Urteil des BVerwG vom 18.08.2010

Vollmacht, Öffentliches Dienstrecht, Offensichtliches Versehen, Beendigung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
BVerwG 6 P 15.09
OVG 6 L 2/09
In der Personalvertretungssache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 18. August 2010
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Vormeier, Dr. Bier und
Dr. Möller
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Be-
schluss des Fachsenats für Bundespersonalvertretungs-
sachen des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sach-
sen-Anhalt vom 16. September 2009 wird zurückgewie-
sen.
G r ü n d e :
I
Die am 1. Januar 1981 geborene Beteiligte zu 2 absolvierte ab 1. November
2004 eine Berufsausbildung zur Fachangestellten für Bürokommunikation. Das
Ausbildungsverhältnis, welches zunächst zur Bundesrepublik Deutschland
(Bundesfinanzverwaltung) bestand, wurde von der Antragstellerin mit deren
Errichtung zum 1. Januar 2005 übernommen. Ausbildungsstelle war die Direk-
tion Magdeburg der Antragstellerin. Seit 18. Oktober 2005 war die Beteiligte
zu 2 Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung bei der Direktion Mag-
deburg der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, der Beteiligten zu 3.
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Unter dem 31. Mai 2007 wandte sich die Antragstellerin mit folgendem Schrei-
ben an die Beteiligte zu 2:
„Sehr geehrte Frau L.,
Ihr am 01.11.2004 geschlossener Ausbildungsvertrag en-
det mit bestandener Prüfung. Leider ist es mir nicht mög-
lich, Sie in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu über-
nehmen.
Durch ein gesondertes Auswahlverfahren werde ich je-
doch im Einzelfall befristete Arbeitsverhältnisse begründen
können. Sollten Sie dabei zum Zuge kommen, werde ich
Sie schnellstmöglich gesondert unterrichten.
Mit freundlichem Gruß
Im Auftrag
K.“
Unter dem 20. Juli 2007 richtete die Beteiligte zu 2 folgendes Schreiben an die
Antragstellerin:
„Sehr geehrte Frau K.,
aufgrund meiner Tätigkeit in der Jugend- und Auszubil-
dendenvertretung stelle ich hiermit den Antrag auf Über-
nahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach § 9
BPersVG.
Mit freundlichen Grüßen
J. L.“
Das Schreiben ist nicht handschriftlich unterzeichnet. Mit einem weiteren
Schreiben vom 13. August 2007 wandte sich die Beteiligte zu 2 an den Vor-
standssprecher der Antragstellerin. Das Schreiben hat folgenden Wortlaut:
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„Sehr geehrter Herr K.,
ich bin derzeit Auszubildende zur Fachangestellten für Bü-
rokommunikation an der Direktion Magdeburg und beende
in Kürze meine Ausbildung.
Bei der Auswahl der Auszubildenden für eine befristete
Einstellung bin ich bei der Direktion Magdeburg leider
nicht berücksichtigt worden und habe hierzu ein Schreiben
erhalten. Gründe die zu dieser Entscheidung geführt ha-
ben, wurden mir von Seiten meiner Ausbildungsleiterin
und der Hauptstellenleiterin OP nicht mitgeteilt.
Mein Eindruck ist, dass ich als Mitglied der Jugend- und
Auszubildendenvertretung ungerecht behandelt werde.
Nach meinem Kenntnisstand sind meine bisherigen Be-
wertungen im Durchschnitt nicht schlechter als die einiger
anderer ausgewählter Auszubildender.
Ich weiß von einem zusätzlich angemeldeten Bedarf an
einer Mitarbeiterin für die Sparte VK im Hause, dem aber
von Seiten der Hauptstelle OP nicht entsprochen wurde,
weil das Auswahlverfahren der Auszubildenden bereits
abgeschlossen ist.
Aufgrund meiner sechsjährigen Tochter bin ich ortsge-
bunden und auf eine befristete Weiterbeschäftigung sehr
angewiesen, denn eine anderweitige Anstellung ist derzeit
nicht in Aussicht.
Ich bitte die Auswahlkriterien der OP Hauptstellenleiterin
Frau K. auch dahingehend noch einmal zu prüfen, dass
die Ergebnisse meiner mündlichen Prüfung in die Ent-
scheidung nicht eingeflossen sind und meinem Wunsch zu
entsprechen.
Mit freundlichen Grüßen
J. L.“
Dieses Schreiben trägt die Unterschrift der Beteiligten zu 2. Am 4. September
2007 bestand die Beteiligte zu 2 die Abschlussprüfung.
Am 14. September 2007 hat die Antragstellerin durch ihre anwaltlichen Bevoll-
mächtigten das Verwaltungsgericht angerufen und dort beantragt,
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festzustellen, dass zwischen ihr und der Beteiligten zu 2
nach Ablauf der Ausbildungszeit am 4. September 2007
kein Arbeitsverhältnis begründet worden ist,
hilfsweise, das zwischen ihr und der Beteiligten zu 2 be-
stehende Arbeitsverhältnis aufzulösen.
Das Verwaltungsgericht hat dem Hauptantrag stattgegeben. Dagegen haben
die Beteiligten zu 1 und 2 Beschwerde eingelegt. Mit Schriftsatz vom 7. Sep-
tember 2009 hat die Antragstellerin Kopie eines Schreibens vom 31. August
2007 vorgelegt, welches von Frau K. und Frau H. unterzeichnet ist und mit wel-
chem die anwaltlichen Bevollmächtigten beauftragt wurden, die rechtlichen In-
teressen der Antragstellerin im Rechtsstreit wegen Weiterbeschäftigung der
Beteiligten zu 2 wahrzunehmen.
Das Oberverwaltungsgericht hat den erstinstanzlichen Beschluss geändert und
den Haupt- sowie den Hilfsantrag der Antragstellerin abgelehnt. Zur Begrün-
dung hat es ausgeführt: Haupt- und Hilfsantrag hätten keinen Erfolg, weil der
Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin innerhalb der hinsichtlich des
Hauptantrages entsprechend und im Übrigen unmittelbar anwendbaren Aus-
schlussfrist des § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG keine schriftliche Vollmacht zu den
Akten gereicht habe. Die Vollmacht vom 31. August 2007 habe der Verfah-
rensbevollmächtigte erst im Beschwerdeverfahren mit seinem Schriftsatz vom
7. September 2009 zu den Gerichtsakten gereicht. Ein Vollmachtsnachweis
nach Ablauf der Ausschlussfrist heile den Mangel nicht, weil die Anerkennung
einer solchen Möglichkeit dem Schutzgedanken des § 9 BPersVG nicht in vol-
lem Umfang Rechnung trage. Gelte diese Nachweispflicht für eigene Bediens-
tete der Behörde, so sei kein Grund ersichtlich, von dieser Anforderung eine
Ausnahme zuzulassen, wenn der Antrag von einem anwaltlichen Verfahrens-
bevollmächtigten gestellt werde. Auch in diesem Fall könne der Auszubildende
mit dem Ablauf der Ausschlussfrist nicht ermessen, ob die dem Rechtsanwalt
erteilte Prozessvollmacht von einem dazu befugten Bediensteten der Behörde
ausgestellt worden sei. Die für den Nachweis der Bevollmächtigung innerhalb
der gesetzlichen Ausschlussfrist zu stellenden Anforderungen beanspruchten
Geltung nicht nur für den Fall der Auflösung eines gesetzlichen Arbeitsverhält-
nisses, sondern auch für das Begehren des Arbeitgebers auf Feststellung, das
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ein Arbeitsverhältnis nach § 9 Abs. 2 BPersVG nicht begründet worden sei. Für
die auf Klärung dieser Vorfrage zielende Feststellungsklage sei § 9 Abs. 4
Satz 1 BPersVG entsprechend anzuwenden. Der Schutzgedanke der Aus-
schlussfrist, den Schwebezustand hinsichtlich der Dauer des fingierten Arbeits-
verhältnisses auf verlässlicher Grundlage möglichst schnell zu beenden, greife
in gleicher Weise in den Fällen, in denen der Arbeitgeber bereits in Abrede stel-
le, dass das Arbeitsverhältnis überhaupt begründet worden sei. Aus der Sicht
des Auszubildenden mache es keinen Unterschied, ob der Arbeitgeber sich
gegen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses wende, weil er sie für nicht zu-
mutbar halte, oder ob er meine, die gesetzlichen Voraussetzungen für die Be-
gründung des Arbeitsverhältnisses seien nicht erfüllt. Abgesehen davon sei der
Hauptantrag der Antragstellerin unbegründet. Die Beteiligte zu 2 habe das Wei-
terbeschäftigungsverlangen schriftlich im Sinne von § 9 Abs. 2 BPersVG gel-
tend gemacht. Dass sie das Schreiben vom 20. Juli 2007 nicht eigenhändig
unterzeichnet habe, ändere daran nichts. § 126 Abs. 1 BGB könne nicht heran-
gezogen werden, weil die Formvorschriften des bürgerlichen Rechts wegen der
Eigenständigkeit des Personalvertretungsrechts weder unmittelbar noch ent-
sprechend angewendet werden könnten. Eine unmittelbare Anwendung des
§ 126 Abs. 1 BGB scheide aus, weil es sich beim Personalvertretungsrecht um
öffentliches Dienstrecht handle. Für eine entsprechende Anwendung fehle es
an einer ausfüllungsbedürftigen Regelungslücke. Der Warnfunktion des Unter-
schriftserfordernisses komme hier keine Bedeutung zu. Die Möglichkeit, durch
ein Weiterbeschäftigungsverlangen im Anschluss an die Berufsausbildung ein
gesetzlich unbefristetes Arbeitsverhältnis begründen zu können, diene aus-
schließlich dem Schutz des Auszubildenden. Es sei kein Mittel, vor dessen
übereilter Anwendung der Auszubildende bewahrt werden müsste. Der Schrift-
form im Sinne des § 9 Abs. 2 BPersVG sei bei einem handschriftlich nicht un-
terzeichneten Schriftstück genüge getan, wenn nach den Umständen des Ein-
zelfalles ohne Weiteres klar sei, dass die Urkunde vom Aussteller stamme.
Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Die Beteiligte zu 2 habe in dem von ihr
nicht unterzeichneten Schreiben vom 20. Juli 2007 dem Inhalt nach Bezug ge-
nommen auf die Mitteilung der Antragstellerin vom 31. Mai 2007, durch welche
die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis abgelehnt wurde. Dies
komme auch darin zum Ausdruck, dass die Beteiligte zu 2 ihr Schreiben an die-
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jenige Bedienstete gerichtet habe, die das Schreiben der Antragstellerin vom
31. Mai 2007 gezeichnet habe.
Die Antragstellerin trägt zur Begründung ihrer vom Oberverwaltungsgericht zu-
gelassenen Rechtsbeschwerde vor: Die Signalfunktion des Fristerfordernisses
in § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG werde im Falle eines anwaltlichen Tätigwerdens
gewahrt. Auf Grund der Beauftragung eines Rechtsanwalts durch die Behörde
sei hinreichend verdeutlicht, dass der öffentliche Arbeitgeber vom Nichtbeste-
hen eines auf die abgeschlossene Ausbildung folgenden Arbeitsverhältnisses
ausgehe. Im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren finde die Re-
gelung des § 88 Abs. 2 ZPO Anwendung, wonach der Mangel einer Vollmacht
von Amts wegen allein dann berücksichtigt werden dürfe, wenn kein Rechtsan-
walt als Bevollmächtigter auftrete. Die Ungleichbehandlung von Rechtsanwälten
und Beschäftigten des öffentlichen Arbeitgebers als deren Vertreter sei durch
die besondere Stellung von Rechtsanwälten als Organe der Rechtspflege
gerechtfertigt. § 126 BGB enthalte für die Gesamtsrechtsordnung gültige
Grundsätze und sei daher entgegen der Auffassung des Oberverwaltungsge-
richts auch im Rahmen von § 9 Abs. 2 BPersVG anzuwenden. Gesichtspunkte
der Rechtssicherheit und des Übereilungsschutzes kämen auch hier zum Tra-
gen. Schließlich leide der angefochtene Beschluss daran, dass sich das Ober-
verwaltungsgericht in den Gründen nicht mit dem Hilfsantrag auseinanderge-
setzt habe.
Die Antragstellerin beantragt,
den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die Be-
schwerden der Beteiligten zu 1 und 2 gegen den erstin-
stanzlichen Beschluss zurückzuweisen.
Die Beteiligten zu 1 und 2 beantragen,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigen den angefochtenen Beschluss.
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II
Die zulässige Rechtsbeschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet. Der
Beschluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung
oder der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 83 Abs. 2 BPersVG
i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Zwischen der Antragstellerin und der Betei-
ligten zu 2 ist am 4. September 2007, dem Tag der Beendigung der Ausbildung,
ein Arbeitsverhältnis begründet worden, welches nicht aufzulösen ist.
1. Das mit dem Hauptantrag verfolgte Feststellungsbegehren der Antragstellerin
ist zulässig.
a) Bestreitet der öffentliche Arbeitgeber, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen
ihm und dem Jugendvertreter nach Maßgabe von § 9 Abs. 2 und 3 BPersVG
überhaupt begründet worden ist, so kann er im personalvertretungsrechtlichen
Beschlussverfahren - jedenfalls in Kombination mit einem hilfsweise verfolgten
Auflösungsbegehren - einen dahingehenden Feststellungsantrag stellen (vgl.
Beschlüsse vom 9. Oktober 1996 - BVerwG 6 P 20.94 - BVerwGE 102, 100
<103 f.> = Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 16 S. 26 f. und - BVerwG 6 P 21.94 -
BVerwGE 102, 106 <108 ff.> = Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 17 S. 31 f. sowie
vom 28. Juli 2006 - BVerwG 6 PB 9.06 - Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 27
Rn. 15). Für dieses Feststellungsbegehren gilt das Fristerfordernis nach § 9
Abs. 4 Satz 1 BPersVG nicht (vgl. VGH Mannheim, Beschluss vom 18. Januar
2005 - PB 15 S 1129/04 - juris Rn. 23; OVG Hamburg, Beschluss vom
15. Januar 2010 - 8 Bf 272/09.PVL - juris Rn. 33; ebenso zu § 78a BetrVG:
BAG, Beschluss vom 29. November 1989 - 7 ABR 67/88 - BAGE 63, 319
<331 f.>; Nicolai, in: Hess/Schlochauer/Worzalla/Glock/Nicolai, Betriebsverfas-
sungsgesetz, 7. Aufl. 2008, § 78a Rn. 39). Für die vom Oberverwaltungsgericht
angenommene Analogie fehlt es an einer planwidrigen Lücke. Dass der öffent-
liche Arbeitgeber mit seinem Feststellungsbegehren, mit welchem er das Zu-
standekommen eines Arbeitsverhältnisses zwischen ihm und dem Jugendver-
treter leugnet, an die Zweiwochenfrist nach § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG nicht
gebunden ist, ist vom Gesetzgeber gewollt und im Übrigen system- und sach-
gerecht.
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aa) Das Auflösungsbegehren des öffentlichen Arbeitgebers nach § 9 Abs. 4
Satz 1 Nr. 2 BPersVG knüpft daran an, dass ein Arbeitsverhältnis nach § 9
Abs. 2 oder 3 BPersVG begründet worden ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn
der Betreffende erfolgreich eine Berufsausbildung im Sinne von § 9 Abs. 1
BPersVG durchlaufen hat, wenn er im maßgeblichen Zeitraum Mitglied einer
Jugend- und Auszubildendenvertretung oder einer Personalvertretung gewesen
ist (§ 9 Abs. 1 und 3 BPersVG) und wenn er nach Maßgabe von § 9 Abs. 2
BPersVG form- und fristgerecht seine Weiterbeschäftigung verlangt hat. Wenn
eine der vorgenannten Voraussetzungen nicht vorliegt, entsteht kein gesetzli-
ches Arbeitsverhältnis. Aus dem speziellen Erfordernis des § 9 Abs. 2 BPersVG
ist herzuleiten, dass es nicht bereits genügt, wenn der Auszubildende im maß-
geblichen Zeitraum Mitglied der Jugendvertretung war. Hinzu kommen muss
vielmehr, dass er seine Weiterbeschäftigung im Sinne von § 9 Abs. 2 BPersVG
ordnungsgemäß geltend gemacht hat. Ist dies nicht der Fall, so ergeben sich für
den Arbeitgeber mangels entstandenen Arbeitsverhältnisses keinerlei Ob-
liegenheiten. Dieser muss weder das Gericht in Anspruch nehmen noch den
Jugendvertreter weiter beschäftigen. Er kann die Anrufung des Gerichts dem
Jugendvertreter überlassen, wenn dieser glaubt, er habe wegen eines bereits
begründeten Arbeitsverhältnisses einen Weiterbeschäftigungsanspruch (vgl.
Faber, in: Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonal-
vertretungsgesetz, § 9 Rn. 90; Altvater/Hamer/Kröll/Lemcke/Peiseler, Bundes-
personalvertretungsgesetz, 6. Aufl. 2008, § 9 Rn. 17; Fischer/Goeres/
Gronimus, in: GKÖD Bd. V, K § 9 Rn. 49 und 59; Nicolai, a.a.O. § 78a Rn. 37;
Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, Betriebsverfassungsgesetz,
25. Aufl. 2010, § 78a Rn. 63; Kittner/Bachner, in: Däubler/Kittner/Klebe, Be-
triebsverfassungsgesetz, 11. Aufl. 2008, § 78a Rn. 44 f.). In diesem Fall hat
freilich der Arbeitgeber die Option eines negativen Feststellungsbegehrens. Er
kann davon zwecks Herstellung von Rechtsklarheit Gebrauch machen, muss
dies aber nicht. Angesichts dessen bedeutet es einen nicht auflösbaren Wer-
tungswiderspruch, wenn man ihn mit der Einhaltung der Ausschlussfrist belastet
und deren Verstreichenlassen obendrein mit materiellen Rechtsnachteilen
verbindet. Die analoge Heranziehung des Fristerfordernisses erweist sich mit
Blick auf die gesetzliche Konzeption als system- und sachwidrig.
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§ 9 BPersVG enthält einen zweistufig aufgebauten Schutzmechanismus. Die
Vorschrift unterscheidet deutlich zwischen dem nach Absatz 2 kraft gesetzlicher
Fiktion entstehenden Arbeitsverhältnis und der in Absatz 4 angesprochenen
Einwendung des Arbeitgebers, ihm sei die Beschäftigung des Auszubildenden
in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis unter Berücksichtigung aller Umstände
nicht zuzumuten (vgl. BAG, Beschluss vom 29. November 1989 a.a.O. S. 333).
Sind die beschriebenen Voraussetzungen nach § 9 Abs. 2 und 3 BPersVG er-
füllt, so fingiert das Gesetz ein Arbeitsverhältnis. Die Fiktion tritt aber nicht
schon dann ein, wenn die Frist nach § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG ohne Anrufung
des Gerichts durch den öffentlichen Arbeitgeber verstreicht. Die Fiktion nach
§ 9 Abs. 2 BPersVG und die Zweiwochenfrist nach § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG
haben vielmehr nichts miteinander zu tun. Letztere besagt, dass nach ihrem
Ablauf der Arbeitgeber den Einwand der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäfti-
gung nicht mehr geltend machen kann. Ihr Verstreichen ist jedoch nicht geeig-
net, ihrerseits etwa fehlende formelle oder materielle Voraussetzungen für das
Zustandekommen des Arbeitsverhältnisses nach § 9 Abs. 2 und 3 BPersVG zu
fingieren.
bb) Die Signalfunktion des Fristerfordernisses nach § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG
gebietet dessen analoge Anwendung auf die hier in Rede stehenden Feststel-
lungsanträge nicht. Sie geht dahin, dass spätestens zwei Wochen nach Been-
digung seines Ausbildungsverhältnisses der betroffene Jugendvertreter Sicher-
heit über die verantwortlich entschiedenen Absichten seines Arbeitgebers ha-
ben soll (vgl. Beschlüsse vom 1. Dezember 2003 - BVerwG 6 P 11.03 -
BVerwGE 119, 270 <277> = Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 23 S. 29, vom
28. Juli 2006 a.a.O. Rn. 14 und vom 18. September 2009 - BVerwG 6 PB
23.09 - Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 37 Rn. 4). Eine Entscheidung steht dem
Arbeitgeber aber nur zu, soweit das gesetzliche Arbeitsverhältnis nach Maßga-
be von § 9 Abs. 2 und 3 BPersVG zustande gekommen ist. In diesem Fall hat
der Arbeitgeber zu befinden, ob er einen etwaigen Auflösungsanspruch im We-
ge gerichtlicher Gestaltungsentscheidung durchsetzen will. Über die gesetzli-
chen Voraussetzungen, die zur Begründung des Arbeitsverhältnisses führen,
kann er indes nicht verfügen. Zum einen liegen diese Voraussetzungen in der
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Verantwortungssphäre des Jugendvertreters. Zum anderen sind sie als Vorfra-
ge vom Gericht im Verfahren nach § 9 Abs. 4 BPersVG von Amts wegen unab-
hängig davon zu prüfen, ob der Arbeitgeber von der Option eines negativen
Feststellungsbegehrens Gebrauch macht (vgl. Beschlüsse vom 9. Oktober
1996 - BVerwG 6 P 20.94 - a.a.O. S. 103 bzw. S. 26 und - BVerwG 6 P 21.94 -
a.a.O. S. 109 bzw. S. 31).
b) Ist somit das Fristerfordernis nach § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG auf den
Hauptantrag der Antragstellerin nicht entsprechend anzuwenden, so kommt
auch der daraus herzuleitende Grundsatz, wonach die vom gesetzlichen Vertre-
ter des öffentlichen Arbeitgebers unterzeichnete Vollmacht innerhalb der Aus-
schlussfrist dem Gericht vorzulegen ist (vgl. Beschlüsse vom 1. Dezember 2003
a.a.O. S. 274 ff. bzw. S. 26 ff., vom 8. Juli 2008 - BVerwG 6 P 14.07 - Buchholz
250 § 9 BPersVG Nr. 31 Rn. 17 und vom 19. Januar 2009 - BVerwG 6 P 1.08 -
BVerwGE 133, 42 = Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 33 Rn. 20), nicht zum Tra-
gen. Es gelten daher die allgemeinen Grundsätze. Danach reicht es aus, wenn
die Frage der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung im Laufe des Gerichtsver-
fahrens geklärt wird. Davon ist hier hinsichtlich des Hauptantrages auszugehen.
Aus der dem Schriftsatz vom 7. September 2009 beigefügten Anlage ergibt
sich, dass die Antragstellerin ihre anwaltlichen Bevollmächtigten beauftragt hat,
ihre Interessen im Zusammenhang mit der Weiterbeschäftigung der Beteiligten
zu 2 wahrzunehmen. Die beiden leitenden Mitarbeiterinnen, welche die Voll-
machtsurkunde vom 31. August 2007 unterzeichnet haben, waren zur gerichtli-
chen Vertretung der Antragstellerin befugt (§ 4 Abs. 1 und 3 des Gesetzes über
die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben vom 9. Dezember 2004, BGBl I
S. 3235, i.V.m. § 5 Abs. 1 bis 3 der Satzung vom 22. Dezember 2004, Bundes-
anzeiger S. 24736 sowie § 6 Abs. 2 und 4 der Vertretungsregelung in der Fas-
sung der Bekanntmachung vom 4. Juli 2007, Bundesanzeiger S. 7129; vgl. in
diesem Zusammenhang zur Übertragung der Befugnis zur gerichtlichen Vertre-
tung: Beschlüsse vom 8. Juli 2008 a.a.O. Rn. 25 f., vom 23. Juli 2008 - BVerwG
6 PB 13.08 - Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 32 Rn. 11 und vom 18. September
2009 a.a.O. Rn. 6).
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2. Der Hauptantrag ist jedoch nicht begründet. Zwischen der Antragstellerin und
der Beteiligten zu 2 ist gemäß § 9 Abs. 2 BPersVG im Anschluss an das Beste-
hen der beruflichen Abschlussprüfung (§ 21 Abs. 2 BBiG) am 4. September
2007 ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit begründet worden.
a) Die Beteiligte zu 2 stand als Auszubildende im Ausbildungsberuf „Fachange-
stellte für Bürokommunikation“ in einem Berufsausbildungsverhältnis nach dem
Berufsbildungsgesetz. Seit 18. Oktober 2005 und auch noch bei Beendigung
ihrer Ausbildung war sie Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung bei
der Direktion Magdeburg der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, der
Beteiligten zu 3.
b) Die Beteiligte zu 2 hat innerhalb der letzten drei Monate vor Beendigung ih-
res Berufsausbildungsverhältnisses schriftlich von der Antragstellerin ihre Wei-
terbeschäftigung verlangt.
aa) Für das Weiterbeschäftigungsverlangen nach § 9 Abs. 2 BPersVG ist
Schriftform erforderlich. Es gilt § 126 Abs. 1 BGB, wonach die Urkunde vom
Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift unterzeichnet werden muss
(vgl. OVG Hamburg, Beschluss vom 15. Januar 2010 - 8 Bf 272/09.PVL - PersV
2010, 231 <232 f.>; Faber, a.a.O. § 9 Rn. 30; Fischer/Goeres/Gronimus, a.a.O.
K § 9 Rn. 25; Treber, in: Richardi/Dörner/Weber, Personalvertretungsrecht,
3. Aufl. 2008, § 9 Rn. 36; Nicolai, a.a.O. § 78a Rn. 18).
(1) Die Anwendung von § 126 BGB kann hier nicht schon deswegen verneint
werden, weil § 9 BPersVG eine Vorschrift des Personalvertretungsrechts ist,
welches zum Recht des öffentlichen Dienstes zählt. Das hier in Rede stehende
Weiterbeschäftigungsverlangen nach § 9 Abs. 2 BPersVG ist auf die Begrün-
dung eines privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses gerichtet. Insofern besteht
kein Unterschied zur vergleichbaren Regelung für die Privatwirtschaft in § 78a
Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Die weitgehende Wortgleichheit der Bestimmungen in
§ 9 BPersVG einerseits und § 78a BetrVG andererseits sowie die zeitliche Par-
allelität ihrer Entstehungsgeschichte lassen darauf schließen, dass beide Vor-
schriften ein im Wesentlichen gleiches Schutzniveau gewährleisten (vgl. Be-
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schluss vom 1. November 2005 - BVerwG 6 P 3.05 - BVerwGE 124, 292 <304>
= Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 25 Rn. 35). Damit wäre es nicht vereinbar,
wollte man für das Weiterbeschäftigungsverlangen von Jugendvertretern in Pri-
vatwirtschaft und öffentlicher Verwaltung unterschiedliche Formerfordernisse
aufstellen.
(2) Allerdings ist das in § 126 BGB vorgesehene Formerfordernis auf Willens-
erklärungen beschränkt. Diese zielen auf die Begründung, inhaltliche Änderung
oder Beendigung von Rechtsverhältnissen (vgl. BAG, Beschluss vom
9. Dezember 2008 - 1 ABR 79/07 - AP Nr. 36 zu § 99 BetrVG 1972 Eingruppie-
rung Rn. 28 und 31). Genau darum geht es hier. Das Weiterbeschäftigungsver-
langen des Jugendvertreters nach § 9 Abs. 2 BPersVG zielt auf die Begründung
eines Arbeitsverhältnisses zum öffentlichen Arbeitgeber nach erfolgreicher
Beendigung der Berufsausbildung ab.
(3) Selbst wenn man aber im Weiterbeschäftigungsverlangen angesichts des-
sen, dass dieses die Begründung des Arbeitsverhältnisses als vom Gesetzge-
ber angeordnete Rechtsfolge auslöst, eine rechtsgeschäftsähnliche Erklärung
sehen will, so drängt sich jedenfalls die analoge Anwendung des § 126 BGB
geradezu auf. Rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen stehen Willenserklärungen
regelmäßig so nah, dass die Bestimmungen über Willenserklärungen grund-
sätzlich entsprechend anzuwenden sind (vgl. BAG, Beschluss vom
9. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 36). Die von § 126 Abs. 1 BGB verlangte eigen-
händige Unterzeichnung mit Namensunterschrift soll vor Übereilung bei der Ab-
gabe der Erklärung schützen (Warnfunktion), den Aussteller der Urkunde er-
kennbar machen (Identitätsfunktion), sicherstellen, dass die Erklärung von die-
sem stammt (Echtheitsfunktion) und garantieren, dass die Erklärung inhaltlich
abgeschlossen ist (Vollständigkeitsfunktion; vgl. BAG, Beschluss vom
9. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 39).
Alle vier vorbezeichneten Funktionen kommen beim Weiterbeschäftigungsver-
langen des Jugendvertreters nach § 9 Abs. 2 BPersVG zum Tragen. Das gilt
entgegen der Annahme des Oberverwaltungsgerichts auch für die Warnfunkti-
on. Der Zweck des § 9 BPersVG, den Jugendvertreter vor den nachteiligen
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Folgen seiner Amtsausübung zu schützen und die Kontinuität der Gremienar-
beit zu sichern, ist eindeutig. Der Schutz wird dem Jugendvertreter jedoch nicht
aufgedrängt. Ob er von dem gesetzlichen Schutzangebot Gebrauch macht, ist
- wie die Regelung in § 9 Abs. 2 BPersVG zeigt - primär seine Entscheidung.
Dabei stellt sich die in Aussicht genommene Weiterbeschäftigung nicht aus-
schließlich als Vorteil dar. Die Begründung des gesetzlichen Arbeitsverhältnis-
ses im Anschluss an die Beendigung der Ausbildung setzt den Jugendvertreter
in die damit einhergehenden Rechte und Pflichten ein. Das Weiterbeschäfti-
gungsverlangen ist daher Folge einer Abwägungsentscheidung, in welche ne-
ben der Aussicht auf einen Arbeitsplatz vor allem die zurückliegenden Erfah-
rungen des Auszubildenden in der Dienststelle einfließen. Mit der Unterzeich-
nung des Weiterbeschäftigungsbegehrens bringt der Auszubildende verbindlich
zum Ausdruck, wie seine Entscheidung nach Abwägung aller Vor- und Nachtei-
le ausgefallen ist.
bb) Die Beteiligte zu 2 hat die Schriftform im Sinne von § 126 Abs. 1 BGB noch
innerhalb der Dreimonatsfrist des § 9 Abs. 2 BPersVG gewahrt.
Allerdings ist das auf die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis ge-
richtete Schreiben vom 20. Juli 2007 nicht handschriftlich von ihr unterzeichnet.
Ihre Unterschrift trägt jedoch das nachfolgende Schreiben vom 13. August
2007. Diese Unterschrift deckt auch das Verlangen der Beteiligten zu 2 auf un-
befristete Weiterbeschäftigung.
(1) In formeller Hinsicht erlaubt das Schreiben vom 13. August 2007 bereits den
Rückschluss darauf, dass es sich bei der Nichtunterzeichnung des vorausge-
gangenen Schreibens vom 20. Juli 2007 um ein offensichtliches Versehen
handelt. Beide Schreiben weisen schreibtechnisch die Parallele auf, dass zwi-
schen der Grußformel und der maschinenschriftlichen Namenswiedergabe ein
Zwischenraum gelassen wurde. Während dieser im ersten Schreiben nicht
durch eine Unterschrift ausgefüllt wurde, ist dies im zweiten Schreiben gesche-
hen.
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(2) In inhaltlicher Hinsicht ist das unterzeichnete Schreiben vom 13. August
2007 mit dem nicht unterzeichneten vom 20. Juli 2007 verzahnt. Zwar ist im
Schreiben vom 13. August 2007 unmittelbar nur von einer befristeten Einstel-
lung die Rede. Mittelbar kommt darin jedoch noch hinreichend deutlich zum
Ausdruck, dass es der Beteiligten zu 2 auch und erst recht um eine unbefristete
Weiterbeschäftigung bei der Antragstellerin ging. Mit dem Hinweis auf ihre fami-
liäre Situation, ihre daraus resultierende Ortsgebundenheit und den Mangel
anderweitiger Anstellungsmöglichkeiten hat die Beteiligte zu 2 deutlich ge-
macht, dass sie auf einen Arbeitsplatz bei der Antragstellerin unbedingt ange-
wiesen ist. Dieser Notlage wird gerade durch eine unbefristete Weiterbeschäfti-
gung in besonderer Weise entsprochen. Ferner hat die Beteiligte zu 2 ihren
Weiterbeschäftigungswunsch in den Kontext gestellt, dass eine Benachteiligung
auf Grund ihrer Rechtsstellung als Mitglied der Jugend- und Auszubilden-
denvertretung zu vermeiden sei. Damit hat sie diejenige Thematik angespro-
chen, die Gegenstand der Regelung in § 9 BPersVG ist (vgl. Beschluss vom
1. November 2005 a.a.O. S. 299 bzw. Rn. 27). Dass im Schreiben vom
13. August 2007 der Sache nach die Gesamtthematik einer Weiterbeschäfti-
gung angesprochen war, kommt schließlich in der Person der leitenden Mitar-
beiterin der Antragstellerin zum Ausdruck, an die das Weiterbeschäftigungsver-
langen vom 20. Juli 2007 gerichtet war und die auch am Ende des Schreibens
vom 13. August 2007 als verantwortliche Entscheiderin erwähnt wird. Diese
hatte den hier in Rede stehenden Schriftverkehr durch ihr Schreiben vom
31. Mai 2007 eingeleitet, in welchem sowohl zur unbefristeten als auch zur be-
fristeten Weiterbeschäftigung der Beteiligten zu 2 Stellung genommen wurde.
Auf den letztgenannten Aspekt hatte bereits das Oberverwaltungsgericht - wenn
auch in anderem rechtlichen Zusammenhang - zutreffend hingewiesen.
3. Das hilfsweise verfolgte Auflösungsbegehren der Antragstellerin ist abzuleh-
nen, weil der bevollmächtigte Rechtsanwalt seine Vertretungsbefugnis nicht
durch Vorlage einer schriftlichen Vollmacht innerhalb der Ausschlussfrist nach-
gewiesen hat.
a) Bereits aus dem Wortlaut der Regelung in § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG ist
ersichtlich, dass innerhalb der zweiwöchigen Ausschlussfrist eine verantwortli-
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che Entscheidung desjenigen vorliegen muss, der den Arbeitgeber gerichtlich
vertritt. Diese Voraussetzungen sind für alle Beteiligten sichtbar erfüllt, wenn die
innerhalb der Ausschlussfrist eingegangene Antragsschrift vom gesetzlichen
Vertreter des Arbeitgebers unterzeichnet ist. Eine rechtzeitige Antragstellung ist
aber auch durch eine Antragsschrift möglich, die durch einen nachgeordneten
Bediensteten unterschrieben ist; dieser muss dann allerdings seine
Vertretungsbefugnis innerhalb der Ausschlussfrist durch Vorlage einer Voll-
macht nachweisen, die vom gesetzlichen Vertreter des Arbeitgebers unter-
zeichnet ist (vgl. Beschlüsse vom 1. Dezember 2003 a.a.O. S. 274 ff. bzw.
S. 26 ff., vom 8. Juli 2008 a.a.O. Rn. 17, vom 19. Januar 2009 a.a.O. Rn. 20,
vom 19. August 2009 - BVerwG 6 PB 19.09 - Buchholz 250 § 9 BPersVG Nr. 36
Rn. 4 und vom 18. September 2009 a.a.O. Rn. 3).
b) Nichts anderes gilt, wenn sich der öffentliche Arbeitgeber zur Antragstellung
nach § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG eines Rechtsanwalts bedient. Auch in diesem
Fall liegt ein rechtswirksames Auflösungsbegehren nur dann vor, wenn der
Rechtsanwalt die schriftliche Vollmacht innerhalb der Ausschlussfrist bei Gericht
einreicht (vgl. dazu bereits Beschlüsse vom 1. Dezember 2003 a.a.O. S. 275
bzw. S. 27 und vom 19. August 2009 a.a.O. Rn. 6). Die Stellung von
Rechtsanwälten als unabhängige Organe der Rechtspflege, welche in der Re-
gelung des § 88 Abs. 2 ZPO zum Ausdruck kommt, wird dadurch nicht berührt.
Bei der hier in Rede stehenden Thematik geht es nicht nur und nicht in erster
Linie um den Nachweis einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung. Wesentlich
ist vielmehr, dass die Vollmachtsurkunde mittelbar Zeugnis davon ablegt, wie
der gesetzliche Vertreter des Arbeitgebers sich zur Weiterbeschäftigung des
Jugendvertreters entschieden hat. Die Unterzeichnung der Vollmacht beinhaltet
zugleich die Aussage, dass der gesetzliche Vertreter des Arbeitgebers das Ar-
beitsverhältnis zum Jugendvertreter beenden will. Wird die Vollmacht innerhalb
der Zweiwochenfrist vorgelegt, so hat der Jugendvertreter die Gewissheit, dass
er um den Erhalt seines Arbeitsplatzes vor Gericht kämpfen muss, und ist gut
beraten, sich parallel zum laufenden Verfahren vorsorglich um einen alternati-
ven Arbeitsplatz zu bemühen (vgl. Beschlüsse vom 1. Dezember 2003 a.a.O.
S. 278 bzw. S. 29, vom 8. Juli 2008 a.a.O. Rn. 20, vom 23. Juli 2008 a.a.O.
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Rn. 12, vom 19. August 2009 a.a.O. Rn. 5 und vom 18. September 2009 a.a.O.
Rn. 4). Die danach nötige Transparenz, die der Signalfunktion des Fristerfor-
dernisses Rechnung trägt, kann sich beim Jugendvertreter nicht einstellen,
wenn der bevollmächtigte Rechtsanwalt - wie sonst üblich - lediglich unter Hin-
weis auf seine Beauftragung den Auflösungsantrag stellt. Ohne die Vorlage der
Vollmacht bei Gericht weiß der Jugendvertreter nicht, wie sich die zur gerichtli-
chen Vertretung des öffentlichen Arbeitgebers befugte Person entschieden hat
und dass die Entscheidung - wie in § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG vorausgesetzt -
innerhalb der Ausschlussfrist gefallen ist.
c) Wie bereits oben erwähnt, waren zwar die beiden leitenden Mitarbeiterinnen,
die die Vollmachtsurkunde vom 31. August 2007 ausgestellt haben, zur gericht-
lichen Vertretung der Antragstellerin befugt. Die Vollmacht wurde jedoch bis
zum Ablauf der zweiwöchigen Ausschlussfrist nicht dem Gericht vorgelegt.
4. Die in Abschnitt III der Rechtsbeschwerdebegründung sinngemäß erhobene
Gehörsrüge geht offensichtlich fehl. Das Oberverwaltungsgericht hat auch die
Ablehnung des Hilfsantrages begründet. Es hat diesem aus demselben Grunde
den Erfolg versagt wie dem Hauptantrag, indem es die Ausschlussfrist des § 9
Abs. 4 Satz 1 BPersVG einmal analog (Hauptantrag) und einmal direkt (Hilfsan-
trag) angewandt hat (Beschlussabdruck S. 5 unten/6 oben).
Neumann
Büge
Vormeier
Bier
Möller
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Sachgebiet:
BVerwGE:
ja
Personalvertretungsrecht
Fachpresse: ja
Rechtsquellen:
BPersVG
§ 9
BGB
§ 126
Stichworte:
Weiterbeschäftigung des Jugendvertreters; Begründung eines gesetzlichen
Arbeitsverhältnisses; negatives Feststellungsbegehren des öffentlichen Arbeit-
gebers; analoge Anwendung der Ausschlussfrist; Schriftform des Weiterbe-
schäftigungsverlangens; Antragstellung des öffentlichen Arbeitgebers durch
Rechtsanwalt; Vorlage der Vollmacht innerhalb der Ausschlussfrist.
Leitsätze:
1. Bestreitet der öffentliche Arbeitgeber, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen
ihm und dem Jugendvertreter nach Maßgabe von § 9 Abs. 2 und 3 BPersVG
überhaupt begründet worden ist, so ist auf das dahingehende negative Fest-
stellungsbegehren das Fristerfordernis nach § 9 Abs. 4 Satz 1 BPersVG nicht
analog anzuwenden.
2. Für das Weiterbeschäftigungsverlangen des Jugendvertreters nach § 9
Abs. 2 BPersVG gilt das Schriftformerfordernis nach § 126 Abs. 1 BGB.
3. Bedient sich der öffentliche Arbeitgeber zur Antragstellung nach § 9 Abs. 4
Satz 1 BPersVG eines Rechtsanwalts, so liegt ein rechtswirksames Auflö-
sungsbegehren nur dann vor, wenn der Rechtsanwalt die schriftliche Vollmacht,
die von der zur gerichtlichen Vertretung des Arbeitgebers befugten Person
ausgestellt ist, innerhalb der Ausschlussfrist bei Gericht einreicht.
Beschluss des 6. Senats vom 18. August 2010 - BVerwG 6 P 15.09
I. VG Magdeburg vom 30.01.2009 - Az.: VG 10 A 3/07 MD -
II. OVG Magdeburg vom 16.09.2009 - Az.: OVG 6 L 2/09 -