Urteil des BVerwG vom 22.06.2011

Eingriff in Grundrechte, Sicherheitsleistung, Unternehmen, Auktion

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 6 C 41.10
VG 21 K 8150/09
Verkündet
am 22. Juni 2011
Bech
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 22. Juni 2011
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Dr. Graulich, Vormeier
und Dr. Bier
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwal-
tungsgerichts Köln vom 17. März 2010 wird zurückgewie-
sen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
G r ü n d e :
I
Die Klägerin wendet sich gegen Entscheidungen der Bundesnetzagentur über
die Vergabe von Funkfrequenzen; wegen der näheren Einzelheiten wird auf das
Urteil gleichen Rubrums vom heutigen Tag - BVerwG 6 C 3.10 - Bezug ge-
nommen.
Gegenstand der hier vorliegenden Klage ist die unter Nr. V der Allgemeinverfü-
gung vom 12. Oktober 2009 (ABl BNetzA S. 3623) getroffene Festlegung der
Versteigerungsregeln. Diese haben, soweit hier umstritten, folgenden Inhalt:
Teilnahmeberechtigt an der Auktion sind die zugelassenen Antragsteller, die
eine Sicherheitsleistung erbracht haben (Nr. V.1.2); diese ist spätestens 14 Ta-
ge vor Beginn der Auktion durch Hinterlegung oder selbstschuldnerische Bank-
bürgschaft zu erbringen und beträgt pro Lot Rating 1 250 000 € (Nr. V.1.3). Die
Frequenzen im Bereich 2,6 GHz werden abstrakt in 14 Blöcken zu je 2 x 5 MHz
(gepaart) und in 10 Blöcken zu je 5 MHz (ungepaart) zur Vergabe gestellt
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(Nr. V.1.4). Die Bietberechtigungen sind (nur) für den Frequenzbereich
800 MHz nach Maßgabe der Vergabebedingung IV.3.2 beschränkt (Nr. V.1.5).
Nach Abschluss jeder Auktionsrunde teilt der Auktionator jedem Bieter für jeden
Frequenzblock das geltende Höchstgebot sowie die aktiven Gebote aller Bieter
und deren Identität mit (Nr. V.3.13). Sofern nach Abschluss des ersten Aukti-
onsabschnitts Frequenzblöcke nicht zugeschlagen wurden, entscheidet die
Präsidentenkammer innerhalb von zwei Werktagen über die Durchführung ei-
nes zweiten Auktionsabschnitts, an dem nur die Bieter teilnahmeberechtigt sind,
die im ersten Auktionsabschnitt einen Zuschlag erhalten haben (Nr. V.3.18).
Wer nach Abschluss des Versteigerungsverfahrens den Zuschlag für einen Fre-
quenzblock bekommen hat, ist zur Zahlung des von ihm gebotenen Höchstprei-
ses verpflichtet (Nr. V.4.1).
Das Verwaltungsgericht hat die dagegen gerichtete Klage abgewiesen, da
sämtliche angefochtenen Regelungen im Rahmen des der Bundesnetzagentur
zustehenden gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspiel-
raums rechtsfehlerfrei seien.
Mit der - vom Senat zugelassenen - Revision macht die Klägerin geltend: Bei
der Festlegung der Versteigerungsregeln stehe der Bundesnetzagentur entge-
gen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein Beurteilungsspielraum nicht
zu. Jedenfalls seien dessen Grenzen überschritten, denn die Behörde habe
sich einseitig an den Interessen der großen Netzbetreiber orientiert und die Be-
lange kleiner und mittlerer Unternehmen unberücksichtigt gelassen. Im Einzel-
nen sei zu beanstanden, dass sich die Sicherheitsleistung (Nr. V.1.2 und 1.3)
an der Höhe der Mindestgebote und damit mittelbar der Zuteilungsgebühr orien-
tiere, die hier, wie in dem Revisionsverfahren BVerwG 6 C 40.10 näher ausge-
führt, einer rechtlichen Grundlage entbehre. Die in Nr. V.1.4 geregelte abstrakte
Vergabe der Frequenzblöcke sei wegen deren mangelnder Gleichwertigkeit
rechtswidrig. Das Fehlen einer Bietrechtsbeschränkung im 2,6-GHz-Band
(Nr. V.1.5) verletze sie in ihrem Recht auf diskriminierungsfreien Frequenzzu-
gang. Diskriminierend wirke auch die in Nr. V.3.13 vorgesehene Offenlegung
der Identität der Bieter. Die in Nr. V.3.18 getroffene Regelung über den zweiten
Auktionsabschluss überspiele das gesetzlich festgelegte Ende des Versteige-
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rungsverfahrens und verkenne, dass das Fehlschlagen der Auktion die ihr
zugrundeliegende Feststellung einer Frequenzknappheit nachträglich fehlerhaft
erscheinen lasse. Die Auferlegung der Pflicht zur sofortigen Zahlung in
Nr. V.4.1 sei im Falle des Erwerbes streitbefangener Frequenzen unverhältnis-
mäßig.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils
1. Nr. V.1.2, soweit diese für die Teilnahmeberechtigung
die Hinterlegung einer Sicherheitsleistung fordert,
Nr. V.1.3, V.1.4, V.1.5, V.3.13, soweit diese die Offenle-
gung der Identität jedes Höchstbieters anordnet,
Nr. V.3.18 und V.4.1 der Entscheidung der Bundesnetz-
agentur vom 12. Oktober 2009 aufzuheben, soweit sie den
Frequenzbereich 2,6 GHz betreffen;
2. hilfsweise: Nr. V.1.2, soweit diese für die Teilnahmebe-
rechtigung die Hinterlegung einer Sicherheitsleistung for-
dert, Nr. V.1.3, V.1.4, V.1.5, V.3.13, soweit diese die Of-
fenlegung der Identität jedes Höchstbieters anordnet,
Nr. V.3.18 und V.4.1 der Entscheidung der Bundesnetz-
agentur vom 12. Oktober 2009 aufzuheben;
3. hilfsweise: Nr. V. der Entscheidung der Bundesnetz-
agentur vom 12. Oktober 2009 aufzuheben, soweit sie den
Frequenzbereich 2,6 GHz betrifft;
4. hilfsweise: Nr. V. der Entscheidung der Bundesnetz-
agentur vom 12. Oktober 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt ihre angegriffene Entscheidung sowie das Urteil des Verwal-
tungsgerichts.
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II
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Das angefochtene Urteil
erweist sich, auch soweit es mit Bundesrecht nicht in vollem Umfang in Ein-
klang steht, jedenfalls im Ergebnis als zutreffend (§ 144 Abs. 4 VwGO).
1. Die Klage ist zulässig.
Die Klagebefugnis der Klägerin in Bezug auf die angefochtenen Versteige-
rungsregeln folgt daraus, dass diese den - bereits durch die Vergabeanord-
nung, die Anordnung des Versteigerungsverfahrens und die Festlegung der
Vergabebedingungen ausgestalteten - Zugangsanspruch weiter verengen
(s. auch Urteil vom 1. September 2009 - BVerwG 6 C 4.09 - BVerwGE 134, 368
Rn. 19 = Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 1); eine subjektive Rechtsverletzung
ist jedenfalls nicht von vornherein ausgeschlossen.
Das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin lässt sich nicht mit der Erwägung ver-
neinen, die Gestaltungswirkung der Versteigerungsregeln habe sich mit der
mittlerweile ohne Beteiligung der Klägerin durchgeführten Versteigerung erle-
digt. Denn die einzelnen Teilentscheidungen über die Frequenzvergabe
- einschließlich derjenigen über die Versteigerungsregeln - bilden das sachliche
Fundament für die Frequenzzuteilungen; bei deren Anfechtung müsste sich die
Klägerin eine etwaige Bestandskraft der Versteigerungsregeln entgegenhalten
lassen.
2. Die Klage ist aber unbegründet.
a) Nach § 61 Abs. 5 Satz 1 GKG legt die Bundesnetzagentur die Regeln für die
Durchführung des Versteigerungsverfahrens im Einzelnen fest; diese müssen
objektiv, nachvollziehbar und diskriminierungsfrei sein und die Belange kleiner
und mittlerer Unternehmen berücksichtigen. In diesen normativen Vorgaben ist
- nicht auf der Tatbestandsseite, sondern auf der Rechtsfolgenseite der Norm -
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ein Ausgestaltungsspielraum der Bundesnetzagentur angelegt, der einer nur
eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt.
Dieses Normverständnis widerspricht nicht der Rechtsschutzgarantie des
Art. 19 Abs. 4 GG. Sie verlangt zwar, dass das Gericht über eine hinreichende
Prüfungsbefugnis hinsichtlich der tatsächlichen und rechtlichen Seite des
Rechtsschutzbegehrens sowie über eine zureichende Entscheidungsmacht ver-
fügt, um einer etwaigen Rechtsverletzung wirksam abzuhelfen, steht aber nor-
mativ eröffneten Gestaltungs-, Ermessens- und Beurteilungsspielräumen nicht
von vornherein entgegen. So kann die gerichtliche Überprüfung nicht weiter
reichen als die materiellrechtliche Bindung der Exekutive. Die gerichtliche Kon-
trolle endet dort, wo ihr das materielle Recht in verfassungsrechtlich unbedenk-
licher Weise Entscheidungen abverlangt, ohne dafür hinreichend bestimmte
Entscheidungsprogramme vorzugeben. Insoweit hat die Verwaltung auf Grund
normativer Ermächtigung die Befugnis zur Letztentscheidung. Dabei löst auch
der Umstand, dass die betreffende Verwaltungsentscheidung mit einem Eingriff
in Grundrechte, insbesondere dasjenige aus Art. 12 Abs. 1 GG, verbunden ist,
kein Verbot einer Letztentscheidungsermächtigung aus (stRspr, s. zuletzt:
BVerfG, Kammerbeschluss vom 10. Dezember 2009 - 1 BvR 3151/07 - NVwZ
2010, 435 <437 ff.> und Beschluss vom 31. Mai 2011 - 1 BvR 857/07 - juris
Rn. 73 ff., jeweils m.w.N.). Die gerichtliche Kontrolle ist demgemäß darauf be-
schränkt, ob die Bundesnetzagentur - von der hier nicht problematischen Ein-
haltung der Verfahrensbestimmungen abgesehen (s. auch das Urteil in der Sa-
che BVerwG 6 C 3.10 zu § 135 Abs. 3 TKG) - von einem richtigen Verständnis
der gesetzlichen Begriffe ausgegangen ist, den erheblichen Sachverhalt voll-
ständig und zutreffend in den Blick genommen hat und bei der eigentlichen Be-
wertung im Hinblick auf die in § 61 Abs. 5 Satz 1 TKG ausdrücklich hervorge-
hobenen Kriterien widerspruchsfrei und plausibel argumentiert und insbesonde-
re das Willkürverbot nicht verletzt hat (s. auch Urteil vom 23. März 2011
- BVerwG 6 C 6.10 - juris Rn. 37).
b) An diesem Maßstab gemessen, halten die hier angefochtenen Versteige-
rungsregeln der rechtlichen Überprüfung stand.
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aa) Ohne Erfolg wendet sich die Klägerin gegen die in Nr. V.1.2 i.V.m. Nr. V.1.3
geregelte Sicherheitsleistung für die festgesetzten Bietberechtigungen. Die Be-
gründung der Bundesnetzagentur, die Sicherheitsleistung diene dem Nachweis
der Ernsthaftigkeit des Teilnahmewillens sowie der Absicherung des von dem
erfolgreichen Bieter zu zahlenden Betrages
und berücksichtige in ihrer Anknüp-
fung an das Mindestgebot auch die Belange kleiner und mittlerer Unternehmen
(a.a.O. S. 3734 f.), ist plausibel und daher im Rahmen des Ausgestaltungsspiel-
raums der Behörde nicht zu beanstanden.
Der Einwand der Klägerin, die Sicherheitsleistung sei im Hinblick auf die bereits
in Nr. IV.1.3 festgelegten Anforderungen an die finanzielle Leistungsfähigkeit
der Bieter entbehrlich, trägt nicht. Denn offensichtlich kann der Nachweis der
Leistungsfähigkeit nur Auskunft über die finanziellen Möglichkeiten des Bieters
geben, während erst die Sicherheitsleistung gewährleistet, dass er die betref-
fende Zahlung auch tatsächlich erbringt. Ebenso wenig überzeugt das Argu-
ment, die Höhe der Sicherheitsleistung vernachlässige die Belange kleiner und
mittlerer Unternehmen, weil sie denselben Anforderungen unterworfen würden
wie die finanzstarken etablierten Netzbetreiber. Damit übersieht die Klägerin,
dass die Anlehnung der Sicherheitsleistung an das ohnehin gering angesetzte
und als solches rechtlich nicht zu beanstandende Mindestgebot (s. im Einzel-
nen das Urteil in der Sache BVerwG 6 C 40.10) potentiell abschreckende Wir-
kungen gerade vermeiden soll und so den Belangen mittelständischer Unter-
nehmen Rechnung trägt. Wie schon das Verwaltungsgericht überzeugend aus-
geführt hat, ließe zudem eine nach Unternehmensgröße differenzierte Sicher-
heitsleistung außer acht, dass jeder erfolgreiche Auktionsteilnehmer im Prinzip
die gleichen Nutzungsrechte erhält.
bb) Ebenso wenig verletzt die in Nr. V.1.4 getroffene Regelung über die Aukti-
onsobjekte, wonach u.a. die Frequenzen im Bereich 2,6 GHz abstrakt zur Ver-
gabe gestellt und erst in einem anschließenden Zuordnungsverfahren
(s. Nr. V.4.2) konkret zugewiesen werden, die Klägerin in ihren Rechten. Zur
Begründung ihrer Vorgehensweise hat die Bundesnetzagentur entscheidend
auf den Gesichtspunkt der Gleichwertigkeit der in Rede stehenden Frequenz-
blöcke abgehoben: Einerseits sei es unter dieser Voraussetzung im Falle einer
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abstrakten Vergabe einfacher, den - effizienzsteigernden - Erwerb von zusam-
menhängendem Frequenzspektrum sicherzustellen, während andererseits er-
hebliche Wertunterschiede zwischen den Frequenzblöcken wegen der damit
verbundenen Interessenkonflikte die anschließende Zuordnung erschwerten
(a.a.O. S. 3736 ff.).
Die Bedenken, die die Klägerin gegen die von der Bundesnetzagentur ange-
nommene Gleichwertigkeit der 2,6-GHz-Frequenzen erhebt, vermögen nicht zu
überzeugen. Was die Beeinträchtigung der oberen Frequenzblöcke dieses Fre-
quenzbereichs durch den Radioastronomiefunkdienst anlangt, dem der unmit-
telbar benachbarte Bereich oberhalb von 2690 MHz als primärem Funkdienst
zugewiesen ist (Nr. 286 f. der Anlage zur Frequenzbereichszuweisungsplanver-
ordnung i.d.F. vom 14. Juli 2009, BGBl I S. 1809), hat die Bundesnetzagentur
festgestellt, dass sich dessen Schutzansprüche nur auf den unmittelbar an-
grenzenden Bereich des zur Vergabe anstehenden 2,6-GHz-Bandes von 2680
bis 2690 MHz auswirkten, wobei diese Auswirkungen im Hinblick auf die beiden
bestehenden Radioastronomiestandorte in Effelsberg (Eifel) und Westerbork
(Niederlande) lokal begrenzt seien: Etwaige Einschränkungen seien vom kon-
kreten Standort einer Basisstation abhängig und könnten im Rahmen der Netz-
planung berücksichtigt werden. Gegen diese - vom Verwaltungsgericht in Be-
zug genommenen - Feststellungen hat die Klägerin keine den gesetzlichen Er-
fordernissen entsprechende Verfahrensrüge erhoben. Soweit sie eigene Ermitt-
lungen durch das Verwaltungsgericht vermisst, entspricht das Vorbringen schon
deshalb nicht den an eine Aufklärungsrüge zu stellenden Darlegungserforder-
nissen, weil sie weder angibt, wieso sich dem Verwaltungsgericht solche Ermitt-
lungen hätten aufdrängen müssen, noch, welche Feststellungen bei der Durch-
führung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen
worden wären. Auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen ist die Bewer-
tung der Bundesnetzagentur, dass die lediglich lokalen Beeinträchtigungen an-
gesichts der bundesweiten Frequenzvergabe nicht so schwerwiegend sind,
dass die betroffenen Frequenzblöcke als Auktionsobjekte im Verhältnis zu den
anderen 2,6-GHz-Frequenzblöcken erheblich geringerwertig wären, plausibel
und daher hinzunehmen. Daran ändert auch die Befürchtung der Klägerin
nichts, dass zu den gegenwärtig zu schützenden Radioastronomiestationen
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noch weitere hinzutreten könnten. Denn für eine solche Entwicklung ist nichts
vorgetragen oder ersichtlich; lediglich theoretisch mögliche Nutzungsbeschrän-
kungen, die sich auch sonst nicht mit absoluter Sicherheit ausschließen lassen,
sind für die aktuelle Bewertung der Auktionsobjekte offenkundig unerheblich.
Soweit sich die Klägerin auf den „objektiv feststellbaren Umstand der Aufteilung
des 2,6-GHz-Bandes in (gepaarte) FDD-Frequenzblöcke einerseits und (unge-
paarte) TDD-Frequenzblöcke andererseits“ beruft, verkennt sie die flexiblen
Nutzungsvorgaben, die die Bundesnetzagentur in den Vergabebedingungen
getroffen hat; danach sind sowohl die gepaarten Frequenzbereiche 2500-2570
MHz und 2620-2690 MHz als auch der ungepaarte Frequenzbereich 2570-2620
MHz sowohl für FDD-Anwendungen als auch für TDD-Anwendungen zugelas-
sen (a.a.O. S. 3708 zu Nr. IV.4.2). Da somit die von der Klägerin herausgestell-
te Beschränkung, dass Zuteilungsinhaber, die TDD-Systeme einsetzen, Schutz-
abstände einrichten müssen und dadurch Spektrum innerhalb des erworbenen
Frequenzblocks verlieren, in allen Frequenzblöcken des 2,6-GHz-Bereichs glei-
chermaßen gilt, steht sie der von der Bundesnetzagentur angenommenen
Gleichwertigkeit und damit einer abstrakten Vergabe nicht entgegen. Zu einem
anderen Ergebnis führt auch nicht der Einwand der Klägerin, sie könne nur bei
einer konkreten Vergabe für den Erwerb zusammenhängender Blöcke Sorge
tragen, um so den bei einer TDD-Nutzung im eigenen Spektrum zu realisieren-
den Koordinierungsaufwand zu begrenzen, während sie darauf bei einer abs-
trakten Vergabe keinen Einfluss habe. Damit übersieht sie, dass nach der plau-
sibel begründeten Einschätzung der Bundesnetzagentur gerade die abstrakte
Vergabe geeignet ist, den effizienzsteigernden Erwerb zusammenhängenden
Spektrums zu fördern. Der Umstand allein, dass die Klägerin insoweit andere
Hoffnungen bzw. Befürchtungen hegt, lässt die Einschätzung der Bundesnetz-
agentur nicht unvertretbar erscheinen.
Auch die Einwände, die die Klägerin gegen die Annahme der Bundesnetzagen-
tur erhebt, der Gesichtspunkt der Streitbefangenheit lasse im 2,6-GHz-Bereich
die Wertgleichheit unberührt, führen (jedenfalls) nicht auf eine Verletzung in
ihren eigenen Rechten. Denn Risiken, die Anlass für einen Wertabschlag bei
streitbefangenen Frequenzen geben könnten, bestehen nur für diejenigen Bie-
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ter, die befürchten müssen, die Frequenzen nach rechtskräftigem Abschluss
der Rechtsstreitigkeiten wieder zu verlieren. Ein solches Risiko trifft die Klägerin
nicht, da allein sie es ist, die (weitere) Rechtsstreitigkeiten um bestimmte Fre-
quenzen des 2,6-GHz-Bereiches führt.
cc) Die in Nr. V.1.5 getroffene Regelung über die Bietrechtsbeschränkung ist
ebenso wenig rechtswidrig wie die Vergabebedingung IV.3.2, an die sie an-
schließt (s. dazu das Urteil in der Sache BVerwG 6 C 40.10).
dd) Ohne Erfolg bleiben auch die Angriffe der Klägerin gegen die Versteige-
rungsregel V.3.13 über die Bekanntgabe von Informationen an die Bieter. Die
Bundesnetzagentur hat die Regelung, nach der der Auktionator nach Abschluss
einer Auktionsrunde jedem Bieter für jeden Frequenzblock das geltende
Höchstgebot sowie die aktiven Gebote aller Bieter und deren Identität mitteilt,
mit dem Gesichtspunkt der Transparenz begründet: Indem die Auktionsteilneh-
mer das Bietverhalten der anderen beobachten könnten, hätten sie die Mög-
lichkeit, ihre eigene Wertschätzung der Frequenzblöcke zu korrigieren und auf
diese Weise das sog. Winner's-Curse-Risiko zu verringern. Den Auktionsteil-
nehmern seien die genannten Daten einschließlich der Identität der jeweiligen
Bieter zu übermitteln, damit sie einen Überblick über den Stand der Auktion
gewinnen und ihre daraus resultierenden weiteren Bietentscheidungen treffen
könnten (a.a.O. S. 3764).
Diese Argumentation lässt entgegen der Ansicht der Klägerin einen Abwä-
gungsfehler nicht erkennen. Es ist einsichtig, dass die von der Bundesnetz-
agentur ausgestaltete Transparenzregel, die im Anhörungsverfahren überwie-
gend begrüßt wurde, dem mit „Winner's Curse“ bezeichneten Risiko entgegen-
wirkt, dass ein Bieter nur deshalb die Auktion gewinnt, weil er den wahren Wert
des Auktionsobjektes von allen Beteiligten am meisten überschätzt hat. Die
umstrittene Regelung dient damit einer effizienten Allokation der knappen Fre-
quenzgüter. Eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit dem von der Klägerin
nunmehr vorgetragenen Argument, die Offenlegung der Identität der Bieter er-
öffne den finanzstarken Unternehmen die Möglichkeit eines gezielten Verdrän-
gungswettbewerbs gegen finanzschwächere kleine und mittlere Unternehmen,
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musste sich der Bundesnetzagentur nicht aufdrängen. Zum einen hat sie im
Zusammenhang mit den Vergabebedingungen klargestellt, dass sie etwaigen
Verdrängungsstrategien auf anderem Wege, insbesondere durch die Anforde-
rung und Überprüfung konkreter Nutzungskonzepte vor der Zulassung zur Ver-
steigerung, entgegentritt (s. auch dazu das Urteil in der Sache BVerwG 6 C
40.10). Zum anderen ist die Klägerin eine nähere Begründung dafür schuldig
geblieben, warum die Offenlegung der Identität der Bieter gerade kleine und
mittlere Unternehmen besonders benachteiligt. So weist die Beklagte darauf
hin, dass es aus der Sicht eines etablierten Netzbetreibers näher liegen kann,
den Marktzutritt eines großen, als potentieller Wettbewerber tendenziell gefähr-
licheren Unternehmens zu verhindern, während für kleine Bieter der zusätzliche
Informationsgewinn durch den unmittelbaren Vergleich mit dem Bietverhalten
großer Unternehmen gegebenenfalls von Vorteil sein kann.
ee) Unbegründet sind auch die Bedenken, die die Klägerin gegen die in
Nr. V.3.18 getroffene Regelung über den zweiten Auktionsabschnitt erhebt. Sie
trifft Vorsorge für den Fall, dass nach Abschluss des ersten Auktionsabschnitts
Frequenzblöcke nicht zugeschlagen wurden, weil bei Auktionsende kein valides
Gebot vorgelegen hat, nach Rücknahme kein neues valides Gebot abgegeben
wurde, der Zuschlag verweigert wurde oder zwar ein Gebot vorliegt, das aber
die festgesetzte essentielle Mindestausstattung verfehlt (Nr. V.3.17). In diesem
Fall entscheidet die Bundesnetzagentur innerhalb von zwei Werktagen über die
Durchführung eines zweiten Auktionsabschnitts, für den grundsätzlich die glei-
chen Regeln gelten wie für den ersten Auktionsabschnitt, allerdings u.a. mit der
Abweichung, dass nur Bieter teilnahmeberechtigt sind, die im ersten Auktions-
abschnitt einen Zuschlag für einen oder mehrere Frequenzblöcke erhalten ha-
ben.
Auch insoweit hat die Bundesnetzagentur auf der Grundlage eines zutreffenden
Normverständnisses eine in sich schlüssige Regelung getroffen. Soweit die
Klägerin argumentiert, das Gesetz ermächtige die Bundesnetzagentur nicht,
über die nach dem Ende des Versteigerungsverfahrens übrig gebliebenen Fre-
quenzen nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten zu verfügen, übersieht sie,
dass § 61 TKG den Zeitpunkt, in dem die Auktion endet, nicht abschließend
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festlegt und damit Raum für eine ergänzende Ausgestaltung in den Versteige-
rungsregelungen lässt. Auch der vermeintliche Widerspruch in der Begründung
der angegriffenen Allgemeinverfügung, in der es an anderer Stelle heißt, die
Auktion ende automatisch, wenn in der abgelaufenen Auktionsrunde in der letz-
ten Aktivitätsphase der Auktion für keines der angebotenen Frequenzblöcke ein
valides Gebot abgegeben worden sei (a.a.O. S. 3766), besteht nicht; denn dort
findet sich keine Festlegung dazu, ob die „letzte Aktivitätsphase“ im ersten oder
in einem weiteren Auktionsabschnitt liegt.
Fehl geht ferner der Einwand der Klägerin, der Umstand, dass Frequenzen in-
folge mangelnder Nachfrage übrig blieben, lasse die der Versteigerung zugrun-
deliegende Knappheitsfeststellung (§ 55 Abs. 9 Satz 1 TKG) nachträglich feh-
lerhaft erscheinen, sodass die dann verfügbaren Frequenzen nach den
Grundsätzen des § 55 Abs. 3, 5 TKG zuzuteilen seien. Von den oben genann-
ten, in Nr. V.3.17 der Allgemeinverfügung aufgeführten Konstellationen, in de-
nen ein Frequenzblock nicht zugeschlagen wird, widerlegt für sich allein keine
die Feststellung der Frequenzknappheit. Selbst wenn im ersten Auktionsab-
schnitt überhaupt kein valides Gebot abgegeben worden sein sollte, kann dies
auf einer vergabetypischen Nachfrageverengung beruhen, etwa weil eine beab-
sichtigte Frequenznutzung nicht mit den festgelegten Frequenznutzungsbe-
stimmungen bzw. der Marktfestlegung übereinstimmt oder Interessenten den
Aufwand der Teilnahme an einem Vergabeverfahren oder den Bietwettbewerb
scheuen. Selbst unter der Prämisse, dass sich im Einzelfall die Knappheits-
prognose nachträglich als fehlerhaft erweisen sollte, beträfe dies nicht die
Rechtmäßigkeit der Auktionsregel V.3.18 als solche, sondern die nachgelagerte
Entscheidung, unter solchen Umständen von der Durchführung eines zweiten
Auktionsabschnittes abzusehen.
Soweit die Klägerin unabhängig vom Fortbestand einer festgestellten Fre-
quenzknappheit einen Ausgestaltungsspielraum der Bundesnetzagentur hin-
sichtlich des zweiten Auktionsabschnittes bestreitet und die uneingeschränkte
Anwendung der allgemein festgelegten Regel fordert, vernachlässigt sie, dass
diese Regeln im ersten Auktionsabschnitt gerade nicht zur Abgabe eines zu-
schlagfähigen Gebotes geführt haben, was ihre sachgerechte Modifikation im-
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merhin nahelegt. Die zwischen den Beteiligten konkret umstrittene Maßgabe,
dass an dem zweiten Auktionsabschnitt nur die Bieter teilnahmeberechtigt sind,
die im ersten Auktionsabschnitt einen Zuschlag für einen oder mehrere Fre-
quenzblöcke erhalten haben, hat die Bundesnetzagentur plausibel mit der Ab-
wehr strategischen Bietverhaltens begründet. Es ist nachvollziehbar, dass mit
der in Rede stehenden Sonderregelung ein Anreiz geschaffen wird, bereits im
ersten Auktionsabschnitt Frequenznutzungsrechte zu ersteigern und nicht auf
einen weiteren Auktionsabschnitt zu spekulieren.
ff) Rechtmäßig ist schließlich auch die unter Nr. V.4.1 formulierte Regelung,
nach der derjenige, der nach Abschluss des Versteigerungsverfahrens den Zu-
schlag für einen Frequenzblock erhält, zur Zahlung des von ihm gebotenen
Höchstpreises verpflichtet ist. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist für streitbe-
fangene Frequenzen ein Aufschub der Zahlungspflicht bis zum rechtskräftigen
Abschluss der betreffenden Rechtsstreitigkeiten nicht geboten, denn der erfolg-
reiche Bieter erhält im Gegenzug zur Zahlung des Zuschlagsbetrages einen
wirtschaftlich sofort nutzbaren Gegenstand und ist für den Fall des nachträgli-
chen Erlöschens der Frequenzzuteilung infolge eines durch einen Dritten erstrit-
tenen Urteils durch den Rückerstattungsanspruch gesichert. Davon abgesehen
kann sich die Klägerin in Bezug auf die von ihr begehrten 2,6-GHz-Frequenzen
ohnehin nicht auf eine - potentielle - Verletzung eigener Rechte berufen. Denn
da allein sie es ist, die Rechtsstreitigkeiten um bestimmte Frequenzen aus die-
sem Bereich führt, ist jedenfalls sie durch das Risiko der Streitbefangenheit
nicht belastet.
c) Soweit die Klägerin im Zusammenhang mit den vorstehenden Versteige-
rungsregeln dem Verwaltungsgericht Verfahrensfehler, nämlich eine Verletzung
des Überzeugungsgrundsatzes (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), der Begrün-
dungspflicht (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO) sowie des rechtlichen Gehörs (§ 108
Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) vorhält, bleiben auch diese Verfahrensrügen
ohne Erfolg. Die von der Klägerin im Hinblick auf die Auslegung der angefoch-
tenen Allgemeinverfügung mehrfach behaupteten aktenwidrigen Feststellungen
setzen einen offensichtlichen Widerspruch zwischen den Feststellungen des
Tatsachengerichts und dem insoweit unumstrittenen Akteninhalt voraus; wie
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sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, kann davon nicht die Rede
sein. Im Übrigen wird der Überzeugungsgrundsatz verletzt, wenn das Gericht
Umstände übergeht, deren Entscheidungserheblichkeit sich ihm auf der Grund-
lage seiner Rechtsauffassung hätte aufdrängen müssen. Was die Begrün-
dungspflicht angeht, verlangt sie keine ausdrückliche Auseinandersetzung mit
jedem vorgetragenen Gesichtspunkt, sondern nur eine vernünftige, der jeweili-
gen Sache angemessene Gesamtwürdigung. Erst wenn das Gericht auf den
wesentlichen Kern des Vorbringens eines Beteiligten zu einer Frage, die für das
Verfahren von zentraler Bedeutung ist, nicht eingeht, verletzt dies regelmäßig
die Begründungspflicht und zugleich den Anspruch auf Gewährung rechtlichen
Gehörs. Auch daran fehlt es hier erkennbar. Auf der Grundlage des materiell-
rechtlichen Standpunktes des Verwaltungsgerichts bedurfte es keiner weiterge-
henden Ausführungen in dem angefochtenen Urteil, das sich im Übrigen aus
den vorstehenden Erwägungen jedenfalls im Ergebnis in vollem Umfang als
zutreffend erweist (§ 144 Abs. 4 VwGO).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Neumann
Büge
Dr. Graulich
Vormeier
Dr. Bier
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 25 000 €
festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).
Neumann
Büge
Dr. Graulich
Vormeier
Dr. Bier
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Sachgebiet:
BVerwGE: nein
Telekommunikationsrecht
Fachpresse: ja
Rechtsquellen:
TKG §§ 55, 61 Abs. 5
Stichworte:
Frequenz; Funkfrequenz; Zuteilung; Vergabe; Versteigerungsregeln; Belange
kleiner und mittlerer Unternehmen; Beurteilungsspielraum.
Leitsatz:
Bei der Festlegung der Versteigerungsregeln steht der Bundesnetzagentur
nach näherer Maßgabe des § 61 Abs. 5 Satz 1 TKG ein Ausgestaltungsspiel-
raum zu, der einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegt (im
Anschluss an Urteil vom 23. März 2011 - BVerwG 6 C 6.10 -).
Urteil des 6. Senats vom 22. Juni 2011 - BVerwG 6 C 41.10
I. VG Köln vom 17.03.2010 - Az.: VG 21 K 8150/09 -