Urteil des BVerwG vom 07.04.2010

Verleiher, Anforderung, Eingliederung, Leiter

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
BVerwG 6 P 6.09
OVG 11 LB 5/08
In der Personalvertretungssache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 7. April 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge,
Dr. Graulich, Vormeier und Dr. Bier
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten gegen den Be-
schluss des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungs-
gerichts - Fachsenat für Personalvertretungssachen/
Bund - vom 28. Oktober 2008 wird mit der Maßgabe zu-
rückgewiesen, dass Buchstabe b des Tenors im Wege der
Berichtigung wie folgt neu gefasst wird: „der Grund für die
Anforderung auf Bedarf von Leiharbeitnehmern, die auf
der dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag beigefügten
Akkreditierungsliste aufgeführt sind, ist nicht benannt.“
G r ü n d e :
I
Mit Schreiben vom 3. Mai 2006 bat der Beteiligte zu 1 den Antragsteller darum,
dem Einsatz von Unternehmenspersonal im Rahmen der Arbeitnehmerüberlas-
sung für den Schleusendecksdienst der Schleusenanlage des Nord-Ostsee-
Kanals in Kiel-Holtenau zuzustimmen. Der Vorlage war der Entwurf eines Ar-
beitnehmerüberlassungsvertrages zwischen dem Bund als Entleiher und einem
Verleiherunternehmen beigefügt, dessen Anlagen eine Liste der akkreditierten
Mitarbeiter, die Leistungsbeschreibung und das Leistungsverzeichnis enthielten.
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Der Antragsteller versagte mit Schreiben vom 12. Mai 2006 seine Zustimmung.
Zur Begründung führte er an: Ihm sei nicht bekannt, welche Arbeitskräfte wel-
chen Schichten zugeordnet würden. Im Hinblick auf die erforderliche Zusam-
menarbeit der einzelnen Wachen sei es erforderlich, dass diese wüssten, mit
welchen zusätzlichen Kollegen sie in der nächsten Zeit arbeiten sollten. Die
Verstärkung durch jeweils wechselnde Mitarbeiter sei nicht zustimmungsfähig.
Dies gelte ebenfalls für den Einsatz von Leiharbeitnehmern für bedarfsweise
durchzuführende Teilleistungen. Es sei nicht absehbar, wann aus welchen
Gründen Arbeiten anfielen, die nicht von der Stammbelegschaft ausgeführt
werden könnten. Im jeweiligen Einzelfall sei zu entscheiden, ob solche zusätzli-
chen Arbeiten von der Stammbelegschaft oder durch zusätzliche Leiharbeit-
nehmer ausgeführt würden. Arbeitskräfte jeweils aus dem Pool der Akkreditie-
rungsliste zu entnehmen, genüge nicht. Zu verlangen sei vielmehr die konkrete
Beteiligung vor jeder Übernahme jedes einzelnen Arbeitnehmers in jedem ein-
zelnen Fall.
Der Beteiligte zu 1 leitete sodann die Vorlage an den Beteiligten zu 2 weiter.
Dieser brach das Mitbestimmungsverfahren ausweislich seines Schreibens vom
14. Juni 2006 ab mit der Begründung, die vom Antragsteller für die Zustim-
mungsverweigerung vorgetragenen Gründe seien unbeachtlich, so dass die
Zustimmung zur beabsichtigten Maßnahme als erteilt gelte.
Unter Hinweis auf seine Absicht, weiterhin im Rahmen der Arbeitnehmerüber-
lassung geeignetes Fremdpersonal zur Sicherstellung des Schleusenbetriebes
bis 31. Dezember 2006 einzusetzen, bat der Beteiligte zu 1 mit Schreiben vom
6. Juli 2006 den Antragsteller erneut um Zustimmung, die dieser in seiner Sit-
zung vom 17. Juli 2006 verweigerte. Nach Weiterleitung der Vorlage entschied
der Beteiligte zu 2 ausweislich seines Schreibens vom 28. Juli 2006 erneut, das
Stufenverfahren mit dem Bezirkspersonalrat nicht einzuleiten.
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Unter Hinweis auf seine Absicht, den Einsatz von Fremdpersonal im Rahmen
der Arbeitnehmerüberlassung zur Sicherstellung des Schleusenbetriebes
längstens bis 31. März 2007 zu verlängern, bat der Beteiligte zu 1 mit Schrei-
ben vom 13. Dezember 2006 den Antragsteller erneut um Zustimmung, die die-
ser in seiner Sitzung vom 14. Dezember 2006 versagte. Der Beteiligte zu 2
brach das Mitbestimmungsverfahren ausweislich seines Schreibens vom
21. Dezember 2006 wiederum ab.
Bereits am 19. Mai 2006 hat der Antragsteller das Verwaltungsgericht angeru-
fen. Dort hat er zuletzt beantragt,
festzustellen, dass der Abbruch des Mitbestimmungsver-
fahrens durch den Beteiligten zu 2 sein Mitbestimmungs-
recht verletzt, wenn er einer beabsichtigten Beschäftigung
von Leiharbeitnehmern mit der Begründung widerspricht:
a) Die Arbeitnehmer werden nicht benannt, die regelmäßig
im Wechselschichtdienst gemeinsam mit der Stamm-
belegschaft eingesetzt werden sollen, ein jeweils wech-
selnder unbestimmter Einsatz von Leiharbeitnehmern, die
auf der Akkreditierungsliste des Arbeitnehmerüberlas-
sungsvertrages aufgeführt sind, wird abgelehnt;
oder
b) der Grund für die Anforderung auf Bedarf von Leihar-
beitnehmern, die auf der dem Arbeitnehmerüberlassungs-
vertrag beigefügten Akkreditierungsliste aufgeführt sind,
ist nicht benannt.
Das Verwaltungsgericht hat die Anträge mit Beschluss vom 7. März 2007 abge-
lehnt. Die Beschwerde des Antragstellers hat das Oberverwaltungsgericht mit
Beschluss vom 31. Oktober 2007 - 11 LB 2/07 - zurückgewiesen. Diesen Be-
schluss hat der Senat auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers mit Be-
schluss vom 9. Juli 2008 - BVerwG 6 PB 17.08 - aufgehoben und die Sache zur
neuen Anhörung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückver-
wiesen. Dieses hat mit Beschluss vom 28. Oktober 2008 - 11 LB 5/08 - den
erstinstanzlichen Beschluss geändert und dem Begehren des Antragstellers
- mit zwei Übertragungsfehlern unter Buchst. b) - entsprochen. Zur Begründung
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hat es sich auf den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 23. Januar 2008
- 1 ABR 74/06 - (BAGE 125, 306) gestützt.
Die Beteiligten zu 1 und 2 tragen zur Begründung ihrer Rechtsbeschwerde vor:
Eine mitbestimmungspflichtige Einstellung liege nur dann vor, wenn der Arbeit-
nehmer derart in die Dienststelle eingegliedert werde, dass es zu einer festeren
betrieblichen und sozialen Bindung komme. Bei einem nur kurzfristigen Einsatz
von Leiharbeitnehmern wie hier im Schleusendienst könne eine solche stetige
Bindung nicht entstehen. Dies werde in rechtssystematischer Hinsicht durch die
Mitbestimmung bei Abordnung und Zuweisung bestätigt, die erst eingreife,
wenn die beabsichtigte personelle Maßnahme auf eine Dauer von mehr als drei
Monaten angelegt sei. Lege man den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts
zugrunde, so laufe das Beteiligungsrecht des Personalrats leer. Denn dann wä-
re die Dienststelle bei Abschluss des Rahmenüberlassungsvertrages frei und
könnte sich bei kurzfristigen Einzeleinsätzen auf ihre Kompetenz zum Erlass
vorläufiger Regelungen berufen. Da der konkrete kurzfristige Einsatz der Leih-
arbeitnehmer im Schleusendienst nicht die Voraussetzungen des Einstellungs-
begriffs erfüllte, seien die darauf bezogenen Zustimmungsverweigerungsgründe
des Antragstellers nicht von § 77 Abs. 2 BPersVG gedeckt, so dass seine
Zustimmung als erteilt gelte.
Die Beteiligten zu 1 und 2 beantragen,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Be-
schwerde des Antragstellers gegen den erstinstanzlichen
Beschluss zurückzuweisen.
Der Antragsteller beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er hält den angefochtenen Beschluss für im Ergebnis richtig.
Der Vertreter des Bundesinteresses schließt sich den Ausführungen der Betei-
ligten zu 1 und 2 an.
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II
Die zulässige Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 1 und 2 ist nicht begründet.
Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwen-
dung oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG
i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Der Beteiligte zu 2 darf das Mitbestim-
mungsverfahren nicht abbrechen, wenn der Antragsteller einer beabsichtigten
Beschäftigung von Leiharbeitnehmern mit der aus dem zweitinstanzlichen Te-
nor ersichtlichen Begründung widerspricht.
1. Gegen die Zulässigkeit des im Rechtsbeschwerdeverfahren weiter verfolgten
Begehrens des Antragstellers bestehen keine Bedenken.
a) Der Antragsteller ist antragsbefugt. Im personalvertretungsrechtlichen Be-
schlussverfahren ist die Antragsbefugnis gegeben, wenn der Antragsteller
durch die begehrte Entscheidung in seiner personalvertretungsrechtlichen
Rechtsposition betroffen werden kann. Das ist regelmäßig nur dann der Fall,
wenn er eigene Rechte geltend macht (vgl. Beschlüsse vom 23. September
2004 - BVerwG 6 P 5.04 - Buchholz 250 § 83 BPersVG Nr. 77 S. 5 und vom
28. August 2008 - BVerwG 6 PB 19.08 - Buchholz 251.92 § 66 SAPersVG Nr. 1
Rn. 5 m.w.N.). In der durch das streitige Begehren erfassten Fallkonstellation ist
der Antragsteller als Personalrat bei der Dienststelle der unteren Verwal-
tungsebene in seiner eigenen personalvertretungsrechtlichen Rechtsposition
dadurch betroffen, dass der Beteiligte zu 2 als Leiter der übergeordneten
Dienststelle das Mitbestimmungsverfahren abbricht, bevor die bei ihr gebildete
Stufenvertretung mit der Sache befasst wird. In einem solchen Fall werden
ausschließlich die personalvertretungsrechtlichen Befugnisse des örtlichen
Personalrats und nicht diejenigen der Stufenvertretung infrage gestellt (vgl. Be-
schlüsse vom 2. November 1994 - BVerwG 6 P 28.92 - Buchholz 250 § 69
BPersVG Nr. 27 S. 2 ff. und vom 28. Dezember 1994 - BVerwG 6 P 35.93 -
Buchholz 250 § 69 BPersVG Nr. 28 S. 8 f.).
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b) Das Rechtsschutzbedürfnis ist nicht entfallen. Zwar wurde während des ge-
richtlichen Verfahrens - nach Teilvergabe des Schleusendecksdienstes durch
ein Privatunternehmen - die Arbeitnehmerüberlassung im Zuständigkeitsbereich
des Beteiligten zu 1 beendet. Wie der Antragsteller jedoch in der Begründung
seiner Nichtzulassungsbeschwerde vom 29. Mai 2008 vorgetragen hat, will der
Beteiligte zu 1 von der Option, Leiharbeitnehmer im Schleusendienst am
Osteingang des Nord-Ostsee-Kanals einzusetzen, in Zukunft erneut Gebrauch
machen. Dem sind die Beteiligten nicht entgegengetreten. Ein Streitfall wie
derjenige, der zur Anrufung des Verwaltungsgerichts geführt hat, kann sich
daher zukünftig wieder ereignen.
2. Das Begehren des Antragstellers ist begründet. Der Beteiligte zu 2 darf unter
den hier maßgeblichen Umständen das Mitbestimmungsverfahren nicht abbre-
chen.
a) Kommt in einem Mitbestimmungsverfahren eine Einigung zwischen dem Lei-
ter der Dienststelle und dem bei dieser gebildeten Personalrat nicht zustande,
so kann der Leiter der Dienststelle die Angelegenheit binnen sechs Arbeitsta-
gen auf dem Dienstwege der übergeordneten Dienststelle vorlegen (§ 69 Abs. 3
Satz 1 BPersVG). So ist es hier in den Anlassfällen jeweils geschehen: Der
Beteiligte zu 1 hat, nachdem seine Vorlagen beim Antragsteller auf Wider-
spruch gestoßen waren, die Sache jeweils dem Beteiligten zu 2 vorgelegt. In
einem solchen Fall hat der Leiter der übergeordneten Dienststelle seinerseits
die bei ihr gebildete Stufenvertretung von der beabsichtigten Maßnahme zu
unterrichten und ihre Zustimmung zu beantragen (§ 69 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3
Satz 4 BPersVG).
b) Von dieser Verpflichtung ist er nur entbunden, wenn die Zustimmungsver-
weigerung des Personalrats unbeachtlich ist. In Personalangelegenheiten nach
§ 75 Abs. 1, § 76 Abs. 1 BPersVG muss das Vorbringen des Personalrats es
mindestens als möglich erscheinen lassen, dass einer der dafür zugelassenen
und in § 77 Abs. 2 BPersVG abschließend geregelten Verweigerungsgründe
gegeben ist. Eine Begründung, die offensichtlich auf keinen dieser Versa-
gungsgründe gestützt ist, vermag nicht die Verpflichtung der übergeordneten
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Dienststelle auszulösen, das Beteiligungsverfahren durch Einleitung des Stu-
fenverfahrens fortzusetzen (vgl. Beschlüsse vom 2. November 1994 a.a.O. S. 5
und vom 7. Dezember 1994 - BVerwG 6 P 35.92 - Buchholz 251.8 § 80
RhPPersVG Nr. 10 S. 6).
c) Die vom Antragsteller geltend gemachten und vom Oberverwaltungsgericht
tenorierten Zustimmungsverweigerungsgründe zielen mindestens teilweise auf
die Verletzung der Unterrichtungspflicht ab. Diese stellt zwar keinen Gesetzes-
verstoß im Sinne von § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG dar. Der Personalrat ist nicht
berechtigt, die Zustimmung allein wegen mangelnder Unterrichtung zu verwei-
gern (vgl. Beschluss vom 10. August 1987 - BVerwG 6 P 22.84 - BVerwGE 78,
65 <68 ff.> = Buchholz 251.0 § 69 BaWüPersVG Nr. 1 S. 3 ff.; BAG, Beschluss
vom 10. August 1993 - 1 ABR 22/93 - juris Rn. 27; Lorenzen, in: Lorenzen/
Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz,
§ 77 Rn. 39b; Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertre-
tungsgesetz, 6. Aufl. 2008, § 77 Rn. 28; Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalver-
tretungsgesetz, 11. Aufl. 2008, § 77 Rn. 20). Der Informationsanspruch des
Personalrats ist vielmehr dadurch geschützt, dass die Äußerungsfrist mit der
von ihr erfassten Billigungsfiktion für den Fall, dass eine Äußerung nicht abge-
geben wird (§ 69 Abs. 2 Satz 3 bis 5 BPersVG), erst mit der vollständigen Un-
terrichtung des Personalrats zu laufen beginnt (vgl. Beschlüsse vom
24. Februar 2006 - BVerwG 6 P 4.05 - Buchholz 251.91 § 77 SächsPersVG
Nr. 1 Rn. 17 und vom 11. November 2009 - BVerwG 6 PB 25.09 - juris Rn. 20).
Doch darf der Leiter der übergeordneten Dienststelle das Mitbestimmungsver-
fahren nicht abbrechen, wenn der Personalrat die bislang unterbliebenen In-
formationen benötigt, um mögliche Zustimmungsverweigerungsgründe geltend
machen zu können. So liegt es hier.
3. Das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers ergibt sich hier aus § 14 Abs. 3
Satz 1, Abs. 4 des Gesetzes zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmer-
überlassung (Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - AÜG) in der Fassung der Be-
kanntmachung vom 3. Februar 1995, BGBl I S. 158, zuletzt geändert durch Ge-
setz vom 2. März 2009, BGBl I S. 416, i.V.m. § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG.
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a) Gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG ist vor der Übernahme eines Leiharbeit-
nehmers zur Arbeitsleistung der Betriebsrat des Entleiherbetriebes nach § 99
BetrVG zu beteiligen. § 14 AÜG ist durch Art. 1 des Gesetzes zur Bekämpfung
der illegalen Beschäftigung vom 15. Dezember 1981, BGBl I S. 1390, ins Ar-
beitnehmerüberlassungsgesetz eingefügt worden. Zum damaligen Zeitpunkt
war das Beteiligungsrecht des Betriebsrats des Entleiherbetriebes bei der Ein-
stellung von Leiharbeitnehmern auf der Grundlage von § 99 BetrVG in der
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bereits anerkannt (vgl. Beschluss
vom 14. Mai 1974 - 1 ABR 40/73 - BAGE 26, 149 <154 ff.>). Unter zustimmen-
der Bezugnahme auf diese Entscheidung hat ausweislich der Gesetzesmateria-
lien der Gesetzgeber die Regelung in § 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG getroffen und
diese als „Klarstellung“ bezeichnet (vgl. BTDrucks 9/800 S. 7 f.; 9/847 S. 8 f.;
9/975 S. 6 f., 24).
Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, dass die Regelung in § 14
Abs. 3 Satz 1 AÜG gegenüber derjenigen in § 99 BetrVG keinerlei eigenständi-
ge Bedeutung hat. Vielmehr ist sie konstitutiv in dem Sinne, dass die Leitent-
scheidung des Gesetzgebers für die Beteiligung des Betriebsrats im Entleiher-
betrieb nicht mehr durch eine einschränkende Auslegung des Mitbestimmungs-
tatbestandes „Einstellung“ beiseite geschoben werden darf. In der neueren
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt dies zutreffend darin zum
Ausdruck, dass in der Übernahme des Leiharbeitnehmers nach § 14 Abs. 3
Satz 1 AÜG die als Einstellung im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG zu erachtende
Eingliederung in den Entleiherbetrieb gesehen wird (vgl. Beschlüsse vom
23. Januar 2008 - 1 ABR 74/06 - BAGE 125, 306 Rn. 22 und vom 17. Juni 2008
- 1 ABR 39/07 - AP Nr. 34 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppierung Rn. 21).
b) Nach § 14 Abs. 4 AÜG gilt § 14 Abs. 3 AÜG für die Anwendung des Bun-
despersonalvertretungsgesetzes sinngemäß. Dementsprechend tritt bei der
Beteiligung des Personalrats an der Übernahme eines Leiharbeitnehmers § 75
Abs. 1 Nr. 1 BPersVG - einschließlich der bei der Mitbestimmung in Personal-
angelegenheiten anzuwendenden Bestimmungen, insbesondere § 77 Abs. 2
BPersVG - an die Stelle von § 99 BetrVG (vgl. Altvater u.a., a.a.O. § 75 Rn. 17;
Hamann, in: Schüren/Hamann, Arbeitnehmerüberlassungsgesetz, 4. Aufl. 2010,
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§ 14 Rn. 608; Wank, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 10. Aufl. 2010,
§ 14 AÜG Rn. 31). Für das Verhältnis zwischen § 14 Abs. 4 AÜG und § 75
Abs. 1 Nr. 1 BPersVG kann nichts anderes gelten als für dasjenige zwischen
§ 14 Abs. 3 Satz 1 AÜG und § 99 BetrVG. Die Regelung in § 14 Abs. 3 Satz 1,
Abs. 4 AÜG hat daher aus dem genannten Grunde eigenständige Bedeutung;
ihr Inhalt ist von der Auslegung des Merkmals „Einstellung“ in § 75 Abs. 1 Nr. 1
BPersVG im Kern unabhängig. An seiner in die gegenteilige Richtung
weisenden Rechtsprechung, derzufolge der Regelung in § 14 Abs. 3 Satz 1,
Abs. 4 AÜG lediglich deklaratorische Bedeutung beizumessen ist (vgl.
Beschlüsse vom 20. Mai 1992 - BVerwG 6 P 4.90 - BVerwGE 90, 194 <202> =
Buchholz 251.8 § 80 RhPPersVG Nr. 8 S. 31 f., vom 15. März 1994 - BVerwG
6 P 24.92 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 89 S. 2 und vom 6. September
1995 - BVerwG 6 P 9.93 - BVerwGE 99, 214 <220 f.> = Buchholz 251.5 § 77
HePersVG Nr. 4 S. 6), hält der Senat nicht uneingeschränkt fest.
Der Beteiligungstatbestand „Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeits-
leistung“ bestimmt sich auch im Anwendungsbereich des Bundespersonalver-
tretungsgesetzes nach der Erscheinungsform der Arbeitnehmerüberlassung,
wie sie dem Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zugrunde liegt. Danach ist Ar-
beitnehmerüberlassung durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbe-
ziehung zwischen Verleiher und Entleiher einerseits und Verleiher und Arbeit-
nehmer andererseits sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Bezie-
hung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet. Bei ihr werden
dem Entleiher die Arbeitskräfte - anders als im Rahmen eines Werkvertrages -
zur Arbeitsleistung zur Verfügung gestellt. Der Entleiher ist berechtigt, sie nach
seinen Vorstellungen und Zielen im Betrieb wie eigene Arbeitnehmer einzuset-
zen. Leiharbeitnehmer sind in den Entleiherbetrieb voll eingegliedert und führen
ihre Arbeiten ausschließlich nach den Weisungen des Entleihers aus (vgl. BAG,
Beschluss vom 25. Januar 2005 - 1 ABR 61/03 - BAGE 113, 218 <224>). Über-
nahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleistung im Sinne von § 14 Abs. 3
Satz 1, Abs. 4 AÜG ist daher die Eingliederung des Leiharbeitnehmers in die
Dienststelle, die durch Arbeitsaufnahme nach Weisung des Dienststellenleiters
geschieht.
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c) Die Eigenständigkeit der Regelung in § 14 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 AÜG hat zur
Folge, dass Einschränkungen der Mitbestimmung nach § 75 Abs. 1 Nr. 1
BPersVG, die ihre Grundlage in der Auslegung des Tatbestandsmerkmals „Ein-
stellung“ finden, nicht zum Zuge kommen, soweit sie im Widerspruch stehen zur
Entscheidung des Gesetzgebers für die Beteiligung des Personalrats bei der
Übernahme von Leiharbeitnehmern. Dies gilt auch für die Senatsrechtspre-
chung, nach der mit Blick auf die Regelung in § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV eine mit-
bestimmungspflichtige Einstellung regelmäßig nicht vorliegt, wenn die vorgese-
hene Tätigkeit in der Dienststelle auf längstens zwei Monate befristet ist (vgl.
Beschlüsse vom 27. November 1991 - BVerwG 6 P 15.90 - Buchholz 251.8
§ 80 RhPPersVG Nr. 6 und vom 23. März 1999 - BVerwG 6 P 10.97 - BVerwGE
108, 347 <351 f.> = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 98 S. 4 f.; dazu kritisch:
BAG, Beschluss vom 25. Januar 2005 - 1 ABR 59/03 - BAGE 113, 206 <213>).
Diese Einschränkung scheidet hier aus, weil andernfalls die Beteiligung des
Personalrats bei der Übernahme von Leiharbeitnehmern nach § 14 Abs. 3
Satz 1, Abs. 4 AÜG weitgehend leerläuft.
Dass die Tätigkeit des Leiharbeitnehmers im Entleiherbetrieb nur von kurzer
Dauer ist, ist für die Arbeitnehmerüberlassung typisch. Diese Erscheinungsform
war für den Gesetzgeber bei der Einführung des Beteiligungstatbestandes im
Jahre 1981 prägend. Daran hat die weitere Rechtsentwicklung nichts Wesentli-
ches geändert. Zwar ist mit dem 1. Januar 2003 jegliche gesetzliche Ein-
schränkung der Überlassungsdauer entfallen, so dass Leiharbeitnehmer seit-
dem ohne zeitliche Begrenzung an denselben Entleiher überlassen werden
können (vgl. Art. 6 Nr. 3 Buchst. b des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleis-
tung am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002, BGBl I S. 4607). Dessen unge-
achtet ist weiterhin davon auszugehen, dass der überwiegende Teil der Über-
lassungsfälle nur von kurzer Dauer ist (vgl. den Zehnten Bericht der Bundesre-
gierung über Erfahrungen bei der Anwendung des Arbeitnehmerüberlassungs-
gesetzes vom 30. September 2005, BTDrucks 15/6008 S. 16). Die Kurzfristig-
keit der Überlassungsfälle ist daher weiterhin Grundlage für die Gesetzesaus-
legung und -anwendung. Es verbietet sich somit, Einsätze im Entleiherbetrieb
unterhalb einer bestimmten Dauer von der Mitbestimmung auszunehmen.
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d) Eine nach § 14 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 AÜG i.V.m. § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG
mitbestimmungspflichtige Übernahme eines Leiharbeitnehmers in die Dienst-
stelle liegt erst vor, wenn der Leiharbeitnehmer dort zur Arbeitsleistung einge-
gliedert wird. Damit löst allein der zwischen dem Rechtsträger der Dienststelle
und dem Verleiher abgeschlossene Überlassungsvertrag noch keine Beteili-
gungsrechte des Personalrats aus. Gleiches gilt für eine Vereinbarung zwi-
schen Verleiher und Entleiher darüber, welche Arbeitnehmer der Verleiher in die
Dienststelle entsenden kann. Allein damit ist noch keine Eingliederung in die
Dienststelle verbunden. Deren Beschäftigte sind noch nicht betroffen (vgl. BAG,
Beschluss vom 23. Januar 2008 a.a.O. Rn. 23).
Mitbestimmungspflichtig ist erst der tatsächliche Einsatz von Leiharbeitnehmern
in der Dienststelle. Erfasst ist jede noch so kurze tatsächliche Beschäftigung.
Bei mehreren aufeinanderfolgenden befristeten Einsätzen löst jeder von ihnen
die Mitbestimmung aus (vgl. BAG, Beschluss vom 23. Januar 2008 a.a.O.
Rn. 24; vgl. zur Verlängerung eines befristeten Arbeitsverhältnisses: Beschlüs-
se vom 13. Februar 1979 - BVerwG 6 P 48.78 - BVerwGE 57, 280 = Buchholz
238.3 A § 75 BPersVG Nr. 10 und vom 23. März 1999 a.a.O. S. 349 bzw. S. 2).
So liegt es auch, wenn den jeweils befristeten Eingliederungen eine Rahmen-
vereinbarung zugrunde liegt. Dies folgt aus dem Schutzzweck der Mitbestim-
mung bei Einstellung, der seinen Niederschlag in den Zustimmungsverweige-
rungsgründen des § 77 Abs. 2 BPersVG gefunden hat und vorrangig den Inte-
ressen der in der Dienststelle bereits tätigen Beschäftigten dient (vgl. Beschluss
vom 21. März 2007 - BVerwG 6 P 4.06 - BVerwGE 128, 212 = Buchholz 251.8
§ 78 RhPPersVG Nr. 1 Rn. 31). Für die Beurteilung des Vorliegens von Zu-
stimmungsverweigerungsgründen insbesondere nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 und 3
BPersVG ist die Kenntnis von Dauer und zeitlichem Umfang der Tätigkeit des
eingestellten Arbeitnehmers von wesentlicher Bedeutung. Dementsprechend
kann auch eine erhebliche Erhöhung der Arbeitszeit eines bereits beschäftigten
Arbeitnehmers eine mitbestimmungspflichtige Einstellung darstellen (vgl. Be-
schluss vom 23. März 1999 a.a.O. S. 350 f. bzw. S. 4). Die Besonderheiten der
Arbeitnehmerüberlassung reduzieren insoweit die Mitbestimmungsrechte des
Personalrats nicht. Dies gilt auch, wenn Dienststelle und Verleiher die Ent-
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scheidung über die konkrete Auswahl der auf Anforderung der Dienststelle zum
Einsatz kommenden Arbeitnehmer dem Verleiher überlassen. Auch in einem
solchen Fall stellen jeder Einsatz und jeder Austausch eine erneute Übernahme
im Sinne von § 14 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 AÜG dar und lösen das Mitbestim-
mungsrecht nach § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG aus. Die im Interesse der Be-
schäftigten bestehenden Mitbestimmungsrechte des Personalrats bei der Ein-
stellung von Arbeitnehmern würden weitgehend entwertet und wären nicht
sinnvoll wahrzunehmen, wenn sie sich auf die Übernahme eines Leiharbeit-
nehmers in einen Stellenpool oder seinen erstmaligen Einsatz beschränken
würden und völlig offen wäre, wie oft, wie lange und in welchem zeitlichen Um-
fang er künftig eingesetzt werden wird (BAG, Beschluss vom 23. Januar 2008
a.a.O. Rn. 25; Wank, a.a.O. § 14 AÜG Rn. 20; Koch, in: Schaub, Arbeits-
rechtshandbuch, 13. Aufl. 2009, § 120 Rn. 95; Schüren, in: Münchener Hand-
buch zum Arbeitsrecht, 3. Aufl. 2009, § 318 Rn. 59; Wensing/Freise, BB 2004,
2238 <2239>; von Tiling, BB 2009, 2422 f.; Böhm, DB 2008, 2026; Hamann,
a.a.O. § 14 Rn. 149).
Damit setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu seiner Rechtsprechung zur
Einstellung von Abrufkräften, nach der auf den engen Zusammenhang der ein-
zelnen Beschäftigungsfälle und den dadurch gegebenen einheitlichen perso-
nalvertretungsrechtlichen Lebensvorgang abgestellt wird (vgl. Beschluss vom
3. Februar 1993 - BVerwG 6 P 28.91 - BVerwGE 92, 47 <52, 55> = Buchholz
250 § 75 BPersVG Nr. 84 S. 114, 117). Wie bereits ausgeführt, sieht der Ge-
setzgeber im Bereich der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung einen
speziellen kollektivrechtlichen Schutzbedarf, dem die Auslegung des Beteili-
gungstatbestandes Rechnung zu tragen hat. Dementsprechend erblickt das
Bundesarbeitsgericht im zitierten Beschluss vom 23. Januar 2008 keinen Wi-
derspruch zu seiner Rechtsprechung, wonach der Betriebsrat bereits vor Ab-
schluss eines Rahmenvertrages mit einer Aushilfskraft nach § 99 BetrVG zu
beteiligen ist (vgl. Beschluss vom 28. April 1992 - 1 ABR 73/91 - BAGE 70, 147
<154 ff.>).
4. Demnach ist der Abschluss eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages ein-
schließlich einer Liste der akkreditierten Mitarbeiter sowie einer Leistungsbe-
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schreibung und eines Leistungsverzeichnisses, wie er in den Anlassfällen zwi-
schen dem Verleiher und dem für den Bund als Entleiher handelnden Beteilig-
ten zu 1 vereinbart wurde, keine mitbestimmungspflichtige Übernahme von
Leiharbeitnehmern im Sinne von § 14 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 AÜG i.V.m. § 75
Abs. 1 Nr. 1 BPersVG. Aus dem Vertragswerk ergibt sich zwar, für welche Ar-
beiten die Leiharbeitnehmer eingesetzt werden sollen, zu welchen Tageszeit-
räumen dies geschehen soll und welche namentlich genannten Leiharbeitneh-
mer für die Einsätze in Betracht kommen. Das Vertragswerk gibt jedoch keine
Auskunft darüber, welche Leiharbeitnehmer in welchem nach Zeitpunkt, Dauer
und Häufigkeit konkretisierten Umfang in der Dienststelle zum Einsatz kommen
sollen. Die Vorlagen, die der Beteiligte zu 1 seinerzeit an den Antragsteller ge-
richtet hatte, verhalten sich dazu ebenfalls nicht.
Die hier in Rede stehenden Arbeitnehmerüberlassungsverträge sind dahin zu
verstehen, dass die Auswahl der Leiharbeitnehmer für den jeweiligen Einsatz
durch den Verleiher nach Abruf durch den Beteiligten zu 1 vorgenommen wird.
Mit der Klausel in § 2 Abs. 1 Unterabs. 2 Satz 2 des Vertrages ist offensichtlich
die telefonische Erreichbarkeit des Verleihers angesprochen. Die Regelung in
§ 7 des Vertrages über den Arbeitnehmeraustausch spricht ebenfalls für dieses
Verständnis. Angesichts der logistischen Probleme, die ein direktes Abrufrecht
des Entleihers für den Verleiher mit sich bringt (vgl. Hamann, NZA 2008, 1042
<1044>), wäre für eine dahingehende Gestaltung eine eindeutige vertragliche
Regelung zu fordern, die hier nicht vorliegt. Abgesehen davon kann es für den
Schutz der Stammbelegschaft, den die Regelung in § 14 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4
AÜG vornehmlich im Auge hat, keinen Unterschied machen, ob die Leiharbeit-
nehmer vom Entleiher direkt oder nach Einschaltung des Verleihers abgerufen
werden. Dies sieht offenbar das Bundesarbeitsgericht ebenso. Denn es hat
„auch“ den Fall einbezogen, in welchem Arbeitgeber und Verleiher die Ent-
scheidung über die konkrete Auswahl der auf Anforderung des Arbeitgebers
zum Einsatz kommenden Leiharbeitnehmer dem Verleiher überlassen (Be-
schluss vom 23. Januar 2008 a.a.O. Rn. 25); der andere Fall - direkter Abruf
durch den Arbeitgeber - sollte offenbar erst recht erfasst sein (a.A. Hamann,
NZA 2008, 1042 <1043 f.>).
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Aus der fehlenden Mitbestimmungspflichtigkeit der hier in Rede stehenden Ar-
beitnehmerüberlassungsverträge folgt zugleich, dass eine dahingehende Vor-
lage des Beteiligten zu 1 nicht zustimmungsfähig ist. In solchen Fällen müssen
die Beteiligten zu 1 und 2 die Vorlage entweder zurückziehen oder in der Weise
ergänzen, dass die Zustimmung zu bestimmten, in ihrem Umfang konkretisier-
ten Eingliederungen begehrt wird (vgl. BAG, Beschluss vom 23. Januar 2008
a.a.O. Rn. 26). Keinesfalls darf der Beteiligte zu 2 das Mitbestimmungsverfah-
ren abbrechen in der Erwägung, die Zustimmung des Antragstellers zum Ein-
satz der Leiharbeitnehmer in der Dienststelle während des Vertragszeitraums
gelte als erteilt (§ 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG). Dies gilt insbesondere dann,
wenn der Antragsteller mit seinen Einwänden bezweckt, die Zustimmungsfähig-
keit der Vorlage herbeizuführen bzw. ihre Überprüfung anhand denkbarer Zu-
stimmungsverweigerungsgründe zu ermöglichen. Darauf zielen die im ange-
fochtenen Beschluss tenorierten Einwände des Antragstellers ab:
a) Mit seinem Einwand zu a) nimmt der Antragsteller Bezug auf Position
01.03.0010 des Leistungsverzeichnisses (Anlage 3 der Arbeitnehmerüberlas-
sungsverträge), wonach Leiharbeitnehmer im Wechselschichtdienst eingesetzt
werden sollen. Er will wissen, welche Leiharbeitnehmer regelmäßig im Wech-
selschichtdienst mit der Stammbelegschaft eingesetzt werden sollen. Die na-
mentliche Benennung derjenigen Leiharbeitnehmer, die im Wechselschicht-
dienst eingesetzt werden sollen, ist zur Konkretisierung der mitbestimmungs-
pflichtigen Eingliederung unentbehrlich.
Zugleich bringt der Antragsteller in diesem Zusammenhang zum Ausdruck,
dass er einen jeweils wechselnden unbestimmten Einsatz von Leiharbeitneh-
mern aus der Akkreditierungsliste ablehnt. Damit macht er der Sache nach ei-
nen Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG gel-
tend. Danach kann der Personalrat in Personalangelegenheiten der Arbeit-
nehmer seine Zustimmung verweigern, wenn die durch Tatsachen begründete
Besorgnis besteht, dass durch die Maßnahme Beschäftigte der Dienststelle
benachteiligt werden, ohne dass dies aus dienstlichen oder persönlichen Grün-
den gerechtfertigt ist. Für eine Benachteiligung können rein tatsächliche Belas-
tungen ausreichen. Ein Nachteil kann schon in bloß tatsächlichen, für die Ar-
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beitnehmer ungünstigen Auswirkungen liegen. Dazu zählen vorhersehbare tat-
sächliche Erschwerungen der Arbeit von nicht unerheblichem Gewicht, die von
der Belegschaft abgewendet werden sollen (vgl. Beschlüsse vom 4. Juni 1993
- BVerwG 6 P 33.91 - Buchholz 251.2 § 86 BlnPersVG Nr. 3 S. 15 f. und vom
21. März 2007 a.a.O. Rn. 32; BAG, Beschluss vom 2. April 1996 - 1 ABR
39/95 - AP Nr. 9 zu § 99 BetrVG 1972 Versetzung Bl. 1842).
Der Antragsteller befürchtet, dass der unregelmäßige Einsatz von Leiharbeit-
nehmern im Schleusendecksdienst zu Erschwernissen für die im Wechsel-
schichtdienst tätigen regulären Beschäftigten führt. Diese Sorge ist nicht von
vornherein von der Hand zu weisen. Ob sie zutrifft, ist im Mitbestimmungsver-
fahren zu prüfen.
b) Mit seinem Einwand zu b) nimmt der Antragsteller Bezug auf Position
B01.04.0010 des Leistungsverzeichnisses, wonach Leiharbeitnehmer bei Be-
darf auf besondere Anforderungen des Beteiligten zu 1 zum Einsatz kommen
sollen. Er wünscht vom Beteiligten zu 1 den jeweiligen Grund für die besondere
Anforderung eines Leiharbeitnehmers zu erfahren. Dies zielt letztlich ebenfalls
auf den Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG ab.
Der Antragsteller will vermeiden, dass Leiharbeitnehmer zum Einsatz kommen,
obschon reguläre Beschäftigte zur Verfügung stehen, um die anfallenden Ar-
beiten zu erledigen. Er will prüfen, ob Gründe für die Anforderung von Leihar-
beitnehmern, wie z.B. Urlaub, Krankheit oder Fortbildung von regulären Be-
schäftigten tatsächlich vorliegen. Da jeder dieser besonderen Einsätze mitbe-
stimmungspflichtig ist, hat der Beteiligte zu 1 die entsprechende Information zu
erteilen (§ 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG).
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5. Der Senat hat Buchstabe b des Tenors im Wege der Berichtigung nach § 319
ZPO neu gefasst (vgl. Beschluss vom 21. Dezember 2006 - BVerwG 6 PB
17.06 - Buchholz 251.91 § 39 SächsPersVG Nr. 1 Rn. 5). Die Beteiligten sind
gehört worden.
Dr. Bardenhewer
Büge
Dr. Graulich
Vormeier
Dr. Bier
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Sachgebiet:
BVerwGE:
ja
Personalvertretungsrecht
Fachpresse: ja
Rechtsquellen:
BPersVG
§§ 75, 77
AÜG
§ 14
Stichworte:
Mitbestimmung des Personalrats bei der Übernahme von Leiharbeitnehmern
zur Arbeitsleistung in der Dienststelle.
Leitsätze:
1. Unter der nach § 14 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 AÜG der Mitbestimmung des Per-
sonalrats unterliegenden Übernahme eines Leiharbeitnehmers zur Arbeitsleis-
tung ist die Eingliederung des Leiharbeitnehmers in die Dienststelle zu verste-
hen, die durch Arbeitsaufnahme nach Weisung des Dienststellenleiters ge-
schieht.
2. Einsätze des Leiharbeitnehmers in der Dienststelle von kurzer Dauer sind
von der Mitbestimmung des Personalrats nicht ausgenommen.
3. Der zwischen dem Verleiher und dem Bund als Entleiher abgeschlossene
Überlassungsvertrag löst auch dann kein Beteiligungsrecht des Personalrats
aus, wenn er eine Liste der zur Arbeitsleistung überlassenen Arbeitnehmer ent-
hält.
Beschluss des 6. Senats vom 7. April 2010 - BVerwG 6 P 6.09
I. VG Schleswig vom 07.03.2007 - Az.: VG 18 A 5/06 -
II. OVG Schleswig vom 28.10.2008 - Az.: OVG 11 LB 5/08 -