Urteil des BVerwG vom 10.10.2012

Vergabeverfahren, Rechtliches Gehör, Sicherstellung, Rechtsgrundlage

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 6 C 36.11
VG 21 K 8149/09
Verkündet
am 10. Oktober 2012
Bärhold
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 10. Oktober 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Dr. Graulich, Hahn und
Prof. Dr. Hecker
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts
Köln vom 14. September 2011 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
G r ü n d e :
I
Die Klägerin wendet sich gegen Regelungen der Bundesnetzagentur über die
Vergabe von Frequenzen für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Te-
lekommunikationsdiensten. Sie betreibt terrestrische Rundfunksendernetze für
den Empfang von digitalem Antennenfernsehen (DVB-T). Hierzu verfügte sie
unter anderem über sechs bis 2025 gültige Frequenzzuteilungen im Bereich
790 bis 862 MHz, die die beklagte Bundesnetzagentur mit noch nicht bestands-
kräftigen Widerrufsbescheiden vom April 2010 bzw. August 2010 unter Zutei-
lung von Ersatzfrequenzen widerrufen hat.
Durch die im Juli 2009 in Kraft getretene Zweite Verordnung zur Änderung der
Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung wurde der bislang vorrangig für
militärische Anwendungen, in einem Teilbereich für Rundfunkanwendungen
sowie für drahtlose Mikrofone genutzte Frequenzbereich 790 bis 862 MHz dem
Festen Funkdienst, dem Mobilfunkdienst und dem Rundfunkdienst zugewiesen.
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In der hierauf bezogenen Nutzungsbestimmung 22 des Frequenzbereichszu-
weisungsplans ist festgelegt, dass die Nutzung für den Rundfunkdienst auslau-
fend ist. Nach der Nutzungsbestimmung 36 ist der Frequenzbereich 790 bis 862
MHz im Benehmen mit den Ländern so bald wie möglich für die mobile breit-
bandige Internetversorgung zu nutzen; er dient vorrangig zur Schließung von
Versorgungslücken in ländlichen Bereichen. Ferner wird bestimmt, dass der
Mobilfunkdienst im Frequenzbereich 790 bis 862 MHz keine Störungen des
Rundfunkdienstes verursachen darf. In dem Frequenznutzungsplan der Bun-
desnetzagentur mit Stand September 2009 wurde als Nutzungszweck insoweit
„Drahtloser Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten“ fest-
gelegt.
Durch Allgemeinverfügung vom 12. Oktober 2009 entschied die Präsidenten-
kammer der Bundesnetzagentur, die Vergabe von Frequenzen für den drahtlo-
sen Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten in den Berei-
chen 790 bis 862 MHz sowie 1710 bis 1725 MHz und 1805 bis 1820 MHz mit
dem bereits früher eingeleiteten Verfahren zur Vergabe von Frequenzen in den
Bereichen 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz zu verbinden (Teilentscheidung I). Im
Hinblick auf die verbundenen Frequenzen regelt die Allgemeinverfügung des
Weiteren die Anordnung des Vergabeverfahrens (Teilentscheidung II) sowie
dessen Durchführung als Versteigerungsverfahren (Teilentscheidung III). Fer-
ner legt die Allgemeinverfügung Regelungen für die Durchführung des Verga-
beverfahrens (Teilentscheidung IV) sowie Versteigerungsregeln fest (Teilent-
scheidung V). Als Teil der Vergabebedingungen werden gemäß Nr. IV.4.2.1 der
Allgemeinverfügung für die Frequenznutzungen im Frequenzbereich 800 MHz
die in der Anlage 2 enthaltenen vorläufigen Frequenznutzungsbestimmungen
festgelegt. Ferner wird bestimmt, dass die Frequenznutzungsbestimmungen
nachträglich geändert werden können, insbesondere, wenn dies zur Sicherstel-
lung einer effizienten und störungsfreien Nutzung oder aufgrund internationaler
Harmonisierungsvereinbarungen erforderlich wird. Erläuternd wird hierzu aus-
geführt, dass insbesondere bei den in Anlage 2 beschriebenen Frequenznut-
zungsbestimmungen zum 800-MHz-Bereich Änderungen zu erwarten seien, da
hierzu die endgültigen Entscheidungen auf europäischer und nationaler Ebene
noch ausstünden. Die in Anlage 2 enthaltenen Frequenznutzungsbestimmun-
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gen, durch die die störungsfreie Koexistenz der Netze unterschiedlicher Betrei-
ber des drahtlosen Netzzugangs zum Angebot von Telekommunikationsdiens-
ten innerhalb des Frequenzbereichs 790 bis 862 MHz sowie die Koexistenz die-
ser Netze mit den Funkanwendungen der dazu benachbarten Frequenzberei-
che sichergestellt werden soll, sehen unter anderem Strahlungsleistungsgrenz-
werte sowie Anforderungen für sog. Frequenzblock-Entkopplungsmasken vor.
Ferner findet sich der Hinweis, dass darüber hinaus lokal oder regional zusätzli-
che Maßnahmen erforderlich werden könnten; diese würden vor allem bei der
standortspezifischen Festlegung der frequenztechnischen Parameter der kon-
kreten Basisstationen des drahtlosen Netzzugangs zum Angebot von Tele-
kommunikationsdiensten zu berücksichtigen sein.
In der Begründung der Allgemeinverfügung wird unter anderem ausgeführt,
dass hinsichtlich des Rundfunkdienstes (digitaler Fernsehrundfunk) alle Interfe-
renzaspekte in Deutschland, auch unter Beachtung der Nutzungsbestimmung
36 der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung (Schutz des Rundfunk-
dienstes), sowie auf der Ebene der Europäischen Konferenz der Verwaltungen
für Post und Telekommunikation (CEPT) hinreichend geklärt seien. Die konkre-
te lokale Interferenzsituation zwischen einer Basisstation des drahtlosen Netz-
zugangs zum Angebot von Telekommunikationsdiensten und dem Fernseh-
rundfunk könne die Bundesnetzagentur erst bei der Festlegung der standort-
spezifischen frequenztechnischen Parameter für die betroffene Basisstation
zugrunde legen. Da diese Interferenzsituation sehr stark von den lokalen bzw.
regionalen Rahmenbedingungen, ggf. auch von Grenzkoordinierungsaspekten,
abhänge, sei eine Prüfung im Einzelfall bei der Festsetzung der standortbezo-
genen Parameter notwendig. Die innerhalb des Ausschusses für elektronische
Kommunikation (ECC) der CEPT erarbeiteten Arbeitsergebnisse, insbesondere
im CEPT -Bericht 30 dokumentiert, dienten zukünftig als Basis für diese einzel-
fallbezogenen Betrachtungen. Dies schließe auch die Anwendung von den in
diesem Bericht beschriebenen Störungslinderungsmaßnahmen ein.
Die Klägerin hat gegen die Teilentscheidungen I, II und IV der Allgemeinverfü-
gung der Bundesnetzagentur vom 12. Oktober 2009 am 4. Dezember 2009
Klage erhoben. Sie befürchtet, dass die vorgesehene Nutzung der Frequenzen
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im Bereich 790 bis 862 MHz für den Mobilfunk - insbesondere durch den Ein-
satz der für die schnelle Funkanbindung an das Internet vorgesehenen LTE
(„Long Term Evolution“) - Technologie - zu Störungen der digitalen Rundfunk-
übertragung führen wird.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage durch Urteil vom 14. September 2011
abgewiesen. Die Klägerin könne sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass keine
mündliche Verhandlung vor der Beschlusskammer stattgefunden habe. Die
Bundesnetzagentur sei rechtlich nicht gehindert gewesen, auch diejenigen Fre-
quenzen in das Vergabeverfahren einzubeziehen, für die der Klägerin bis zum
Jahr 2025 befristete Zuteilungen gewährt worden waren, da die berechtigte Er-
wartung einer Verfügbarkeit in absehbarer Zeit bestanden habe. Auch im Übri-
gen werde die Klägerin durch die angegriffenen Teile der Allgemeinverfügung
nicht in ihren Rechten verletzt. Rechtlich relevante Nachteile, die sich gerade
aus der in Nr. I. der Allgemeinverfügung angeordneten Verbindung von Verga-
beverfahren für sie ergäben, habe sie nicht aufgezeigt. Die in Nr. II. getroffene
Anordnung des Vergabeverfahrens berühre nur Rechte von Zuteilungspetenten
für die in Rede stehenden Frequenzen. Durch die Regelungen des Vergabever-
fahrens in Nr. IV. der Allgemeinverfügung einschließlich der in Nr. IV.4.2 und
Anlage 2 festgelegten vorläufigen Frequenznutzungsbestimmungen für den
Frequenzbereich 800 MHz werde sie ebenfalls nicht in ihren Rechten verletzt.
Soweit sie eine Verletzung ihres Rechts auf störungsfreie Frequenznutzung
rüge, sei die Klägerin in einer solchen Rechtsposition jedenfalls nicht unmittel-
bar betroffen. Die von ihr befürchteten Störungen des Rundfunkempfangs träten
- wenn überhaupt - noch nicht mit der Festlegung der Frequenznutzungsbe-
stimmungen, sondern erst mit der Zuteilung der Frequenzen und mit ihrer Nut-
zung auf. Die mit der Allgemeinverfügung insoweit getroffenen Entscheidungen
gingen der Zuteilung voran und beinhalteten damit noch keine Frequenznut-
zungsrechte. Die Frequenznutzungsbestimmungen hätten damit noch keine
unmittelbare Wirkung für die späteren Frequenznutzungen, sondern dienten
dazu, den Interessenten an einer Frequenznutzung eine Entscheidungsgrund-
lage für oder gegen die Teilnahme am Vergabeverfahren und eine Basis zur
Abschätzung des wirtschaftlichen Werts der zu vergebenden Frequenzen zu
verschaffen. Zwar habe ein erfolgreicher Teilnehmer am Vergabeverfahren ei-
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nen Rechtsanspruch auf Zuteilung von Frequenzen zu den in der Allgemeinver-
fügung niedergelegten Nutzungsbedingungen. Einer Rechtsverletzung durch
die in Nr. IV.4.2. und in Anlage 2 der Allgemeinverfügung statuierten Nutzungs-
bestimmungen für den Frequenzbereich 800 MHz stehe aber entgegen, dass
diese - im Gegensatz zu den Nutzungsbestimmungen für die Frequenzbereiche
1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz - ausdrücklich nur vorläufig seien.
Ungeachtet dessen stehe der Klägerin ein gegen die Beklagte gerichteter Ab-
wehranspruch mit dem Ziel der Gewährleistung einer in jeder Hinsicht von Stö-
rungen freien Frequenznutzung gegenüber später hinzutretenden Frequenznut-
zungen grundsätzlich nicht zu. Effizienz und Störungsfreiheit seien konfligieren-
de Belange, die im Wege wertender Abwägung bedarfsgerecht zum Ausgleich
zu bringen seien. Allenfalls bestehe ein Anspruch auf Abwehr unzumutbarer
Beeinträchtigungen. Eine die Frequenzzuteilung hindernde Unverträglichkeit
der Nutzung des 800 MHz- Bandes für Mobilfunkdienste mit der Nutzung des
darunter liegenden Frequenzbereichs 470 bis 790 MHz für den Rundfunkdienst
lasse sich insbesondere nicht den von der Klägerin angeführten Studien und
Untersuchungen entnehmen. Diese zeigten zwar ein nicht unerhebliches Stör-
potenzial für den DVB-T- Empfang auf, kämen aber zu dem Schluss, dass sich
die befürchteten Störungen durch entsprechende technische Maßnahmen auf
Seiten der Mobilfunkunternehmen und auf Seiten der Nutzer beseitigen oder
doch wesentlich verringern ließen. Auf die von der Klägerin schriftsätzlich unter
Beweis gestellten Tatsachen zu Art und Umfang der befürchteten Störungen
und Abhilfemaßnahmen sowie zu methodischen Mängeln und fehlerhaften Er-
gebnissen vorliegender Untersuchungen und Studien würde es daher nicht an-
kommen. Die Entscheidung der Beklagten, die Frequenzen im 800-MHz-
Bereich schon vor einer in jeder Beziehung abschließenden Klärung der Stör-
szenarien unter der Festlegung nur vorläufiger Frequenznutzungsbestimmun-
gen zur Vergabe zu stellen, sei frei von Ermessensfehlern.
Die Klägerin werde ferner nicht in einem auch sie schützenden subjektiven
Recht auf fehlerfreie Abwägung ihrer Belange in einem Planungsprozess ver-
letzt. Die in der Allgemeinverfügung vom 12. Oktober 2009 enthaltenen Ent-
scheidungen würden nicht in einem förmlichen Planfeststellungsverfahren ge-
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troffen; auch fehle den § 55 Abs. 9, § 61 Abs. 1 und 4 TKG der Charakter eines
Fachplanungsgesetzes. Die Zuteilung der Frequenzen diene der Umsetzung
der auf der Ebene der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung und des
Frequenznutzungsplans festgelegten planerischen Vorgaben, ohne selbst der
Planungsebene zuzugehören. Die Abwägung der sich aus Nutzungskonflikten
der vorliegenden Art ergebenden Belange sei der Ebene der Frequenzplanung
nach § 53 TKG und § 54 TKG zugewiesen. Auch unter Gesichtspunkten des
effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) sei nicht die Annahme eines
subjektiven Rechts der Klägerin auf planerische Konfliktbewältigung im Rahmen
der von der Bundesnetzagentur nach § 61 TKG zu treffenden Entscheidungen
geboten; denn die planerischen Festlegungen unterlägen der inzidenten ge-
richtlichen Kontrolle in Verfahren, die sich gegen auf ihnen beruhende Verwal-
tungsentscheidungen wie Frequenzzuteilungen richteten.
Mit der - vom Verwaltungsgericht zugelassenen - Revision macht die Klägerin
geltend: Die Anordnung des Vergabeverfahrens im 800-MHz-Bereich und die
Festlegung der Frequenznutzungsbestimmungen für diesen Bereich verletzten
sie unmittelbar in ihrem Recht auf Schutz vor Störungen durch Mobilfunknut-
zungen. Nach der gesetzlichen Konzeption der gestuften Frequenzvergabe ent-
falteten die Frequenznutzungsbestimmungen gemäß § 61 Abs. 4 Satz 2 TKG
unmittelbare und rechtsgestaltende Wirkung für die spätere Frequenznutzung
der erfolgreichen Bieter. Bei der Festlegung der Frequenznutzungsbestimmun-
gen seien die Zuteilungsvoraussetzungen des § 55 Abs. 5 Satz 1 TKG bereits
zu berücksichtigen. Sie beinhalteten insoweit die Festlegungen, die zur Sicher-
stellung einer verträglichen und störungsfreien Nutzung im Sinne des § 55 Abs.
5 Satz 1 Nr. 3 und 4 TKG erforderlich seien. Dass die Bundesnetzagentur die
Festlegungen unter den Vorbehalt einer späteren Änderung gestellt habe, än-
dere nichts an deren unmittelbarer rechtsgestaltender Wirkung, da diese nicht
zur Disposition der Verwaltung stehe. Nachträgliche Änderungen der Fre-
quenznutzung seien nur in den in § 60 Abs. 2 Satz 2 TKG genannte Fällen zu-
lässig.
Spiegelbildlich zum Anspruch der erfolgreichen Bieter auf Zuteilung zu den
festgelegten Bedingungen räume das TKG dem von einer Neuvergabe von
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Frequenzen betroffenen Frequenznachbarn einen Anspruch auf Schutz vor Stö-
rungen durch die späteren Nutzungen durch verbindliche Festlegung der hierfür
notwendigen Frequenznutzungsbeschränkungen ein. Die Regelungen der § 61
Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 und § 55 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 und 4 TKG hätten insoweit
drittschützende Wirkung. Die Herstellung der Verträglichkeit im Sinne des § 55
Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 TKG sei keine offene Zielvorgabe, sondern nur dann gege-
ben, wenn die Behörde ermittelt und festgestellt habe, dass keine Störung be-
stehender Frequenznutzungen zu befürchten sei. Wie sich aus den von der
Klägerin vorgelegten Studien und Untersuchungen ergebe, sei die gesetzlich
geforderte Verträglichkeit der Nutzung des 800-MHz-Bereichs für Mobilfunk-
dienste mit der Nutzung des benachbarten Frequenzbereichs für den Rund-
funkdienst nicht gegeben. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts
räume das TKG der Bundesnetzagentur kein Ermessen ein, bei befürchteten
Störungen eine Frequenzvergabe ohne verbindliche Festlegung störvermeiden-
der Frequenznutzungsbestimmungen zu treffen. Zudem habe sich das Verwal-
tungsgericht unter Verletzung seiner Prüfpflichten auf eine bloße Plausibilitäts-
kontrolle des von der Bundesnetzagentur zu Grunde gelegten Sachverhalts be-
schränkt, obwohl die tatsächlichen Annahmen der Behörde im erstinstanzlichen
Verfahren zwischen den Beteiligten streitig geblieben seien. Die Rechtswidrig-
keit der Festlegungen nach § 61 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 TKG ergebe sich auch da-
raus, dass die gesetzlich geforderten planerischen Festlegungen der Bundes-
netzagentur zur Sicherstellung der verträglichen und störungsfreien Nutzung
des 800-MHz-Bereichs und konkretisierenden Umsetzung der Vorgaben in der
Nutzungsbestimmung 36 der FreqBZPV nicht erfolgt seien.
Die Anordnung der Vergabe des 800-MHz-Bereichs sei ebenfalls rechtswidrig
und verletze die Klägerin in ihrem Recht auf Schutz vor Störungen durch den
neu zugelassenen Mobilfunkdienst im 800-MHz-Bereich sowie ferner in eigenen
Nutzungsrechten für Frequenzen im 800-MHz Bereich. Die der Klägerin bis zum
Jahr 2025 zugeteilten und im Zeitpunkt des Erlasses der Vergabeentscheidung
noch nicht widerrufenen Frequenzzuteilungen im 800-MHz-Bereich seien für
eine Neuvergabe rechtlich nicht verfügbar gewesen. Die Beklagte habe insoweit
im Zeitpunkt des Erlasses der Vergabeanordnung auch nicht davon ausgehen
dürfen, dass die rechtliche Verfügbarkeit der Frequenzen der Klägerin absehbar
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sei. Aus den dargelegten Gründen sei auch die Verbindungsentscheidung nach
Ziffer I. der angefochtenen Allgemeinverfügung rechtswidrig.
Indem die Beklagte sowohl die Entscheidung der § 55 Abs. 9 TKG als auch die
Entscheidung nach § 61 Abs.4 Satz 2 TKG ohne Durchführung einer mündli-
chen Verhandlung erlassen habe, habe sie den Anspruch der Klägerin auf Ein-
haltung der gesetzlichen Regelungen zur Durchführung eines Beschlusskam-
merverfahrens nach § 135 Abs. 3 Satz 1 TKG verletzt. Das Fehlen der mündli-
chen Verhandlung sei kein unbeachtlicher Verfahrensfehler. Das angefochtene
Urteil beruhe zudem auf einer Verletzung der Aufklärungspflicht, des Überzeu-
gungsgrundsatzes und des rechtlichen Gehörs der Klägerin.
Die Klägerin beantragt,
die Entscheidungen Ziffer I., Ziffer II. und Ziffer IV. der All-
gemeinverfügung der Beklagten Az. BK 1a-09/002 vom
12. Oktober 2009 aufzuheben, soweit diese Entscheidun-
gen die Vergabe des Frequenzbereichs 790 MHz bis 862
MHz regeln,
hilfsweise,
die Entscheidungen Ziffer I., Ziffer II. und Ziffer IV. der All-
gemeinverfügung der Beklagten Az. BK 1a-09/002 vom
12. Oktober 2009 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
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II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das angefochtene Urteil steht zwar
insoweit nicht im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO), als das
Verwaltungsgericht die Klagebefugnis im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO zu Un-
recht bejaht hat. Da die von der Vorinstanz als unbegründet abgewiesene Klage
damit bereits unzulässig ist, erweist sich das Urteil aus diesem Grund zugleich
jedoch als im Ergebnis richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO).
Die Klagebefugnis setzt voraus, dass der Kläger geltend macht, durch den Ver-
waltungsakt oder seine Ablehnung in eigenen Rechten verletzt zu sein, und
dass nach seinem Vorbringen die Verletzung dieser Rechte möglich ist. Die
Verletzung eigener Rechte muss hiernach auf der Grundlage des Klagevorbrin-
gens als möglich erscheinen. Diese Möglichkeit ist dann auszuschließen, wenn
offensichtlich und nach keiner Betrachtungsweise subjektive Rechte des Klä-
gers verletzt sein können (stRspr, vgl. Urteile vom 10. Oktober 2002 - BVerwG
6 C 8.01 - BVerwGE 117, 93 <95 f.> = Buchholz 442.066 § 30 TKG Nr. 1 S. 3,
vom 28. November 2007 - BVerwG 6 C 42.06 - BVerwGE 130, 39 Rn. 11 =
Buchholz 442.066 § 132 TKG Nr. 1 und vom 26. Januar 2011 - BVerwG 6 C
2.10 - Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 3, jeweils m.w.N.). Hiervon ausgehend
ist eine Verletzung von Rechten der Klägerin durch die angefochtenen Teilent-
scheidungen der Allgemeinverfügung der Bundesnetzagentur vom 12. Oktober
2009 ausgeschlossen. Die Möglichkeit einer Rechtsverletzung entsteht vielmehr
erst mit der späteren Frequenzzuteilung im Sinne des § 55 Abs. 1 Satz 1 des
Telekommunikationsgesetzes (TKG) vom 22. Juni 2004 (BGBl I S. 1190), das in
dem hier maßgeblichen Zeitpunkt der Präsidentenkammerentscheidung vom
12. Oktober 2009 zuletzt durch Gesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl I S. 2413) ge-
ändert worden war.
1. Dass die mit der Teilentscheidung II der Allgemeinverfügung erfolgte Anord-
nung der Bundesnetzagentur, der Frequenzzuteilung ein Vergabeverfahren
vorzuschalten, keine relevanten Rechtspositionen der Klägerin verletzen kann,
folgt aus dem begrenzten Regelungsgehalt dieser Anordnung. Dieser ergibt
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sich aus den Tatbestandsvoraussetzungen der Rechtsgrundlage in § 55 Abs. 9
Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes in der hier noch anwendbaren, bis
zum Inkrafttreten des Gesetzes vom 3. Mai 2012 (BGBl I S. 958) geltenden
Fassung (TKG a.F.; vgl. nunmehr § 55 Abs. 10 Satz 1 TKG n.F.). Sind danach
für Frequenzzuteilungen nicht in ausreichendem Umfang verfügbare Frequen-
zen vorhanden oder sind für bestimmte Frequenzen mehrere Anträge gestellt,
kann die Bundesnetzagentur anordnen, dass der Zuteilung der Frequenzen ein
Vergabeverfahren auf Grund der von der Bundesnetzagentur festzulegenden
Bedingungen nach § 61 TKG voranzugehen hat.
Als Konsequenz einer durch Frequenzbewirtschaftung zu bewältigenden
Knappheitssituation (vgl. Urteil vom 23. März 2011 - BVerwG 6 C 6.10 -
BVerwGE 139, 226 <23 >, Rn. 21) wandelt die Anordnung eines Vergabever-
fahrens den Anspruch auf Einzelzuteilung von Frequenzen (§ 55 Abs. 3 Satz 1,
Abs. 5 Satz 1 TKG a.F.) in einen Anspruch auf chancengleiche Teilnahme am
Vergabeverfahren um. Sie berührt daher die materielle Rechtsposition von Un-
ternehmen, die einen noch nicht bestandskräftig abgelehnten Antrag auf Ein-
zelzuteilung gestellt haben (vgl. Urteile vom 1. September 2009 - BVerwG 6 C
4.09 - BVerwGE 134, 368 <372>, Rn. 17; vom 23. März 2011 - BVerwG 6 C
6.10 - BVerwGE 139, 226 = Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 5 jeweils Rn. 13;
und vom 22. Juni 2011 - BVerwG 6 C 3.10 - Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 6
Rn. 14). Auf die Rechte von Unternehmen, die sich nicht um die Zuteilung der
zu vergebenden Frequenzen bewerben, sondern als Drittbetroffene wie die
Klägerin lediglich Störungen durch die spätere Nutzung der zu vergebenden
Frequenzen befürchten, kann sich die Anordnung des Vergabeverfahrens nicht
auswirken. Gleiches gilt für die - ohnehin nur gemeinsam mit der Vergabean-
ordnung (Teilentscheidung II) der gerichtlichen Überprüfung zugängliche (s.
Urteil vom 23. März 2011 a.a.O. Rn. 17) Entscheidung, die Vergabe von Fre-
quenzen in den Bereichen 790 bis 862 MHz sowie 1710 bis 1725 MHz und
1805 bis 1820 MHz mit dem bereits früher eingeleiteten Verfahren zur Vergabe
von Frequenzen in den Bereichen 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz für den draht-
losen Netzzugang zu verbinden (Teilentscheidung I der Allgemeinverfügung).
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Der Einwand der Klägerin, die ihr bis zum Jahr 2025 eingeräumten und bislang
nicht bestandskräftig widerrufenen Frequenzzuteilungen im 800-MHz-Bereich
seien entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts für eine Neuvergabe
rechtlich nicht verfügbar gewesen, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Zwar
werden Frequenzen nach § 55 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 TKG a.F. nur zugeteilt, wenn
sie verfügbar sind. Hieran fehlt es, wenn die zu vergebende Frequenz bereits
einem anderen Nutzer wirksam zugeteilt ist. Für die Auffassung der Klägerin,
die Zuteilungsvoraussetzung der rechtlichen Verfügbarkeit müsse bereits im
Zeitpunkt der Anordnung eines Vergabeverfahrens nach § 55 Abs. 9 Satz 1
TKG a.F. gegeben sein, findet sich im Gesetzeswortlaut jedoch kein Anhalts-
punkt. Die von der Klägerin befürwortete Vorverlegung des für die Vorausset-
zung der Verfügbarkeit der Frequenzen maßgeblichen Zeitpunkts von der Zutei-
lung auf die Anordnung eines Vergabeverfahrens lässt sich auch nicht mit der
Erwägung begründen, die Bundesnetzagentur könne die zur Vergabe gestellten
Frequenzen anderenfalls nur unter Verletzung der Nutzungsrechte Dritter zutei-
len; denn in der Zeit zwischen dem Erlass der Vergabeanordnung und der Zu-
teilung der betreffenden Frequenzen können sich beispielsweise in Folge eines
auf § 63 TKG a.F. gestützten, nach § 137 Abs. 1 TKG grundsätzlich sofort voll-
ziehbaren Widerrufs der früheren Frequenzzuteilungen Änderungen hinsichtlich
der bestehenden Frequenznutzungsrechte ergeben. Dem von der Klägerin er-
wähnten Gesichtspunkt der Rechtssicherheit kann wie im vorliegenden Fall da-
durch Rechnung getragen werden, dass das Vorhandensein anderer Fre-
quenznutzungsrechte für die Zuteilungspetenten aufgrund eines Hinweises in
der Vergabeanordnung erkennbar ist. Müsste die Voraussetzung der Verfüg-
barkeit der Frequenzen bereits im Zeitpunkt der Anordnung des Vergabeverfah-
rens erfüllt sein, hätte dies hingegen zur Folge, dass die zu vergebenden Fre-
quenzen während des gesamten Vergabe- und Zuteilungsverfahrens nicht ge-
nutzt werden könnten. Dies stünde in einem durch sachliche Gründe nicht ge-
rechtfertigten Widerspruch zu dem in § 2 Abs. 2 Nr. 7 TKG a.F. als Regulie-
rungsziel und in § 52 Abs. 1 TKG a.F. als Grundlage der Frequenzordnung ge-
nannten Grundsatz der effizienten Frequenznutzung.
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Auf die vom Verwaltungsgericht im vorliegenden Zusammenhang erörterte Fra-
ge, ob die Bundesnetzagentur zu Recht davon ausgegangen ist, dass die der
Klägerin zugeteilten Frequenzen im 800-MHz-Bereich jedenfalls im Zeitpunkt
des Abschlusses des Vergabeverfahrens für eine Zuteilung zur Verfügung ste-
hen würden, kommt es nicht an. Auch ohne den in die Frequenzzuteilungsbe-
scheide aufgenommenen Vorbehalt einer Anpassung der Frequenznutzungs-
bestimmungen und des darauf bezogenen Hinweises auf einen gegebenenfalls
notwendigen Widerruf der Frequenzzuteilung könnte sich die Vergabeanord-
nung auf Rechtspositionen der Klägerin nicht auswirken.
2. Hinsichtlich des überwiegenden Teils der von der Klägerin ebenfalls ange-
fochtenen Vergabebedingungen (Teilentscheidung IV der Allgemeinverfügung
der Bundesnetzagentur vom 12. Oktober 2009) ist ebenfalls nicht erkennbar,
inwieweit hierdurch ihre Rechte als durch die spätere Frequenznutzung mögli-
cherweise betroffene Dritte berührt sein könnten.
Dies betrifft insbesondere die Voraussetzungen für die Zulassung zum Verstei-
gerungsverfahren (Nr. IV.1), die Bestimmung des sachlich und räumlich rele-
vanten Marktes, für den die zu vergebenden Frequenzen verwendet werden
dürfen (Nr. IV.2), die Grundausstattung an Frequenzen und Beschränkung der
Bietrechte (Nr. IV.3), sowie schließlich auch den überwiegenden Teil der in Nr.
IV.4 der Allgemeinverfügung enthaltenen Frequenznutzungsbestimmungen,
d.h. die Befristung der Zuteilung (Nr. IV.4.3), die Konkretisierung der Versor-
gungs- und Netzausbauverpflichtung (Nr. IV.4.4 und IV.4.5), die Berichtspflicht
(Nr. IV.4.6), die Möglichkeit, die Frequenzzuteilung unter bestimmten Voraus-
setzungen mit einer auflösenden Bedingung zu versehen (Nr. IV.4.7) sowie den
Ausschluss der Verpflichtung zur diskriminierungsfreien Zugangsgewährung
(Nr. IV.4.8). Die Bestimmung, dass der drahtlose Netzzugang zum Angebot von
Telekommunikationsdiensten Nutzungszweck der zur Vergabe stehenden Fre-
quenzen in den Frequenzbereichen 790 bis 862 MHz sowie 1710 bis 1725 MHz
und 1805 bis 1829 MHz und 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz ist (Nr. IV.4.1), kann
schon deshalb keine Rechte der Klägerin verletzen, weil sie lediglich Hinweis-
charakter hat, am Regelungsgehalt der Allgemeinverfügung aber nicht teil-
nimmt. Insoweit gilt nichts anderes als in Bezug auf die Nennung des drahtlo-
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sen Netzzugangs zum Angebot von Telekommunikationsdiensten als Nut-
zungszweck in der Teilentscheidung II der Allgemeinverfügung (vgl. Urteil vom
22. Juni 2011 - BVerwG 6 C 3.10 - Buchholz 442.066 § 55 TKG Nr. 6 Rn. 39 f.).
3. Als einzige Regelung mit denkbaren Auswirkungen auf Rechtspositionen der
Klägerin kommt nach dem Revisionsvorbringen demnach überhaupt nur die
Festlegung der Frequenznutzungsbestimmungen in Nr. IV.4.2 und Anlage 2 der
angefochtenen Allgemeinverfügung in Betracht. Die Möglichkeit einer Rechts-
verletzung würde jedoch voraussetzen, dass nicht erst durch die nachfolgende
Frequenzzuteilung, sondern bereits durch die Festlegungen in den Vergabebe-
dingungen Inhalt und Umfang der Erlaubnis zur Nutzung der zu vergebenden
Frequenzen - und damit korrespondierend der Pflicht der Klägerin zur Duldung
der hierdurch möglicherweise verursachten Störungen des Rundfunkempfangs
- abschließend determiniert würden. Eine derartige rechtliche Wirkung ergibt
sich jedoch weder aus dem konkreten Regelungsgehalt der in Nr. IV.4.2 und
Anlage 2 der angefochtenen Allgemeinverfügung getroffenen Festlegungen (a)
noch aus dem Inhalt der zugrunde liegenden gesetzlichen Bestimmungen (b).
a) Den konkreten Festlegungen in Nr. IV.4.2 und Anlage 2 der angefochtenen
Allgemeinverfügung kann keine abschließende, für die Frequenzzuteilung ver-
bindliche Regelung derjenigen Voraussetzungen, unter denen die Klägerin und
andere Drittbetroffene rechtlich zur Duldung von durch die Nutzung der zu ver-
gebenden Frequenzen möglicherweise verursachten Störungen des Rundfunk-
empfangs verpflichtet sind, entnommen werden.
Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass die in Nr. IV.4.2. und in Anlage 2
der Allgemeinverfügung statuierten Nutzungsbestimmungen für den Frequenz-
bereich 800 MHz nicht als Zusicherung einer späteren Frequenzzuteilung unter
gerade diesen Bedingungen zu verstehen seien, weil es - im Gegensatz zu den
Nutzungsbestimmungen für die Frequenzbereiche 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz
- an einem Bindungswillen der Behörde fehle. Diese Annahme ist das Ergebnis
der tatrichterlichen Auslegung und Feststellung des Regelungsgehalts des an-
gefochtenen Bescheides der Beklagten. Es handelt sich daher um eine das Re-
visionsgericht grundsätzlich nach § 137 Abs. 2 VwGO bindende tatsächliche
24
25
26
- 15 -
Feststellung. Ein Fall, in dem die Bindung ausnahmsweise entfällt, liegt nicht
vor. Insbesondere hat die Klägerin insoweit keine den Anforderungen des § 139
Abs. 3 Satz 4 VwGO genügenden Verfahrensrügen erhoben. Die im Einzelnen
begründete Auslegung des Tatsachengerichts lässt auch keinen Rechtsirrtum
oder einen Verstoß gegen allgemeine Erfahrungssätze, Denkgesetze oder Aus-
legungsregeln erkennen.
Im Übrigen erweist sich die Auslegung des Verwaltungsgerichts, der zufolge es
in Bezug auf die in Nr. IV.4.2. und in Anlage 2 der Allgemeinverfügung geregel-
ten Nutzungsbestimmungen für den Frequenzbereich 800 MHz an einem Bin-
dungswillen der Behörde und damit an einer unmittelbaren rechtlichen Wirkung
zu Lasten Drittbetroffener fehle, auch in der Sache als offensichtlich zutreffend.
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der
Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts entsprechend den zu den §§ 133, 157
BGB entwickelten Regeln zu ermitteln und dabei der objektiv erklärte Wille
maßgebend ist, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen
konnte (Urteil vom 21. Juni 2006 - BVerwG 6 C 19.06 - BVerwGE 126, 149
<160>). Die ausdrückliche Bezeichnung der in Anlage 2 enthaltenen Frequenz-
nutzungsbestimmungen zum Frequenzbereich 790 bis 862 MHz als „vorläufig“
(Nr. IV.4.2. Unterabs. 1 der Allgemeinverfügung) sowie der Hinweis, dass die
Frequenznutzungsbestimmungen nachträglich geändert werden können, insbe-
sondere, wenn dies zur Sicherstellung einer effizienten und störungsfreien Nut-
zung oder aufgrund internationaler Harmonisierungsvereinbarungen erforderlich
wird (Nr. IV.4.2. Unterabs. 3 Satz 1), weisen einen eindeutigen Erklärungsge-
halt auf, der die Annahme einer Bindungswirkung zu Lasten Drittbetroffener
ausschließt. Bestätigt wird dies durch die in den Entscheidungstenor der Allge-
meinverfügung aufgenommene Erläuterung, dass insbesondere bei den in An-
lage 2 beschriebenen Frequenznutzungsbestimmungen zum 800-MHz-Bereich
Änderungen zu erwarten seien, da hierzu die endgültigen Entscheidungen auf
europäischer und nationaler Ebene noch ausstünden (Nr. IV.4.2. Unterabs. 3
Satz 2). Außerdem enthalten die in Anlage 2 enthaltenen Frequenznutzungsbe-
stimmungen nochmals den Hinweis, dass darüber hinaus lokal oder regional
zusätzliche Maßnahmen erforderlich werden könnten; diese würden vor allem
bei der standortspezifischen Festlegung der frequenztechnischen Parameter
27
- 16 -
der konkreten Basisstationen des drahtlosen Netzzugangs zum Angebot von
Telekommunikationsdiensten zu berücksichtigen sein. Der nach alledem keinen
weiteren Auslegungsspielraum eröffnende Erklärungsinhalt des Entscheidungs-
tenors wird nicht durch die in der Begründung der Allgemeinverfügung der Bun-
desnetzagentur enthaltene Aussage relativiert, dass hinsichtlich des Rundfunk-
dienstes (digitaler Fernsehrundfunk) alle Interferenzaspekte in Deutschland,
auch unter Beachtung der Nutzungsbestimmung 36 der Frequenzbereichszu-
weisungsplanverordnung (Schutz des Rundfunkdienstes), sowie auf der Ebene
der CEPT hinreichend geklärt seien.
b) Das Ergebnis der Auslegung der konkreten Festlegungen in Nr. IV.4.2 und
Anlage 2 der angefochtenen Allgemeinverfügung steht im Einklang mit der sich
aus den telekommunikationsrechtlichen Vergabevorschriften ergebenden
Rechtslage. Dass die vor Durchführung eines Vergabeverfahrens bestimmten
Frequenznutzungsbestimmungen - unabhängig von dem Bindungswillen der
Behörde - eine für die anschließende Frequenzzuteilung verbindliche und ab-
schließende Regelung derjenigen Voraussetzungen enthalten, unter denen
Drittbetroffene rechtlich zur Duldung von durch die Nutzung der zu vergeben-
den Frequenzen möglicherweise verursachten Störungen des Rundfunkemp-
fangs verpflichtet sind, lässt sich weder der einschlägigen Rechtsgrundlage in §
61 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 TKG a.F. entnehmen (aa), noch folgt dies aus einem
Vertrauensschutz der erfolgreichen Bieter (bb), aus planungsrechtlichen Grund-
sätzen (cc), aus dem Gesichtspunkt des gestuften Verfahrens (dd) oder aus
Gründen des effektiven Rechtsschutzes (ee).
aa) § 61 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 TKG a.F. (jetzt § 61 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 TKG n.F.)
als maßgebliche Rechtsgrundlage für die Festlegung der Frequenznutzungsbe-
stimmungen lässt sich entgegen der Auffassung der Klägerin nicht dahingehend
auslegen, dass bereits die vor Durchführung eines Vergabeverfahrens be-
stimmten Frequenznutzungsbestimmungen unabhängig von dem konkreten
Bindungswillen der Behörde eine mit Blick auf die spätere Frequenzzuteilung
abschließende und deshalb auch für Drittbetroffene verbindliche Wirkung entfal-
ten.
28
29
- 17 -
Nach § 61 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 TKG a.F. bestimmt die Bundesnetzagentur vor
Durchführung eines Vergabeverfahrens die Frequenznutzungsbestimmungen
einschließlich des Versorgungsgrades bei der Frequenznutzung und seiner zeit-
lichen Umsetzung. Im Wortlaut der Vorschrift fehlt jeglicher Anhaltspunkt dafür,
dass auch die Belange Dritter, die durch die Nutzung der zu vergebenden Fre-
quenzen gestört werden könnten, Bestandteil des normativen Entscheidungs-
programms sind. Eher gegen diese Annahme spricht, dass § 61 Abs. 4 Satz 2
Nr. 4 TKG a.F. als möglichen Inhalt der Frequenznutzungsbestimmungen ledig-
lich den Versorgungsgrad bei der Frequenznutzung und seine zeitliche Umset-
zung benennt. Hierbei handelt es sich um Gesichtspunkte, die ausschließlich
öffentliche Interessen wie die Verwirklichung des gesetzlichen Zwecks, flächen-
deckend angemessene und ausreichende Dienstleistungen zu gewährleisten (§
1 TKG) sowie das Regulierungsziel der Wahrung der Nutzer-, insbesondere der
Verbraucherinteressen auf dem Gebiet der Telekommunikation nach § 2 Abs. 2
Nr. 1 TKG betreffen (vgl. Hahn/Hartl, in: Scheurle/Mayen, TKG, 2. Aufl. 2008, §
61 Rn. 18), nicht hingegen um private Interessen einschließlich solcher von
Unternehmen, die bereits Frequenzen nutzen.
Gegen die Annahme, dass die Belange möglicher Drittbetroffener Bestandteil
des Entscheidungsprogramms des § 61 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 TKG a.F. sind,
sprechen vor allem Zweck und Systematik der Vorschrift. Nach Satz 1 der Re-
gelung soll mit dem Vergabeverfahren festgestellt werden, welcher oder welche
der Antragsteller am besten geeignet sind, die zu vergebenden Frequenzen
effizient zu nutzen. Dem auf eine Bestenauslese gerichteten Zweck des Verga-
beverfahrens entsprechend sind Gegenstand und Reichweite der nach § 61
Abs. 4 Satz 2 TKG zu treffenden Festlegungen begrenzt. Dass den Belangen
der durch die spätere Frequenznutzung betroffenen Dritten nach der gesetzli-
chen Systematik erst auf der nachfolgenden Entscheidungsebene der Fre-
quenzzuteilung Rechnung zu tragen ist, wird durch § 61 Abs. 1 Satz 3 TKG
verdeutlicht, dem zufolge die Zuteilung der Frequenzen „nach § 55“ erfolgt,
nachdem das Vergabeverfahren nach Satz 1 durchgeführt worden ist. Unab-
hängig von der vorherigen Durchführung des Vergabeverfahrens müssen dem-
nach in jedem Fall die in § 55 TKG normierten Voraussetzungen, zu denen ins-
besondere die Verträglichkeit mit anderen Frequenznutzungen (§ 55 Abs. 5
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31
- 18 -
Satz 1 Nr. 3 TKG) und die Sicherstellung einer effizienten und störungsfreien
Frequenznutzung (§ 55 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 TKG) gehören, gegeben sein, bevor
Frequenzen zugeteilt werden. Der Berücksichtigung der Belange Dritter im
Rahmen des Zuteilungsverfahrens steht aus systematischer Sicht nicht § 60
Abs. 2 Satz 2 TKG a.F. entgegen; denn die dort eingeschränkt geregelte Mög-
lichkeit einer nachträglichen Änderung von Art und Umfang der Frequenznut-
zung bezieht sich nur auf solche Fälle, in denen „nach der Frequenzzuteilung“
festgestellt wird, dass aufgrund einer erhöhten Nutzung des Frequenzspek-
trums erhebliche Einschränkungen der Frequenznutzung auftreten oder dass
aufgrund einer Weiterentwicklung der Technik erhebliche Effizienzsteigerungen
möglich sind. Geht es demgegenüber - wie hier - um solche Änderungen der
Frequenznutzungsbestimmungen, die sich zwar nach dem Wirksamwerden der
Vergabeanordnung, aber vor dem Erlass der Frequenzzuteilungen ergeben und
deshalb zusätzliche Vorgaben bei der Ausgestaltung der jeweiligen
Frequenzzuteilungen nach § 55 TKG ermöglichen sollen, kommt die Vorschrift
nicht zur Anwendung. Soweit § 61 Abs. 7 TKG a.F. bestimmt, dass Verpflich-
tungen, die Antragsteller im Laufe eines Versteigerungs- oder Ausschreibungs-
verfahrens eingegangen sind, Bestandteile der Frequenzzuteilung werden, ist
zwar von einer unmittelbaren rechtsgestaltenden Wirkung der gemäß § 61 Abs.
4 Satz 2 TKG a.F. festgelegten Vergabebedingungen für die spätere Frequenz-
nutzung der erfolgreichen Bieter auszugehen. Diese rechtsgestaltende Wirkung
besteht jedoch nur in dem Umfang, in dem die Bundesnetzagentur von ihrer
gesetzlichen Befugnis, vor Durchführung eines Vergabeverfahrens bestimmte
Festlegungen zu treffen, tatsächlich Gebrauch macht.
Die fehlende Regelungswirkung der nach § 61 Abs. 4 Satz 2 Nr. 4 TKG a.F.
festzulegenden Frequenznutzungsbestimmungen gegenüber Drittbetroffenen
wird durch die Entstehungsgeschichte der Norm bestätigt. In der Begründung
des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (vgl. BTDrucks 15/2316 S. 80) wird
zu der - damals noch als § 59 bezeichneten - Vorschrift im Wesentlichen ausge-
führt, die Regelung das Vergabeverfahren konkretisiere, welches die Regulie-
rungsbehörde für Telekommunikation und Post („Reg TP“) in Fällen der Fre-
quenzknappheit der Zuteilung voranstellen könne. Das in Absatz 4 benannte
Auswahlkriterium der Effizienz der Frequenznutzung sei sachgerecht, weil es
32
- 19 -
der in bestimmten Frequenzbereichen bestehenden Knappheit von Übertra-
gungskapazität Rechnung trage. Die vor dem Vergabeverfahren festzulegenden
Zulassungsbedingungen und Verfahrensregelungen gewährleisteten ein diskri-
minierungsfreies Verfahren. Dem Gesetzgeber standen danach bei der Konzep-
tion der Regelung lediglich die Sicherstellung einer effizienten Frequenznutzung
sowie die Ausgestaltung eines diskriminierungsfreien Vergabeverfahrens, nicht
jedoch der Schutz Dritter vor Störungen durch die spätere Nutzung der zu ver-
gebenden Frequenzen vor Augen.
Klarzustellen ist in diesem Zusammenhang, dass die in dem Urteil vom 22. Juni
2011 (BVerwG 6 C 40.10 - Buchholz 442.066 § 61 TKG Nr. 1 Rn. 20) enthalte-
ne Erwägung des Senats, die Systematik und der Zweck des Gesetzes geböten
es, die subjektive Frequenzzuteilungsvoraussetzung des § 55 Abs. 5 Satz 1 Nr.
4 TKG bereits bei der Aufstellung der Mindestvoraussetzungen für die Zulas-
sung zum Vergabeverfahren zu berücksichtigen, weil sich nur so vermeiden
lasse, dass ein Bewerber zunächst das Vergabeverfahren durchläuft, um dann
nach Erhalt des Zuschlages bei der Zuteilung der Frequenzen an der genann-
ten Zuteilungsvoraussetzung zu scheitern, nicht dahingehend verallgemeinert
werden kann, dass allen im Rahmen der Frequenzzuteilung zu berücksichti-
genden Belange einschließlich der Interessen potenziell Drittbetroffener bereits
im Rahmen der vor der Durchführung eines Vergabeverfahrens nach § 61 Abs.
4 Satz 2 TKG 2004 zu treffenden Festlegungen abschließend Rechnung zu tra-
gen ist. In der zitierten Entscheidung hat der Senat lediglich festgestellt, dass
die Vergabebedingung unter Nr. IV.1.3 der Allgemeinverfügung, der zufolge die
Voraussetzungen für die Zulassung zum Versteigerungsverfahren nach näherer
Maßgabe der Anlage 5 zur Allgemeinverfügung dargelegt werden müssen, in
Einklang mit ihrer gesetzlichen Grundlage in § 61 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 TKG a.F.
steht und deshalb von der Bundesnetzagentur ohne Rechtsverstoß erlassen
werden Ob die Behörde gesetzlich ist, sämtlichen im Rah-
men der späteren Frequenzzuteilung zu berücksichtigenden Belangen ein-
schließlich der Interessen potenziell Drittbetroffener bereits im Rahmen der vor
der Durchführung eines Vergabeverfahrens nach § 61 Abs. 4 Satz 2 TKG a.F.
zu treffenden Festlegungen abschließend Rechnung zu tragen, hatte der Senat
nicht zu entscheiden.
33
- 20 -
bb) Auf den Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes der erfolgreichen Bieter
lässt sich die Annahme einer Regelungswirkung der nach § 61 Abs. 4 Satz 2
Nr. 4 TKG a.F. festzulegenden Frequenznutzungsbestimmungen gegenüber
Drittbetroffenen ebenfalls nicht stützen. Das Vertrauen auf die abschließende
rechtsgestaltende Wirkung der Frequenznutzungsbestimmungen ist nur
schutzwürdig, soweit diese die Versorgungsverpflichtung betreffen. Hinsichtlich
derjenigen Festlegungen, die den Schutz betroffener Dritter vor Störungen
durch die Nutzung der zu vergebenden Frequenzen angehen, besteht keine
tatsächliche Grundlage für ein Vertrauen darauf, dass die Frequenzzuteilung
ohne die Auferlegung weiterer Schutzvorkehrungen erfolgt. Das Risiko, dass
sich die erfolgreichen Bieter im späteren Frequenzzuteilungsverfahren auf Ver-
trauensschutz berufen, falls die ersteigerten Frequenzen infolge der nachträgli-
chen Anordnungen von Schutzmaßnahmen durch die Bundesnetzagentur nicht
so genutzt werden können wie ursprünglich beabsichtigt, betrifft ausschließlich
das Verhältnis zwischen den erfolgreichen Bietern und der Bundesnetzagentur.
Es kann keinen Ausschluss von Einwendungen Dritter, die Beeinträchtigungen
durch die Frequenznutzung geltend machen, im Rahmen des nachfolgenden
Verfahrens über die Frequenzzuteilung rechtfertigen. Dies ergibt sich schon aus
Gründen des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) und des rechtli-
chen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG). Durch einen Bescheid potentiell betroffene
Dritte müssen hinreichend deutlich erkennen können, welche Anfechtungslast
ihnen durch den Bescheid aufgebürdet wird (vgl. Urteil vom 19. Dezember 1985
- BVerwG 7 C 65.82 - BVerwGE 72, 300 <305>). Der Wortlaut des § 61 Abs. 4
Satz 2 Nr. 4 TKG a.F. enthält jedoch keinen Anhaltspunkt dafür, dass Dritte
damit rechnen müssen, durch die Nichtanfechtung der auf dieser Rechtsgrund-
lage ergehenden Entscheidungen der Bundesnetzagentur ihre Abwehransprü-
che für das nachfolgende Frequenzzuteilungsverfahren zu verlieren. Ein Ein-
wendungsausschluss auch mit Wirkung für nachfolgende Verwaltungsentschei-
dungen und sich etwa anschließende Gerichtsverfahren würde zudem nur dann
den Anforderungen des Rechts auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) ge-
recht werden, wenn der Betroffene im Verwaltungsverfahren die Möglichkeit
hat, alle erheblichen Einwände vorzubringen (vgl. Kallerhoff, in: Stelkens/Bonk/
34
- 21 -
Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 26 Rn. 54). Diese Möglichkeit ist indes nach der
gesetzlichen Ausgestaltung des der Vergabeanordnung vorausgehenden Ver-
waltungsverfahrens, das in § 55 Abs. 9 Satz 2 TKG a.F. lediglich eine Anhörung
der „betroffenen Kreise“ vorsieht, nicht gewährleistet.
cc) Dass die vor Durchführung eines Vergabeverfahrens festgelegten Fre-
quenznutzungsbestimmungen nach der gesetzlichen Konzeption eine für die
anschließende Frequenzzuteilung verbindliche und abschließende Regelung
derjenigen Voraussetzungen enthalten, unter denen Drittbetroffene rechtlich zur
Duldung von durch die Nutzung der zu vergebenden Frequenzen möglicherwei-
se verursachten Störungen des Rundfunkempfangs verpflichtet sind, lässt sich
ferner nicht mit dem Hinweis auf planungsrechtliche Grundsätze begründen.
Die Anordnung der Bundesnetzagentur, der Frequenzzuteilung ein Vergabever-
fahren vorzuschalten, hat nicht zur Folge dass in planungsähnlicher Weise alle
öffentlichen und privaten Belange im Hinblick auf die spätere Frequenzzuteilung
abzuwägen wären mit der Folge einer auch Drittbetroffene erfassenden rechtli-
chen Bindung.
Die gesetzlichen Grundlagen für die streitgegenständlichen Anordnungen der
Bundesnetzagentur über die Durchführung eines Vergabeverfahrens, über die
Auswahl des Versteigerungsverfahrens und über die Festlegung von Vergabe-
bedingungen einschließlich der Frequenznutzungsbestimmungen enthalten we-
der eine ausdrückliche Planungsermächtigung noch sonstige Anhaltspunkte für
einen planerischen Charakter dieser Entscheidungen. Nach § 55 Abs. 9 Satz 1
TKG a.F. kann die Bundesnetzagentur unbeschadet des Absatzes 5 anordnen,
dass der Zuteilung der Frequenzen ein Vergabeverfahren auf Grund der von
der Bundesnetzagentur festzulegenden Bedingungen nach § 61 voranzugehen
hat, wenn für Frequenzzuteilungen nicht in ausreichendem Umfang verfügbare
Frequenzen vorhanden oder für bestimmte Frequenzen mehrere Anträge ge-
stellt sind. Die Vorschrift eröffnet der Bundesnetzagentur ein Ermessen, das bei
bestehender Frequenzknappheit nach der Rechtsprechung des Senats infolge
der Grundrechtsbindung (Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1 GG) gegenüber der Ge-
samtheit der Zuteilungspetenten wie auch des unionsrechtlichen Diskriminie-
rungsverbotes (Art. 5 Abs. 2 Unterabs. 2, Art. 7 Abs. 3 der Genehmigungsricht-
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36
- 22 -
linie) regelmäßig im Sinne des Erlasses einer Vergabeanordnung vorgeprägt ist
(vgl. Urteile vom 22. Juni 2011 - BVerwG 6 C 3.10 - Buchholz 442.066 § 55
TKG Nr. 6 Rn. 35 und vom 26. Januar 2011 - BVerwG 6 C 2.10 - Buchholz
442.066 § 55 TKG Nr. 3 Rn. 25). Demgemäß bedarf es ausdrücklicher Ermes-
senserwägungen nicht im Regel-, sondern nur im Ausnahmefall (Urteil vom 23.
März 2011 - BVerwG 6 C 6.10 - BVerwGE 139, 226 = Buchholz 442.066 § 55
TKG Nr. 5 jeweils Rn. 23). Dies schließt die Annahme eines umfassenden Pla-
nungsermessens aus.
Bei der gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. vorzunehmenden Bestimmung der
Durchführung des Vergabeverfahrens als Versteigerungsverfahren oder als
Ausschreibungsverfahren steht der Bundesnetzagentur nach der Rechtspre-
chung des Senats kein Ermessen zu, denn nach § 61 Abs. 2 Satz 1 TKG 2004
ist grundsätzlich das Versteigerungsverfahren durchzuführen, falls dieses Ver-
fahren nicht ausnahmsweise ungeeignet zur Erreichung der Regulierungsziele
ist. Allerdings ist im Hinblick auf diese Bewertung - auf der Tatbestandsseite der
Norm - ein Beurteilungsspielraum der Bundesnetzagentur anzuerkennen, der
sich aus der Notwendigkeit rechtfertigt, zur Bestimmung der Geeignetheit bzw.
Ungeeignetheit des Versteigerungsverfahrens in eine komplexe Abwägung der
Regulierungsziele einzutreten, was die Gewichtung und den Ausgleich gegen-
läufiger öffentlicher und privater Belange einschließt (s. Urteile vom 22. Juni
2011 - BVerwG 6 C 5.10 - Buchholz 442.06 § 55 TKG Nr. 7 Rn. 12 und vom 23.
März 2011 - BVerwG 6 C 6.10 - BVerwGE 139, 226 = Buchholz 442.066 § 55
TKG Nr. 5 jeweils Rn. 27 m.w.N.). Der Hinweis des Senats auf das Erfordernis
einer „komplexen Abwägung“ der Regulierungsziele, die „die Gewichtung und
den Ausgleich gegenläufiger öffentlicher und privater Belange einschließt“, ist
indes nicht etwa so zu verstehen, dass bei der gemäß § 61 Abs. 1 Satz 1 TKG
a.F. vorzunehmenden Bestimmung der Durchführung des Vergabeverfahrens
alle durch die spätere Nutzung der zu vergebenden Frequenzen berührten öf-
fentlichen und privaten Belange im Rahmen einer umfassenden Planungsent-
scheidung abzuwägen wären. Vielmehr sind in die Entscheidung lediglich sol-
che Belange einzustellen, die sich auf die Frage der Geeignetheit des Verstei-
gerungsverfahrens beziehen.
37
- 23 -
§ 61 Abs. 4 Satz 2 TKG a.F. als Rechtsgrundlage für die Festlegung der Verga-
bebedingungen enthält ebenfalls keinen Anhaltspunkt für einen planerischen
Charakter dieser Entscheidung. Danach „bestimmt“ die Bundesnetzagentur vor
Durchführung eines Vergabeverfahrens u.a. die von den Antragstellern zu erfül-
lenden fachlichen und sachlichen Mindestvoraussetzungen für die Zulassung
zum Vergabeverfahren, den sachlich und räumlich relevanten Markt, für den die
zu vergebenden Frequenzen unter Beachtung des Frequenznutzungsplanes
verwendet werden dürfen, sowie die Frequenznutzungsbestimmungen. Nach
der Rechtsprechung des Senats bringt das Gesetz mit diesem Bestimmungs-
recht zum Ausdruck, dass der Behörde bei der Festlegung dieser Vergabebe-
dingungen - nicht auf der Tatbestandsseite, sondern auf der Rechtsfolgenseite
der Norm - ein Ausgestaltungsspielraum zusteht, der einer nur eingeschränkten
gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die gerichtliche Kontrolle ist demgemäß da-
rauf beschränkt, ob die Bundesnetzagentur - von der Einhaltung der Verfah-
rensbestimmungen abgesehen - von einem richtigen Verständnis der gesetzli-
chen Begriffe ausgegangen ist, den erheblichen Sachverhalt vollständig und
zutreffend in den Blick genommen hat und bei der eigentlichen Bewertung im
Hinblick auf die in § 61 Abs. 4 Satz 2 TKG a.F. ausdrücklich hervorgehobenen
Kriterien widerspruchsfrei und plausibel argumentiert und insbesondere das
Willkürverbot nicht verletzt hat (Urteil vom 22. Juni 2011 - BVerwG 6 C 40.10 -
Buchholz 442.066 § 61 TKG Nr. 1 Rn. 15; im Anschluss an Urteil vom 23. März
2011 - BVerwG 6 C 6.10 - BVerwGE 139, 226 = Buchholz 442.066 § 55 TKG
Nr. 5 jeweils Rn. 37 f., zu den Versteigerungsregeln gemäß § 61 Abs. 5 TKG).
Auch insoweit hat der Senat zwar ausdrücklich eine „komplexe Gesamtabwä-
gung“ für erforderlich gehalten (Urteil vom 23. März 2011 a.a.O. Rn. 37). Die
einzustellenden Belange sind indes - wie bei der Vergabeanordnung und der
Anordnung des Versteigerungsverfahrens - durch Inhalt und Zweck der Ent-
scheidung begrenzt. Wie bereits ausgeführt, soll mit dem Vergabeverfahren
nach § 61 Abs. 4 Satz 1 TKG a.F. festgestellt werden, welcher oder welche der
Antragsteller am besten geeignet sind, die zu vergebenden Frequenzen effizi-
ent zu nutzen. Abwägungsrelevant sind daher nur solche privaten und öffentli-
chen Belange, die von der Entscheidung, inwieweit eine (weitere) Verengung
des Zugangsanspruchs der Zuteilungsbewerber durch die Festlegung von Ver-
gabebedingungen in Betracht kommt, berührt werden. Sonstige Belange ein-
38
- 24 -
schließlich des Interesses Dritter, von Störungen durch die spätere Nutzung der
zu vergebenden Frequenzen verschont zu bleiben, sind hierbei nicht erfasst.
Gegen die Annahme, die nach § 55 Abs. 9, § 61 TKG a.F. von der Bundesnetz-
agentur zu treffenden Anordnungen unterlägen planungsrechtlichen Grundsät-
zen, spricht vor allem die Gesetzessystematik. Eine Entscheidung über die
Durchführung eines Vergabeverfahrens und gegebenenfalls hieran anschlie-
ßend über die Auswahl des Versteigerungsverfahrens sowie über die Festle-
gung von Vergabebedingungen kommt von vornherein nur dann in Betracht,
wenn gemäß § 55 Abs. 9 Satz 1 TKG a.F. für Frequenzzuteilungen nicht in aus-
reichendem Umfang verfügbare Frequenzen vorhanden oder für bestimmte Fre-
quenzen mehrere Anträge gestellt sind. Fehlt es an einer solchen Knappheitssi-
tuation, erfolgt die Frequenzzuteilung ohne Vergabeverfahren im Wege der All-
gemeinzuteilung (Art. 55 Abs. 2 TKG a.F.) oder Einzelzuteilung (Art. 55 Abs. 3
und 4 TKG a.F.). Ein sachlicher Grund dafür, weshalb die planerische Bewälti-
gung von Konflikten zwischen unterschiedlichen Frequenznutzungen damit
letztlich von einem „Trägerverfahren“ abhängen soll, das nur im Fall eines
Nachfrageüberhangs in Bezug auf die zu vergebenden Frequenzen zur Anwen-
dung kommt, ist nicht erkennbar. Dies gilt umso mehr, als die telekommunika-
tionsrechtliche Frequenzordnung mit dem Frequenzbereichszuweisungsplan (§
53 TKG a.F.) und dem Frequenznutzungsplan (§ 54 TKG a.F.) planerische Ins-
trumente bereitstellt, in deren Rahmen eine Bewältigung der Konflikte zwischen
unterschiedlichen Frequenznutzungen und eine Abwägung der öffentlichen und
privaten Belange möglich und geboten ist.
Auch aus den einschlägigen Verfahrensvorschriften ergeben sich keine hinrei-
chend deutlichen Hinweise auf einen planerischen Charakter der nach § 55
Abs. 9, § 61 TKG a.F. zu treffenden Entscheidungen der Bundesnetzagentur
über die Durchführung eines Vergabeverfahrens, über die Auswahl des Ver-
steigerungsverfahrens und über die Festlegung von Vergabebedingungen. Die
Beteiligungsvorschriften der Frequenznutzungsplanaufstellungsverordnung
(FreqNPAV) beziehen sich auf die Aufstellung des Frequenznutzungsplans
nach § 54 TKG a.F. und sind auf die Anordnungen nach § 55 Abs. 9, § 61 TKG
a.F. nicht übertragbar. Aus dem Erfordernis einer Anhörung der „betroffenen
39
40
- 25 -
Kreise“ gemäß § 55 Abs. 9 Satz 2 bzw. § 61 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. folgt nicht,
dass die im Rahmen der Anhörung geltend gemachten Belange zum
Gegenstand einer planerischen Abwägungsentscheidung gemacht werden
müssten. Selbst wenn vieles dafür sprechen mag, den Kreis der Anhörungsbe-
rechtigten weit zu ziehen (vgl. Wegmann, in: Berliner Kommentar zum TKG, 2.
Aufl. 2009, § 53 Rn. 14, § 55 Rn. 53, § 61 Rn. 13), fehlt es jedenfalls an dem für
Planungsverfahren charakteristischen Element einer umfassenden, formalisier-
ten Öffentlichkeitsbeteiligung. Auch die sonstigen Modalitäten des Zustande-
kommens der nach § 55 Abs. 9, § 61 TKG a.F. zu treffenden Entscheidungen
der Bundesnetzagentur deuten nicht auf eine planerische Entscheidung hin.
Dass diese Entscheidungen von der Beschlusskammer in der besonderen Be-
setzung mit dem Präsidenten der Behörde als Vorsitzendem und den beiden
Vizepräsidenten als beisitzenden Mitgliedern (§ 132 Abs. 3 Satz 1 TKG) zu tref-
fen und damit qualitativ besonders hervorgehoben sind (vgl. Urteil vom 1. Sep-
tember 2009 - BVerwG 6 C 4.09 - BVerwGE 134, 368 = Buchholz 442.066 § 55
TKG Nr. 1 jeweils Rn. 24), ist für sich genommen kein ausreichender Anknüp-
fungspunkt für die Annahme, dass der Gesetzgeber der Behörde auch die Be-
fugnis übertragen hat, im Rahmen der genannten Entscheidungen die der spä-
teren Nutzung der zu vergebenden Frequenzen entgegenstehenden privaten
und öffentlichen Belange mit den für diese Nutzung geltend gemachten Belan-
gen in einem Akt planender Gestaltung durch Abwägung zum Ausgleich zu
bringen oder erforderlichenfalls zu überwinden.
Ein planungsähnlicher Charakter der nach § 55 Abs. 9, § 61 TKG a.F. zu tref-
fenden Entscheidungen der Bundesnetzagentur über die Durchführung eines
Vergabeverfahrens, über die Auswahl des Versteigerungsverfahrens und über
die Festlegung von Vergabebedingungen folgt auch nicht unmittelbar aus dem
Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG). Zwar ergibt sich nach ständiger Recht-
sprechung des Bundesverwaltungsgerichts unabhängig von einer gesetzlichen
Positivierung unmittelbar aus dem Wesen einer rechtsstaatlichen Planung das
Gebot, alle von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange ge-
geneinander und untereinander gerecht abzuwägen (vgl. Urteile vom 14. Fe-
bruar 1975 - BVerwG 4 C 21.74 - BVerwGE 48, 56 <63> und vom 7. Juli 1978 -
BVerwG 4 C 79.76 - BVerwGE 56, 110 <116 f., 122 f.>). Das Gebot der Pro-
41
- 26 -
blem- bzw. Konfliktbewältigung im Rahmen einer umfassenden Abwägung aller
von einer Planung berührten öffentlichen und privaten Belange, setzt jedoch ei-
ne entsprechende planerische Gestaltungsfreiheit der zuständigen Behörde
voraus. Eine dahingehende Planungsbefugnis muss sich den gesetzlichen Re-
gelungen, die der zu treffenden Entscheidung zugrunde liegen, ausdrücklich
oder zumindest im Wege der Auslegung entnehmen lassen. Wie ausgeführt,
fehlt es hieran jedoch in Bezug auf die hier maßgeblichen Regelungen der § 55
Abs. 9, § 61 TKG a.F. In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann sich zwar
auch ohne gesetzliche Regelung einer Planungsbefugnis unmittelbar aus dem
Rechtsstaatsprinzip bzw. aus Gründen des Grundrechtsschutzes für eine Be-
hörde das Gebot ergeben, eine planerische Entscheidung zu treffen, bei der
alle von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange gegeneinan-
der und untereinander gerecht abzuwägen sind (vgl. etwa OVG Berlin-
Brandenburg, Urteil vom 27. März 2009 - 2 B 8.08 - juris Rn. 48, 68 zu dem sin-
gulären Fall der militärischen Fortnutzung eines ehemals von den sowjetischen
Streitkräften genutzten Geländes als Truppenübungs- und Luft-Boden-
Schießplatz durch die Bundeswehr). Eine solche Konstellation liegt hier indes
fern. Bei der Frequenzordnung handelt es sich um ein vom Gesetzgeber detail-
liert ausgestaltetes Rechtsgebiet. Die materiellen und formellen Voraussetzun-
gen der in § 52 TKG genannten Handlungsformen der Frequenzordnung sind
den folgenden Bestimmungen im Einzelnen zu entnehmen. Dabei sieht das
Gesetz neben der Allgemein- und Einzelzuteilung der Frequenzen (§ 55 Abs. 2
bzw. Abs. 3 und 4 TKG) mit dem Frequenzbereichszuweisungsplan (§ 53 TKG)
und dem Frequenznutzungsplan (§ 54 TKG) planerische Entscheidungen aus-
drücklich vor. Es besteht daher kein rechtsstaatliches oder grundrechtliches
Bedürfnis - und mangels Regelungslücke insbesondere auch keine Kompetenz
-, kraft richterrechtlicher Rechtsfortbildung eine weitere Planungsebene zu
schaffen und diese dem Vergabeverfahren zuzuordnen, das der Zuteilung von
Frequenzen in einer Knappheitssituation nach § 61 Abs. 1 Satz 1 TKG a.F. vo-
rangehen kann.
dd) Bindungswirkung gegenüber Drittbetroffenen erlangen die vor Durchführung
eines Vergabeverfahrens bestimmten Frequenznutzungsbestimmungen ferner
nicht aufgrund des in dem bereits erwähnten Urteil des Senats vom 1. Septem-
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ber 2009 (a.a.O. Rn. 25) hervorgehobenen Umstands, dass das Telekommuni-
kationsgesetz dem „Modell des gestuften Verfahrens“ folgt, in welchem das zu
bewältigende Gesamtproblem phasenweise abgearbeitet und konkretisiert wird,
wobei die jeweils vorangegangenen Stufen das „sachliche Fundament“ für die
nachfolgenden Verfahrensschritte bilden.
In der genannten Entscheidung hatte der Senat die Frage zu klären, ob die
nach § 55 Abs. 9, § 61 TKG a.F. zu treffenden Anordnungen der Bundesnetz-
agentur über die Durchführung eines Vergabeverfahrens, über die Auswahl des
Versteigerungsverfahrens und über die Festlegung von Vergabebedingungen
selbstständig anfechtbar sind oder es sich um bloße unselbstständige Verfah-
renshandlungen im Sinne von § 44a Satz 1 VwGO handelt. Diese Frage hat der
Senat aufgrund einer „Gesamtschau“ der besonderen Verfahrensvorschriften in
§§ 132 TKG ff. (Urteil vom 1. September 2009 a.a.O. S. 375 Rn. 23) und im
Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber diese (Zwischen-)Entscheidungen der
Bundesnetzagentur zugleich qualitativ höherwertig ausgestaltet hat als die ab-
schließende Sachentscheidung, die Frequenzzuteilung, die außerhalb des Be-
schlusskammerverfahrens erfolgt (Urteil vom 1. September 2009 a.a.O. Rn.
24), im Sinne der ersten Alternative beantwortet. Als weiteres Argument für sei-
ne Bewertung hat der Senat angeführt, dass die genannten Beschlusskammer-
entscheidungen sich sämtlich nicht in einer reinen Förderung des Vergabever-
fahrens erschöpfen, sondern in unterschiedlichem Ausmaß darüber hinausge-
hende materiell-rechtliche Wirkungen entfalten. Auch vor diesem Hintergrund
folge das Gesetz insofern nicht dem Modell der Rechtsschutzkonzentration, wie
es dem § 44a Satz 1 VwGO zugrunde liege, sondern dem Modell des gestuften
Verfahrens, in welchem das zu bewältigende Gesamtproblem phasenweise ab-
gearbeitet und konkretisiert wird, wobei die jeweils vorangegangenen Stufen
das sachliche Fundament für die nachfolgenden Verfahrensschritte bilden (Ur-
teil vom 1. September 2009 a.a.O. S. 376 Rn. 25). Zu den erwähnten materiell-
rechtlichen Wirkungen hat der Senat an anderer Stelle der zitierten Entschei-
dung - im Zusammenhang mit der Klagebefugnis - ausgeführt, dass die in § 55
Abs. 9 Satz 1 TKG a.F. vorgesehene Vergabeanordnung ebenso wie die Ent-
scheidung über die Art des Verfahrens (§ 61 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 TKG a.F.)
und die Festlegung der Vergabebedingungen (§ 61 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2, Abs.
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4 Satz 2 TKG a.F.) die materielle Rechtsposition der Zuteilungspetenten berüh-
ren (Urteil vom 1. September 2009 a.a.O. S. 373 Rn. 16 f., 19).
Die Annahme, dass die nach § 61 Abs. 4 Satz 2 TKG a.F. ergehende Festle-
gung von Vergabebedingungen - ebenso wie die Beschlusskammerentschei-
dungen über die Durchführung des Vergabeverfahrens und die Auswahl des
Versteigerungsverfahrens - nicht nur gegenüber den Zuteilungspetenten in Be-
standskraft erwächst, sondern unabhängig von den konkret getroffenen Festle-
gungen auch Dritte in der Weise bindet, dass diese im Rahmen der nachfol-
genden Verfahrensschritte mit der Geltendmachung von weiter gehenden
Schutzansprüchen gegen die spätere Nutzung der zu vergebenden Frequenzen
ausgeschlossen sind, kann auf diese Erwägungen indes schon deshalb nicht
gestützt werden, weil - wie ausgeführt - lediglich die Belange der Zuteilungspe-
tenten zum gesetzlichen Entscheidungsprogramm gehören. Die in § 55 Abs. 5
Satz 1 TKG a.F. detailliert geregelten Zuteilungsvoraussetzungen werden in §
61 Abs. 4 Satz 2 TKG a.F., der Rechtsgrundlage für die Vergabebedingungen,
nicht abgebildet.
ee) Die Annahme, dass die vor Durchführung eines Vergabeverfahrens be-
stimmten Frequenznutzungsbestimmungen unabhängig von dem Bindungswil-
len der Behörde eine für die anschließende Frequenzzuteilung verbindliche und
abschließende Regelung derjenigen Voraussetzungen enthalten, unter denen
Drittbetroffene rechtlich zur Duldung von durch die Nutzung der zu vergeben-
den Frequenzen möglicherweise verursachten Störungen des Rundfunkemp-
fangs verpflichtet sind, lässt sich schließlich nicht mit dem Erfordernis des effek-
tiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 GG) begründen.
Zwar bestehen gegen den Frequenzbereichszuweisungsplan (§ 53 TKG a.F.)
und den Frequenznutzungsplan (§ 54 TKG a.F.) keine oder nur sehr einge-
schränkte Rechtsschutzmöglichkeiten. Der als Rechtsverordnung der Bundes-
regierung erlassene Frequenzbereichszuweisungsplan wird als Bundesrecht
nicht vom Anwendungsbereich der Normenkontrolle nach § 47 VwGO erfasst
und kann daher allenfalls mit der Verfassungsbeschwerde (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a
GG) unmittelbar angegriffen werden. Auch gegen den Frequenznutzungsplan
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besteht kein unmittelbarer Rechtsschutz. Nach wohl überwiegender Ansicht
handelt es sich um eine Verwaltungsvorschrift (vgl. Kroke, in: Wilms/Masing/
Jochum, TKG, Stand März 2007, § 54 Rn. 8, Jenny, in: Heun, Handbuch Tele-
kommunikationsrecht, 2. Aufl. 2007, Teil 2 D., Rn. 55; Korehnke, in: BeckTKG,
§ 54 Rn. 2, 3, 33; vgl. auch die Begründungen der Frequenznutzungsplanauf-
stellungsverordnung - BRDrucks 118/01 S. 5 - sowie des Gesetzentwurfs der
Bundesregierung zur Neufassung des § 54 TKG - BTDrucks 17/5707 S. 72 -).
Selbst wenn es sich bei dem Frequenznutzungsplan nicht um eine Verwal-
tungsvorschrift, sondern um eine quasi-dingliche Allgemeinverfügung (vgl.
Ladeur, CR 2002, 181, 189) oder um eine Rechtsform eigener Art (vgl.
Hahn/Hartl, in: Scheurle/Mayen, TKG, 2. Aufl. 2008, § 54 Rn. 11 ff.) handeln
sollte, hätte die eingeschränkte Bindungswirkung nicht zur Folge, dass der Fre-
quenznutzungsplan unmittelbar angefochten werden könnte (vgl. Hahn/Hartl,
a.a.O. Rn. 15, unter Hinweis auf BRDrucks 118/01, S. 10 zu § 6).
Sowohl der Frequenzbereichszuweisungsplan als auch der Frequenznutzungs-
plan können aber im Rahmen verwaltungsgerichtlicher Verfahren gegen Fre-
quenzzuteilungsentscheidungen nach § 55 TKG inzident überprüft werden. Dies
ergibt sich aus § 55 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 TKG a.F., dem zufolge Frequenzen zu-
geteilt werden, wenn sie - neben anderen Voraussetzungen - für die vorgese-
hene Nutzung im Frequenznutzungsplan ausgewiesen sind, sowie aus § 55
Abs. 1 Satz 3 TKG a.F., wonach die Frequenzzuteilung u.a. zweckgebunden
nach Maßgabe des Frequenznutzungsplanes erfolgt. Ist der Frequenznut-
zungsplan abwägungsfehlerhaft, was im Rahmen der Frequenzzuteilungsent-
scheidung inzident überprüft werden kann, fehlt es an der erforderlichen plane-
rischen Grundlage. Ebenso wie ein Drittbetroffener mit der Klage gegen die
Baugenehmigung geltend machen kann, durch das rechtswidrige Unterbleiben
eines Planfeststellungsverfahrens in seiner materiellen Rechtsposition beein-
trächtigt zu sein, können die möglicherweise von Störungen betroffenen Fre-
quenznutzer mit der Klage gegen die einzelnen Frequenzzuteilungsbescheide
geltend machen, dass ihnen die planerische Abwägung ihrer der Nutzung der
zur vergebenden Frequenzen entgegenstehenden Belange versagt geblieben
ist.
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Auch im Übrigen ist der Rechtsschutz Drittbetroffener nach der Konzeption des
Gesetzes in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise dadurch ge-
währleistet, dass jede Frequenznutzung, soweit im Gesetz nichts anderes ge-
regelt ist, nach § 55 Abs. 1 Satz 1 TKG einer vorherigen Frequenzzuteilung be-
darf, die zum Gegenstand einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage ge-
macht werden kann. Drittbetroffene können sich hierbei in der Regel auf die in §
55 Abs. 5 Satz 1 TKG a.F. geregelten Frequenzzuteilungsvoraussetzungen als
drittschützende Normen berufen. Soweit Frequenzen nach § 55 Abs. 5 Satz 1
Nr. 2 TKG a.F. zugeteilt werden, wenn sie verfügbar sind, kann gegebenenfalls
ein Dritter geltend machen, dass eine zu seinen Gunsten erfolgte Zuteilungs-
entscheidung in Bezug auf die zu vergebenden Frequenzen bisher nicht wirk-
sam widerrufen sei. Drittschützende Wirkung kommt jedenfalls im Ansatz auch
der in § 55 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 TKG geregelten Zuteilungsvoraussetzung der
Verträglichkeit mit anderen Frequenznutzungen zu. Ob „Verträglichkeit“ im Sin-
ne dieser Vorschrift „Störungsfreiheit“ bedeutet oder vielmehr - wofür vieles
spricht - das Ergebnis eines Ausgleichs zwischen den Belangen der effizienten
und störungsfreien Frequenznutzung ist, bedarf im vorliegenden Zusammen-
hang keiner Vertiefung.
4. Die von der Revision erhobenen Rügen eines Verstoßes gegen den Untersu-
chungsgrundsatz, den Überzeugungsgrundsatz und den Anspruch auf rechtli-
ches Gehör bleiben ohne Erfolg, da das angefochtene Urteil hierauf wegen der
Unzulässigkeit der Klage jedenfalls nicht beruht.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Neumann
Büge
Dr. Graulich
Hahn
Prof. Dr. Hecker
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B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 500 000
€ festgesetzt (§ 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1 GKG).
Neumann
Büge
Dr. Graulich
Hahn
Prof. Dr. Hecker
Sachgebiet:
BVerwGE:
ja
Telekommunikationsrecht
Fachpresse: ja
Rechtsquellen:
GG
Art. 19 Abs. 4, Art. 20 Abs. 3
VwGO
§ 42 Abs. 2
TKG a.F.
§ 2 Abs. 2 Nr. 7, § 52 Abs. 1, §§ 53, 54, 55, 61
Stichworte:
Telekommunikation; Vergabe von Frequenzen; drahtloser Netzzugang: Fre-
quenzbereich 790 bis 862 MHz; Präsidentenkammerentscheidung; Allgemein-
verfügung; Vergabeanordnung; Verbindungsentscheidung; Vergabebedingun-
gen; Frequenznutzungsbestimmungen; Rundfunkempfang; Interferenzen; Stö-
rungsfreiheit; Klagebefugnis; Rechtsverletzung; Rundfunksendernetzbetreiber;
Drittbetroffener; Frequenzzuteilung; Vertrauensschutz; planerische Konfliktbe-
wältigung; Frequenzbereichszuweisungsplan; Frequenznutzungsplan; Rechts-
staatsprinzip; gestuftes Verfahren; effektiver Rechtsschutz.
Leitsatz:
Die Regelungswirkung einer Anordnung der Bundesnetzagentur über die
Durchführung eines der Zuteilung von Frequenzen vorangehenden Vergabever-
fahrens und der Festlegung von Frequenznutzungsbestimmungen als Teil der
Vergabebedingungen erstreckt sich nicht auf Drittbetroffene, die keine Zuteilung
der zu vergebenden Frequenzen an sich selbst begehren, sondern lediglich
Störungen durch die spätere Nutzung der zu vergebenden Frequenzen befürch-
ten.
Urteil des 6. Senats vom 10. Oktober 2012 - BVerwG 6 C 36.11
I. VG Köln
vom 14.09.2011 - Az.: VG 21 K 8149/09 -