespersonalvertretungssachen entschieden
hat. Doch liegt zu der hier in Rede stehenden Frage, unter welchen Vorausset-
zungen eine grobe Verletzung gesetzlicher Pflichten anzunehmen ist, welche
die Auflösung des Personalrats oder den Ausschluss eines Mitgliedes aus dem
Personalrat nach § 28 Abs. 1 BPersVG und vergleichbaren Bestimmungen der
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Landespersonalvertretungsgesetze rechtfertigt, einschlägige Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts vor (vgl. Beschlüsse vom 14. Februar 1969
- BVerwG 7 P 11.67 - BVerwGE 31, 298 = Buchholz 238.3 § 26 PersVG Nr. 7,
vom 27. November 1981 - BVerwG 6 P 38.79 - Buchholz 238.31 § 28
BaWüPersVG Nr. 1 S. 4 ff., vom 22. August 1991 - BVerwG 6 P 10.90 -
Buchholz 250 § 67 BPersVG Nr. 7 S. 5 u. S. 8 sowie vom 14. April 2004
- BVerwG 6 PB 1.04 - Buchholz 250 § 28 BPersVG Nr. 5). Allenfalls auf diese
Entscheidungen hätten die Antragsteller zu 1 bis 41 eine Abweichungsrüge
stützen können.
2. Die Beschwerde der Antragstellerin zu 42 bleibt gleichfalls ohne Erfolg. Die
allein erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2
ArbGG greift nicht durch.
a) Soweit sich die Rüge auf fehlende bzw. mangelhafte Sitzungsniederschriften
bezieht (BA S. 23 ff.), ist sie bereits unzulässig. In dieser Hinsicht genügt die
Beschwerdebegründung der Antragstellerin zu 42 nicht den Anforderungen,
welche an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtsfrage zu
stellen sind (§ 72a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, § 92a Satz 2 ArbGG). Die Ausführungen
in der Beschwerdebegründung (S. 5 ff.) lassen die - ausdrückliche oder sinn-
gemäße - Formulierung einer fallübergreifenden Rechtsfrage vermissen. Der
Senat vermag daher nicht zu beurteilen, ob der vorliegende Fall Anlass zur Klä-
rung einer Rechtsfrage bietet, welche wegen ihrer tatsächlichen Auswirkungen
von allgemeinem Interesse ist, oder ob es nur um die zutreffende Würdigung
der Umstände des Einzelfalls geht (vgl. in diesem Zusammenhang Beschluss
vom 12. August 1988 - BVerwG 6 P 5.87 - BVerwGE 80, 50 <54> = Buchholz
250 § 28 BPersVG Nr. 2 S. 3 f.). Letztere vermag die Zulassung der Rechtsbe-
schwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht zu rechtfertigen.
Die Darstellung in der Beschwerdebegründung erschöpft sich im Wesentlichen
darin, die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts nach Art einer Berufung
in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht anzugreifen. Die gebotene Formulie-
rung einer fallübergreifenden Rechtsfrage lässt sich nicht mittelbar daraus her-
leiten, dass sich die Antragstellerin zu 42 in ihrer Beschwerdebegründung (S. 6)
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zur Stützung ihrer vom Oberverwaltungsgericht abweichenden Beurteilung auf
mehrere Kommentierungen zum Bundespersonalvertretungsgesetz beruft
(Faber, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonal-
vertretungsgesetz, § 41 Rn. 20; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD Band V,
K § 41 Rn. 22; Jacobs, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht,
4. Aufl. 2012, § 41 Rn. 26). Diese Erläuterungen sind offen formuliert. Ihnen
liegt ersichtlich die Auffassung zu Grunde, dass es von den Umständen des
Einzelfalls abhängt, ob die Verletzung der Protokollierungspflicht Sanktionen
nach § 28 Abs. 1 BPersVG nach sich ziehen kann.
b) Die vorstehenden Ausführungen gelten entsprechend, soweit sich die
Grundsatzrüge auf die digitale Dienstkarte bezieht (BA S. 25). In der Beschwer-
debegründung (S. 7 f.) wird nicht ansatzweise dargelegt, dass die Frage nach
einem Ausschluss aus dem Personalrat wegen Weigerung der Beteiligten zu 2,
sich zwecks Fertigung einer digitalen Dienstkarte registrieren zu lassen, wegen
ihrer tatsächlichen Auswirkungen von allgemeinem Interesse ist.
c) Schließlich ist die Rüge jedenfalls unbegründet, soweit sie sich auf das Stel-
lenbesetzungsverfahren bezieht, von welcher die Beteiligte zu 2 selbst betroffen
war (BA S. 27 f.).
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Die Antragstellerin zu 42 will geklärt wissen, „inwieweit allein die Tatsache, dass
eine Personalratsvorsitzende sich um eine ausgeschriebene Stelle bewirbt und
nichtsdestotrotz im Personalvertretungsverfahren mitwirkt, wegen grober Ver-
letzung seiner gesetzlichen Pflichten aus dem Personalrat ausgeschlossen
werden kann“ (S. 9 der Beschwerdebegründung). Diese Frage ist nicht ent-
scheidungserheblich. Der angefochtene Beschluss hängt davon nicht ab.
Das Oberverwaltungsgericht hat keine Pflichtverletzung darin gesehen, dass
die Beteiligte zu 2 die schriftliche Unterrichtung der Antragstellerin zu 42 über
die Zustimmungsverweigerung des Beteiligten zu 1 unterzeichnet hat, weil sie
dabei gemäß § 32 Abs. 3 BPersVG nicht Vertreterin im Willen, sondern lediglich
Vertreterin in der Erklärung war. Dass diese Beurteilung zutrifft, ist höchstrich-
terlich geklärt (vgl. BAG, Beschluss vom 19. März 2003 - 7 ABR 15/02 - BAGE
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105, 311 <314 f.>). Hingegen hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt,
dass die Beteiligte zu 2 auf die Entscheidung des Beteiligten zu 1 Einfluss ge-
nommen hat. Zu dahingehenden Ermittlungen sah es sich nicht veranlasst, oh-
ne dass dagegen in der Beschwerdebegründung zulässige und begründete Rü-
gen vorgebracht werden.
Neumann
Büge
Dr. Möller