Urteil des BVerwG vom 15.05.2012

Grundsatz der Gleichbehandlung, Zulage, Vergütung, Einreihung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
BVerwG 6 P 9.11
OVG 8 Bf 209/10.PVL
In der Personalvertretungssache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 15. Mai 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Dr. Möller, Hahn
und Prof. Dr. Hecker
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Be-
schluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts
- Fachsenat für Personalvertretungssachen nach dem
Landespersonalvertretungsrecht - vom 30. Mai 2011 wird
zurückgewiesen.
G r ü n d e :
I
Der Beteiligte setzte den zuvor als Oberarzt in der Anästhesiologie tätigen
Dr. B. auf die neu geschaffene und von ihm der Entgeltgruppe I a Fallgruppe 1
a des Tarifvertrags für den Krankenhaus-Arbeitgeberverband Hamburg (TV-
KAH) zugeordnete Stelle eines Belegungsmanagers in der Ärztlichen Direktion
um. Um einen Einkommensverlust des Beschäftigten zu vermeiden, vereinbarte
der Beteiligte mit ihm die Zahlung einer außertariflichen Zulage zusätzlich zu
dem tarifvertraglich vorgesehenen Gehalt. Hinsichtlich der Umsetzung, Ände-
rung der Eingruppierung und Weiterbeschäftigung von Dr. B. hatte der Beteilig-
te ein Mitbestimmungsverfahren eingeleitet. Hingegen hatte er hinsichtlich der
Vereinbarung der außertariflichen Zulage den Standpunkt eingenommen, diese
unterliege als Maßnahme der individuellen Lohngestaltung nicht der Mitbestim-
mung.
Das Verwaltungsgericht hat antragsgemäß festgestellt, dass der Beteiligte das
Mitbestimmungsrecht des Antragstellers verletze, indem er Dr. B. über die tarif-
liche Eingruppierung hinaus seit dem 17. August 2009 eine übertarifliche Zula-
ge gewähre, ohne dass der Antragsteller dem zugestimmt habe oder seine Zu-
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stimmung ersetzt worden sei. Das Oberverwaltungsgericht hat den Beschluss
des Verwaltungsgerichts aufgehoben und den Feststellungsantrag des Antrag-
stellers im Wesentlichen mit folgender Begründung abgelehnt: Die Zulagenge-
währung zusätzlich zu einer tariflichen Vergütung, die auf einer im Mitbestim-
mungsverfahren nicht beanstandeten Eingruppierung beruhe, stelle ihrerseits
keine mitbestimmungspflichtige Maßnahme dar. Nur wenn die Frage der richti-
gen Eingruppierung im Streit sei, könne der Umstand einer außertariflichen Zu-
lage ein Indiz für deren Fehlerhaftigkeit bzw. die Umgehung einer zutreffenden
Eingruppierung sein. In dem Katalog der §§ 86 und 87 HmbPersVG finde sich
kein Tatbestand, der mit dem Beschäftigten individuell vereinbarte Gehaltszah-
lungen der Mitbestimmung unterwerfe. Erst wenn sich Individualvereinbarungen
als Einführung oder Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden darstellen
würden, komme ein Mitbestimmungsrecht nach § 86 Abs. 1 Nr. 5 HmbPersVG
in Betracht. Eine Zuordnung außertariflicher Zulagen zum Tatbestand der Ein-
gruppierung könne auch nicht mit der Begründung vorgenommen werden, da-
mit würde gegen ein tarifvertragliches oder gesetzliches Verbot verstoßen. Die
Gewährung einer solchen Zulage verstoße nicht gegen den TV-KAH; günstige-
re Vergütungen seien gemäß § 4 Abs. 3 TVG zulässig. Sie verstoße auch nicht
gegen Landeshaushaltsrecht oder den arbeitsrechtlichen Grundsatz der
Gleichbehandlung.
Der Antragsteller trägt zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde im Wesentli-
chen vor: Es sei unstreitig, dass Herr Dr. B. in Anwendung des TV-KAH zutref-
fend eingruppiert sei. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsge-
richts unterliege jedoch die Gewährung einer höheren als tarifvertraglich vorge-
sehenen Vergütung dann der Mitbestimmung, wenn nicht die Stelle in ihrem
Funktionsumfang und ihrer Bedeutung über das ausgeschriebene Maß hinaus
aufgewertet, sondern lediglich der Stelleninhaber im Vergleich zu anderen Be-
schäftigten besser gestellt werde. Zutreffend habe das Verwaltungsgericht im
ersten Rechtszug dargelegt, mit der Zahlung von Zulagen, die nicht von persön-
lichen oder sachlichen Voraussetzungen abhängig seien, werde die Wahrung
des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes in Frage gestellt und die
Eingruppierung umgangen, so dass die Mitbestimmung bei der Eingruppierung
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ihre Funktion der Wahrung des Gleichbehandlungsgrundsatzes und des inner-
betrieblichen Friedens nicht mehr erfüllen könne.
Der Antragsteller beantragt, den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts auf-
zuheben.
Der Beteiligte beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.
II
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist nicht begründet. Der Beschluss des Ober-
verwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung oder der unrichtigen
Anwendung einer Rechtsnorm (§ 100 Abs. 2 HmbPersVG i.V.m. 93 Abs. 1
Satz 1 ArbGG). Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, dass
die Gewährung der übertariflichen Zulage im vorliegenden Fall nicht der Mitbe-
stimmung durch den Antragsteller bedarf.
1. Zwischen den Verfahrensbeteiligten ist allein die Mitbestimmungspflichtigkeit
der Zulagengewährung im Streit. Hinsichtlich der Umsetzung, der Änderung der
Eingruppierung in die Entgeltgruppe I a Fallgruppe 1 a TV-KAH und der Weiter-
beschäftigung von Dr. B. durch den Beteiligten hat der Antragsteller im Be-
schlussverfahren keine Verletzung seiner Mitbestimmungsrechte geltend ge-
macht.
2. Zu Recht hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, dass die Zustim-
mungsfiktion des § 79 Abs. 3 Satz 4 HmbPersVG im Hinblick auf die Zulagen-
gewährung nicht zur Anwendung gelangen könne. Der Beteiligte hat hinsichtlich
der Zulagengewährung nicht die Zustimmung des Antragstellers erbeten. Dem-
entsprechend ist die Frist des § 79 Abs. 3 Satz 2 HmbPersVG nicht in Lauf ge-
setzt worden. Seinen gegenteiligen vorinstanzlichen Vortrag hat der Beteiligte
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3. Die Zulagengewährung unterfällt nicht dem Mitbestimmungstatbestand der
Eingruppierung gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG.
a) Unter Eingruppierung im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG bzw. Pa-
rallelbestimmungen in anderen Personalvertretungsgesetzen ist nach ständiger
Rechtsprechung des Senats die Einreihung des Arbeitnehmers in ein kollekti-
ves Entgeltschema zu verstehen. Ein solches Entgeltschema zeichnet sich da-
durch aus, dass es die Zuordnung der Arbeitnehmer nach bestimmten, generell
beschriebenen Merkmalen vorsieht. Meist erfolgt die Zuordnung nach bestimm-
ten Tätigkeitsmerkmalen, bisweilen aber auch nach anderen Kriterien, wie etwa
dem Lebensalter oder der Dauer der Dienststellenzugehörigkeit (vgl. Beschlüs-
se vom 27. August 2008 --Rn. 9 =
Buchholz 251.6 § 65 NdsPersVG Nr. 1, vom 27. Mai 2009 --
Rn. 8 = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 108 und vom
7. März 2011 - BVerwG 6 P 15.10 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 113
Rn. 12). Im Einklang hiermit wird in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsge-
richts unter Eingruppierung im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG die rechtli-
che Beurteilung des Arbeitgebers verstanden, dass der Arbeitnehmer aufgrund
seiner Tätigkeit einer bestimmten Vergütungsgruppe oder jedenfalls einer Ver-
gütungsordnung zuzuordnen ist (BAG, Beschluss vom 9. März 2011 - 7 ABR
118/09 - AP Nr. 53 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung - juris Rn. 15; stRspr).
Die Eingruppierung bestimmt sich danach aufgrund von Faktoren, die für die
Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander von
Bedeutung sind, nicht jedoch aufgrund von sonstigen Faktoren, auch wenn die-
se sich auf die Höhe des Entgelts auswirken. Maßgebend für die zutreffende
Eingruppierung ist allein das betreffende Entgeltschema selbst, nicht die weite-
ren Teile der betrieblichen Entlohnungsgrundsätze (vgl. BAG, Beschluss vom
19. Oktober 2011 - 4 ABR 119.09 - juris Rn. 18, 21).
b) Die hier in Rede stehende Zulage gewährt der Beteiligte nicht aufgrund tätig-
keits- oder personenbezogener Merkmale, die in einer - tarifvertraglich oder
dienststellenintern etablierten - Vergütungsordnung generell bestimmt und als
Leistungsgrund festgelegt wären, sondern aufgrund freier Willensentschließung,
die ihn zum Abschluss einer entsprechenden Individualvereinbarung mit dem
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Beschäftigten veranlasst hat. Die Zulage steht zu einer solchen Vergütungsord-
nung in keinem inhaltlichen Zusammenhang und sagt über die Wertigkeit der
Tätigkeit des Beschäftigten im internen Vergleich zur Tätigkeit anderer Beschäf-
tigter nichts aus. Somit ist sie nicht Ausfluss einer Einreihung in ein kollektives
Entgeltschema, wie sie für den Begriff der Eingruppierung nach der Rechtspre-
chung prägend ist. Sie dennoch unter diesen Begriff zu fassen, wäre schon mit
dessen Wortsinn nicht in Einklang zu bringen; „Eingruppierung“ beschreibt nach
allgemeinem Sprachverständnis einen Vorgang der klassifizierenden Beurtei-
lung anhand eines bestimmten Vergleichsmaßstabs.
c) Sinn und Zweck von § 87 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG gebieten nicht die aus-
nahmsweise Mitbestimmungspflichtigkeit der Zulagengewährung im vorliegen-
den Fall.
aa) Die Eingruppierung ist ein Akt strikter Rechtsanwendung. Die Mitbestim-
mung des Personalrats bei Eingruppierung ist kein Mitgestaltungs-, sondern ein
Mitbeurteilungsrecht. Sie soll sicherstellen, dass die Rechtsanwendung mög-
lichst zutreffend erfolgt (vgl. Beschluss vom 7. März 2011 a.a.O. Rn. 45 m.w.N.;
zu § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ebenso BAG, Beschluss vom 28. April 2009
- 1 ABR 97/07 - BAGE 131, 1 <5>). Sie soll die Personalvertretung in den Stand
setzen, mitprüfend darauf zu achten, dass die beabsichtigte Eingruppierung mit
dem anzuwendenden Tarifvertrag im Einklang steht. Im Interesse der betroffe-
nen Arbeitnehmer soll verhindert werden, dass durch eine unsachliche Beurtei-
lung im Rahmen bestehender Auslegungsspielräume einzelne Arbeitnehmer
bevorzugt, andere dagegen benachteiligt werden. Auf diese Weise dient die
Mitbestimmung bei der Eingruppierung der einheitlichen und gleichmäßigen
Anwendung der Entgeltordnung in gleichen und vergleichbaren Fällen und da-
mit der Lohngerechtigkeit und Transparenz der Entgeltpraxis in der Dienststelle
(vgl. Beschlüsse vom 27. August 2008 a.a.O. Rn. 25 und vom 27. Mai 2009
a.a.O. Rn. 23; vgl. auch BAG, Beschluss vom 28. April 2009 a.a.O.).
bb) Wird - wie im vorliegenden Fall - eine Zulagengewährung vereinbart, ohne
dass eine dahingehende rechtliche Verpflichtung des Arbeitgebers besteht, so
kann sie schon nicht als Akt bloßer Rechtsanwendung und so könnte demge-
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mäß eine Mitbestimmung der Personalvertretung schon nicht als rechtliche Mit-
prüfung in dem Sinne verstanden werden, wie er der Rechtsprechung des Se-
nats und des Bundesarbeitsgerichts bei der Eingruppierung vor Augen steht.
Aber auch aus der Ausrichtung von § 87 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG auf die Wah-
rung der Lohngerechtigkeit und Transparenz der Entgeltpraxis in der Dienststel-
le ergibt sich kein durchgreifendes Argument für die Mitbestimmungspflichtigkeit
der Zulagengewährung. Diese Ziele besitzen im Rahmen des § 87 Abs. 1 Nr. 4
HmbPersVG keinen absoluten Stellenwert, sondern sind einschränkend auf das
für die Dienststelle maßgebliche kollektive Entgeltschema bezogen. Der Perso-
nalrat hat bei Ausübung seines Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 4
HmbPersVG darauf zu achten, dass eben dieses Entgeltschema in lohngerech-
ter und transparenter Weise angewendet wird. Demgemäß ist in der Rechtspre-
chung des Senats bewusst formuliert worden, die Mitbestimmung solle verhin-
dern, dass durch eine unsachliche Beurteilung „im Rahmen bestehender Ausle-
gungsspielräume“ einzelne Arbeitnehmer bevorzugt, andere dagegen benach-
teiligt werden (Beschlüsse vom 27. August 2008 a.a.O. und vom 27. Mai 2009
a.a.O.). Ein Mandat, das schlechthin auf die Verhinderung von vergütungsbe-
zogenen Bevorzugungen oder Benachteiligungen gerichtet wäre, wird dem Per-
sonalrat nur in Bezug auf die Mitbestimmung in - abstrakt-generellen - Fragen
der Lohngestaltung gemäß § 86 Abs. 1 Nr. 5 HmbPersVG eröffnet, nicht hin-
gegen in Bezug auf die Mitbestimmung bei Einzelmaßnahmen im Sinne des §
87 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG; sonst hätte im Rahmen der letztgenannten Be-
stimmung nicht von „Eingruppierung“, sondern von „Festsetzung der Vergütung“
o.ä. die Rede sein müssen.
cc) Die in der Rechtsbeschwerdebegründung angesprochenen Interessen der
übrigen Beschäftigten rechtfertigen keine weitergehende Auslegung von § 87
Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG.
(1) Die Vergütungsinteressen der Arbeitnehmer werden kollektivrechtlich auf
tariflicher Ebene durch die Möglichkeit zur Vereinbarung zwingender (§ 4 Abs. 1
Satz 1 TVG) tariflicher Vergütungsbestimmungen durch die Tarifparteien und
dienststellenintern durch die Mitbestimmung des Personalrats bei Regelungen
zur Lohngestaltung im Sinne des § 86 Abs. 1 Nr. 5 HmbPersVG geschützt. Auf
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diese Weise ist sichergestellt, dass die innerhalb der Dienststelle zur Anwen-
dung kommenden abstrakt-generellen Entlohnungsgrundsätze nicht einseitig
vom Arbeitgeber bestimmt werden können. Dies gilt auch in Bezug auf etwaige
außertarifliche Zulagen: Beabsichtigt der Arbeitgeber bzw. der Dienststellenlei-
ter, hierüber abstrakt-generelle Regeln zu etablieren, greift der Mitbestim-
mungstatbestand des § 86 Abs. 1 Nr. 5 HmbPersVG.
(2) Die Frage, ob ein bestimmtes Verhalten des Dienststellenleiters den arbeits-
rechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz verletzt, ist für sich gesehen nicht ge-
eignet, die Mitbestimmung auszulösen. In einem solchen Fall kann der Perso-
nalrat sein allgemeines Kontrollrecht nach §§ 77, 78 Abs. 1 Nr. 3 HmbPersVG
wahrnehmen. Ob er darüber hinaus förmlich im Wege der Mitbestimmung zu
beteiligen ist, bestimmt sich danach, ob ein Mitbestimmungstatbestand vorliegt,
welcher die vom Dienststellenleiter beabsichtigte Maßnahme erfasst. Erst wenn
das zu bejahen ist, ist der Personalrat im Rahmen des einzuleitenden Mitbe-
stimmungsverfahrens berechtigt, seine Zustimmung wegen Verstoßes gegen
den Gleichbehandlungsgrundsatz zu verweigern (vgl. § 89 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
HmbPersVG).
d) Der Ausschluss der Mitbestimmung im vorliegenden Fall steht im Einklang
mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu § 99 Abs. 1 Satz 1
BetrVG. Danach setzt eine Zulagengewährung dann keine mitbestimmungs-
pflichtige Eingruppierung voraus, wenn sie nichts über die Stellung des Arbeit-
nehmers innerhalb der Vergütungsordnung aussagt. Eine Eingruppierung liegt
in Fällen der Zulagengewährung nur dann vor, wenn diese - anders als hier - in
ein Vergütungsgruppensystem eingebunden ist (BAG, Beschlüsse vom 2. April
1996 - 1 ABR 50/95 - AP Nr. 7 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung - juris
Rn. 27 und vom 19. Oktober 2011 a.a.O. Rn. 22; vgl. auch Fitting, Betriebsver-
fassungsgesetz, 26. Aufl. 2012, § 99 Rn. 95, 112).
e) Die vom Antragsteller in seiner Rechtsbeschwerdebegründung angespro-
chenen Entscheidungen des Senats vom 16. Mai 2006 und vom 10. Januar
2008 (BVerwG 6 P 8.05 - juris bzw. BVerwG 6 P 9.07 - juris) gebieten keine
andere Sichtweise. In den dort zugrunde liegenden Fällen waren ausgeschrie-
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bene Stellen ohne Durchführung eines Mitbestimmungsverfahrens besetzt und
mit den Stelleninhabern jeweils höhere als die tarifvertraglich vorgesehenen
Vergütungen vereinbart worden. Wenn der Senat hierin eine Verletzung des
Mitbestimmungsrechts des Personalrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 4 HmbPersVG
erblickt hat (a.a.O. Rn. 8, 12 bzw. Rn. 10, 30), so ist hieraus nicht zu schließen,
dass auch in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem bezüglich der Eingrup-
pierung der Stelle ein Mitbestimmungsverfahren durchgeführt wurde, zusätzlich
auch die Gewährung außertariflicher Zulagen mitbestimmungspflichtig sein
müsste; mit einer solchen Konstellation hatte sich der Senat in den beiden ge-
nannten Entscheidungen nicht zu befassen. Die beiden Entscheidungen zu-
grunde liegende Annahme, die Gewährung einer höheren als der für die ent-
sprechende Tätigkeit tarifvertraglich vorgesehenen Vergütung setze zunächst
eine klarstellende, ihrerseits sodann die Mitbestimmung auslösende Eingruppie-
rung der Stelle voraus, deckt sich mit der einschlägigen Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts, die im Kern auf dem Gedanken basiert, dass der überta-
riflichen Zahlung implizit eine (Subsumtions-)Entscheidung über das Nichtvor-
liegen der Tätigkeitsmerkmale tariflicher Vergütungsgruppen innewohne (vgl.
BAG, Beschlüsse vom 31. Oktober 1995 - 1 ABR 5/95 - AP Nr. 5 zu § 99
BetrVG 1972 Eingruppierung - juris Rn. 30, vom 26. November 2003 - 4 ABR
54/02 - BAGE 109, 12 <16/17> und vom 12. Dezember 2006 - 1 ABR 13/06 -
BAGE 120, 303 <306/307>). Für den vorliegenden Fall, in dem eine solche Ent-
scheidung explizit und unter Beteiligung der Personalvertretung getroffen wur-
de, ist diese Rechtsprechung nicht von Belang.
Soweit in dem Beschluss des Senats vom 16. Mai 2006 (a.a.O. Rn. 12) in Be-
zug auf die dort fragliche Stelle hervorgehoben wurde, diese sei in ihrem Funk-
tionsumfang und in ihrer Bedeutung nicht über das ausgeschriebene Maß hi-
naus aufgewertet worden, sollte hiermit ersichtlich nur begründet werden, dass
ungeachtet der Vergütungshöhe nicht die Schwelle des § 88 Abs. 2 Nr. 1
HmbPersVG überschritten worden ist.
4. Anhaltspunkte für eine Mitbestimmungspflichtigkeit der Zulagengewährung
aufgrund sonstiger gesetzlicher Tatbestände sind auf Grundlage der Feststel-
lungen des Oberverwaltungsgerichts nicht ersichtlich.
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5. Zu der - vom Oberverwaltungsgericht offen gelassenen - Frage, ob die Mit-
bestimmung des Antragstellers auch gemäß § 88 HmbPersVG ausgeschlossen
war, bedarf es keiner Entscheidung.
Neumann
Büge
Dr. Möller
Hahn
Prof. Dr. Hecker
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Sachgebiet:
BVerwGE:
nein
Personalvertretungsrecht
Fachpresse: ja
Rechtsquelle:
HmbPersVG
§ 87 Abs. 1 Nr. 4
Stichworte:
Personalvertretungsrecht; Eingruppierung; außertarifliche Zulage.
Leitsatz:
Eine im Einzelfall vorgenommene Gewährung außertariflicher Zulagen stellt
grundsätzlich keine mitbestimmungspflichtige Eingruppierung dar.
Beschluss des 6. Senats vom 15. Mai 2012 - BVerwG 6 P 9.11
I. VG Hamburg vom 07.06.2010 - Az.: VG 26 FL 27/09 -
II. OVG Hamburg vom 30.05.2011 - Az.: OVG 8 Bf 209/10.PVL -