Urteil des BVerwG vom 17.08.2011

Grundstück, Berufliche Tätigkeit, Internet, Begriff

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 6 C 45.10
VGH 10 A 2910/09
Verkündet
am 17. August 2011
Bärhold
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 17. August 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Dr. Graulich, Dr. Bier
und Dr. Möller
für Recht erkannt:
Die Revision des Beklagten gegen den Beschluss des
Hessischen Verwaltungsgerichthofs vom 30. März 2010
wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
G r ü n d e :
I
Der Kläger, der für seine in privat genutzten Räumen seines Hauses stehenden
Rundfunkempfangsgeräte Rundfunkgebühren bezahlt, wehrt sich dagegen, für
seine in dem beruflich genutzten Arbeitszimmer stehenden internetfähigen
Rechner ebenfalls Rundfunkgebühren entrichten zu müssen. Er bewohnt zu-
sammen mit seiner Familie ein Einfamilienhaus. Für die privat genutzten Gerä-
te, die sich in den oberen beiden Etagen des Hauses befinden, bezahlt er
Rundfunk- und Fernsehgebühren. Im Keller des Hauses ist ein Arbeitszimmer
eingerichtet, das der Kläger für seine Arbeit als selbständiger Informatiker nutzt.
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Im Arbeitszimmer befindet sich kein „klassisches“ Rundfunk- oder Fernsehge-
rät. Dort stehen jedoch Rechner, die an das Internet angeschlossen sind.
Mit Gebührenbescheid vom 1. März 2008 zog der Beklagte den Kläger für den
Zeitraum von August bis Oktober 2007 zur Zahlung von Rundfunkgebühren in
Höhe von insgesamt 16,56 € heran und machte außerdem einen Säumniszu-
schlag von 5,11 € geltend. Den Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit
Widerspruchsbescheid vom 14. April 2008 zurück.
Am 15. Mai 2008 hat der Kläger Klage erhoben. Das Verwaltungsgericht hat der
Klage mit Urteil vom 8. September 2009 stattgegeben und die angefochtenen
Bescheide aufgehoben.
Mit Beschluss vom 30. März 2010 hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung
des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zurückgewiesen. Zur
Begründung hat er u.a. ausgeführt: Die Berufung habe schon deshalb keinen
Erfolg, weil zu Gunsten des Klägers die Privilegierungsregelung des § 5 Abs. 3
Satz 1 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages - RGebStV - in der vom 1. März
2007 bis 31. August 2008 gültigen Fassung eingreife. Nach dieser Vorschrift sei
für neuartige Rundfunkempfangsgeräte (insbesondere Rechner, die Rundfunk-
programme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wiedergeben könn-
ten) im nicht ausschließlich privaten Bereich keine Rundfunkgebühr zu entrich-
ten, wenn 1. die Geräte ein und demselben Grundstück oder zusammenhän-
genden Grundstücken zuzuordnen seien und 2. andere Rundfunkempfangsge-
räte dort zum Empfang bereitgehalten würden. Der PC des Klägers werde ge-
werblich und daher im nicht ausschließlich privaten Bereich genutzt. Er sei „ein
und demselben Grundstück … zuzuordnen“. Dort, nämlich auf ein und demsel-
ben Grundstück, würden andere Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang be-
reitgehalten, nämlich die privat genutzten Rundfunk- und Fernsehgeräte des
Klägers, die sich im privat genutzten Teil des Einfamilienhauses des Klägers
befänden. Die vom Beklagten vertretene Auffassung, das Wort „dort“ in § 5
Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 RGebStV beziehe sich „nicht nur“ auf die in Abs. 3 Satz 1
Nr. 1 erwähnten Grundstücke, sondern „insbesondere“ auf das „vor die Klam-
mer“ gezogene Tatbestandsmerkmal „im nicht ausschließlich privaten Bereich“,
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teile der Senat nicht. Wenn in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 RGebStV davon die Rede
sei, dass „andere Rundfunkempfangsgeräte dort zum Empfang bereitgehalten
werden“, so beziehe sich diese Ortsangabe aufgrund des systematischen Re-
gelungszusammenhangs eindeutig auf die unmittelbar vor Nr. 2 formulierte
Nr. 1 des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV, wonach die Geräte ein und demselben
Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken zuzuordnen seien. Hätte
in Nr. 2 zum Ausdruck gebracht werden sollen, dass mit dem Wort „dort“ ein
Bezug zum „nicht ausschließlich privaten Bereich“ gemeint sei, so hätte dies
zum Ausdruck gebracht werden müssen.
Mit der Revision begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage. Entgegen dem
Berufungsbeschluss zeige die Auslegung von § 5 Abs. 3 RGebStV, dass eine
Rundfunkgebührenfreiheit für neuartige Rundfunkempfangsgeräte, die sich im
nicht ausschließlich privaten Bereich befänden und einem Grundstück zuzuord-
nen seien, nur dann eingreife, wenn in dem diesem Grundstück zuzuordnenden
nicht ausschließlich privaten Bereich andere Rundfunkempfangsgeräte zum
Empfang bereit gehalten würden. Es reiche gerade nicht aus, wenn zwar auf
demselben Grundstück, aber nur im ausschließlich privaten Bereich andere
Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang bereit gehalten würden. Für dieses
Ergebnis sprächen die Auslegung der Norm nach Wortlaut, Willen des Gesetz-
gebers, Systematik sowie Sinn und Zweck.
Der Beklagte beantragt,
den Beschluss des Hessischen Verwaltungsgerichtshofs
vom 30. März 2010 und das Urteil des Verwaltungsge-
richts Frankfurt am Main vom 8. September 2009 abzuän-
dern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
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Zu Begründung bezieht er sich im Wesentlichen auf die vorinstanzlichen Ent-
scheidungen.
Der Vertreter des Bundesinteresses beim Bundesverwaltungsgericht äußert
sich zur Gesetzgebungskompetenz der Länder für den Erlass der hier in Mitten
stehenden Vorschriften des Rundfunkgebührenstaatsvertrags.
II
Die Revision ist zulässig, aber unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hat die
Berufung des Beklagten gegen das der Klage stattgebende Urteil des Verwal-
tungsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Der angegriffene Rundfunkgebühren-
bescheid ist für den streitgegenständlichen Zeitraum rechtswidrig und verletzt
den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Für die Beurteilung der
Rechtmäßigkeit des Gebührenbescheides maßgeblich sind die Vorschriften des
Rundfunkgebührenstaatsvertrags - RGebStV - vom 31. August 1991
(HessGVBl S. 367, 392) in der zum 1. März 2007 in Kraft getretenen Fassung
des Neunten Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 31. Juli bis 10. Oktober
2006 HessGVBl 2007, S. 206, 214 - (1.)). Danach ist ein internetfähiger PC
zwar ein Rundfunkempfangsgerät im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 RGebStV
(2.), jedoch ist der PC des Klägers als Zweitgerät nach § 5 Abs. 3 RGebStV von
der Gebührenpflicht befreit (3.).
1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Sach- und Rechtslage bei Rundfunkgebüh-
renbescheiden sind Beginn und Ende der Gebührenpflicht gemäß § 4 Abs. 1
und 2 RGebStV. Daraus ergibt sich, dass es auf die tatsächlichen und rechtli-
chen Verhältnisse in dem jeweiligen Monat ankommt, für welchen die Gebühr
verlangt wird. Das ist hier der Zeitraum von August bis Oktober 2007. Maßgeb-
lich sind danach die Vorschriften des Rundfunkgebührenstaatsvertrags in der
zum 1. März 2007 in Kraft getretenen Fassung des Neunten Rundfunkände-
rungsstaatsvertrags vom 31. Juli bis 10. Oktober 2006. Obwohl diese Regelun-
gen dem Landesrecht angehören, ergeben sich unter dem Gesichtspunkt der
Revisibilität (§ 137 Abs. 1 VwGO) keine Einschränkungen der revisionsgerichtli-
chen Überprüfungsbefugnis. Denn durch § 10 RGebStV sind die Bestimmungen
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des Rundfunkgebührenstaatsvertrags in ihrer seit dem 1. März 2007 geltenden
Fassung auf der Grundlage von Art. 99 GG für revisibel erklärt worden (vgl. Be-
schlüsse vom 5. April 2007 - BVerwG 6 B 15.07 - Buchholz 422.2 Rundfunk-
recht Nr. 42 Rn. 4 und vom 18. Juni 2008 - BVerwG 6 B 1.08 - Buchholz 422.2
Rundfunkrecht Nr. 44 Rn. 4; Urteil vom 29. April 2009 - BVerwG 6 C 33.08 -
Buchholz 422.2 Rundfunkrecht Nr. 49 Rn. 11).
2. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV hat jeder Rundfunkteilnehmer vorbehaltlich
der Regelungen der §§ 5 und 6 für jedes von ihm zum Empfang bereitgehaltene
Rundfunkempfangsgerät eine Rundfunkgebühr zumindest in Form einer Grund-
gebühr zu entrichten. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats (Ur-
teil vom 27. Oktober 2010 - BVerwG 6 C 12.09 - NJW 2011, 946) sind auch in-
ternetfähige PC wie derjenige des Klägers als „neuartige Rundfunkempfangsge-
räte“ im Sinne des § 5 Abs. 3 RGebStV grundsätzlich gebührenpflichtig. Zur
näheren Begründung wird auf das Urteil des Senats verwiesen. Einer weiteren
Begründung bedarf es hier nicht.
3. Der internetfähige PC des Klägers ist jedoch als Zweitgerät nach § 5
RGebStV von der Rundfunkgebührenpflicht befreit. Der PC des Klägers ist zwar
kein Zweitgerät im privaten Bereich und fällt deshalb nicht unter die Gebühren-
freiheit nach § 5 Abs. 1 RGebStV (a)), es handelt sich vielmehr um ein Rund-
funkempfangsgerät im nicht ausschließlich privaten Bereich, das grundsätzlich
auch als Zweitgerät nach § 5 Abs. 2 RGebStV gebührenpflichtig wäre (b)), das
hier aber als neuartiges Rundfunkempfangsgerät und Zweitgerät zu einem her-
kömmlichen Rundfunkempfangsgerät gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV von
der Gebührenpflicht befreit ist (c)).
a) Eine Rundfunkgebühr ist gem. § 5 Abs. 1 Satz 1 RGebStV nicht zu leisten für
weitere Rundfunkempfangsgeräte (Zweitgeräte), die von einer natürlichen Per-
son oder ihrem Ehegatten (Nr. 1.) in ihrer Wohnung oder ihrem Kraftfahrzeug
zum Empfang bereitgehalten werden, wobei für Rundfunkempfangsgeräte in
mehreren Wohnungen für jede Wohnung eine Rundfunkgebühr zu entrichten
ist, oder (Nr. 2.) als der allgemeinen Zweckbestimmung nach tragbare Rund-
funkempfangsgeräte vorübergehend außerhalb ihrer Wohnung oder vorüberge-
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hend außerhalb ihres Kraftfahrzeuges zum Empfang bereitgehalten werden.
Eine Rundfunkgebührenpflicht im Rahmen des Satzes 1 besteht auch nicht für
weitere Rundfunkempfangsgeräte, die von Personen zum Empfang bereitgehal-
ten werden, welche mit dem Rundfunkteilnehmer in häuslicher Gemeinschaft
leben und deren Einkommen den einfachen Sozialhilferegelsatz nicht über-
steigt. In Abweichung von dem Grundsatz des § 2 Abs. 2 Satz 1 RGebStV, wo-
nach für jedes zum Empfang bereitgehaltene Rundfunkempfangsgerät eine ge-
sonderte Rundfunkgebühr zu zahlen ist, bestimmt somit § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1
RGebStV, dass für sämtliche in einer Wohnung und im Kraftfahrzeug einer na-
türlichen Person oder ihres Ehegatten zum Empfang bereit gehaltenen Rund-
funkempfangsgeräte nur insgesamt einmal Rundfunkgebühren zu entrichten
sind (Göhmann/Naujock/Siekmann, in: Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 2. Aufl.,
2008, § 5 RGebStV Rn. 22). Wie sich aus § 5 Abs. 2 Satz 1 RGebStV ergibt,
erstreckt sich der Regelungsbereich des Absatzes 1 indes nur auf Empfangsge-
räte im privaten Lebensbereich und betrifft daher nicht den PC des Klägers, der
zu beruflichen (gewerblichen) Zwecken genutzt wird.
b) Nach § 5 Abs. 2 RGebStV gilt die Gebührenfreiheit gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1
RGebStV nicht für Zweitgeräte in solchen Räumen oder Kraftfahrzeugen, die zu
anderen als privaten Zwecken genutzt werden. Auf den Umfang der Nutzung
der Rundfunkempfangsgeräte, der Räume oder der Kraftfahrzeuge zu den in
Satz 1 genannten Zwecken kommt es nicht an. Die Rundfunkgebühr ist zu zah-
len für Zweitgeräte in Gästezimmern des Beherbergungsgewerbes bei Betrie-
ben mit bis zu 50 Gästezimmern in Höhe von jeweils 50 vom Hundert, bei Be-
trieben mit mehr als 50 Gästezimmern in Höhe von jeweils 75 vom Hundert
(Nr. 1.), für Rundfunkgeräte in gewerblich vermieteten Ferienwohnungen bei
Betrieben mit bis zu 50 Ferienwohnungen ab der zweiten Ferienwohnung in
Höhe von jeweils 50 vom Hundert, bei Betrieben mit mehr als 50 Ferienwoh-
nungen ab der zweiten Ferienwohnung in Höhe von jeweils 75 vom Hundert
(Nr. 2.) und für Rundfunkgeräte in nicht gewerblich vermieteten Ferienwohnun-
gen auf ein und demselben Grundstück mit der privaten Wohnung des Rund-
funkteilnehmers oder auf damit zusammenhängenden Grundstücken ab der
zweiten Ferienwohnung in Höhe von jeweils 50 vom Hundert (Nr. 3).
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Die frühere Formulierung in § 5 Abs. 2 Satz 1 RGebStV „zu gewerblichen Zwe-
cken oder zu einer anderen selbständigen Erwerbstätigkeit des Rundfunkteil-
nehmers oder eines Dritten“ ist entfallen und durch die in der vorliegenden Fas-
sung gebrauchten Worte „zu anderen als privaten Zwecken“ ersetzt worden.
Nach der Vorstellung des Gesetzgebers war damit keine Neuregelung, sondern
eine Klarstellung beabsichtigt (Begründung zum Achten Rundfunkänderungs-
staatsvertrag, abgedruckt bei Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Rundfunk-
staatsvertrag, Kommentar, Band I, A 2.6 S. 14). Verdeutlicht werden sollte der
Normzweck, die Gebührenfreiheit für solche Geräte auszuschließen, die einer
gewinnbringenden, auf den unmittelbaren wirtschaftlichen Vorteil gerichteten
Tätigkeit dienen. Der Regelungsbereich von § 5 Abs. 2 RGebStV gilt somit
grundsätzlich auch für den hier gegebenen Fall eines Rundfunkempfangsgerä-
tes im Büro eines selbständigen Informatikers und schlösse eine Gebührenfrei-
heit für den PC des Klägers an sich aus.
c) Jedoch greift zu Gunsten des Klägers der Befreiungstatbestand des § 5
Abs. 3 Satz 1 RGebStV ein. Nach dieser Vorschrift ist für neuartige Rundfunk-
empfangsgeräte (insbesondere Rechner, die Rundfunkprogramme ausschließ-
lich über Angebote aus dem Internet wiedergeben können) im nicht ausschließ-
lich privaten Bereich keine Rundfunkgebühr zu entrichten, wenn (Nr. 1.) die Ge-
räte ein und demselben Grundstück oder zusammenhängenden Grundstücken
zuzuordnen sind und (Nr. 2.) andere Rundfunkempfangsgeräte dort zum Emp-
fang bereitgehalten werden. Diese Voraussetzungen sind für den PC des Klä-
gers erfüllt, weil es sich um ein neuartiges Rundfunkempfangsgerät handelt
(aa)), das sich im nicht ausschließlich privaten Bereich befindet (bb)) und das
zusammen mit einem anderen Gerät demselben Grundstück zuzuordnen ist
(cc)); ferner werden andere Rundfunkempfangsgeräte dort zum Empfang be-
reitgehalten (dd)), ohne dass es darauf ankommt, ob auch die anderen Rund-
funkempfangsgeräte zu dem nicht ausschließlich privaten Bereich gehören
(ee)).
aa) Bei dem internetfähigen PC des Klägers handelt es sich nach den nicht an-
gegriffenen Feststellungen im Berufungsurteil um ein neuartiges Rundfunkemp-
fangsgerät im Sinne des § 5 Abs. 3 RGebStV.
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bb) Die Regelung in § 5 Abs. 3 RGebStV betrifft alle neuartigen Rundfunkemp-
fangsgeräte, die nicht ausschließlich im privaten Bereich zum Empfang bereit-
gehalten werden. Nur diejenigen Geräte sind betroffen, die zumindest auch zu
gewerblichen Zwecken bzw. zur selbständigen Erwerbstätigkeit genutzt werden
(Göhmann/Naujock/Siekmann, in: Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 2. Aufl., 2008,
§ 5 RGebStV Rn. 54). Der internetfähige PC des Klägers wird im nicht aus-
schließlich privaten Bereich zum Empfang bereit gehalten, denn er ist Teil von
dessen - erwerbsmäßiger - Büroausstattung.
cc) Rundfunkgeräte sind i.S.v. § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 RGebStV ein und dem-
selben Grundstück zuzuordnen, wenn sie objektiv nachweisbar dort entweder
stationär aufgestellt sind oder im Falle von nicht stationären Geräten (z.B. Mo-
bil-Telefonen) in Inventarverzeichnissen oder auf vergleichbare Weise für die-
sen Standort dokumentiert sind (Göhmann/Naujock/Siekmann, in: Hahn/
Vesting, Rundfunkrecht, 2. Aufl., 2008, § 5 RGebStV Rn. 55). Dies ist hier der
Fall. Denn nach den Feststellungen im Berufungsurteil unterhält der Kläger in
demselben Gebäude, in dem sich seine Privatwohnung befindet, ein Büro für
seine berufliche Tätigkeit. In dem Büro (im Keller) nutzt er einen an das Internet
angeschlossenen PC. In seiner Privatwohnung (in den beiden oberen Etagen
des Hauses) verfügt er über ein Radio- und ein Fernsehgerät.
dd) Zu den weiteren Voraussetzungen für die Gebührenbefreiung gehört nach
§ 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 RGebStV, dass „andere Rundfunkempfangsgeräte dort
zum Empfang bereit gehalten werden“. Bei den „anderen“ darf es sich nicht um
die „neuartigen“ handeln. Dies ergibt sich aus dem Wortsinn der Regelung.
Denn Ausgangspunkt in § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV sind „neuartige Rundfunk-
empfangsgeräte“, und darauf bezogen handelt es sich bei den „anderen“ um
„nicht neuartige“. Dies ergibt sich auch aus der amtlichen Begründung, in der es
heißt, nur wenn dort keine entsprechenden herkömmlichen Rundfunkgeräte
zum Empfang bereitgehalten würden, sei für die Bereithaltung von neuartigen
Geräten, die Hörfunkempfang ermöglichten, eine Grundgebühr und für solche,
die Fernsehempfang ermöglichten, zusätzlich eine Fernsehgebühr zu entrichten
(Begründung zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, abgedruckt bei
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Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Kommentar, Band I,
A 2.6 S. 15).
Die „nicht neuartigen“ Erstgeräte müssen auch auf demselben Grundstück zum
Empfang bereitgehalten werden, auf dem das oder die neuartigen Geräte sich
befinden oder dem sie zugeordnet sind. Dies folgt aus dem Adverb „dort“, das
sich auf eine Örtlichkeit und damit in jedem Fall auf das Tatbestandsmerkmal
„Grundstück“ in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 RGebStV bezieht. Diese Voraussetzung
liegt hier vor, denn das „nicht neuartige“ Rundfunkgerät wird auf demselben
Grundstück vorgehalten wie der PC, um dessen Gebührenfreiheit es geht.
ee) Entgegen der Auffassung des Beklagten reicht es aus, dass das „neuartige“
und das „nicht neuartige“ Rundfunkempfangsgerät auf demselben Grundstück
- „dort“ - bereitgehalten werden. Aus dem „dort“ in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2
RGebStV folgt nicht, dass sich beide Geräte darüber hinaus im „nicht aus-
schließlich privaten“ Bereich befinden müssten.
aaa) Diese Auslegung des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV hat den Wortlaut der
Norm eher für als gegen sich.
Der Standort, an dem das herkömmliche („andere“) Rundfunksempfangsgerät
zum Empfang bereitgehalten wird, wird in § 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 RGebStV un-
mittelbar nur mit dem Wort „dort“ bezeichnet. Das Adverb „dort“ verweist auf
eine Ortsangabe zurück, und zwar im üblichen Sprachgebrauch auf den im text-
lichen Zusammenhang zuletzt erwähnten Ort. Das ist hier das Grundstück, das
in demselben mit „wenn“ eingeleiteten Nebensatz den Standort beider Geräte
beschreibt. Zwar kann auch der Begriff „Bereich“ als Ortsangabe verstanden
werden. Der textliche Abstand zwischen dem „nicht ausschließlich privaten Be-
reich“ im ersten Satzteil des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV und dem „dort“ unter
Nr. 2 im zweiten Satzteil spricht aber dagegen, dass sich das Adverb „dort“ zu-
sätzlich auch noch auf den nicht ausschließlich privaten Bereich beziehen soll,
also eine doppelte örtliche Bestimmung vornimmt. Angesichts dieser klaren
sprachlichen Bezüge innerhalb der Regelung des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV
können die Worte „im nicht ausschließlich privaten Bereich“ auch nicht als ein
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gewissermaßen vor die Klammer gezogenes Tatbestandsmerkmal verstanden
werden, das sowohl für die in der Nr. 1 angesprochenen neuartigen als auch für
die in der Nr. 2 angesprochenen herkömmlichen Empfangsgeräte Geltung be-
ansprucht. Dieser Lesart steht entgegen, dass die Worte „im nicht ausschließ-
lich privaten Bereich“ mit dem Begriff der „neuartigen Rundfunkempfangsgerä-
te“ verknüpft sind, nicht aber an den Beginn der Vorschrift gerückt sind und da-
durch deren Regelungsbereich begrenzen, etwa mit der Formulierung: „Im nicht
ausschließlich privaten Bereich ist für neuartige Rundfunkempfangsgeräte …
keine Rundfunkgebühr zu entrichten, wenn …“.
Zudem ist zweifelhaft, ob der Begriff „im nicht ausschließlich privaten Bereich“
hier tatsächlich als Ortsangabe verstanden werden kann. § 5 Abs. 3 Satz 1
RGebStV ist eine Sondervorschrift für neuartige Rundfunkempfangsgeräte.
Hierzu gehören vielfach tragbare Geräte, wie Laptops und internetfähige Mobil-
telefone, wie die gemeinsame Begründung des Staatsvertrags (Begründung
zum Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag, abgedruckt bei Hartstein/
Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Kommentar, Band I, A 2.6
S. 15) ausdrücklich hervorhebt. Sie sind nach ihrer Eigenart im Unterschied zu
den herkömmlichen Geräten von einem festen Standort in bestimmten Räumen
unabhängig. Das legt nahe, in der Wendung „im nicht ausschließlich privaten
Bereich“, die mit dem Begriff des neuartigen Rundempfangsgeräts verknüpft ist,
eine Zuordnung zu einer bestimmten Nutzung, nicht aber zu einem bestimmten
Standort zu sehen. Ein Vergleich mit § 5 Abs. 2 Satz 1 RGebStV unterstützt
diese Deutung. Dort wird die Gebührenfreiheit für Zweitgeräte in solchen „Räu-
men oder Kraftfahrzeugen“ ausgeschlossen, die zu anderen als privaten Zwe-
cken genutzt werden, ohne diese ausschließlich ortsbezogene Wendung
zugleich als allgemeine Definition auch des „nicht ausschließlich privaten Be-
reichs“ zu kennzeichnen. Trotz des gemeinsamen thematischen Bezugs wird
sie in § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV gerade nicht wiederholt, sondern durch die
andere Formulierung „im nicht ausschließlich privaten Bereich“ ersetzt, die nicht
zwingend örtlich zu verstehen ist. Dieser flexible Ansatz würde unterlaufen,
wenn das Wort „dort“ zwingend auf einen räumlich abgrenzbaren, „nicht aus-
schließlich privaten Bereich“ auf dem betreffenden Grundstück bezogen und
damit ein festes räumliches Zusammentreffen von neuartigen und herkömmli-
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chen Geräten zur Tatbestandsvoraussetzung der Gebührenfreiheit von Zweit-
geräten erhoben würde.
bbb) Die Entstehungsgeschichte gibt nichts für die Auffassung des Beklagten
her, auch die anderen Rundfunkempfangsgeräte müssten im nicht ausschließ-
lich privaten Bereich bereitgehalten werden. Unergiebig ist insoweit die Passa-
ge in der gemeinsamen Begründung des Staatsvertrags, nach der die neuarti-
gen Rundfunkempfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich von der
Rundfunkgebührenpflicht befreit seien, soweit sie ein und demselben Grund-
stück oder zusammenhängenden Grundstücken zuzuordnen seien und für die
dort bereitgehaltenen anderen (herkömmlichen) Rundfunkempfangsgeräte be-
reits Rundfunkgebühren entrichtet würden, und nur wenn dort keine „entspre-
chenden“ herkömmlichen Rundfunkgeräte zum Empfang bereitgehalten wür-
den, für die Bereithaltung von neuartigen Geräten, die Hörfunkempfang ermög-
lichten, eine Grundgebühr und für solche, die Fernsehempfang ermöglichten,
zusätzlich eine Fernsehgebühr zu entrichten sei (Begründung zum Achten
Rundfunkänderungsstaatsvertrag, abgedruckt bei Hartstein/Ring/Kreile/
Dörr/Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, Kommentar, Band I, A 2.6 S. 15). Der
Beklagte überinterpretiert die Begründung des Rundfunkstaatsvertrags, wenn er
meint, der Ausdruck „entsprechenden“ müsse sich auf die im vorangegangenen
Satz gebrauchten Worte „im nicht ausschließlich privaten Bereich“ beziehen,
weil ihm sonst kein eigenständiger Sinngehalt zukäme. Die Begründung des
Staatsvertrags kann nicht nach den gleichen Maßstäben wie dessen normative
Regelungen selbst ausgelegt werden. So können hier hinter der Wortwahl als
plausible Erklärungen beispielsweise bloße stilistische Gründe oder die Intenti-
on stehen, das sich anschließende Adjektiv „herkömmlich“ zu akzentuieren.
Die gemeinsame amtliche, wortgleich in den Parlamentsdrucksachen der Bun-
desländer niedergelegte Begründung des Rundfunkgebührenstaatsvertrags
stellt zugleich angesichts der vielschichtigen Motivationen der Beteiligten den
einzig verlässlichen Anhaltspunkt für den Willen der Ländergesamtheit dar (so
zum Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag BVerfG, Urteil vom 11. September
2007 - 1 BvR 2270/05 u.a. - BVerfGE 119, 181 <230>). Zur Ermittlung des Wil-
lens des Gesetzgebers nicht maßgeblich sind deshalb beispielsweise der
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Schriftverkehr zwischen den Gebührenreferenten der Rundfunkanstalten und
Ministerpräsidenten der Länder, Äußerungen einzelner Abgeordneter oder ein-
zelner Landtagsfraktionen bei der Ratifizierung des Rundfunkgebührenstaats-
vertrags oder Ergebnisniederschriften von Besprechungen der Rundfunkrefe-
renten der Bundesländer.
ccc) Die Systematik des § 5 RGebStV hindert nicht die Annahme, neuartige
Rundfunkempfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich könnten
auch dann als Zweitgeräte von der Rundfunkgebührenpflicht befreit sein, wenn
das herkömmliche Rundfunkempfangsgerät als Erstgerät zwar auf demselben
Grundstück, aber im ausschließlich privaten Bereich zum Empfang bereitgehal-
ten wird. Aus § 5 RGebStV kann ein grundlegendes Prinzip der strikten Tren-
nung zwischen privaten und nicht privaten Teilnehmerverhältnissen, wie es der
Beklagte als für das gesamte Rundfunkgebührenrecht prägend behauptet, nicht
herausgelesen werden. § 5 RGebStV fasst vielmehr heterogene Bestimmungen
zusammen. § 5 Abs. 1 und 2 RGebStV trennen zwischen dem privaten und
dem nicht ausschließlich privaten Bereich. § 5 Abs. 4 bis 10 RGebStV stellen
Sonderregeln für bestimmte Betriebe und Einrichtungen dar. § 5 Abs. 3
RGebStV knüpft nicht an bestimmte Unternehmen oder Einrichtungen an, son-
dern an den Gerätetyp des neuartigen Rundfunkempfangsgeräts. Deshalb liegt
es nahe, § 5 Abs. 3 RGebStV als lex specialis insbesondere zu § 5 Abs. 2
Satz 1 RGebStV aufzufassen, der einerseits eine Rückausnahme zum Aus-
schluss der Zweitgerätebefreiung für beruflich oder gewerblich genutzte Geräte
normiert, und andererseits die Trennung von privatem und nicht privaten Be-
reich teilweise aufhebt.
Auch § 5 Abs. 3 Satz 2 RGebStV, der bei Bereithaltung ausschließlich neuarti-
ger Rundfunkempfangsgeräte auf einem Grundstück die Abgabepflicht auf eine
einzige Rundfunkgebühr beschränkt, gibt keinen näheren Aufschluss darüber,
ob nach § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV nur die neuartigen oder auch die „anderen“
Rundfunkempfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich bereitgehal-
ten werden müssen. Auch wenn es ausreicht, dass die herkömmlichen Rund-
funkempfangsgeräte zwar auf demselben Grundstück, nicht aber auch im nicht
ausschließlich privaten Bereich zum Empfang bereitgehalten werden müssen,
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wird § 5 Abs. 3 Satz 2 RGebStV entgegen der Ansicht des Beklagten trotz der
in § 5 Abs. 1 RGebStV für den privaten Bereich normierten Zweitgerätebefrei-
ung nicht zu einer überflüssigen Doppelregelung. Denn die Fälle, in denen aus-
schließlich neuartige Rundfunkempfangsgeräte bereitgehalten werden, werden
durch § 5 Abs. 1 RGebStV nur insoweit abgedeckt, als diese Geräte im aus-
schließlich privaten Bereich genutzt werden. Für § 5 Abs. 3 Satz 2 RGebStV
stellt sich daher in gleicher Weise wie für § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV die Frage,
ob sämtliche in den Blick zu nehmenden Empfangsgeräte dem nicht aus-
schließlich privaten Bereich zugeordnet sein müssen oder ob auch im aus-
schließlich privaten Bereich bereitgehaltene (im Fall des § 5 Abs. 3 Satz 1
RGebStV: herkömmliche, im Fall des § 5 Abs. 3 Satz 2 RGebStV: neuartige)
Empfangsgeräte die Zweitgerätefreiheit der neuartigen Empfangsgeräte im
nicht ausschließlich privaten Bereich auslösen.
ddd) Entscheidend spricht eine Auslegung nach Sinn und Zweck des § 5 Abs. 3
Satz 1 RGebStV dafür, die Gebührenfreiheit für neuartige Rundfunkempfangs-
geräte im nicht ausschließlich privaten Bereich auch dann eintreten zu lassen,
wenn das herkömmliche Rundfunkempfangsgerät sich zwar auf demselben
Grundstück, aber im privaten Bereich befindet.
Die Regelung verfolgt nach der gemeinsamen Begründung des Achten Rund-
funkänderungsstaatsvertrags das Ziel „einer umfassenden Zweitgerätebefrei-
ung für bestimmte neuartige Geräte“. Die Einführung der Norm steht in engem
Zusammenhang mit dem bis dahin geltenden Moratorium für Rechner, die
Rundfunkprogramme ausschließlich über Angebote aus dem Internet wieder-
geben können (§ 5a RGebStV a.F.). Dieses Moratorium bewirkte eine vollstän-
dige Befreiung der internetfähigen Rechner von der Rundfunkgebührenpflicht.
Das Moratorium und seine später mehrmals verlängerte Geltungsdauer un-
terstreichen die Absicht, die neuartigen Rundfunkempfangsgeräte nur in betont
zurückhaltender Weise in die Rundfunkgebührenpflicht einzubeziehen.
Dieser Regelungsabsicht wird nur ein Verständnis der Norm gerecht, das die
neuartigen Rundfunkempfangsgeräte im nicht ausschließlich privaten Bereich
auch dann der Gebührenfreiheit für Zweitgeräte unterstellt, wenn das herkömm-
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liche Empfangsgerät als Erstgerät im ausschließlich privaten Bereich bereit-
gehalten wird. Der Anwendungsbereich des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV erfasst
damit auch die Fälle, in denen ein und dasselbe Grundstück teils zu Wohnzwe-
cken, teils geschäftlich genutzt wird. Eine solche Mischnutzung ist namentlich
bei kleineren Gewerbebetrieben und Familienunternehmen sowie bei der Aus-
übung selbständiger freiberuflicher Tätigkeiten nicht selten. Von der angestreb-
ten umfassenden Gebührenbefreiung neuartiger Empfangsgeräte als Zweitge-
räte könnte kaum die Rede sein, wenn derartige Fallgestaltungen von vornher-
ein von der Privilegierung des § 5 Abs. 3 Satz 1 RGebStV ausgespart blieben.
Hinter dem Ziel der umfassenden Gebührenbefreiung von neuartigen Rund-
funkempfangsgeräten als Zweitgeräten steht ersichtlich der Gedanke, dass die-
se multifunktionalen Geräte in erster Linie nicht zum Rundfunkempfang, son-
dern auch - und zwar gerade im nicht ausschließlich privaten Bereich - vorran-
gig zu anderen Zwecken, nämlich als heutzutage unentbehrliche Arbeitsmittel
zur Text- und Datenverarbeitung, Tabellenkalkulation, Recherche, Kommunika-
tion und Information genutzt werden. Diese Erwägung kann nicht nur dann
Plausibilität für sich in Anspruch nehmen, wenn das herkömmliche Rundfunk-
empfangsgerät gleichfalls im nicht ausschließlich privaten Bereich bereitgehal-
ten wird. Sie leuchtet vielmehr auch dann ein, wenn der Rundfunkteilnehmer es
im ausschließlich privaten Bereich vorhält, solange es nur demselben Grund-
stück wie das neuartige Rundfunkempfangsgerät zugeordnet ist. Allein die Zu-
ordnung zu demselben Grundstück legt bei typisierender Betrachtung die An-
nahme nahe, dass das im nicht ausschließlich privaten Bereich bereitgehaltene
neuartige Empfangsgerät nicht oder nur in ganz untergeordnetem Maß darauf
angelegt ist, Rundfunk zu empfangen.
Diese Deutung entspricht auch in besonderer Weise dem Grundsatz der Ver-
hältnismäßigkeit. Weil internetfähige Rechner häufig - vor allem im nichtprivaten
Bereich - nicht (primär) zum Rundfunkempfang, sondern als Arbeitsmittel ge-
nutzt werden, berührt ihre Gebührenpflichtigkeit den Schutzbereich nicht nur
der Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG, sondern auch der Berufs-
freiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Diese Besonderheit hat der Gesetzgeber mit der
typisierenden Befreiungsvorschrift des § 5 Abs. 3 RGebStV für neuartige Rund-
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funkempfangsgeräte auch im beruflich/gewerblichen Bereich jedenfalls dann
angemessen berücksichtigt, wenn auch die Fallgestaltungen der gemischt pri-
vaten/gewerblichen Nutzung desselben Grundstücks von ihr erfasst werden
(vgl. auch Urteil vom 27. Oktober 2010 - BVerwG 6 C 12.09 - NJW 2011, 946).
Diese Auslegung führt nicht zu einer völligen Freistellung neuartiger Rundfunk-
empfangsgeräte, die zu einer allgemeinen „Flucht aus der Rundfunkgebühr“
und damit zu einem Zusammenbruch des bisherigen Finanzierungssystems
führen könnte. Denn die Gebührenpflicht bleibt dann bestehen, wenn ein neuar-
tiges Rundfunkempfangsgerät im privaten oder im nicht privaten Bereich ent-
weder allein oder lediglich neben anderen gleichartigen Empfangsgeräten be-
reitgehalten wird.
Die Erhebung der Rundfunkgebühr ist als Massenverfahren in besonderer Wei-
se auf Regelungen angewiesen, die verwaltungspraktischen Erfordernissen
genügen. Die Handhabung der Zweitgerätebefreiung wird aber nicht erschwert,
sondern tendenziell erleichtert, wenn nicht überprüft werden muss, welchem
Lebensbereich die herkömmlichen Empfangsgeräte zuzuordnen sind, sondern
ihre Zuordnung zum selben Grundstück ausreicht. Vielfach kaum widerlegbar
wäre nämlich die Behauptung eines Rundfunkteilnehmers, er erledige in den
Räumen, in denen sich auf einem teils gewerblich/beruflich, teils privat genutz-
ten Grundstück seine herkömmlichen Rundfunkempfangsgeräte befinden, in
gewissem Umfang auch geschäftliche Angelegenheiten.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO
Neumann
Büge
Dr. Graulich
Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bier hat Urlaub und ist deshalb
gehindert, seine Unterschrift beizufügen
Neumann
Dr. Möller
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- 17 -
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 21,67 €
festgesetzt.
Neumann
Büge
Dr. Graulich
Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bier hat Urlaub und ist deshalb
gehindert, seine Unterschrift beizufügen
Neumann
Dr. Möller