Urteil des BVerwG vom 21.03.2007

Eingliederung, Arbeitsgemeinschaft, Echte Konkurrenz, Erwerbsfähiger

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Verkündet
BVerwG 6 P 4.06
am 21. März 2007
OVG 5 A 11752/05
Schmidt
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Personalvertretungssache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 21. März 2007
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn,
Büge, Vormeier und Dr. Bier
für Recht erkannt:
Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz
(Fachsenat für Personalvertretungssachen - Land -) vom
17. Mai 2006 wird aufgehoben.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwal-
tungsgerichts Mainz (Fachkammer für Personalvertre-
tungssachen - Land -) vom 18. November 2005 wird zu-
rückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungs- und des Re-
visionsverfahrens.
G r ü n d e :
I
In der Zeit von Februar bis April 2005 stellte der Beklagte mehrere Förderan-
träge zwecks Schaffung von Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschä-
digung. Die darauf ergangenen Bewilligungsbescheide des Job-Centers für Ar-
beitsmarktintegration bezogen sich auf folgende Einsatzbereiche: Betreuung
des Informationsschalters im Stadthaus, Umbettung und Neusignierung der
Bilder und Pläne des Stadtarchivs, gartenhistorische Recherchen im Volks- und
Stadtpark (je ein Teilnahmeplatz) sowie gärtnerische Pflegearbeiten in öffentli-
chen Grünanlagen (17 Teilnahmeplätze). Die Mehraufwandsentschädigung
belief sich jeweils auf 1,25 € je geleisteter Beschäftigungsstunde; Fahrtkosten-
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erstattung wurde jeweils zum Preise einer Sondermonatsfahrkarte gewährt. Die
wöchentliche Beschäftigungszeit je Zusatzjob betrug in einem Fall 20, sonst
30 Stunden. Die Dauer der Förderung je Zusatzjob belief sich in einem Fall auf
drei Monate, sonst auf sechs Monate.
Der Beklagte hat die Förderanträge sowie die Maßnahmen dem Kläger jeweils
nur zur Kenntnis gebracht. Dieser hat das Verwaltungsgericht angerufen und
dort beantragt,
1. festzustellen, dass
a. die Schaffung so genannter Arbeitsgelegenheiten gemäß
§ 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II und
b. die Besetzung so genannter Arbeitsgelegenheiten gemäß
§ 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II seiner Mitbestimmung unterlie-
gen.
2. festzustellen, dass die Schaffung so genannter Ein-Euro-
Jobs im Rahmen der Personalplanung mit ihm zu erörtern
ist.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag zu 1a. abgelehnt und dem Antrag zu 2.
entsprochen; insoweit ist das Urteil rechtskräftig. Ferner hat das Verwaltungs-
gericht dem Antrag zu 1b. entsprochen; insoweit hat der Beklagte Berufung
eingelegt. Das Oberverwaltungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil geändert
und die Klage abgewiesen, soweit sie auf die Feststellung eines personalvertre-
tungsrechtlichen Mitbestimmungsrechts bei der Besetzung von Arbeitsgelegen-
heiten gemäß § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II gerichtet ist. In den Gründen hat es
ausgeführt: Die Heranziehung von Ein-Euro-Kräften sei nicht als Einstellung
mitbestimmungspflichtig. Insoweit handele es sich um eine rein sozialrechtliche
Maßnahme, an deren Realisierung unter Beachtung der Schutzzweckgrenze
personalvertretungsrechtlicher Beteiligung kein Mitbestimmungsrecht des Klä-
gers bestehen könne. Der Einsatz von Ein-Euro-Kräften verfolge primär keine
dienst- oder arbeitsrechtlichen Ziele. Die Maßnahme sei nicht darauf gerichtet,
im Rahmen einer regulären Erwerbstätigkeit der Erfüllung der der Dienststelle
obliegenden öffentlichen Aufgaben zu dienen. Es gehe vielmehr ausschließlich
oder doch vorrangig um soziale Zwecke. Dem Charakter der Maßnahme ent-
sprechend richte sich der Zugang zu den Zusatzjobs nicht nach dem bei Ein-
stellungen anzuwendenden Leistungsgrundsatz, sondern vor allem nach sozia-
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len Kriterien. Die personelle Auswahl bestimme sich schwerpunktmäßig nach
den Bedürfnissen und persönlichen Verhältnissen der Hilfebedürftigen. Die Ge-
sichtspunkte der Bestenauslese, der funktionsfähigen Verwaltung und der
bestmöglichen oder ordnungsgemäßen Aufgabenerfüllung träten dahinter zu-
rück. Zudem obliege der Agentur für Arbeit die Entscheidung, welcher erwerbs-
fähige, arbeitslose Hilfebedürftige für den konkreten Zusatzjob herangezogen,
dem kommunalen Träger vorgeschlagen und ihm für den Fall, dass keine Ein-
gliederungsvereinbarung zustande komme, durch Verwaltungsakt zugewiesen
werde. Dem kommunalen Träger stehe beim Vorliegen eines sachlichen Grun-
des lediglich ein Ablehnungsrecht zu. Er könne in der Regel keine personelle
Auswahlentscheidung unter mehreren Bewerbern treffen. Darüber hinaus wür-
den die Modalitäten des Zusatzjobs im Wesentlichen durch den Bewilligungs-
bescheid des Job-Centers für Arbeitsmarktintegration vorgegeben. Der Hand-
lungsspielraum und die Weisungsbefugnis des kommunalen Trägers seien stark
eingegrenzt. Für arbeitgebertypische Detailentscheidungen bleibe innerhalb des
vorgegebenen Rahmens nur noch punktuell Raum, z.B. in Bezug auf die
Verteilung der wöchentlichen Beschäftigungszeit auf die einzelnen Wochen-
tage, die Urlaubsbewilligung, die Bestimmung des konkreten Einsatzortes oder
auf fachliche Anweisungen hinsichtlich der Reihenfolge sowie Art und Weise
der Aufgabenerledigung. Abgesehen davon käme die Mitbestimmung beim
Einsatz von Ein-Euro-Kräften oftmals auch zu spät. Ohne Zweifel habe deren
Aufnahme in die Dienststelle Auswirkungen auf die dort bereits Beschäftigten.
Dem werde jedoch durch die rechtskräftige Entscheidung des Verwaltungsge-
richts Rechnung getragen, wonach dem Kläger bei der Schaffung von Arbeits-
gelegenheiten ein Erörterungsrecht zustehe.
Der Kläger trägt zur Begründung seiner Revision vor: Der Mitbestimmungstat-
bestand „Einstellung“ sei erfüllt. Zwischen den Hilfebedürftigen und dem Maß-
nahmeträger entstehe ein privatrechtliches Beschäftigungsverhältnis eigener
Art. Zwar obliege dem Träger der Maßnahme nicht die Entscheidung über die
Art der Arbeit. Die Entscheidung darüber falle vielmehr im Rahmen einer Ver-
einbarung zwischen Maßnahmeträger und Leistungsträger. Die Ausgestaltung
der Zusatzarbeiten im Einzelfall lasse jedoch dem Hilfebedürftigen und dem
Maßnahmeträger noch Raum für Regelungen über Einsatzort, Verteilung der
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Arbeitszeit und Arbeitsinhalt. Solche Regelungen kämen einem arbeitsvertragli-
chen Verhältnis sehr nahe. Auch die entsprechende Anwendung der Vorschrif-
ten über den Arbeitsschutz und des Bundesurlaubsgesetzes sowie der arbeit-
nehmertypischen Haftungsbeschränkungen begründe ein Mindestmaß an
Rechtsbeziehungen zwischen dem Hilfebedürftigen und dem Maßnahmeträger.
Für die Eingliederung, auf welche es für den Mitbestimmungstatbestand der
Einstellung ankomme, sei das Weisungsrecht der Dienststelle und damit kor-
respondierend die Weisungsgebundenheit der betroffenen Personen maßge-
bend. Eine mitbestimmungspflichtige Einstellung sei daher bereits bei der Her-
beiführung einer weisungsgebundenen Tätigkeit in der Dienststelle zu bejahen.
Ob es zum Abschluss eines Arbeitsvertrages komme, sei unerheblich. Ebenso
wenig könne es darauf ankommen, welche Ziele mit der Beschäftigung von Ein-
Euro-Kräften verfolgt würden. Denn bei der Mitbestimmung bei Einstellungen
gehe es nicht primär um den Schutz des Einzustellenden, sondern um denjeni-
gen der in der Dienststelle bereits Beschäftigten. Der Einsatz von Ein-Euro-
Kräften berge die Gefahr in sich, dass durch die Zusatzarbeiten reguläre Be-
schäftigungsverhältnisse verdrängt oder zumindest beeinträchtigt würden. Zu-
dem habe der Personalrat vor dem Einsatz von Ein-Euro-Kräften - ebenso wie
sonst bei Einstellungen - zu prüfen, ob die betreffende Person ohne Beein-
trächtigung des Betriebsfriedens beschäftigt werden könne. Sollte die Mitbe-
stimmung bei Einstellungen zu verneinen sein, ergebe sich das Mitbestim-
mungsrecht aus der Allzuständigkeitsklausel. Das Erörterungsrecht bei der
Personalplanung ergänze die umfassende Beteiligung im Vorfeld und stelle
sicher, dass der Personalrat rechtzeitig über die Planungen der Dienststelle
informiert sei. Es könne aber die Mitbestimmung nicht ersetzen.
Der Kläger beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung des
Beklagten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückzuwei-
sen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Er verteidigt ebenso wie der Vertreter des Bundesinteresses das angefochtene
Urteil.
II
Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Das angefochtene Urteil be-
ruht auf der Verletzung revisiblen Rechts (Art. 99 GG i.V.m. § 137 Abs. 2 VwGO
und § 121 Abs. 2 RhPPersVG i.d.F. der Bekanntmachung vom 24. November
2000, GVBl S. 529, zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom
15. Oktober 2004, GVBl S. 457). Es ist daher unter Wiederherstellung des erst-
instanzlichen Urteils aufzuheben. Die Besetzung von Arbeitsgelegenheiten un-
terliegt der Mitbestimmung des Klägers.
1. Rechtsgrundlage dafür ist § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 RhPPersVG. Da-
nach bestimmt der Personalrat bei Einstellung einschließlich Übertragung der
auszuübenden Tätigkeiten mit.
a) Einstellung ist die Eingliederung des Betreffenden in die Dienststelle. Dies
geschieht zum einen durch tatsächliche Aufnahme der vorgesehenen Arbeit im
Rahmen der Arbeitsorganisation der Dienststelle. Zum anderen ist ein rechtli-
ches Band erforderlich, durch welches ein Weisungsrecht der Dienststelle, ver-
bunden mit entsprechenden Schutzpflichten, und damit korrespondierend die
Weisungsgebundenheit des Dienstleistenden, verbunden mit entsprechenden
Schutzrechten, begründet werden. Im Regelfall wird die Rechtsbeziehung zur
Dienststelle durch Begründung eines Beamten- oder Arbeitsverhältnisses her-
gestellt (vgl. § 4 Abs. 1 bis 5 RhPPersVG). Als Grundlage für die Eingliederung
kommen aber auch mehrseitige Rechtsbeziehungen in Betracht (vgl. Beschluss
vom 18. Juni 2002 - BVerwG 6 P 12.01 - Buchholz 251.7 § 72 NWPersVG
Nr. 28 S. 25 m.w.N.).
Dass die Mitbestimmung bei Einstellungen die Begründung eines Arbeitsver-
hältnisses zum Rechtsträger der Dienststelle nicht zwingend voraussetzt, ergibt
sich bereits aus den für Bundesverwaltungen geltenden gesetzlichen Bestim-
mungen über die Beteiligung bei der Arbeitnehmerüberlassung. Zwar bestimmt
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§ 14 Abs. 1 AÜG, dass Leiharbeitnehmer auch während der Zeit ihrer Arbeits-
leistung bei einem Entleiher Angehörige des entsendenden Betriebs des Ver-
leihers bleiben. Dessen ungeachtet ist vor der Übernahme eines Leiharbeit-
nehmers zur Arbeitsleistung in der Dienststelle der dortige Personalrat im Wege
der Mitbestimmung bei Einstellungen zu beteiligen (§ 14 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4
AÜG i.V.m. § 75 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG). Aber auch in den Fällen, in denen die
Landespersonalvertretungsgesetze eine § 14 Abs. 3 und 4 AÜG entsprechende
Regelung nicht enthalten, hat der Senat die Eingliederung von Leiharbeitneh-
mern wegen der weisungsgebundenen Tätigkeit in der Dienststelle und mit
Rücksicht auf den Schutzzweck der Mitbestimmung bei Einstellungen bejaht
(vgl. Beschlüsse vom 20. Mai 1992 - BVerwG 6 P 4.90 - BVerwGE 90, 194
= Buchholz 251.8 § 80 RhPPersVG Nr. 8 und vom 6. September 1995
- BVerwG 6 P 9.93 - BVerwGE 99, 214 <220 f.> = Buchholz 251.5 § 77
HePersVG Nr. 4 S. 6). Vergleichbares hat der Senat für Personen in Arbeitsbe-
schaffungsmaßnahmen ausgesprochen, für welche kein Arbeitsverhältnis zum
Träger der Dienststelle begründet wurde (vgl. Beschluss vom 15. März 1994
- BVerwG 6 P 24.92 - Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 89 S. 3 ff.). Schließlich
hat der Senat eine Eingliederung angenommen für Rot-Kreuz-Schwestern, die
aufgrund eines Gestellungsvertrages mit der Schwesternschaft in einem öffent-
lich-rechtlichen Krankenhaus zum Einsatz kamen; als Mitglieder der Schwes-
ternschaft sind diese Schwestern weder Arbeitnehmerinnen der Schwestern-
schaft noch solche des zuständigen öffentlich-rechtlichen Trägers (vgl. Be-
schlüsse vom 27. August 1997 - BVerwG 6 P 7.95 - PersR 1998, 22, vom
18. Juni 2002 a.a.O. S. 26 ff. und vom 13. April 2004 - BVerwG 6 PB 2.04 -
Buchholz 251.7 § 72 NWPersVG Nr. 33).
Demgemäß kommt es für die Mitbestimmung bei Einstellungen nicht darauf an,
ob die betreffenden Personen mit ihrer Aufnahme in der Dienststelle Beschäf-
tigte im Sinne von § 4 RhPPersVG werden. Diese Vorschrift legt fest, wer zum
Personalkörper gehört, den der Personalrat repräsentiert. Sie ist für die Wahl-
berechtigung, die Feststellung der Anzahl der Personalratsmitglieder und die
Zahl der Freistellungen von Bedeutung. Sie bestimmt dagegen nicht, für und
gegen wessen Interessen sich der Personalrat einsetzen darf. Dies steht aber
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im Vordergrund der Mitbestimmung (vgl. Beschlüsse vom 6. September 1995
a.a.O. S. 217 f. bzw. S. 3 f. und vom 27. August 1997 a.a.O. S. 23 f.).
Abweichendes ergibt sich nicht aus dem Senatsbeschluss vom 26. Januar 2000
- BVerwG 6 P 2.99 - (BVerwGE 110, 287 = Buchholz 251.95 § 51 MBGSH
Nr. 3) zur Mitbestimmung des Personalrats bei der Schaffung von Ge-
legenheiten zur gemeinnützigen und zusätzlichen Arbeit für Hilfesuchende nach
§ 19 Abs. 2 BSHG. Dort ist zwar - mit verneinendem Ergebnis - geprüft worden,
ob die betreffenden Sozialhilfeempfänger als Nichtbeschäftigte im Sinne von
§ 3 Abs. 2 Nr. 2 MBGSH anzusehen waren (a.a.O. S. 290 ff. bzw. S. 10 ff.).
Dies war jedoch rechtssystematischen Besonderheiten des schleswig-
holsteinischen Mitbestimmungsgesetzes geschuldet: Der Senat hat offengelas-
sen, ob sich das von ihm bejahte Mitbestimmungsrecht über den erweiterten
Beschäftigtenbegriff des § 3 Abs. 1 MBGSH aus § 51 Abs. 1 Satz 1 MBGSH
oder in Bezug auf den Personenkreis nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 MBGSH aus § 51
Abs. 1 Satz 2 MBGSH ergab (a.a.O. S. 292 bzw. S. 12). Für diese Lösung
musste denkgesetzlich ausgeschlossen werden, dass die Hilfeempfänger zum
Personenkreis nach § 3 Abs. 2 Nr. 2 MBGSH gehörten.
b) Nach dem Wortlaut von § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 RhPPersVG erstreckt
sich die Mitbestimmung bei Einstellungen auf die Übertragung der auszuüben-
den Tätigkeiten. Damit ist klargestellt, dass der Personalrat auch zu überprüfen
hat, ob der Einzustellende zur Erfüllung der ihm zu übertragenden Tätigkeiten
geeignet ist und ob gesetzliche Beschäftigungsverbote oder -einschränkungen
der Übertragung von Tätigkeiten entgegenstehen (vgl. Jacobi/Küssner/
Meerkamp, Personalvertretungsgesetz für Rheinland-Pfalz, § 78 Rn. 37;
Ruppert/Lautenbach, Personalvertretungsrecht Rheinland-Pfalz, § 78
Rn. 125 f.).
2. Erwerbsfähige Hilfebedürftige, die im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten in
der Dienststelle zum Einsatz kommen, werden dort im Sinne des personalver-
tretungsrechtlichen Einstellungsbegriffs eingegliedert. Sie verrichten die vorge-
sehenen Arbeiten im Rahmen der Arbeitsorganisation der kommunalen Dienst-
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stelle. Dabei unterliegen sie im Rahmen einer sozialrechtlichen Rechtsbezie-
hung der Weisungsbefugnis des Beklagten.
a) In § 16 Abs. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - vom 24. Dezember
2003, BGBl I S. 2955, zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom
22. Dezember 2006, BGBl I S. 3376, sind zugunsten erwerbsfähiger Hilfebe-
dürftiger zahlreiche Leistungen zur Eingliederung nach dem Dritten Buch Sozi-
algesetzbuch - SGB III - vom 24. März 1997, BGBl I S. 594, zuletzt geändert
durch Art. 7 des Gesetzes vom 7. Dezember 2006, BGBl I S. 2814, vorgese-
hen, darunter insbesondere die Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnah-
men nach §§ 260 ff. SGB III. Nach § 16 Abs. 2 SGB II können weitere Leistun-
gen, darunter insbesondere die im dortigen Beispielskatalog aufgeführten, er-
bracht werden. Im Anschluss daran bestimmt § 16 Abs. 3 SGB II: „Für erwerbs-
fähige Hilfebedürftige, die keine Arbeit finden können, sollen Arbeitsgelegenhei-
ten geschaffen werden. Werden Gelegenheiten für im öffentlichen Interesse
liegende, zusätzliche Arbeiten nicht nach Absatz 1 als Arbeitsbeschaffungs-
maßnahmen gefördert, ist den erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zuzüglich zum
Arbeitslosengeld II eine angemessene Entschädigung für Mehraufwendungen
zu zahlen; diese Arbeiten begründen kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Ar-
beitsrechts; die Vorschriften über den Arbeitsschutz und das Bundesurlaubsge-
setz mit Ausnahme der Regelungen über das Urlaubsentgelt sind entsprechend
anzuwenden; für Schäden bei der Ausübung ihrer Tätigkeit haften erwerbsfähi-
ge Hilfebedürftige nur wie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.“
b) Die Beschäftigung in Arbeitsgelegenheiten erfolgt typischerweise auf der
Grundlage einer Eingliederungsvereinbarung zwischen dem zuständigen Leis-
tungsträger - regelmäßig die Arbeitsgemeinschaft gemäß § 44b SGB II - und
dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Die Einglie-
derungsvereinbarung soll bestimmen, welche Leistungen der Erwerbsfähige zur
Eingliederung in Arbeit erhält (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB II). Demgemäß
kann die Zuweisung einer Arbeitsgelegenheit an den Hilfebedürftigen unmittel-
bar durch die Eingliederungsvereinbarung erfolgen, indem diese selbst die Be-
schäftigung nach Art, Umfang und Konditionen umschreibt und festlegt, dass
der Hilfebedürftige diese Beschäftigung auszuführen hat. Der Nachweis einer
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bestimmten Arbeitsgelegenheit wird jedoch häufig nicht schon im Zeitpunkt des
Erstabschlusses der Eingliederungsvereinbarung möglich sein. Wird dann eine
geeignete, zumutbare Beschäftigungsstelle gefunden, kommt eine Ergänzung
der Eingliederungsvereinbarung in Betracht; denkbar ist aber auch, dass die
Arbeitsgelegenheit dem Hilfebedürftigen durch einseitiges Verwaltungshandeln
des zuständigen Leistungsträgers - sei es durch schlicht hoheitliches Handeln,
sei es durch Verwaltungsakt - angeboten bzw. zugewiesen wird. Kommt eine
Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, ist gemäß § 15 Abs. 1 Satz 6
SGB II die Handlungsform des Verwaltungsakts insgesamt eröffnet (vgl. zum
Vorstehenden: BAG, Beschluss vom 8. November 2006 - 5 AZB 36/06 - AP
Nr. 89 zu § 2 ArbGG 1979 Rn. 14; VG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Dezember
2005 - 34 K 3252/05.PVL - PersR 2006, 220 <221>; Berlit, in: Stahlmann/Berlit/
Bieritz-Harder/Trenk-Hinterberger, Recht und Praxis der Ein-Euro-Jobs, 2006,
S. 225 ff.; Zwanziger, AuR 2005, 8 <9>; Süllwold, ZfPR 2005, 82 <88>; Daniels,
PersR 2006, 184 <185 f.>; Stark, in: Estelmann, SGB II, § 16 Rn. 115; Müller,
in: Hauck/Noftz, SGB II, § 15 Rn. 32; Voelzke, in: Hauck/Noftz, SGB II, § 16
Rn. 75; Bundesagentur für Arbeit, Arbeitshilfen AGH, Stand: 2. September
2005, Abschn. A 6 Abs. 3, Abschn. B 4.1 Abs. 1 und 2).
c) Durch das auf § 16 Abs. 3 SGB II gestützte Verwaltungshandeln des Leis-
tungsträgers und die Aufnahme des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in der
Dienststelle entsteht zwischen dem Hilfebedürftigen und dem kommunalen
Maßnahmeträger eine sozialrechtliche Rechtsbeziehung (vgl. BAG, a.a.O.
Rn. 20 unter Hinweis auf BTDrucks 15/1749 S. 32). Diese unterfällt ihrerseits
dem Regime des § 16 Abs. 3 SGB II. Einerseits bestimmt zwar § 16 Abs. 3
Satz 2 Halbs. 2 SGB II ausdrücklich, dass die Beschäftigung in Arbeitsgelegen-
heiten kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts begründet. Anderer-
seits steuern jedoch die übrigen Regelungen in § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II die
Rechtsbeziehung zwischen Hilfebedürftigen und Maßnahmeträger durch mate-
rielle Vorgaben, wie sie sonst für das Rechtsverhältnis zwischen Arbeitgebern
und Arbeitnehmern üblich sind. Hinsichtlich der Haftung ordnet § 16 Abs. 3
Satz 2 Halbs. 4 SGB II ausdrücklich die Anwendung der bei Arbeitnehmern gel-
tenden Grundsätze an. Das Bundesurlaubsgesetz, dessen Vorschriften gemäß
§ 16 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 3 SGB II entsprechend anzuwenden sind, ist aus-
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weislich seiner §§ 1 und 2 ein Arbeitnehmerschutzgesetz. In den Genuss des
gesetzlichen Arbeitsschutzes kommen ebenfalls Arbeitnehmer und sonstige
Personen, die unselbständige, zumeist weisungsabhängige Arbeit leisten (§ 1
Abs. 1, § 2 Abs. 2 ArbSchG). Demgemäß geht der Gesetzgeber unausgespro-
chen davon aus, dass erwerbsfähige Hilfebedürftige in Arbeitsgelegenheiten
weisungsabhängige Tätigkeiten verrichten. Damit korrespondiert das Wei-
sungsrecht des Maßnahmeträgers. Dieser kann und muss Inhalt, Ort und Zeit
der Arbeitsleistung näher bestimmen, soweit dies durch Eingliederungsverein-
barung oder Zuweisungsbescheid nicht festgelegt ist. Zugleich trifft ihn zuguns-
ten der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen eine weitgehende Fürsorgepflicht, wie
sich aus der in § 16 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 3 und 4 SGB II vorgeschriebenen Be-
achtung von Grundsätzen und Vorschriften des Arbeitnehmerschutzes ergibt.
Damit sind im Verhältnis zwischen dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und der
kommunalen Dienststelle in ihrer Eigenschaft als Maßnahmeträger die
Merkmale der Eingliederung im Sinne der Mitbestimmung bei Einstellungen
erfüllt (ebenso VG Oldenburg, Beschluss vom 22. Juni 2005 - 9 A 1738/05 -
PersR 2005, 502 <503>; VG Berlin, Beschluss vom 7. September 2005 - VG
60 A 12.05 - PersR 2006, 218 <219>; VG Düsseldorf, a.a.O. S. 220; VG Des-
sau, Beschluss vom 16. Mai 2006 - 11 A 2.06 - juris Rn. 28; Trenk-Hinterberger,
a.a.O. S. 288 und 298; Zwanziger, a.a.O. S. 11; Süllwold, a.a.O. S. 88; Kröll,
PersR 2005, 132 <136>; Schulze, NZA 2005, 1332 <1336>; Daniels, a.a.O.
S. 185).
d) Da das Weisungsrecht der Dienststelle im Verhältnis zum erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen in Arbeitsgelegenheiten kraft Gesetzes besteht, ist es für die
Bejahung der Eingliederung im Sinne der Mitbestimmung bei Einstellungen un-
erheblich, ob und in welchem Umfang das Weisungsrecht im Arbeitsalltag tat-
sächlich wahrgenommen wird. Eine Begrenzung auf Einweisungen und punk-
tuelle Kontrollen schließt die Eingliederung nicht aus (vgl. aber VG Magdeburg,
Beschluss vom 10. Mai 2005 - 11 A 41/04.MD - PersV 2006, 228 <230>).
e) Die Eingliederung in die Dienststelle kann hier nicht in der Erwägung verneint
werden, mit der Schaffung von Arbeitsgelegenheiten für erwerbsfähige Hilfebe-
dürftige nach § 16 Abs. 3 SGB II würden primär - unter dem Gesichtspunkt des
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„Förderns und Forderns“ - soziale Zwecke verfolgt, während der aus der Tätig-
keit selbst resultierende Nutzen für die Allgemeinheit nur ein Nebeneffekt sei.
Diese Argumentation ist allenfalls geeignet, den Sinn und Zweck einer Mitbe-
stimmung bei Einstellung in Frage zu stellen, sofern durch die Eingliederung
erwerbsfähiger Hilfebedürftiger die Belange der regulären Beschäftigten nicht
berührt werden sollten. Letzteres trifft aber nicht zu, wie noch darzulegen sein
wird.
f) Ebenso wenig scheitert die Eingliederung daran, dass die Dienststelle nicht
mit Kündigung oder anderen arbeitsrechtlichen Sanktionen reagieren kann,
wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige seine Pflicht zur ordnungsgemäßen
Verrichtung der übertragenen Arbeiten verletzt. Dies ist auch sonst typisch für
Dreiecksbeziehungen, in denen ein Arbeitsverhältnis zum Träger der Dienst-
stelle nicht begründet wird und die Befugnis zu Sanktionen für den Fall der
Schlechterfüllung der Arbeitspflicht einem Dritten obliegt (Vertragsarbeitgeber
gegenüber Leiharbeitnehmer, Schwesternschaft gegenüber DRK-Schwester).
Die Weisungsunterworfenheit gegenüber dem Dienststellenleiter wird in solchen
Fällen nicht dadurch in Frage gestellt, dass dieser auf die Sanktionsmaßnahme
des Dritten nur mittelbar Einfluss nimmt. Nicht anders liegt es hier mit Blick
darauf, dass Mitteilungen der Dienststelle der Arbeitsgemeinschaft Anlass
geben können, gegen den Hilfebedürftigen nach § 31 SGB II vorzugehen.
g) Schließlich scheitert die Eingliederung hier nicht unter zeitlichen Aspekten.
Diese setzt nach der Senatsrechtsprechung voraus, dass die geplante Beschäf-
tigung nicht nur vorübergehend und geringfügig ist. Im Regelfall gilt die Vermu-
tung, dass Tätigkeiten in einer Dienststelle dann geringfügiger und vorüberge-
hender Natur sind, wenn sie auf längstens zwei Monate befristet sind (vgl. Be-
schlüsse vom 27. November 1991 - BVerwG 6 P 15.90 - Buchholz 251.8 § 80
RhPPersVG Nr. 6 und vom 23. März 1999 - BVerwG 6 P 10.97 - BVerwGE 108,
347 <351 f.> = Buchholz 250 § 75 BPersVG Nr. 98 S. 4 f.). Es ist davon
auszugehen, dass die Besetzung der Arbeitsgelegenheiten mit erwerbsfähigen
Hilfebedürftigen stets für mehr als zwei Monate erfolgt (vgl. Süllwold, a.a.O.
S. 87; Kröll, a.a.O. S. 136; Schulze, a.a.O. S. 1332); die Beteiligten haben dies
in der mündlichen Verhandlung des Senats übereinstimmend bestätigt. Un-
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schädlich ist, wenn eine für einen längeren Zeitraum konzipierte Tätigkeit bis
zum Ablauf der ersten beiden Monate abgebrochen wird, weil der Hilfebedürfti-
ge einen regulären Arbeitsplatz erhalten hat. Dass auch solche Personen, die
bereits innerhalb der nächsten zwei Monate einen Arbeitsplatz antreten können,
noch nach § 16 Abs. 3 SGB II gefördert werden, ist mit dem Gesetzeswortlaut
schwerlich vereinbar, wonach die Arbeitsgelegenheiten für erwerbsfähige
Hilfebedürftige geschaffen werden sollen, die keine Arbeit finden können.
3. Die Mitbestimmung des Personalrats bei Einstellungen setzt voraus, dass die
Einstellung auf einer Entscheidung der Dienststelle beruht, die diese selbst ver-
antwortet. Solches ist zwar auch bei streng normgebundenen Entscheidungen
ohne Ermessens- oder Beurteilungsspielraum noch anzunehmen (vgl. die stän-
dige Senatsrechtsprechung zum Gesetzes- und Tarifvorbehalt: Beschluss vom
18. Mai 2004 - BVerwG 6 P 13.03 - BVerwGE 121, 38 <41> = Buchholz 251.0
§ 79 BaWüPersVG Nr. 17 S. 2 f. m.w.N.). Von einer eigenständigen Entschei-
dung, an welche eine Mitbestimmung des Personalrats anzuknüpfen vermag,
kann aber keine Rede sein, wenn die Dienststelle durch eine andere Stelle - sei
es eine Behörde oder ein Gericht - zu einer Einstellung verpflichtet wird. So liegt
es hier indes nicht.
a) Wird der erwerbsfähige Hilfebedürftige aufgrund einer Eingliederungsverein-
barung, durch Verwaltungsakt oder sonstiges Verwaltungshandeln der Arbeits-
gemeinschaft einem bestimmten Maßnahmeträger zur Verrichtung von Tätig-
keiten in Arbeitsgelegenheiten zugewiesen, so bindet dies den Maßnahmeträ-
ger nicht. Die Eingliederungsvereinbarung wird nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II
zwischen der Arbeitsgemeinschaft und dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen
abgeschlossen; der Maßnahmeträger wird dadurch nicht verpflichtet. Adressat
des ersatzweise ergehenden Verwaltungsakts nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II
ist ebenfalls nur der erwerbsfähige Hilfebedürftige. Weder den Regelungen in
§ 15 Abs. 1 SGB II noch denjenigen in § 16 Abs. 3 SGB II ist eine Rechtsgrund-
lage zu entnehmen, nach welcher die Arbeitsgemeinschaft befugt ist, den Maß-
nahmeträger gegen seinen Willen zur Aufnahme eines erwerbsfähigen Hilfebe-
dürftigen zum Zwecke der Tätigkeit in Arbeitsgelegenheiten zu verpflichten. Er-
sichtlich sieht der Gesetzgeber für eine derartige Ermächtigungsgrundlage kei-
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ne Notwendigkeit. Denn grundsätzlich haben die Maßnahmeträger - kommu-
nale wie solche der freien Wohlfahrtspflege - ein Interesse daran, erwerbsfähige
Hilfebedürftige im Rahmen von Arbeitsgelegenheiten zu beschäftigen, weil auf
diese Weise Arbeiten erledigt werden, die sonst nicht zu finanzieren sind. Diese
Rechtslage lässt die Befugnis des Maßnahmeträgers unberührt, von der
Arbeitsgemeinschaft vorgeschlagene Hilfebedürftige wegen fehlender fachlicher
oder persönlicher Eignung abzulehnen.
b) Demgemäß bieten sich mit Blick auf das Verhältnis zwischen der Arbeitsge-
meinschaft und dem kommunalen Maßnahmeträger für die Mitbestimmung des
Personalrats folgende zwei Zeitpunkte an:
aa) Nach der den Arbeitshilfen der Bundesagentur entsprechenden Verwal-
tungspraxis erfolgt die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten durch von den Ar-
beitsgemeinschaften gegenüber Maßnahmeträgern auf Antrag ausgesproche-
nen Bewilligungen pauschaler Förderleistungen (vgl. Abschnitt B 3.1 der Ar-
beitshilfen AGH). Bereits bei der Antragstellung hat der Maßnahmeträger Gele-
genheit, für den geplanten Arbeitseinsatz Hilfebedürftige zu benennen, die er
etwa aus vergangenen Einsätzen kennt oder die sich bei ihm vorgestellt haben.
In einem solchen Fall kann die personelle Mitbestimmung bereits vor der An-
tragstellung stattfinden (vgl. zur Mitbestimmung des Betriebsrats einer Beschäf-
tigungsstelle vor Zuweisung eines Zivildienstleistenden: BAG, Beschluss vom
19. Juni 2001 - 1 ABR 25/00 - BAGE 98, 70).
bb) Häufig wird jedoch die Beschäftigung eines Hilfebedürftigen auf einen Vor-
schlag zurückgehen, der von der Arbeitsgemeinschaft im Zusammenhang mit
der Bewilligung der Förderleistungen gemacht wird. In einem solchen Fall ist die
interne Entscheidung der Dienststelle darüber, ob der vorgeschlagene Teil-
nehmer akzeptiert wird, der Mitbestimmung des Personalrats zugänglich. Wird
die Übernahme abgelehnt, so macht die Dienststelle von der sie begünstigen-
den Bewilligung nicht oder erst nach Vorschlag eines Ersatzteilnehmers
Gebrauch (ebenso Trenk-Hinterberger, a.a.O. S. 289; Süllwold, a.a.O. S. 89;
Schulze, a.a.O. S. 1332; Daniels, a.a.O. S. 185 f.; a.A. VG Oldenburg, a.a.O.
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S. 503; VG Düsseldorf, a.a.O. S. 221 f.; VG Göttingen, Beschluss vom 5. Juli
2006 - 7 A 5.05 - juris Rn. 18; Zwanziger, a.a.O. S. 14).
c) Die zitierten Arbeitshilfen der Bundesagentur besagen nichts Abweichendes.
Gegenstand der Bewilligung ist danach die Maßnahmedurchführung, eine be-
stimmte Zahl von Teilnahmeplätzen und damit verbundene pauschale Förder-
leistungen einschließlich der Mehraufwandsentschädigung für die Teilnehmer
(Abschnitt B 3.12 Abs. 2). Zwar heißt es auch, dass der Träger die bewilligten
Zusatzjobs unverzüglich mit erwerbsfähigen Hilfebedürftigen besetzt, die ihm
von der Arbeitsgemeinschaft in ausreichender Zahl zugewiesen werden (Ab-
schnitt B 3.12 Abs. 3). Doch zugleich wird für sinnvoll gehalten, Direktbewer-
bungen der Hilfeempfänger bei den Trägern zu unterstützen, und befürwortet,
dass im Regelfall der Maßnahmeträger die Möglichkeit haben sollte, Bewerber
für die von ihm angebotenen Zusatzjobs anzunehmen oder abzulehnen (Ab-
schnitt 4.1 Abs. 5). Damit wird vorausgesetzt, dass dem Maßnahmeträger bei
der Besetzung der Arbeitsgelegenheiten ein Spielraum für eigene Entscheidun-
gen zusteht.
d) Dies entspricht der Verwaltungspraxis in den Anlassfällen, welche zur Einlei-
tung des vorliegenden Verfahrens geführt haben. Ausweislich der beigezoge-
nen Verwaltungsvorgänge hat der Beklagte in zwei Bewilligungsanträgen ins-
gesamt drei Hilfebedürftige für die Besetzung der Arbeitsgelegenheiten na-
mentlich benannt. Zwei der vorgeschlagenen Hilfebedürftigen hat das Job-
Center für Arbeitsmarktintegration im Rahmen der Bewilligung akzeptiert. In
allen Fällen - unabhängig davon, ob ein Vorschlag des Beklagten vorlag oder
nicht - hat das Job-Center seinen Bewilligungsbescheiden jeweils folgendes
Schreiben beigefügt „… habe ich Frau/Herrn … vorgeschlagen und sie/ihn ge-
beten, mit Ihnen einen Vorstellungstermin zu vereinbaren. Teilen Sie mir bitte
Ihre Entscheidung möglichst umgehend schriftlich oder telefonisch mit … So-
fern die/der vorgeschlagene Bewerberin/Bewerber nicht Ihren Vorstellungen
entspricht, würden mir erläuternde Hinweise helfen, die für Sie wesentlichen
Gesichtspunkte künftig noch besser berücksichtigen zu können.“
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e) Eine eigene Entscheidung trifft die Dienststelle auch bezüglich der Frage, ob
die betreffenden Arbeiten „zusätzlich“ im Sinne von § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II
sind. Zwar hat die Arbeitsgemeinschaft im Rahmen ihrer Entscheidungs-
kompetenz nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II auch über dieses Merkmal zu be-
finden. Dabei ist sie jedoch auf die interne Vorentscheidung der Dienststelle
angewiesen. Diese muss vor der Antragstellung anhand der bei ihr gegebenen
personellen, organisatorischen und finanziellen Verhältnisse zunächst beurtei-
len, welche Einsatzbereiche das Erfordernis der Zusätzlichkeit erfüllen. Hieran
kann wiederum die Mitbestimmung des Personalrats im Wege der Mitbeurtei-
lung zu den beiden vorgenannten Zeitpunkten anknüpfen.
4. Für die Mitbestimmung des Personalrats bei der Aufnahme erwerbsfähiger
Hilfebedürftiger zur Verrichtung von Tätigkeiten in Arbeitsgelegenheiten spricht
der Zweck der Beteiligung bei Einstellungen. Dieser besteht im kollektiven
Schutz der in der Dienststelle bereits tätigen Beschäftigten und ihrer hierbei zu
berücksichtigenden Interessen (vgl. Beschluss vom 18. Juni 2002 a.a.O. S. 30
m.w.N.). Näheren Aufschluss darüber geben die Zustimmungsverweigerungs-
gründe, die dem Personalrat bei der Wahrnehmung seines Mitbestimmungs-
rechts zu Gebote stehen (vgl. Beschluss vom 13. September 2002 - BVerwG
6 P 4.02 - Buchholz 250 § 82 BPersVG Nr. 17 S. 10 f.). Das rheinland-
pfälzische Landespersonalvertretungsgesetz kennt weder generell noch für den
Bereich der personellen Mitbestimmung eine Festlegung von Zustimmungsver-
weigerungsgründen. Daraus kann bedenkenfrei gefolgert werden, dass dem
Personalrat hier jedenfalls jene „klassischen“ Zustimmungsverweigerungs-
gründe zu Gebote stehen, die für Personalangelegenheiten im Bereich der
Bundesverwaltung in § 77 Abs. 2 BPersVG normiert sind.
a) Nach § 77 Abs. 2 Nr. 2 BPersVG kann der Personalrat in personellen Ange-
legenheiten seine Zustimmung verweigern, wenn die durch Tatsachen begrün-
dete Besorgnis besteht, dass durch die Maßnahme Beschäftigte der Dienststel-
le benachteiligt werden, ohne dass dies aus dienstlichen oder persönlichen
Gründen gerechtfertigt ist. Dieser Zustimmungsverweigerungsgrund ist in Be-
tracht zu ziehen, wenn gegen die fachliche oder persönliche Eignung eines er-
werbsfähigen Hilfebedürftigen durchgreifende Bedenken bestehen. In einem
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derartigen Fall sind Beschäftigte der Dienststelle nachteilig betroffen, die mit
dem betreffenden Hilfebedürftigen - etwa bei Anleitung, Beaufsichtigung und
Koordinierung der Tätigkeit - zusammenarbeiten müssen (vgl. Beschluss vom
26. Januar 2000 a.a.O. S. 296 bzw. S. 15; Süllwold, a.a.O. S. 90; Kröll, a.a.O.
S. 137; Schulze, a.a.O. S. 1336).
b) Gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 3 BPersVG kann der Personalrat seine Zustimmung
ferner verweigern, wenn die durch Tatsachen begründete Besorgnis besteht,
dass der Bewerber den Frieden in der Dienststelle durch unsoziales oder ge-
setzwidriges Verhalten stören werde. Dieser Gesichtspunkt ist vom Personalrat
in den hier in Rede stehenden Fällen ebenso zu prüfen wie bei denjenigen Per-
sonen, deren Aufnahme in der Dienststelle als Arbeitnehmer oder Beamter an-
steht (vgl. Süllwold, a.a.O. S. 90).
c) Schließlich kann der Personalrat seine Zustimmung bei Gesetzwidrigkeit der
Maßnahme verweigern (§ 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG). Als gesetzliche Bestim-
mung, deren Einhaltung der Personalrat zu überwachen hat, kommt § 16 Abs. 3
Satz 2 Halbs. 1 SGB II insofern in Betracht, als die Arbeitsgelegenheiten sich
auf zusätzliche Arbeiten zu beschränken haben.
aa) Was unter zusätzlichen Arbeiten zu verstehen ist, ist in § 16 Abs. 3 SGB II
nicht geregelt. Diese Vorschrift ist jedoch eingebettet in das Gesamtregelwerk
über die Leistungen zur Eingliederung, zu denen vorrangig diejenigen nach § 16
Abs. 1 SGB II zählen. § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II verweist auf die Leistungen
nach dem fünften Abschnitt des sechsten Kapitels des SGB III. Dabei handelt
es sich um die Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (§§ 260 ff.
SGB III). § 261 Abs. 1 SGB III bestimmt - in sachlicher Übereinstimmung mit
§ 16 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 SGB II -, dass Maßnahmen nur förderungsfähig
sind, wenn die in ihnen verrichteten Arbeiten zusätzlich sind und im öffentlichen
Interesse liegen. Arbeiten sind zusätzlich, wenn sie ohne die Förderung nicht,
nicht in diesem Umfang oder erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt
werden (§ 261 Abs. 2 Satz 1 SGB III). Arbeiten, die aufgrund einer rechtlichen
Verpflichtung durchzuführen sind oder die üblicherweise von juristischen Per-
sonen des öffentlichen Rechts durchgeführt werden, sind nur förderungsfähig,
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wenn sie ohne die Förderung voraussichtlich erst nach zwei Jahren durchge-
führt werden (§ 261 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Es liegt nahe, auf diese Definition
auch im Rahmen der Arbeitsgelegenheiten nach § 16 Abs. 3 Satz 2 SGB II zu-
rückzugreifen (vgl. VG Ansbach, Beschluss vom 10. Januar 2006 - AN 8 P
05.04185 - PersR 2006, 222 <224>; VG Göttingen, a.a.O. Rn. 21; Berlit, a.a.O.
S. 146 f., 151; Zwanziger, a.a.O. S. 8; Süllwold, a.a.O. S. 90; Kröll, a.a.O.
S. 133).
bb) Die Einhaltung des Merkmals der Zusätzlichkeit berührt spezifische Be-
schäftigteninteressen. Bei Nichtbeachtung ist mit erheblichen Auswirkungen auf
die Arbeitsbedingungen der regulären Beschäftigten zu rechnen, die von der
Entziehung von Arbeitsfeldern, erzwungener Untätigkeit, Zuweisung neuer Tä-
tigkeitsbereiche bis zur Umsetzung innerhalb der Dienststelle reichen können
(so bereits zur Verrichtung gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit durch Sozi-
alhilfeempfänger: Beschluss vom 26. Januar 2000 a.a.O. S. 296 bzw. S. 15).
cc) Der Gesichtspunkt der Zusätzlichkeit ist vom Personalrat gerade auch im
Rahmen der Mitbestimmung bei Einstellungen zu prüfen. Liegen die Voraus-
setzungen nach § 16 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 1 SGB II i.V.m. § 261 Abs. 2 SGB III
nicht vor, so wirkt sich dies nämlich im Verhältnis zum erwerbsfähigen Hilfebe-
dürftigen als Beschäftigungsverbot aus. Dieser erhält während der Verrichtung
seiner Tätigkeit das Arbeitslosengeld II sowie eine angemessene Entschädi-
gung für Mehraufwand, die nach den gegenwärtigen Verhältnissen zwischen
1 und 2 € je Arbeitsstunde liegt („Ein-Euro-Job“). Dieselbe Tätigkeit eines regu-
lären Beschäftigten der Dienststelle wird indes nach Tarifvertrag vergütet. Die
unterschiedliche Behandlung ist nur gerechtfertigt, wenn das gesetzliche
Merkmal der Zusätzlichkeit erfüllt ist. Ist dies nicht der Fall, darf der erwerbsfä-
hige Hilfebedürftige nicht beschäftigt werden. Nur auf diese Weise kann der
Zweck der genannten gesetzlichen Bestimmungen, der Verdrängung regulärer
Beschäftigung entgegenzuwirken, erreicht werden (im Ergebnis ebenso: Trenk-
Hinterberger, a.a.O. S. 291; Süllwold, a.a.O. S. 89 f.; Kröll, a.a.O. S. 136 f.;
Zwanziger, a.a.O. S. 14). Insofern handelt es sich um einen Aspekt, wie er ver-
gleichbar auch bei der Einstellung von Arbeitnehmern zum Tragen kommt. Da-
nach ist der Zustimmungsverweigerungsgrund nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG
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gegeben, wenn der Zweck der Verbotsnorm nur dadurch erreicht werden kann,
dass die Einstellung insgesamt unterbleibt (vgl. Beschluss vom 14. Juni 2006
- BVerwG 6 P 13.05 - BVerwGE 126, 122 = Buchholz 250 § 44 BPersVG Nr. 35
Rn. 15 m.w.N.).
dd) Soweit der Senat im Beschluss vom 26. Januar 2000 (a.a.O. S. 294 ff. bzw.
S. 13 ff.) die Einhaltung des Merkmals der Zusätzlichkeit nicht der personellen
Mitbestimmung, sondern der Beteiligung bei der vorwirkenden Entscheidung
über die Festlegung der Einsatzbereiche zugeordnet hat, hält er daran aus den
dargelegten Gründen nicht mehr fest. Seinerzeit hat beim Senat die Sorge mit-
gespielt, die Mitbestimmung bei der personellen Besetzung der fraglichen Ar-
beitsbereiche könnte nicht zeitgerecht erfolgen (a.a.O. S. 297 bzw. S. 16). Die-
se Sorge erweist sich nach nochmaliger Überprüfung als nicht begründet. Die
Effizienz der Mitbestimmung ist dadurch sichergestellt, dass die Maßnahme nur
mit Zustimmung des Personalrats oder nach deren Ersetzung im Rahmen eines
ordnungsgemäßen Mitbestimmungsverfahrens getroffen werden kann (§ 74
Abs. 1 Satz 1 RhPPersVG). Straffe Äußerungsfristen, die in dringenden Fällen
abgekürzt werden können, die Zulässigkeit von Eilmaßnahmen und der Wegfall
des Stufenverfahrens im Bereich der Stadtverwaltung vermögen eine übermä-
ßige Verzögerung zu verhindern (§ 74 Abs. 2 Satz 5 und 6, Abs. 6, §§ 75, 89
RhPPersVG). Ist bei der Erstbesetzung von Arbeitsgelegenheiten im Rahmen
eines ordnungsgemäßen Mitbestimmungsverfahrens („Pilotverfahren“) geklärt
worden, ob für einen bestimmten Einsatzbereich das Merkmal der Zusätzlich-
keit erfüllt ist, so wird dies bei gleichbleibenden Verhältnissen Grundlage für die
Behandlung weiterer vergleichbarer Fälle sein.
d) Die Mitbestimmung des Personalrats bei der Besetzung von Arbeitsgelegen-
heiten verliert ihren Sinn nicht dadurch, dass insoweit der Grundsatz der
Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG nicht anzuwenden ist (vgl. Süllwold,
a.a.O. S. 90; a.A. VG Frankfurt am Main, Beschluss vom 7. November 2005
- 23 L 2361/05 - PersR 2006, 42 <44>; VG Göttingen, a.a.O. Rn. 18).
Im Beispielskatalog für die personelle Mitbestimmung nach § 78 Abs. 2 Satz 1
RhPPersVG finden sich zahlreiche Angelegenheiten, in denen der Grundsatz
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der Bestenauslese nicht oder nur teilweise zum Zuge kommt. So werden etwa
bei Versetzungen (§ 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 RhPPersVG) häufig von Dienststelle
wie Personalrat ausschließlich soziale Aspekte zu prüfen sein. Es besteht daher
kein Grund, von der Mitbestimmung bei Einstellungen atypische Beschäf-
tigungsverhältnisse auszunehmen, für welche das Prinzip der Bestenauslese
nicht gilt. Entscheidend ist, ob die Beschäftigteninteressen in vergleichbarer
Weise betroffen sind. Dies wurde oben bejaht.
Der Senatsbeschluss vom 26. Januar 2000 steht auch in dieser Hinsicht nicht
entgegen. Zwar wird dort darauf hingewiesen, dass sich die Auswahl von Sozi-
alhilfeempfängern zwecks Ableistung gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit
nicht nach den Kriterien der Bestenauslese richtet (a.a.O. S. 294 bzw. S. 14).
Damit sollte jedoch nur die Aussage verstärkt werden, dass die Heranziehung
durch Verwaltungsakt dem Vollzug nicht dienstrechtlicher Gesetzesbestimmun-
gen des materiellen Verwaltungsrechts dient und als solche der Mitbestimmung
entzogen ist. Dass die Mitbestimmung bei Einstellungen nur bei Geltung des
Bestenausleseprinzips zum Zuge kommt, wird damit nicht verlangt.
5. Das demokratische Prinzip steht nicht entgegen.
a) Die Mitbestimmung des Personalrats bei der Besetzung von Arbeitsgelegen-
heiten ist nicht unter dem Gesichtspunkt der Schutzzweckgrenze ausgeschlos-
sen. Darunter ist das aus dem demokratischen Prinzip herzuleitende Gebot zu
verstehen, wonach sich die Mitbestimmung des Personalrats nur auf inner-
dienstliche Maßnahmen erstrecken und nur soweit gehen darf, als die spezifi-
schen im Beschäftigungsverhältnis angelegten Interessen der Angehörigen der
Dienststelle dies rechtfertigen. Innerdienstlich sind Entscheidungen im internen
Bereich von Regierung und Verwaltung. Durch sie werden die Beschäftigten in
ihren spezifischen Interessen als Beamte und Arbeitnehmer berührt (vgl. Be-
schlüsse vom 19. Mai 2003 - BVerwG 6 P 16.02 - Buchholz 250 § 78 BPersVG
Nr. 19 S. 4, vom 15. Oktober 2003 - BVerwG 6 P 8.03 - Buchholz 251.7 § 72
NWPersVG Nr. 32 S. 61 und vom 18. Mai 2004 - BVerwG 6 P 13.03 - BVerwGE
121, 38 <49> = Buchholz 251.0 § 79 BaWüPersVG Nr. 17 S. 5, jeweils unter
Hinweis auf BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1995 - BVerfGE 93, 37 <68, 70>).
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Die Entscheidung des Beklagten über die Aufnahme erwerbsfähiger Hilfebe-
dürftiger zur Erledigung im öffentlichen Interesse liegender, zusätzlicher Arbei-
ten ist eine innerdienstliche Maßnahme. Diese Entscheidung berührt die spezi-
fischen Interessen der der Dienststelle angehörigen Beschäftigten. Diese wer-
den durch die Aufnahme erwerbsfähiger Hilfebedürftiger mit fachlichen und
persönlichen Eignungsmängeln nachteilig betroffen. Zugleich besteht die Ge-
fahr, dass Arbeitsfelder für regulär Beschäftigte entfallen.
Die Entscheidung des Beklagten über die Besetzung von Arbeitsgelegenheiten
verliert ihren innerdienstlichen Charakter nicht dadurch, dass zwischen dieser
Maßnahme und der Erfüllung der in § 16 Abs. 3 SGB II beschriebenen Verwal-
tungsaufgabe zur Eingliederung erwerbsfähiger Hilfebedürftiger in Arbeit ein
Zusammenhang besteht. Für innerdienstliche Maßnahmen ist auch sonst ty-
pisch, dass durch sie behördenintern die Voraussetzungen für die Wahrneh-
mung des Amtsauftrages geschaffen werden (vgl. Beschlüsse vom 19. Mai
2003 a.a.O. und vom 18. Mai 2004 a.a.O.).
b) Ein Widerspruch zum Senatsbeschluss vom 26. Januar 2000 besteht auch in
dieser Hinsicht nicht. Dort wurde entschieden, dass die Heranziehung eines
Sozialhilfeempfängers zu gemeinnütziger und zusätzlicher Arbeit durch Verwal-
tungsakt eine außenwirksame Entscheidung des Sozialhilfeträgers gegenüber
den Hilfebedürftigen ist, die auf den Vollzug nicht dienstrechtlicher Gesetzes-
bestimmungen des materiellen Verwaltungsrechts gerichtet und deswegen der
Mitbestimmung unter dem Gesichtspunkt der Schutzzweckgrenze entzogen ist
(a.a.O. S. 294 bzw. S. 13 f.).
Im vorliegenden Fall unterliegt die Entscheidung der Arbeitsgemeinschaft über
die Heranziehung eines erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zu im öffentlichen Inte-
resse liegenden, zusätzlichen Arbeiten - sei es aufgrund einer Eingliederungs-
vereinbarung, durch Verwaltungsakt oder durch sonstiges Verwaltungshan-
deln - nicht der Mitbestimmung des Personalrats der kommunalen Dienststelle.
Dieser hat daher im Rahmen der Mitbestimmung nicht zu prüfen, ob es sich bei
der betreffenden Person um einen erwerbsfähigen Hilfebedürftigen handelt
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(§§ 7 ff. SGB II) und ob diesem die in Aussicht gestellte Arbeit zumutbar ist
(§ 10 SGB II). Die der Dienststelle verbliebene und der Mitbeurteilung durch
den Personalrat daher zugängliche Eignungsprüfung ist nicht deckungsgleich
mit der Zumutbarkeitsprüfung der Arbeitsgemeinschaft. Während diese aus-
schließlich die Person des Hilfebedürftigen im Auge hat, geht es bei der dienst-
stelleninternen Eignungsprüfung um mögliche Belastungen der regulären Be-
schäftigten. Dass das gesetzliche Merkmal der Zusätzlichkeit spezifische Be-
schäftigteninteressen berührt, wurde im zitierten Senatsbeschluss - bezogen
auf die damals anzuwendende Regelung in § 19 Abs. 2 BSHG - ausdrücklich
bejaht (a.a.O. S. 296 bzw. S. 15).
c) Die Verantwortungsgrenze ist ebenfalls eingehalten. Das Letztentschei-
dungsrecht der Volksvertretung bzw. der ihr verantwortlichen Stelle ist garan-
tiert (§ 75 Abs. 5 Nr. 2, § 88 Abs. 4, § 89 RhPPersVG).
6. Die Mitbestimmung bei Einstellungen wird hier nicht durch konkurrierende
Beteiligungstatbestände verdrängt.
a) Die streitige Mitbestimmung ist nicht mit Blick darauf ausgeschlossen oder
eingeschränkt, dass das Verwaltungsgericht dem Kläger bei der Schaffung von
Arbeitsgelegenheiten ein Erörterungsrecht gemäß § 84 Satz 1 Nr. 1
RhPPersVG rechtskräftig zugesprochen hat.
Eine echte Konkurrenz von Beteiligungsrechten besteht schon deswegen nicht,
weil die erörterungspflichtige Personalplanung der mitbestimmungspflichtigen
personellen Einzelmaßnahme zeitlich vorausgeht (vgl. Jacobi/Küssner/
Meerkamp, a.a.O. § 73 Rn. 25). Es fragt sich allenfalls, ob die Erörterung des
Merkmals der Zusätzlichkeit im Rahmen der Personalplanung die erneute Be-
handlung dieses Aspekts im Rahmen der personellen Mitbestimmung hindert.
Dies ist jedoch zu verneinen. Gerade wegen der gegenständlichen Weite der
Personalplanung (vgl. Beschluss vom 23. Januar 2002 - BVerwG 6 P 5.01 -
PersR 2002, 201 <202>) werden Gegenstand der Erörterung zwischen Dienst-
stelle und Personalrat typischerweise Gesichtspunkte sein, die auch für die
spätere Umsetzung im Rahmen personeller Einzelmaßnahmen von Bedeutung
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sind. Wäre der Personalrat mit der Behandlung aller Punkte, die Gegenstand
der Erörterung waren oder hätten sein können, abgeschnitten, so würde dies
eine wesentliche Aushöhlung seiner Mitbestimmungsrechte bedeuten. Zwar
kann dem Willen des Gesetzgebers entnommen werden, dass er für den Be-
reich der Personalplanung ein schnelles Beteiligungsverfahren wünscht, wel-
ches von den mit der Mitbestimmung verbundenen Verzögerungen frei ist (so
ausdrücklich zur Aufteilung des Personalausgabenbudgets nach § 84 Satz 1
Nr. 2 RhPPersVG: LTDrucks 13/5500 S. 35). Dass er jedoch die nachfolgende
personelle Mitbestimmung inhaltlich verkürzen wollte, ist nicht anzunehmen. Im
Gegenteil wollte er ersichtlich die Beteiligung des Personalrats im Vorfeld mit-
bestimmungspflichtiger personeller Maßnahmen ergänzen. Insofern kann von
einer Fernwirkung der Mitbestimmung gesprochen werden: Diese wirkt zuguns-
ten einer ernsthaften, vom Willen zur Verständigung getragenen Erörterung im
Rahmen der Personalplanung. Wird dort ein Konsens erzielt, so wird in diesem
Umfang bei unveränderten Verhältnissen das nachfolgende Mitbestimmungs-
verfahren von Konflikten entlastet (vgl. zum Betriebsverfassungsrecht: Engels,
NZA 2007, 8 <10>).
b) Schließlich kann gegen die Mitbestimmung bei Einstellungen nicht einge-
wandt werden, die Mitbestimmung in einer atypischen, nicht geregelten organi-
satorischen Angelegenheit nach § 73 Abs. 1, § 80 Abs. 2 RhPPersVG sei in Be-
zug auf das Erfordernis der Zusätzlichkeit der Arbeiten vorrangig.
aa) Eine solche Schlussfolgerung ist nicht schon deswegen geboten, weil das
Verwaltungsgericht die Mitbestimmung bei der Schaffung von Arbeitsgelegen-
heiten rechtskräftig abgelehnt hat. Hierbei war die Beteiligung des Personalrats
bei der Auswahl der Einsatzbereiche selbst Streitgegenstand. Dagegen geht es
im Rechtsbeschwerdeverfahren nur noch um das Mitbestimmungsrecht des
Klägers bei der personellen Besetzung dieser Einsatzbereiche. Insofern entfal-
tet die rechtskräftige erstinstanzliche Klageabweisung auch keine präjudizielle
Wirkung. Darum ist der Senat weder rechtlich noch logisch gehindert, den Inhalt
der Mitbestimmung bei Einstellungen und deren Verhältnis zu anderen Be-
teiligungstatbeständen zu bestimmen.
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bb) In der Sache wirkt sich das Nichtvorliegen der Voraussetzungen in § 16
Abs. 3 Satz 2 SGB II i.V.m. § 261 Abs. 2 SGB III als Beschäftigungsverbot aus,
wie oben ausgeführt wurde; dies weist die Angelegenheit auch insoweit der Mit-
bestimmung bei Einstellungen zu. Im Übrigen würde die Aufspaltung der Betei-
ligung in eine Mitbestimmung bei der Schaffung von Arbeitsgelegenheiten nach
§ 80 Abs. 2 RhPPersVG und eine weitere bei der Auswahl des betreffenden
Personenkreises nach § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 RhPPersVG dem demokrati-
schen Prinzip mit Rücksicht auf die sach- und zeitgerechte Erfüllung des Amts-
auftrages nicht optimal gerecht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 24. Mai 1995
a.a.O. S. 74).
7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Dr. Bardenhewer Dr. Hahn Büge
Vormeier Dr. Bier
B e s c h l u s s
Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Entscheidung beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.
Dr. Bardenhewer Büge Vormeier
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Sachgebiet:
BVerwGE:
ja
Personalvertretungsrecht
Fachpresse: ja
Rechtsquellen:
RhPPersVG § 78 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
SGB II
§ 16 Abs. 3
Stichworte:
Mitbestimmung des Personalrats bei Einstellungen; Beschäftigung erwerbsfä-
higer Hilfebedürftiger („Ein-Euro-Jobs“); zusätzliche Arbeiten.
Leitsatz:
Der Einsatz erwerbsfähiger Hilfebedürftiger zur Verrichtung von im öffentlichen
Interesse liegenden, zusätzlichen Arbeiten („Ein-Euro-Jobs“) in der Dienststelle
unterliegt der Mitbestimmung des dortigen Personalrats bei Einstellungen.
Urteil des 6. Senats vom 21. März 2007 - BVerwG 6 P 4.06
I. VG Mainz vom 18.11.2005 - Az.: VG 5 K 291/05.MZ -
II. OVG Koblenz vom 17.05.2006 - Az.: OVG 5 A 11752/05 -