Urteil des BVerwG vom 13.07.2011

Gewerkschaft, Amtszeit, Rechtssicherheit, Wahlrecht

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
BVerwG 6 P 16.10
OVG 4 A 10679/10
In der Personalvertretungssache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 13. Juli 2011
durch die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Dr. Graulich, Vormeier,
Dr. Bier und Dr. Möller
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Antragstellers gegen den Be-
schluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz
(Fachsenat für Personalvertretungssachen - Bund -) vom
9. September 2010 wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
I
Am 7. Mai 2008 fand im Lazarettregiment 21 die Wahl des aus einer Person
bestehenden Personalrats statt. Das Wahlergebnis wurde noch am gleichen
Tage ausgehängt.
Am 26. Mai 2008 hat sich der Antragsteller mit „Antrag im Beschlussverfahren
nach § 83 BPersVG“ an das Verwaltungsgericht gewandt und dort beantragt:
„Es wird festgestellt, dass für das Lazarettregiment 21 ei-
ne Personalvertretung nach § 49 SBG zu bilden ist;
hilfsweise: die Wahlen zum Beteiligten zu 2 vom 6. bis
8. Mai 2008 werden für ungültig erklärt.“
Zur Begründung hat er vorgetragen: Zum Lazarettregiment 21 gehöre die Sani-
tätsausbildungskompanie, deren militärisches Stammpersonal zur Personalver-
tretung wahlberechtigt sei. Die Wahlen seien unter Ausschluss dieser Wahlbe-
rechtigten durchgeführt worden.
Während der Dauer des erstinstanzlichen Verfahrens sank die Zahl der zivilen
Mitarbeiter des Lazarettregiments 21 dauerhaft unter fünf. Deshalb teilte das
Sanitätskommando II unter dem 26. Mai 2009 im Einvernehmen mit dem Be-
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zirkspersonalrat beim Sanitätsführungskommando das Lazarettregiment 21
personalvertretungsrechtlich dem Sanitätszentrum R. zu.
Den im Anhörungstermin vom 20. April 2010 gestellten Antrag,
festzustellen, dass das Stammpersonal der Sanitätsaus-
bildungskompanie 4 (heute: 5./Lazarettregiment 21) an
den Personalratswahlen im Bereich dieser Dienststelle
teilnimmt,
hat das Verwaltungsgericht abgelehnt. Die Beschwerde des Antragstellers mit
dem Antrag,
unter Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses fest-
zustellen, dass das Stammpersonal der 5./Lazarett-
regiment 21 an den Personalratswahlen des Sanitätszent-
rums Rennerod teilnimmt,
hat das Oberverwaltungsgericht zurückgewiesen.
Zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde trägt der Antragsteller vor: Er habe
bei der Antragstellung am 26. Mai 2008 vor dem Sachverhalt gestanden, dass
der gerügte Mangel für das Wahlergebnis im Wahlgang der Arbeitnehmer nicht
ursächlich gewesen sei, sodass die Wahl nicht insgesamt für ungültig zu erklä-
ren gewesen sei. Der gestellte Hauptantrag sei am ehesten dem Bedürfnis ge-
recht geworden, den Wahlgang der Arbeitnehmer unangetastet zu lassen. Bei
stattgebendem Beschluss hätte lediglich eine Wahl in der Gruppe der Soldaten
erfolgen müssen, um den Personalrat zu vervollständigen. Der Hilfsantrag sei
ausdrücklich nur für den Fall gestellt worden, dass das Gericht eine vollständige
Neuwahl für erforderlich erachte. Nach Zuteilung des Lazarettregiments 21 zur
benachbarten Dienststelle habe sich die Notwendigkeit ergeben, zum Fortset-
zungsfeststellungsantrag in der Weise überzugehen, dass das Ausbleiben ei-
nes weiteren notwendigen Wahlgangs in der Gruppe der Soldaten für Zwecke
künftiger Wahlen auf unbestimmte Zeit festzustellen gewesen sei. Die Antrag-
stellung in den Vorinstanzen sei jeweils auf Anraten des Gerichts erfolgt.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
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den angefochtenen Beschluss aufzuheben
und nach dem in der Beschwerdeinstanz gestellten Antrag
zu erkennen,
ferner festzustellen, dass die Wahlen zum Personalrat
beim Lazarettregiment 21 vom 6. bis 8. Mai 2008 wegen
Unterbleibens eines Wahlgangs in der Gruppe der Solda-
ten ungültig gewesen sind.
Der Beteiligte zu 1 hält die Anträge für unzulässig.
II
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist nicht begründet. Der
Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung
oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG
i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Sowohl der im Rechtsbeschwerdeverfahren
weiter verfolgte Antrag auf Feststellung, dass das Stammpersonal der Sanitäts-
ausbildungskompanie des Lazarettregiments 21 an den Personalratswahlen
des Sanitätszentrums R. teilnimmt, als auch der erstmals im Schriftsatz vom
2. März 2011 gestellte Antrag auf Feststellung, dass die Wahlen zum Personal-
rat beim Lazarettregiment 21 vom 6. bis 8. Mai 2008 wegen Nichteinbeziehung
der Soldaten des Stammpersonals der Sanitätsausbildungskompanie ungültig
waren, sind unzulässig.
1. Ein Berufsverband für die Soldaten der Bundeswehr ist grundsätzlich nicht
berechtigt, im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren feststellen zu
lassen, dass in eine Personalratswahl bei einer militärischen Dienststelle Solda-
ten einer bestimmten Untergliederung einzubeziehen sind. Gewerkschaften
sind, auch soweit sie in der Dienststelle vertreten sind, keine Organe der Per-
sonalvertretung, sondern außerhalb der Dienststelle stehende Organisationen.
Den in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaften sind in einer Reihe von ge-
setzlichen Bestimmungen spezielle personalvertretungsrechtliche Aufgaben
und Befugnisse eingeräumt, die auf Bildung, Unterstützung und Kontrolle einer
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funktionsfähigen Personalvertretung ausgerichtet sind (vgl. Beschluss vom
25. Juli 2006 - BVerwG 6 P 17.05 - Buchholz 251.7 § 125 NWPersVG Nr. 1
Rn. 16). Diese Aufgaben und Befugnisse sind abschließend und erschöpfend.
Aus ihnen kann weder im Wege der Analogie noch unter Heranziehung eines
allgemeinen Rechtsgedankens ein allgemeines Kontrollrecht der Gewerkschaf-
ten auf Einhaltung der personalvertretungsrechtlichen Bestimmungen hergelei-
tet werden. Eine § 18 Abs. 2 BetrVG vergleichbare Bestimmung, der es Ge-
werkschaften gestattet, die Personalratsfähigkeit einer Dienststelle gerichtlich
klären zu lassen, enthält das Bundespersonalvertretungsgesetz nicht (vgl. Be-
schlüsse vom 11. Mai 1962 - BVerwG 7 P 6.61 - BVerwGE 14, 153 <155 f.> =
Buchholz 238.3 § 22 PersVG Nr. 4 S. 7, vom 8. Juni 1962 - BVerwG 7 P 7.61 -
BVerwGE 14, 241 <243 f.> = Buchholz 238.3 § 22 PersVG Nr. 5 S. 10, vom
18. Januar 1990 - BVerwG 6 P 8.88 - Buchholz 251.0 § 9 BaWüPersVG Nr. 5
S. 4, vom 27. September 1990 - BVerwG 6 P 23.88 - Buchholz 250 § 33
BPersVG Nr. 4 S. 2 und vom 16. Dezember 2010 - BVerwG 6 PB 18.10 - juris
Rn. 4 und 10).
2. Gewerkschaften sind nur unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmswei-
se befugt, die Personalratsfähigkeit einer Dienststelle gerichtlich klären zu las-
sen. Sie sind nach Maßgabe von § 25 BPersVG zur Wahlanfechtung berechtigt.
So können sie z.B. eine Personalratswahl mit der Begründung anfechten, die
Dienststelle sei entgegen der Annahme des Wahlvorstandes auch für Soldaten
personalratsfähig oder Soldaten einer bestimmten Untergliederung hätten in die
Wahl einbezogen werden müssen (vgl. Beschluss vom 8. Oktober 2007
- BVerwG 6 P 2.07 - Buchholz 449.7 § 2 SBG Nr. 6 Rn. 11 ff.). Das Wahlan-
fechtungsbegehren erledigt sich mit Ablauf der Amtszeit desjenigen Personal-
rats, dessen Wahl angefochten war. In solchen Fällen ist die Zulässigkeit eines
abstrakten Feststellungsantrages anzuerkennen, wenn dabei die den Kern des
Rechtsstreit bildende Rechtsfrage bezeichnet wird, dieser Antrag wenigstens
hilfsweise bereits in der Beschwerdeinstanz gestellt wurde, der Vorgang, wel-
cher die Wahlanfechtung ausgelöst hat, sich wiederholen wird und die an ihn
anknüpfenden Rechtsfragen sich unter denselben Verfahrensbeteiligten vor-
aussichtlich - mit mehr als nur geringfügiger Wahrscheinlichkeit - erneut stellen
werden (vgl. Beschlüsse vom 26. November 1997 - BVerwG 6 P 12.95 -
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Buchholz 250 § 27 BPersVG Nr. 3 S. 12, vom 8. Dezember 1999 - BVerwG 6 P
11.98 - BVerwGE 110, 163 <165> = Buchholz 436.61 § 24 SchwbG Nr. 3 S. 2,
vom 23. Januar 2002 - BVerwG 6 P 2.01 - Buchholz 252 § 2 SBG Nr. 3 S. 9 f.
und vom 21. Januar 2008 - BVerwG 6 P 16.07 - Buchholz 449.7 § 49 SBG Nr. 3
Rn. 47, insoweit bei BVerwGE 130, 165 nicht abgedruckt). Für die Zulässigkeit
des Übergangs zum abstrakten Statusfeststellungsantrag ist jedenfalls bei einer
anfechtungsberechtigten Gewerkschaft erforderlich, dass im Zeitpunkt der Erle-
digung der Wahlanfechtung ein rechtswirksames Anfechtungsbegehren vorlag.
Andernfalls liefe die Entscheidung des Gesetzgebers zur Begrenzung der per-
sonalvertretungsrechtlichen Befugnisse der Gewerkschaften leer.
3. Der Übergang zum Fortsetzungsfeststellungsantrag ist - wie auch sonst im
personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren - in jedem Falle unzulässig.
Eine dahingehende Feststellung entfaltet keine materielle Rechtskraftwirkung
für künftige personalvertretungsrechtliche Vorgänge (vgl. Beschluss vom 9. Juli
2007 - BVerwG 6 P 9.06 - Buchholz 250 § 46 BPersVG Nr. 30 Rn. 13 m.w.N.;
BAG, Beschluss vom 13. März 1991 - 7 ABR 5/90 - BAGE 67, 316 <318 f.>).
4. In Ansehung der vorstehenden Grundsätze erweisen sich die im Rechtsbe-
schwerdeverfahren gestellten Anträge als unzulässig.
a) Zwar handelt es sich beim Antragsteller um eine in der Dienststelle vertrete-
ne Gewerkschaft im Sinne der Bestimmungen des Bundespersonalvertretungs-
gesetzes (vgl. Beschluss vom 8. Oktober 2007 a.a.O. Rn. 11 ff.). Diese sind
hier anzuwenden, weil das Sanitätszentrum R. eine Dienststelle ist, in welcher
die Soldaten eine Personalvertretung nach dem Bundespersonalvertretungsge-
setz wählen (§§ 48, 49 Abs. 1 Satz 1 SBG i.V.m. ZDv 10/2 Anlage 4 Nr. 2). Das
Begehren auf Feststellung, dass Soldaten eines Organisationselements (Sani-
tätsausbildungskompanie) der gemäß § 12 Abs. 2 BPersVG zugeteilten Dienst-
stelle (Lazarettregiment 21) in die Personalratswahl der benachbarten Dienst-
stelle (Sanitätszentrum R.) einzubeziehen sind, lässt sich jedoch nicht auf die
speziellen Aufgaben und Befugnisse zurückführen, welche das Bundesperso-
nalvertretungsgesetz den Gewerkschaften zuweist (vgl. §§ 19, 20, 22, 23, 25,
28, 36, 39, 41, 49, 52 BPersVG).
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b) Ferner lagen bei dem Antragsteller nicht die Voraussetzungen vor, unter wel-
chen eine Gewerkschaft ausnahmsweise von der Wahlanfechtung zu einem
abstrakten Statusfeststellungsantrag übergehen kann.
aa) Allerdings hätte sich ein rechtswirksames Anfechtungsbegehren während
der Dauer des vorliegenden personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfah-
rens erledigt. Anknüpfungspunkt für die Antragsschrift vom 26. Mai 2008 war
die Wahl des aus einer Person bestehenden Personalrats vom 7. Mai 2008 im
Lazarettregiment 21. Die Amtszeit dieses Personalrats endete am 1. Mai 2009,
nachdem die Zahl der zivilen Mitarbeiter des Lazarettregiments 21 dauerhaft
unter fünf abgesunken war (§ 12 Abs. 1 BPersVG) und deswegen die überge-
ordnete Dienststelle, das Sanitätskommando II, im Einvernehmen mit der zu-
ständigen Stufenvertretung, dem Bezirkspersonalrat beim Sanitätsführungs-
kommando, das Lazarettregiment 21 gemäß § 12 Abs. 2 BPersVG der benach-
barten Dienststelle, dem Sanitätszentrum R., zugeteilt hatte (vgl. VGH Mann-
heim, Beschluss vom 13. November 1984 - 15 S 2525/83 - ZBR 1985, 232;
Lemcke, in: Altvater/Baden/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundespersonalvertretungs-
gesetz, 7. Aufl. 2011, § 12 Rn. 3; Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungs-
gesetz, 11. Aufl. 2008, § 12 Rn. 11; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD
Band V, K § 12 Rn. 7d; Dörner, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertre-
tungsrecht, 3. Aufl. 2008, § 12 Rn. 14 und Schwarze, ebd. § 27 Rn. 47;
Schlatmann, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundesper-
sonalvertretungsgesetz, § 12 Rn. 11).
bb) Der Übergang zum abstrakten Statusfeststellungsantrag scheiterte jedoch
daran, dass ein rechtswirksames Wahlanfechtungsbegehren des Antragstellers
zu keinem Zeitpunkt vorlag.
(1) Der Hauptantrag in der Antragsschrift vom 26. Mai 2008 auf Feststellung,
„dass für das Lazarettregiment 21 eine Personalvertretung nach § 49 SBG zu
bilden ist“, ist kein Wahlanfechtungsbegehren. Er ist nach seinem Wortlaut dar-
auf gerichtet, den personalvertretungsrechtlichen Status der Dienststelle mit
Wirkung für die Zukunft zu klären, nämlich dahin, dass das Lazarettregiment 21
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auch für Soldaten personalratsfähig ist. Sein Wortlaut unterscheidet sich er-
kennbar vom Hilfsantrag, der eindeutig als Wahlanfechtungsbegehren formuliert
ist.
Die Begründung der Antragsschrift lässt eine Deutung des Hauptantrages als
Wahlanfechtungsbegehren nicht zu. Ihr größerer Teil (Abschnitt 2) befasst sich
mit dem personalvertretungsrechtlichen Charakter der Dienststelle und ist auf
einen abstrakten Statusfeststellungsantrag zugeschnitten. Es wird konkretisiert,
dass die Sanitätsausbildungskompanie dasjenige Organisationselement sei,
dessen Soldaten das Wahlrecht zum Personalrat der Dienststelle zukomme.
Zwar wird dies in Abschnitt 3 der Antragsschrift sinngemäß als Mangel der
durchgeführten Wahl bezeichnet. Dass es dem Antragsteller gerade darauf an-
kam, dass die Wahl - ganz oder teilweise - für ungültig erklärt wird, ist jedoch
angesichts des Gesamtinhalts der Antragsschrift nicht deutlich geworden.
Wegen der Verschiedenartigkeit beider Begehren verbietet es sich, im abstrak-
ten Statusfeststellungsantrag ein Wahlanfechtungsbegehren zu sehen oder
umgekehrt. Die erfolgreiche Wahlanfechtung führt mit Rechtskraft der gerichtli-
chen Entscheidung zur Wiederholung der angegriffenen Wahl (vgl. Beschluss
vom 19. Dezember 2006 - BVerwG 6 PB 12.06 - Buchholz 250 § 17 BPersVG
Nr. 4 Rn. 26). Dagegen lässt die gerichtliche Entscheidung, mit welcher der
personalvertretungsrechtliche Status der Dienststelle geklärt wird, die durchge-
führte Wahl - von den seltenen Fällen ihrer Nichtigkeit abgesehen - in ihrer
Rechtswirksamkeit unberührt. Ihre Bindungswirkung schafft die Voraussetzun-
gen dafür, dass künftige Personalratswahlen ordnungsgemäß durchgeführt und
Unsicherheiten über die Zuständigkeit des Personalrats ausgeräumt werden
(vgl. Beschluss vom 23. September 2004 - BVerwG 6 P 2.04 - Buchholz 252
§ 49 SBG Nr. 2 S. 9; zu § 18 Abs. 2 BetrVG: BAG, Beschlüsse vom 17. Januar
2007 - 7 ABR 63/05 - BAGE 121, 7 <10 f.> und vom 9. Dezember 2009 - 7 ABR
38/08 - AP Nr. 19 zu § 4 BetrVG 1972 Rn. 18).
Der Hauptantrag kann ferner nicht deswegen als Wahlanfechtungsbegehren
gedeutet werden, weil Schwierigkeiten bei der Antragsformulierung für einen
solchen Antragsteller bestehen, dem es primär darauf ankommt, eine Nachwahl
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in der Gruppe der Soldaten zu erreichen, ohne zugleich die Wirksamkeit der
Wahl im Bereich der Zivilbeschäftigen in Frage zu stellen. Auch ein derartiger
Antragsteller geht keinerlei rechtliches Risiko ein, wenn er ohne Einschränkun-
gen beantragt, die Personalratswahl für ungültig zu erklären. Es ist Sache des
Gerichts, seine Ungültigerklärung auf die Gruppe der Soldaten zu beschränken,
wenn der festzustellende Wahlrechtsverstoß sich auf die Personalratswahl im
Bereich der Zivilbeschäftigten nicht ausgewirkt haben kann (vgl. Beschlüsse
vom 6. Juni 1991 - BVerwG 6 P 8.89 Buchholz 251.2 § 12 BlnPersVG Nr. 1
S. 4 f. und vom 10. Januar 2007 - BVerwG 6 PB 18.06 Buchholz 251.2 § 22
BlnPersVG Nr. 2 Rn. 2).
Dass es dem Antragsteller mit dem Hauptantrag möglicherweise darum ging,
die Wahl beschränkt auf die Gruppe der Soldaten anzufechten, ist erstmals im
Schriftsatz vom 25. August 2008 (S. 3) deutlich geworden. Zu diesem Zeitpunkt
war aber die Wahlanfechtungsfrist des § 25 BPersVG - 12 Arbeitstage ab Be-
kanntgabe des Wahlergebnisses - längst abgelaufen. Der Schriftsatz vom
25. August 2008 kann daher zur Auslegung der Antragsschrift vom 26. Mai
2008 nicht herangezogen werden. Abgesehen davon ist der Antragsteller im
späteren Schriftsatz vom 3. November 2008 (S. 1) zum Verständnis des Haupt-
antrages im Sinne eines abstrakten Statusfeststellungsantrages zurückgekehrt.
(2) Ein rechtswirksames Wahlanfechtungsbegehren liegt nicht im Hilfsantrag
der Antragsschrift. Eine Wahlanfechtung, die hilfsweise im Anschluss an einen
abstrakten Statusfeststellungsantrag erklärt wird, ist rechtsunwirksam.
Wie sich aus § 25 BPersVG ergibt, kann die Personalratswahl nicht beliebig
lange nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses angefochten werden, sondern
nur innerhalb einer Frist von 12 Arbeitstagen. Hierbei handelt es sich um eine
materielle Ausschlussfrist. Der materiellrechtliche Charakter des Fristerforder-
nisses folgt aus dem Zusammenhang mit der Gültigkeit der Personalratswahl.
Eine nicht rechtzeitig angefochtene Wahl ist - vom Ausnahmefall der Wahlnich-
tigkeit abgesehen - nach materiellem Recht von Anfang an gültig; der so ge-
wählte Personalrat ist rechtmäßig in seinem Amt (vgl. Beschluss vom
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23. Oktober 2003 - BVerwG 6 P 10.03 - BVerwGE 119, 138 <139> = Buchholz
250 § 25 BPersVG Nr. 15 S. 9 m.w.N.).
Angesichts dessen muss uneingeschränkte Rechtssicherheit darüber bestehen,
ob die Personalratswahl innerhalb der Ausschlussfrist angegriffen wird oder
nicht. Die Frage darf nicht offenbleiben. Das aber ist der Fall, wenn ein außer-
halb der Wahlanfechtung stehender abstrakter Statusfeststellungsantrag zum
Hauptantrag erhoben und die Wahl nur hilfsweise angefochten wird. Es ist mit
dem das Wahlrecht beherrschenden Grundsatz der Rechtssicherheit nicht ver-
einbar, dass eine Wahlanfechtung mit der Abweisung des Hauptantrages „wie-
derauflebt“. Denn während die gerichtliche Statusfeststellung die Existenz des
gewählten Personalrats in aller Regel unberührt lässt, endet die Amtszeit des
Personalrats mit Rechtskraft der erfolgreichen Wahlanfechtung (vgl. Beschluss
vom 10. August 1978 - BVerwG 6 P 37.78 - BVerwGE 56, 208 <218> = Buch-
holz 238.3 A § 25 BPersVG Nr. 2 S. 7 f.; BAG, Beschluss vom 29. Mai 1991
- 7 ABR 54/90 - BAGE 68, 67 <70>).
Eine abweichende Beurteilung kann nicht damit gerechtfertigt werden, dass die
den Gegenstand des abstrakten Feststellungsantrages bildende Rechtsfrage
und der Anfechtungsgrund inhaltsgleich sind. Die gerichtliche Überprüfung einer
Personalratswahl ist nicht auf den vom Antragsteller gerügten Wahlrechtsver-
stoß begrenzt (vgl. Beschlüsse vom 13. Mai 1998 - BVerwG 6 P 9.97 -
BVerwGE 106, 378 <381> = Buchholz 251.7 § 22 NWPersVG Nr. 4 S. 3 und
vom 28. Mai 2009 - BVerwG 6 PB 11.09 - Buchholz 251.91 § 25 SächsPersVG
Nr. 1 Rn. 6). Ließe man die Wahlanfechtung als Hilfsantrag zu, so könnten die
Gerichte die Wahl aus einem Grund für ungültig erklären, der nicht zugleich
Gegenstand des mit dem Hauptantrag verfolgten abstrakten Feststellungsbe-
gehrens war. Auch hierin erweist sich der grundlegende Unterschied zwischen
Wahlprüfung und Statusfeststellung. Damit verbietet sich eine Sichtweise, wo-
nach das Statusfeststellungsbegehren quasi stellvertretend für das hilfsweise
geltend gemachte Wahlanfechtungsbegehren die Ausschlussfrist wahrt.
Davon unberührt bleibt die prozessuale Möglichkeit, fristgerechte Angriffe ge-
gen die Wahl als solche in Haupt- und Hilfsantrag aufzugliedern etwa in der
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Weise, dass die Wahl in der Gruppe, hilfsweise insgesamt für ungültig oder
dass sie für nichtig, hilfsweise für ungültig erklärt wird. Bei solchen oder ver-
gleichbaren Fallgestaltungen ist das Verhältnis zwischen Haupt- und Hilfsantrag
„unecht“. Hier wird hinreichend deutlich, dass die Wahl angegriffen ist und es
dem Gericht überlassen bleibt, den Ausspruch in seinem Umfang gegebenen-
falls zu modifizieren (vgl. in diesem Zusammenhang BAG, Beschlüsse vom
13. November 1991 - 7 ABR 18/91 - BAGE 69, 49 <53> und vom 19. November
2003 - 7 ABR 24/03 - BAGE 108, 375 <376>).
c) Der im Schriftsatz vom 2. März 2011 gestellte Fortsetzungsfeststellungsan-
trag ist im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren unzulässig, wie
oben ausgeführt wurde.
Büge
Dr. Graulich
Vormeier
Dr. Bier
Dr. Möller
B e s c h l u s s
Der Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Rechtsbe-
schwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt (§ 23 Abs. 3 Satz 2, § 33 Abs. 1 und
Abs. 8 Satz 1 Halbs. 1 RVG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG analog).
Büge
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Sachgebiet:
BVerwGE:
ja
Personalvertretungsrecht
Fachpresse:
ja
Rechtsquellen:
BPersVG
§§ 25, 83
Stichworte:
Antragsbefugnis von Gewerkschaften im personalvertretungsrechtlichen Be-
schlussverfahren; Wahlanfechtung und Statusfeststellung; hilfsweise Wahlan-
fechtung.
Leitsätze:
1. Ein Berufsverband für die Soldaten der Bundeswehr ist grundsätzlich nicht
berechtigt, im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren feststellen zu
lassen, dass in eine Personalratswahl bei einer militärischen Dienststelle Solda-
ten einer bestimmten Untergliederung einzubeziehen sind.
2. Gewerkschaften sind ausnahmsweise befugt, die Personalratsfähigkeit einer
Dienststelle gerichtlich klären zu lassen, wenn sich ein rechtswirksames Wahl-
anfechtungsbegehren erledigt hat.
3. Eine Wahlanfechtung, die hilfsweise im Anschluss an einen abstrakten Sta-
tusfeststellungsantrag erklärt wird, ist rechtsunwirksam.
Beschluss des 6. Senats vom 13. Juli 2011 - BVerwG 6 P 16.10
I. VG Mainz vom 20.04.2010 - Az.: VG 2 K 523/08.MZ -
II. OVG Koblenz vom 09.09.2010 - Az.: OVG 4 A 10679/10 -