Urteil des BVerwG vom 24.09.2013

Geschäftsführer, Gemeinsame Einrichtung, Mitbestimmungsrecht, Versetzung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
BVerwG 6 P 4.13
VG 71 K 25.12 PVB
In der Personalvertretungssache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 24. September 2013
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Dr. Graulich, Dr. Möller und
Prof. Dr. Hecker
beschlossen:
Die Sprungrechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 gegen
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin, Fach-
kammer für Personalvertretungssachen - Bund -, vom
8. Februar 2013 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen,
dass die erstinstanzliche Feststellung wie folgt ersetzt
wird:
Es wird festgestellt, dass die im Anschluss an die Billigung
durch die Beteiligte zu 2 im Oktober 2012 getroffene Ent-
scheidung des Beteiligten zu 1, dem bei der Agentur für
Arbeit B. beschäftigten Arbeitnehmer Jörg L. eine Tätigkeit
beim Jobcenter B. zuzuweisen, das Mitbestimmungsrecht
des Antragstellers verletzt.
G r ü n d e :
I
Mit Schreiben vom 27. August 2012 unterrichtete der Geschäftsführer des Job-
centers B., der Beteiligte zu 1, den dortigen Personalrat, den Antragsteller, von
der Absicht, dem bei der Agentur für Arbeit B. beschäftigten Arbeitnehmer
Jörg L. die Aufgaben eines Fachassistenten Eingangszone im Jobcenter B. ab
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1. September 2012 zuzuweisen, und bat um Zustimmung. Der Antragsteller
entschied in seiner Sitzung vom 4. September 2012, die erbetene Zustimmung
zu verweigern. Davon unterrichtete er den Beteiligten zu 1 mit Schreiben vom
6. September 2012. Dieser teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom
17. September 2012 mit, dass er die Angelegenheit der Trägerversammlung
des Jobcenters B., der Beteiligten zu 2, als übergeordneter Dienststelle am
14. September 2012 vorgelegt habe. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2012 unter-
richtete der Beteiligte zu 1 den Antragsteller davon, dass die Beteiligte zu 2 die
Zustimmungsverweigerung einstimmig für unbegründet erklärt habe, womit die
Maßnahme als gebilligt gelte; die Umsetzung werde veranlasst.
Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die Zuweisung des Beschäftigten
L. ohne Zustimmung des Antragstellers oder ohne zustimmungsersetzende
Entscheidung der Einigungsstelle dessen Mitbestimmungsrecht verletzt. Zur
Begründung hat es ausgeführt: In der vorliegenden Fallgestaltung sei die Zu-
weisung nach § 75 Abs. 1 Nr. 4a BPersVG mitbestimmungspflichtig. Im Fall des
Arbeitnehmers L. habe der Antragsteller seine Zustimmung form- und fristge-
recht sowie mit beachtlicher Begründung verweigert. Bei beachtlicher Zustim-
mungsverweigerung durch den Personalrat des Jobcenters und dem vergebli-
chen Versuch der Einigung mit dem Geschäftsführer müsse auf Vorlage von
einer der beiden Seiten die Trägerversammlung mit dem Personalrat eine Eini-
gung versuchen. Bei Ausbleiben der Einigung sei eine Einigungsstelle von der
Trägerversammlung unter Einbezug des Personalrats zu bilden und mit der An-
gelegenheit zu befassen, falls nicht die beabsichtigte Maßnahme aufgegeben
werde. Eine Bestimmung, wonach die Trägerversammlung eine Streitfrage zwi-
schen Personalvertretung und Dienststellenleitung ohne Weiteres verbindlich
entscheide, finde sich in den einschlägigen gesetzlichen Regelungen nicht.
Zwar habe der Gesetzgeber die Existenz einer Stufenvertretung für den Bereich
der gemeinsamen Einrichtungen abbedungen. Zugleich habe er jedoch die Per-
sonalvertretung der gemeinsamen Einrichtung in die Rechte einer fehlenden
Stufenvertretung eingesetzt. Ihr stünden alle Rechte entsprechend den Rege-
lungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes zu, soweit die Trägerversamm-
lung entscheidungsbefugt sei. Das schließe die ihr obliegenden Befugnisse im
Verfahren der Nichteinigung und im Einigungsstellenverfahren ein.
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Der Beteiligte zu 1 trägt zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht zuge-
lassenen Sprungrechtsbeschwerde vor: Anders als im Bereich einer mehrstufi-
gen Verwaltung nach den Regelungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes
vorgesehen, bestehe bei den Jobcentern keine Stufenvertretung. Zwar sehe
§ 44c Abs. 3 SGB II ausdrücklich vor, dass die Trägerversammlung in Streitfra-
gen zwischen Personalvertretung und Geschäftsführer die Aufgaben einer
übergeordneten Dienststelle und obersten Dienstbehörde nach den §§ 69 bis
72 BPersVG wahrnehme. Eine vergleichbare Regelung für die Wahrnehmung
der Rechte der Stufenvertretung durch den Personalrat des Jobcenters enthalte
das Gesetz aber nicht. Der Verweis in § 44c Abs. 3 SGB II könne daher nur so
verstanden werden, dass - auch ohne Beteiligung einer Stufenvertretung - die
übergeordnete Dienststelle, mithin die Trägerversammlung, im Fall einer Zu-
stimmungsverweigerung des Personalrats abschließend entscheide. Aus der
Regelung in § 44h Abs. 3 SGB II ergebe sich lediglich, dass - für den Fall der
Zuständigkeit von Trägerversammlung oder Geschäftsführer der gemeinsamen
Einrichtung - die Mitbestimmung vom Personalrat der gemeinsamen Einrichtung
und nicht von demjenigen des jeweiligen Trägers wahrgenommen werde; inso-
fern handele es sich um eine Zuständigkeitsregelung. Dagegen, den Personal-
rat als Stufenvertretung anzusehen, spreche die Intention des Gesetzgebers, im
Rahmen des Stufenverfahrens eine Entscheidung durch nicht vorbefasste Or-
gane herbeizuführen, welche eine größere Distanz zur Dienststelle hätten. Das
Letztentscheidungsrecht der Trägerversammlung in ihrer Rolle als oberste
Dienstbehörde stehe mit dem demokratischen Prinzip in Einklang, wonach die
Einigungsstelle in Abweichung vom Gesetzeswortlaut in den Fällen des § 75
Abs. 1 BPersVG nicht verbindlich entscheide, sondern lediglich eine Empfeh-
lung aussprechen könne.
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Der Beteiligte zu 1 beantragt sinngemäß,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den An-
trag abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Sprungrechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.
Die Beteiligte zu 2 und der Vertreter des Bundesinteresses schließen sich den
Ausführungen des Beteiligten zu 1 an.
II
Die zulässige Sprungrechtsbeschwerde des Beteiligten zu 1 ist nicht begründet.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung
oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG
i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1, § 96a Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Die im Anschluss an die
Billigung durch die Beteiligte zu 2 im Oktober 2012 getroffene Entscheidung des
Beteiligten zu 1, dem bei der Agentur für Arbeit B. beschäftigten Arbeitnehmer
Jörg L. eine Tätigkeit beim Jobcenter B. zuzuweisen, verletzt das Mitbestim-
mungsrecht des Antragstellers.
1. Das Feststellungsbegehren des Antragstellers bedarf der Auslegung. Der im
Anhörungstermin des Verwaltungsgerichts gestellte und vom Verwaltungsge-
richt tenorierte Antrag erweckt den Anschein, als ginge es dem Antragsteller
auch darum, die von ihm erstrebte Entscheidung der Einigungsstelle als ver-
bindlich anzuerkennen. Tatsächlich ist dies jedoch ausweislich seiner Ausfüh-
rungen nicht der Fall. Er beanstandet vielmehr, dass ein Einigungsstellenver-
fahren nicht stattgefunden hat. Der Sache nach ist sein Begehren auf die ge-
richtliche Feststellung gerichtet, dass das von den Beteiligten zu 1 und 2 einge-
schlagene Verfahren - endgültige Entscheidung der Beteiligten zu 2 über die
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vom Beteiligten zu 1 beabsichtigte, vom Antragsteller abgelehnte Maßnahme
und anschließender Vollzug dieser Maßnahme - das Mitbestimmungsrecht ver-
letzt.
2. Die Entscheidung des Beteiligten zu 1, einem bisher bei der Agentur für Ar-
beit beschäftigten Arbeitnehmer eine Tätigkeit beim Jobcenter zuzuweisen, un-
terliegt der Mitbestimmung des Antragstellers.
a) Der Antragsteller ist der Personalrat einer gemeinsamen Einrichtung (§ 44h
Abs. 1 Satz 1 SGB II i.d.F. der Bekanntmachung vom 13. Mai 2011, BGBl I
S. 850, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 7. Mai 2013, BGBl I
S. 1167). Solche gemeinsamen Einrichtungen werden von den für die Grundsi-
cherung für Arbeitssuchende zuständigen Leistungsträgern gebildet, nämlich
von der Bundesagentur für Arbeit und den kommunalen Trägern; sie führen die
Bezeichnung „Jobcenter“ (§ 6 Abs. 1 Satz 1, §§ 6d, 44b Abs. 1 Satz 1 SGB II).
b) Für den Personalrat des Jobcenters gelten die Regelungen des Bundesper-
sonalvertretungsgesetzes entsprechend (§ 44h Abs. 1 Satz 2 SGB II). Zu die-
sen Regelungen zählt § 75 Abs. 1 Nr. 4a BPersVG. Danach hat der Personalrat
mitzubestimmen in Personalangelegenheiten der Arbeitnehmer bei Zuweisung
entsprechend § 29 BBG für eine Dauer von mehr als drei Monaten.
c) Dem Personalrat des Jobcenters stehen alle Rechte entsprechend den Re-
gelungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes zu, soweit der Geschäfts-
führer des Jobcenters Entscheidungsbefugnisse in personalrechtlichen Angele-
genheiten hat (§ 44h Abs. 3 SGB II). Zu diesen Entscheidungsbefugnissen ge-
hört die Zustimmung des Geschäftsführers, deren der Leistungsträger bei spä-
teren Zuweisungen nach § 44g Abs. 2 SGB II bedarf. Bei diesen Zuweisungen
handelt es sich mit Blick auf die summarische gesetzliche Zuweisung nach
§ 44g Abs. 1 SGB II um solche, die nach dem 31. Dezember 2010 im Einzelfall
nach den tarifrechtlichen Regelungen erfolgen.
d) Wird einem bei der Bundesagentur beschäftigten Arbeitnehmer eine Tätigkeit
beim Jobcenter zugewiesen, so richtet sich dies nach dem Tarifvertrag für die
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Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA)
vom 28. März 2006 i.d.F. des 11. Änderungstarifvertrages. Nach § 4 Abs. 3
Satz 1 TV-BA kann Arbeitnehmern der Bundesagentur im Hinblick auf das drin-
gende öffentliche Interesse an der Umsetzung des SGB II ausschließlich für
diesen Zweck eine mindestens gleichwertige Tätigkeit in einer gemeinsamen
Einrichtung zugewiesen werden. Wie § 4 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 TV-BA - im
Einklang mit § 44g Abs. 4 Satz 1 SGB II - klarstellt, bleibt die Rechtsstellung der
Arbeitnehmer durch die Zuweisung unberührt.
e) Die Zuweisung nach § 44g Abs. 2 SGB II i.V.m. § 4 Abs. 3 Satz 1 TV-BA ist
im Sinne von § 75 Abs. 1 Nr. 4a BPersVG eine Zuweisung entsprechend § 29
BBG.
aa) Der vorbezeichnete arbeitnehmerbezogene Mitbestimmungstatbestand
steht im systematischen Zusammenhang mit der Parallelnorm in § 76 Abs. 1
Nr. 5a BPersVG, wonach der Personalrat mitzubestimmen hat in Personalange-
legenheiten der Beamten bei Zuweisung nach § 29 BBG für eine Dauer von
mehr als drei Monaten. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Vorschrift ist das
beamtenrechtliche Verständnis von einer Zuweisung für den Mitbestimmungs-
tatbestand maßgeblich. § 29 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BBG regelt materielle
Voraussetzungen einer Zuweisung, ohne zugleich zu definieren, was begrifflich
unter einer Zuweisung zu verstehen ist. Gegenstand der Zuweisung ist die Ver-
lagerung der Tätigkeit eines Beamten zu einer öffentlichen Einrichtung ohne
Dienstherrnfähigkeit oder privatrechtlich organisierten Einrichtung unter Beibe-
haltung des Beamtenverhältnisses (§ 29 Abs. 3 BBG). Damit steht die Zuwei-
sung im Gegensatz zur Abordnung und Versetzung, für welche nach den Le-
galdefinitionen in § 27 Abs. 1 Satz 1 und § 28 Abs. 1 BBG die Übertragung ei-
ner Tätigkeit bzw. eines Amtes bei einer anderen Dienststelle bei demselben
oder einem anderen Dienstherren wesensgemäß ist. Ungeachtet ihrer jeweili-
gen Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen enthält die Zuweisung begrifflich einen
gewissen Auffangcharakter. Als Zuweisung kann demnach jede Tätigkeitsverla-
gerung in Betracht gezogen werden, die nicht Abordnung oder Versetzung ist.
Wird einem Beamten der Bundesagentur eine Tätigkeit beim Jobcenter zuge-
wiesen, bei welcher es sich um eine öffentliche Einrichtung ohne Dienstherrnfä-
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higkeit handelt, so wird dieser Vorgang jedenfalls von § 29 BBG erfasst (vgl.
Jork, in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand Juli 2013, K § 44g Rn. 10 und 27 ff.;
Theuerkauf, in: Hohm, GK SGB II, Stand August 2013, § 44g Rn. 4 f.; Knapp,
in: jurisPK-SGB II, 3. Aufl. 2012, § 44g Rn. 10 und 33).
bb) Das hier anzuwendende Tarifrecht weist eine dem Beamtenrecht ähnliche
Rechtssystematik auf. Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 und 4 TV-BA ist Definitions-
merkmal für Abordnung und Versetzung die Beschäftigung bei einer anderen
Dienststelle der Bundesagentur. Darüber geht die Zuweisung nach § 4 Abs. 3
TV-BA hinaus, welche auf die Tätigkeit von Arbeitnehmern der Bundesagentur
bei einem Jobcenter unter Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zur Bundes-
agentur gerichtet ist. Das Jobcenter ist keine Dienststelle der Bundesagentur,
sondern eine gemeinsame Einrichtung von Bundesagentur und kommunalem
Träger. Hat daher die Zuweisung nach § 4 Abs. 3 TV-BA eine ähnliche Auffang-
funktion wie diejenige nach § 29 BBG und ist zudem die Zuweisung von Beam-
ten der Bundesagentur zum Jobcenter von § 29 BBG erfasst, so ist es gerecht-
fertigt, die Zuweisung nach § 4 Abs. 3 TV-BA als Zuweisung entsprechend § 29
BBG im Sinne des Mitbestimmungstatbestandes nach § 75 Abs. 1 Nr. 4a
BPersVG zu werten.
f) Soll einem bei der Bundesagentur beschäftigten Arbeitnehmer gemäß § 44g
Abs. 2 SGB II i.V.m. § 4 Abs. 3 TV-BA eine Tätigkeit beim Jobcenter zugewie-
sen werden, so ist die zuständige Dienststelle bei der Bundesagentur entschei-
dungsbefugt. In § 44g Abs. 2 SGB II, wonach als zusätzliches Erfordernis die
Zustimmung des Geschäftsführers des Jobcenters vorgesehen ist, wird unaus-
gesprochen vorausgesetzt, dass die Zuweisung vom jeweiligen Träger vorge-
nommen wird. Es unterliegt dessen Personalhoheit, aus seinem Personal die
Beschäftigten für die Tätigkeit im Jobcenter auszuwählen (vgl. Knapp, a.a.O.
§ 44g Rn. 35; Theuerkauf, a.a.O. § 44g Rn. 16; Jork, a.a.O. K § 44g Rn. 25).
Zur Mitbestimmung nach § 75 Abs. 1 Nr. 4a BPersVG berufen ist zunächst der
Personalrat der abgebenden Dienststelle. In der vorliegenden Fallgestaltung ist
dies die zuständige Personalvertretung bei der entscheidungsbefugten Dienst-
stelle der Bundesagentur. Sie hat die Interessen der Belegschaft der bisherigen
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Beschäftigungsdienststelle sowie des von der Zuweisung betroffenen Beschäf-
tigten wahrzunehmen (vgl. Beschlüsse vom 15. November 2006 - BVerwG 6 P
1.06 - BVerwGE 127, 142 = Buchholz 250 § 76 BPersVG Nr. 40 Rn. 29 und
vom 25. Januar 2012 - BVerwG 6 P 25.10 - BVerwGE 141, 346 = Buchholz 250
§ 76 BPersVG Nr. 42 Rn. 20; zur Versetzung im Betriebsverfassungsrecht:
BAG, Beschlüsse vom 20. September 1990 - 1 ABR 37/90 - BAGE 66, 57
<66 ff.> und vom 22. November 2005 - 1 ABR 49/04 - BAGE 116, 223 Rn. 24).
g) Nach § 75 Abs. 1 Nr. 4a BPersVG mitzubestimmen hat aber auch der Perso-
nalrat des Jobcenters als der aufnehmenden Dienststelle.
In der Senatsrechtsprechung ist anerkannt, dass bei der Versetzung neben
dem Personalrat der abgebenden grundsätzlich auch derjenige der aufneh-
menden Dienststelle zu beteiligen ist. Das Mitbestimmungsrecht des Personal-
rats der aufnehmenden Dienststelle will verhindern, dass durch die Versetzung
der dortige Dienstfrieden gestört und die dortigen Beschäftigten sachwidrig be-
nachteiligt werden (vgl. Beschlüsse vom 16. September 1994 - BVerwG 6 P
32.92 - BVerwGE 96, 355 <361 f.> = Buchholz 251.9 § 80 SaarPersVG Nr. 2
S. 10 f., vom 18. Juni 1999 - BVerwG 6 P 7.98 - Buchholz 251.7 § 72
NWPersVG Nr. 25 S. 7, vom 2. August 2005 - BVerwG 6 P 11.04 - Buchholz
251.2 § 86 BlnPersVG Nr. 5 S. 10 und vom 16. April 2012 - BVerwG 6 P 1.11 -
BVerwGE 143, 6 = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 116 Rn. 54). Entsprechen-
des gilt für die Abordnung (vgl. Beschluss vom 29. Januar 2003 - BVerwG 6 P
19.01 - Buchholz 251.2 § 87 BlnPersVG Nr. 7 S. 9) sowie wie für die Umset-
zung, wenn davon Beschäftigte mehrerer Dienststellenteile mit jeweils eigenen
Personalvertretungen berührt sind (vgl. Beschluss vom 16. Juni 2000 - BVerwG
6 P 6.99 - Buchholz 251.7 § 72 NWPersVG Nr. 26 S. 13 ff.; vgl. ferner zur be-
triebsübergreifenden Versetzung: BAG, Beschluss vom 4. Mai 2011 - 7 ABR
3/10 - BAGE 138, 25 Rn. 43).
Die vorbezeichneten Grundsätze finden ebenfalls Anwendung, wenn einem bei
der Bundesagentur beschäftigten Arbeitnehmer eine Tätigkeit bei dem Jobcen-
ter zugewiesen wird. Diese Zuweisung ist mit einer Eingliederung des betroffe-
nen Arbeitnehmers in das Jobcenter verbunden. Dadurch werden die Interes-
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sen der Beschäftigten des Jobcenters berührt. Diese Interessen wahrzunehmen
ist Aufgabe des Personalrats des Jobcenters. Beteiligungspflichtige Maßnahme
ist dabei die Zustimmung des Geschäftsführers zu einer von der Bundesagentur
veranlassten Zuweisungsentscheidung gemäß § 44g Abs. 2 SGB II. Nach dem
Willen des Gesetzgebers soll der Zustimmungsvorbehalt des Geschäftsführers
sicherstellen, dass qualifiziertes und für die Erfüllung der Aufgaben des Jobcen-
ters geeignetes Personal für die ordnungsgemäße und reibungslose Umset-
zung der Aufgaben der Grundsicherung sorgt (BTDrucks 17/1555 S. 28). Durch
den Zustimmungsvorbehalt erhält der Geschäftsführer des Jobcenters die Ge-
legenheit, maßgeblichen Einfluss auf die Zuweisungsentscheidung insgesamt
zu nehmen. Die Zustimmung des Geschäftsführers ist daher selbst als die
Maßnahme zu werten, an welcher der Personalrat des Jobcenters im Wege der
Mitbestimmung zu beteiligen ist (vgl. Jork, a.a.O. K § 44g Rn. 26; Theuerkauf,
a.a.O. § 44g Rn. 17; Schmidt/Ubrich, PersR 2011, 371 <373>, Steymans, ZfPR
2012, 125 <126>; Kaiser, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht,
4. Aufl. 2012, § 75 Rn. 118).
3. Im Falle des Arbeitnehmers L. war die Beteiligte zu 2 verpflichtet, das Stu-
fenverfahren und - sofern dort eine Einigung nicht erzielt wurde - das Eini-
gungsstellenverfahren durchzuführen. Vorher war sie zur endgültigen Entschei-
dung und folgerichtig der Beteiligte zu 1 zur Durchführung der Zuweisung nicht
befugt.
Steht wie im vorliegenden Fall fest, dass der Personalrat des Jobcenters bei der
Maßnahme des Geschäftsführers mitzubestimmen hat, so hat er diejenigen ver-
fahrensmäßigen Rechte, die nach den Bestimmungen des Bundespersonalver-
tretungsgesetzes mit dem Mitbestimmungsrecht einhergehen. Dies ergibt sich
aus der Grundaussage in § 44h Abs. 3 SGB II, wonach bei Entscheidungen des
Geschäftsführers dem Personalrat des Jobcenters „alle Rechte entsprechend
den Regelungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes“ zustehen. Entgegen
der Auffassung des Beteiligten zu 1 erschöpft sich die Regelung in § 44h Abs. 3
SGB II nicht in einer bloßen - die Personalvertretungen der Träger ausschlie-
ßenden - Zuständigkeitsregelung. Bereits die starke Formulierung zeigt, dass
der Gesetzgeber im Zuständigkeits- und Verantwortungsbereich des Jobcenters
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die Beteiligungsrechte des dortigen Personalrats - mit Blick auf die bereits in
§ 44h Abs. 1 Satz 2 SGB II angeordnete entsprechende Anwendung des Bun-
despersonalvertretungsgesetzes - bekräftigen und zugleich sicherstellen wollte.
Demgemäß kommt in den Gesetzesmaterialien zum Ausdruck, dass mit der
Einrichtung einer eigenen Personalvertretung für die Beschäftigten des Jobcen-
ters die wesentlichen Voraussetzungen für eine angemessene Mitarbeiterbetei-
ligung geschaffen werden und dass im Kompetenzbereich des Jobcenters dem
dortigen Personalrat diejenigen Beteiligungsrechte zustehen sollten, die denen
nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz entsprechen (BTDrucks 17/1555
S. 28 zu § 44h Abs. 1 und 3). Dem Gesetzgeber geht es daher um die Qualität
und Effektivität der Beteiligung. Beides bestimmt sich nach dem Beteiligungs-
tatbestand, der Art der Beteiligung und dem dabei zu beachtenden Verfahren.
Die Aussage in § 44h Abs. 3 SGB II bezieht sich daher nicht nur auf das mate-
rielle Mitbestimmungsrecht, sondern auch auf das Mitbestimmungsverfahren
(vgl. Jork, a.a.O. K § 44h Rn. 24).
a) Beabsichtigt der Geschäftsführer, eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme
zu treffen, so hat er den Personalrat des Jobcenters ordnungsgemäß zu unter-
richten und seine Zustimmung zu beantragen (§ 69 Abs. 2 Satz 1 und 2
BPersVG). Verweigert der Personalrat nach Maßgabe von § 69 Abs. 2 Satz 3
bis 5 BPersVG form- und fristgerecht die Zustimmung und will der Geschäfts-
führer an der beabsichtigten Maßnahme festhalten, so geht die Angelegenheit
nach Maßgabe von § 69 Abs. 3 Satz 1 BPersVG in das modifizierte Stufenver-
fahren über.
aa) Die Durchführung des regulären Stufenverfahrens in der Bundesverwaltung
setzt allerdings die Existenz einer übergeordneten Dienststelle mit Stufenvertre-
tung voraus. Diese Voraussetzung entfällt bereits von Rechts wegen, wenn es
an einer mehrstufigen Verwaltung fehlt (§ 53 Abs. 1 BPersVG). Eine mehrstufi-
ge Verwaltung ist ein hierarchisch aufgebauter Dienststellenorganismus, der
mindestens aus einer übergeordneten Dienststelle und nachgeordneten Dienst-
stellen besteht (vgl. Beschluss vom 3. Oktober 1958 - BVerwG 7 P 1.58 -
BVerwGE 7, 254 <255> = Buchholz 238.3 § 51 PersVG Nr. 1 S. 1 f.;
Schlatmann, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundesper-
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sonalvertretungsgesetz, Stand Juli 2013, § 53 Rn. 10 ff.; Altvater, in:
Altvater/Baden/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz,
7. Aufl. 2011, § 53 Rn. 3 f.; Sommer, in: Ilbertz/Widmaier/Sommer, Bundesper-
sonalvertretungsgesetz, 12. Aufl. 2012, § 53 Rn. 5 ff.; Fischer/Goeres/
Gronimus, in: GKöD Bd. V, Stand Juli 2013, K § 53 Rn. 9 ff.; Schwarze, in:
Richardi/Dörner/Weber, a.a.O. § 53 Rn. 12 ff.).
bb) Diese Voraussetzung erfüllt das Jobcenter nicht. Bei ihm handelt es sich um
eine einstufige Verwaltung mit zwei Organen, nämlich der Trägerversammlung
und dem Geschäftsführer (§§ 44c, 44d SGB II). Das Jobcenter ist nicht Teil der
Verwaltung der Träger, sondern diesen gegenüber eigenständig. Zwar haben
die Träger bei der Wahrnehmung der Sachaufgaben gegenüber dem Jobcenter
ein Weisungsrecht (§ 44b Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 SGB II). Dieses erstreckt sich
jedoch gerade nicht auf die personalvertretungsrechtlich relevanten Angelegen-
heiten, in denen das Jobcenter die Entscheidungsbefugnis hat (§ 44b Abs. 3
Satz 2 Halbs. 2, § 44c SGB II). Ist das Jobcenter daher nicht in den Geschäfts-
bereich einer mehrstufigen Verwaltung eingebunden, so existiert folgerichtig
keine für das Jobcenter zuständige Stufenvertretung (vgl. Luthe, in:
Hauck/Noftz, a.a.O. K § 44c Rn. 47; Abetz, in: GK SGB II, a.a.O. § 44c Rn. 152;
Knapp, a.a.O. § 44c Rn. 60; Altvater, a.a.O. § 88 Rn. 68d; Fischer/Goeres/
Gronimus, a.a.O. K § 88 Rn. 15 f.).
cc) An diesen Umstand knüpft die Regelung in § 44c Abs. 3 SGB II an. Danach
nimmt die Trägerversammlung in Streitfragen zwischen Personalrat und Ge-
schäftsführer des Jobcenters die Aufgabe einer übergeordneten Dienststelle
und obersten Dienstbehörde nach §§ 69 bis 72 BPersVG wahr. Diese Bestim-
mungen regeln das „Verfahren der Mitbestimmung und Mitwirkung“ (vgl. die
Überschrift 1. Teil 5. Kapitel 2. Abschnitt des Bundespersonalvertretungsgeset-
zes). Der übergeordneten Dienststelle kommen dabei Aufgaben im Stufenver-
fahren zu, und zwar sowohl im Bereich der Mitbestimmung (§ 69 Abs. 3 Satz 1
BPersVG) als auch im Bereich der Mitwirkung (§ 72 Abs. 4 Satz 1 und 2
BPersVG). Die oberste Dienstbehörde hat darüber hinaus Aufgaben im Eini-
gungsstellenverfahren (§ 69 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1, § 71 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2
Satz 2 BPersVG). Zudem hat sie Letztentscheidungskompetenzen (§ 69 Abs. 4
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Satz 3 und 4, § 70 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 2 BPersVG). Übergeordnete Dienststel-
le und oberste Dienstbehörde nehmen die vorbezeichneten Aufgaben nicht los-
gelöst von der Rechtsbeziehung wahr, die im förmlichen Beteiligungsverfahren
zwischen ihnen und der zuständigen Personalvertretung besteht. Diese ist im
Stufenverfahren und einem sich anschließenden Einigungsstellenverfahren die
jeweilige Stufenvertretung. Da aber beim Jobcenter eine solche Stufenvertre-
tung nicht existiert, kann die Aussage in § 44c Abs. 3 SGB II nur bedeuten,
dass die Aufgaben im Stufen- und Einigungsstellenverfahren auf der Personal-
vertretungsseite, welche ansonsten von der Stufenvertretung wahrgenommen
werden, beim Jobcenter Sache des dortigen Personalrats sind. Auf andere
Weise kann die Grundaussage in § 44h Abs. 3 SGB II, wonach dem Personal-
rat des Jobcenters bei beteiligungspflichtigen Entscheidungen des Geschäfts-
führers „alle Rechte entsprechend den Regelungen des Bundespersonalvertre-
tungsgesetzes“ zustehen, nicht zur Geltung gebracht werden. Für die dienst-
stellenbezogene Regelung in § 44c Abs. 3 SGB II enthält § 44h Abs. 3 SGB II
daher die personalratsbezogene Klarstellung und Ergänzung: Der Personalrat
des Jobcenters ist „Gegenspieler“ der Trägerversammlung, soweit diese die
Aufgaben der übergeordneten Dienststelle und obersten Dienstbehörde wahr-
nimmt. Systematisch ist dies folgerichtig, weil bereits nach eindeutigem Wort-
laut der Regelungen in § 44c Abs. 2 Satz 1 und § 44h Abs. 3 SGB II der Perso-
nalrat des Jobcenters Partner der Trägerversammlung ist, wenn diese in betei-
ligungspflichtigen Angelegenheiten originär zur Entscheidung berufen ist (im
Ergebnis ebenso: Jork, a.a.O. K § 44h Rn. 24; Theuerkauf, a.a.O. § 44h Rn. 19;
Knapp, a.a.O. § 44h Rn. 26; Altvater, a.a.O. § 88 Rn. 68c; Fi-
scher/Goeres/Gronimus, a.a.O. K § 88 Rn. 15f).
dd) Gegen die Lösung eines Stufenverfahrens mit der Trägerversammlung und
dem Personalrat des Jobcenters als Partnern, kann nicht eingewandt werden,
beiden fehle die vom Gesetzgeber vorausgesetzte größere Distanz zur Dienst-
stelle, mit der der Gesetzgeber im Normalfall des Stufenverfahrens seine Hoff-
nung auf eine Einigung und einen sachgerechten Interessenausgleich verbinde
(so VG Berlin, Beschluss vom 21. November 2012 - 70 K 15.11 PVB - juris
Rn. 22). Der Gesichtspunkt „Distanz zur Dienststelle“ ist nicht der entscheiden-
de Vorteil, der für ein Modell des Stufenverfahrens mit der übergeordneten
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Dienststelle und der Stufenvertretung als Partnern spricht. Wichtiger ist, dass
dieses Modell Lösungen erleichtert, die eine Gleichbehandlung aller Beschäftig-
ten des Geschäftsbereiches sicherstellen. Eine solche Möglichkeit ist aber nur
in einer mehrstufigen Verwaltung eröffnet. In einer einstufigen Verwaltung ist
eine auf Gleichbehandlung gerichtete Steuerung der Verwaltungspraxis durch
eine übergeordnete Dienststelle und eine bei dieser gebildete Stufenvertretung
ausgeschlossen. Die Regelungen in § 44c Abs. 3 und § 44h Abs. 3 SGB II lie-
fern nach Wortlaut, Systematik, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck
keinen Anhalt für die Annahme, der Gesetzgeber habe den genannten struktu-
rellen Nachteil personalvertretungsrechtlicher Beteiligung im Jobcenter durch
einen Ausschluss des Stufenverfahrens noch verschärfen wollen. Die Bildung
einer Arbeitsgruppe der Vorsitzenden der Personalvertretungen der gemeinsa-
men Einrichtungen nach § 44h Abs. 4 SGB II dient dem Informationsaustausch
und der Meinungsbildung auf der überörtlichen Ebene, hat aber keinerlei Bezug
zum jobcenterinternen Beteiligungsverfahren (vgl. BTDrucks 17/2188 S. 16 zu
bb, aaa). Der Wortlaut der Regelung in § 44c Abs. 3 SGB II zeigt darüber hi-
naus eindeutig, dass der Gesetzgeber die Trägerversammlung in der Lage
sieht, eine Entscheidung des Geschäftsführers auf Initiative des Personalrats
unabhängig und ergebnisoffen zu überprüfen. Dass ein kollegiales Gremium mit
Grundsatzaufgaben dazu im Verhältnis zum geschäftsführenden Organ fähig
ist, widerspricht nicht der Lebenserfahrung.
Die Wahrnehmung der Funktion der Stufenvertretung durch den örtlichen Per-
sonalrat ist im Übrigen dem Bundespersonalvertretungsgesetz nicht fremd. Wie
sich aus § 86 Nr. 8 BPersVG ergibt, nimmt der Personalrat der Zentrale des
Bundesnachrichtendienstes die Aufgaben der Stufenvertretung wahr. Dies gilt
sowohl für das Stufenverfahren, in welchem der Chef des Bundeskanzleramtes
als oberste Dienstbehörde über Einwendungen gegen eine vom Präsidenten
des Bundesnachrichtendienstes beabsichtigte Maßnahme entscheidet, als auch
für die Fälle der originären Zuständigkeit der Stufenvertretung, in welchem der
Chef des Bundeskanzleramtes selbst die beteiligungspflichtige Maßnahme trifft
(vgl. im Einzelnen Beschlüsse vom 26. November 2008 - BVerwG 6 P 7.08 -
BVerwGE 132, 276 = Buchholz 250 § 86 BPersVG Nr. 6 Rn. 44 und vom
19. September 2012 - BVerwG 6 P 3.11 - Buchholz 250 § 86 BPersVG Nr. 8
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Rn. 29 f.). Die dafür maßgeblichen Geheimhaltungsgründe spielen zwar im vor-
liegenden Zusammenhang keine Rolle. Die beschriebene Rechtslage zeigt je-
doch, dass der Gesetzgeber den örtlichen Personalrat prinzipiell für tauglich an-
sieht, die Rolle der Stufenvertretung sachgerecht auszufüllen.
ee) Aus dem Vorstehenden folgt, dass entsprechend § 69 Abs. 3 Satz 1
BPersVG mangels Einigung mit dem Personalrat der Geschäftsführer des Job-
centers, wenn er an der beabsichtigten Maßnahme festhalten will, binnen sechs
Arbeitstagen die Angelegenheit der Trägerversammlung vorlegen muss. Auf-
grund der Verweisung in § 69 Abs. 3 Satz 4 BPersVG bestimmt sich das weite-
re Verfahren wieder nach § 69 Abs. 2 BPersVG: Hält die Trägerversammlung
die Einwände des Personalrats für unbegründet, so unterrichtet sie diesen da-
von und beantragt seine Zustimmung (§ 69 Abs. 2 Satz 1 BPersVG). Hält der
Personalrat an seinen Bedenken fest, so hat er dies nach Maßgabe von § 69
Abs. 2 Satz 3 bis 5 BPersVG geltend zu machen.
b) Ergibt sich zwischen der Trägerversammlung und dem Personalrat des Job-
centers keine Einigung, so kann die Trägerversammlung in der ihr durch § 44c
Abs. 3 SGB II zugedachten Rolle der obersten Dienstbehörde die Einigungs-
stelle anrufen (§ 69 Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 BPersVG). Die Einigungsstelle wird
nach Maßgabe von § 71 Abs. 1 BPersVG bei der Trägerversammlung gebildet.
Der Beschluss der Einigungsstelle hat in Angelegenheiten nach § 76 BPersVG,
wenn sie sich nicht der Auffassung der Trägerversammlung anschließt, lediglich
den Charakter einer Empfehlung an diese; die Trägerversammlung hat das
Letztentscheidungsrecht (§ 69 Abs. 4 Satz 3 und 4 BPersVG). Entsprechendes
gilt aufgrund der Anforderung des demokratischen Prinzips in Personalangele-
genheiten der Arbeitnehmer nach § 75 Abs. 1 BPersVG (vgl. Beschlüsse vom
18. Juni 2002 - BVerwG 6 P 12.01 - Buchholz 251.7 § 72 NWPersVG Nr. 28
S. 31
f., vom 30. März 2009 - BVerwG 6 PB 29.08 - Buchholz 250 § 75
BPersVG Nr. 107 Rn. 20, vom 31. August 2009 - BVerwG 6 PB 21.09 -
Buchholz 251.92 § 62 SAPersVG Nr. 1 Rn. 17, vom 13. Oktober 2009
- BVerwG 6 P 15.08 - Buchholz 251.0 § 76 BaWüPersVG Nr. 8 Rn. 62, vom
17. Februar 2010 - BVerwG 6 PB 43.09 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 111
Rn. 10 und vom 4. Juni 2010 - BVerwG 6 PB 4.10 - Buchholz 251.2 § 81
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BlnPersVG Nr. 1 Rn. 7 und 9). In den übrigen Fällen ist die Entscheidung der
Einigungsstelle verbindlich (§ 71 Abs. 4 Satz 2 BPersVG).
Mit der Durchführung des Einigungsstellenverfahrens wird die Forderung aus
§ 44h Abs. 3 SGB II eingelöst, wonach in mitbestimmungspflichtigen Angele-
genheiten des Jobcenters dem dortigen Personalrat „alle Rechte entsprechend
den Regelungen des Bundespersonalvertretungsgesetzes“ zustehen sollen.
Das Einigungsstellenverfahren ist nämlich Definitionsmerkmal der Mitbestim-
mung nach dem Bundespersonalvertretungsgesetz. Es ist die letzte und höchs-
te Ebene des Mitbestimmungsverfahrens. Die prinzipielle Gleichberechtigung
der Personalvertretung im Verhältnis zur Dienststellenleitung in mitbestim-
mungspflichtigen Angelegenheiten kommt in der paritätischen Besetzung der
Einigungsstelle sowie im Rang ihrer Befugnis zum Ausdruck, verbindliche Ent-
scheidungen oder eine Empfehlung an die oberste Dienstbehörde auszuspre-
chen. Ohne das Einigungsstellenverfahren ist die Beteiligung des Personalrats
auf Mitwirkung reduziert (vgl. § 72 Abs. 4 BPersVG).
c) Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die Beteiligte zu 2 das Mitbestim-
mungsrecht des Antragstellers dadurch verletzt hat, dass sie das Stufenverfah-
ren nicht ordnungsgemäß und das Einigungsstellenverfahren überhaupt nicht
durchgeführt hat. Erst nach ordnungsgemäßem Abschluss des Mitbestim-
mungsverfahrens war sie entsprechend § 69 Abs. 4 Satz 3 und 4 BPersVG zur
Letztentscheidung befugt. Vorher durfte der Beteiligte zu 1 die Zuweisung nicht
ausführen.
4. Der erstinstanzliche Tenor war zu Klarstellungszwecken entsprechend den
Ausführungen in Abschnitt 1 dieses Beschlusses neu zu fassen. Eine Änderung
in der Sache ist damit nicht verbunden.
Neumann
Büge
Dr. Graulich
Dr. Möller
Prof. Dr. Hecker
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Sachgebiet:
BVerwGE:
ja
Personalvertretungsrecht
Fachpresse: ja
Rechtsquellen:
BPersVG
§§ 69, 71, 75 Abs. 1 Nr. 4a
SGB II
§§ 44c, 44g, 44h
Stichworte:
Zuweisung einer Tätigkeit beim Jobcenter; Arbeitnehmer der Bundesagentur;
Zustimmung des Geschäftsführers; Bestimmung durch den Personalrat des
Jobcenters; mitbestimmungspflichtige Maßnahme des Geschäftsführers; Zu-
stimmungsverweigerung durch den Personalrat; Aufgaben der Trägerversamm-
lung im Stufenverfahren und im Einigungsstellenverfahren.
Leitsätze:
1. Die Entscheidung des Geschäftsführers eines Jobcenters, der Zuweisung
einer Tätigkeit beim Jobcenter an einen Arbeitnehmer der Bundesagentur für
Arbeit zuzustimmen, unterliegt der Mitbestimmung des Personalrats des Job-
centers.
2. Hat der Personalrat des Jobcenters rechtswirksam die Zustimmung zu einer
mitbestimmungspflichtigen Maßnahme des Geschäftsführers verweigert und
legt dieser daraufhin die Angelegenheit der Trägerversammlung vor, so ist die-
se verpflichtet, nach Maßgabe von § 69 Abs. 3 Satz 1 und 4, Abs. 4 Satz 1
Halbs. 1 BPersVG das Stufenverfahren und das Einigungsstellenverfahren
durchzuführen; der Personalrat des Jobcenters ist dabei Partner der Trägerver-
sammlung.
Beschluss des 6. Senats vom 24. September 2013 - BVerwG 6 P 4.13
I. VG Berlin vom 08.02.2013 - Az.: VG 71 K 25.12 PVB -