Urteil des BVerwG vom 05.10.2011

Mitbestimmung, Behandlung, Organisation, Abgrenzung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
BVerwG 6 P 8.10
OVG 12 LB 5/09
In der Personalvertretungssache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. Oktober 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Vormeier, Dr. Bier und
Dr. Möller
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Be-
schluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungs-
gerichts - Fachsenat für Mitbestimmungssachen/Land -
vom 12. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
I
Im Rahmen der Geschäftsprozessoptimierung bei der Deutschen Rentenversi-
cherung Nord tagte am 17. September 2007 die Lenkungsgruppe unter dem
Vorsitz der Vorsitzenden der Geschäftsführung, der Beteiligten zu 1, zum Pro-
jekt „Umsetzung - Personal“. Es wurden unter anderem folgende Entscheidun-
gen getroffen: Die Zeitwerterhebung im Bereich Personalservice findet durch
Selbstaufschreibung und Multimomentaufnahme vom 1. November bis 20. De-
zember 2007 und durch Aktenlaufzettel vom 1. November 2007 bis 15. Januar
2008 statt. Die Zeitwerterhebung im Bereich Personal Grundsatz findet durch
Aktenlaufzettel und Selbstaufschreibung im Zeitraum vom 1. November 2007
bis 15. Januar 2008 sowie durch analytisches Schätzverfahren in den Monaten
Januar und Februar 2008 statt. Der Gesamtpersonalrat, der Beteiligte zu 2,
stimmte unter dem 31. Oktober 2007 zu.
Der Antragsteller, der Personalrat für die Dienststelle Hamburg, ist der Auffas-
sung, dass er zur Beteiligung berufen sei, soweit die Hamburger Beschäftigten
betroffen seien. Er hat das Verwaltungsgericht angerufen und dort beantragt,
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1. festzustellen, dass die Zeitwerterhebung im Bereich
Personal Grundsatz durch Aktenlaufzettel und Selbstauf-
schreibung im Zeitrum vom 1. November 2007 bis
15. Januar 2008 sowie durch analytische Schätzung im
Zeitraum Januar/Februar 2008 am Standort Hamburg
rechtswidrig war,
2. festzustellen, dass die Zeitwerterhebung im Bereich
Personalservice durch Selbstaufschreibung vom
1. November bis 20. Dezember 2007 sowie durch Akten-
laufzettel und Mulitimomentaufnahme vom 1. November
2007 bis 15. Januar 2008 am Standort Hamburg rechts-
widrig war,
3. der Beteiligten zu 1 aufzugeben, die Verwertung der
durch Aktenlaufzettel, Selbstaufschreibung, analytisches
Schätzverfahren sowie Multimomentaufnahmen ermittel-
ten Zeitwerte in den Bereichen Personal Grundsatz und
Personalservice am Standort Hamburg zu unterlassen.
Das Verwaltungsgericht hat die Anträge aus folgenden Gründen abgelehnt: Der
Beteiligte zu 2 sei hier zur Mitbestimmung berufen, weil eine dienststellenüber-
greifende Regelung zwingend erforderlich sei. Sowohl unternehmenseinheitli-
che als auch dienststellenübergreifende unabdingbare Erfordernisse bestünden
für eine einheitliche Durchführung der Zeitwerterhebung. Denn nur bei einheitli-
chen Maßstäben und einheitlicher Durchführung der Zeitwerterhebung für alle
Mitarbeiter des Dezernats Personal, welches sich über alle drei Standorte der
Deutschen Rentenversicherung Nord erstrecke, sei es gewährleistet, valide Er-
gebnisse zu erhalten für das Ziel, dienststellenübergreifend einheitliche Zeitwer-
te pro Arbeitsvorgang - die an jedem Standort gleich seien - festzulegen.
Die Beschwerde des Antragstellers hat das Oberverwaltungsgericht im Wesent-
lichen aus den Gründen des erstinstanzlichen Beschlusses zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde vor: Die Zu-
ständigkeit des Beteiligten zu 2 könne aus der sachfremden Verwendung von
Personalbedarfsermittlungsverfahren nicht hergeleitet werden. Dafür sei nach
der Vereinheitlichung der Arbeitsvorgänge kein Raum. Selbst wenn man die
Zuständigkeit des Beteiligten zu 2 zur Verabschiedung eines Rahmenkonzepts
noch annehmen wolle, so könnten Durchführung und Konkretisierung nur in die
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Zuständigkeit des örtlichen Personalrats fallen. Bei der Zeitwerterhebung am
Standort Hamburg seien ausschließlich die dortigen Beschäftigten betroffen.
Insbesondere für den Bereich Personal Grundsatz, der ausschließlich in Ham-
burg angesiedelt sei, seien keine übergreifenden Belange ersichtlich.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und nach
den dort gestellten Anträgen zu erkennen.
Die Beteiligten zu 1 und 2 beantragen,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss.
II
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Der
Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung
oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 88 Abs. 2 MBGSH vom
11. Dezember 1990, GVOBl Schl.-H. S. 577, zuletzt geändert durch Art. 3 des
Gesetzes vom 4. Februar 2011, GVOBl Schl.-H. S. 34, i.V.m. § 93 Abs. 1
Satz 1 ArbGG). Die Zeitwertermittlung in den Bereichen Personal Grundsatz
und Personalservice des Dezernats Personal der Abteilung Organisation und
Personal der Deutschen Rentenversicherung Nord unterliegt der Mitbestim-
mung des Gesamtpersonalrats, des Beteiligten zu 2. Der für die Dienststelle
Hamburg gebildete Personalrat, der Antragsteller, ist nicht zur Beteiligung beru-
fen.
A. Die im Rechtsbeschwerdeverfahren weiter verfolgten Anträge sind zulässig.
1. Die Anträge zu 1 und 2 bedürfen allerdings der Auslegung. Ihrem Wortlaut
nach handelt es sich um Fortsetzungsfeststellungsanträge. Als solche wären
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die wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, weil gerichtliche
Feststellungen hinsichtlich abgeschlossener Maßnahmen keine materielle
Rechtswirkung für künftige personalvertretungsrechtliche Vorgänge entfalten
(vgl. Beschlüsse vom 9. Juli 2007 - BVerwG 6 P 9.06 - Buchholz 250 § 46
BPersVG Nr. 30 Rn. 13 und vom 13. Juli 2011 - BVerwG 6 P 16.10 - Rn. 12
m.w.N.). Wie aber bereits das Verwaltungsgericht und - ihm folgend - das
Oberverwaltungsgericht zutreffend angenommen haben, war der gesamte Vor-
trag des Antragstellers im gerichtlichen Verfahren von der abstrakten Rechts-
frage durchdrungen, welche Personalvertretung bei der Zeitwerterhebung im
Personaldezernat der Deutschen Rentenversicherung Nord zur Mitbestimmung
berufen ist. Die Anträge zu 1 und 2 sind daher einer dahingehenden Auslegung
zugänglich, zumal auch das als Antrag zu 3 gestellte Unterlassungsbegehren
zukunftsgerichtet ist.
2. Für das sinngemäße Begehren des Antragstellers auf Feststellung, dass
Zeitwerterhebungen in den Bereichen Personal Grundsatz und Personalservice
bezogen auf den Standort Hamburg seiner Mitbestimmung unterliegen, fehlt es
nicht am Feststellungsinteresse. Die Vorinstanzen haben angenommen, dass
derartige Zeitwerterhebungen sich mit mehr als nur geringer Wahrscheinlichkeit
wiederholen werden. Der Senat hat keinen Anlass zu abweichender Beurtei-
lung, zumal die Beteiligte zu 1 in der Rechtsbeschwerdeerwiderung nicht wider-
sprochen hat.
B. Die Anträge sind insgesamt unbegründet, weil die fraglichen Zeitwerterhe-
bungen in die Kompetenz des Gesamtpersonalrats, des Beteiligten zu 2, fallen.
1. Auf die Deutsche Rentenversicherung Nord ist das Mitbestimmungsgesetz
Schleswig-Holstein anzuwenden (vgl. Beschlüsse vom 17. Juli 2010 - BVerwG
6 PB 6.10 - juris Rn. 4 ff. und vom 30. November 2010 - BVerwG 6 PB 16.10 -
juris Rn. 4).
2. Zu Recht ist ein Gesamtpersonalrat bei der Deutschen Rentenversicherung
Nord gebildet worden (§ 45 Abs. 1, § 84 Abs. 5 Satz 1 MBGSH). Bei dieser
handelt es sich um eine der Aufsicht des Landes Schleswig Holstein unterste-
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hende Körperschaft des öffentlichen Rechts ohne Gebietshoheit (§ 29 Abs. 1
SGB IV). Bei ihr bestehen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Ausfüh-
rung organisationsrechtlicher Bestimmungen des Sechsten Buchs des Sozial-
gesetzbuchs (RVOrgG-AusfG) vom 28. September 2005, GVOBl Schl.-H.
S. 342, mehrere Personalräte, nämlich jeweils einer in den Dienststellen Lü-
beck, Hamburg und Neubrandenburg (vgl. Beschluss vom 17. Juli 2010 a.a.O.
Rn. 15 ff. und 19 ff.).
3. Für die Abgrenzung der Zuständigkeiten der drei örtlichen Personalräte ei-
nerseits und des Gesamtpersonalrats andererseits gilt daher § 61 MBGSH; dies
wird in § 2 Abs. 2 Satz 3 RVOrgG-AusfG ausdrücklich klargestellt. Nach § 61
Abs. 1 Satz 1 MBGSH ist der Gesamtpersonalrat nur zuständig für die Behand-
lung von Angelegenheiten, die mehrere in ihm zusammengefasste Dienstellen
betreffen und die nicht durch die einzelnen Personalräte innerhalb ihres Ge-
schäftsbereichs geregelt werden können.
a) Erste Voraussetzung für die Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats ist da-
nach, dass die beteiligungspflichtige Angelegenheit mehrere in ihm zusammen-
gefasste Dienststellen betrifft. Die Angelegenheit muss dienststellenübergrei-
fende Wirkung haben (vgl. Landtagdrucks. 12/996 S. 122). Dagegen verbleibt
es bei der Zuständigkeit des örtlichen Personalrats, wenn von der beabsichtig-
ten Maßnahme ausschließlich die Beschäftigten einer Dienststelle betroffen
werden. § 2 Abs. 2 Satz 1 RVOrgG-AusfG bestätigt dies für den Bereich der
Deutschen Rentenversicherung Nord. Danach beteiligt deren Geschäftsführung
als gemeinsame Dienststellenleitung für alle drei Dienststellen in Hamburg, Lü-
beck und Neubrandenburg (§ 2 Abs. 1 Satz 2 RVOrgG-AusfG) in den Fällen, in
denen Beschäftigte einer dieser Dienststellen betroffen sind, den dort gebilde-
ten Personalrat unmittelbar (vgl. Landtagdrucks. 16/202 S. 7 f.).
b) Die vorbezeichnete erste Voraussetzung für die Zuständigkeit des Gesamt-
personalrats ist bereits dann erfüllt, wenn der Dienststellenleiter beabsichtigt,
eine dienststellenübergreifende Maßnahme zu treffen. Dies reicht jedoch für die
Begründung der Zuständigkeit des Gesamtpersonalrats noch nicht aus. § 61
Abs. 1 Satz 1 MBGSH verlangt vielmehr zusätzlich, dass die Angelegenheit
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nicht durch die einzelnen Personalräte innerhalb ihres Geschäftsbereichs gere-
gelt werden kann. Diese zweite Voraussetzung unterwirft die dienststellenüber-
greifende Absicht des Dienststellenleiters einem Rechtfertigungszwang. Nur
wenn die Maßnahme gerade als dienststellenübergreifende geboten ist, ist der
Gesamtpersonalrat an Stelle der sonst zuständigen örtlichen Personalräte zur
Mitbestimmung berufen.
aa) § 61 Abs. 1 Satz 1 MBGSH ist der Regelung in § 50 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1
BetrVG nachgebildet. Diese Vorschrift lautet: „Der Gesamtbetriebsrat ist zu-
ständig für die Behandlung von Angelegenheiten, die das Gesamtunternehmen
oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte in-
nerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können“. Es liegt daher nahe, sich bei
der Auslegung der Regelung in § 61 Abs. 1 Satz 1 MBGSH an der Rechtspre-
chung des Bundesarbeitsgerichts zu § 50 Abs. 1 BetrVG zu orientieren (vgl. in
diesem Zusammenhang zum Ausschluss der Mitbestimmung bei leitenden An-
gestellten: Beschluss vom 22. März 2006 - BVerwG 6 P 10.05 - Buchholz
251.95 § 84 MBGSH Nr. 1 Rn. 24 f.).
Dagegen spricht nicht, dass der Gesamtbetriebsrat durch Entsendung von Mit-
gliedern der Betriebsräte des Unternehmens gebildet wird (§ 47 Abs. 2 BetrVG),
während der Gesamtpersonalrat unmittelbar von den Beschäftigten der beteilig-
ten Dienststellen gewählt wird (§ 45 Abs. 3 MBGSH). Denn die dienststellen-
übergreifende Legitimation des Gesamtpersonalrats spielte für den Gesetzge-
ber nach der Konzeption der Regelung in § 61 Abs. 1 Satz 1 MBGSH keine
entscheidende Rolle. Diese Regelung verlangt zur Begründung der Zuständig-
keit des Gesamtpersonalrats eine materielle Rechtfertigung. Fehlt es daran, so
muss sich der Dienststellenleiter mit seinem Anliegen an die örtlichen Personal-
räte wenden. Dass diese - unter der Voraussetzung einer dezentralen Rege-
lungsmöglichkeit - legitimiert sind, die von ihnen vertretenen Beschäftigten zu
repräsentieren, unterliegt keinem Zweifel.
bb) Unter sinngemäßer Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesarbeits-
gerichts zu § 50 BetrVG ergibt sich Folgendes: Das Erfordernis, wonach die
Angelegenheit nicht durch die einzelnen Personalräte innerhalb ihres Ge-
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schäftsbereichs geregelt werden kann, setzt nicht notwendig die objektive Un-
möglichkeit einer dienststellenbezogenen Regelung voraus. Ausreichend, aber
regelmäßig auch zu verlangen ist vielmehr, dass ein sachlich zwingendes Er-
fordernis für eine dienststellenübergreifende Regelung besteht. Dieses Erfor-
dernis kann sich aus technischen oder rechtlichen Gründen ergeben. Reine
Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte genügen nicht. Maßgeblich sind stets die kon-
kreten Umstände der Gesamtdienststelle und der ihr zugehörigen einzelnen
Dienststellen (vgl. BAG, Beschlüsse vom 3. Mai 2006 - 1 ABR 15/05 - BAGE
118, 131 Rn. 25 und vom 14. November 2006 - 1 ABR 4/06 - BAGE 120, 146
Rn. 22). Der Gleichbehandlungsgrundsatz begrenzt die Regelungsmacht der
Partner der Dienststellenverfassung, hat jedoch keinen Einfluss auf die Zustän-
digkeitsverteilung zwischen den verschiedenen Personalvertretungen (vgl.
BAG, Beschlüsse vom 23. März 2010 - 1 ABR 82/08 - AP Nr. 135 zu § 87
BetrVG 1972 Lohngestaltung Rn. 17 und vom 18. Mai 2010 - 1 ABR 96/08 - AP
Nr. 34 zu § 50 BetrVG 1972 Rn. 17). Sofern der Gesamtpersonalrat im Sinne
von § 61 Abs. 1 Satz 1 MBGSH für die Behandlung einer Angelegenheit origi-
när zuständig ist, hat er diese Angelegenheit insgesamt mit dem Dienststellen-
leiter zu regeln. Eine Aufspaltung der Zuständigkeiten auf Gesamtpersonalrat
und örtliche Personalräte verbietet sich aus Gründen der Rechtssicherheit und
Rechtsklarheit (vgl. BAG, Beschluss vom 14. November 2006 a.a.O. Rn. 35).
4. Nach den vorgenannten Grundsätzen unterliegt die Zeitwerterhebung in den
Bereichen Personal Grundsatz und Personalservice des Dezernats Personal
der Deutschen Rentenversicherung Nord der Mitbestimmung des Gesamtper-
sonalrats, des Beteiligten zu 2.
a) Diese Zeitwerterhebung betrifft die drei Dienststellen in Lübeck, Hamburg
und Neubrandenburg und damit mehrere Dienststellen im Zuständigkeitsbe-
reich des Beteiligten zu 2.
aa) Das Oberverwaltungsgericht hat hinsichtlich der streitigen Zuständigkeits-
abgrenzung auf den erstinstanzlichen Beschluss Bezug genommen (OVG-
Beschlussabdruck S. 6). Das Verwaltungsgericht hat seinerseits Bezug ge-
nommen auf die Darlegungen im Schriftsatz der Beteiligten zu 1 vom 30. April
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2008, die es ihrem wesentlichen Inhalt nach wiedergegeben und als überzeu-
gend beurteilt hat (VG-Beschlussabdruck S. 4 und 6). Daraus ist zu schließen,
dass sowohl das Verwaltungsgericht als auch - ihm folgend - das Oberverwal-
tungsgericht von der Richtigkeit der Darstellung ausgegangen sind, die die Be-
teiligte zu 1 in tatsächlicher Hinsicht von der Organisationsstruktur der Abteilung
Organisation und Personal der Deutschen Rentenversicherung Nord im Schrift-
satz vom 30. April 2008 (S. 4) nebst Anlage B1 gegeben hat. Daraus ergibt sich
folgende Bild:
(1) Die Abteilung besteht aus den Dezernaten Personal und Organisation. Das
Dezernat Personal ist in drei Bereiche untergliedert: Personalservice, Personal
Grundsatz und Personalentwicklung.
(2) Der Bereich Personalservice ist standortübergreifend organisiert. Jeweils ein
Team befindet sich in Hamburg und Neubrandenburg, zwei Teams befinden
sich in Lübeck. Die Aufgabenzuschnitte sind vergleichbar.
(3) Das Team Personal Grundsatz befindet sich ganz überwiegend in Hamburg.
Dort sind für das Team - einschließlich ihrer Leiterin - sieben Beschäftigte tätig,
darunter zwei in der Funktion Key-User SAP. In dieser Funktion befindet sich
auch jeweils ein Beschäftigter in den Standorten Lübeck und Neubrandenburg;
diese beiden Beschäftigten gehören ebenfalls zum Bereich Personal Grund-
satz.
bb) Aus dem Vorstehenden ergibt sich zunächst, dass die Zeitwerterhebung
nach Art der Entscheidung der Lenkungsgruppe vom 17. September 2007 im
Bereich Personalservice als dienststellenübergreifend konzipiert ist. Denn in
diesem Fall nehmen an allen drei Standorten alle Mitarbeiter der Personalservi-
ceteams nach einheitlichen zeitlichen und sachlichen Kriterien am Erhebungs-
verfahren teil.
cc) Im Ergebnis nichts anderes gilt für den Bereich Personal Grundsatz. Die
dienststellenübergreifende Verbindung sind hier die Beschäftigten in der Funk-
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tion Key-User SAP, die an allen drei Standorten tätig sind und sämtlich dem
Bereich Personal Grundsatz angehören.
b) Die Zeitwerterhebung in den Bereichen Personalservice und Personal
Grundsatz kann nicht durch die einzelnen Personalräte in den Dienststellen Lü-
beck, Hamburg und Neubrandenburg geregelt werden. Die dienststellenüber-
greifende Erhebung ist zwingend erforderlich. Das Verwaltungsgericht hat dazu
festgestellt, dass es nur bei einheitlichen Maßstäben und einheitlicher Durch-
führung der Zeitwerterhebung für alle Mitarbeiter des Dezernats Personal ge-
währleistet ist, valide Ergebnisse zu erhalten für das Ziel, dienststellenübergrei-
fend einheitliche Zeitwerte für standortübergreifend gleichartige Arbeitsvorgän-
ge festzulegen (VG-Beschlussabdruck S. 6). Dem hat sich das Oberverwal-
tungsgericht angeschlossen (OVG-Beschlussabdruck S. 6). Der Antragsteller
hat in der Rechtsbeschwerdebegründung keine Verfahrensrügen erhoben. Mit
der Bezugnahme auf die Anlage Ast. 14 (Anlage zur Beschwerdeschrift vom
24. Juni 2009), mit welcher der Antragsteller den erstinstanzlichen Beschluss in
tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht angegriffen hat, ist den Anforderungen an
die ordnungsgemäße Darlegung einer Verfahrensrüge offensichtlich nicht Ge-
nüge getan (§ 88 Abs. 2 MBGSH i.V.m. § 72 Abs. 5, § 92 Abs. 2 Satz 1, § 94
Abs. 2 Satz 2 ArbGG und § 551 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b ZPO). Die vorgenann-
ten Feststellungen der Vorinstanzen sind daher Grundlage für die rechtliche
Beurteilung durch den Senat. Auf dieser Grundlage kann die Notwendigkeit ei-
ner dienststellenübergreifenden Zeitwerterhebung nicht verneint werden.
aa) Dies gilt zunächst für den Bereich Personalservice. Dieser ist dienststellen-
übergreifend organisiert bei gleichartigem Zuschnitt der Aufgabengebiete für die
Teams an allen drei Standorten. Die vom Verwaltungsgericht getroffene und
vom Oberverwaltungsgericht bestätigte Feststellung besagt, dass nur eine nach
einheitlichen Maßstäben durchzuführende Vollerhebung bei den Mitarbeitern
des jeweiligen Bereichs aussagekräftige Ergebnisse zu liefern vermag. Grund-
lage für diese tatsächliche Würdigung ist gerade die standortübergreifende
Gleichartigkeit der Arbeitsvorgänge, wie sie im Bereich Personalservice ange-
sichts der vergleichbaren Organisationsstruktur an allen drei Standorten anzu-
treffen ist. Bei dieser Sachlage kann auf die einheitliche Festlegung sachlicher
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und zeitlicher Erhebungskriterien für die Personalserviceteams an allen drei
Standorten nicht verzichtet werden. Eine standortbezogene Differenzierung, wie
sie bei Beteiligung der örtlichen Personalräte nicht auszuschließen wäre, würde
die Vorgabe gefährden, rechtsträgerweit die Geschäftsprozesse zu optimieren
und zu einer repräsentativen Personalbedarfsermittlung zu gelangen.
bb) Im Ergebnis nichts anderes gilt für den Bereich Personal Grundsatz. Hier ist
allerdings nur die Funktion der Key-User SAP dienststellenübergreifend; die
übrigen Mitarbeiter des Bereichs Personal Grundsatz sind am Standort Ham-
burg tätig. Doch verbietet sich aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechts-
klarheit eine kleinteilige Abgrenzung der Zuständigkeiten von Gesamtpersonal-
rat und örtlichen Personalräten. Die Zeitwerterhebung für den Bereich Personal
Grundsatz ist eine einzige Angelegenheit, für die der Gesamtpersonalrat, der
Beteiligte zu 2, wegen der dienststellenübergreifenden Funktion der Key-User
SAP insgesamt zur Mitbestimmung berufen ist.
cc) Ein Modell, wonach der Gesamtpersonalrat beim Rahmenkonzept und die
örtlichen Personalräte bei dessen Konkretisierung zu beteiligen sind, scheidet
hier aus. Denn die Umsetzung der Geschäftsprozessoptimierung durch Zeit-
werterhebung im Dezernat Personal ist selbst eine notwendig dienststellen-
übergreifende Maßnahme.
Neumann
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Vormeier
Dr. Bier
Dr. Möller
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B e s c h l u s s
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Rechtsbe-
schwerdeverfahren auf 10 000 € festgesetzt; davon entfallen 5 000 € auf die
Feststellungsanträge zu 1 und 2 sowie weitere 5 000 € auf den Unterlassungs-
antrag zu 3 (§ 23 Abs. 3 Satz 2, § 33 Abs. 1 und 8 Satz 1 Halbs. 1 RVG i.V.m.
§ 52 Abs. 2 GKG analog).
Büge