Urteil des BVerwG vom 30.08.2005

Finanzen, Voranschlag, Bier, Vorschlagsrecht

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 6 PB 11.05
VGH 22 TL 2657/03
In der Personalvertretungssache
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 30. August 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
B ü g e und Dr. B i e r
beschlossen:
Die Beschwerde der Beteiligten gegen die Nichtzulassung der
Rechtsbeschwerde im Beschluss des Fachsenats für Personal-
vertretungssachen (Land) des Hessischen Verwaltungsgerichts-
hofs vom 21. April 2005 wird zurückgewiesen.
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G r ü n d e :
Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung einer ent-
scheidungserheblichen Rechtsfrage (§ 111 Abs. 3 HPersVG i.V.m. § 92 Abs. 1 und
§ 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.
Im Hinblick auf § 81 Abs. 3 HPersVG, wonach "vor der Weiterleitung von
Stellenanforderungen zum Haushaltsvoranschlag" der Personalrat anzuhören ist,
möchte die Beschwerde - sinngemäß - geklärt wissen, ob ein Anhörungsrecht des
bei dem Fachministerium gebildeten Personalrats (noch oder wieder) gegeben ist,
wenn das Finanzministerium im Rahmen der Aufstellung des Haushaltsentwurfs
nach § 28 Abs. 1 der Hessischen Landeshaushaltsordnung - LHO - dem Fachminis-
terium ein Vorschlagsrecht hinsichtlich der Benennung künftig umzuwandelnder Stel-
len einräumt und dieses daraufhin solche konkreten Stellen benennt. Diese Frage
rechtfertigt die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht.
Das Verfahren zur Aufstellung des Haushaltsentwurfs ergibt sich aus
§§ 27 ff. LHO: Die von den einzelnen mittelbewirtschaftenden Dienststellen erstellten
Haushaltsvoranschläge werden dem Verwaltungsaufbau entsprechend an die jeweils
vorgesetzten Behörden geleitet, die sie an das für den betreffenden Einzelplan zu-
ständige Fachministerium weitergeben. Das Fachministerium überarbeitet die Voran-
schläge mitsamt den in ihnen enthaltenen Stellenanforderungen und übersendet sie
sodann gemäß § 27 Satz 1 LHO dem Ministerium der Finanzen. Dieses prüft im
Rahmen der Aufstellung des Haushaltsplanentwurfs nach § 28 Abs. 1 LHO die Vor-
anschläge und kann sie "nach Benehmen mit den beteiligten Stellen" ändern. An-
schließend wird der Entwurf des Haushaltsgesetzes mit dem Entwurf des Haushalts-
plans von der Landesregierung beschlossen (§ 29 Abs. 1 LHO) und an den Landtag
zur endgültigen Beschlussfassung weitergeleitet.
Das in § 81 Abs. 3 Satz 1 HPersVG geregelte Anhörungsrecht "vor der
Weiterleitung von Stellenanforderungen zum Haushaltsvoranschlag" bezweckt, dem
jeweiligen Personalrat im Frühstadium des soeben beschriebenen gestuften Haus-
haltsaufstellungsverfahrens Gelegenheit zur Einflussnahme zu geben. Anhörungs-
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pflichtig sind die Stellenanforderungen, die gemäß § 27 LHO als Teil der Voranschlä-
ge dem Finanzministerium vorzulegen sind; somit ist auf dieser Verfahrensstufe der
bei dem jeweiligen Fachministerium gebildete Hauptpersonalrat anzuhören (vgl. Be-
schluss vom 24. Oktober 2001 - BVerwG 6 P 13.00 - BVerwGE 115, 205 <216 f.>).
Die Anhörungspflicht erstreckt sich aber nicht auf die Aufstellung des Haushaltsplan-
entwurfs durch das Ministerium der Finanzen (§ 28 LHO) und schon gar nicht auf die
abschließende Feststellung des Haushaltsplans durch den Landtag (Hohmann, in:
v. Roetteken/Rothländer, Hessisches Bedienstetenrecht, Teilausgabe I Personalver-
tretungsrecht, § 81 HPVG Rn. 200).
Ausgehend davon lässt sich die von der Beschwerde aufgeworfene Fra-
ge ohne weiteres dahin beantworten, dass in Fällen, in denen das Ministerium der
Finanzen gemäß § 28 Abs. 1 LHO die in den Voranschlägen eines Fachministeriums
enthaltenen Stellenanforderungen im Benehmen mit diesem ändern will, der bei dem
Fachministerium gebildete Hauptpersonalrat nicht (mehr) nach § 81 Abs. 3 Satz 1
HPersVG angehört werden muss. Grundsätzliche Bedeutung hat diese Frage also
nicht. Es kommt hinzu, dass sie im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich
ist. Denn nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs ist das Ministerium
der Finanzen nicht so verfahren, wie die Beschwerde unterstellt. Danach hat das Fi-
nanzministerium vielmehr den Voranschlag des Kultusministeriums beanstandet und
diesem zur Korrektur der Stellenanforderungen mit dem Auftrag zurückgegeben, in
eigener Zuständigkeit hundert der angeforderten A 15-Stellen für die Anbringung von
ku-Vermerken auszuwählen und den so überarbeiteten Voranschlag wieder einzurei-
chen. Die daraufhin intern im Kultusministerium getroffene Entscheidung hat daher
dem angefochtenen Beschluss zufolge nicht die Ebene des § 28 Abs. 1 LHO, son-
dern (wieder) diejenige des § 27 Abs. 1 LHO betroffen und aus diesem Grund das in
§ 81 Abs. 3 Satz 1 HPersVG vorgesehene Anhörungsrecht des Antragstellers ausge-
löst.
Eine entscheidungserhebliche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeu-
tung wirft die Beschwerde auch dann nicht auf, wenn sie sich darauf beziehen sollte,
ob haushaltsrechtlich die Rückkehr in das frühere Stadium des § 27 LHO zulässig ist,
wenn das Verfahren zur Aufstellung des Haushaltsentwurfs bereits die Stufe des
§ 28 LHO erreicht hat. Ein grundsätzlicher Klärungsbedarf bezüglich dieser Rechts-
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frage ist schon nicht gemäß § 92 a Satz 2 i.V.m. § 72 a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ArbGG
dargetan, denn die betreffenden Erwägungen des Verwaltungsgerichtshofs beziehen
sich ersichtlich auf die Besonderheiten des entschiedenen Falles. Abgesehen davon
fehlt es auch insoweit an der Entscheidungserheblichkeit. Denn maßgeblich für das
Bestehen des Anhörungsrechts nach § 81 Abs. 3 Satz 1 HPersVG ist nicht die Frage,
ob sich die zuständigen Ministerien von einem zutreffenden Verständnis der §§ 27,
28 LHO leiten ließen, sondern der Umstand, dass sie diese Vorschriften im vorlie-
genden Fall so ausgelegt und angewendet haben, wie vom Verwaltungsgerichtshof
im Einzelnen festgestellt: Hatte die Beteiligte ihren ursprünglichen Voranschlag vom
Ministerium der Finanzen mit der Bitte um Überarbeitung zurückerhalten und hat sie
dementsprechend in eigener Zuständigkeit ihre Stellenanforderung bezüglich der
geforderten 100 ku-Vermerke neu gefasst, so entsprach es dem Zweck des § 81
Abs. 3 Satz 1 HPersVG, den Antragsteller in diesem Verfahrensstadium anzuhören.
Soweit der Beschwerde schließlich noch die Frage zu entnehmen ist, ob
durch die Benennung der 100 ku-Stellen eine "Personalplanung betrieben" und mit-
hin ein Anhörungsrecht des Antragstellers i.S.v. § 81 Abs. 3 Satz 3 HPersVG ausge-
löst wurde, rechtfertigt auch dies die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht. Abge-
sehen davon, dass diese Frage nur auf den Einzelfall zielt und verallgemeinerungs-
fähige Bezüge vermissen lässt, ist auch sie für die Entscheidung nicht erheblich.
Denn der in dem angefochtenen Beschluss enthaltene Hinweis auf eine Maßnahme
der Personalplanung trägt die Entscheidung ersichtlich nicht. Diese ist vielmehr allein
darauf gestützt, dass ein Anhörungsrecht des Antragstellers "vor der Weiterleitung
von Stellenanforderungen zum Haushaltsvoranschlag" gemäß § 81 Abs. 3 Satz 1
HPersVG bestand.
Bardenhewer Büge Bier