Urteil des BVerwG vom 01.04.2015

Unternehmen, Genehmigung, Wettbewerber, Mobilfunk

BVerwGE: nein
Fachpresse: ja
Sachgebiet:
Postrecht und Telekommunikationsrecht
Sachgebietsergänzung:
Telekommunikationsrechtliche Entgeltgenehmigung
Rechtsquelle/n:
TKG 2004 §§ 12, 15, 28, 31, 33, 35, 136
VwVfG § 39
Richtlinie 2002/21/EG Art. 4
Titelzeile:
Vergleichsmarktbetrachtung im telekommunikationsrechtlichen
Entgeltgenehmigungsverfahren
Stichworte:
Drittanfechtungsklage gegen Entgeltgenehmigung; Wettbewerber; fehlende
Vertragsbeziehung; Klagebefugnis; Bestandskraft des regulierten
Vergleichsentgelts, Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, Inzidentkontrolle des
Vergleichsentgelts, Konsultationsverfahren, Konsolidierungsverfahren, Kosten
der effizienten Leistungsbereitstellung, Kostenmodell, Mobilfunk-
Terminierungsentgelt, schmale Vergleichsbasis, Teilaufhebung einer
Entgeltgenehmigung, Vergleichsmarktbetrachtung.
Leitsatz/-sätze:
1. Wettbewerber ohne direkte Vertragsbeziehung mit dem regulierten
Unternehmen können im Rahmen einer Drittanfechtungsklage gegen eine
telekommunikationsrechtliche Entgeltgenehmigung nicht die Einhaltung des in §
31 TKG normierten Entgeltmaßstabs der Kosten der effizienten
Leistungsbereitstellung sowie die Einhaltung der in § 35 TKG geregelten
Entgeltermittlungsmethoden, sondern lediglich Verstöße gegen das Verbot des
Behinderungsmissbrauchs gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TKG geltend machen.
2. Bei einer Vergleichsmarktbetrachtung im telekommunikationsrechtlichen
Entgeltgenehmigungsverfahren sind Vergleichsobjekte die auf den jeweiligen
Märkten zu beobachtenden Preise und nicht die Kosten, die den dort tätigen
Unternehmen entstehen.
3. Wird lediglich ein seinerseits regulierter Markt mit nur einem noch nicht
bestandskräftig festgesetzten Entgelt, das gewichtige
unternehmensübergreifende Kostenpositionen nicht berücksichtigt, zum
Vergleich herangezogen, ist die Basis für den Vergleich zu schmal.
Urteil des 6. Senats vom 1. April 2015 - BVerwG 6 C 38.13
I. VG Köln vom 2. Oktober 2013
Az: VG 21 K 5788/07
BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 6 C 38.13
VG 21 K 5788/07
Verkündet
am 1. April 2015
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 25. März 2015
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Heitz, Dr. Möller, Hahn und
Prof. Dr. Hecker
am 1. April 2015 für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Verwal-
tungsgerichts Köln vom 2. Oktober 2013 geändert. Der
Beschluss der Bundesnetzagentur vom 30. November
2007 wird aufgehoben, soweit in dessen Ziffer 1 für das
Rechtsverhältnis zwischen der Beigeladenen und der Klä-
gerin für den Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis zum
30. Juni 2008 ein höheres Verbindungsentgelt als 5 Cent/
Minute genehmigt wird.
Im Übrigen wird die Revision der Klägerin zurückgewie-
sen.
Von den in beiden Rechtszügen angefallenen Kosten trägt
die Klägerin 9/16 der Gerichtskosten sowie jeweils 9/16
der außergerichtlichen Kosten der Beklagten und der Bei-
geladenen. Die Beklagte und die Beigeladene tragen je-
weils 7/32 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen
Kosten der Klägerin. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre
außergerichtlichen Kosten selbst.
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G r ü n d e :
I
Die Klägerin wendet sich gegen die Genehmigung des Entgelts für Terminie-
rungen im Mobilfunknetz der Beigeladenen für den Zeitraum vom 1. Dezember
2007 bis zum 31. März 2009.
Die Klägerin betreibt ein öffentliches Telekommunikationsfestnetz und bietet
unter anderem sog. Call-by-Call-Verbindungen für ihre Endkunden an. Die Bei-
geladene ist Betreiberin eines Mobilfunknetzes nach dem GSM-Standard und
nach dem UMTS-Standard. Durch bestandskräftige Regulierungsverfügung der
Bundesnetzagentur vom 30. August 2006 wurden die Entgelte der Beigelade-
nen für die Zugangsgewährung der Ex-ante-Entgeltgenehmigung nach Maßga-
be des § 31 TKG unterworfen. Das Netz der Klägerin war bis zum 30. Juni 2008
mit dem Mobilfunknetz der Beigeladenen zusammengeschaltet.
Mit Beschluss vom 30. November 2007 genehmigte die Bundesnetzagentur auf
der Grundlage des § 35 Abs. 3 TKG der Beigeladenen für Terminierungen in
ihrem Netz ab dem 1. Dezember 2007 mit einer Befristung bis zum 31. März
2009 ein Entgelt in Höhe von 8,80 Cent/Minute. In der Begründung des Be-
schlusses wird ausgeführt, die von der Beigeladenen vorgelegten Kostenunter-
lagen hätten für eine Prüfung anhand des Maßstabs der Kosten der effizienten
Leistungsbereitstellung nicht ausgereicht. Gleichwohl sei von einer Versagung
der Entgeltgenehmigung nach § 35 Abs. 3 Satz 3 TKG wegen der damit für die
Beigeladene und ihre Zusammenschaltungspartner verbundenen finanziellen
Unsicherheiten abgesehen worden. Zwar habe ein Kostenmodell, das § 35
Abs. 1 TKG als alternative Methode zur Ermittlung der Kosten der effizienten
Leistungsbereitstellung vorsehe, nicht zur Verfügung gestanden. Jedoch habe
eine Vergleichsmarktbetrachtung, bei der es sich ebenfalls um eine alternative
Kostenermittlungsmethode im Sinne des § 35 Abs. 1 TKG handele, durchge-
führt werden können, und zwar eine solche im nationalen Rahmen, die einem
internationalen Vergleich vorzuziehen sei. Als nationaler Vergleichsmarkt sei
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derjenige für Terminierungen im Mobilfunknetz der Betreiberin O2 herangezo-
gen worden. Den auf diesem Markt maßgeblichen Preis stelle das Terminie-
rungsentgelt dar, das O
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mit Beschluss vom gleichen Tag auf der Grundlage
prüffähiger Kostenunterlagen für die Zeit vom 1. Dezember 2007 bis zum
31. März 2009 in Höhe von 8,80 Cent/Minute genehmigt worden sei.
Mit ihrer Klage hat die Klägerin die Aufhebung dieser Entgeltgenehmigung be-
gehrt, soweit Entgelte für Terminierungen im GSM-Netz der Beigeladenen von
mehr als 6 Cent/Minute und für Terminierungen im UMTS-Netz der Beigelade-
nen von mehr als 5 Cent/Minute genehmigt werden. Hilfsweise hat sie auf eine
Verpflichtung der Beklagten zur Genehmigung der Entgelte in entsprechender
Höhe bzw. in Form eines einheitlichen Betrags von 5 Cent/Minute angetragen.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die mit dem Hauptantrag
erhobene Anfechtungsklage sei zulässig. Obwohl das Zusammenschaltungs-
verhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen mit Ablauf des 30. Juni
2008 geendet habe, sei die Klagebefugnis der Klägerin für den gesamten Rege-
lungszeitraum des angegriffenen Beschlusses jedenfalls deshalb gegeben, weil
nicht von vornherein ausgeschlossen werden könne, dass der Vortrag der Klä-
gerin über wettbewerbsbeeinträchtigende Wirkungen der Höhe des der Beige-
ladenen genehmigten Mobilfunk-Terminierungsentgelts auf eine Verletzung des
drittschützenden Missbrauchstatbestands des § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TKG
führe. Die Anfechtungsklage bleibe jedoch in der Sache ohne Erfolg. Aus dem
Umstand, dass die Bundesnetzagentur vor der Genehmigungserteilung kein
Konsultations- und Konsolidierungsverfahren im Sinne von § 12 Abs. 1 und 2
TKG bzw. nach den diesen Vorschriften zu Grunde liegenden unionsrechtlichen
Bestimmungen durchgeführt habe, ergebe sich kein relevanter Verfahrensman-
gel. Die Vorschriften gewährleisteten nur relative Verfahrensrechte, deren Ver-
letzung nicht die Rechtswidrigkeit der Genehmigung, in jedem Fall aber nicht
eine Rechtsverletzung der Klägerin zur Folge habe. Sie entfalteten keine dritt-
schützende Wirkung. Auch in materieller Hinsicht sei der angefochtene Be-
schluss rechtmäßig. Die Bundesnetzagentur habe ausführlich und plausibel
begründet, dass die von der Beigeladenen vorgelegten Kostenunterlagen für
die Bestimmung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nicht ausge-
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reicht hätten. Die Behörde habe indes in ermessensfehlerfreier Entscheidung
den Entgeltantrag der Beigeladenen nicht nach § 35 Abs. 3 Satz 3 TKG abge-
lehnt, sondern über diesen gestützt auf die Ermächtigung des § 35 Abs. 1
Satz 2 TKG entschieden. Dabei habe sie in fehlerfreier Ausübung des ihr nach
§ 35 Abs. 1 TKG zustehenden Auswahlermessens als alternative Methoden zur
Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung eine nationale
Vergleichsmarktbetrachtung, eine internationale Vergleichsmarktbetrachtung
und die Anwendung eines Kostenmodells in Betracht gezogen, einleuchtende
Gründe für das Fehlen eines Kostenmodells benannt und sich in nachvollzieh-
barer Weise für die erstgenannte Methode entschieden. Nach § 35 Abs. 1
Satz 2 TKG stünden die Vergleichsmarktbetrachtung und die Anwendung eines
Kostenmodells als Instrumente der alternativen Ermittlung von ex ante geneh-
migungspflichtigen Entgelten gleichrangig nebeneinander. Der Bundesnetza-
gentur seien bei der Anwendung der nationalen Vergleichsmarktbetrachtung
keine Rechtsfehler unterlaufen. Eine Vergleichsmarktbetrachtung sei auch dann
zulässig, wenn es sich bei dem Vergleichsmarkt - wie hier - um einen Mono-
polmarkt handele, dessen Preise nicht im freien Wettbewerb gebildet, sondern
ex ante reguliert würden. Die Bundesnetzagentur habe das Entgelt für die Ter-
minierungsleistung im Mobilfunknetz von O
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auf der Grundlage hinreichender
Kostenunterlagen ermittelt. Dieses Entgelt sei für die entsprechende Leistung
der Anrufzustellung auf einem Terminierungsmarkt mit weithin deckungsglei-
chen und im Übrigen in ihrer Unterschiedlichkeit erkannten, die Heranziehung
als Vergleichsmarkt jedoch nicht ausschließenden Bedingungen tatsächlich er-
hoben worden. Selbst wenn das Vergleichsentgelt fehlerhaft, insbesondere
überhöht genehmigt worden sein sollte, bedeute dies nicht, dass es als untaug-
liche, weil zu schmale Basis für einen Preisvergleich angesehen werden müsse.
Für die Vergleichsmarktbetrachtung komme es auf den im Genehmigungszeit-
raum tatsächlich geltenden Preis und nicht auf preisbildende Faktoren wie die
Kosten des Vergleichsunternehmens an. Die angefochtene Entgeltgenehmi-
gung sei auch nicht deshalb rechtswidrig, weil die Bundesnetzagentur den zum
Vergleich herangezogenen Preis im Hinblick auf Besonderheiten des Ver-
gleichsmarkts um einen Abschlag hätte vermindern müssen. Die Behörde habe
im Rahmen ihres insoweit bestehenden Regulierungsermessens in nicht zu be-
anstandender Weise angenommen, dass sich die Unterschiede bei der Anzahl
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der in den Netzen der Beigeladenen und der O
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angeschlossenen Teilnehmer
nicht erheblich ausgewirkt hätten. Wenn die Klägerin einwende, das der Beige-
ladenen genehmigte Mobilfunk-Terminierungsentgelt entspreche wegen Über-
höhung nicht den Anforderungen der Missbrauchstatbestände des § 28 TKG,
könne sie damit nicht durchdringen. Auch der hier allein in Betracht kommende
Tatbestand des § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 und Abs. 2 TKG sei jedenfalls deshalb
nicht erfüllt, weil der Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung
eingehalten sei. Die hilfsweise gestellten Verpflichtungsanträge seien mangels
Klagebefugnis der Klägerin unzulässig und in jedem Fall unbegründet.
Die Klägerin macht zur Begründung ihrer von dem Verwaltungsgericht zugelas-
senen Revision geltend: Entgegen der verfahrensfehlerhaft gewonnenen Ein-
schätzung des Verwaltungsgerichts sei der angefochtene Beschluss weder in
formeller noch in materieller Hinsicht mit revisiblem Recht vereinbar. Die formel-
le Rechtswidrigkeit ergebe sich daraus, dass die der Klägerin zugestellte Be-
schlussausfertigung geschwärzte Textpassagen aufweise. Die Bundesnetza-
gentur habe zudem in dem zu Grunde liegenden Entgeltgenehmigungsverfah-
ren die Schwärzungen akzeptiert, die die Beigeladene in den von ihr mit dem
Entgeltantrag eingereichten Unterlagen angebracht habe, ohne zu prüfen, ob
die unkenntlich gemachten Informationen tatsächlich schützenswerte Betriebs-
und Geschäftsgeheimnisse darstellten. Dies könne im Ergebnis nur verneint
werden. Die Regulierungsbehörde habe schließlich vor dem Erlass der Entgelt-
genehmigung weder ein nationales Konsultationsverfahren im Sinne des § 12
Abs. 1 TKG noch ein unionsweites Konsolidierungsverfahren im Sinne des § 12
Abs. 2 TKG durchgeführt. Beide Verfahrensschritte seien - zumindest nach dem
den nationalen Bestimmungen zu Grunde liegenden Unionsrecht - nicht nur
objektiv-rechtlich geboten, sondern auch subjektiv-rechtlich unterfangen. Mate-
riell rechtswidrig sei der Beschluss, weil die Bundesnetzagentur nicht, wie ge-
schehen, eine nationale Vergleichsmarktbetrachtung als Methode zur Ermitt-
lung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung habe auswählen dürfen.
Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts werde der Regulierungsbe-
hörde für die Methodenwahl durch § 35 Abs. 1 TKG kein Ermessen, sondern
ein Beurteilungsspielraum eingeräumt. Um diesen fehlerfrei auszufüllen, hätte
die Behörde in einem ersten Schritt prüfen müssen, ob die in § 35 Abs. 1 Satz 1
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TKG genannten alternativen Methoden zur Ermittlung der Kosten der effizienten
Leistungsbereitstellung zu unterschiedlichen Ergebnissen geführt hätten. Wenn
dies der Fall gewesen wäre, hätte sie sich in einem zweiten Schritt im Wege
einer Abwägung für eine Vergleichsmarktbetrachtung oder die Anwendung ei-
nes Kostenmodells entscheiden müssen. Eine solche Abwägungsentscheidung
hätte auf die Anwendung eines Kostenmodells hinauslaufen müssen, weil die-
ses generell zu genaueren Ergebnissen führe als eine Vergleichsmarktbetrach-
tung und vor allem dann präziser sei, wenn letztere nur einen Markt als Grund-
lage habe. Hinzu komme, dass die Europäische Kommission die Anwendung
eines Kostenmodells für vorzugswürdig halte. Der Notwendigkeit, ein - vorgeb-
lich nicht vorhandenes - Kostenmodell erst zu erstellen, hätte die Bundesnetza-
gentur durch eine nur vorläufige oder eine in ihrer Geltungszeit eng begrenzte
Entgeltgenehmigung Rechnung tragen müssen. Bei einer Entgeltermittlung mit-
tels einer Vergleichsmarktbetrachtung müsse stets zusätzlich geprüft werden,
ob das ermittelte Vergleichsentgelt dem Maßstab der Kosten der effizienten
Leistungsbereitstellung im Sinne des § 31 TKG genüge und nicht gegen das
Verbot missbräuchlichen Verhaltens nach § 28 TKG verstoße. Die Unterschiede
in Größe und Kostenstruktur, die zwischen der Beigeladenen und der Mobil-
funknetzbetreiberin O
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als Inhaberin der Vergleichsentgeltgenehmigung be-
stünden, hätten jedenfalls einen Abschlag auf das Vergleichsentgelt erfordert.
Missbräuchlich überhöht mit einer Verdrängungswirkung für Festnetzprodukte
sei das der Beigeladenen genehmigte Mobilfunk-Terminierungsentgelt, weil sich
die Beigeladene ihre Leistungen intern günstiger zur Verfügung stelle und weil
in das Vergleichsentgelt Kosten für die UMTS-Lizenz eingeflossen seien.
Die Klägerin beantragt,
I.1. unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts
Köln vom 2. Oktober 2013, Az. 21 K 5788/07, dem Be-
schluss der Beklagten und Revisionsbeklagten vom
30. November 2007, Az. BK3a-07- 027/E 21.09.07, aufzu-
heben, soweit in Ziffer 1 dieses Beschlusses für die Zeit
vom 1. Dezember 2007 bis zum 31. März 2009 höhere
Verbindungsentgelte für die Terminierung im Netz der
Beigeladenen genehmigt werden als
a) 6,0 Cent/Minute für das GSM 900/1 800-Telekom-
munikationsnetz,
b) 5,0 Cent für das UMTS-Telekommunikationsnetz,
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2. hilfsweise zu I.1., die Beklagte unter Abänderung von
Ziffer 1. des Beschlusses der Beklagten vom 30. Novem-
ber 2007, Az. BK3a-07- 027/E 21.09.07 zu verpflichten,
Verbindungsentgelte für die Terminierung
a) im GSM 900/1 800-Telekommunikationsnetz der Beige-
ladenen in Höhe von 6,0 Cent/Minute,
b) im UMTS-Telekommunikationsnetz der Beigeladenen in
Höhe von 5,0 Cent/Minute,
für den Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis zum 31. März
2009 zu genehmigen.
3. hilfsweise zu I.1. und I.2, das Urteil des Verwaltungsge-
richts Köln vom 2. Oktober 2013 zu ändern und den Be-
schluss der Bundesnetzagentur vom 30. November 2007
aufzuheben, soweit in dessen Ziffer 1 ein höheres Verbin-
dungsentgelt für die Terminierung als 5 Cent/Minute ge-
nehmigt wird,
II. äußerst hilfsweise zu I., unter Abänderung des Urteils
des Verwaltungsgerichts Köln vom 2. Oktober 2013,
Az. 21 K 5788/07, den Beschluss der Beklagten vom
30. November 2007, Az. BK3a-07-027/E 21.09.07, aufzu-
heben,
III. äußerst hilfsweise zu I. und II., dem Gerichtshof der
Europäischen Union die Fragen vorzulegen:
1. Ist Art. 6 RL 2002/21/EG so auszulegen, dass die
Durchführung eines Konsultationsverfahrens gemäß Art. 6
RL 2002/21/EG auch bei der Festlegung von Entgelten
durch die nationale Regulierungsbehörde zwingend erfor-
derlich ist?
2. Ist Art. 6 RL 2002/21/EG so auszulegen, dass die
Durchführung eines Konsultationsverfahrens auch den
subjektiven Rechten der Wettbewerber dient und nicht nur
der Herstellung von Transparenz gegenüber der Fachöf-
fentlichkeit?
IV. die Kosten des Verfahrens der Beklagten aufzuerle-
gen.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigen das Urteil des Verwaltungsgerichts.
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II
Die zulässige Revision der Klägerin ist im Hinblick auf die mit dem Hauptantrag
verfolgte, eine Genehmigung von Entgelten für Terminierungen nach der GSM-
Technik und nach der UMTS-Technik unterscheidende Anfechtung des Be-
schlusses der Bundesnetzagentur vom 30. November 2007 unbegründet (1.).
Gleiches gilt für den hilfsweise gestellten Verpflichtungsantrag (2.). Teilweise
begründet ist die Revision hingegen mit dem Hilfsanfechtungsantrag, der auf
die Aufhebung des genannten Beschlusses gerichtet ist, soweit in diesem der
Beigeladenen ein höheres Mobilfunk-Terminierungsentgelt als - einheitlich -
5 Cent/Minute genehmigt wird (3.).
1. Die Revision ist im Hinblick auf die mit dem Hauptantrag (Nr. I. 1.) ange-
brachte Anfechtungsklage unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 144
Abs. 2 VwGO). Die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, diese Anfechtungs-
klage sei zulässig, steht nicht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1
VwGO). Die Klage ist nicht statthaft. Da sie das Verwaltungsgericht indes für
unbegründet erachtet hat, stellt sich seine Entscheidung insoweit jedenfalls im
Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO).
Der Beschluss der Bundesnetzagentur vom 30. November 2007 ist der mit dem
Hauptantrag erstrebten Teilaufhebung, die zwischen Entgelten für Terminierun-
gen einerseits nach der GSM-Technik und andererseits nach der UMTS-
Technik unterscheidet, nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO nicht zugänglich. Der
Beschluss ist nicht in diesem Sinne teilbar. Eine solche Teilung würde den
Rahmen verletzen, den der Beschluss wegen des ihm zu Grunde liegenden
Entgeltantrags einhalten muss.
Ein telekommunikationsrechtlicher Entgeltantrag muss sich stets auf das Ent-
gelt für eine bestimmte Leistung beziehen. Dies ergibt sich aus § 33 Abs. 1
Nr. 2 des Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 22. Juni 2004 (BGBl. I
S. 1190) in der hier anwendbaren Fassung vom 18. Februar 2007 (BGBl. I
S. 106), wonach zu den mit dem Antrag vorzulegenden Unterlagen eine detail-
lierte Leistungsbeschreibung gehört. Mit diesem Bezug auf eine bestimmte
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Leistung bildet der Entgeltantrag den Rahmen für die Entgeltgenehmigung,
über die die Bundesnetzagentur zu entscheiden hat. Die Behörde ist danach
zwar zu Kürzungen anhand des Maßstabs der effizienten Leistungsbereitstel-
lung berechtigt, darf der Entgeltgenehmigung aber keine wesentlich andere
Leistung zu Grunde legen als diejenige, die den Gegenstand des Entgeltan-
trags bildet (BVerwG, Urteile vom 24. Juni 2009 - 6 C 19.08 - Buchholz 442.066
§ 35 TKG Nr. 3 Rn. 15 und vom 25. November 2009 - 6 C 34.08 - Buchholz
442.066 § 31 TKG Nr. 1 Rn. 17). Der Entgeltantrag der Beigeladenen bezog
sich auf die von ihr herzustellenden Terminierungen als einheitliche Leistung
V. 1 und sah die von der Klägerin befürwortete Differenzierung nach der Über-
tragungstechnik nicht vor. Diese Unterscheidung betrifft die von der Beigelade-
nen beschriebene Leistung in ihrem Wesen. Eine nach ihrer Maßgabe geänder-
te Entgeltgenehmigung könnte die Identität des dem Entgeltantrag zu Grunde
liegenden Leistungsbegriffs nicht wahren.
2. Ebenfalls unbegründet und zurückzuweisen ist die Revision in Bezug auf den
Hilfsantrag Nr. I. 2., mit dem die Klägerin die Verpflichtung der Beklagten be-
gehrt, den Entgeltantrag der Beigeladenen in bestimmter Weise zu bescheiden.
Das Verwaltungsgericht hat in Übereinstimmung mit Bundesrecht entschieden,
dass der Klägerin für dieses Begehren eine Klagebefugnis im Sinne des § 42
Abs. 2 VwGO nicht zur Seite steht.
3. Demgegenüber verletzt das die Klagen vollständig abweisende Urteil des
Verwaltungsgerichts insofern Bundesrecht und stellt sich auch nicht aus ande-
ren Gründen als richtig dar, als es dem hilfsweise gestellten Anfechtungsantrag
(Nr. I. 3), den Beschluss der Bundesnetzagentur vom 30. November 2007 auf-
zuheben, soweit in diesem der Beigeladenen ein höheres Mobilfunk-Terminie-
rungsentgelt als - einheitlich - 5 Cent/Minute genehmigt wird, nicht für den Zeit-
raum vom 1. Dezember 2007 bis zum 30. Juni 2008 stattgegeben hat. In Bezug
auf den bezeichneten Zeitraum ist die Klage zulässig (a)). Insoweit können in
der Sache zwar nicht schon die formell-rechtlichen Einwände der Klägerin ge-
gen die Entgeltgenehmigung zum Erfolg der Klage führen (b)). Der von dem
Verwaltungsgericht nicht beanstandete Beschluss verstößt aber in materieller
Hinsicht gegen die revisiblen Vorschriften aus § 31 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2
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und § 35 Abs. 1 und Abs. 3 TKG (c)). Hierdurch wird die Klägerin in dem be-
zeichneten Zeitraum in ihren Rechten verletzt (d)). Die Entscheidung, den Be-
schluss der Bundesnetzagentur vom 30. November 2007 für das Rechtsver-
hältnis zwischen der Beigeladenen und der Klägerin für den Zeitraum vom
1. Dezember 2007 bis zum 30. Juni 2008 in dem beantragten Umfang aufzuhe-
ben, zu der das Verwaltungsgericht bei zutreffender Auslegung des revisiblen
Rechts hätte gelangen müssen, kann der Senat selbst treffen (§ 144 Abs. 3
Satz 1 Nr. 1 VwGO). Im Übrigen - das heißt für den Zeitraum vom 1. Juli 2008
bis zum 31. März 2009 - ist die Revision auch im Hinblick auf den hilfsweise
gestellten Anfechtungsantrag unbegründet und deshalb insoweit wiederum zu-
rückzuweisen.
a) Für die hilfsweise erhobene Anfechtungsklage besteht nur in Bezug auf den
Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis zum 30. Juni 2008 eine Klagebefugnis der
Klägerin (aa)); insoweit scheitert die Zulässigkeit der Klage auch nicht an einer
mangelnden Statthaftigkeit des im Hinblick auf die Höhe des genehmigten Ent-
gelts beschränkten Aufhebungsbegehrens (bb)).
aa) Die Klägerin kann nur hinsichtlich eines Teils der Genehmigungsperiode im
Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO geltend machen, durch die angefochtene Entgelt-
genehmigung in ihren Rechten verletzt zu sein.
Für die Zeit der von dem Verwaltungsgericht festgestellten, bis zum 30. Juni
2008 andauernden Zusammenschaltung des Netzes der Klägerin mit dem Mo-
bilfunknetz der Beigeladenen wird das privatrechtliche Rechtsverhältnis zwi-
schen der Klägerin und der Beigeladenen durch die Entgeltgenehmigung ge-
mäß § 37 Abs. 1 und 2 TKG unmittelbar gestaltet. Ist die Genehmigung rechts-
widrig, weil das Entgelt den in § 31 Abs. 1 Satz 1 TKG bestimmten Maßstab der
Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nicht einhält, kann die Klägerin
den darin liegenden Eingriff in die durch Art. 2 Abs. 1 GG grundrechtlich ge-
schützte Privatautonomie mit der Anfechtungsklage abwehren (vgl. BVerwG,
Urteile vom 25. März 2009 - 6 C 3.08 - Buchholz 442.066 § 35 TKG Nr. 2
Rn. 32 und vom 25. November 2009 - 6 C 34.08 - Buchholz 442.066 § 31 TKG
Nr. 1 Rn. 30). Im Zusammenhang hiermit ist in der Rechtsprechung des Senats
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geklärt, dass die Klage eines Zusammenschaltungspartners nach § 113 Abs. 1
Satz 1 VwGO grundsätzlich nur insoweit zu einer gerichtlichen Aufhebung der
Entgeltgenehmigung führen kann, als sich die Genehmigung auf das Rechts-
verhältnis zwischen dem regulierten und dem jeweils klagenden Unternehmen
auswirkt (BVerwG, Urteil vom 25. September 2013 - 6 C 13.12 - BVerwGE 148,
48 Rn. 67 ff.).
Für die restliche Geltungszeit des Beschlusses vom 30. November 2007 - den
Zeitraum vom 1. Juli 2008 bis zum 31. März 2009 - ist eine Rechtsverletzung
der Klägerin hingegen ausgeschlossen. Für diese Zeit fehlt es an einem Zu-
sammenschaltungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen, so
dass die Entgeltgenehmigung im Verhältnis dieser Beteiligten keine unmittelbar
privatrechtsgestaltende Wirkung entfalten kann. Auf das Vertragsverhältnis zwi-
schen der Klägerin und dem Transitnetzbetreiber, über den sie die für die Zu-
stellung von Anrufen aus ihrem Netz in das Netz der Beigeladenen erforderli-
chen Zusammenschaltungsleistungen bezieht, wirkt sich die der Beigeladenen
erteilte Entgeltgenehmigung nicht unmittelbar gestaltend aus. Die Klägerin kann
auch nicht mit Erfolg geltend machen, die von ihr aufgrund vertraglicher Rege-
lungen an ihren Transitnetzbetreiber zu zahlenden Entgelte seien in dem fragli-
chen Zeitraum unmittelbar an die Höhe der von dem Transitnetzbetreiber an die
Beigeladene zu zahlenden Terminierungsentgelte gekoppelt gewesen. Derarti-
ge mittelbare Auswirkungen reichen für die Annahme einer Klagebefugnis nicht
aus (vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Oktober 2002 - 6 C 8.01 - BVerwGE 117, 93
<97>).
Die Klagebefugnis lässt sich entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts
auch nicht auf der Grundlage des in § 28 TKG geregelten allgemeinen Miss-
brauchsverbots bejahen, dessen Einhaltung § 35 Abs. 3 Satz 1 und 2 TKG als
eine Voraussetzung für die Erteilung der Entgeltgenehmigung bestimmt. Zwar
hat der Senat eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass sich die Aufhebung
einer Entgeltgenehmigung auf eine erfolgreiche Drittanfechtungsklage nur auf
das Rechtsverhältnis zwischen dem regulierten Unternehmen und dem jeweils
klagenden Zusammenschaltungspartner auswirkt, bereits früher insbesondere
in dem Fall für möglich gehalten, dass von dem klagenden Unternehmen eine
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erhebliche Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten im Sinne des Miss-
brauchstatbestands des § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TKG geltend gemacht wird
(vgl. BVerwG, Urteil vom 25. September 2013 - 6 C 13.12 - BVerwGE 148, 48
Rn. 76). Denn diese Regelung stellt nicht auf die Belastung der Zusammen-
schaltungspartner des regulierten Unternehmens durch die hoheitliche Gestal-
tung ihrer Entgeltzahlungspflicht, sondern auf die Beeinträchtigung der Wettbe-
werbsmöglichkeit "anderer Unternehme" ab und bezieht damit von vornherein
einen von den Entgeltschuldnern zu unterscheidenden Personenkreis in ihren
Schutzbereich ein (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2010 - 6 C 18.09 -
Buchholz 442.066 § 28 TKG Nr. 3 Rn. 15).
Soweit die Klägerin geltend macht, die genehmigten Entgelte seien missbräuch-
lich überhöht, weil sie den Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereit-
stellung nicht einhielten, kann sie sich indes nicht auf § 28 TKG stützen. Für die
Prüfung, ob das regulierte Unternehmen Entgelte fordert, die nur auf Grund sei-
ner beträchtlichen Marktmacht auf dem jeweiligen Markt der Telekommunikati-
on durchsetzbar sind, und damit ein Preishöhenmissbrauch im Sinne des § 28
Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TKG vorliegt, besteht im Rahmen der Ex-ante-Entgeltre-
gulierung kein eigenständiger Anwendungsbereich. Ob das Entgelt für eine Zu-
gangsleistung in absoluter Hinsicht überhöht ist, bestimmt sich ausschließlich
nach den speziellen Vorgaben der §§ 31 bis 35 TKG, welche die allgemeine
Regelung des Ausbeutungsmissbrauchs abschließend konkretisieren (vgl.
Masing/Griebel, in: Wilms/Masing/Jochum, TKG, Stand: März 2007, § 35
Rn. 23; Mayen/Lünenbürger, in: Scheurle/Mayen, TKG, 2. Aufl. 2008, § 35
Rn. 54; Berger-Kögler/Cornils, in: Geppert/Schütz, Beck’scher TKG-Kommen-
tar, 4. Aufl. 2013, § 35 Rn. 55 und 71).
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist auch Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie
2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002
über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnet-
ze und -dienste (ABl. L 108 S. 33) - Rahmenrichtlinie - und der hierzu ergange-
nen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union nicht zu ent-
nehmen, dass die gerichtliche Prüfung bei Drittanfechtungsklagen von Wettbe-
werbern ohne direkte Vertragsbeziehung mit dem regulierten Unternehmen ge-
21
22
- 14 -
gen eine Entgeltgenehmigung nicht auf die Geltendmachung von Verstößen
gegen das Verbot des Behinderungsmissbrauchs gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2
Nr. 2 TKG beschränkt werden kann, sondern sich ohne weiteres auch auf die
Einhaltung des in § 31 TKG normierten Entgeltmaßstabs der Kosten der effi-
zienten Leistungsbereitstellung sowie die Einhaltung der in § 35 TKG geregel-
ten Entgeltermittlungsmethoden erstrecken muss. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 der
Rahmenrichtlinie in der durch die Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen
Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl. L 337 S. 37) geän-
derten Fassung stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass es auf nationaler Ebene
wirksame Verfahren gibt, nach denen jeder Nutzer oder Anbieter elektronischer
Kommunikationsnetze und/oder -dienste, der von einer Entscheidung einer na-
tionalen Regulierungsbehörde betroffen ist, bei einer von den beteiligten Partei-
en unabhängigen Beschwerdestelle einen Rechtsbehelf gegen diese Entschei-
dung einlegen kann. Ferner ist in Art. 4 Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie bestimmt,
dass diese Stelle, die auch ein Gericht sein kann, über angemessenen Sach-
verstand verfügen muss, um ihrer Aufgabe wirksam gerecht zu werden. Die
Mitgliedstaaten stellen sicher, dass den Umständen des Falles angemessen
Rechnung getragen wird und wirksame Einspruchsmöglichkeiten gegeben sind
(Art. 4 Abs. 1 Satz 3 der Richtlinie).
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist Art. 4
der Rahmenrichtlinie Ausfluss des Grundsatzes eines effektiven gerichtlichen
Rechtsschutzes, der ein allgemeiner Grundsatz des Unionsrechts ist und die
nationalen Gerichte verpflichtet, den gerichtlichen Schutz der Rechte zu ge-
währleisten, die den Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen (EuGH, Urteile
vom 21. Februar 2008 - C-426/05, Tele 2 Telecommunication - Rn. 30 und vom
22. Januar 2015 - C-282/13, T-Mobile Austria - Rn. 33). Dieses Gebot eines
effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes muss für Nutzer und Anbieter gelten,
die Rechte aus der Unionsrechtsordnung, insbesondere den Richtlinien über
die elektronische Kommunikation, herleiten können und durch eine Entschei-
dung einer nationalen Regulierungsbehörde in diesen Rechten berührt sind
(EuGH, Urteile vom 21. Februar 2008 - C-426/05, Tele 2 Telecommunication -
Rn. 32 und vom 22. Januar 2015 - C-282/13, T-Mobile Austria - Rn. 34). Vor
diesem Hintergrund ist Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie beispielsweise dahin
23
- 15 -
auszulegen, dass danach auch anderen Personen als den Adressaten einer
von einer Regulierungsbehörde in einem Marktanalyseverfahren erlassenen
Entscheidung ein Rechtsbehelf gegen eine solche Entscheidung zustehen soll
(EuGH, Urteil vom 21. Februar 2008 - C-426/05, Tele 2 Telecommunication -
Rn. 39). Wie der Gerichtshof zu der mit Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie ver-
gleichbaren Regelung des Art. 5a Abs. 3 der Richtlinie 90/387/EWG des Rates
vom 28. Juni 1990 zur Verwirklichung des Binnenmarktes für Telekommunikati-
onsdienste durch Einführung eines offenen Netzzugangs (Open Network Provi-
sion - ONP) (ABl. L 192 S. 1) in der durch die Richtlinie 97/51/EG des Europäi-
schen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997 (ABl. L 295 S. 23) ge-
änderten Fassung entschieden hat, setzt der Rechtsschutz von Wettbewerbern
gegen die Genehmigung von Preisen eines regulierten Unternehmens nicht
zwingend eine Vertragsbeziehung mit dem regulierten Unternehmen voraus
(vgl. EuGH, Urteil vom 24. April 2008 - C-55/06, Arcor - Rn. 177). Von einer
Entscheidung einer nationalen Regulierungsbehörde können ferner auch solche
Unternehmen im Sinne des Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie betroffen sein,
die Wettbewerber des Unternehmens sind, an das die Entscheidung der natio-
nalen Regulierungsbehörde gerichtet ist, wenn die nationale Regulierungsbe-
hörde in einem Verfahren entscheidet, das dem Schutz des Wettbewerbs dient
und die fragliche Entscheidung geeignet ist, sich auf die Marktstellung des erst-
genannten Unternehmens auszuwirken (vgl. EuGH, Urteil vom 22. Januar 2015
- C-282/13, T-Mobile Austria - Rn. 39).
Den genannten Entscheidungen des Gerichtshofes kann hingegen nicht ent-
nommen werden, dass jeder beliebige Wettbewerber ohne Rücksicht auf seine
materielle Rechtsstellung eine umfassende Überprüfung der an ein Unterneh-
men mit beträchtlicher Marktmacht gerichteten Entscheidungen der nationalen
Regulierungsbehörde beanspruchen kann. Vielmehr hat der Gerichtshof den
Kreis der Wettbewerber, die im Sinne des Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie
betroffen sind, eingeschränkt. So hat er beispielsweise darauf abgestellt, ob die
mit einem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht auf dem relevanten
Markt in Wettbewerb stehenden Nutzer oder Anbieter als potenzielle Inhaber
von Rechten anzusehen sind, die den spezifischen Verpflichtungen entspre-
chen, die dem Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht von einer nationalen
24
- 16 -
Regulierungsbehörde nach Art. 16 der Rahmenrichtlinie sowie den dort ange-
führten Telekommunikationsrichtlinien auferlegt werden (EuGH, Urteil vom
21. Februar 2008 - C-426/05, Tele 2 Telecommunication - Rn. 36). Dieser Zu-
sammenhang zwischen spezifischen Verpflichtungen des regulierten Unter-
nehmens und potenziellen Rechten des betreffenden Wettbewerbers setzt
denklogisch voraus, dass der Wettbewerber eine von dem regulierten Unter-
nehmen angebotene Leistung in Anspruch nimmt oder dies zumindest beab-
sichtigt. Als wesentlichen Anwendungsfall nennt der Gerichtshof die in Art. 12
Abs. 1 der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates
vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen
und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (ABl. L 108
S. 7) - Zugangsrichtlinie - vorgesehene Verpflichtung des Betreibers mit erheb-
licher Marktmacht, Zugang zu Netzeinrichtungen zu gewähren und deren Nut-
zung zu erlauben (EuGH, Urteil vom 21. Februar 2008 - C-426/05, Tele 2 Tele-
communication - Rn. 34 f.; vgl. bestätigend jetzt auch Urteil vom 19. März 2015
- C-510/13, E.ON Földgaz Trade Zrt. - Rn. 46 für die ähnliche Rechtslage im
Bereich des Erdgasbinnenmarkts). Ferner sind nach der Rechtsprechung des
Gerichtshofs etwa auch Wettbewerber, denen die Regulierungsbehörde Rechte
zur Nutzung von Frequenzen zugeteilt hat, im Sinne des Art. 4 Abs. 1 der Rah-
menrichtlinie durch eine Entscheidung der Regulierungsbehörde betroffen, mit
der nach Art. 5 Abs. 6 der Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung elektronischer Kom-
munikationsnetze und -dienste (ABl. L 108 S. 21) - Genehmigungsrichtlinie - in
der durch die Richtlinie 2009/140/EG geänderten Fassung die Funkfrequenz-
ausstattung der konkurrierenden Unternehmen anteilig geändert wird (vgl.
EuGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - C-282/13, T-Mobile Austria - Rn. 28 ff.). In
keinem Fall hat der Gerichtshof der Europäischen Union indes bisher die Auf-
fassung vertreten, dass auch ein Wettbewerber, der sich auf die Geltendma-
chung objektiver Belange des Wettbewerbs beschränkt, umfassenden Rechts-
schutz gegen die an ein Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht gerichte-
ten Entscheidungen der Regulierungsbehörde beanspruchen kann.
Die Situation der Klägerin ist mit keiner der genannten Fallgruppen vergleich-
bar. Sie begehrt als Wettbewerberin gerade keinen unmittelbaren Zugang zum
25
- 17 -
Mobilfunknetz der Beigeladenen, sondern bedient sich stattdessen - aus von
der Zugangsgewährung unabhängigen wirtschaftlichen Gründen - der Dienste
eines Transitnetzbetreibers und begibt sich damit auf eine nachgelagerte Wert-
schöpfungsstufe. Die von ihr geltend gemachte Möglichkeit eines Vertrags-
schlusses mit dem regulierten Unternehmen bleibt bei dieser Sachlage theore-
tisch. Die Klägerin ist auch nicht Inhaberin von Frequenznutzungsrechten oder
einer in vergleichbarer Weise begrenzten und für die Marktteilnahme unver-
zichtbaren Ressource, deren behördlich regulierte Verteilung sich auf die
Marktchancen der miteinander konkurrierenden Unternehmen unmittelbar aus-
wirkt. Durch die angefochtene Entscheidung der Bundesnetzagentur sieht sich
die Klägerin nach ihrem eigenen Vortrag vor allem deshalb in ihrer Marktstel-
lung betroffen, weil die der Beigeladenen jeweils genehmigten Terminierungs-
entgelte aufgrund von vertraglichen Regelungen auch für das Vertragsverhält-
nis zwischen der Klägerin und ihrem Transitnetzbetreiber maßgebend sind. Ei-
ne derartige lediglich mittelbare Beeinträchtigung aufgrund vertraglicher Rege-
lungen mit einem dritten Unternehmen reicht jedoch offensichtlich auch auf der
Grundlage der Rechtsprechung des Gerichtshofs für sich genommen nicht für
die Annahme aus, dass die Klägerin durch die an die Beigeladene gerichtete
Entscheidung der Regulierungsbehörde im Sinne des Art. 4 Abs. 1 der Rah-
menrichtlinie betroffen ist und eine umfassende gerichtliche Überprüfung sowie
ggf. Aufhebung dieser Entscheidung beanspruchen kann.
Ein Anspruch auf umfassenden Rechtsschutz folgt entgegen der Auffassung
der Klägerin auch nicht aus den verfahrensrechtlichen Regelungen der Art. 6
bis 8 der Rahmenrichtlinie bzw. Art. 8 und 13 der Zugangsrichtlinie. Vorausset-
zung dafür, dass ein Wettbewerber als Betroffener nach Art. 4 der Rahmenricht-
linie angesehen werden kann, ist, dass er sich - jedenfalls auch - auf eine mate-
rielle Rechtsposition des Unionsrechts stützen kann. Eine verfahrensrechtliche
Position reicht hierfür nicht aus. Dieses Normverständnis, das bereits dem Urteil
vom 21. Februar 2008 - C-426/05, Tele 2 Telecommunication - (Rn. 31, 32 und
36) zu Grunde liegt, hat der Gerichtshof auch in seinem Urteil vom 22. Januar
2015 - C-282/13, T-Mobile Austria - nicht aufgegeben. Dies ergibt sich daraus,
dass er sich entscheidend auf die im konkreten Fall einschlägige, materiell
wettbewerbsschützende Bestimmung des Art. 5 Abs. 6 der Genehmigungsricht-
26
- 18 -
linie gestützt hat (EuGH, Urteil vom 22. Januar 2015 - C-282/13, T-Mobile Aus-
tria - Rn. 34 f., 41 ff.).
Auch soweit die Klägerin in der Sache einen Behinderungsmissbrauch im Sinne
des § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TKG aus dem Grund geltend macht, dass die ge-
nehmigten Entgelte zu wettbewerbsbeeinträchtigenden Substitutionseffekten zu
Gunsten des Mobilfunks führten und ihre eigenen Produkte im Festnetzbereich
verdrängt würden, ist eine Verletzung von Rechten der Klägerin ausgeschlos-
sen. Da im Anwendungsbereich der Ex-ante-Entgeltregulierung die Preisober-
grenze durch den grundsätzlich strengeren materiellen Entgeltmaßstab der
Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung, die nach § 31 Abs. 1 Satz 1 TKG
nicht überschritten werden dürfen, abschließend bestimmt wird, kommt der in
§ 28 TKG geregelten Missbrauchsprüfung nach der Rechtsprechung des Se-
nats nur dann eine eigene Zweckbestimmung zu, wenn der etwaige Missbrauch
in einem zu niedrigen Entgelt liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2010
- 6 C 18.09 - Buchholz 442.066 § 28 TKG Nr. 3 Rn. 20). Eine solche Kontrolle
der Entgeltuntergrenze steht nach dem Revisionsvorbringen nicht in Rede. So-
weit die Klägerin der Sache nach das Vorliegen einer so genannten Preis-
Kosten-Schere nach § 28 Abs. 2 Nr. 2 TKG rügt, hat sie keine Anhaltspunkte
dafür vorgetragen, dass die Spanne zwischen dem streitgegenständlichen Ter-
minierungsentgelt und den maßgeblichen Endkundentarifen der Beigeladenen
so gering ist, dass sie die Möglichkeit anderer effizienter Anbieter, vergleichbare
Tarife anzubieten, ausschließt.
bb) Soweit der Klägerin für ihre Anfechtungsklage eine Klagebefugnis zur Seite
steht, kann die angefochtene Entgeltgenehmigung in dem von der Klägerin le-
diglich erstrebten, betragsmäßig eingeschränkten Umfang nach § 113 Abs. 1
Satz 1 VwGO teilweise aufgehoben werden. Gegen eine Teilbarkeit der Ent-
geltgenehmigung in diesem Sinne bestehen keine Bedenken. Sie ergeben sich
insbesondere nicht daraus, dass die Bundesnetzagentur nach der Rechtspre-
chung des Senats bei der Ermittlung der für die Entgeltgenehmigung maßgebli-
chen Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung in Teilbereichen über ge-
richtlich nur eingeschränkt überprüfbare Beurteilungsspielräume verfügt. Aus
diesem Umstand kann nicht hergeleitet werden, dass die auf einen bestimmten
27
28
- 19 -
Betrag beschränkte Teilaufhebung einer Entgeltgenehmigung ausscheiden
müsste, weil nicht feststellbar wäre, ob der nicht aufgehobene Teil von der
Bundesnetzagentur mit der fraglichen Entgelthöhe erlassen worden wäre. Wird
eine Entgeltgenehmigung wegen der fehlerhaften Ausfüllung eines Beurtei-
lungsspielraums aufgehoben, ist die Bundesnetzagentur durch die materielle
Rechtskraft des Urteils im Sinne des § 121 VwGO nicht an dem Erlass einer
neuen Genehmigung unter fehlerfreier Wahrnehmung ihres Beurteilungsspiel-
raums gehindert (vgl. in diesem Sinne für Ermessensverwaltungsakte: Kilian, in:
Sodan/Ziekow , VwGO, 4. Aufl. 2014, § 121 Rn. 72; Kopp/Schenke,
VwGO, 20. Aufl. 2014, § 121 Rn. 21). Kommt es in dieser Konstellation wegen
eines entsprechend eingeschränkten Aufhebungsantrags nur zu einer Teilauf-
hebung der Entgeltgenehmigung, hat dies lediglich zur Folge, dass die Höhe
des bestehengebliebenen Teils des Entgelts wegen der insoweit eingetretenen
Bestandskraft der Entgeltgenehmigung bei dem Erlass der neuen Genehmi-
gung nicht unterschritten werden darf. Ein tragfähiger Grund für den Ausschluss
der teilweisen Aufhebung einer Entgeltgenehmigung liegt darin nicht (vgl. zur
Teilbarkeit von Verwaltungsakten auch bei administrativen Entscheidungsspiel-
räumen allgemein: BVerwG, Urteil vom 28. Januar 2009 - 6 C 39.07 - Buchholz
442.066 § 10 TKG Nr. 3 Rn. 44).
b) Das Verwaltungsgericht hat den Beschluss der Bundesnetzagentur vom
30. November 2007 zu Recht nicht bereits wegen eines Verstoßes gegen for-
melle Anforderungen des revisiblen Rechts aufgehoben. Ein solcher Verstoß
ergibt sich weder aus einer mangelhaften Begründung des Beschlusses (aa))
noch aus einer fehlenden Prüfung der von der Beigeladenen vorgenommenen
Ein-stufung von Informationen als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch
die Bundesnetzagentur im Entgeltgenehmigungsverfahren (bb)). Auf die Nicht-
durchführung eines nationalen Konsultationsverfahrens und eines unionsweiten
Konsolidierungsverfahrens kann sich die Klägerin nicht berufen (cc)).
aa) Die angefochtene Entgeltgenehmigung leidet nicht deshalb an einem Be-
gründungsmangel im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwVfG, weil in der
der Klägerin zugestellten Ausfertigung Teile der Entscheidungsbegründung ge-
schwärzt sind. Denn die Bundesnetzagentur hat diese Ausfertigung mit einem
29
30
- 20 -
Vorblatt versehen, in dem dargelegt wird, dass die geschwärzten Textpassagen
schützenswerte Ausführungen zu Kostendarstellungen, Kostenkalkulationen
und Kalkulationsgrundlagen der Beigeladenen enthalten. Hierdurch wird dem
formellen Begründungserfordernis Genüge getan.
bb) Die Bundesnetzagentur war nicht verpflichtet, im Entgeltgenehmigungsver-
fahren die Berechtigung der Kennzeichnung von Betriebs- und Geschäftsge-
heimnissen zu überprüfen, die die Beigeladene in den mit dem Entgeltantrag
vorgelegten Unterlagen angebracht hatte. Zwar ist eine derartige, von dem re-
gulierten Unternehmen auf der Grundlage von § 136 Satz 1 und 2 TKG vorge-
nommene Kennzeichnung für die Regulierungsbehörde nicht bindend. Jedoch
kann der Zweck des § 136 TKG, die Erfüllung des durch Art. 12 GG, § 30
VwVfG und § 12 Abs. 1 Satz 3 TKG gebotenen Schutzes von Betriebs- und
Geschäftsgeheimnissen zu erleichtern, nur dann erreicht werden, wenn die
Bundesnetzagentur nicht ohne konkreten Anlass zu einer Überprüfung der
Kennzeichnung verpflichtet ist. Ein solcher Anlass besteht nur dann, wenn es
im Weiteren auf die Qualifizierung des Inhalts der gekennzeichneten Unterlagen
als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis ankommt oder wenn ein am Entgeltge-
nehmigungsverfahren Beteiligter nach § 29 VwVfG Akteneinsicht gerade in die
als geheimhaltungsbedürftig gekennzeichneten Unterlagen beantragt (vgl. in
diesem Sinne zum Ganzen: Mayen, in: Scheurle/Mayen , TKG, 2. Aufl.
2008, § 136 Rn. 11 ff., 26 ff.). Ein solcher Anlass war hier gegeben, soweit die
Bundesnetzagentur in der Begründung ihres Beschlusses auf Angaben der
Beigeladenen zurückgegriffen hat, die diese als Betriebs- und Geschäftsge-
heimnisse gekennzeichnet hatte und welche die Bundesnetzagentur deshalb in
der für die Klägerin bestimmten Ausfertigung des Beschlusses geschwärzt hat-
te. Insoweit hat die Bundesnetzagentur aber ausweislich des Vorblatts zu ihrem
Beschluss nachgeprüft, dass es sich bei diesen Angaben tatsächlich um Be-
triebs- und Geschäftsgeheimnisse handelt. Einen Antrag konkretisiert auf Ein-
sicht gerade in die ungeschwärzten Antragsunterlagen der Beigeladenen hat
die Klägerin im Verwaltungsverfahren nicht gestellt.
Sofern die Klägerin, was die Behandlung von Unterlagen als Betriebs- und Ge-
schäftsgeheimnisse bzw. die Vollständigkeit von Akten anbelangt, über die Rü-
31
32
- 21 -
ge einer formellen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses hinaus
Verfahrensrügen in Bezug auf das gerichtliche Verfahren erhebt, greifen diese
bereits deshalb nicht durch, weil sie die Anforderungen des § 139 Abs. 3 Satz 4
VwGO nicht erfüllen. Sie geben jedenfalls nicht die Tatsachen an, die den Man-
gel ergeben. Insbesondere für die von der Klägerin geltend gemachte Gehörs-
verletzung wären in letztgenannter Hinsicht substantiierte Ausführungen zu ih-
rem weiteren entscheidungserheblichen Vortrag und prozessualen Vorgehen im
Fall der Gewährung des als versagt gerügten Gehörs erforderlich gewesen, an
denen es fehlt.
cc) Der Umstand, dass die Bundesnetzagentur vor Erlass des Beschlusses vom
30. November 2007 kein nationales Konsultationsverfahren nach § 12 Abs. 1
TKG und kein unionsweites Konsolidierungsverfahren im Sinne von § 12 Abs. 2
TKG durchgeführt hat, kann nicht zum Erfolg der Klage führen. Zwar hat der
Senat in objektiv- rechtlicher Hinsicht entschieden, dass die Bundesnetzagentur
über die in § 10 Abs. 3, § 11 Abs. 3 und § 13 Abs. 1 Satz 1 TKG ausdrücklich
geregelten Fälle hinaus gemäß § 15 i.V.m. § 12 Abs. 1 TKG auch vor dem Er-
lass einer Entgeltgenehmigung ein Konsultationsverfahren durchführen muss,
und dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage nach der unionsrechtli-
chen Erforderlichkeit des insoweit vom nationalen Recht nicht verlangten Kon-
solidierungsverfahrens vorgelegt (BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2014 - 6 C
10.13 - BVerwGE 150, 74 Rn. 26 ff.). Der Senat hat jedoch andererseits darauf
erkannt, dass weder die nationalen Vorschriften über das Konsultations- und
Konsolidierungsverfahren noch Art. 6 bis 8 der Rahmenrichtlinie bzw. Art. 8 und
13 der Zugangsrichtlinie einen individualschützenden Charakter aufweisen (vgl.
im Einzelnen: BVerwG, Beschlüsse vom 10. Dezember 2014 - 6 C 16.13 - juris
Rn. 30 und - 6 C 18.13 - juris Rn. 25). Die Senatsrechtsprechung wird entgegen
der Ansicht der Klägerin durch das bereits erwähnte Urteil des Gerichtshofs der
Europäischen Union vom 22. Januar 2015 - C-282/13, T-Mobile Austria - nicht
in Frage gestellt. Wie ausgeführt, verhält sich diese Entscheidung nicht zu der
hier relevanten Frage des individualschützenden Charakters von telekommuni-
kationsrechtlichem Verfahrensrecht. Dies ist offenkundig, lässt keinen Raum für
vernünftige Zweifel und erübrigt deshalb eine Befassung des Gerichtshofs im
Wege des Vorabentscheidungsverfahrens.
33
- 22 -
c) In der Sache hat das Verwaltungsgericht zwar nicht dadurch gegen die revi-
siblen Vorschriften aus § 31 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 und § 35 Abs. 1 und 3
TKG verstoßen, dass es die Entscheidung der Bundesnetzagentur, für die Be-
stimmung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung seitens der Beige-
ladenen überhaupt eine Vergleichsmarktbetrachtung anzustellen, nicht bean-
standet (aa) und (bb)) und eine Inzidentkontrolle des als Vergleichsentgelt her-
angezogenen regulierten Entgelts der Mobilfunknetzbetreiberin O
2
abgelehnt
hat (cc)). Das Verwaltungsgericht hat jedoch unter Verletzung der bezeichneten
telekommunikationsrechtlichen Vorschriften verkannt, dass die Bundesnetza-
gentur nicht allein auf den Markt für Anrufzustellungen im Mobilfunknetz von O
2
als Vergleichsmarkt bzw. auf das dort genehmigte Entgelt als Vergleichsentgelt
abstellen durfte (dd)).
aa) Die Bundesnetzagentur musste die beantragte Entgeltgenehmigung nicht
nach § 35 Abs. 3 Satz 3 TKG versagen, obwohl die Kostenunterlagen im Sinne
des § 33 TKG, die die Beigeladene mit ihrem Entgeltantrag vorgelegt hatte,
nach der mit Revisionsrügen nicht angegriffenen Feststellung des Verwaltungs-
gerichts zur Bestimmung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung
nicht ausreichten. Das Verwaltungsgericht hat es zu Recht nicht als ermessens-
fehlerhaft bewertet, dass die Regulierungsbehörde wegen der im Fall der Ge-
nehmigungsversagung drohenden finanziellen Unsicherheiten für die Beigela-
dene und ihre Wettbewerber auf der Grundlage des § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG auf
eine alternative Methode zur Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbe-
reitstellung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 TKG zurückgegriffen hat.
bb) Der Entscheidungsspielraum, der der Bundesnetzagentur bei einer auf § 35
Abs. 1 Satz 2 TKG gestützten Entgeltregulierung im Hinblick auf die Auswahl
der in § 35 Abs. 1 Satz 1 TKG genannten Methoden der Vergleichsmarktbe-
trachtung (Nr. 1) und des Kostenmodells (Nr. 2) als Alternativen für eine Ermitt-
lung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung auf Grund von Kosten-
unterlagen zusteht, ist entgegen der Einschätzung der Klägerin rechtsdogma-
tisch nicht als ein auf der Tatbestandsseite der Norm angesiedelter Beurtei-
lungsspielraum, sondern als ein die Rechtsfolgen betreffendes Ermessen zu
34
35
36
- 23 -
qualifizieren (BVerwG, Beschlüsse vom 10. Dezember 2014 - 6 C 16.13 - juris
Rn. 33 und - 6 C 18.13 - juris Rn. 28). Dieses Auswahlermessen der Regulie-
rungsbehörde war hier nicht in der Weise reduziert, dass nur die Anwendung
eines Kostenmodells in Betracht gekommen wäre. Dies ergibt sich schon in tat-
sächlicher Hinsicht daraus, dass der Behörde nach Feststellung des Verwal-
tungsgerichts innerhalb der von ihr nach § 31 Abs. 6 Satz 3 TKG einzuhalten-
den Entscheidungsfrist von zehn Wochen kein solches Modell zur Verfügung
stand. Darüber hinaus sind in rechtlicher Hinsicht die Vergleichsmarktbetrach-
tung und die Anwendung eines Kostenmodells nach § 35 Abs. 1 TKG prinzipiell
gleichrangig. Art. 13 Abs. 2 Satz 2 der Zugangsrichtlinie sieht die Vergleichs-
marktbetrachtung ebenfalls ausdrücklich vor (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom
10. Dezember 2014 - 6 C 16.13 - juris Rn. 33 und - 6 C 18.13 - juris Rn. 28).
Vor diesem rechtlichen Hintergrund hatte die Bundesnetzagentur, anders als
die Klägerin meint, auch keinen Anlass, der Beigeladenen zunächst nur eine
Entgeltgenehmigung mit kurzer Geltungsdauer zu erteilen, um an deren Stelle
alsbald eine neue, auf ein zwischenzeitlich beschafftes Kostenmodell gestützte
Genehmigung treten lassen zu können.
cc) Das Verwaltungsgericht hat es ferner zu Recht abgelehnt, im Rahmen der
Klage gegen die auf Basis einer Vergleichsmarktbetrachtung erteilte Entgeltge-
nehmigung der Beigeladenen in eine inzidente Überprüfung des für die Mobil-
funknetzbetreiberin O
2
auf der Grundlage von Kostenunterlagen festgesetzten
Vergleichsentgelts am Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstel-
lung einzutreten.
Die Vergleichsmarktbetrachtung hat ihren Ursprung im allgemeinen Wettbe-
werbsrecht (vgl. etwa: BGH, Beschlüsse vom 16. Dezember 1976 - KVR 2/76 -
BGHZ 68, 23 <33>, vom 12. Februar 1980 - KVR 3/79 - BGHZ 76, 142
<150 ff.> und vom 28. Juni 2005 - KVR 17/04 - BGHZ 163, 282 <291 ff.>). In
Anlehnung hieran (BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2010 - 6 C 36.08 - Buchholz
442.066 § 38 TKG Nr. 2 Rn. 22) wird sie in § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG als
Vergleich von Preisen solcher Unternehmen beschrieben, die entsprechende
Leistungen auf vergleichbaren, dem Wettbewerb geöffneten Märkten anbieten,
wobei die Besonderheiten der Vergleichsmärkte zu berücksichtigen sind. Ver-
37
38
- 24 -
gleichsobjekt sind demnach die auf den jeweiligen Märkten zu beobachtenden
Preise und nicht die Kosten, die den dort tätigen Unternehmen entstehen. Diese
Kosten spielen bei einer Vergleichsmarktbetrachtung nur dann eine Rolle, wenn
sie Ausdruck struktureller Marktunterschiede sind, denen durch Abschläge oder
Zuschläge auf das Vergleichsentgelt Rechnung getragen werden kann und
muss. Dies leuchtet unmittelbar ein, wenn die Vergleichsmarktbetrachtung ge-
mäß § 38 Abs. 2 Satz 3 TKG im Rahmen der nachträglichen Entgeltregulierung
der Prüfung einer etwaigen Missbräuchlichkeit der Entgelte anhand der Maß-
stäbe des § 28 TKG dient. Nichts anderes gilt indes, wenn im Verfahren der Ex-
ante-Entgeltgenehmigung die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung auf
der Grundlage von § 35 Abs. 1 Satz 2 TKG durch eine Vergleichsmarktbetrach-
tung ermittelt werden. Hier wird durch die Vergleichsmarktbetrachtung nicht le-
diglich ein Preis gefunden, der dann noch - quasi in einem weiteren Schritt - auf
seine Übereinstimmung mit den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung
hin zu überprüfen wäre. Vielmehr entspricht der ermittelte Vergleichspreis nach
der Vorstellung des Gesetzgebers ohne weiteres dem Maßstab der Kosten der
effizienten Leistungsbereitstellung (in diesem Sinne: BVerwG, Beschlüsse vom
10. Dezember 2014 - 6 C 16.13 - juris Rn. 55, 59 und - 6 C 18.13 - juris Rn. 50,
54 sowie zuvor bereits: BVerwG, Urteil vom 25. September 2013 - 6 C 13.12 -
BVerwGE 148, 48 Rn. 23; zu den Zusammenhängen insgesamt: Groebel, in:
Säcker, , TKG, 3. Aufl. 2013, § 35 Rn. 3, 19 ff.).
Die inzidente Kostenkontrolle des Vergleichsentgelts liefe hier darauf hinaus,
ein Strukturelement der Vergleichsmarktbetrachtung als Methode zur Bestim-
mung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung, nämlich die Übernah-
me eines gegebenenfalls um Abschläge oder Zuschläge korrigierten Ver-
gleichsentgelts als Abbild der effizienten Kosten, jedenfalls zum Teil durch eine
Kosteneffizienzprüfung auf der Grundlage von Kostenunterlagen - und zwar der
Unterlagen eines Wettbewerbers des Adressaten der Entgeltgenehmigung - zu
ersetzen und auf diese Weise eine spezifische Mischform der beiden Methoden
zu etablieren, deren Anwendung auf das gerichtliche Verfahren beschränkt wä-
re. Eine solche in ihrem Anwendungsbereich beschränkte Mischform der Kos-
tenermittlungsmethoden ist im Telekommunikationsgesetz nicht vorgesehen
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und wäre schon deshalb im Hinblick auf ihre Voraussetzungen und Bedingun-
gen gänzlich unbestimmt.
dd) Das Verwaltungsgericht hätte jedoch darauf erkennen müssen, dass die
Bundesnetzagentur die Beurteilungsspielräume, die ihr im Rahmen einer auf
einer Vergleichsmarktbetrachtung beruhenden Entgeltgenehmigung zustehen
(aaa)), bei der Genehmigung des Mobilfunk-Terminierungsentgelts der Beigela-
denen fehlerhaft ausgefüllt hat, weil sie ausschließlich auf den Markt für Anruf-
zustellungen im Mobilfunknetz der Betreiberin O
2
als Vergleichsmarkt und auf
das dort genehmigte Entgelt als Vergleichsentgelt abgestellt (bbb) und unter
Verstoß gegen verfahrensrechtliche Vorgaben von der Vornahme eines Korrek-
turabschlags abgesehen (ccc)) hat.
aaa) Der Bundesnetzagentur steht, wenn sie auf der Grundlage von § 35 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 und Satz 2 TKG eine Vergleichsmarktbetrachtung zum Zweck der
Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung anstellt, sowohl für
die Entscheidung, welche Märkte sie als Vergleichsbasis heranzieht, als auch
für die Entscheidung, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe unter Berücksich-
tigung der Besonderheiten der Vergleichsmärkte Abschläge bzw. Zuschläge auf
das Vergleichsentgelt anzusetzen sind, ein Beurteilungsspielraum zu. Diese
regulierungsbehördlichen Beurteilungsspielräume knüpfen an den Umstand an,
dass die Vergleichsmarktbetrachtung als Methode zur Ermittlung der Kosten
der effizienten Leistungsbereitstellung ein komplexes, mehrphasiges Verfahren
darstellt, das erstens mit der bewertenden Feststellung beginnt, welche Märkte
mit dem relevanten Markt im Wesentlichen vergleichbar sind, das auf dieser
Grundlage zweitens eine Auswahlentscheidung hinsichtlich derjenigen Märkte
erfordert, welche zur Ermittlung des Vergleichspreises heranzuziehen sind, das
drittens gegebenenfalls eine gestaltende Entscheidung dahingehend verlangt,
in welcher Höhe das ermittelte Vergleichsentgelt etwa durch Zu- oder Abschlä-
ge zu korrigieren ist, um strukturelle Marktunterschiede auszugleichen, und in
dem es viertens unter Umständen einer ebenfalls gestaltenden Entscheidung
darüber bedarf, ob bzw. inwieweit das ermittelte Vergleichsentgelt um einen
Sicherheitszuschlag (weiter) zu erhöhen ist (vgl. die ausführliche Begründung
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in: BVerwG, Beschlüsse vom 10. Dezember 2014 - 6 C 16.13 - juris Rn. 35 ff.
und - 6 C 18.13 - juris Rn. 30 ff.).
bbb) Das Verwaltungsgericht hätte es als Überschreitung des regulierungsbe-
hördlichen Beurteilungsspielraums für die Vergleichsmarktidentifizierung und
Vergleichsmarktauswahl beanstanden müssen, dass die Bundesnetzagentur
den Markt für Anrufzustellungen im Mobilfunknetz von O
2
als alleinigen Ver-
gleichsmarkt herangezogen und dementsprechend das Mobilfunk-Terminie-
rungsentgelt von O
2
als Vergleichsentgelt ohne Weiteres auf die Beigeladene
übertragen hat.
Eine der Maßgaben, auf deren Einhaltung die behördliche Ausfüllung eines Be-
urteilungsspielraums im Verwaltungsprozess zu überprüfen ist, besteht darin,
dass die Behörde von einem richtigen Verständnis des anzuwendenden Geset-
zesbegriffs ausgegangen sein muss. Den gesetzlichen Begriff des Vergleichs-
markts, der sich aus der bereits genannten Umschreibung der Vergleichsmarkt-
betrachtung in § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG ergibt, hat die Bundesnetzagentur
durch ihr alleiniges Abstellen auf den Markt für Anrufzustellungen im Mobilfunk-
netz von O
2
verkannt.
Zwar ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten, dass die Voraussetzungen
des § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt in-
soweit erfüllt waren, als die Mobilfunk-Terminierungsmärkte von O2 und der
Beigeladenen in einem Großteil ihrer Rahmenbedingungen übereinstimmten
und auf ihnen entsprechende Leistungen erbracht wurden.
Im Ausgangspunkt zutreffend und insoweit von dem Verwaltungsgericht zu
Recht unbeanstandet ist die Bundesnetzagentur ferner davon ausgegangen,
dass - wie im Fall des Mobilfunk-Terminierungsmarkts von O
2
gegeben - auch
monopolistisch strukturierte und darüber hinaus ihrerseits regulierte Märkte ver-
gleichbare Märkte im Sinne des § 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG sein können. Ers-
teres rechtfertigt sich aus der Überlegung, dass Marktkräfte nicht nur auf der
Anbieterseite, sondern auch auf der Nachfragerseite wirken (BVerwG, Urteil
vom 23. Juni 2010 - 6 C 36.08 - Buchholz 442.066 § 38 TKG Nr. 2 Rn. 26; vgl.
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auch: BVerwG, Urteil vom 2. April 2008 - 6 C 15.07 - BVerwGE 131, 41
Rn. 32 ff.) und ist bereits nach allgemeinem Wettbewerbsrecht nicht ausge-
schlossen (BGH, Beschlüsse vom 21. Oktober 1986 - KVR 7/85 - NJW-RR
1987, 554 <555> und vom 28. Juni 2005 - KVR 17/04 - BGHZ 163, 282 <292>;
Fuchs/Möschel, in: Immenga/Mestmäcker , Wettbewerbsrecht, Bd. 2,
GWB, Teil 1, 5. Aufl. 2014, § 19 Rn. 269). Letzteres wollte der Gesetzgeber
über den Rechtsstand des allgemeinen Wettbewerbsrechts hinaus durch die
Formulierung der dem Wettbewerb geöffneten Märkte gezielt zulassen (BT-Drs.
15/2316 S. 69). Voraussetzung für das eine wie für das andere ist jedoch, dass
wenigstens eine schmale Basis für die Vergleichbarkeit der Entgelte besteht
(BVerwG, Urteil vom 23. Juni 2010 - 6 C 36.08 - Buchholz 442.066 § 38 TKG
Nr. 2 Rn. 27).
Dass eine solche auch nur schmale Basis im vorliegenden Fall nicht bestand,
haben sowohl die Bundesnetzagentur als auch das Verwaltungsgericht ver-
kannt: Infolge der Betrachtung nur eines Markts - des Mobilfunk-Terminierungs-
markts von O
2
- mit nur einem Vergleichsentgelt fehlte es an einem Korrektiv in
Form weiterer in die Vergleichsanalyse eingehender Werte. Es handelte sich
bei dem Vergleichsentgelt von O
2
seinerseits um ein reguliertes Entgelt, dass
die Behörde nach vorheriger Kostenprüfung gleichzeitig mit den darauf bezoge-
nen Entgelten der Beigeladenen und weiterer Wettbewerber festgesetzt hatte.
Wegen der fehlenden Bestandskraft der Genehmigung des Vergleichsentgelts
stand dieses von Anfang an unter dem Vorbehalt einer von O
2
im Klageweg
erreichten Anhebung, die in Anbetracht des Umstands, dass bei der Entgelt-
festsetzung gewichtige Kostenpositionen in Gestalt der historischen Kosten der
UMTS-Lizenz und eines höheren Kapitalkostenansatzes nicht berücksichtigt
worden waren, ein erhebliches Ausmaß erreichen konnte. Dieser Vorbehalt
barg, da eine spätere Anhebung des Vergleichsentgelts von O
2
nicht mehr auf
die Entgelte der Beigeladenen und weiterer Wettbewerber mit einer Belastung
durch vergleichbare, unternehmensübergreifende Kostenpositionen würde
übertragen werden können, zugleich die Gefahr einer erheblichen Wettbe-
werbsverzerrung in sich.
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Der Bundesnetzagentur hat ausweislich der Begründung der angegriffenen
Entgeltgenehmigung nicht vor Augen gestanden, dass der eingeschränkte Cha-
rakter der hier durchgeführten Vergleichsmarktbetrachtung deren Funktionsfä-
higkeit zur Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung außer
Kraft setzen musste. Die Regulierungsbehörde hat nicht erkannt, dass sie zum
Zeitpunkt ihrer Entscheidung, das heißt, nachdem sie sich gegen eine Ableh-
nung des Entgeltantrags der Beigeladenen wegen nicht hinreichender Kosten-
unterlagen und für eine Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereit-
stellung im Wege der Vergleichsmarktbetrachtung entschieden hatte, eine brei-
tere Basis für den Tarifvergleich hätte schaffen müssen. Je breiter diese Basis
angelegt gewesen wäre, umso weniger Relevanz wäre im Fall regulierter Ent-
gelte der Problematik der möglicherweise fehlenden Bestandskraft der jeweili-
gen Entgeltgenehmigungen zugekommen. Nach Lage der Dinge konnte eine
solche breitere Basis nur durch eine - jedenfalls zusätzliche - Betrachtung inter-
nationaler Vergleichsmärkte hergestellt werden (zu den insoweit im Rahmen
des regulierungsbehördlichen Beurteilungsspielraums zu beachtenden Vorga-
ben: BVerwG, Beschlüsse vom 10. Dezember 2014 - 6 C 16.13 - juris Rn. 48 ff.
und - 6 C 18.13 - juris Rn. 43 ff.).
Ein exekutiver Beurteilungsspielraum ist im Verwaltungsprozess weiterhin da-
raufhin zu überprüfen, ob die Behörde die gültigen Verfahrensbestimmungen
eingehalten hat. Dies hat hier die Bundesnetzagentur jedenfalls insoweit ver-
säumt, als sie vor dem Erlass der Entgeltgenehmigung für die Beigeladene kein
nationales Konsultationsverfahren durchgeführt hat, wozu sie, wie bereits er-
wähnt, nach § 15 TKG i.V.m. § 12 Abs. 1 TKG objektiv-rechtlich verpflichtet ge-
wesen wäre. Auf den Umstand, dass diese Vorschrift keinen individualschüt-
zenden Charakter hat, kommt es für die Frage der verfahrensfehlerfreien Aus-
füllung des Beurteilungsspielraums nicht an (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom
10. Dezember 2014 - 6 C 16.13 - juris Rn. 73 und - 6 C 18.13 - juris Rn. 68).
ccc) Das Verwaltungsgericht hätte ferner nicht als rechtmäßig bestätigen dür-
fen, dass die Bundesnetzagentur keinen Abschlag zu Lasten der Beigeladenen
auf das Vergleichsentgelt von O
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vorgenommen hat. Durch diese Entscheidung
hat die Regulierungsbehörde den Beurteilungsspielraum, der ihr, wie dargelegt,
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im Rahmen einer Vergleichsmarktbetrachtung in Bezug auf die Korrekturbedürf-
tigkeit eines Vergleichsentgelts wegen Besonderheiten der Vergleichsmärkte
auf Grund struktureller Marktunterschiede zusteht, nicht fehlerfrei wahrgenom-
men. Es ist grundsätzlich nicht ausgeschlossen, dass die Bundesnetzagentur
nach der (Teil-)Aufhebung des angefochtenen Beschlusses der Beigeladenen
eine neue Entgeltgenehmigung auf Grund einer Vergleichsmarktbetrachtung
erteilt und in deren Rahmen das Vergleichsentgelt beurteilungsfehlerfrei mit
einem der Klägerin zu gute kommenden Abschlag belegt.
Zwar hat das Verwaltungsgericht die Begründung des angefochtenen Be-
schlusses zu Recht nicht beanstandet, soweit dort im Zusammenhang mit der
Untersuchung der Vergleichbarkeit der Märkte ausgeführt wird, die Zahl der in
den Netzen der Beigeladenen einerseits und der O
2
andererseits angeschlos-
senen Teilnehmer sei mit Anteilen von derzeit 15,1 % bzw. 13 % der Mobil-
funkendkunden vergleichbar, so dass in dieser Hinsicht keine wesentlichen kos-
tenmäßigen Unterschiede bestünden. Diese Erwägungen der Beschlusskam-
mer waren unter den konkreten Umständen ausreichend. Nach ständiger
Rechtsprechung des Senats muss sich die Regulierungsbehörde in der Be-
gründung ihrer Entscheidung nicht mit Gesichtspunkten befassen, die nicht vor-
getragen worden sind und sich auch nicht aufdrängen (vgl. BVerwG, Urteile
vom 25. September 2013 - 6 C 13.12 - BVerwGE 148, 48 Rn. 43 und vom
11. Dezember 2013 - 6 C 23.12 - Buchholz 442.066 § 21 TKG Nr. 4 Rn. 33).
Um einen solchen Fall handelt es sich hier. Der Einwand der Klägerin, bereits
die Zahl von ca. 2 Millionen zusätzlichen Endkunden führe zu wesentlichen
Kostenvorteilen, ist erst im gerichtlichen Verfahren erhoben und auch dort nicht
weiter substantiiert worden. Im Rahmen einer Vergleichsmarktbetrachtung kön-
nen zudem offensichtlich nicht alle kostenrelevanten Unterschiede mit letzter
Genauigkeit beziffert werden. Hinzu kommt, dass es auch an hinreichenden
Anhaltspunkten dafür fehlt, dass die geringfügig unterschiedlichen Marktanteile
der Beigeladenen und der O
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auf strukturelle Marktunterschiede zurückzuführen
sind. Bei beiden Unternehmen handelt es sich um sog. E-Netz-Betreiber mit
einer 1 800-MHz-Frequenzerstausstattung. Dass der im Vergleich mit O
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ge-
ringfügig größere Marktanteil der Beigeladenen noch neun Jahre nach dem
Markteintritt von O
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(1998) allein auf die vier Jahre frühere Geschäftsaufnahme
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der Beigeladenen (1994) zurückzuführen gewesen sein sollte, erscheint dem
Senat fernliegend (vgl. in diesem Zusammenhang auch BVerwG, Beschluss
vom 25. Februar 2015 - 6 C 33.13 - und Urteil vom 25. Februar 2015 - 6 C
37.13 - in Bezug auf die Unterschiede zwischen O
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und den sog. D-Netz-
Betreibern).
Die Bundesnetzagentur ist jedoch bei der Ausfüllung ihres Beurteilungsspiel-
raums auch insoweit der gerichtlich überprüfbaren Maßgabe der Einhaltung der
gültigen Verfahrensbestimmungen nicht gerecht geworden. Wie bereits in Be-
zug auf den regulierungsbehördlichen Beurteilungsspielraum für die Ver-
gleichsmarktidentifizierung und Vergleichsmarktauswahl festgestellt, liegt in der
fehlenden Durchführung eines nationalen Konsultationsverfahrens nach § 15
TKG i.V.m. § 12 Abs. 1 TKG auch hinsichtlich des Beurteilungsspielraums für
die Berücksichtigung von Besonderheiten der Vergleichsmärkte in Gestalt von
Abschlägen oder Zuschlägen eine Verfehlung der gerichtlich überprüfbaren An-
forderung, die gültigen Verfahrensbestimmungen einzuhalten.
d) Die Klägerin wird durch den aus den dargelegten Gründen rechtswidrigen
Beschluss der Bundesnetzagentur vom 30. November 2007 in Bezug auf den
Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis zum 30. Juni 2008 im Sinne des § 113
Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten verletzt, da - wie sich aus den Darlegun-
gen im Rahmen der Klagebefugnis ergibt - wegen der gemäß § 37 Abs. 1 und 2
TKG privatrechtsgestaltenden Wirkung der Entgeltgenehmigung ein Eingriff in
ihre durch Art. 2 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützte Privatautonomie vorliegt.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 154 Abs. 3 Satz 1
VwGO, § 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO und § 162 Abs. 3 VwGO.
Neumann
Dr. Heitz
Dr. Möller
Hahn
Prof. Dr. Hecker
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53
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B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 30 000 €
festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).
Neumann
Dr. Möller
Hahn