Urteil des BVerwG vom 21.01.2008

Wahlrecht, Soldat, Leiter, Vertrauensperson

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
BVerwG 6 P 16.07
OVG 62 PV 8.05
In der Personalvertretungssache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 21. Januar 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn,
Büge, Vormeier und Dr. Bier
beschlossen:
Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-
Brandenburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen
des Bundes - vom 1. Februar 2007 wird aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Anhörung und Entscheidung
an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
G r ü n d e :
I
In der Zeit vom 10. bis 12. Mai 2004 fand die Wahl zum Bezirkspersonalrat bei
der Wehrbereichsverwaltung Ost statt.
In einer Reihe von nachgeordneten Kreiswehrersatzämtern befindet sich jeweils
ein Auskunfts- und Beratungszentrum. Die maßgeblichen Organisationsbefehle
für das „Unterstützungspersonal Auskunfts- und Beratungszentrum“ sehen vor,
dass das Unterstützungspersonal einer benachbarten militärischen Dienststelle,
„im besonderen Aufgabenbereich des STAN-Auftrags“ jedoch dem Leiter des
Kreiswehrersatzamts truppendienstlich unterstellt ist. Nach der allgemeinen
Aufgabenbeschreibung im Stärke- und Ausrüstungsnachweis (STAN) hat das
Unterstützungspersonal für das Auskunfts- und Beratungszentrum der
Kreiswehrersatzämter aus Sicht eines Grundwehrdienstleistenden zur Muste-
rung heranstehende Wehrpflichtige zu Fragen des Truppenalltages, des
Dienstablaufes und der Ausbildung in den Verbänden aufgrund eigener Erfah-
rung zu informieren. Bei dem Unterstützungspersonal handelt es sich jeweils
um ein bis zwei Soldaten, die aufgrund der Wehrpflicht Wehrdienst leisten und
die im Wege der Kommandierung dem jeweiligen Auskunfts- und Beratungs-
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zentrum zugewiesen sind. Diese so genannten Kontaktsoldaten waren nicht zu
den Personalratswahlen zugelassen.
Wegen Nichteinbeziehung der Kontaktsoldaten hat der Antragsteller am 27. Mai
2004 die Wahl zum Bezirkspersonalrat bei der Wehrbereichsverwaltung Ost
angefochten. Den Wahlanfechtungsantrag hat das Verwaltungsgericht
abgelehnt. Die Beschwerde des Antragstellers hat das Oberverwaltungsgericht
aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Der persönliche Geltungsbereich des
Bundespersonalvertretungsgesetzes erstrecke sich auf Beamte und Arbeit-
nehmer, nicht jedoch auf Soldaten; es fehle an einer Regelung, die es gestatten
würde, bei einer Verwaltungsbehörde tätige und dorthin kommandierte Soldaten
als Beschäftigte anzuerkennen. Abweichendes ergebe sich nicht aus den
Bestimmungen des Soldatenbeteiligungsgesetzes. Gehörten Soldaten - wie
vorliegend die Kontaktsoldaten - einem der in § 2 Abs. 1 SBG genannten
Wahlbereiche an, so würden sie ausschließlich durch Vertrauenspersonen und
deren Gremien vertreten. Das Wehrdienstverhältnis sei durch die Disziplinarbe-
fugnis des jeweiligen Disziplinarvorgesetzten gekennzeichnet, die hier nicht et-
wa durch die Leiter der Kreiswehrersatzämter, sondern durch die jeweiligen
Vorgesetzten der zugeordneten militärischen Dienststellen ausgeübt werde.
Der Antragsteller trägt zur Begründung seiner Beschwerde vor: Nach jahrzehn-
telanger, höchstrichterlich bestätigter Praxis seien in zivilen Dienststellen der
Bundeswehr Personalvertretungen unter Einschluss der Soldaten zu bilden. Die
maßgeblichen Organisationsbefehle wiesen das Organisationselement „Unter-
stützungspersonal Auskunfts- und Beratungszentrum Kreiswehrersatzamt“
durchgängig nicht als organischen Bestandteil der abstellenden militärischen
Dienststelle aus. Vielmehr habe das Unterstützungspersonal eine gespaltene
Unterstellung, nämlich sowohl unter einen militärischen Vorgesetzten als auch
unter den Leiter des Kreiswehrersatzamtes. Die Unterstellung erfolge hinsicht-
lich der Wahrnehmung aller Amtsaufgaben des Unterstützungspersonals zum
Leiter des Kreiswehrersatzamtes, nicht zum abstellenden Truppenteil. Aufgrund
dieser vorrangigen fachlichen Unterstellung beschränke sich die truppendienst-
liche Unterstellung unter die militärische Dienststelle auf die soldatenrechtlichen
Befugnisse, die ausschließlich dem Disziplinarvorgesetzten vorbehalten seien.
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Dies allein rechtfertige nicht die Verneinung der Dienststellenzugehörigkeit.
Denn diese Rechtslage bestehe in allen Dienststellen der Bundeswehr, die von
einem Beamten oder Arbeitnehmer geleitet würden, in gleicher Weise. Die Re-
gelung in § 2 Abs. 1 Nr. 8 SBG könne nach Entstehungsgeschichte sowie Sinn
und Zweck der Wahlberechtigung der Kontaktsoldaten zur Personalvertretung
nicht entgegenstehen. Da diese Soldaten für ihre beim Kreiswehrersatzamt zu
erfüllende Aufgabe zum Ende ihrer Wehrdienstzeit herangezogen würden,
müsse ihre Kommandierung personalvertretungsrechtlich wie eine Versetzung
behandelt werden. Anderenfalls sei nach § 13 Abs. 2 Satz 1 BPersVG die
Wahlberechtigung zumindest derjenigen Kontaktsoldaten zu bejahen, bei denen
die Stehzeit im Kreiswehrersatzamt drei Monate erreiche. Die bloße Abwicklung
der Entlassungsformalitäten auf der militärischen Seite stelle keine Rückkehr in
die alte Dienststelle im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 3 BPersVG dar.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und die
Wahl zum Bezirkspersonalrat bei der Wehrbereichsver-
waltung Ost vom 10. bis 12. Mai 2004 für ungültig zu er-
klären.
Der Beteiligte zu 1 beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt ebenso wie der Vertreter des Bundesinteresses den angefochte-
nen Beschluss.
II
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet. Der Beschluss des
Oberverwaltungsgerichts beruht auf der unrichtigen Anwendung von Rechts-
normen (§ 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Er ist daher
aufzuheben; die Sache ist zur neuen Anhörung und Entscheidung an das
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Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen (§ 96 Abs. 1 Satz 2 ArbGG i.V.m.
§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Gemäß § 25 BPersVG kann eine in der Dienststelle vertretene Gewerkschaft
binnen einer Frist von 12 Arbeitstagen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses
die Wahl beim Verwaltungsgericht anfechten, wenn gegen wesentliche
Vorschriften über das Wahlrecht verstoßen worden ist, es sei denn, dass durch
den Verstoß das Wahlergebnis nicht beeinflusst werden konnte. Diese Vor-
schrift ist auf die Wahl des Bezirkspersonalrats entsprechend anzuwenden
(§ 53 Abs. 3 Satz 1 BPersVG). Ob in der Nichteinbeziehung der Kontaktsolda-
ten bei den betroffenen Kreiswehrersatzämtern ein wesentlicher Wahlrechts-
verstoß liegt, der das Ergebnis der Wahl zum Bezirkspersonalrat bei der Wehr-
bereichsverwaltung Ost vom 10. bis 12. Mai 2004 beeinflusst haben kann, ver-
mag der Senat anhand der bisherigen vom Oberverwaltungsgericht getroffenen
Feststellungen nicht zu beurteilen.
1. Ein Wahlrechtsverstoß kann nicht von vornherein unter Hinweis darauf ver-
neint werden, dass Soldaten kein Wahlrecht zu den Personalvertretungen der
Bundeswehrverwaltung haben. Diese Annahme trifft nämlich nicht zu.
a) Die Bundeswehrverwaltung ist eine zivile bundeseigene Verwaltung mit
eigenem Verwaltungsunterbau. Sie dient den Aufgaben des Personalwesens
und der unmittelbaren Deckung des Sachbedarfs der Streitkräfte; ihr sind Auf-
gaben des Wehrersatzwesens übertragen (Art. 87b Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2
Satz 1 GG i.V.m. § 14 Abs. 1 WPflG). Sie gliedert sich nach fachlichen und hie-
rarchischen Gesichtspunkten (vgl. die Übersicht im Bundeshaushaltsplan 2007
Einzelplan 14 S. 41). Im vorliegenden Zusammenhang ist insbesondere die
territoriale Wehrverwaltung zu nennen, zu der die Wehrbereichsverwaltungen
als Behörden der Mittelstufe mit den ihnen nachgeordneten Kreiswehrersatz-
ämtern und Bundeswehrdienstleistungszentren (früher Standortverwaltungen)
als Dienststellen der unteren Verwaltungsstufe zählen. Die Bundeswehrverwal-
tung gehört zu den Verwaltungen des Bundes, in denen gemäß § 1 Satz 1
BPersVG Personalvertretungen gebildet werden. Freilich sind Soldaten in den
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Dienststellen der Bundeswehrverwaltung - im Gegensatz zu den dort tätigen
Beamten und Arbeitnehmern - keine Beschäftigten im Sinne von § 4 BPersVG.
b) Im Gegensatz zur Bundeswehrverwaltung gehören die Streitkräfte (Art. 87a
Abs. 1 GG) nicht zu den Verwaltungen des Bundes im Sinne von § 1 BPersVG.
Deswegen bestimmt § 91 Abs. 1 des Soldatengesetzes (SG) i.d.F. der Be-
kanntmachung vom 30. Mai 2005, BGBl I S. 1482, dass für die Beamten und
Arbeitnehmer bei den militärischen Dienststellen und Einrichtungen der Bun-
deswehr das Bundespersonalvertretungsgesetz gilt (ebenso bereits § 70 Abs. 1
SG i.d.F. der Bekanntmachung vom 14. Februar 2001, BGBl I S. 232).
Für Soldaten schreibt § 48 Satz 1 des Soldatenbeteiligungsgesetzes (SBG)
i.d.F. der Bekanntmachung vom 15. April 1997, BGBl I S. 766, hier anzuwenden
i.d.F. des Änderungsgesetzes vom 20. Dezember 2001, BGBl I S. 4013, vor,
dass nach Maßgabe der §§ 48 bis 51 SBG das Bundespersonalvertretungsge-
setz gilt. Insoweit werden die Streitkräfte der Verwaltung gleichgestellt (§ 48
Satz 2 SBG). Grundlegend bestimmt § 49 Abs. 1 Satz 1 SBG, dass Soldaten in
anderen als den in § 2 Abs. 1 SBG genannten Dienststellen und Einrichtungen
Personalvertretungen wählen. Wenn sie dagegen einem der in § 2 Abs. 1 SBG
aufgeführten Wahlbereiche angehören, wählen sie Vertrauenspersonen. Der
Senat hat inzwischen in einer Reihe von Entscheidungen zur Abgrenzung von
Wahlbereichen, in denen die Soldaten Vertrauenspersonen wählen, von
solchen Dienststellen und Einrichtungen der Streitkräfte Stellung genommen, in
denen sie Personalvertretungen wählen (vgl. zum Wahlbereich Einheit: Be-
schlüsse vom 29. Oktober 2002 - BVerwG 6 P 5.02 - Buchholz 252 § 2 SBG
Nr. 4, vom 16. März 2006 - BVerwG 6 P 12.05 - Buchholz 449.7 § 2 SBG Nr. 5
und vom 8. Oktober 2007 - BVerwG 6 P 2.07 -; zum Wahlbereich Stab eines
Verbandes: Beschluss vom 23. Januar 2002 - BVerwG 6 P 2.01 - Buchholz 252
§ 2 SBG Nr. 3; zum Wahlbereich Lehrgangsteilnehmer: Beschluss vom 23. Juni
1999 - BVerwG 6 P 6.98 - Buchholz 252 § 2 SBG Nr. 2; ferner zur Systematik
der §§ 2, 49 SBG: Beschluss vom 23. September 2004 - BVerwG 6 P 2.04 -
Buchholz 252 § 49 SBG Nr. 2). Steht nach Maßgabe der §§ 48 bis 51 SBG fest,
dass die Soldaten in einer militärischen Dienststelle oder Einrichtung eine
Personalvertretung wählen, so bilden sie neben den Beamten und Arbeitneh-
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mern eine weitere Gruppe im Sinne von § 5 BPersVG (§ 49 Abs. 2 Satz 1
SBG). Ihre Vertreter in den Personalräten haben grundsätzlich die gleiche
Rechtsstellung wie die Beamten- und Arbeitnehmervertreter (§ 49 Abs. 2 Satz 2
SBG). Auch in diesen Fällen sind Soldaten zwar keine Beschäftigten im Sinne
von § 4 BPersVG, sie werden aber grundsätzlich wie solche behandelt.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen kann daher die Einbeziehung der
Kontaktsoldaten in die Wahl zum Bezirkspersonalrat der Wehr-
bereichsverwaltung Ost nicht schon unter Hinweis auf die fehlende Beschäftig-
teneigenschaft von Soldaten verneint werden.
c) Soldaten in Dienststellen der Bundeswehrverwaltung wählen die dortigen
Personalvertretungen mit.
aa) Die grundlegende Bestimmung in § 49 Abs. 1 Satz 1 SBG, wonach in ande-
ren als den in § 2 Abs. 1 SBG genannten Dienststellen und Einrichtungen Sol-
daten Personalvertretungen wählen, lässt sich sprachlich und systematisch
zwanglos auf Soldaten in Dienststellen der Bundeswehrverwaltung anwenden.
Denn die Wahlbereiche des § 2 Abs. 1 SBG, in welchen Soldaten Vertrauens-
personen wählen, sind ausnahmslos im Bereich der Streitkräfte angesiedelt. Da
die Dienststellen der Bundeswehrverwaltung somit keineswegs Wahlbereiche
im Sinne von § 2 Abs. 1 SBG sind, drängt sich die Schlussfolgerung geradezu
auf, dass die Soldaten dort - auch und erst recht - Personalvertretungen wäh-
len.
bb) Auch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes spricht dafür, die Soldaten
in den Dienststellen der Bundeswehrverwaltung in die Wahl der dortigen Per-
sonalvertretungen einzubeziehen.
(1) § 35a des Soldatengesetzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 19. August
1975, BGBl I S. 2273, (SG 1975) bestimmte, dass Soldaten in anderen als den
in § 35 Abs. 1 und 2 SG 1975 genannten Dienststellen und Einrichtungen „der
Bundeswehr“ Vertretungen nach den Vorschriften des Bundespersonalvertre-
tungsgesetzes wählten. Da die Bundeswehr - namentlich mit Blick auf Art. 87a
und 87b GG - Streitkräfte und Bundeswehrverwaltung gleichermaßen umfasst,
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lag nach der damaligen Gesetzesformulierung bereits nahe, dass nach dem
Willen des Gesetzgebers die Soldaten in der Bundeswehrverwaltung an den
dortigen Personalratswahlen teilnehmen sollten. Dieser Auslegung entsprach
die Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 8. April 1974, wo-
nach „die Soldaten wie bisher in Teileinheiten, Einheiten, Verbänden und ver-
gleichbaren Gliederungen der Truppe Vertrauensmänner nach dem Vertrau-
ensmänner-Wahlgesetz, in allen anderen Dienststellen und Einrichtungen da-
gegen Soldatenvertreter nach dem Personalvertretungsgesetz wählen“ (vgl.
BTDrucks 7/1968 S. 7).
(2) In § 5 des Soldatenbeteiligungsgesetzes vom 16. Januar 1991, BGBl I S. 47
(SBG 1991), der der Sache nach an die Stelle der bisherigen Regelung in § 35a
SG 1975 trat, fehlte ein Hinweis auf die „Bundeswehr“. Die dazugehörige
Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung konzentrierte sich auf „die
Personalvertretung in den nicht in § 2 Abs. 1 aufgeführten Organisationsberei-
chen der Streitkräfte“ (BTDrucks 11/7323 S. 18). Gleichwohl mangelt es an An-
haltspunkten dafür, dass der Gesetzgeber im Soldatenbeteiligungsgesetz 1991
die Soldaten in der Bundeswehrverwaltung von der Personalvertretung aus-
schließen wollte. Demnach hatte der Senat bei dieser Gesetzeslage keine Be-
denken, angesichts der engen Verknüpfung von Bundeswehrverwaltung und
Streitkräften zu den für Soldaten personalratsfähigen Dienststellen nicht nur das
Bundesministerium der Verteidigung, sondern auch die ihm unterstehenden
Einrichtungen der Bundeswehrverwaltung zu rechnen, in denen Soldaten neben
Beamten und Arbeitnehmern tätig sind (vgl. Beschluss vom 18. Mai 1994
- BVerwG 6 P 6.92 - BVerwGE 96, 35 <37> = Buchholz 250 § 4 BPersVG Nr. 5
S. 3).
(3) Es kann ausgeschlossen werden, dass der Gesetzgeber im Ersten Gesetz
zur Änderung des Soldatenbeteiligungsgesetzes vom 20. Februar 1997, BGBl I
S. 298, die beteiligungsrechtliche Rechtslage zum Nachteil der Soldaten in der
Bundeswehrverwaltung ändern wollte. Er hatte sich mit diesem Gesetz die ver-
tiefte Integration der Vertreter der Soldaten in die Regelungen des Bundesper-
sonalvertretungsgesetzes zum Ziel gesetzt, und er wollte dies durch Erhöhung
der Zahl der für die Soldaten personalratsfähigen Dienststellen erreichen (vgl.
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BTDrucks 13/5740 S. 1 und 13/6148 S. 1). Er hat dies vor allem dadurch reali-
siert, dass er für das - zahlenmäßig ins Gewicht fallende - Stammpersonal an
den Schulen der Streitkräfte die Wahl von Personalvertretungen eingeführt hat
(§ 2 Abs. 1 Nr. 6, § 49 Abs. 1 Satz 1 SBG). Angesichts der ausdrücklich ver-
lautbarten und praktisch umgesetzten Grundhaltung des Gesetzgebers fehlt es
für die Annahme, dieser habe einen - offenbar bereits jahrzehntelang praktizier-
ten und höchstrichterlich bestätigten - personalvertretungsrechtlichen Standard
der Soldaten in der Bundeswehrverwaltung zurücknehmen wollen, an jeglichem
Anhalt.
cc) Sinn und Zweck der Regelung, die die Vertretung der Soldaten durch Per-
sonalräte in den Streitkräften sicherstellt, gebieten die Einbeziehung der Solda-
ten in die Wahl der Personalräte bei der Bundeswehrverwaltung. Mit der Rege-
lung in § 49 Abs. 1 Satz 1 SBG will der Gesetzgeber die Personalvertretungen
in solchen militärischen Dienststellen und Einrichtungen für Soldaten offenhal-
ten, in denen diese und zivile Mitarbeiter weitgehend gleichartige oder ver-
gleichbare Funktionen wahrnehmen. Es handelt sich um Dienststellen, die nicht
zum mobilen Teil der Streitkräfte gehören und in denen die Soldaten zusammen
mit Beamten und Arbeitnehmern ihre Aufgaben weitgehend in verwal-
tungsförmlicher Weise erledigen (vgl. Beschluss vom 23. Januar 2002 a.a.O.
S. 20 unter Hinweis auf BTDrucks 7/1968 S. 7 und 9). Diese stationären
Dienststellen und Einrichtungen mit administrativer, technischer oder sonstiger
fachlicher Aufgabenstellung stehen im Gegensatz zu den mobilen Einheiten des
Heeres, den fliegenden Einheiten der Luftwaffe und den schwimmenden Ein-
heiten der Marine, welche nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SBG das Leitbild für das
Vertrauenspersonenmodell in den Streitkräften liefern (vgl. Beschlüsse vom
29. Oktober 2002 a.a.O. S. 32, vom 16. März 2006 a.a.O. Rn. 24 und vom
8. Oktober 2007 - BVerwG 6 P 2.07 - juris Rn. 31).
Die Vorstellung des Gesetzgebers, die er mit der Anwendung des Personal-
ratsmodells für den nichtmobilen Teil der Streitkräfte verfolgt, kommt auch und
erst recht zum Zuge, wenn es um die Soldatenbeteiligung in den Dienststellen
der Bundeswehrverwaltung geht. Bei dieser handelt es sich - ungeachtet ihrer
streitkräftebezogenen Unterstützungsfunktion - um eine zivile Verwaltung mit
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Fachaufgaben, bei der sich - anders als bei militärischen Dienststellen - Ab-
grenzungsfragen nach den Maßstäben von Mobilität und militärischem Einsatz
nicht stellen. Hier ist die Kooperation von Beamten, Arbeitnehmern und Solda-
ten in gleichartigen und vergleichbaren Funktionen von vornherein vorgegeben.
Dem entspricht es, die Soldaten in der Bundeswehrverwaltung in den beteili-
gungsrechtlichen Rahmen einzubeziehen, wie er für die dort beschäftigten Be-
amten und Arbeitnehmer gilt. Nach Sinn und Zweck des Regelungssystems in
§ 2 Abs. 1, § 49 Abs. 1 Satz 1 SBG gibt es keinerlei sachliche Gründe dafür, die
Soldaten in der Bundeswehrverwaltung beteiligungsrechtlich anders zu be-
handeln als die Soldaten im nichtmobilen Teil der Streitkräfte, die Personalver-
tretungen wählen. Die Gleichstellung dieser beiden Soldatengruppen erweist
sich mithin zugleich auch als ein Gebot des Art. 3 Abs. 1 GG.
dd) Der Wortlaut der Regelung in § 48 Satz 2 SBG steht der Anwendung des
§ 49 Abs. 1 Satz 1 SBG auf die Soldaten in der Bundeswehrverwaltung nicht
entgegen. Wenn es dort im Anschluss an § 48 Satz 1 SBG heißt, insoweit
- nämlich im Anwendungsbereich der §§ 49 ff. SBG - würden die Streitkräfte
der Verwaltung gleichgestellt, so führt dies nicht sprachlich zwingend zu der
Schlussfolgerung, die Anwendung des Bundespersonalvertretungsgesetzes auf
Soldaten komme nur im Bereich der Streitkräfte in Betracht. § 48 Satz 2 SBG
kann auch als bloße Klarstellung mit Blick darauf verstanden werden, dass die
Streitkräfte, in denen die Soldaten typischerweise ihren Dienst leisten, eigentlich
vom Geltungsbereich des Bundespersonalvertretungsgesetzes gemäß dessen
§ 1 nicht erfasst werden. Dann aber besteht kein Hindernis, die Grundaussage
in § 48 Satz 1 SBG auf Soldaten der Bundeswehrverwaltung zu erstrecken, für
welche § 1 Satz 1 BPersVG ohnedies gilt.
ee) Die übrigen Bestimmungen in Kapitel 4 des Soldatenbeteiligungsgesetzes
enthalten keine durchgreifenden Hinweise darauf, dass die Mitarbeit von Solda-
ten in Personalvertretungen der Bundeswehrverwaltung unterbleiben muss.
Unbedenklich ist, dass die Soldaten dort - ebenso wie in den Streitkräften - eine
weitere Gruppe im Sinne von § 5 BPersVG bilden mit der Folge, dass die Sol-
datenvertreter unter den gleichen Voraussetzungen Personalratsarbeit leisten
wie die Vertreter der Beamten und Arbeitnehmer (§ 49 Abs. 2 Satz 1 und 2
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SBG). In den gemeinsamen - gruppenübergreifenden - Angelegenheiten findet
gemeinsame Beratung und Beschlussfassung im Personalratsplenum statt
(§ 49 Abs. 2 Satz 3 SBG i.V.m. § 38 Abs. 1 BPersVG). Dagegen haben in Sol-
datenangelegenheiten die - allein zur Entscheidung berufenen - Soldatenvertre-
ter im Personalrat die Befugnisse der Vertrauensperson (§ 49 Abs. 2 Satz 3,
§ 52 Abs. 1 Satz 1 SBG i.V.m. § 38 Abs. 2 Satz 1 BPersVG). Hauptanwen-
dungsfall sind die Personalangelegenheiten, in welchen die Soldatenvertreter
nach Maßgabe von § 23 Abs. 1 Satz 1 SBG das Anhörungsrecht haben. Der
Leiter einer Dienststelle der Bundeswehrverwaltung ist zwar - weil selbst kein
Soldat - nicht Disziplinarvorgesetzter des von der Personalmaßnahme betroffe-
nen Soldaten (§ 1 Abs. 4 SG i.V.m. §§ 27 ff. der Wehrdisziplinarordnung
- WDO - vom 16. August 2001, BGBl I S. 2093, zuletzt geändert durch Art. 7
Abs. 1 des Gesetzes vom 26. März 2007, BGBl I S. 358). Gleichwohl ist er in
der Lage, das Beteiligungsverfahren durchzuführen und die Äußerung der Sol-
datenvertreter der personalbearbeitenden Stelle bei den Streitkräften mitzutei-
len, welche das Ergebnis der Anhörung in die Personalentscheidung einzube-
ziehen hat (§ 23 Abs. 2, § 52 Abs. 1 Satz 2 SBG i.V.m. § 7 BPersVG). Ob und
inwieweit dabei der Disziplinarvorgesetzte des von der Personalmaßnahme
betroffenen Soldaten einzuschalten ist, braucht hier nicht geklärt zu werden.
Denn unabhängig davon steht fest, dass die Beteiligung von Soldatenvertretern
in Personalangelegenheiten von Soldaten der Bundeswehrverwaltung sich nach
der bestehenden Gesetzeslage konstruktiv bewältigen lässt.
Auch die Sonderregelungen in § 86 Abs. 1 Nr. 13 BPersVG und § 51 Abs. 4
SBG zur Personalvertretung für Soldaten beim Bundesnachrichtendienst und im
Geschäftsbereich des Auswärtigen Amtes, auf welche der Beteiligte zu 1 im
Schriftsatz vom 4. August 2004 an das Verwaltungsgericht hingewiesen hat,
lassen sich in das gefundene Auslegungsergebnis einordnen. Sie bestätigen,
dass es für die Wahl von Personalvertretungen durch Soldaten außerhalb der
Bundeswehr und des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidi-
gung einer besonderen gesetzlichen Regelung bedarf (vgl. Beschluss vom
18. Mai 1994 a.a.O.). Dadurch werden die Aussagen, die sich für Soldaten in
der Bundeswehrverwaltung aus den Bestimmungen des Bundespersonalvertre-
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tungsgesetzes und des Soldatenbeteiligungsgesetzes gewinnen lassen, nicht
berührt.
2. Als Soldaten, die zur Teilnahme an den Personalratswahlen in der Bundes-
wehrverwaltung berechtigt sind, kommen auch wehrpflichtige Soldaten in Be-
tracht. Zwar wählen gemäß § 49 Abs. 1 Satz 3 SBG Soldaten, die aufgrund des
Wehrpflichtgesetzes Wehrdienst leisten, abweichend von § 49 Abs. 1 Satz 1
SBG in den nach dieser Bestimmung personalratsfähigen Dienststellen und
Einrichtungen nicht Personalvertretungen, sondern Vertrauenspersonen, wenn
sie eine Gruppe von mindestens fünf bilden. Daraus folgt jedoch nicht, dass die
wehrpflichtigen Soldaten stets von der Teilnahme an den Personalratswahlen
ausgeschlossen sind. Vielmehr ergibt sich aus Wortlaut, rechtssystematischem
Zusammenhang, Entstehungsgeschichte sowie Sinn und Zweck der Regelung
in § 49 Abs. 1 Satz 3 SBG, dass in für Soldaten personalratsfähigen Dienststel-
len auch wehrpflichtige Soldaten Personalvertretungen wählen, soweit ihre
Gruppe nicht mindestens fünf Soldaten umfasst (vgl. BTDrucks 13/5740 S. 21).
Da nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts die Zahl der wehr-
pflichtigen Kontaktsoldaten je Kreiswehrersatzamt zwei nicht übersteigt, steht
§ 49 Abs. 1 Satz 3 SBG deren Teilnahme an den Personalratswahlen nicht ent-
gegen.
3. Die Frage, ob die Kontaktsoldaten bei den Kreiswehrersatzämtern das Wahl-
recht zu den dortigen Personalvertretungen haben, ist anhand derjenigen Be-
stimmungen zu beurteilen, die im Falle eines Dienststellen- bzw. Wahlbe-
reichswechsels zur Anwendung kommen.
a) Das Oberverwaltungsgericht ist ohne nähere Prüfung davon ausgegangen,
dass die zum Zeitpunkt der angefochtenen Wahl in der Wehrbereichsverwal-
tung Ost tätigen Kontaktsoldaten vor Aufnahme ihres Dienstes beim Kreis-
wehrersatzamt einem Wahlbereich nach § 2 Abs. 1 SBG angehörten. War im
Zeitpunkt ihrer Zugehörigkeit zum Wahlbereich eine Vertrauensperson zu wäh-
len, so waren sie wahlberechtigt nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SBG. Im An-
schluss an diese Regelung bestimmt § 3 Abs. 1 Satz 2 SBG, dass komman-
dierte Soldaten in dem Bereich wahlberechtigt sind, zu dem sie kommandiert
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sind, wenn ihre Kommandierung voraussichtlich länger als drei Monate dauert.
Diese Vorschrift ist hier entsprechend anzuwenden.
aa) Nach Nr. 7 Abs. 1 des Erlasses B 171 der ZDv 14/5 ist Kommandierung der
Befehl zur vorübergehenden Dienstleistung bei einer anderen Dienststelle oder
an einem anderen Dienstort oder bei einer sonstigen (auch nicht deutschen)
Stelle, z.B. einem Wirtschaftsunternehmen (vgl. auch Eichen, in:
Walz/Eichen/Sohm, Soldatengesetz, 2006, § 3 Rn. 65). Es bestehen keine Be-
denken dagegen, diese dienstrechtliche Definition auch im vorliegenden beteili-
gungsrechtlichen Zusammenhang zugrunde zu legen (vgl. Gronimus, Die Betei-
ligungsrechte der Vertrauensperson in der Bundeswehr, 5. Aufl. 2005, § 3
Rn. 7, § 23 Rn. 26; Altvater/Hamer/Ohnesorg/Peiseler, Bundespersonalvertre-
tungsgesetz, 5. Aufl. 2004, § 23 SBG Rn. 1). Nach den Feststellungen des
Oberverwaltungsgerichts sind die Kontaktsoldaten im Wege der Kommandie-
rung dem Auskunfts- und Beratungszentrum beim jeweiligen Kreiswehrersatz-
amt zur Dienstleistung für etwa zwei bis drei Monate zugewiesen worden. Damit
sind die Merkmale der genannten Definition erfüllt.
bb) Freilich bestimmt Nr. 9 Abs. 1 des Erlasses B 171, dass Soldaten, die nach
Maßgabe des Wehrpflichtgesetzes Wehrdienst leisten, zu einer anderen Dienst-
stelle oder an einen anderen Dienstort zu kommandieren sind, wenn a)
entweder die Rückkehr zu der bisherigen Dienststelle oder an den bisherigen
Dienstort oder wenn die Versetzung zu der neuen Dienststelle vorgesehen ist
oder b) der Soldat, dessen Versetzung verfügt worden ist, bis zum Dienstantritt
bei einer anderen Dienststelle oder an einem anderen Dienstort Dienst leisten
soll. Ob die Kommandierung von Soldaten an das Auskunfts- und Beratungs-
zentrum eines Kreiswehrersatzamtes in den letzten Monaten ihres Grundwehr-
dienstes mit dieser dienstrechtlichen Erlasslage vollständig in Einklang steht,
kann hier dahinstehen. Denn es bestehen keine Bedenken dagegen, eine in
solchen Fällen angeordnete Kommandierung als solche im Sinne von § 3
Abs. 1 Satz 2 SBG anzusehen.
Diese Vorschrift knüpft an die Grundregel in § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 SBG an,
wonach der Soldat das Wahlrecht zur Vertrauensperson in demjenigen Wahl-
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bereich hat, dem er angehört. Im Regelfall kommt es somit auf die tatsächliche
Eingliederung an; § 3 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 SBG spricht Ausnahmefälle an, in
welchem der Soldat nicht in einen bestimmten Wahlbereich eingegliedert ist
(vgl. Gronimus, a.a.O. § 3 Rn. 4 f.; Altvater u.a., a.a.O. § 3 Rn. 1). Nach § 3
Abs. 1 Satz 2 SBG verliert der Soldat bei einer voraussichtlich länger als drei
Monate dauernden Kommandierung sein Wahlrecht im bisherigen Wahlbereich
und gewinnt dafür das Wahlrecht im Wahlbereich, zu welchem er kommandiert
ist (vgl. Gronimus, a.a.O. § 3 Rn. 7; Altvater u.a., a.a.O.). Der Gesetzgeber geht
demnach davon aus, dass der Soldat mit dem Wirksamwerden einer auf mehr
als drei Monate angelegten Kommandierung aus dem alten Wahlbereich aus-
scheidet und in den neuen eingegliedert wird. Für diese beteiligungsrechtliche
Zielvorstellung ist unerheblich, ob ein wahlberechtigter Soldat nach Ablauf des
Kommandierungszeitraums seinen Dienst noch im alten oder einem weiteren,
neuen Wahlbereich fortsetzt oder ob er seinen Grundwehrdienst im Komman-
dierungswahlbereich beendet. Für die nach § 3 Abs. 1 Satz 2 SBG erheblichen
Eingliederungszusammenhänge ist allein die Dauer der Kommandierung ent-
scheidend. Deren Charakter als vorübergehende Zuweisung zu einer anderen
Dienststelle wird durch die Beendigung des Wehrdienstes mit Ablauf des
Kommandierungszeitraums nicht infrage gestellt.
Der Senatsbeschluss vom 18. September 1984 - BVerwG 6 P 19.83 - (Buch-
holz 238.36 § 78 NdsPersVG Nr. 5), auf welchen der Antragsteller in diesem
Sachzusammenhang hingewiesen hat, ist nicht einschlägig. In dem damals
entschiedenen Fall hat der Senat eine Abordnung, die ohne erkennbaren sach-
lichen Grund zeitlich aufgespalten worden war und überdies einer bereits be-
schlossenen Versetzung vorausgehen sollte, missbilligt und als mitbestim-
mungspflichtig angesehen. Diese Fallgestaltung ist mit der hier vorliegenden
nicht vergleichbar, in welcher die Dienstleistung in der Dienststelle, zu welcher
kommandiert wird, von vornherein befristet ist.
cc) Die Kommandierung erfolgt in den in Rede stehenden Fällen nicht zu einer
militärischen Dienststelle, sondern zum Kreiswehrersatzamt. Die Organisati-
onsbefehle für die Aufstellung „Unterstützungspersonal Auskunfts- und Bera-
tungszentrum“ pflegen die truppendienstliche Unterstellung unter eine dem je-
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weiligen Kreiswehrersatzamt benachbarte militärische Dienststelle anzuordnen.
Ausgenommen davon ist der „besondere Aufgabenbereich des STAN-
Auftrages“; in dieser Hinsicht ist das Unterstützungspersonal dem Leiter des
jeweiligen Kreiswehrersatzamtes unterstellt. Nach der STAN-Aufgaben-
beschreibung informiert das Unterstützungspersonal aus Sicht eines Grund-
wehrdienstleistenden zur Musterung heranstehende Wehrpflichtige zu Fragen
des Truppenalltages, des Dienstablaufs und der Ausbildung in den Verbänden
aufgrund eigener Erfahrung. Empfänger der von den Kontaktsoldaten zu
erbringenden Dienstleistung sind daher Wehrpflichtige, die noch keine Soldaten
sind. Mit der Betreuung dieses Personenkreises bewegen sich die Kontaktsol-
daten im Aufgabenspektrum des Kreiswehrersatzamtes. Dessen Leiter sind sie
folgerichtig im übertragenen Aufgabenkreis unterstellt. Die Kontaktsoldaten er-
füllen daher in der Dienststelle Kreiswehrersatzamt öffentliche Aufgaben und
unterliegen dabei der Weisung ihres Leiters. Dass sie dies im Interesse der
Streitkräfte tun, entspricht der dienenden Rolle der Bundeswehrverwaltung
(Art. 87b Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 GG).
dd) Allerdings findet § 3 Abs. 1 Satz 2 SBG direkte Anwendung nur beim vorü-
bergehenden Wechsel eines Soldaten von einem Wahlbereich für Vertrauens-
personen in einen anderen. Beim Wechsel von einem Wahlbereich nach § 2
Abs. 1 SBG in eine Dienststelle, in welcher die Soldaten eine Personalvertre-
tung wählen, ist § 3 Abs. 1 Satz 2 SBG jedoch analog anzuwenden.
(1) In dieser Hinsicht besteht eine planwidrige Lücke. Mit den Regelungen in § 3
Abs. 1 Satz 2 SBG einerseits sowie in § 13 Abs. 2 Satz 1 und 3 BPersVG
andererseits hat der Gesetzgeber für den Fall des vorübergehenden Wahlbe-
reichs- bzw. Dienststellenwechsels durch zeitliche Festlegungen für den Verlust
bzw. Erwerb des Wahlrechts Rechtssicherheit schaffen wollen. Es kann ange-
nommen werden, dass ihm an der Herstellung vergleichbarer Rechtssicherheit
für die Fälle gelegen war, in denen der Wechsel eines Soldaten von einem
Wahlbereich nach § 2 Abs. 1 SBG in eine personalsratsfähige Dienststelle in
Rede steht. Dabei geht es nicht nur um den hier interessierenden Sonderfall
des Übertritts eines Soldaten in eine Dienststelle der Bundeswehrverwaltung.
Regelungsbedarf besteht auch - und in erster Linie - für den weitaus häufiger
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auftretenden Fall, dass ein Soldat von einem Wahlbereich nach § 2 Abs. 1 SBG
in eine für Soldaten personalratsfähige Dienststelle der Streitkräfte über-
wechselt.
(2) Es ist anzunehmen, dass der Gesetzgeber bei Kenntnis des Regelungsbe-
darfs die Bestimmung des § 3 Abs. 1 Satz 2 SBG auf den Fall des Übertritts in
eine für Soldaten personalratsfähige Dienststelle - sei es der Streitkräfte oder
der Bundeswehrverwaltung - erstreckt hätte. Dies liegt schon deswegen nahe,
weil der erste Teil der in § 3 Abs. 1 Satz 2 SBG angeordneten Rechtsfolge,
nämlich der Verlust des Wahlrechts im bisherigen Wahlbereich, einen Fall der
unmittelbaren Anwendung der Vorschrift darstellt. Der gleichzeitige Erwerb des
Wahlrechts in der neuen Dienststelle als Ersatz für den Verlust der bisherigen
Wahlberechtigung ist die vom Gesetzgeber nach dem Maßstab der voraus-
sichtlichen Kommandierungsdauer gewollte Rechtsfolge.
b) Der Senat vermag beim bisherigen Erkenntnisstand nicht auszuschließen,
dass im Wahlzeitpunkt als Kontaktsoldaten auch solche Soldaten fungierten,
die vor ihrem Übertritt ins Kreiswehrersatzamt in einer für Soldaten personal-
ratsfähigen Dienststelle Dienst geleistet haben. In diesem Fall finden die Rege-
lungen in § 13 Abs. 2 Satz 1 und 3 BPersVG Anwendung. Danach wird jemand,
der zu einer Dienststelle abgeordnet ist, in ihr wahlberechtigt, sobald die Ab-
ordnung länger als drei Monate gedauert hat; im gleichen Zeitpunkt verliert er
das Wahlrecht in der alten Dienststelle. Dies gilt nicht, wenn feststeht, dass der
Betreffende binnen weiterer sechs Monate in die alte Dienststelle zurückkehren
wird.
aa) Sieht man unter beteiligungsrechtlichen Aspekten das Wesen der Abord-
nung im vorübergehenden Dienststellenwechsel, so bestehen keine Schwierig-
keiten, als Abordnung im Sinne von § 13 Abs. 2 Satz 1 und 3 BPersVG auch
die Kommandierung als das der Abordnung von Beamten oder Arbeitnehmern
vergleichbare Instrument im soldatischen Bereich zu begreifen. Andernfalls
drängt sich die Analogie geradezu auf.
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bb) § 13 Abs. 2 Satz 3 BPersVG kommt nicht zur Anwendung, wenn die Kon-
taktsoldaten ihren Wehrdienst im Kreiswehrersatzamt beenden. Dies ist auch
dann der Fall, wenn sie nur zur Regelung der Entlassungsformalitäten in die
militärische Dienststelle zurückkehren („Auskleidung“).
cc) Bei der entsprechenden Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 2 SBG verbleibt es
im Fall des § 49 Abs. 1 Satz 3 SBG. Dieser Fall ist gegeben, wenn der Kon-
taktsoldat aus einer für Soldaten personalratsfähigen Dienststelle kommt, in
welcher er zusammen mit mindestens vier anderen Wehrpflichtigen eine Ver-
trauensperson zu wählen hatte.
c) § 2 Abs. 1 Nr. 8 SBG steht der Anwendung der § 3 Abs. 1 Satz 2 SBG, § 13
Abs. 2 Satz 1 und 3 BPersVG nicht entgegen. Danach werden Vertrauensper-
sonen gewählt von Soldaten, die zu einer Dienststelle oder Einrichtung außer-
halb der Streitkräfte kommandiert sind, und zwar in dem Wahlbereich, der ihrem
nächsten Disziplinarvorgesetzten (§ 29 Abs. 1 Satz 2 WDO) zugeordnet ist.
Zwar werden Dienststellen der Bundeswehrverwaltung vom Wortlaut der
Vorschrift erfasst, weil zwischen den Streitkräften (Art. 87a GG) und der Bun-
deswehrverwaltung (Art. 87b GG) zu unterscheiden ist. Doch ist die Vorschrift
des § 2 Abs. 1 Nr. 8 SBG im Wege der teleologischen Reduktion dahin auszu-
legen, dass sie sich auf die Kommandierung zu Dienststellen außerhalb des
Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidigung bezieht.
aa) Bereits für die Rechtslage vor Inkrafttreten der Novelle zum Soldatenbetei-
ligungsgesetz vom 20. Februar 1997, BGBl I S. 298, war geklärt, dass die
Dienststellen der Bundeswehrverwaltung dem Grunde nach für eine Interes-
senvertretung der Soldaten durch Personalräte offen waren (vgl. Beschluss
vom 18. Mai 1994 a.a.O. S. 37 bzw. S. 3). Das Bedürfnis zum Schließen einer
Beteiligungslücke bestand daher nur für die Dienststellen außerhalb des Ge-
schäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidigung. Dieses Verständnis
legt auch die Begründung zum Gesetzentwurf vom 9. Oktober 1996 nahe, wo-
nach die Regelung in § 2 Abs. 1 Nr. 8 SBG für erforderlich gehalten wurde, um
die Vertretung der Soldaten, die sich ohne Aufgabe des Soldatenstatus außer-
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halb der Streitkräfte - im Wesentlichen in Ausbildungsmaßnahmen - befinden,
sicherzustellen (vgl. BTDrucks 13/5740 S. 17).
bb) Die Anwendung von § 2 Abs. 1 Nr. 8 SBG auf Kommandierungen zu
Dienststellen der Bundeswehrverwaltung würde zu einem nicht zu rechtferti-
genden Wertungswiderspruch führen. Es kann nach den obenstehenden Aus-
führungen nicht zweifelhaft sein, dass einer Einheit angehörende Soldaten in
entsprechender Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 2 SBG das Wahlrecht zur
Personalvertretung erwerben, wenn sie für längere Zeit zu einer Dienststelle
oder Einrichtung der Streitkräfte kommandiert werden, die nach Maßgabe der
§§ 48 bis 52 SBG für Soldaten personalratsfähig ist. Dass sie sich im Falle ei-
ner vergleichbaren Kommandierung zu einer Dienststelle der Bundeswehrver-
waltung mit der schwächeren Beteiligungsform - Wahl einer Vertrauensperson
im Wahlbereich des nächsten Disziplinarvorgesetzten - begnügen müssten,
wäre nicht erklärbar.
4. Anhand der bisherigen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts vermag
der Senat weder festzustellen noch auszuschließen, dass die Nichteinbezie-
hung der Kontaktsoldaten bei den Kreiswehrersatzämtern zu einem wesentli-
chen Wahlrechtsverstoß führte, der das Ergebnis der Wahl zum Bezirksperso-
nalrat bei der Wehrbereichsverwaltung Ost beeinflusst haben kann.
a) Ungeklärt ist mit Blick auf § 3 Abs. 1 Satz 2 SBG, ob und in welchem Umfang
den nachgeordneten Kreiswehrersatzämtern im Zeitpunkt der Wahl Kon-
taktsoldaten angehörten, deren voraussichtliche Kommandierungsdauer drei
Monate überstieg. Der vom Oberverwaltungsgericht angenommene Komman-
dierungszeitraum „von etwa zwei bis drei Monaten“ lässt offen, ob dieser Zeit-
raum im Einzelfall mehr als drei Monate betrug, wie es der Antragsteller be-
hauptet, ohne dass der Beteiligte zu 1 dem insoweit entgegentritt (vgl. die im
Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren eingereichte Beschwerdebegründung
des Antragstellers vom 29. August 2007 S. 11 nebst Vermerk vom 8. Februar
2007 S. 3 sowie die Beschwerdeerwiderung des Beteiligten zu 1 vom
10. Oktober 2007 S. 2). Das Oberverwaltungsgericht brauchte den exakten
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Kommandierungszeitraum nicht aufzuklären, weil es darauf nach seinem
Rechtsstandpunkt nicht ankam.
b) Soweit nach den obenstehenden Ausführungen § 13 Abs. 2 Satz 1 BPersVG
anzuwenden ist, muss festgestellt werden, ob die Kommandierungsdauer am
Wahltag bereits mehr als drei Monate betrug.
c) Soweit danach ein Wahlrechtsverstoß überhaupt angenommen werden kann,
bedarf - ggf. auch mit Blick auf § 51 Abs. 2 Satz 1 SBG i.V.m. § 17 Abs. 5, § 53
Abs. 5 Satz 3 BPersVG - der Aufklärung, ob sich dies auf das Wahlergebnis
ausgewirkt haben kann.
5. Mit der Durchführung der Neuwahl, die wie alle Personalratswahlen im Be-
reich der Bundeswehr für Mai 2008 vorgesehen ist, erledigt sich das vorliegen-
de Wahlanfechtungsbegehren. Soweit die Beteiligten die sie interessierenden
Rechtsfragen durch den vorstehenden Senatsbeschluss als geklärt ansehen,
werden sie vor dem Oberverwaltungsgericht zweckmäßigerweise übereinstim-
mend die Hauptsache für erledigt erklären. Andernfalls wird der Antragsteller zu
einem abstrakten Feststellungsantrag übergehen müssen, über dessen Zuläs-
sigkeit das Oberverwaltungsgericht nach Maßgabe von § 81 Abs. 3, § 87 Abs. 2
Satz 3 Halbs. 2 ArbGG zu entscheiden haben wird (vgl. Beschluss vom
26. November 1997 - BVerwG 6 P 12.95 - Buchholz 250 § 27 BPersVG Nr. 3
S. 12).
Dr. Bardenhewer
Dr. Hahn
Büge
Vormeier
Dr. Bier
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B e s c h l u s s
Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird für das Rechtsbe-
schwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt (§ 23 Abs. 3 Satz 2 Halbs. 2, § 33
Abs. 1 und 8 Satz 1 Halbs. 1 RVG i.V.m. § 52 Abs. 2 GKG analog).
Büge
Sachgebiet:
BVerwGE:
ja
Personalvertretungsrecht
Fachpresse: ja
Rechtsquellen:
SBG
§§ 2, 3, 48, 49, 51
BPersVG
§§ 1, 13
Stichworte:
Wahl von Personalvertretungen durch Soldaten; Soldaten in der Bundeswehr-
verwaltung; Kontaktsoldaten.
Leitsätze:
1. Soldaten in Dienststellen der Bundeswehrverwaltung wählen die dortigen
Personalvertretungen mit.
2. Ob das Unterstützungspersonal der Auskunfts- und Beratungsstellen bei den
Kreiswehrersatzämtern („Kontaktsoldaten“) an den dortigen Personalratswahlen
teilnimmt, beurteilt sich nach der Dauer ihrer Kommandierung (§ 3 Abs. 1
Satz 2 SBG bzw. § 13 Abs. 2 Satz 1 und 3 BPersVG).
Beschluss des 6. Senats vom 21. Januar 2008 - BVerwG 6 P 16.07
I. VG Potsdam
vom 25.05.2005 - Az.: VG 20 K 1836/04.PVB -
II. OVG Berlin-Brandenburg vom 01.02.2007 - Az.: OVG 62 PV 8.05 -