Urteil des BVerwG vom 15.11.2006

Beurlaubung, Versetzung, Mitbestimmungsrecht, Berufliche Tätigkeit

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
BESCHLUSS
Verkündet
BVerwG 6 P 1.06
am 15. November 2006
VGH 21 TK 3178/04
Thiele
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Personalvertretungssache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die Anhörung vom 15. November 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn,
Büge, Vormeier und Dr. Bier
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten gegen den Be-
schluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs
- Fachsenat für Personalvertretungssachen (Bund) - vom
26. Oktober 2005 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen,
dass der Ausspruch im Beschluss des Verwaltungsge-
richts Frankfurt am Main, Fachkammer für Personalvertre-
tungssachen des Bundes, vom 20. September 2004 durch
folgende Feststellung ersetzt wird:
1. Die nicht nur vorübergehende, nicht statusberührende
Zuweisung eines anderen Aufgabenbereichs an einen
Beamten oder eine Beamtin bei einem anderen Betrieb
der Beteiligten unterliegt auch dann der Mitbestimmung
des Antragstellers, wenn diese Maßnahme aus Anlass der
Beendigung einer Beurlaubung vorgenommen wird.
2. Die Verweigerung der Zustimmung des Antragstellers
zu Versetzungen von Beamtinnen und Beamten, die aus
Anlass der Beendigung ihrer Beurlaubung versetzt werden
sollen, ist beachtlich im Sinne von § 29 Abs. 3
PostPersRG i.V.m. § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG, soweit der
Antragsteller beanstandet, dass in solchen Fällen im Be-
trieb geltende Auswahlrichtlinien von der Beteiligten nicht
angewandt wurden.
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G r ü n d e :
I
Ende 2003 bat die Beteiligte den Antragsteller um Zustimmung zur Versetzung
von zwei Beamtinnen, die nach mehrjährigem Urlaub ohne Bezüge in den Be-
trieb zurückzukehren beabsichtigten. Die Versetzung sollte zur Vermittlungs-
und Qualifizierungseinheit (Vivento) erfolgen. Der Antragsteller verweigerte sei-
ne Zustimmung mit der Begründung, durch die Versetzungen, denen kein nach
den Rationalisierungsschutzbestimmungen vorgesehenes Auswahlverfahren
vorausgegangen sei, würden die wegen Familienarbeit beurlaubten Beamtinnen
in diskriminierender Weise benachteiligt. Die Beteiligte wertete die Zustim-
mungsverweigerung jeweils als unbeachtlich und wies die beiden Beamtinnen
wie geplant Vivento zu.
Das daraufhin vom Antragsteller angerufene Arbeitsgericht hat den Rechtsweg
zu den Arbeitsgerichten für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Ver-
waltungsgericht verwiesen. Dem dort gestellten Antrag auf Feststellung,
1. dass Versetzungen von Beamtinnen und Beamten auch
dann der Mitbestimmung des Antragstellers unterliegen,
wenn sie aus Anlass der Beendigung einer Beurlau-
bung vorgenommen werden,
2. dass Zustimmungsverweigerungen des Antragstellers
zu Versetzungen von Beamtinnen und Beamten, die
beurlaubt waren und aus Anlass der Beendigung ihrer
Beurlaubung versetzt werden sollen, wirksam im Sinne
des § 69 Abs. 3 Satz 5 BPersVG i.V.m. § 77 Abs. 2
Nr. 1 BPersVG sind, soweit geltend gemacht wird, dass
für nicht beurlaubte Beamtinnen und Beamte geltende
Auswahlrichtlinien auf die aus der Beurlaubung zurück-
kehrenden und versetzten Beamtinnen und Beamten
nicht angewandt werden,
hat das Verwaltungsgericht entsprochen. Die Beschwerde der Beteiligten hat
der Verwaltungsgerichtshof aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Der Fest-
stellungsantrag zu 1 sei begründet, weil es sich bei der Zuweisung der aus un-
bezahlter Beurlaubung zurückkehrenden Beamten zu einer anderer Betriebs-
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einheit um den Fall einer Versetzung im Sinne des § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG
handele. Soweit nach § 13 Abs. 1 Satz 2 BPersVG Beschäftigte, die am Wahl-
tage seit mehr als sechs Monaten unter Wegfall der Bezüge beurlaubt seien, zu
den Wahlen der Personalvertretung nicht wahlberechtigt seien, zwinge dies
nicht zu der Annahme, dass für die weitere Dauer der Beurlaubung jegliche or-
ganisationsrechtliche Zuordnung zu einer bestimmten Dienststelle entfalle.
Ungeachtet des Ruhens der Hauptpflichten blieben die Zugehörigkeit zur bishe-
rigen Dienststelle und die Beschäftigteneigenschaft auch während des weiteren
Beurlaubungszeitraums erhalten. Letzteres habe wiederum zur Folge, dass die
Beamten nach Beendigung ihrer Beurlaubung den Dienst bei der bisherigen
Dienststelle anzutreten hätten, sofern nicht positiv eine anderweitige Zuweisung
durch die Dienststellenleitung erfolge. Begründet sei auch der Feststellungsan-
trag zu 2. Es reiche für die Beachtlichkeit einer Zustimmungsverweigerung aus,
dass sich die angegebene Begründung dem Mitbestimmungstatbestand selbst
und einem gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgrund zuordnen lasse.
Letzteres sei der Fall, soweit der Antragsteller die Nichtanwendung von Aus-
wahlrichtlinien auf Beamte rüge, die aus einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge
zurückkehrten und aus diesem Anlass versetzt würden.
Die Beteiligte trägt zur Begründung ihrer Rechtsbeschwerde vor: Der Antrag
zu 1 sei wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig, weil er kein konkretes Mit-
bestimmungsrecht bezeichne. Abgesehen davon sei dieser Antrag unbegrün-
det. Das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts des Antragstellers hinsichtlich
bei der Beteiligten beschäftigter Beamter komme nur in Betracht, wenn diese
Beamten demjenigen Betrieb angehörten, bei welchem der Antragsteller gebil-
det sei. Betriebszugehörig seien Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis
zum Inhaber des Betriebes stünden und innerhalb der Betriebsorganisation des
Arbeitgebers abhängige Arbeitsleistungen erbrächten. Für die Betriebszugehö-
rigkeit sei somit neben dem Bestehen eines Arbeitsverhältnisses die tatsächli-
che Eingliederung des Arbeitnehmers in die Betriebsorganisation erforderlich.
Ein Arbeitnehmer, welcher über einen längeren Zeitraum von der Arbeitsleis-
tung freigestellt werde, trage nicht mehr zur betrieblichen Zweckverfolgung bei,
sodass seine tatsächliche Eingliederung ende. Insoweit sei für den Bereich des
Betriebsverfassungsrechts die analoge Heranziehung der Regelung in § 13
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Abs. 1 Satz 2 BPersVG geboten. Die buchmäßige Führung von Mitarbeitern in
demjenigen Betrieb der Beteiligten, in welchem diese vor Beurlaubung unter
Wegfall der Bezüge tätig gewesen seien, knüpfe allein an die fortbestehende
Rechtsbeziehung an und sei für die hier interessierende Frage der betrieblichen
Eingliederung unbeachtlich. Das Vorliegen einer ausfüllungsbedürftigen Rege-
lungslücke könne nicht mit Blick auf die Reform des Betriebsverfassungsrechts
im Jahre 2001 verneint werden. Im Gegenteil habe der Gesetzgeber mit der
Änderung der Regelungen in § 5 Abs. 1 und § 7 BetrVG den Stellenwert der
tatsächlichen Eingliederung in einen Betrieb verdeutlicht. Aus den vorbezeich-
neten Bestimmungen und aus § 14 AÜG sei herzuleiten, dass es zur Aufrecht-
erhaltung der Betriebszugehörigkeit von länger beurlaubten Mitarbeitern einer
positiven gesetzlichen Anordnung bedürfe, an der es jedoch fehle. Unabhängig
von der analogen Anwendung von § 13 Abs. 1 Satz 2 BPersVG scheide das
Mitbestimmungsrecht bei Versetzungen hier deswegen aus, weil bei länger
dauernden Beurlaubungen die Betriebszugehörigkeit unterbrochen werde. Denn
die Suspendierung der Hauptpflichten aus dem Dienstverhältnis diene
ausschließlich dem Zweck, dem Beamten den Bestand der Rechtsbeziehung
zum Dienstherrn zu sichern, nicht aber darüber hinaus, ihm den bisherigen Ar-
beitsbereich zu erhalten. Den beschriebenen Wertungen des Betriebsverfas-
sungsrechts folge sinngemäß auch das Personalvertretungsrecht, indem es das
Mitbestimmungsrecht des Personalrats in Personalangelegenheiten davon
abhängig mache, dass der betreffende Dienststellenangehörige Beschäftigter
sei. Eine Versetzung im Sinne des § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG sei hier nicht ge-
geben, weil es an der tatsächlichen Eingliederung des Betroffenen in die
Dienststelle im Zeitpunkt der Maßnahme fehle.
Die Beteiligte beantragt,
die Beschlüsse der Vorinstanzen aufzuheben und die An-
träge des Antragstellers abzulehnen.
Der Antragsteller hat im Anhörungstermin des Senats seine bisherigen Anträge
neugefasst. Er beantragt nunmehr festzustellen:
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1. Die nicht nur vorübergehende, nicht statusberührende
Zuweisung eines anderen Aufgabenbereichs an einen
Beamten oder eine Beamtin bei einem anderen Betrieb
der Beteiligten unterliegt auch dann der Mitbestimmung
des Antragstellers, wenn diese Maßnahme aus Anlass der
Beendigung einer Beurlaubung vorgenommen wird.
2. Die Verweigerung der Zustimmung des Antragstellers
zu Versetzungen von Beamten oder Beamtinnen, die aus
Anlass der Beendigung ihrer Beurlaubung versetzt wer-
den, ist beachtlich im Sinne von § 29 Abs. 3 PostPersRG
i.V.m. § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG, soweit der Antragsteller
beanstandet, dass in solchen Fällen im Betrieb geltende
Auswahlrichtlinien von der Beteiligten nicht angewendet
wurden.
Ferner beantragt der Antragsteller,
die Rechtsbeschwerde der Beteiligten nach Maßgabe sei-
ner neugefassten Anträge zurückzuweisen.
Im Übrigen verteidigt er ebenso wie die Vertreterin des Bundesinteresses den
angefochtenen Beschluss.
II
Die zulässige Rechtsbeschwerde der Beteiligten ist nicht begründet. Der Be-
schluss des Verwaltungsgerichtshofs beruht nicht auf der Nichtanwendung oder
der unrichtigen Anwendung einer Rechtsnorm (§ 29 Abs. 9 Satz 2 des Postper-
sonalrechtsgesetzes - PostPersRG - vom 14. September 1994, BGBl I S. 2325,
zuletzt geändert durch Art. 270 der 9. Zuständigkeitsanpassungsverordnung
vom 31. Oktober 2006, BGBl I S. 2407, i.V.m. § 93 Abs. 1 Satz 1 ArbGG). Die
Zuweisung eines Beamten zu einem anderen Betrieb der Beteiligten ist als
Versetzung mitbestimmungspflichtig auch dann, wenn sie aus Anlass der Be-
endigung einer Beurlaubung vorgenommen wird. In einem solchen Fall darf es
die Beteiligte nicht als unbeachtlich werten, wenn der Antragsteller seine Zu-
stimmung mit der Begründung verweigert, im Betrieb geltende Auswahlrichtli-
nien müssten auch zugunsten aus der Beurlaubung zurückkehrender Beamter
angewandt werden.
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1. Der Antrag zu 1 ist zulässig.
a) Bedenken dagegen unter dem Gesichtspunkt des Bestimmtheitsgebots be-
stehen nicht deshalb, weil der Antragsteller nicht einzelne gesetzliche Mitbe-
stimmungstatbestände in die Antragsformulierung aufgenommen hat. Dem
Personalrat ist es unbenommen, den Streitgegenstand durch einen auf einen
oder mehrere Mitbestimmungstatbestände bezogenen Antrag zu präzisieren.
Dem Bestimmtheitsgebot wird aber auch durch einen Antrag Rechnung getra-
gen, mit welchem der Personalrat für eine genau bezeichnete Maßnahme ein
Mitbestimmungsrecht geltend macht. Ein derartiges Begehren ist auf die ge-
richtliche Überprüfung anhand sämtlicher in Betracht zu ziehender Mitbestim-
mungstatbestände gerichtet (vgl. Beschlüsse vom 19. Mai 2003 - BVerwG 6 P
16.02 - PersR 2003, 314 <316> und vom 29. September 2004 - BVerwG 6 P
4.04 - Buchholz 251.5 § 69 HePersVG Nr. 1 S. 1 f. m.w.N.; BAG, Beschlüsse
vom 23. Oktober 1984 - 1 ABR 2/83 - BAGE 47, 96 <104 f.> und vom 11. Juni
2002 - 1 ABR 44/01 - BAGE 101, 277 <280 f.>).
b) Dem Gebot, die für mitbestimmungspflichtig gehaltene Maßnahme genau zu
bezeichnen, hat der Antragsteller im Anhörungstermin des Senats Rechnung
getragen. Er hat dort den bisher verwandten Rechtsbegriff der „Versetzung“
durch denjenigen Sachverhalt umschrieben, der nach seiner Rechtsbehauptung
vom geltend gemachten Mitbestimmungsrecht erfasst wird. Damit genügt er
dem Grundsatz, dass ein lediglich den Gesetzeswortlaut wiederholender Antrag
unzulässig ist, wenn - wie hier im Falle des in Rede stehenden Mitbestim-
mungstatbestandes - der Inhalt der Norm streitig ist (vgl. BAG, Beschluss vom
12. August 1997 - 1 ABR 7/97 - BAGE 86, 198 <201>). Mit dieser Umformulie-
rung war eine im Rechtsbeschwerdeverfahren unzulässige Antragsänderung
nicht verbunden (§ 81 Abs. 3, § 87 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2, § 92 Abs. 2 Satz 3
Halbs. 2 ArbGG).
aa) Wie sich aus den beiden Anlassfällen ergibt und aus dem Vortrag in den
Vorinstanzen deutlich geworden ist, hat der Antragsteller mit „Versetzung“ im
Sinne der bisherigen Antragsformulierung erkennbar stets die nicht nur vorü-
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bergehende Zuweisung eines Beamten zu einem anderen Betrieb der Beteilig-
ten gemeint. Dagegen erstreckte sich sein Begehren zu keinem Zeitpunkt auf
statusberührende Maßnahmen. Dies zeigt sich schon daran, dass die „Verset-
zung“ von Beamtinnen zu Vivento, welche den Anlass für die Einleitung des
vorliegenden Verfahrens bildete, das statusrechtliche Amt unberührt lässt
(Ziff. 5 Abs. 1 der Gesamtbetriebsvereinbarung zum Rationalisierungsschutz für
Beamte zwischen der Beteiligten und ihrem Gesamtbetriebsrat vom 22. April
2005). Bei statusberührenden Maßnahmen in Betracht zu ziehende weitere
Mitbestimmungsrechte hat der Antragsteller im Verlaufe des vorliegenden Ver-
fahrens zu keinem Zeitpunkt geltend gemacht.
bb) Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist ferner das Mitbestim-
mungsrecht des Antragstellers bei Versetzungen nach § 95 Abs. 3, § 99
BetrVG. Ein solches Mitbestimmungsrecht besteht nur für solche Versetzungen,
die nicht vom Mitbestimmungsrecht nach § 76 Abs. 1 BPersVG erfasst werden
(vgl. BAG, Beschluss vom 12. August 1997 a.a.O. S. 207 ff.). Im Streitfall
bezieht sich das Begehren des Antragstellers ausschließlich auf Maßnahmen,
die mit einem Betriebswechsel verbunden sind. Dass in dieser Hinsicht
jedenfalls im Grundsatz der Anwendungsbereich des § 76 Abs. 1 Nr. 4
BPersVG eröffnet ist, erscheint nicht zweifelhaft und ist zwischen den Beteilig-
ten nicht streitig. Auf Maßnahmen, welche von dem weiten Versetzungsbegriff
in § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG, nicht aber von dem Mitbestimmungstatbestand in
§ 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG erfasst sind, hat sich das Begehren des Antragstel-
lers zu keinem Zeitpunkt bezogen.
cc) Schließlich erstreckt sich das Begehren des Antragstellers nicht auf sein
Mitbestimmungsrecht bei Zuweisungen nach § 4 Abs. 4 Satz 1 bis 3, § 28
Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 1 Satz 3 PostPersRG. Dieses Mitbestimmungsrecht
kommt nur zum Tragen, wenn Beamte einem anderen Unternehmen, insbe-
sondere einem Tochter- oder Enkelunternehmen der Beteiligten zugewiesen
werden. Im vorliegenden Fall geht es aber ausschließlich um den Wechsel von
Beamten zu anderen Betrieben des beteiligten Unternehmens.
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c) Das Rechtsschutzbedürfnis für die Fortführung des vorliegenden Verfahrens
ist auch mit Rücksicht auf das Urteil des beschließenden Gerichts vom 22. Juni
2006 - BVerwG 2 C 26.05 - zu bejahen. Nach dieser Entscheidung sind Maß-
nahmen, durch welche Beamten Vivento zugewiesen werden, rechtswidrig, weil
dadurch der Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung verletzt wird. Da
die Beteiligte dieser Entscheidung erwartungsgemäß Folge leistet, wie sie im
Anhörungstermin des Senats bestätigt hat, werden sich die Fälle, welche An-
lass zur Einleitung des vorliegenden Verfahrens boten, nicht mehr wiederholen.
Das Begehren des Antragstellers beschränkt sich jedoch nicht auf den Sonder-
fall eines Wechsels zu Vivento, sondern erstreckt sich allgemein auf jeden Be-
triebswechsel von Beamten innerhalb des beteiligten Unternehmens. Die Frage,
ob eine mitbestimmungspflichtige Versetzung auch dann vorliegt, wenn sie
gegenüber einem Beamten ergeht, der sich seit Längerem im Urlaub ohne
Dienstbezüge befindet, kann sich auch bei jedem gewöhnlichen Betriebswech-
sel stellen und ist unabhängig von einem Wechsel zu Vivento zu beantworten.
2. Der Antrag zu 1 ist begründet. Das mit ihm geltend gemachte Mitbestim-
mungsrecht folgt aus § 29 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG i.V.m. § 76 Abs. 1 Nr. 4
BPersVG.
a) Nach der zuletzt genannten Vorschrift, die nach § 29 Abs. 1 Satz 1
PostPersRG auch für die Betriebsräte der Postnachfolgeunternehmen gilt, hat
der Personalrat (Betriebsrat) mitzubestimmen in Personalangelegenheiten der
Beamten bei Versetzung zu einer anderen Dienststelle. Unter Versetzung im
Sinne von § 26 BBG ist die auf Dauer angelegte Übertragung eines anderen
Amtes im funktionellen Sinn bei einer anderen Behörde desselben oder eines
anderen Dienstherrn zu verstehen (organisationsrechtliche Versetzung; vgl.
Urteile vom 29. April 1982 - BVerwG 2 C 41.80 - BVerwGE 65, 270 <276>
= Buchholz 237.7 § 28 LBG Nordrhein-Westfalen Nr. 7 S. 5, vom 7. Juni 1984
- BVerwG 2 C 84.81 - BVerwGE 69, 303 <307> = Buchholz 232 § 55 BBG Nr. 5
S. 11 und vom 2. September 1999 - BVerwG 2 C 36.98 - BVerwGE 109, 292
= Buchholz 237.93 § 35 SächsLBG Nr. 1). Eine Versetzung in diesem Sinne
unterfällt der Mitbestimmung nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG (vgl. Beschluss
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vom 2. August 2005 - BVerwG 6 P 11.04 - Buchholz 251.2 § 86 BlnPersVG
Nr. 5 S. 6).
Bei Beamten der Postnachfolgeunternehmen tritt an die Stelle des neuen funk-
tionellen Amtes der neue Aufgabenbereich und an die Stelle des Dienststellen-
bzw. Behördenwechsels der Betriebswechsel. Dies folgt schon aus der doppel-
ten Fiktion in § 4 Abs. 1 und 2 PostPersRG, wonach die berufliche Tätigkeit der
Beamten als Dienst und das jeweilige Postnachfolgeunternehmen als Verwal-
tung im Sinne von § 26 Abs. 1 BBG gilt. Dieser dienstrechtlichen Fiktion ent-
spricht die Anpassung des personalvertretungsrechtlichen Mitbestimmungstat-
bestandes an die Grundsätze und Strukturen der Betriebsverfassung, die nach
§ 24 Abs. 1 und 2 PostPersRG in den Postnachfolgeunternehmen unter Ein-
schluss der dort beschäftigten Beamten Anwendung findet (vgl. BAG, Be-
schlüsse vom 12. August 1997 a.a.O. S. 214 sowie vom 10. Dezember 2002
- 1 ABR 27/01 - BAGE 104, 187 <203>; Lenders/Wehner/Weber, Postpersonal-
rechtsgesetz, 2006, § 29 Rn. 14). Demgemäß ist die nicht nur vorübergehende
Zuweisung eines anderen Aufgabenbereichs an einen Beamten bei einem an-
deren Betrieb der Beteiligten als Versetzung mitbestimmungspflichtig gemäß
§ 29 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG i.V.m. § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG.
b) Eine Versetzung ist auch dann gegeben, wenn der Betriebswechsel im An-
schluss an eine längere Beurlaubung ohne Bezüge stattfinden soll. Dienstrecht-
lich ist dies nicht zweifelhaft, wie auch die Beteiligte im Anhörungstermin des
Senats eingeräumt hat. Zwar setzt eine Versetzung definitionsgemäß voraus,
dass der Beamte vor der Zuweisung zum neuen Betrieb noch dem alten Betrieb
angehört. Dies ist jedoch auch im Falle der Beurlaubung zu bejahen. Am Ende
der Beurlaubung hat der Beamte seine Tätigkeit in demselben Betrieb wieder
aufzunehmen, welchem er vor Antritt der Beurlaubung angehörte. Abweichen-
des bedarf einer gesonderten Anordnung, nämlich einer Versetzungsverfügung.
Die dienstrechtliche Zuordnung zum Betrieb bleibt somit vorbehaltlich abwei-
chender Anordnung der Beteiligten erhalten. Der dienstrechtlichen Betrach-
tungsweise folgt grundsätzlich die beteiligungsrechtliche (vgl. Beschluss vom
2. August 2005 a.a.O. S. 6 m.w.N.).
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c) Dass Dienst- und Beteiligungsrecht hier nicht auseinandergehen, wird bereits
durch folgende rechtssystematische Überlegung nahe gelegt: Die Beteiligte ver-
neint die Mitbestimmung des Betriebsrats des abgebenden Betriebes, bejaht
dagegen diejenige des Betriebsrats des aufnehmenden Betriebes. Bei letzterer
könnte es sich, wenn keine Versetzung mit der Folge des Beteiligungsrechts
sowohl des Betriebsrats des abgebenden Betriebes als auch des Betriebsrats
des aufnehmenden Betriebes vorläge, der Sache nach nur um die Mitbestim-
mung bei Einstellung nach § 29 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG i.V.m. § 76 Abs. 1
Nr. 1 PPersVG handeln. Dies stünde jedoch im Widerspruch dazu, dass unter
Einstellung die Ernennung unter Begründung eines Beamtenverhältnisses zu
verstehen ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 BBG i.V.m. § 3 BLV). Diese Definition ist auch für
die Mitbestimmung bei Einstellung nach § 76 Abs. 1 Nr. 1 BPersVG maßgeblich
(vgl. Beschluss vom 13. September 2002 - BVerwG 6 P 4.02 - Buchholz 250
§ 82 BPersVG Nr. 17). Bei dem hier in Rede stehenden Betriebswechsel wird
das Beamtenverhältnis aber ungeachtet einer zwischenzeitlichen Beurlaubung
ohne Unterbrechung fortgeführt. Letzteres ist aber wiederum ein Wesensele-
ment der Versetzung (vgl. Lemhöfer, in: Plog/Wiedow/Lemhöfer/Bayer,
Bundesbeamtengesetz, § 26 Rn. 4; Altvater/Hamer/Ohnesorg/Peiseler, Bun-
despersonalvertretungsgesetz, 5. Aufl. 2004, § 76 Rn. 8a).
d) Die vom Antrag zu 1 erfasste Fallkonstellation ist von der Mitbestimmungs-
pflicht nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG nicht, wie die Beteiligte annimmt, im
Wege teleologischer Reduktion nach Maßgabe spezieller personalvertretungs-
rechtlicher Grundsätze auszunehmen. Insbesondere kann solches nicht mit der
Erwägung angenommen werden, die betreffenden Beamten seien während
einer länger dauernden Beurlaubung aus dem Betrieb ausgegliedert worden, so
dass es an der fortdauernden Eingliederung in den Betrieb als wesentliches
Anknüpfungsmerkmal für die Mitbestimmung des Antragstellers fehle. Mit einer
derartigen Erwägung kann die Mitbestimmung bei Versetzungen selbst im Be-
reich der Bundesverwaltungen gemäß § 1 BPersVG nicht verneint werden, in
welchem bei Beurlaubungen ohne Bezüge von mehr als sechs Monaten unter
Heranziehung des Rechtsgedankens in § 13 Abs. 1 Satz 2 BPersVG von einem
Verlust der Dienststellenzugehörigkeit ausgegangen werden muss.
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aa) Allerdings hat der Senat entschieden, dass die Zugehörigkeit zu einer
Dienststelle eine ungeschriebene systemimmanente Voraussetzung des Be-
schäftigungsverhältnisses und damit des Mitbestimmungsrechts ist (vgl. Be-
schluss vom 29. Januar 1993 - BVerwG 6 P 2.92 - Buchholz 251.7 § 72
NW PersVG Nr. 22 S. 36). Soweit dem zu entnehmen ist, dass die tatsächliche
Zugehörigkeit zur Dienststelle Voraussetzung des Mitbestimmungsrechts ist,
hält der Senat daran nicht fest. Zwar bezieht sich die Mitbestimmung in Perso-
nalangelegenheiten hauptsächlich auf tatsächlich dienststellenzugehörige Be-
schäftigte. Sie ist auf diesen Personenkreis jedoch nicht beschränkt.
bb) Die personelle Mitbestimmung greift auch bei Maßnahmen ein, durch wel-
che eine Dienststellenzugehörigkeit erst begründet wird. Eine solche Fallgestal-
tung ist für die Mitbestimmung bei Einstellungen gemäß § 76 Abs. 1 Nr. 1
BPersVG geradezu typisch, aber auch im Rahmen der Mitbestimmung bei Be-
förderungen gemäß § 76 Abs. 1 Nr. 2 BPersVG nicht selten anzutreffen. In
derartigen Fällen hat der Personalrat zur Wahrung der Interessen der von ihm
repräsentierten Beschäftigten der Dienststelle eine Maßnahme zu überprüfen,
durch welche unmittelbar ein „Externer“ betroffen ist. Die Rechtfertigung dafür
ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Zustimmungsverweigerungsgründe in
§ 77 Abs. 2 BPersVG, von denen keiner die Dienststellenzugehörigkeit des von
der personellen Maßnahme Betroffenen voraussetzt: Der Zustimmungsverwei-
gerungsgrund der Gesetzes- und Tarifwidrigkeit (Nr. 1) ist neutral formuliert,
derjenige der ungerechtfertigten Benachteiligung (Nr. 2) stellt außer auf den
betroffenen Beschäftigten auch auf andere Beschäftigte ab und derjenige der
Störung des Dienststellenfriedens (Nr. 3) erwähnt ausdrücklich neben den Be-
schäftigten auch den „Bewerber“. Daraus ergibt sich zugleich ohne Weiteres,
dass der wesentliche Zweck der personellen Mitbestimmung, nämlich Beschäf-
tigte der Dienststelle vor ungerechtfertigter Benachteiligung zu schützen, auch
und gerade dann zum Tragen kommt, wenn von der beabsichtigten Maßnahme
Personen betroffen sind, welche der Dienststelle erst künftig angehören sollen.
cc) Der Schutzzweck der personellen Mitbestimmung kann gleichfalls berührt
sein, wenn von der personellen Maßnahme „ehemalige“ Dienststellenangehöri-
ge betroffen sind. Jedenfalls trifft dies auf Arbeitnehmer und Beamte zu, welche
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- und sei es auch für längere Zeit - unter Wegfall der Bezüge beurlaubt sind. Bei
diesem Personenkreis dauert das Dienstverhältnis zum Rechtsträger der
Dienststelle fort. Während die wechselseitigen Pflichten zur Verrichtung des
Dienstes einerseits und zur Gewährung der Dienstbezüge andererseits ruhen,
bleiben die übrigen Pflichten aus dem Dienstverhältnis unberührt. Die organisa-
torische Zuordnung des Bediensteten zur Dienststelle bleibt erhalten; denn in
Ermangelung einer besonderen Anordnung ist - wie erwähnt - nach dem Ende
der Beurlaubung der Dienst in der „alten“ Dienststelle wieder aufzunehmen.
Durch die beschriebene Fortgeltung rechtlicher und tatsächlicher Bindungen zur
Dienststelle unterscheidet sich der vorgenannte Personenkreis wesentlich von
Personen, die weder in einem Dienstverhältnis zum Rechtsträger der
Dienststelle stehen noch durch Verrichtung weisungsabhängiger Tätigkeit tat-
sächlich in die Dienststelle eingegliedert sind.
dd) Fortdauernde Bindung zur Dienststelle und anhaltender Schutzbedarf las-
sen sich anhand einschlägiger Bestimmungen des Bundesbeamtenrechts bele-
gen.
Dieses sieht Beurlaubungen unter Wegfall der Bezüge in mannigfacher Hinsicht
vor: die Beurlaubung wegen Betreuung von Familienangehörigen nach § 72a
Abs. 4 BBG, die Beurlaubung aus arbeitsmarktpolitischen Gründen nach § 72e
BBG sowie die Fälle der §§ 3, 9 und 13 SUrlV. Die Elternzeit nach § 80 Nr. 2
BBG i.V.m. § 15 Abs. 1 BErzGG und den Bestimmungen der Elternzeit-
verordnung - EltZV - gehört ebenfalls hierher; dabei handelt es sich nämlich um
einen gesetzlich besonders geregelten Fall von Sonderurlaub ohne Dienstbe-
züge (vgl. Lemhöfer, a.a.O. § 80 Rn. 8). All diesen Fällen ist gemein, dass eine
Rückkehr des Beamten in die Dienststelle bzw. den Betrieb vorgesehen oder
jedenfalls möglich ist. Überdies ist eine vorzeitige Rückkehr aus dem Urlaub
unter bestimmten Voraussetzungen zulässig (§ 72a Abs. 4 Satz 7 und 8, § 72e
Abs. 2 Satz 4 BBG, § 15 Abs. 1 SUrlV, § 2 Abs. 3 EltZV).
Dass auch während einer länger dauernden Beurlaubung ein personalvertre-
tungsrechtlicher Schutzbedarf anzuerkennen ist, lässt sich am Beispiel der Be-
urlaubung von Beamtinnen aus familiären Gründen darstellen. Nach § 72a
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Abs. 6 BBG können während dieser Beurlaubung unter bestimmten Vorausset-
zungen Nebentätigkeiten genehmigt werden. Die Versagung einer solchen Ge-
nehmigung unterliegt gemäß § 76 Abs. 1 Nr. 7 BPersVG der Mitbestimmung
des Personalrats. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Beamtin dieses personal-
vertretungsrechtlichen Schutzes nicht mehr bedarf, wenn die Dauer ihrer Beur-
laubung eine bestimmte Zeitspanne überschreitet. Entsprechendes gilt für die
Nebentätigkeitsgenehmigung, derer es in den Fällen des § 1 Abs. 4 Satz 2
und 3 EltZV bedarf (vgl. dazu Lemhöfer, a.a.O. § 80 Rn. 15). Ebenso bedürfen
Beamtinnen des personalvertretungsrechtlichen Schutzes nach § 76 Abs. 1
Nr. 8 BPersVG, wenn sie während der bereits laufenden Beurlaubung einen
Verlängerungsantrag stellen (§ 72a Abs. 4 Satz 4 BBG). In diesen und ver-
gleichbaren Fällen bietet § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG eine geeignete Rechts-
grundlage dafür, dass der Personalrat im Wege der Mitbestimmung auf der
Einhaltung der zugunsten der betroffenen Beamten geltenden gesetzlichen Be-
stimmungen besteht.
ee) Jedenfalls gebieten es Sinn und Zweck der Mitbestimmung bei Versetzung,
dass auch solche Beamte in deren Schutzbereich einbezogen werden, die aus
Anlass ihrer Rückkehr aus einer Beurlaubung einer anderen Dienststelle zuge-
wiesen werden sollen.
Die Mitbestimmung nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG durch den Personalrat der
abgebenden Dienststelle erfüllt mit Blick auf § 77 Abs. 2 Nr. 1 und 2 BPersVG
Schutzaufgaben in mehrfacher Hinsicht. Erfolgt die Versetzung gegen den Wil-
len des betroffenen Beamten, so handelt es sich um eine belastende Maßnah-
me, so dass der Personalrat zu prüfen hat, ob der betroffene Beamte durch sie
ungerechtfertigt benachteiligt wird. Zugleich stellt sich für den Personalrat die
Frage, ob die beabsichtigte Maßnahme für die Beschäftigten der abgebenden
Dienststelle mit unzumutbarer Mehrbelastung verbunden ist. Häufig ist eine
Versetzung geeignet, dem beruflichen Fortkommen des betreffenden Beamten
zu dienen, womit die Frage aufgeworfen ist, ob die schützenswerten Belange
etwaiger Mitbewerber hinreichend Beachtung gefunden haben (vgl. Beschluss
vom 28. Mai 2002 - BVerwG 6 P 9.01 - Buchholz 251.7 § 72 NWPersVG Nr. 27
S. 21 m.w.N.; Fischer/Goeres/Gronimus, in: GKÖD Bd. V K § 76 Rn. 21;
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Altvater u.a., a.a.O. § 76 Rn. 8c; Rehak, in: Lorenzen u.a., a.a.O. § 76 Rn. 54a;
Ilbertz/Widmaier, Bundespersonalvertretungsgesetz, 10. Aufl. 2004, § 76
Rn. 15).
Alle vorbezeichneten Aspekte kommen zum Tragen, wenn Beamte betroffen
sind, die aus einer Beurlaubung zurückkehren. Hat der beabsichtigte Dienst-
stellenwechsel belastenden Charakter, so sind solche Beamte in gleicher Weise
schutzwürdig wie diejenigen, die in der Dienststelle ununterbrochen Dienst
geleistet haben. Ebenso hat der Personalrat zu prüfen, ob es für die Mitarbeiter
der Dienststelle mit unzumutbaren Mehrbelastungen verbunden ist, wenn die
Zuweisung zu einer anderen Dienststelle mit dem Ende der Beurlaubung wirk-
sam werden soll. Schließlich hat der Personalrat darauf zu achten, dass der
Dienststellenwechsel in der Person des beurlaubten Beamten sich nicht als un-
angemessene Bevorzugung gegenüber anderen Mitarbeitern der Dienststelle
darstellt, die ebenfalls an einer Versetzung interessiert sind.
Die genannten Gesichtspunkte erfordern die Beteiligung gerade des Personal-
rats der abgebenden Dienststelle, da es jeweils um die Wahrung der Belange
der Beamten dieser Dienststelle geht. Dazu ist der Personalrat der aufnehmen-
den Dienststelle weder geeignet noch legitimiert. Dies gilt insbesondere auch
für die Frage, ob die Versetzung eines Beamten diesen im Verhältnis zu ande-
ren Beamten der abgebenden Dienststelle benachteiligt (vgl. Beschluss vom
2. August 2005 a.a.O. S. 11).
ff) Die vorbezeichneten für Beamte in Bundesverwaltungen entwickelten
Grundsätze beanspruchen ebenfalls Geltung, wenn Beamten der Beteiligten
aus Anlass der Rückkehr aus einer Beurlaubung ein Aufgabenkreis bei einem
anderen Betrieb zugewiesen werden soll (§ 28 Abs. 1 Satz 1, § 29 Abs. 1
Satz 1 und 2 PostPersRG).
Das Mitbestimmungsrecht entfällt hier nicht deshalb, weil die Beteiligte bei der
Bewilligung der Beurlaubung vorsorglich darauf hinweist, dass sich bei der
Rückkehr die Notwendigkeit eines Betriebswechsels ergeben könnte. Ein derar-
tiger Hinweis nimmt der Maßnahme nicht ihre für den Beamten belastende Wir-
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kung, wenn die Beteiligte bei der Rückkehr von ihrer Versetzungsbefugnis
Gebrauch macht. Das Bedürfnis nach kollektivem Schutz durch die betriebliche
Interessenvertretung wird demnach nicht dadurch berührt, dass der Beamte
seine Beurlaubung in Kenntnis eines damit verbundenen Risikos angetreten hat
(vgl. zum Betriebsverfassungsrecht: BAG, Beschlüsse vom 20. September
1990 - 1 ABR 37/90 - BAGE 66, 57 <67> und vom 2. April 1996 - 1 ABR 39/95 -
AP Nr. 9 zu § 99 BetrVG 1972 Versetzung Bl. 1841 R f.).
e) Angesichts dessen kann auf sich beruhen, ob dasselbe Ergebnis auch mit
der Begründung hergeleitet werden kann, die betreffenden Beamten seien nach
dem insoweit anzuwendenden Betriebsverfassungsrecht (§ 24 Abs. 1 und 2,
§ 26 PostPersRG) während ihrer Beurlaubung Betriebszugehörige geblieben.
Die Fortdauer der Betriebszugehörigkeit im Falle einer Beurlaubung wird von
der Kommentarliteratur zum Betriebsverfassungsrecht überwiegend bejaht (vgl.
Fitting/Engels/Schmidt/Trebinger/Linsenmaier, Betriebsverfassungsgesetz,
23. Aufl. 2006, § 7 Rn. 29; Löwisch/Kaiser, Betriebsverfassungsgesetz, 5. Aufl.
2002, § 7 Rn. 18; Hess/Schlochauer/Worzalla/Glock, Betriebs-
verfassungsgesetz, 6. Aufl. 2003, § 7 Rn. 5; Schneider, in: Däubler/Kittner/
Klebe, Betriebsverfassungsgesetz, 10. Aufl. 2006, § 7 Rn. 12; Thüsing, in:
Richardi, Betriebsverfassungsgesetz, 10. Aufl. 2006, § 7 Rn. 48; a.A. Kreutz,
in: GK-BetrVG § 7 Rn. 22). Auch das Bundesarbeitsgericht geht im Falle der El-
ternzeit - früher Erziehungsurlaub - davon aus (vgl. Urteil vom 31. Mai 1989
- 7 AZR 574/88 - AP Nr. 9 zu § 44 BetrVG 1972 sowie Beschluss vom 16. April
2003 - 7 ABR 53/02 - BAGE 106, 64 <69 f.>; ebenso zum Wehrdienst: Be-
schluss vom 29. März 1974 - 1 ABR 27/73 - BAGE 26, 107 <114 f.>). Bei fort-
dauernder Betriebszugehörigkeit und damit auch der Wahlberechtigung nach
§ 7 Satz 1 BetrVG während der Beurlaubung kann das Mitbestimmungsrecht
des Antragstellers bei Versetzungen nach § 29 Abs. 1 Satz 1 PostPersRG
i.V.m. § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG schon aus diesem Grund nicht zweifelhaft
sein.
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3. Der Antrag zu 2 hat ebenfalls Erfolg.
a) Er ist zulässig. Mit ihm will der Antragsteller geklärt wissen, dass seine Zu-
stimmungsverweigerung beachtlich ist und nicht zum Abbruch des Mitbestim-
mungsverfahrens führen darf, wenn er die Anwendung von Auswahlrichtlinien
auch für solche Beamte einfordert, die aus Anlass ihrer Rückkehr aus einer
Beurlaubung versetzt werden sollen. Bei diesem Verständnis ist der Antrag hin-
reichend bestimmt.
Die Neufassung des Antrages zu 2 im Anhörungstermin auf Anregung des Se-
nats beruht darauf, dass es sich bei der Bezugnahme auf § 69 Abs. 3 Satz 5
BPersVG gemäß der bisherigen Antragsformulierung um ein offensichtliches
und daher für die Zulässigkeit des Antrages unschädliches Redaktionsversehen
handelt. Weder § 69 Abs. 3 Satz 5 BPersVG noch die stattdessen möglicher-
weise gemeinte Regelung in § 69 Abs. 2 Satz 5 BPersVG ist hier anwendbar.
Diese Bestimmungen werden durch die speziellen Verfahrensvorschriften in
§ 29 Abs. 2 und 3 PostPersRG verdrängt. Das Verwaltungsgericht hat dies in
seinen Ausführungen zum Antrag zu 2 zutreffend erkannt, indem es hinsichtlich
des Fortgangs des Verfahrens nach beachtlicher Zustimmungsverweigerung
ausdrücklich auf § 29 Abs. 3 PostPersRG verwiesen hat (Beschlussabdruck
S. 10).
b) Mit dieser Maßgabe ist der Antrag zu 2 begründet. Hat der Antragsteller in
den vom Antrag zu 1 erfassten Fällen ein Mitbestimmungsrecht nach § 76
Abs. 1 Nr. 4 BPersVG, dann ist er gemäß § 29 Abs. 1 Satz 2 PostPersRG
i.V.m. § 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG berechtigt, seine Zustimmung mit der Be-
gründung zu verweigern, die Maßnahme verstoße gegen eine Richtlinie über
die personelle Auswahl bei Versetzungen gemäß § 76 Abs. 2 Satz 1 Nr. 8
BPersVG. Kommt es sodann zwischen ihm und der Beteiligten zu keiner Eini-
gung, so richtet sich der weitere Gang des Mitbestimmungsverfahrens nach
§ 29 Abs. 3 PostPersRG.
Eine Zustimmungsverweigerung ist nur dann unbeachtlich, wenn sie entweder
(objektiv) das Vorliegen eines gesetzlichen Zustimmungsverweigerungsgrundes
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als nicht möglich erscheinen lässt, weil ein Verweigerungsgrund von vornherein
und eindeutig nicht vorliegen kann, oder wenn sie aus sonstigen (subjektiven)
Gründen rechtsmissbräuchlich ist, weil der Personalrat sich von vornherein
besserer Erkenntnis verschließt oder aber seinen Standpunkt nur zum Schein
einnimmt (vgl. Beschluss vom 7. Dezember 1994 - BVerwG 6 P 35.92 -
Buchholz 251.8 § 80 RhPPersVG Nr. 10 S. 7 f.). Keine dieser Voraussetzungen
ist erfüllt, wenn der Antragsteller seine Zustimmung zur Versetzung mit der Be-
gründung verweigert, im Betrieb geltende Auswahlrichtlinien für die Versetzung
von Beamten müssten auch zur Anwendung kommen, wenn die Versetzung
aus Anlass der Rückkehr aus einer Beurlaubung ausgesprochen werden soll. In
solchen Fällen ist das Eingreifen des Zustimmungsverweigerungsgrundes nach
§ 77 Abs. 2 Nr. 1 BPersVG stets möglich. Auch ein rechtsmissbräuchliches
Verhalten des Antragstellers in diesem Zusammenhang erscheint ausgeschlos-
sen. Denn der hier in Rede stehende Personenkreis beurlaubter Beamter ist
schutzwürdig. Der Antragsteller darf darauf bestehen, dass dieser Personen-
kreis keiner Versetzungsautomatik ausgesetzt, sondern dass auch in ihrem Fall
die Entscheidung erst nach sorgfältiger Prüfung anhand materieller Auswahlkri-
terien in direkter oder jedenfalls sinngemäßer Anwendung geltender Auswahl-
richtlinien getroffen wird.
Dr. Bardenhewer Dr. Hahn Büge
Vormeier Dr. Bier
Sachgebiet:
BVerwGE: ja
Personalvertretungsrecht
Fachpresse: ja
Rechtsquellen:
BPersVG
§§ 76, 77
PostPersRG
§§ 28, 29
Stichworte:
Mitbestimmung in Personalangelegenheiten; Mitbestimmung bei Versetzungen;
Beurlaubung von Beamten.
Leitsätze:
1. Die Mitbestimmung des Personalrats in Personalangelegenheiten kommt
auch in Betracht, wenn der von der beabsichtigten Maßnahme betroffene Ar-
beitnehmer oder Beamte für längere Zeit beurlaubt ist.
2. Soll einem Beamten aus Anlass seiner Rückkehr aus einer Beurlaubung eine
Tätigkeit bei einer anderen Dienststelle zugewiesen werden, so unterliegt dies
der Mitbestimmung bei Versetzungen nach § 76 Abs. 1 Nr. 4 BPersVG.
Beschluss des 6. Senats vom 15. November 2006 - BVerwG 6 P 1.06
I. VG Frankfurt am Main vom 20.09.2004 - Az.: VG 22 K 3552/04 (V) -
II. VGH Kassel
vom 26.10.2005 - Az.: VGH 21 TK 3178/04 -