Urteil des BVerwG vom 16.03.2004

Mitbestimmungsrecht, Mitwirkungsrecht, Erlass, Beschränkung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 6 PB 14.03
OVG 1 A 1997/02.PVB
In der Personalvertretungssache
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 16. März 2004
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
B ü g e und V o r m e i e r
beschlossen:
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Die Beschwerde des Antragstellers gegen die Nichtzulassung
der Rechtsbeschwerde im Beschluss des Fachsenats für Bun-
despersonalvertretungssachen des Oberverwaltungsgerichts für
das Land Nordrhein-Westfalen vom 26. September 2003 wird
zurückgewiesen.
G r ü n d e :
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg
(§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 72 Abs. 2, § 92 Abs. 1 Satz 2, § 92 a Satz 1 ArbGG).
1. Die nach § 72 Abs. 2 Nr. 2, § 92 Abs. 1 Satz 2 ArbGG statthafte Abweichungsrüge
greift hier schon deswegen nicht durch, weil der Antragsteller den beiden in der Be-
schwerdebegründung zitierten Senatsbeschlüssen Rechtssätze entnimmt, die in ih-
nen nicht enthalten sind. Die geltend gemachte Divergenz liegt daher nicht vor.
a) Dem Senatsbeschluss vom 19. Mai 2003 - BVerwG 6 P 16.02 - (Buchholz 250
§ 78 BPersVG Nr. 19) entnimmt der Antragsteller, "dass ein Mitbestimmungsrecht
nicht grundsätzlich durch ein ggf. vorliegendes Mitwirkungsrecht verdrängt werde"
(S. 2 der Beschwerdebegründung). Eine derart weitgehende Aussage enthält dieser
Senatsbeschluss jedoch nicht. Aus ihm ergibt sich lediglich, dass die Beschränkung
der Beteiligung auf ein Mitwirkungsrecht in § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG nicht besagt,
dass beim Erlass von Verwaltungsanordnungen Mitbestimmungsrechte des Perso-
nalrats nach §§ 75, 76 BPersVG ausscheiden (a.a.O. S. 6). Das Mitwirkungsrecht
nach § 78 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG lässt demnach spezielle Mitbestimmungstatbestän-
de unberührt, die im Hinblick auf den Erlass einer Verwaltungsanordnung zum Zuge
kommen (a.a.O. S. 7). Eine allgemeine Aussage zum Verhältnis von Mitbestim-
mungs- und Mitwirkungstatbeständen ist damit nicht getroffen. Insbesondere enthält
der Senatsbeschluss vom 19. Mai 2003 keine Aussage dazu, ob und inwieweit das
Mitbestimmungsrecht des Personalrats bei einer Umsetzung im zeitlichen Zusam-
menhang mit einer Dienststellenverlegung inhaltlich, d.h. in Bezug auf beachtliche
Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 77 Abs. 2 BPersVG, wegen der auf Mit-
wirkung reduzierten Beteiligung des Personalrats nach § 78 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG
Einschränkungen unterliegt. Darum aber geht es im vorliegenden, vom Oberverwal-
tungsgericht entschiedenen Fall.
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b) Dem Senatsbeschluss vom 22. Juli 2003 - BVerwG 6 P 3.03 - (ZTR 2003, 631)
entnimmt der Antragsteller den Rechtssatz, "die Mitbestimmung zu einer Maßnahme
sei nicht grundsätzlich dadurch ausgeschlossen, dass eine solche gesetzlich nicht
vorgesehen ist" (S. 2 der Beschwerdebegründung). Eine derart weitgehende Aussa-
ge enthält dieser Senatsbeschluss indes nicht. Er beschränkt sich vielmehr auf die
spezielle Aussage, wonach das bei Umsetzungen gegebene Mitbestimmungsrecht
des Personalrats nach § 72 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 NWPersVG im Falle der Bestellung
einer Gleichstellungsbeauftragten aus den Reihen der weiblichen Beschäftigten der
Dienststelle nicht daran scheitert, dass das nordrhein-westfälische Personalvertre-
tungsgesetz keinen Tatbestand "Mitbestimmung bei der Bestellung der Gleichstel-
lungsbeauftragten" kennt. Eine verallgemeinerungsfähige, für das Personalvertre-
tungsrecht in Bund und Ländern gleichermaßen gültige Aussage zum Verhältnis von
Mitbestimmungs- und Mitwirkungsrechten, die auch den vom Oberverwaltungsgericht
im angefochtenen Beschluss entschiedenen Fall erfasst, ist damit nicht getroffen.
Dies gilt auch mit Blick auf den im Senatsbeschluss vom 22. Juli 2003 weiter enthal-
tenen Rechtssatz, wonach die Mitbestimmung des Personalrats im entschiedenen
Fall dem Zweck diente, die gesetzlichen Vorgaben für die Bestellung der Gleichstel-
lungsbeauftragten durchzusetzen (a.a.O. S. 632).
c) Zwar hat sich das Oberverwaltungsgericht im angefochtenen Beschluss zu den
beiden zitierten Senatsbeschlüssen kritisch geäußert. Insofern handelt es sich jedoch
lediglich um Anmerkungen, auf denen ausweislich der weiteren Ausführungen des
Oberverwaltungsgerichts seine Entscheidung nicht im Sinne von § 72 Abs. 2 Nr. 2
ArbGG beruht. Gegenteiliges geben auch die Ausführungen in der Beschwer-
debegründung nicht zu erkennen.
2. Die in der Beschwerdebegründung weiter erhobene Aufklärungsrüge ist unstatt-
haft. Verfahrensrügen sind im Beschwerdeverfahren wegen Nichtzulassung der
Rechtsbeschwerde als Zulassungsgründe nicht vorgesehen (§ 72 Abs. 2, § 92 Abs. 1
Satz 2, § 92 a Satz 1 ArbGG).
3. Soweit in der Beschwerdebegründung schließlich die Auslegung des Berlin/Bonn-
Gesetzes durch das Oberverwaltungsgericht beanstandet wird, ist damit ein nach
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§ 72 Abs. 2, § 92 Abs. 1 Satz 2, § 92 a Satz 1 ArbGG statthafter Zulassungsgrund
offensichtlich nicht angesprochen.
Bardenhewer
Büge
Vormeier