Urteil des BVerwG vom 22.08.2012

Überprüfung, Waffen Und Munition, Amtshandlung, Inhaber

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 6 C 26.11
OVG 11 LC 256/10
Verkündet
am 22. August 2012
Bech
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 22. August 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Büge, Dr. Graulich, Hahn und
Prof. Dr. Hecker
für Recht erkannt:
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Nieder-
sächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 19. April 2011
wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
G r ü n d e :
I
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung einer Gebühr für eine waffen-
rechtliche Überprüfung. Er ist Jäger und Waffenbesitzer.
Ende 2004/Anfang 2005 überprüfte der Beklagte den Kläger erstmals im Rah-
men der neu eingeführten, anlasslosen waffenrechtlichen Regelüberprüfung
(§ 4 Abs. 3 WaffG) nach dem neuen Waffenrecht auf seine Zuverlässigkeit und
persönliche Eignung.
Für den Zeitraum vom 1. April 2004 bis zum 31. März 2007 war er Inhaber ei-
nes Jagdscheins. Im Einklang mit der Verwaltungspraxis im Land Niedersach-
sen hatte der Beklagte zuvor keine Auskünfte aus dem Bundeszentralregister,
dem zentralen staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister und der örtlichen
Polizeidienststelle eingeholt.
Im Januar 2007 leitete der Beklagte erneut die Überprüfung der waffenrechtli-
chen Zuverlässigkeit und persönlichen Eignung des Klägers ein.
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Mit Bescheid vom 16. April 2007 setzte der Beklagte den Kläger darüber in
Kenntnis, dass er die gesetzlich vorgeschriebene Überprüfung seiner waffen-
rechtlichen Zuverlässigkeit und persönlichen Eignung durchgeführt und diese
ergeben habe, dass die Voraussetzungen für den weiteren Waffenbesitz vorlie-
gen würden. Für die Durchführung der Überprüfung setzte der Beklagte eine
Gebühr von 25,56 € fest.
Dagegen hat der Kläger am 10. Mai 2007 Klage erhoben, die das Verwaltungs-
gericht mit Urteil vom 19. Mai 2010 abgewiesen hat.
Die dagegen vom Kläger eingelegte Berufung hat das Oberverwaltungsgericht
mit Urteil vom 19. April 2011 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es u.a. aus-
geführt: Der angefochtene Gebührenbescheid sei rechtmäßig. Seine Rechts-
grundlage ergebe sich aus § 4 Abs. 3, § 50 Abs. 1 und 2 WaffG in der zum Zeit-
punkt des Bescheiderlasses geltenden Fassung i.V.m. § 1 WaffKostV und Ab-
schnitt III Nr. 1 des Gebührenverzeichnisses; aufgrund der Überleitungsvor-
schrift des Art. 19 Nr. 3 Buchst. c WaffRNeuRegG sei die Kostenverordnung in
der Fassung der Bekanntmachung vom 20. April 1990 (BGBl I S. 780), zuletzt
geändert durch die Verordnung vom 10. Januar 2000 (BGBl I S. 38), weiterhin
anwendbar. Dass die waffenrechtliche Regelüberprüfung eine gebührenpflichti-
ge Amtshandlung darstelle, sei durch die Rechtsprechung des Bundesverwal-
tungsgerichts geklärt. Im vorliegenden Fall sei die Regelüberprüfung zu Recht
durchgeführt worden. Dass sie nur gut zwei Jahre nach der ersten Regelüber-
prüfung im November 2004/Januar 2005 erfolgt sei, sei nicht zu beanstanden.
Die Regelüberprüfung dürfe auch stattfinden, wenn seit der vorangehenden
Regelüberprüfung noch nicht drei Jahre vergangen seien. Der Regelzeitraum
dürfe lediglich nicht willkürlich verkürzt werden. Dies sei nach der Verwaltungs-
praxis des Beklagten nicht der Fall gewesen. Der Beklagte, der einen Drei-
Jahres-Rhythmus anwende, habe nachvollziehbare personelle und organisato-
rische Gründe dafür angeführt, dass er nicht in der Lage sei, hierbei eine mo-
natsgleiche Überprüfung durchzuführen. Die Regelüberprüfung sei auch nicht
deshalb unzulässig gewesen, weil der Kläger für den Zeitraum vom 1. April
2004 bis zum 31. März 2007 Inhaber eines Jagdscheins gewesen sei. Nach
dem in § 13 Abs. 2 WaffG zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers
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seien Jäger hinsichtlich der waffenrechtlichen Zuverlässigkeits- und Eignungs-
prüfung nicht zu privilegieren und würden insofern auch Inhaber von Jagder-
laubnissen grundsätzlich der turnusmäßigen Überprüfung nach § 4 Abs. 3
WaffG unterliegen. Die jagdrechtliche Überprüfung des Klägers habe seine waf-
fenrechtliche Überprüfung auch im vorliegenden Einzelfall nicht entbehrlich ge-
macht. Vor Erteilung des Jagdscheins sei eine Überprüfung der Zuverlässigkeit
und persönlichen Eignung des Klägers tatsächlich nicht erfolgt. Der Beklagte
habe insbesondere keine Auskunft aus dem Bundeszentralregister eingeholt.
Wenn der Kläger der Auffassung sei, der für die Erteilung des Jagdscheins vor-
gesehene Gebührensatz sei wegen der fehlenden Zuverlässigkeits- und Eig-
nungsprüfung zu hoch gewesen, berühre dies nicht die Rechtmäßigkeit der Ge-
bührenfestsetzung für die spätere rechtmäßige waffenrechtliche Regelüberprü-
fung.
Der Kläger hat die vom Bundesverwaltungsgericht zugelassene Revision einge-
legt und wie folgt begründet. Das Berufungsurteil gehe davon aus, dass die
waffenrechtliche Überprüfung dem Kläger als Veranlasser individuell zuzurech-
nen und in seinem Pflichtenkreis erfolgt sei. Dies treffe nicht zu, weil die Ord-
nungsbehörde bei der Überprüfung - wie die Polizei bei Straßenverkehrskontrol-
len - damit die notwendigen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen
Sicherheit und Ordnung unternehme. Polizei und Verwaltungsbehörden müss-
ten nach § 105 Abs. 1 Nds SOG aber die Kosten für die Erfüllung ihrer Aufga-
ben selbst tragen.
Eine erneute Überprüfung sei im Falle des Klägers aber auch nicht „erforder-
lich“ gewesen. Das Bundesverwaltungsgericht habe in seinem Beschluss vom
16. April 2008 - BVerwG 6 C 30.07 - festgehalten, dass eine Regelüberprüfung
dann nicht erforderlich sei, wenn der Waffenbesitzer zuvor eine weitere Waffe
erworben und habe eintragen lassen. Das gelte für die Erteilung bzw. Verlänge-
rung eines Jagdscheins genau so. Durch Art. 15 WaffRNeuRegG würden über
§ 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG die Vorschriften der §§ 5, 6 WaffG insgesamt in den
jagdrechtlichen Anwendungsbereich einbezogen. Damit seien die inhaltlichen
Maßstäbe, nämlich Zuverlässigkeit und persönliche Eignung bei der Erteilung
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eines Jagdscheins an die waffenrechtlichen Anforderungen angeglichen wor-
den.
Mit der Erteilung des Jagdscheins habe der Beklagte demnach die Pflicht ge-
habt, auch die persönliche Zuverlässigkeit zu überprüfen. Doch auch wenn der
Beklagte die gesetzlich vorgeschriebene Überprüfung nach § 17 Abs. 1 Satz 2
BJagdG unterlasse, habe er mit der Gebühr für die Erteilung bzw. Verlängerung
des Jagdscheins den Verwaltungsaufwand für die Überprüfung mit geltend ge-
macht. Er sei daher gehindert, sie erneut für eine separat durchgeführte weite-
re, nicht Anlass bezogene Überprüfung nach § 4 Abs. 3 WaffG geltend zu ma-
chen; das verbiete der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.
Die Überprüfung sei auch deswegen nicht erforderlich gewesen, weil der Be-
klagte den im Gesetz genannten Mindestzeitraum von drei Jahren ohne ersicht-
lichen, in der Person des Klägers liegenden Grund deutlich unterschritten habe.
Personelle und organisatorische Engpässe beim Beklagten reichten dafür nicht
aus, den Kläger häufiger als gesetzlich vorgesehen zu überprüfen.
Dem stehe nicht entgegen, dass auch Jäger dem Anwendungsbereich des § 4
Abs. 1 Nr. 1 bis 3 WaffG unterfielen. Doch müsse sich der Beklagte als Ein-
heitsbehörde die Ergebnisse einer Überprüfung nach § 4 Abs. 3 WaffG in seiner
Eigenschaft als Jagdbehörde auch in seiner Eigenschaft als Waffenbehörde
zurechnen lassen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts
vom 19. April 2011 sowie das Urteil des Verwaltungsge-
richts Göttingen vom 19. Mai 2010 zu ändern und den Ge-
bührenbescheid des Beklagten vom 16. April 2007 aufzu-
heben.
Der Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
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Er verteidigt im Wesentlichen das Berufungsurteil.
II
Die Revision ist zulässig, aber unbegründet und ist deshalb zurückzuweisen
(§ 144 Abs. 2 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht die Berufung
gegen das die Klage abweisende Urteil zurückgewiesen. Waffenbesitzer haben
eine Gebühr für die in regelmäßigen Abständen vorgeschriebene Überprüfung
ihrer Zuverlässigkeit und persönlichen Eignung zu entrichten. Der Rechtmäßig-
keit der Regelüberprüfung steht nicht entgegen, dass die letzte derartige Über-
prüfung erst etwa zwei Jahre zurückliegt und zwischenzeitlich ein Jahresjagd-
schein erteilt wurde. Die streitgegenständliche waffenrechtliche Regelüberprü-
fung (1.) erweist sich ebenso wie der daraufhin ergangene und angefochtene
Gebührenbescheid des Beklagten (2.) als rechtmäßig und verletzt den Kläger
nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Der Beklagte hat zu Recht eine Regelüberprüfung des Klägers auf waffen-
rechtliche Zuverlässigkeit und persönliche Eignung nach § 4 Abs. 3 WaffG
durchgeführt. Die tatbestandlichen Voraussetzungen dafür haben vorgelegen,
insbesondere war die Regelüberprüfung erforderlich (a)), nicht unverhältnismä-
ßig (b)) und auch nicht mit Blick auf die zuvor erteilte jagdliche Erlaubnis ent-
behrlich (c)).
a) Gemäß § 4 Abs. 3 WaffG hat die zuständige Behörde die Inhaber von waf-
fenrechtlichen Erlaubnissen in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch
nach Ablauf von drei Jahren, erneut auf ihre Zuverlässigkeit und persönliche
Eignung zu prüfen. Im Rahmen dieser Überprüfung hat sie eine unbeschränkte
Auskunft aus dem Bundeszentralregister, eine Auskunft aus dem zentralen
staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister sowie eine Stellungnahme der örtli-
chen Polizeidienststelle einzuholen (siehe § 5 Abs. 5 Satz 1 WaffG).
Die Überprüfung ist in regelmäßigen Abständen seitens der zuständigen Be-
hörde durchzuführen, wobei das Gesetz hierfür keine verbindlichen Intervalle
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vorgibt, sondern lediglich festlegt, dass die Überprüfung mindestens alle drei
Jahre durchgeführt wird. Überprüfungen in kürzeren Zeitintervallen sind dem-
nach vom Gesetz nicht ausgeschlossen (vgl. Bushart, in: Apel/Bushart, WaffG,
Band 2, 3. Aufl. 2004, § 4 Rn. 20; Gade/Stoppa, WaffG, 2011, § 4 Rn. 25). Den
Rhythmus der Pflichtüberprüfungen hat das Waffenrechtsneuregelungsgesetz
„aus sicherheitspolitischen Gründen“ (Begr. BTDrucks. 14/7758 S. 53) von fünf
Jahren auf drei Jahre verkürzt, weil eine fünfjährige Frist oft nicht ausreicht, um
rechtzeitig auf waffenrechtlich relevante Entwicklungen beim privaten Erlaubnis-
inhaber reagieren zu können (Papsthart, in: Steindorf/Heinrich/Papsthart,
WaffG, 9. Aufl. 2010, § 4 Rn. 10). Allenfalls wenn der Zeitraum von drei Jahren
ohne konkreten Anlass erheblich unterschritten wird, kann die erneute Überprü-
fung nicht erforderlich und die hierfür verlangte Gebühr rechtswidrig sein. Ein
solches erhebliches Unterschreiten des zeitlichen Abstands zwischen den
Überprüfungen liegt aber bei einem Abstand von gut zwei Jahren nicht vor.
Anknüpfungspunkt für die Regelüberprüfung ist der Zeitpunkt der Erteilung der
waffenrechtlichen Erlaubnis oder eine vorangegangene Regelüberprüfung. Die-
se Voraussetzungen waren erfüllt. Denn nach den Feststellungen des Beru-
fungsgerichts hat der Beklagte den Kläger erstmals Ende 2004/Anfang 2005 im
Rahmen der Regelüberprüfung nach dem neuen Waffenrecht auf seine Zuver-
lässigkeit und persönliche Eignung überprüft und dazu Auskünfte des Einwoh-
nermeldeamtes, aus dem Zentralregister und dem Erziehungsregister sowie der
Polizeiinspektion Göttingen eingeholt. Im Januar 2007 leitete der Beklagte er-
neut die Überprüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit und persönlichen
Eignung des Klägers ein. Zwischen den beiden Überprüfungen lag somit ein
Zeitraum von gut zwei Jahren.
b) Der Wortlaut des § 4 Abs. 3 WaffG macht die Regelüberprüfung auf waffen-
rechtliche Zuverlässigkeit nicht von einer Verhältnismäßigkeitserwägung ab-
hängig. Der erkennende Senat hat jedoch in einem anderen Rechtsstreit um die
Rechtmäßigkeit einer Gebührenerhebung für eine Regelüberprüfung nach § 4
Abs. 3 WaffG ausgesprochen, dass für eine bereits nach etwa einem halben
Jahr erfolgende Regelüberprüfung Gründe nicht ersichtlich gewesen seien und
für eine Amtshandlung, die nicht erforderlich war, Gebühren nicht erhoben wer-
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den dürfen. Aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) folgt, dass eine
belastende Verwaltungsmaßnahme nicht unverhältnismäßig sein darf. Insbe-
sondere dürfen die sich aus dem Einsatz des anzuwendenden Mittels ergeben-
den Beeinträchtigungen nicht außer Verhältnis zu dem bezweckten Erfolg ste-
hen. Erweist sich danach eine Regelüberprüfung nach § 4 Abs. 3 WaffG im
Hinblick auf eine zeitnah erfolgte anderweitige waffenrechtliche Zuverlässig-
keitsprüfung als nicht erforderlich, ist sie rechtswidrig (Beschluss vom 16. April
2008 - BVerwG 6 C 30.07 - juris Rn. 3).
Die Unterschreitung des Dreijahreszeitraums für die Regelüberprüfung nach § 4
Abs. 3 WaffG ist nicht von sich aus als unverhältnismäßig anzusehen. Das Ge-
setz geht mit der Formulierung „in regelmäßigen Abständen, mindestens jedoch
nach Ablauf von drei Jahren“ von einem Höchstzeitraum für den Abstand zwi-
schen zwei Zuverlässigkeitsprüfungen aus, der nicht überschritten und nicht
von einem Mindestzeitraum, der nicht unterschritten werden darf. Die zuständi-
ge Behörde ist somit nicht gezwungen, einen Dreijahreshöchstzeitraum tages-
genau einzuhalten. Sie handelt vielmehr in Übereinstimmung mit dem Gesetz,
wenn sie „regelmäßig“ kürzere Abstände als drei Jahre einhält, sofern sie durch
sachliche Umstände im Verwaltungsverfahren dazu gezwungen wird und nicht
willkürlich handelt, um etwa ihr Gebühreneinkommen zu erhöhen.
Die streitgegenständliche Regelüberprüfung steht mit diesen Anforderungen im
Einklang. Das Berufungsgericht hat für das Revisionsverfahren bindend festge-
stellt, der Beklagte habe sich nach der Änderung des Waffenrechts im Jahre
2003 dafür entschieden, den Drei-Jahres-Rhythmus auf die Regelüberprüfung
anzuwenden. Aufgrund der Personalausstattung sei eine monatsgleiche drei-
jährige Überprüfung nicht möglich. Insgesamt unterlägen in seinem Zuständig-
keitsbereich ca. 3 800 Fälle der waffenrechtlichen Regelüberprüfung. Der Be-
klagte habe entschieden, diese Fälle zu dritteln und pro Jahr aus Kapazitäts-
gründen ca. 1 250 Fälle zu überprüfen. Der Kläger habe zu den Fällen gehört,
deren Überprüfung im Jahre 2004 erfolgen sollte. Daher sei die erste Regel-
überprüfung bei dem Kläger Ende 2004/Anfang 2005, dann wieder im Jahr
2007 und erneut im Jahr 2010 erfolgt. Wie sich aus der Gesetzesbegründung
ergibt, soll die Regelüberprüfung spätestens nach drei Jahren wiederholt wer-
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den. Dies wird durch das vom Beklagten praktizierte Verfahren gewährleistet.
Dass er aus personellen und organisatorischen Gründen nicht dazu in der Lage
ist, jeweils eine monatsgleiche Überprüfung durchzuführen, hat er nachvollzieh-
bar dargelegt. Eine willkürliche Verfahrensweise ist somit nicht erkennbar, zu-
mal gewährleistet ist, dass der Kläger lediglich in jedem dritten Jahr hinsichtlich
der Zuverlässigkeit und persönlichen Eignung überprüft wird. Damit hält der
Beklagte die gesetzlichen Anforderungen ein und handelt insbesondere nicht
unverhältnismäßig.
c) Der beklagte Landkreis musste von der erneuten waffenrechtlichen Regel-
überprüfung nach § 4 Abs. 3 WaffG nicht deshalb absehen, weil er dem Kläger
2004 einen bis zum 31. März 2007 ausgestellten Jahresjagdschein erteilt hatte.
Zwar ist vor der Erteilung des Jahresjagdscheins nach der hierfür einschlägigen
Vorschrift des Bundesjagdgesetzes ebenfalls die Zuverlässigkeit und persönli-
che Eignung des Jägers zu überprüfen. Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BJagdG
ist Personen der Jagdschein zu versagen, bei denen Tatsachen die Annahme
rechtfertigen, dass sie die erforderliche Zuverlässigkeit oder körperliche Eig-
nung nicht besitzen. Fehlen die Zuverlässigkeit oder die persönliche Eignung im
Sinne derund 6 WaffG, darf gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG nur ein
Jagdschein nacBJagdG erteilt werden. Das bedeutet umgekehrt,
dass bei fehlender Zuverlässigkeit oder fehlender persönlicher Eignung i.S.v.
§§ 5 und 6 WaffG ein anderer Jagdschein als der des § 15 Abs. 7 BJagdG
(Falknerschein) zu versagen ist (Leonhardt, BJagdG, Band 1, § 17 Erl. 2.1.6).
Die Vorschrift des § 17 Abs. 1 BJagdG ist durch das am 1. April 2003 in Kraft
getretene Gesetz zur Neuregelung des Waffenrechts (WaffRNeuRegG) vom
11. Oktober 2002 (BGBl I S. 3970) eingefügt worden. Der Gesetzgeber wollte
aus Gründen der öffentlichen Sicherheit die bisherigen Unterschiede bei der
Beurteilung der waffenrechtlichen und der jagdrechtlichen Zuverlässigkeit und
die damit verbundene Ungerechtigkeit beseitigen, dass ein in jagdrechtlicher,
aber nicht in waffenrechtlicher Hinsicht zuverlässiger Jagdscheinbewerber eine
Schusswaffe nicht nur besitzen, sondern auch führen darf (Leonhardt, a.a.O.
§ 17 Erl. 2.1.6.1).
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Das Jagdrecht und das Waffenrecht sind als eigenständige Ordnungsrechtsbe-
reiche anzusehen (Urteil vom 13. Dezember 1994 - BVerwG 1 C 31.92 -
). Das Waffengesetz regelt den Umgang mit Waffen
oder Munition unter Berücksichtigung der Belange der öffentlichen Sicherheit
und Or. In Abschnitt 2, Unterabschnitt 3 enthält es
Regelungen über besondere Erlaubnistatbestände für bestimmte Personen-
gruppen, in § 13 WaffG etwa die Regelung zum Erwerb und Besitz von
Schusswaffen und Munition durch Jäger. Damit ist das Waffengesetz im Ord-
nungsrechtsbereich des Umgangs mit Waffen und Munition auch für Inhaber
von Jagdscheinen grundsätzlich das maßgebliche Gesetz (VGH Kassel, Urteil
vom 3. September 2008 - 5 A 991.08 - juris Rn. 23). Mit dem Gesetz zur Neu-
regelung des Waffenrechts (WaffRNeuRegG) vom 11. Oktober 2002 ist durch
Art. 15 Nr. 1 Buchst. a demein Satz 2 angefügt worden,
wonach bei dem Fehlen der Zuverlässigkeit oder der persönlichen Eignung im
Sinne dernur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG er-
teilt werden darf. Daraus folgt, dass die Erteilung eines Jagdscheins durch die
Jagdbehörden nur nach einer waffenrechtlich ausreichenden Zuverlässigkeits-
prüfung erfolgen darf. Diese Regelung war zur Harmonisierung der gesetzlichen
Regelungen der Ordnungsbereiche Jagd- und Waffenrecht im Hinblick auf die
infür Jäger enthaltenen Erleichterungen zur Erlangung der Erlaub-
nis zum Erwerb und Besitz von Schusswaffen und Munition erforderlich (vgl. da-
zu BTDrucks 14/7758 S. 128 zu Nr. 9 (Art. 1 § 4 Abs. 3 Satz 2 - neu - WaffG).
Im Zuge der Novellierung des Waffenrechts durch das Gesetz zur Neuregelung
des Waffenrechts hat der Gesetzgeber eine dem § 30 Abs. 4 Satz 2 WaffG
1976 vergleichbare Regelung nicht wieder in das Waffengesetz aufgenommen.
Dem Vorschlag des Bundesrates, die Vorschrift desum einen
Satz 2 des Inhalts „Dies gilt nicht für Inhaber gültiger Jagderlaubnisse“ zu
ergänzen (vgl. BTDrucks 14/7758 S. 104), ist die Bundesregierung nicht gefolgt.
Sie hat zur Begründung darauf verwiesen (BTDrucks 14/7758 S. 128 zu Nr. 9),
es könne trotz der geplanten Neuregelung einer waffenrechtlich ausreichenden
Zuverlässigkeitsprüfung durch die Jagdbehörden auf eine „periodische
Überprüfung der für das Waffenrecht elementaren Zuverlässigkeit und persönli-
chen Eignung auch eines Jägers im Hinblick auf dessen Umgang mit Waffen
und Munition nicht immer verzichtet werden, insbesondere da diese Überprü-
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fung nacauf wesentlich mehr Erkenntnisquellen gestützt
wird (vgl.“.
Die Gesetz gewordene Fassung von § 13 WaffG hat die privilegierte Stellung
der Jagdscheininhaber beendet. Dies hat das Berufungsurteil zutreffend he-
rausgearbeitet. Nach der in Kraft getretenen Fassung des
wird bei der Beantragung einer Waffenbesitzkarte durch Jäger nur noch das
Bedürfnis unterstellt. Von der Überprüfung der übrigen Erteilungsvoraussetzun-
gen, insbesondere desisund damit auch der Zuver-
lässigkeit und persönlichen Eignu, werden die Jäger da-
gegen nicht (auch nicht „in der Regel“) freigestellt. Daeine Sonder-
vorschrift für Jäger darstellt und der Vorschlag des Bundesrates, i
eine Ausnahme für Jäger vorzusehen, abgelehnt worden ist (BTDrucks
14/7758 S. 104 und 128), kommt mit der in Kraft getretenen Regelung des
zum Ausdruck, dass nach dem Willen des Gesetzgebers Jäger
hinsichtlich der Prüfung der Zuverlässigkeit und persönlichen Eignung nicht pri-
vilegiert sein sollen. Insofern unterliegen auch Inhaber gültiger Jagderlaubnisse
grundsätzlich der turnusmäßigen Überprüfung nac(vgl. OVG
Lüneburg, Urteil vom 25. Januar 2007 -- juris Rn. 32; VGH Kas-
sel, Urteil vom 3. September 2008 a.a.O. Rn. 24).
Die Erfüllung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeits- und Eignungsanforderun-
gen ist zugleich Erteilungsvoraussetzung für den Jagdschein. Das gilt nament-
lich auch für die Verlängerung des Jagdscheins, da die Verlängerung rechtlich
einer Neuerteilung gleichsteht. Mit der durch § 17 Abs. 1 Satz 2 BJagdG nor-
mierten Einbeziehung der §§ 5 und 6 WaffG in den jagdrechtlichen Anwen-
dungsbereich wird die Jagdbehörde zu einer entsprechenden Prüfung der waf-
fenrechtlichen Anforderungen an Zuverlässigkeit und persönlicher Eignung ver-
pflichtet. Ob den Jagdbehörden bei dieser Prüfung dieselben Erkenntnisquellen
zur Feststellung der Unzuverlässigkeit und mangelnden Eignung zur Verfügung
stehen wie den Waffenbehörden, insbesondere nach § 5 Abs. 5 und § 6 Abs. 1
Satz 3 und 4, Abs. 2 und 4 WaffG i.V.m. § 4 AWaffV, bedarf hier keiner Ent-
scheidung. Doch entspricht es dem Willen des Gesetzgebers, dass § 4 Abs. 3
WaffG auch bei Inhabern von Jagdscheinen gilt und diese Personen grundsätz-
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lich der turnusmäßigen waffenrechtlichen Regelüberprüfung unterliegen
(Leonhardt, a.a.O. § 17 Erl. 2.1.6). Vorliegend ist der Jagdschein aber erteilt
worden, ohne dass eine den Anforderungen von § 5 WaffG genügende Zuver-
lässigkeitsprüfung stattgefunden hat. Denn es waren hier aufgrund der Verwal-
tungspraxis des Landes Niedersachsen bei der Erteilung des Jahresjagd-
scheins die nach den waffenrechtlichen Bestimmungen vorgeschriebenen Aus-
künfte aus dem Bundeszentralregister, dem zentralen staatsanwaltschaftlichen
Verfahrensregister und der örtlichen Polizeidienststelle nicht eingeholt worden.
2. Ermächtigungsgrundlage für die Gebührenerhebung nach einer Regelüber-
prüfung der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit ist § 50 Abs. 1 und Abs. 2 WaffG
i.V.m. § 1 WaffKostV und Abschnitt III Nr. 1 des Gebührenverzeichnisses. Da-
nach hat der Beklagte die streitgegenständliche Gebühr zu Recht erhoben. Die
Ermächtigungsgrundlage des Gebührenbescheides ist rechtmäßig (a)), und er
hält auch die Grenzen dieser Ermächtigung ein (b)).
a) Die Kostenverordnung zum Waffengesetz beruht auf der Ermächtigung des
Insbesondere ist der Gebührentatbestand des
Abschnitts III Nr. 1 des Gebührenverzeichnisses zur Kostenverordnung zum
Waffengesetz im Hinblick auf die hier umstrittene Gebühr genügend bestimmt
sowie mit dem abgabenrechtlichen Äquivalenzprinzip, dem Kostendeckungs-
prinzip und dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vereinbar. Der erkennende
Senat bekräftigt insofern seine Rechtsprechung in dem Urteil vom 1. September
2009 - BVerwG 6 C 30.08 - (Buchholz 402.5 WaffG Nr 99 Rn. 20 ff.). Nac
in der auf den Streitfall noch anwendbaren Fassung des
(BGBl I S. 3970) war das Bundesministerium des Innern er-
mächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die ge-
bührenpflichtigen Tatbestände näher zu bestimmen und dabei feste Sätze oder
Rahmensätze vorzusehen. Die Regelung ist durch Art. 1 Nr. 32 Buchst. b des
Gesetzes zur Änderung des Waffengesetzes und weiterer Vorschriften vom
26. März 2008 (BGBl I S. 426) zwar auf den Bereich der Bundesverwaltung be-
schränkt worden. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es aber auf
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das Recht in der bei Erlass des angefochtenen Bescheids am 16. April 2007
geltenden Fassung an.
b) Der streitgegenständliche Gebührenbescheid ist auch materiell rechtmäßig,
denn er hält die Grenzen seiner Ermächtigungsgrundlage ein. Bei der Regel-
überprüfung handelt es sich sowohl um eine Amtshandlung i.S.v. § 50 Abs. 1
WaffG (aa)), als auch eine solche i.S.v. § 1 WaffKostV i.V.m. Abschnitt III Nr. 1
des Gebührenverzeichnisses (bb)) und sie ist auch verhältnismäßig (cc)).
aa) Die Regelüberprüfung stellt sich als eine „Amtshandlung“ dar, nämlich als
eine „besondere Inanspruchnahme oder Leistung der öffentlichen Verwaltung“,
die dem Kläger als Veranlasser („auf Veranlassung“) zuzurechnen ist (Urteil
vom 1. September 2009 a.a.O. Rn. 16). In der individuellen Zurechenbarkeit
liegt die Rechtfertigung dafür, dass die Amtshandlung nicht aus allgemeinen
Steuermitteln, sondern ganz oder teilweise zu Lasten des Gebührenschuldners
über Sonderlasten finanziert wird (Urteil vom 25. August 1999 - BVer
-<276> = Buchholz 401.8 Verwaltungsgebühren
Nr. 35 S. 7). Veranlasser im gebührenrechtlichen Sinne ist nicht nur, wer die
Amtshandlung willentlich herbeiführt, sondern auch derjenige, in dessen Pflich-
tenkreis sie erfolgt (s. Urteile vom 22. Oktober 1992 - BVer-
<111> = Buchholz 442.16 § 29d StVZO Nr. 3 S. 3 und vom
25. August 1999 a.a.O.). Die Prüfung der Zuverlässigkeit und persönlichen Eig-
nung des Inhabers einer waffenrechtlichen Erlaubnis ist dessen Pflichtenkreis
zuzurechnen, da die Zuverlässigkeit und Eignung des Waffenbesitzers Voraus-
setzung für die weitere Inhaberschaft der Erlaubnis ist (Urteil vom 1. September
2009 a.a.O. Rn. 18).
bb) Die Regelüberprüfung ist auch eine Amtshandlung, die im Sinne von Ab-
schnitt III Nr. 1 des Gebührenverzeichnisses „nicht in Abschnitt I oder II aufge-
führt“ ist. Der fragliche Gebührentatbestand umfasst gemäß seinem Wesen als
Auffangtatbestand im Prinzip alle im Gebührenverzeichnis nicht gesondert auf-
geführten Amtshandlungen, wobei es sich allerdings um solche nach dem Waf-
fengesetz und den auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsvorschriften handeln
mu. Ein „sonstiger Fall“ im Sinne des Auffangtatbestandes
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liegt daher immer dann, aber auch nur dann vor, wenn die einschlägigen waf-
fenrechtlichen Rechtsnormen die betreffende Amtshandlung ausdrücklich vor-
sehen, wie es bei der Regelüberprüfung nacder Fall ist,
oder doch kraft Sinnzusammenhangs zwingend voraussetzen; die Auffangrege-
lung gestattet der Behörde nicht, kostenpflichtige Amtshandlungen gleichsam
frei zu „erfinden“ (Urteil vom 1. September 2009 a.a.O. Rn. 19).
cc) Ohne Erfolg bleibt der Einwand des Klägers, der Beklagte habe mit der
Festsetzung einer Gebühr für die Erteilung des Jahresjagdscheins den Verwal-
tungsaufwand für die Überprüfung seiner Zuverlässigkeit und Eignung bereits
geltend gemacht. Der angefochtene Bescheid gilt alleine den Aufwand ab, der
dem Beklagten durch die waffenrechtliche Regelüberprüfung gemäß § 4 Abs. 3
WaffG im Jahr 2007 entstanden ist. Im Übrigen ist dem Beklagten bei Erteilung
des Jahresjagdscheins durchaus ein (gesonderter) Aufwand entstanden. Ob
dieser - was hier keiner Klärung bedarf - die für ihn veranschlagte jagdrechtliche
Gebühr gerechtfertigt hat, ist kein Gesichtspunkt, der für die Rechtmäßigkeit
des angefochtenen Bescheids von Belang wäre.
3. Die Kosten der ohne Erfolg eingelegten Revision fallen dem Kläger zur Last,
der das Rechtsmittel eingelegt hat (§ 154 Abs. 2 VwGO).
Neumann
Büge
Dr. Graulich
Hahn
Prof. Dr. Hecker
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B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 25,56 €
festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 3 GKG).
Neumann
Büge
Dr. Graulich
Hahn
Prof. Dr. Hecker