Urteil des BVerwG vom 12.01.2009

Freies Ermessen, Mehrheit, Vorrang, Verfügung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 6 PB 24.08
OVG 16 A 2260/08.PVL
In der Personalvertretungssache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 12. Januar 2009
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge und
Vormeier
beschlossen:
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen die Nichtzu-
lassung der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Fach-
senats für Landespersonalvertretungssachen des Ober-
verwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen
vom 18. September 2008 wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
Die Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen die Nichtzulassung der Rechtsbe-
schwerde durch das Oberverwaltungsgericht gemäß § 79 Abs. 2 Satz 1
NWPersVG in Verbindung mit § 92a Satz 1 ArbGG hat keinen Erfolg. Die allein
erhobene Grundsatzrüge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG
greift nicht durch. Die in der Rechtsbeschwerdebegründung aufgeworfene
Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung.
Der Beteiligte zu 1 will geklärt wissen, ob § 42 Abs. 3 Satz 2 NWPersVG dahin
auszulegen ist, dass bei der Freistellung die von den Gruppenvertretern im
Personalrat gewählten Vorstandsmitglieder vor den vom Personalratsplenum
hinzugewählten Vorstandsmitgliedern (Ergänzungsmitgliedern) zu berücksichti-
gen sind. Diese Frage ist eindeutig im Sinne des Oberverwaltungsgerichts zu
beantworten, so dass es einer Klärung im Rechtsbeschwerdeverfahren nicht
bedarf.
1. Entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 1 ist der Wortlaut der Regelung
in § 42 Abs. 3 Satz 2 NWPersVG hier unergiebig. Nach dieser Vorschrift sind
bei der Freistellung zunächst die gewählten Vorstandsmitglieder zu berücksich-
tigen. Die übrigen Freistellungen richten sich nach der Gruppenstärke (§ 42
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Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 NWPersVG). Die zitierten Bestimmungen regeln, wie zu
verfahren ist, wenn die Zahl der Freistellungen die Zahl der Vorstandsmitglieder
erreicht oder überschreitet. Dies ist bei großen Dienststellen mit mehr als 2 000
Beschäftigten (Beamte und Arbeitnehmer), einem vierköpfigen „erweiterten“
Personalratsvorstand und mindestens vier Freistellungen der Fall (§§ 6, 13
Abs. 3, § 29 Abs. 1 und 4, § 42 Abs. 4 Satz 4 NWPersVG). In diesen Fällen
sind alle vier Vorstandsmitglieder freizustellen. Etwaige weitere zur Verfügung
stehende Freistellungen („die übrigen Freistellungen“) sind nach Gruppenstärke
zu vergeben. Der Wortlaut der Regelung in § 42 Abs. 3 Satz 2 und 3 Halbs. 1
NWPersVG ist somit eindeutig, soweit er für die Freistellungen den Vorrang der
Vorstandsmitglieder gegenüber sonstigen Personalratsmitgliedern ausspricht.
Zur Auswahl unter den Vorstandsmitgliedern, wenn diese nicht alle freigestellt
werden können, trifft er keine Aussage. Diese Frage muss daher mit Hilfe der
anderen Auslegungsmethoden beantwortet werden.
2. Bereits die Rechtssystematik spricht deutlich für die Auffassung der Vorin-
stanzen, wonach die Gruppensprecher in aller Regel vorab, mithin im Verhältnis
zu den Ergänzungsmitgliedern des Vorstands vorrangig freizustellen sind. Die
Regelung in § 42 Abs. 3 Satz 2 NWPersVG verweist der Sache nach auf die
Bestellung des Personalratsvorstandes. Diese vollzieht sich bei großen
Personalräten ab elf Mitgliedern in zwei getrennten Verfahrensabschnitten nach
jeweils verschiedenen Grundsätzen. Während die ersten beiden Vorstandsmit-
glieder („Gruppensprecher“) jeweils von den beiden im Personalrat vertretenen
Gruppen gewählt werden (§ 29 Abs. 1 Satz 3 NWPersVG), genügt für die bei-
den Ergänzungsmitglieder die Mehrheit im Personalratsplenum (§ 29 Abs. 4
Satz 1 NWPersVG). Für deren Mitgliedschaft im Vorstand ist es daher nicht
erforderlich, dass sie das Vertrauen der Mehrheit derjenigen Gruppe genießen,
der sie angehören. Für sie gilt das Gruppenprinzip nicht. Diesem kommt aber
für die Geschäftsführung des Personalrats erhebliche Bedeutung zu. Wichtigste
Bestimmung ist hier § 34 Abs. 2 Satz 1 NWPersVG; aus ihr ergibt sich, dass in
Gruppenangelegenheiten nicht gegen den Willen der Mehrheit der betroffenen
Gruppe im Personalrat entschieden werden kann. Folgerichtig bestimmt § 29
Abs. 3 Satz 2 NWPersVG, dass in Gruppenangelegenheiten der Personalrats-
vorsitzende, sofern er nicht selbst der betroffenen Gruppe angehört, gemein-
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sam mit einem der Gruppe angehörenden Vorstandsmitglied den Personalrat
vertritt. Ferner schreibt § 29 Abs. 2 Satz 3 NWPersVG vor, dass der stellvertre-
tende Personalratsvorsitzende in der Regel aus derjenigen Gruppe kommen
muss, welcher der Personalratsvorsitzende nicht angehört. Weitere Rechte für
die Mehrheit der Gruppenvertreter im Personalrat beziehen sich auf die Anbe-
raumung einer Personalratssitzung und die Bestimmung der Tagesordnung
(§ 30 Abs. 3 NWPersVG), die Teilnahme von Gewerkschaften an Personalrats-
sitzungen (§ 32 Abs. 1 NWPersVG) und die Aussetzung von Personalratsbe-
schlüssen (§ 35 Abs. 1 und 2 NWPersVG). Der Gesamtheit der zitierten Be-
stimmungen ist bereits in rechtssystematischer Hinsicht ein wichtiger Hinweis
dafür zu entnehmen, dass dem Gruppenprinzip nicht nur formell, sondern
- durch Anknüpfung an die Mehrheitsbildung innerhalb der Gruppe - effektiv
Geltung verschafft werden soll.
3. Die Gesetzesgeschichte gebietet die Bevorzugung der Gruppensprecher.
Die aktuelle Fassung des nordrhein-westfälischen Personalvertretungsgeset-
zes, welches ganz wesentlich auf dem Gesetz zur Änderung des Personalver-
tretungsrechts und schulrechtlicher Vorschriften vom 9. Oktober 2007,
GV. NRW. S. 394, beruht, ist am Vorbild des Bundespersonalvertretungsgeset-
zes ausgerichtet (vgl. LTDrucks 14/4239 S. 85). So stimmt die Vorschrift über
den Personalratsvorstand (§ 29 NWPersVG) wörtlich mit §§ 32, 33 BPersVG
überein (vgl. LTDrucks 14/4239 S. 91). Die hier im Mittelpunkt stehende Rege-
lung in § 42 Abs. 3 Satz 2 NWPersVG, wonach bei der Freistellung zunächst
die gewählten Vorstandsmitglieder zu berücksichtigen sind, stimmt zwar nicht
mit § 46 Abs. 3 Satz 2 BPersVG in seiner heutigen Fassung, wohl aber sinn-
gemäß mit § 46 Abs. 3 Satz 2 BPersVG in seiner ursprünglichen, bis 14. Juli
1989 geltenden Fassung vom 15. März 1974, BGBl I S. 693, überein, wonach
bei der Freistellung zunächst der Vorsitzende und die übrigen Vorstandsmit-
glieder, sodann die Gruppen angemessen zu berücksichtigen waren. Unter der
Geltung dieser Fassung des Bundespersonalvertretungsgesetzes war in der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass in erster Linie
die von den Gruppen in den Vorstand gewählten Mitglieder für eine Freistellung
vorzuschlagen waren. Freilich war dieser Vorrang kein absoluter. Der Personal-
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rat konnte die Gruppensprecher übergehen und stattdessen die Ergänzungs-
mitglieder für die Freistellung vorschlagen, wenn stichhaltige Gründe dies recht-
fertigten (vgl. Beschlüsse vom 26. Oktober 1977 - BVerwG 7 P 19.76 -
BVerwGE 55, 17 = Buchholz 238.3 A § 46 BPersVG Nr. 1 und vom 2. Mai 1984
- BVerwG 6 P 30.83 - Buchholz 238.3 A § 46 BPersVG Nr. 14 S. 6). An die so
beschriebene Rechtslage nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz in seiner
bis 14. Juli 1989 geltenden Fassung knüpft die neu gefasste Regelung in § 42
Abs. 3 Satz 2 NWPersVG an. Der Landesgesetzgeber wollte dort dem gemäß
§ 29 NWPersVG wieder eingeführten Vorstandsmodell Rechnung tragen und
zugleich das Gruppenprinzip nach dem Vorbild des Bundes stärken (vgl.
LTDrucks 14/4239 S. 92).
Aus dem Vorstehenden ergibt sich ebenfalls, dass der nordrhein-westfälische
Landesgesetzgeber nicht die heute geltende, durch das Gesetz vom 10. Juli
1989, BGBl I S. 1380, geänderte Fassung der Regelung in § 46 Abs. 3 Satz 2
BPersVG übernehmen wollte, wonach bei der Auswahl der freizustellenden
Mitglieder zunächst die nach § 32 Abs. 1 BPersVG gewählten Vorstandsmit-
glieder und sodann die nach § 33 BPersVG gewählten Ergänzungsmitglieder zu
berücksichtigen sind. Diese Regelung ist eindeutig; nach ihr steht dem Perso-
nalrat kein Ermessen zu, statt der Gruppensprecher die Ergänzungsmitglieder
für die Freistellung vorzuschlagen (vgl. Beschluss vom 22. Dezember 1994
- BVerwG 6 P 12.93 - Buchholz 250 § 46 BPersVG Nr. 26 S. 2; Lorenzen, in:
Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertre-
tungsgesetz, § 46 Rn. 64 und 67a; Treber, in: Richardi/Dörner/Weber, Perso-
nalvertretungsrecht, 3. Aufl. 2008, § 46 Rn. 60; Fischer/Goeres/Gronimus, in:
GKÖD Bd. V K § 46 Rn. 52a und 53; Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/Peiseler,
Bundespersonalvertretungsgesetz, 6. Aufl. 2008, § 46 Rn. 62 und 64;
Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 11. Aufl. 2008, § 46 Rn. 18
und 20a). Die Neufassung der Regelung in § 42 Abs. 3 Satz 2 NWPersVG ist
weniger starr formuliert. Ersichtlich wollte der Landesgesetzgeber im Sinne der
zitierten Rechtsprechung zu § 46 Abs. 3 Satz 2 BPersVG a.F. dem Personalrat
Spielraum belassen, von der vorrangigen Berücksichtigung der
Gruppensprecher beim Vorliegen stichhaltiger Gründe zugunsten der Er-
gänzungsmitglieder abzuweichen; den generellen Vorrang der Gruppenspre-
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cher als Ausfluss des Gruppenprinzips wollte er damit nicht in Frage stellen. Die
Nichtübernahme der jetzigen Regelung in § 46 Abs. 3 Satz 2 BPersVG ist daher
nach der dargestellten Gesetzgebungsgeschichte kein tauglicher Beleg dafür,
dass der nordrhein-westfälische Landesgesetzgeber dem Personalrat bei der
Auswahl der Vorstandsmitglieder ein freies Ermessen einräumen wollte.
Die vom Beteiligten zu 1 zitierte „Handlungsempfehlung“ des Innenministeriums
entfaltet im Rahmen der historischen Auslegung keine Aussagekraft. Anders als
der Gesetzentwurf der Landesregierung hat sie dem Landtag nicht bei der
Verabschiedung des Änderungsgesetzes vom 9. Oktober 2007 vorgelegen.
4. Das bereits nach Rechtssystematik und Entstehungsgeschichte naheliegen-
de Auslegungsergebnis wird durch den Sinn und Zweck der Freistellung mit
Rücksicht auf das Gruppenprinzip bestätigt.
Sinn und Zweck der Freistellung lassen sich bereits hinreichend deutlich der
Regelung in § 42 Abs. 3 Satz 1 NWPersVG entnehmen, wonach Mitglieder des
Personalrats von ihrer dienstlichen Tätigkeit ganz oder teilweise freizustellen
sind, wenn und soweit es nach Umfang und Art der Dienststelle zur ordnungs-
gemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Dieser Grundsatz wird
für Dienststellen mit in der Regel mehr als 300 Beschäftigten durch die Freistel-
lungsstaffel gemäß § 42 Abs. 4 Satz 4 NWPersVG konkretisiert, wonach in Ab-
hängigkeit von der Dienststellengröße eine bestimmte Anzahl von Personal-
ratsmitgliedern ganz freizustellen ist. Demnach soll die Freistellung sicherstel-
len, dass der Personalrat die ihm obliegenden Aufgaben wirksam wahrnehmen
kann, wenn der damit verbundene Arbeitsumfang von seinen Mitgliedern neben
der dienstlichen Tätigkeit nicht mehr bewältigt werden kann. Den freigestellten
Mitgliedern wird deshalb die Möglichkeit gegeben, sich besonders eingehend
mit den Fragen des Personalvertretungsrechts und den vom Personalrat zu
bearbeitenden Angelegenheiten zu befassen. Durch diese besonders intensive
Tätigkeit werden sie mit den zu behandelnden Materien eng vertraut, so dass
ihnen innerhalb des Personalrats eine besondere Bedeutung zukommt (vgl.
Beschlüsse vom 17. Januar 1969 - BVerwG 7 P 6.67 - BVerwGE 31, 192 <194>
= Buchholz 238.3 § 42 PersVG Nr. 4 S. 2 und vom 2. Mai 1984 a.a.O. S. 8).
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Nach § 42 Abs. 3 Satz 2 NWPersVG ist die Freistellung vorrangig mit der Vor-
standsfunktion verbunden. Diese besteht in der Führung der laufenden Ge-
schäfte (§ 29 Abs. 1 Satz 4 NWPersVG), die sich auf die Vorbereitung und
Durchführung der vom Personalrat zu fassenden oder gefassten Beschlüsse
beziehen. In diesem Rahmen sind die notwendigen Verhandlungen zu führen
und die für die Beschlussfassung erforderlichen Ermittlungen vorzunehmen
sowie notwendige Unterlagen beizuziehen (vgl. Beschluss vom 26. Oktober
1977 - BVerwG 7 P 21.75 - Buchholz 238.32 § 43 BlnPersVG Nr. 1 S. 5).
Die Vorstandsfunktion ist wiederum mit dem Gruppenprinzip verbunden (§ 29
Abs. 1 Satz 2 und 3 NWPersVG). Die Aufgabe des Vorstandes, die Beschlüsse
des Personalrats vorzubereiten und durchzuführen, bezieht sich nicht nur auf
gemeinsame Angelegenheiten (§ 34 Abs. 1 NWPersVG), sondern auch auf
Gruppenangelegenheiten, über welche im Personalrat im Ergebnis nicht gegen
den Willen der Mehrheit der betreffenden Gruppe entschieden werden kann
(§ 34 Abs. 2 Satz 1 NWPersVG). Es drängt sich in aller Regel auf, die Freistel-
lung zugunsten der Gruppensprecher im Personalratsvorstand zu nutzen, damit
diese Gelegenheit haben, die Willensbildung im Personalrat wie innerhalb der
Gruppe ordnungsgemäß vorzubereiten und die gefassten Beschlüsse
- gegebenenfalls zusammen mit dem Personalratsvorsitzenden (§ 29 Abs. 3
Satz 2 NWPersVG) - gegenüber der Dienststellenleitung mit Nachdruck zu ver-
treten (vgl. Beschlüsse vom 16. September 1977 - BVerwG 7 P 1.75 -
BVerwGE 54, 323 = Buchholz 238.3 A § 32 BPersVG Nr. 1 und vom
26. Oktober 1977 - BVerwG 7 P 19.76 - a.a.O. S. 21 bzw. S. 5). Hiermit bei
gleichzeitiger Freistellung ein Vorstandsmitglied zu betrauen, welches das Ver-
trauen der Personalratsmehrheit, nicht aber dasjenige der Mehrheit der Grup-
penvertreter im Personalrat genießt, kollidiert mit dem Gruppenprinzip (vgl. Be-
schlüsse vom 10. Oktober 1957 - BVerwG 2 CO 1.57 - BVerwGE 5, 263 <267>
= Buchholz 238.3 § 42 PersVG Nr. 1 S. 2 und vom 26. Oktober 1977 - BVerwG
7 P 19.76 - a.a.O. S. 19 bzw. S. 3). In einem solchen Fall ist nämlich nicht ef-
fektiv sichergestellt, dass sich die Gruppeninteressen im Rahmen der Personal-
ratsarbeit in der Weise Geltung verschaffen, wie dies dem Wunsch der Mehrheit
der Gruppenangehörigen unter den Beschäftigten entspricht. Zwar bleibt es
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möglich, dass sich die Gruppenmehrheit gegenüber dem freigestellten Angehö-
rigen der Gruppenminderheit bei der Beschlussfassung im Personalrat durch-
setzt (§ 34 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 NWPersVG). Doch ist mit der Möglichkeit zu
rechnen, dass das freigestellte Gruppenmitglied die ihm ganz für die Personal-
ratsarbeit zur Verfügung stehende Zeit nutzt, um die Willensbildung in Grup-
penangelegenheiten in seinem Sinne bzw. im Sinne der Personalratsmehrheit
zu beeinflussen. Das Gruppenprinzip, welches auf die Übereinstimmung der
Beschlussfassung des Personalrats in Gruppenangelegenheiten mit den Erwar-
tungen der Mehrheit der Gruppenangehörigen unter den Beschäftigten abzielt
und sich zugunsten der kleineren Gruppe in der Dienststelle zugleich als Min-
derheitenschutz auswirkt, kann damit Schaden nehmen.
Die Folgerichtigkeit der vorstehenden, die Rechtsauffassung des Oberverwal-
tungsgerichts stützenden Argumentation kann der Beteiligte zu 1 nicht dadurch
in Zweifel ziehen, dass er auf kleinere Dienststellen verweist, in welchen nicht
beide Gruppensprecher freigestellt werden können. Hierbei handelt es sich um
Dienststellen mit in der Regel höchstens 600 Beschäftigten (§ 42 Abs. 4 Satz 4
NWPersVG). In diesen Fällen richtet sich die Bildung des Personalratsvorstan-
des ausschließlich nach § 29 Abs. 1 NWPersVG, so dass sich die hier in Rede
stehende Frage nach der Differenzierung zwischen Gruppensprechern und Er-
gänzungsmitgliedern bei der Freistellung nicht stellt (§ 13 Abs. 3 Satz 1, § 29
Abs. 4 Satz 1 NWPersVG).
Dr. Bardenhewer
Büge
Vormeier
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Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
Personalvertretungsrecht
Fachpresse: ja
Rechtsnormen:
NWPersVG
§§ 29, 42
Stichworte:
Freistellung von Personalratsmitgliedern; Gruppensprecher und Ergänzungs-
mitglieder im Personalratsvorstand.
Leitsatz:
Die von den Gruppenvertretern im Personalrat gewählten Vorstandsmitglieder
sind im Verhältnis zu den vom Personalratsplenum hinzugewählten Vor-
standsmitgliedern vorrangig freizustellen; Abweichungen von dieser Regel sind
zulässig, wenn stichhaltige Gründe dies rechtfertigen.
Beschluss des 6. Senats vom 12. Januar 2009 - BVerwG 6 PB 24.08
I. VG Arnsberg vom 31.07.2008 - Az.: VG 20 K 1860/08.PVL -
II. OVG Münster vom 18.09.2008 - Az.: OVG 16 A 2260/08.PVL -