Urteil des BVerwG vom 10.01.2008

Prokura, Generalvollmacht, Juristische Person, Satzung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
BVerwG 6 P 10.07
OVG 8 Bf 351/06.PVL
In der Personalvertretungssache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 10. Januar 2008
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn,
Büge, Vormeier und Dr. Bier
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Beteiligten gegen den Be-
schluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts,
Fachsenat nach dem Hamburgischen Personalvertre-
tungsgesetz, vom 26. Februar 2007 wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
I
Zum 1. Juli 2005 besetzte der Beteiligte die Stelle des Kaufmännischen Leiters
des Zentrums für Frauen-, Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklini-
kums Hamburg-Eppendorf (UKE) neu; nach der Stellenbeschreibung vom
1. Juni 2002 war die Stelle tariflich nach Vergütungsgruppe I Buchst. a Fall-
gruppe 1 a bewertet. Da der Antragsteller nicht im Wege der Mitbestimmung
beteiligt worden war, leitete er das personalvertretungsrechtliche Beschlussver-
fahren ein (25 FL 18/05 VG Hamburg). Im Anhörungstermin des Verwaltungs-
gerichts vom 20. September 2006 erkannte der Beteiligte an, „1. dass die Be-
setzung der Stelle ‚Kaufmännischer Leiter für das Zentrum für Frauen-, Kinder-
und Jugendmedizin’, wie sie in der Stellenbeschreibung vom 1.6.2002 be-
schrieben ist, der Mitbestimmung des Antragstellers unterliegt; 2. dass eine wie
oben beschriebene Stelle der kaufmännischen Leitung, die in die Vergütungs-
gruppe I a/Fallgruppe 1 a MTV Angestellte eingruppiert ist, auch dann, wenn mit
dem gewünschten Stelleninhaber ein Sonderarbeitsvertrag mit der Verein-
barung außertariflicher Vergütung abgeschlossen wird, nur unter Beachtung
des Mitbestimmungsrechts des Antragstellers besetzt werden darf“. Die Betei-
ligten erklärten daraufhin übereinstimmend die Hauptsache für erledigt.
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Nach interner Stellenausschreibung in der 15. Kalenderwoche 2006 hatte der
Vorstand des UKE in seiner Sitzung vom 22. August 2006 beschlossen, ab so-
fort Herrn Tim H. zum Kaufmännischen Leiter des Zentrums für Frauen-, Kin-
der- und Jugendmedizin zu bestellen. Eine förmliche Beteiligung des An-
tragstellers war erneut unterblieben. Das von diesem angerufene Verwaltungs-
gericht hat mit Beschluss vom 1. November 2006 - 25 FL 19/06 - festgestellt,
1. dass der Beteiligte das Mitbestimmungsrecht des An-
tragstellers verletzt hat bzw. verletzt, indem er Herrn
Tim H. ohne Zustimmung des Antragstellers bzw. ohne
dass dessen Zustimmung ersetzt wurde, mit Wirkung ab
22. August 2006 als Kaufmännische Leitung des Zentrums
für Frauen-, Kinder- und Jugendmedizin eingestellt hat
und beschäftigt,
2. dass die Besetzung der Stelle Kaufmännische Leitung
des Zentrums für Frauen-, Kinder und Jugendmedizin mit
einem Aufgabengebiet und Profil, wie sie in der internen
Stellenausschreibung aus der 15. Kalenderwoche 2006
beschrieben sind, der Mitbestimmung durch den An-
tragsteller unterliegt,
3. dass der Beteiligte eine Stelle der Kaufmännischen Lei-
tung des Zentrums für Frauen-, Kinder- und Jugendmedi-
zin auch dann nur unter Beachtung des Mitbestimmungs-
rechts des Antragstellers besetzen darf, wenn er einen
Sonderarbeitsvertrag mit der Vereinbarung außertariflicher
Vergütung abschließt.
Unter dem 2. November 2006 erteilten der Beteiligte und der Kaufmännische
Direktor des UKE Herrn Tim H. in seiner Eigenschaft als Kaufmännischer Leiter
des Zentrums für Frauen-, Kinder- und Jugendmedizin „Generalvollmacht“. In
der Vollmachtsurkunde heißt es:
„Herr H. ist berechtigt, Rechtsgeschäfte und Rechtshand-
lungen für den Vorstand in Angelegenheiten des Gesamt-
bereichs des Zentrums bis zu einer Wertgrenze in Höhe
von € 500 000,00 vorzunehmen, soweit diese nach den
gesetzlichen Bestimmungen vorgenommen werden kön-
nen und bei denen das Gesetz eine Stellvertretung gestat-
tet.
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Herr H. ist nicht berechtigt, für bestimmte Arten von Ge-
schäften oder für einzelne Arten von Geschäften Unter-
vollmacht zu erteilen.
Herr H. ist selbst von den Beschränkungen des § 181
BGB befreit.
Die vorliegende Vollmacht erlischt, wenn der Vorstand des
UKE von seinem jederzeitigen Widerrufsrecht Gebrauch
macht.“
Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts
vom 1. November 2006 hat das Oberverwaltungsgericht mit dem angefochte-
nen Beschluss aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Mit Rücksicht auf das
Anerkenntnis des Beteiligten im Anhörungstermin des Verwaltungsgerichts vom
20. September 2006 sowie den Senatsbeschluss vom 16. Mai 2006 - BVerwG
6 P 8.05 - in dem das Kopf- und Hautzentrum betreffenden Parallelverfahren
bestünden keine Zweifel, dass die Besetzung der Stelle Kaufmännische Leitung
des Zentrums für Frauen-, Kinder- und Jugendmedizin nicht gemäß § 88 Abs. 2
Nr. 1 HmbPersVG von der Mitbestimmung ausgenommen sei. Ebenso wenig
stehe der Mitbestimmung bei der Einstellung des Kaufmännischen Leiters des
Zentrums für Frauen-, Kinder- und Jugendmedizin § 88 Abs. 2 Nr. 5
HmbPersVG entgegen. Unter Generalvollmacht werde eine Vollmacht verstan-
den, die umfassend sei und noch über den gesetzlich festgelegten Umfang
einer Prokura hinausgehe. Von diesem Umfang der Generalvollmacht sei auch
der Gesetzgeber in § 88 Abs. 2 Nr. 5 HmbPersVG ausgegangen. Der Umfang
der dort bezeichneten Vollmachten im Außenverhältnis müsse sich mit den
Aufgaben im Innenverhältnis völlig decken. Die Generalvollmacht im Sinne des
§ 88 Abs. 2 Nr. 5 HmbPersVG sei ebenso wie die Prokura bezogen auf eine
selbstständige Betriebseinheit einer juristischen Person des öffentlichen
Rechts, die Personalangelegenheiten nicht als staatliche Auftragsangelegen-
heiten wahrnehme. Das Zentrum für Frauen-, Kinder- und Jugendmedizin sei
keine selbstständige Betriebseinheit des UKE. Insofern bedürfe es einer weit-
gehenden Lockerung der Anbindung der Betriebseinheit an die juristische Per-
son des öffentlichen Rechts. Nur wenn die Bindungen an die juristische Person
des öffentlichen Rechts soweit gelöst seien, dass trotz des Verbleibens in ihrem
Verbund für die Aufgabenerledigung selbstständiges Handeln nach innen und
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außen in erheblichem Maße nötig und möglich sei, könne von einer selbststän-
digen Betriebseinheit die Rede sein. Zwar dürften die Zentren des UKE vom
Gesetz anerkannte Betriebseinheiten sein. Ihnen fehle es aber an hinreichender
Selbstständigkeit. Die Zentrumsleitungen führten, wenn auch in eigener
Verantwortung, nur die Weisungen des Vorstandes aus. Die Zentren seien fest
in die Hierarchie des UKE eingebunden. Unabhängig davon genüge die als
„Generalvollmacht“ bezeichnete Vollmacht deshalb nicht den Anforderungen
des § 88 Abs. 2 Nr. 5 HmbPersVG, weil der Bevollmächtigte über keine eigen-
ständige Befugnis für wirtschaftlich weitreichende Entscheidungen verfüge.
Denn die Zentren in der Krankenversorgung würden kollegial von einer Zent-
rumsleitung geführt. Aus den satzungsmäßigen Aufgabenbeschreibungen lie-
ßen sich für die Kaufmännische Zentrumsleitung in erster Linie umfängliche
Kontroll- und Überwachungspflichten sowie die Mitwirkung in diversen Ent-
scheidungsprozessen ebenso entnehmen wie die deutliche Anbindung an die
Vorgaben des Vorstandes. Ein eigener Entscheidungsspielraum in signifikanten
Bereichen des Zentrums falle danach für die Kaufmännische Leitung schwerlich
an. Auf Grund der Aufgaben der Zentrumsleitung bestehe mithin keine Not-
wendigkeit für die Erteilung einer Generalvollmacht.
Der Beteiligte trägt zur Begründung seiner Rechtsbeschwerde vor: Die Vor-
schrift des § 88 Abs. 2 Nr. 5 HmbPersVG erfordere nicht, dass sich die einem
Angestellten erteilte Generalvollmacht auf eine selbstständige Betriebseinheit
beziehe. Der Wortlaut zwinge zu einer derartigen Annahme nicht. Ein solches
Verständnis stehe überdies dem Bestreben des Gesetzgebers entgegen, Mit-
arbeiter mit einer großen unternehmerischen Verantwortung von der Mitbe-
stimmung des Personalrats auszunehmen, da so eine Verengung der Ausnah-
me auf der Grundlage eines strukturellen Merkmals erfolgen würde, welches mit
der Frage der Kompetenz zu unternehmerisch weitreichenden Entscheidungen
nur sehr bedingt zusammenhänge. Abgesehen davon stelle das Zentrum für
Frauen-, Kinder- und Jugendmedizin des UKE eine selbstständige Be-
triebseinheit im Sinne des § 88 Abs. 2 Nr. 5 HmbPersVG dar. Es sei als klini-
sches Zentrum eine eigenständige Untereinheit innerhalb der Gesamtorganisa-
tion des UKE. Es verfüge über eine eigene Leitungsebene. Ihm sei ein Budget
zugeteilt, das von der Zentrumsleitung in eigener Verantwortung verwaltet wer-
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de. Die Ausnahme von der Mitbestimmung nach § 88 Abs. 2 Nr. 5 HmbPersVG
greife nicht nur dann ein, wenn die dem Mitarbeiter erteilte Generalvollmacht
oder Prokura sowohl nach außen als auch nach innen unbeschränkt sei. Im
Rahmen von § 88 Abs. 2 Nr. 5 HmbPersVG sei ein starres Abstellen auf die
handelsrechtlichen Figuren der Prokura und der Generalvollmacht abzulehnen.
Dies folge schon daraus, dass nach § 48 Abs. 1 HGB Prokura nur von dem In-
haber eines Handelsgeschäfts erteilt werden könne. Die danach regelmäßig
erforderliche Kaufmannseigenschaft werde bei öffentlich-rechtlichen Körper-
schaften nur selten gegeben sein. Angesichts dessen könnten Generalvoll-
macht und Prokura nur als Beispiele dafür stehen, ab welchem Grad der Hand-
lungsvollmacht nach dem Willen des Gesetzgebers die personelle Mitbestim-
mung nicht eingreifen solle. Eine nach außen unbeschränkte Generalvollmacht
oder Prokura könne vom Gesetz bereits deshalb nicht gefordert sein, weil an-
sonsten ein Bezug auf eine selbstständige Betriebseinheit, die nach der Syste-
matik der Vorschrift eine Teileinheit der Dienststelle sein müsse, nicht umsetz-
bar wäre. Es genüge folglich auch, wenn eine nach außen in bestimmtem Um-
fang eingeschränkte Generalvollmacht erteilt worden sei, soweit diese den Mit-
arbeiter befähige, unternehmerisch weitreichende Entscheidungen zu treffen.
Auch nach innen müsse die Generalvollmacht oder Prokura nicht unbeschränkt
sein. Andernfalls würde der Tatbestand nach § 88 Abs. 2 Nr. 5 HmbPersVG
neben der Regelung in § 88 Abs. 1 HmbPersVG letztlich leerlaufen.
Der Beteiligte beantragt sinngemäß,
die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und den An-
trag abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Er verteidigt den angefochtenen Beschluss.
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II
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Beteiligten ist nicht begründet. Der Be-
schluss des Oberverwaltungsgerichts beruht nicht auf der Nichtanwendung
oder unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 100 Abs. 2 HmbPersVG in
der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Januar 1979, HmbGVBl S. 17, zu-
letzt geändert durch Art. 4 des Gesetzes vom 22. Dezember 2006, HmbGVBl
S. 614, i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Mit der Einstellung von Herrn Tim H.
als Kaufmännischen Leiter des Zentrums für Frauen-, Kinder- und Jugendme-
dizin des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE) zum 22. August
2006 und seiner Beschäftigung seitdem hat der Beteiligte das Mitbestimmungs-
recht des Antragstellers verletzt. Die Besetzung dieser Stelle mit einem Aufga-
bengebiet und Profil gemäß Stellenausschreibung aus der 15. Kalenderwoche
2006 unterliegt der Mitbestimmung des Antragstellers, und zwar auch bei Ab-
schluss eines Sonderarbeitsvertrages mit außertariflicher Vergütung (§ 87
Abs. 2 Nr. 2 HmbPersVG - Mitbestimmung bei Einstellung - sowie § 87 Abs. 2
Nr. 4 HmbPersVG - Mitbestimmung bei Eingruppierung und Einreihung).
1. Das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers auch für die erstgenannte per-
sonenbezogene Feststellung besteht fort. Mit Rechtskraft der gerichtlichen
Feststellung erwirbt der Antragsteller einen Anspruch auf Nachholung des
rechtsfehlerhaft unterbliebenen Mitbestimmungsverfahrens. Spätestens wenn
sich im nachzuholenden Mitbestimmungsverfahren ergibt, dass die Zustimmung
des Antragstellers zur Einstellung weder erteilt noch ersetzt wird, ist der
Beteiligte objektivrechtlich verpflichtet, die Beschäftigung des Angestellten - auf
der Grundlage der Wirksamkeit des mit ihm geschlossenen Arbeitsvertrages -
zu beenden (vgl. Beschluss vom 7. Dezember 1994 - BVerwG 6 P 35.92 -
PersR 1995, 296 <297>, insoweit bei Buchholz 251.8 § 80 RhPPersVG Nr. 10
S. 2 f. nicht vollständig abgedruckt; vgl. dazu ferner BAG, Urteile vom 2. Juli
1980 - 5 AZR 1241/79 - BAGE 34, 1 <9> und vom 5. April 2001 - 2 AZR
580/99 - BAGE 97, 276 <288 f.>). In jedem Fall dient die erstrebte personenbe-
zogene Feststellung dem Antragsteller zur effektiven Durchsetzung seines Mit-
bestimmungsrechts.
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2. In der Sache ist dem Begehren des Antragstellers unabhängig von der Frage
zu entsprechen, ob und ggf. inwieweit der Beteiligte sich seine Erklärungen im
Anhörungstermin vor dem Verwaltungsgericht vom 20. September 2006, die zur
einvernehmlichen Beendigung des damals anhängigen Beschlussverfahrens
gleichen Rubrums geführt haben, im vorliegenden Verfahren entgegenhalten
lassen muss. Denn die angefochtene Entscheidung des Oberverwaltungs-
gerichts erweist sich auch dann im Ergebnis als richtig, wenn zugunsten des
Beteiligten angenommen wird, dass der Senat die Rechtslage wegen der den
Erklärungen vom 20. September 2006 nachfolgenden Erteilung der General-
vollmacht an Herrn Tim H. und des - jedenfalls teilweise - abweichenden Streit-
gegenstandes des vorliegenden Verfahrens ohne Bindung an die in Rede ste-
henden Erklärungen insgesamt neu zu überprüfen hat. Die Mitbestimmung des
Antragstellers war und ist nicht nach § 88 Abs. 2 HmbPersVG ausgeschlossen.
a) Dass der Mitbestimmung in Personalangelegenheiten hier § 88 Abs. 2 Nr. 1
HmbPersVG nicht entgegensteht, hat das Oberverwaltungsgericht unter Hin-
weis auf den Senatsbeschluss vom 16. Mai 2006 - BVerwG 6 P 8.05 - zutref-
fend ausgeführt. Insoweit erhebt auch der Beteiligte keine Einwände.
b) Das Mitbestimmungsrecht des Antragstellers ist auch nicht wegen der Herrn
Tim H. unter dem 2. November 2006 erteilten Generalvollmacht ausgeschlos-
sen.
Nach § 88 Abs. 2 Nr. 5 HmbPersVG gilt zwar § 87 Abs. 1 Nr. 1 bis 27 und
Abs. 3 HmbPersVG - die Mitbestimmung in Personalangelegenheiten - nicht für
Angehörige des öffentlichen Dienstes mit Generalvollmacht oder Prokura für
selbstständige Betriebseinheiten juristischer Personen des öffentlichen Rechts,
die Personalangelegenheiten nicht als staatliche Auftragsangelegenheiten
wahrnehmen. Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt.
aa) Entgegen der Auffassung des Beteiligten bezieht sich die Variante „Gene-
ralvollmacht“ - ebenso wie die Variante „Prokura“ - ausschließlich auf selbst-
ständige Betriebseinheiten juristischer Personen des öffentlichen Rechts, die
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Personalangelegenheiten nicht als staatliche Auftragsangelegenheiten wahr-
nehmen.
(1) Nach der Lesart des Beteiligten zerfällt der Tatbestand in die Elemente „An-
gehörige des öffentlichen Dienstes“ sowie - alternativ - „Generalvollmacht“ und
„Prokura für selbstständige Betriebseinheiten …“. Grammatikalisch mag dies
nicht ausgeschlossen sein. Sprachlich näherliegend ist jedoch, Generalvoll-
macht und Prokura als alternative Aufzählungen weitgehender Vollmachtsfor-
men anzusehen, auf welche sich alle übrigen Tatbestandsmerkmale der Rege-
lung gleichermaßen beziehen. Hätte der Gesetzgeber den Ausschluss der Mit-
bestimmung für alle Angehörigen des öffentlichen Dienstes mit Generalvoll-
macht - unabhängig von der Art der Beschäftigungsdienststelle - vorsehen wol-
len, so wäre aus Gründen sprachlicher Klarheit zu erwarten gewesen, dass er
dies in einer eigenständigen Gliederungsnummer des § 88 Abs. 2 HmbPersVG
geregelt hätte.
(2) Die systematische Auslegung weist in dieselbe Richtung. § 88 Abs. 1 und
Abs. 2 Nr. 1 HmbPersVG enthält Ausnahmen von der personellen Mitbestim-
mung für Beschäftigte in allen Dienststellen im Anwendungsbereich des Ham-
burgischen Personalvertretungsgesetzes. Demgegenüber handelt es sich bei
§ 88 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 HmbPersVG um spezielle Regelungen für verschiedene
Bereiche allgemeiner Hochschulen und von Hochschulen für den öffentlichen
Dienst. Es liegt daher nahe, in § 88 Abs. 2 Nr. 5 HmbPersVG ebenfalls eine
spezielle Regelung zu sehen, und zwar für den Bereich juristischer Personen
des öffentlichen Rechts, die Personalangelegenheiten nicht als staatliche Auf-
tragsangelegenheiten wahrnehmen. Wenn dies zutrifft, so muss sich auch das
weitere Merkmal „selbstständige Betriebseinheiten“ auf die beiden Tatbe-
standsvarianten Generalvollmacht und Prokura gleichermaßen beziehen.
(3) Ein dahingehendes Auslegungsergebnis drängt sich nach der Entstehungs-
geschichte der Vorschrift geradezu auf.
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In der Begründung des Hamburgischen Senats zum Entwurf eines Gesetzes
zur Änderung personalvertretungsrechtlicher und richterrechtlicher Vorschriften
vom 10. Mai 2005 heißt es: „Mit dem neuen Ausnahmetatbestand der neuen
Nummer 5 in Absatz 2 wird den Belangen unternehmerisch orientierter Einrich-
tungen des öffentlichen Rechts Rechnung getragen. Dort werden diejenigen
Angehörigen des öffentlichen Dienstes von der Mitbestimmung in eigenen per-
sonellen Angelegenheiten ausgenommen, die Generalbevollmächtigte oder
Prokuristen in selbstständigen Betriebseinheiten dieser Einrichtung sind. Diese
Angehörigen des öffentlichen Dienstes erfüllen nicht immer die Voraussetzun-
gen des Absatz 1 oder des Absatzes 2 Nr. 1, treffen aber unternehmerisch
weitreichende Entscheidungen, die eine dem Personalrat gegenüber unabhän-
gige Position erfordern.“ (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg,
Drucks. 18/2240 S. 17).
Daraus ergibt sich, dass sich der Anwendungsbereich der Vorschrift auf die
„unternehmerisch orientierten Einrichtungen des öffentlichen Rechts“ be-
schränken soll. Dies kommt in der Vorschrift in der Weise zum Ausdruck, dass
sie von „selbstständigen Betriebseinheiten“ juristischer Personen des öffentli-
chen Rechts spricht. Die Vorschrift setzt also nach dem Willen des historischen
Gesetzgebers einen von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts in
der Art eines Unternehmens geführten Betrieb voraus, der in mehrere selbst-
ständige Betriebseinheiten untergliedert ist, und sie betrifft die Erteilung he-
rausgehobener Vollmachten - nämlich Generalvollmachten und Prokuren - für
diese selbstständigen Betriebseinheiten.
(4) Sinn und Zweck der Vorschrift sind ebenso eindeutig. Bei Generalvollmacht
und Prokura handelt es sich um Instrumente des bürgerlichen Rechts für den
Bereich privater Unternehmen. Wenn der Gesetzgeber die Erteilung derartiger
Vollmachten als maßgeblich für den Ausschluss der personellen Mitbestimmung
ansieht, so erscheint dies gerade und ausschließlich für solche Verwaltungen
sinnvoll, die nach innerer Organisation und Aufgaben eine Nähe zur
Privatwirtschaft aufweisen. Hierfür kommen aber nur die in der Vorschrift ge-
nannten juristischen Personen in Betracht, deren Tätigkeit sich ungeachtet ihrer
öffentlich-rechtlichen Verfasstheit in betrieblichen Formen vollzieht. Demnach
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muss sich das Merkmal „selbstständige Betriebseinheiten juristischer Personen“
auf Personen mit Generalvollmacht und solche mit Prokura gleichermaßen
beziehen.
bb) Das UKE ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die Personal-
angelegenheiten nicht als staatliche Auftragsangelegenheiten wahrnimmt.
Die rechtlichen Verhältnisse des UKE richten sich nach dem Gesetz zur Errich-
tung der Körperschaft „Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf“ (UKE) vom
12. September 2001, HmbGVBl S. 375, zuletzt geändert durch Gesetz vom
7. September 2007, HmbGVBl S. 281, sowie nach der Satzung des Universi-
tätsklinikums Hamburg-Eppendorf (UKE-Satzung) vom 25. Juni 2002,
HmbGVBl S. 115, zuletzt geändert durch Satzung vom 1. Februar 2007, Amtl.
Anzeiger S. 577.
Das UKE ist eine Körperschaft des öffentlichen Rechts (§ 1 Abs. 1 UKEG). Es
verfügt über die Dienstherrnfähigkeit, mithin das Recht, Beamte zu haben (§ 23
Abs. 1 Satz 1 UKEG). Seine Beamten und Arbeitnehmer sind Angehörige des
öffentlichen Dienstes des UKE (§ 23 Abs. 1 Satz 2 UKEG). Damit steht es im
Gegensatz zu den Hochschulen, die Personalangelegenheiten lediglich als
staatliche Auftragsangelegenheiten wahrnehmen und deren Mitarbeiter folge-
richtig Angehörige des öffentlichen Dienstes der Freien und Hansestadt
Hamburg sind (§ 6 Abs. 2 Nr. 3, § 7 Abs. 1 des Hamburgischen Hochschulge-
setzes vom 18. Juli 2001, HmbGVBl S. 171).
cc) Das Zentrum für Frauen-, Kinder- und Jugendmedizin ist eine Betriebsein-
heit des UKE.
(1) Der Begriff „Betriebseinheit“ setzt sich aus den zwei Elementen „Betrieb“
und „Einheit“ zusammen. Der im Mittelpunkt des Betriebsverfassungsrechts
stehende Betriebsbegriff ist auch dem Personalvertretungsrecht nicht fremd.
So bezieht § 1 Abs. 1 Satz 2 HmbPersVG die Betriebsverwaltungen in den An-
wendungsbereich des Gesetzes ein. Hierunter sind solche Verwaltungen zu
verstehen, denen im Rahmen der öffentlichen Versorgung die Befriedigung von
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Bedürfnissen der Allgemeinheit mit betrieblichen Arbeitsmitteln übertragen ist
(vgl. Beschluss vom 13. August 1986 - BVerwG 6 P 7.85 - Buchholz 238.31 § 9
BaWüPersVG Nr. 3 S. 3). Der Betriebsverwaltung obliegen nicht eigentlich ho-
heitliche, sondern vor allem arbeitstechnische Aufgaben, die denen eines pri-
vatwirtschaftlichen Betriebes entsprechen (vgl. Faber, in: Lorenzen/Etzel/
Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber, Bundespersonalvertretungsgesetz, § 6
Rn. 15; Altvater/Hamer/Ohnesorg/Peiseler, Bundespersonalvertretungsgesetz,
5. Auflage 2004, § 6 Rn. 4). Dementsprechend wird im Betriebsverfassungs-
recht unter Betrieb eine organisatorische Einheit verstanden, innerhalb derer
ein Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe technischer und
immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke verfolgt (vgl. BAG,
Beschluss vom 11. Februar 2004 - 7 ABR 27/03 - BAGE 109, 332 <334>).
Organisationsprinzip von Betriebsverwaltungen ist die besondere Haushaltsfüh-
rung mittels kaufmännischer Buchführung (vgl. Faber, a.a.O. § 1 Rn. 60). Das
Klinikum des UKE ist eine Betriebsverwaltung. Es erfüllt mit Hilfe seiner Mitar-
beiter und medizinisch-technischer Einrichtungen die ihm übertragenen Aufga-
ben der Krankenversorgung (§ 2 Abs. 1 Satz 3 UKEG). Sein Leistungsangebot
folgt den Grundsätzen wirtschaftlicher Betriebsführung (§ 2 Abs. 2 Satz 1
UKEG); es ist nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen (§ 18 Abs. 1 Satz 1
UKEG).
(2) Wenn § 88 Abs. 2 Nr. 5 HmbPersVG von „Betriebseinheiten juristischer Per-
sonen“ spricht, so kommt damit - wie bereits erwähnt - zum Ausdruck, dass der
Betrieb der betreffenden juristischen Person aus Betriebseinheiten zusammen-
gesetzt ist. Die von der Vorschrift gemeinten Betriebe bestehen daher aus der
Zentrale und dezentralen Untergliederungen. Für die Zentrale selbst kommt
§ 88 Abs. 2 Nr. 5 HmbPersVG nicht zur Anwendung, und zwar auch dann nicht,
wenn sie - wie vielfach üblich - ihrerseits organisatorisch und fachlich unterglie-
dert ist. Bei ihren Untergliederungen unterstellt der Gesetzgeber nicht jenes
Maß an Eigenständigkeit, welches es rechtfertigt, ihre Mitarbeiter auch außer-
halb des Anwendungsbereichs von § 88 Abs. 2 Nr. 1 HmbPersVG der perso-
nellen Mitbestimmung zu entziehen. Der Verantwortung, Qualifikation und Ei-
genständigkeit der der Zentrale direkt unterstellten leitenden Mitarbeiter ist
durch die Geltung der Regelung in § 88 Abs. 2 Nr. 1 HmbPersVG hinreichend
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Rechnung getragen. Der Gesetzgeber hält es nicht für geboten, hier den Kreis
der aus der personellen Mitbestimmung herausgenommenen Personen weiter
zu ziehen als in der staatlichen Verwaltung.
Dagegen sind die Zentren des UKE Betriebseinheiten im Sinne von § 88 Abs. 2
Nr. 5 HmbPersVG. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 UKEG i.V.m. §§ 6, 7 Abs. 1 Satz 1
UKE-Satzung und dem der Satzung als Anlage beigefügten Organisationsplan
gliedert sich das Klinikum des UKE in Zentren, in denen jeweils mehrere Klini-
ken und Institute unter einer gemeinsamen Leitung zusammengefasst sind. Die
Leitung eines Zentrums mit Krankenversorgungsaufgaben besteht aus dem
Ärztlichen Leiter, seinem Stellvertreter, dem Kaufmännischen Leiter und der
Pflegeleiterin (§ 15 Abs. 1 Satz 2 UKEG i.V.m. § 7 Abs. 3 Satz 1 und 2 UKE-
Satzung). Für jedes Zentrum ist eine Teilsatzung erlassen, welche insbesonde-
re die Geschäftsverteilung zwischen den Mitgliedern der Zentrumsleitung regelt
(§ 7 Abs. 2 Satz 1 UKE-Satzung). Der Zentrumsleitung steht ein Zentrumsdirek-
torium zur Seite, welches aus den Direktoren der zugehörigen Kliniken, Institute
und Abteilungen besteht (§ 7 Abs. 5 Satz 1 und 2 UKE-Satzung).
Daraus ergibt sich, dass die Zentren organisationsrechtlich definierte dezentrale
Untergliederungen des Klinikums und damit Betriebseinheiten des Klinikums
sind. Demnach ist auch das Zentrum für Frauen-, Kinder- und Jugendmedizin,
welches nach dem Organisationsplan (Anlage der UKE-Satzung) aus Klinik und
Poliklinik für Gynäkologie, Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Pränatalme-
dizin, Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin, Klinik und Poliklinik
für Pädiatrische Hämatologie und Onkologie, Klinik und Poliklinik für Kinderchi-
rurgie, Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychosomatik und Institut für Human-
genetik besteht, eine Betriebseinheit des UKE.
dd) Das Zentrum für Frauen-, Kinder- und Jugendmedizin ist eine selbstständi-
ge Betriebseinheit des UKE.
(1) Betriebseinheiten sind selbstständig, wenn auf ihrer Ebene wichtige Ent-
scheidungen mit Entscheidungsspielraum getroffen werden. Dass dabei Richt-
linien und Weisungen der zentralen Leitung zu beachten sind, ist unschädlich.
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Andernfalls würde die Vorschrift weitgehend leerlaufen. Denn der Gesetz- oder
Satzungsgeber pflegt die zentralen Leitungen juristischer Personen des öffent-
lichen Rechts mit der Befugnis auszustatten, die Tätigkeit nachgeordneter de-
zentraler Einheiten durch Richtlinien und Weisungen zu steuern. Selbstständig-
keit und Gebundenheit an Richtlinien und Weisungen im Einzelfall schließen
sich nicht aus, solange Entscheidungen typischerweise in eigener Verantwor-
tung getroffen werden (vgl. zum Ausschluss der Mitbestimmung bei Personen
mit Befugnis zu selbstständigen Entscheidungen in Personalangelegenheiten:
Beschluss vom 22. Juni 2005 - BVerwG 6 P 2.05 - Buchholz 251.2 § 13
BlnPersVG Nr. 2 S. 5; ferner Beschluss vom 22. März 2006 - BVerwG 6 P
10.05 - Buchholz 251.95 § 84 MBGSH Nr. 1 Rn. 30). So liegt es hier.
(2) Die Zentrumsleitung führt die Geschäfte des Zentrums im Rahmen der Wei-
sungen des Vorstandes in eigener Verantwortung. Sie sorgt für die Koordination
und die Ordnungsmäßigkeit der Leistungen und wirkt auf die Qualitätssicherung
hin. Die ärztliche Behandlung und Patientenversorgung liegt allein in der Ver-
antwortung der behandelnden und der leitenden Ärzte (§ 15 Abs. 2 Satz 1 bis 3
UKEG i.V.m. § 7 Abs. 7 UKE-Satzung). Das Zentrum verfügt über ein eigenes
Budget, das im Rahmen von zentrumsinternen Ziel- und Leistungsver-
einbarungen mit den einzelnen ihm angehörenden Kliniken auf diese verteilt
wird (§ 12 der Satzung für das Zentrum für Frauen-, Kinder- und Jugendmedi-
zin).
Daraus ergibt sich die Befugnis der Zentrumsleitung, die Rahmenentscheidun-
gen des Vorstandes eigenverantwortlich auszufüllen. Die Verantwortung des
Zentrums mit den ihm angeschlossenen Kliniken und Instituten für die Qualität
der Krankenversorgung und für die Betriebsführung des Klinikums ist im Ver-
hältnis zum Vorstand des UKE erheblich. In fachlicher Hinsicht besteht sie un-
eingeschränkt. Schließlich kommt der wesentliche eigene Entscheidungsspiel-
raum der Zentrumsleitung im Aufgabenkatalog des § 7 Abs. 8 UKE-Satzung
zum Ausdruck.
ee) Die Herrn Tim H. unter dem 2. November 2006 erteilte Vollmacht ist keine
Generalvollmacht im Sinne von § 88 Abs. 2 Nr. 5 HmbPersVG.
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(1) Zum näheren Verständnis des Begriffs „Generalvollmacht“ muss auf die in
der Vorschrift ebenfalls erfasste Prokura eingegangen werden. Denn diese ist
- im Gegensatz zur Generalvollmacht - gesetzlich definiert.
(1.1) Die Prokura ermächtigt zu allen Arten von gerichtlichen und außergericht-
lichen Geschäften und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsge-
werbes mit sich bringt (§ 49 Abs. 1 HGB). Die Veräußerung und Belastung von
Grundstücken wird von der Prokura nicht erfasst; der Prokurist benötigt hierzu
eine besondere Ermächtigung (§ 49 Abs. 2 HGB). Im Interesse der Sicherheit
des Handelsverkehrs und des Vertrauensschutzes kann die Prokura im Außen-
verhältnis nur im Rahmen der gesetzlichen Grenzen beschränkt werden. Eine
gesetzlich zulässige Form der Beschränkung ist die Erteilung der Gesamtproku-
ra (§ 48 Abs. 2 HGB). Gesetzlich zulässig ist auch die Beschränkung der Pro-
kura auf den Betrieb einer von mehreren Niederlassungen, wenn die Niederlas-
sungen unter verschiedenen Firmen betrieben werden (§ 50 Abs. 3 Satz 1
HGB). Eine Firmenverschiedenheit ist auch dann anzunehmen, wenn für eine
der unter gleicher Firma geführten Zweigniederlassungen ein Zusatz beigefügt
wird, der sie als Zweigniederlassung bezeichnet (§ 50 Abs. 3 Satz 2 HGB). Un-
ter den genannten gesetzlichen Voraussetzungen kann die Prokura mit der in
§ 49 HGB festgelegten Vertretungsmacht auf eine Niederlassung mit Wirkung
gegenüber Dritten beschränkt werden. Außerhalb der gesetzlichen Grenzen
(§ 48 Abs. 2, § 50 Abs. 3 HGB) ist eine Beschränkung des Umfangs der Proku-
ra Dritten gegenüber unwirksam (§ 50 Abs. 1 HGB; vgl. BAG, Beschluss vom
27. April 1988 - 7 ABR 5/87 - BAGE 58, 203 <211>).
(1.2) Die Prokura kann nur vom Inhaber eines Handelsgeschäfts erteilt werden
(§§ 1, 48 Abs. 1 HGB). Letzteres erfordert einen berufsmäßigen Geschäftsbe-
trieb, der von der Absicht dauernder Gewinnerzielung beherrscht wird. Darunter
fällt jede auf wirtschaftlichem Gebiet im weitesten Sinne ausgeübte geschäftli-
che Tätigkeit, die auf die Erzielung dauernder Einnahmen gerichtet ist. Mit einer
solchen Erwerbsabsicht kann auch eine juristische Person des öffentlichen
Rechts handeln, und zwar unabhängig davon, ob sie zugleich in Erfüllung einer
gemeinnützigen öffentlich-rechtlichen Aufgabe tätig wird; Voraussetzung ist nur
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das Betreiben eines wirtschaftlichen Unternehmens, also einer Tätigkeit, die
nicht allein und herkömmlich mit der Zielrichtung einer öffentlichen Aufgabe
betrieben wird. Wirtschaftliche Unternehmen von juristischen Personen des
öffentlichen Rechts sind danach solche Einrichtungen und Anlagen, die auch
von einem Privatunternehmen mit der Absicht der Erzielung dauernder Ein-
nahmen betrieben werden können und gelegentlich auch betrieben werden (vgl.
BGH, Urteil vom 2. Juli 1985 - X ZR 77/84 - BGHZ 95, 155 <157> m.w.N.; Hopt,
in: Baumbach/Hopt, Handelsgesetzbuch, 32. Auflage 2006, § 1 Rn. 27, § 48
Rn. 1; Roth, in: Koller/Roth/Morck, Handelsgesetzbuch, 5. Auflage 2005, § 33
Rn. 2, § 48 Rn. 2).
Eben solche juristischen Personen des öffentlichen Rechts hat § 88 Abs. 2
Nr. 5 HmbPersVG im Auge. Der Gesetzeswortlaut spricht von „Angehörigen
des öffentlichen Dienstes mit Prokura“. Dabei soll es sich nach der Begründung
des Gesetzentwurfs um Personen handeln, die „unternehmerisch weitreichende
Entscheidungen“ für „unternehmerisch orientierte Einrichtungen des öffentlichen
Rechts“ treffen (Bürgerschaft, Drucks. 18/2240 S. 17). Damit kommt zum
Ausdruck, dass die Prokura im Sinne von § 48 ff. HGB gemeint ist, die von ju-
ristischen Personen des öffentlichen Rechts mit Kaufmannseigenschaft erteilt
wird.
(1.3) § 88 Abs. 2 Nr. 5 HmbPersVG spricht von Prokura „für selbstständige Be-
triebseinheiten“. Da die Prokura ein auf das Außenverhältnis bezogenes
Rechtsinstitut ist, das nur Dritten gegenüber von Bedeutung ist (vgl. BAG, Be-
schlüsse vom 27. April 1988 a.a.O. S. 210 f. und vom 11. Januar 1995 - 7 ABR
33/94 - BAGE 79, 80 <84>), scheint der Gesetzgeber davon ausgegangen zu
sein, dass die Beschränkung der Prokura auf die Betriebseinheit im Außenver-
hältnis wirksam ist. Dies trifft zu, soweit die Erteilung einer auf die Betriebsein-
heit bezogenen Prokura im Einklang mit der Regelung über die Niederlas-
sungsprokura steht (§ 50 Abs. 3 HGB). Ist dies der Fall, so ermächtigt die
einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes für die Betriebseinheit einer juris-
tischen Person des öffentlichen Rechts im Sinne von § 88 Abs. 2 Nr. 5
HmbPersVG erteilte Prokura zu allen Arten von gerichtlichen und außergericht-
lichen Geschäften und Rechtshandlungen, welche die Führung der Betriebs-
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einheit mit sich bringt (§ 49 Abs. 1 HGB). Davon ausgenommen ist mangels
einer entsprechenden Befugnis die Veräußerung und Belastung von Grundstü-
cken (§ 49 Abs. 2 HGB). Die Beschränkung des Umfangs der Prokura auf
Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen bis zu einer Wertgrenze von
500 000 € ist Dritten gegenüber in jedem Falle unwirksam (§ 50 Abs. 1 HGB).
(2) Mit Blick auf die Prokura gilt für die Generalvollmacht Folgendes:
(2.1) Hierunter wird in Rechtsprechung und Kommentarliteratur zu § 5 Abs. 3
BetrVG eine über die Handlungsvollmacht nach § 54 HGB hinausgehende
Rechtsstellung verstanden, die zwischen der eines Vorstandsmitgliedes und der
eines Prokuristen liegt. Sie ist nur dann gegeben, wenn ihr Umfang wenigstens
gleich weit geht wie die Prokura und dem Bevollmächtigten unbeschränkte Ver-
tretungsmacht in allen den Vollmachtgeber betreffenden Angelegenheiten
verschafft (vgl. BAG, Beschluss vom 5. März 1974 - 1 ABR 19/73 - BAGE 26,
36 <56>; Urteil vom 10. April 1991 - 4 AZR 479/90 - AP Nr. 141 zu § 1 TVG
Tarifverträge: Bau Bl. 844; Trümner, in: Däubler/Kittner/Klebe, Betriebsverfas-
sungsgesetz, 10. Auflage 2006, § 5 Rn. 205; Richardi, Betriebsverfassungsge-
setz, 10. Auflage 2006, § 5 Rn. 203; Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/
Linsenmaier, Betriebsverfassungsgesetz, 23. Auflage 2006, § 5 Rn. 342; vgl.
ferner BGH, Urteil vom 22. Januar 1962 - II ZR 11/61 - BGHZ 36, 292 <294 f.>).
Von diesem Verständnis im Rahmen von § 88 Abs. 2 Nr. 5 HmbPersVG abzu-
weichen, besteht nach Wortlaut und bereits dargestellter Entstehungsgeschich-
te der Vorschrift kein Anlass.
(2.2) Soweit die Beschränkung der Prokura auf die Betriebseinheit im Außen-
verhältnis wirksam ist, ist Entsprechendes für die Generalvollmacht anzuneh-
men. Unter dieser Prämisse ist Generalvollmacht im Sinne von § 88 Abs. 2
Nr. 5 HmbPersVG eine Rechtsstellung, die zur Vertretung der juristischen Per-
son des öffentlichen Rechts in allen die Betriebseinheit betreffenden Angele-
genheiten ermächtigt. Eine Vollmacht dagegen, welche im Außenverhältnis nur
zur Vornahme von Geschäften in einer Größenordnung bis zu 500 000 € er-
mächtigt, ist keine Generalvollmacht. Denn sie verleiht eine schwächere Vertre-
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tungsmacht als eine Prokura, für welche eine entsprechende Begrenzung Drit-
ten gegenüber unwirksam wäre (§ 50 Abs. 1 HGB).
(3) Das UKE verfügt über die Kaufmannseigenschaft im Sinne von §§ 1, 48
Abs. 1 HGB und damit über die Befugnis, Prokura und auch Generalvollmacht
zu erteilen. Es hat sich bei der Erbringung seiner Krankenversorgungsleistun-
gen von den Grundsätzen wirtschaftlicher Betriebsführung leiten zu lassen (§ 2
Abs. 2 Satz 1 UKEG). Es ist nach kaufmännischen Grundsätzen zu führen; das
Landeshaushaltsrecht gilt grundsätzlich nicht (§ 18 UKEG). Die Verpflichtung
des UKE auf die Grundsätze der kaufmännischen Betriebsführung bestimmt die
Erwirtschaftung von Gewinnen in einem Umfang, wie er für den Erhalt und die
Entwicklung der Leistungsfähigkeit notwendig ist, als eines der Betriebsziele
des Klinikums des UKE (Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg,
Drucks. 16/5760 S. 46 zu §§ 18 bis 21). Folgerichtig setzt die UKE-Satzung als
selbstverständlich voraus, dass das UKE Prokuristen und Handlungsbevoll-
mächtigte hat (§ 18 Abs. 5 UKE-Satzung).
(4) Die organisationsrechtlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer Gene-
ralvollmacht an den Kaufmännischen Leiter des Zentrums für Frauen-, Kinder-
und Jugendmedizin liegen vor. Ihm kann der Vorstand die Befugnis zur gericht-
lichen und außergerichtlichen Vertretung für den Gesamtbereich des Zentrums
übertragen (§ 11 Abs. 5 Satz 2 und 3 UKEG i.V.m. § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UKE-
Satzung). Eine derartige Vollmacht, die im Außenverhältnis allenfalls auf den
Bereich des Zentrums begrenzt, aber im Übrigen unbeschränkt ist, ist eine
Generalvollmacht im Sinne von § 88 Abs. 2 Nr. 5 HmbPersVG.
(5) Die Herrn Tim H. unter dem 2. November 2006 erteilte Vollmacht erfüllt nicht
die vorbezeichneten Anforderungen. Denn durch diese Vollmachtsurkunde wird
die Vertretungsmacht im Außenverhältnis wirksam auf Rechtsgeschäfte und
Rechtshandlungen bis zu einer Wertgrenze von 500 000 € begrenzt (§ 172
Abs. 1 BGB). Eine derartige Vollmacht ist weniger weitreichend
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als eine Prokura, für welche eine entsprechende Beschränkung im Verhältnis
zu Dritten unwirksam wäre (§ 50 Abs. 1 HGB).
Dr. Bardenhewer Dr. Hahn Büge
Vormeier Dr. Bier
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