Urteil des BVerwG vom 03.09.2014

Unternehmen, Zugang, Grundsatz der Gleichwertigkeit, Beendigung

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
BVerwG 6 C 25.13
VG 21 K 4890/10
Verkündet
am 3. September 2014
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 3. September 2014
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann
und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Graulich, Dr. Möller, Hahn
und Prof. Dr. Hecker
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwal-
tungsgerichts Köln vom 28. August 2013 wird zurückge-
wiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens
einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigela-
denen.
G r ü n d e :
I
Die Klägerin betreibt ein lokales Teilnehmernetz, über das sie Endkunden mit
Telekommunikationsdienstleistungen versorgt. Die Beigeladene ist Eigentüme-
rin der von ihrer Rechtsvorgängerin, der Deutschen Bundespost bzw. der Deut-
schen Bundespost Telekom, errichteten Telekommunikationsnetze und der
hierzu gehörenden technischen Einrichtungen. Sie ist aufgrund einer Regulie-
rungsverfügung verpflichtet, ihren Wettbewerbern den Zugang zur Teilnehmer-
anschlussleitung (TAL) zu gewähren. Die Entgelte hierfür sind der Genehmi-
gungspflicht unterworfen worden. Die Bereitstellung und die Kündigung des Zu-
gangs zur Teilnehmeranschlussleitung sowie die hierfür zu entrichtenden Ent-
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gelte sind in Standardverträgen geregelt, welche die Rechtsvorgängerin der
Klägerin, die Versatel West GmbH, welche, nach vorheriger Verschmelzung auf
die Versatel Nord GmbH zum 9. Januar 2012, nachfolgend zum 22. Februar
2012 auf die Versatel Deutschland GmbH verschmolzen wurde, mit der Beige-
ladenen abgeschlossen hat.
Auf Antrag der Beigeladenen genehmigte die Beklagte mit Beschluss vom
30. Juni 2010 für den Zeitraum vom 1. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2012 unter
anderem einmalige Bereitstellungs- und Kündigungsentgelte für den Zugang
zur Teilnehmeranschlussleitung in verschiedenen Varianten. Für die Zugangs-
varianten „CuDA 2 DR“ und „CuDA 2 DR hochbitratig“ wurden unter Ziffer 1.2
jeweils Kündigungsentgelte in Höhe von 16,05 Euro „ohne gleichzeitige Um-
schaltung des Endkunden“ sowie in Höhe von 4,48 Euro „mit gleichzeitiger Um-
schaltung des Endkunden“ genehmigt.
Die Klägerin hat Klage gegen den Beschluss der Beklagten vom 30. Juni 2010
erhoben, soweit darin unter Ziffer 1.2 Kündigungsentgelte für die Produkte
„CuDA 2 DR“ und „CuDA 2 DR hochbitratig“ genehmigt werden. Mit Urteil vom
28. August 2013 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und im We-
sentlichen ausgeführt:
Die Beigeladene könne einen Ausgleich für alle notwendigen Aufwendungen
geltend machen, die ihr dadurch entstünden, dass sie den Wettbewerbern den
Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung zu ermöglichen habe. Hätte sie den
Wettbewerbern die von diesen angemietete Teilnehmeranschlussleitung nicht
zur Verfügung stellen müssen, so wäre ihr auch nicht der Aufwand entstanden,
der mit der Beendigung dieses Verhältnisses naturgemäß verbunden sei. Im
Einzelnen seien dies administrative Tätigkeiten und Schaltarbeiten nebst den
dazu notwendigen Fahrten zu den jeweiligen Einrichtungen wie z.B. dem
Hauptverteiler, da die Leitung physisch zurückgeschaltet werden müsse. Die
Kündigungsentgelte, mit denen dieser Aufwand abgegolten werde, wiesen ei-
nen unmittelbaren Leistungszusammenhang mit der Bereitstellung der Teil-
nehmeranschlussleitung auf. Die zugrunde liegenden Abläufe und Schaltmaß-
nahmen seien notwendig, um die Teilnehmeranschlussleitung der Beigelade-
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nen wieder in den Zustand zu versetzen, den sie vor der Schaltung zur Nutzung
durch die jeweiligen Vertragspartner der Beigeladenen gehabt habe. Die Ab-
rechnung des Kündigungsaufwandes sei nicht deshalb unzulässig, weil der
Kündigungsprozess im Interesse der Beigeladenen erfolge und keine Leistung
gegenüber den Wettbewerbern darstelle. Die in der zivilrechtlichen Rechtspre-
chung zur sog. „Deaktivierungsgebühr“ im Mobilfunk und den „Wechselgebüh-
ren“ im Energiebereich entwickelten Grundsätze seien auf den hier in Rede
stehenden Vorleistungsbereich nicht übertragbar. Eine Überprüfung am Maß-
stab des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen finde im Rahmen des
Entgeltgenehmigungsverfahrens nach dem Telekommunikationsgesetz nicht
statt, da die Beigeladene die Zugangsbedingungen hier nicht einseitig unter
Inanspruchnahme eines autonomen Entscheidungsspielraums vorgebe, son-
dern insoweit der behördlichen Regulierung unterliege. Durch die Differenzie-
rung zwischen einem höheren Kündigungsentgelt ohne gleichzeitige Umschal-
tung des Endkunden und einem niedrigeren Kündigungsentgelt mit gleichzeiti-
ger Umschaltung des Endkunden verhindere die Beklagte eine Doppelverrech-
nung von Kostenansätzen zu Gunsten der Beigeladenen. Da bei der Kündigung
ohne gleichzeitige Umschaltung des Endkunden eine Abschaltung am Haupt-
verteiler erfolge, um die weitere Nutzung der Verbindung durch den Wettbewer-
ber zu verhindern, würden die Kosten für die Schaltung am Hauptverteiler beim
Kündigungsentgelt berücksichtigt. Bei der Kündigung mit gleichzeitiger Um-
schaltung des Endkunden würden die Schaltungskosten demgegenüber im
Rahmen der Bereitstellung veranschlagt. Dass sich die Beigeladene bei der
internen Kostenkalkulation weder ein Kündigungsentgelt in Rechnung stelle
noch ein solches Entgelt von ihren Endkunden erhebe, führe nicht zu einer
rechtswidrigen Preis-Kosten-Schere. Die Klägerin führe nicht aus, dass sie auf-
grund der Summe angeblich überhöhter Vorleistungsentgelte die Endkunden-
produkte der Beigeladenen nicht nachbilden könne. Zudem könne eine Preis-
Kosten-Schere nur im Hinblick auf die zur Genehmigung gestellte Leistung in
ihrer Gesamtheit - hier dem Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung - vorliegen.
Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr
Klagebegehren weiter. Entgegen der Annahme der Vorinstanz folge aus dem
Maßstab der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nicht, dass die Bei-
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geladene alle notwendigen Aufwendungen bzw. Kosten geltend machen könne,
die ihr dadurch entstünden, dass sie den Wettbewerbern den Zugang zur Teil-
nehmeranschlussleitung zu ermöglichen habe. Das kostenbasierte Entgelt sei
so festzulegen, wie es in einem funktionierenden Wettbewerbsumfeld durch den
Markt bestimmt würde. Den Kündigungsentgelten liege insbesondere bei der
Kündigung „ohne gleichzeitige Umschaltung des Endkunden“ keine Leistung
zugunsten der Zugangsnachfrager zugrunde. Die Beklagte habe nicht ausrei-
chend geprüft, ob die geltend gemachten Tätigkeiten im Zusammenhang mit
der Kündigung überhaupt durchgeführt würden. Die der Beigeladenen im Rah-
men einer Kündigung entstehenden Kosten seien für die effiziente Bereitstel-
lung der Teilnehmeranschlussleitung nicht notwendig. Während bei der Kündi-
gung durch einen Zugangsnachfrager der Schaltdraht entfernt werde, gehe die
Beigeladene bei Kündigungen eigener Endkunden anders vor und belasse die
Schaltung. Dies sei eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung und
zeige die Ineffizienz des Kündigungsprozesses. Die Aufhebung der Schaltung
sei nicht notwendig, um einen eventuellen Missbrauch der Zugangsnachfrager
zu verhindern. Eine missbräuchliche Weiternutzung der Teilnehmeranschluss-
leitung nach der Kündigung sei schon deshalb ausgeschlossen, weil der betref-
fende Zugangsnachfrager eine Kündigung des Vertrages und damit die Zerstö-
rung seines Geschäftsmodells riskieren würde. Zudem könnte sich die Beigela-
dene durch Vertragsstrafenregelungen absichern. Die Genehmigung von Kün-
digungsentgelten verstoße ferner gegen das Recht der Allgemeinen Geschäfts-
bedingungen; denn die Beigeladene versuche insoweit Aufwendungen für die
Erfüllung eigener Zwecke abzuwälzen. Die Beklagte sei zur Überprüfung der
Entgelte am Maßstab der entsprechenden Vorschriften verpflichtet. Dass die
Beigeladene bei den regulierten Verträgen die Vertragsbedingungen nicht ein-
seitig und privatautonom festlegen könne, habe lediglich eine Vorverlagerung
der Prüfung auf den Zeitpunkt der Entgeltgenehmigung zur Folge.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 28. August
2013 zu ändern und den Beschluss der Bundesnetzagen-
tur vom 30. Juni 2010 (BK 3c-10-087) aufzuheben, soweit
damit unter Nr. 1.2 Kündigungsentgelte für die Produkte
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CuDA 2 DR und CuDA 2 DR hochbitratig genehmigt wer-
den.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen jeweils,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil.
II
Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 144
Abs. 2 VwGO). Das vorinstanzliche Urteil beruht nicht auf der Verletzung revisi-
blen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der Beschluss der Bundesnetzagentur vom
30. Juni 2010 ist - soweit angefochten - nicht rechtswidrig und verletzt die Klä-
gerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Rechtsgrundlage für die angefochtene Genehmigung der fraglichen Kündi-
gungsentgelte ist § 35 Abs. 3 Satz 1 des Telekommunikationsgesetzes vom
22. Juni 2004 (TKG), das in dem hier maßgeblichen Zeitpunkt des Beschlusses
der Bundesnetzagentur vom 30. Juni 2010 zuletzt durch Gesetz vom
17. Februar 2010 (BGBl I S. 78) geändert worden war. Danach ist die Geneh-
migung ganz oder teilweise zu erteilen, soweit die Entgelte den Anforderungen
der § 28 und 31 TKG nach Maßgabe des § 35 Abs. 2 TKG entsprechen und
keine Versagungsgründe nach § 35 Abs. 3 Satz 2 oder 3 TKG vorliegen.
1. Die Anforderungen des § 31 TKG in der hier noch maßgeblichen Fassung
sind erfüllt. § 31 Abs. 1 Satz 1 TKG zufolge sind Entgelte, die nach Maßgabe
des § 30 Abs. 1 Satz 1 oder Abs. 3 Satz 1 TKG genehmigungsbedürftig sind,
genehmigungsfähig, wenn sie die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung
nicht überschreiten.
a) Die in dem angefochtenen Beschluss der Bundesnetzagentur genehmigten
Kündigungsentgelte sind nach Maßgabe des § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG genehmi-
gungsbedürftig. Die Vorschrift bestimmt, dass Entgelte des Betreibers eines
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öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der über beträchtliche Marktmacht ver-
fügt, für nach § 21 TKG auferlegte Zugangsleistungen vorbehaltlich der nach-
folgenden Absätze einer Genehmigung durch die Bundesnetzagentur nach
Maßgabe des § 31 TKG unterliegen. Nach den Feststellungen des Verwal-
tungsgerichts hat die Beklagte der Beigeladenen als Betreiberin eines öffentli-
chen Telekommunikationsnetzes eine Zugangsverpflichtung nach § 21 TKG
durch Regulierungsverfügung vom 27. Juni 2007 (BK 4a-07-002/R) auferlegt.
Den Angaben in dem angefochtenen Beschluss der Bundesnetzagentur vom
30. Juni 2010 (S. 10, 16) zufolge sind in der genannten Regulierungsverfügung
zugleich die Entgelte für die Gewährung des Zugangs zur Teilnehmeran-
schlussleitung der Genehmigungspflicht nach Maßgabe des § 31 TKG unter-
worfen worden. Der Berücksichtigung dieser vom Verwaltungsgericht nicht aus-
drücklich festgestellten Tatsache im Revisionsverfahren steht § 137 Abs. 2
VwGO nicht entgegen, da sie sich aus den Akten ergibt und zwischen den Be-
teiligten nicht streitig ist.
b) Die Erhebung von Kündigungsentgelten führt entgegen der Auffassung der
Klägerin nicht schon als solche, d.h. ohne Rücksicht auf die konkrete Höhe der
Entgelte, zu einer Überschreitung der nach § 31 Abs. 1 Satz 1 TKG (vgl. jetzt
§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 TKG 2012) für die Genehmigungsfähigkeit maßgebli-
chen Grenze der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung.
Die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung ergeben sich gemäß § 31
Abs. 2 Satz 1 TKG (vgl. jetzt § 32 Abs. 1 Satz 1 TKG 2012) aus den langfristi-
gen zusätzlichen Kosten der Leistungsbereitstellung und einem angemessenen
Zuschlag für leistungsmengenneutrale Gemeinkosten, einschließlich einer an-
gemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals, soweit diese Kosten jeweils
für die Leistungsbereitstellung notwendig sind. Die den streitgegenständlichen
Kündigungsentgelten zugrunde liegenden Kosten sind den langfristigen zusätz-
lichen Kosten der Leistungsbereitstellung zuzuordnen. Die Formulierung „Kos-
ten der Leistungsbereitstellung“ verdeutlicht, dass ein ursächlicher Zusammen-
hang zwischen der bereitgestellten Leistung und den Kosten bestehen muss
(vgl. Winzer, in: Geppert/Schütz, Beck`scher TKG-Kommentar, 4. Aufl. 2013,
§ 32 Rn. 18; Hölscher/Lünenbürger, in: Scheurle/Mayen, TKG, 2. Aufl. 2008,
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§ 31 Rn. 18). Zusatzkosten sind Kosten, die nicht anfallen, wenn die Erstellung
des Dienstes bzw. einer entsprechenden Menge dieses Dienstes nicht erfolgt,
d.h. es handelt sich gewissermaßen um „Einzelkosten“, die der zusätzlichen
Leistung bzw. dem Dienst direkt zugeordnet werden können. Diese setzen sich
zusammen aus den Kapitalkosten, welche die Abschreibungen und Zinsen be-
inhalten, sowie u.a. Mieten, Betriebs- und Prozesskosten (vgl. Winzer, in:
Geppert/Schütz, Beck`scher TKG-Kommentar, 4. Aufl. 2013, § 32 Rn. 19;
Groebel, in: Säcker (Hrsg.), TKG-Kommentar, 3. Aufl. 2013, § 32 Rn. 26). In-
dem die Norm auf die „langfristigen“ Zusatzkosten abstellt, wird zum Ausdruck
gebracht, dass sämtliche Produktionsfaktoren einschließlich der Kapitalkosten
der Infrastruktur als variabel anzusehen sind (vgl. Groebel, a.a.O. Rn. 27;
Hölscher/Lünenbürger, a.a.O. Rn. 22; Winzer, a.a.O. Rn. 21; Busse von Colbe,
in: Säcker (Hrsg.), TKG-Kommentar, 3. Aufl. 2013, Vor § 27 Rn. 17). Im vorlie-
genden Zusammenhang ist ferner die Verfahrensnorm des § 33 TKG (vgl. jetzt
§ 34 TKG 2012) zu berücksichtigen. Danach hat das beantragende Unterneh-
men mit einem Entgeltantrag nach § 31 Abs. 5 und 6 TKG die zur Prüfung des
Antrages erforderlichen Unterlagen vorzulegen, die insbesondere aktuelle Kos-
tennachweise (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 TKG) und eine detaillierte Leistungsbeschrei-
bung (§ 33 Abs. 1 Nr. 2 TKG) umfassen. Der Inhalt der nach § 33 Abs. 1 TKG
vorzulegenden Kostennachweise wird in § 33 Abs. 2 TKG näher umschrieben.
Diese Kostenunterlagen dienen dem Nachweis der tatsächlichen Kosten des
regulierten Unternehmens und bilden den Ausgangspunkt für die Ermittlung der
Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung als Maßstab für die Genehmi-
gungsfähigkeit der beantragten Entgelte (vgl. Groebel, in: Säcker (Hrsg.),
TKG-Kommentar, 3. Aufl. 2013, § 34 Rn. 2, 20 ff., § 35 Rn. 17).
Aus dem gesetzlichen Entgeltmaßstab der Kosten der effizienten Leistungsbe-
reitstellung in Verbindung mit den verfahrensrechtlichen Vorgaben zu den vor-
zulegenden Kostennachweisen lassen sich demnach drei Voraussetzungen für
die Berücksichtigung geltend gemachter Einzelkosten des regulierten Unter-
nehmens bei der Entgeltfestsetzung ableiten: Es muss sich um Kosten handeln,
die dem regulierten Unternehmen tatsächlich entstehen (aa), für deren Entste-
hung die Bereitstellung der auferlegten Zugangsleistung ursächlich ist (bb) und
die auch unter den Bedingungen eines wirksamen Wettbewerbs entstehen wür-
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den (cc). Die Kosten, die den von der Beigeladenen beantragten und von der
Beklagten mit dem angefochtenen Beschluss genehmigten Kündigungsentgel-
ten zugrunde liegen, erfüllen diese Voraussetzungen jedenfalls dem Grunde
nach.
(aa) Den Kündigungsentgelten liegen Kosten zugrunde, die dem regulierten
Unternehmen tatsächlich entstehen. Sie ergeben sich nicht etwa nur aus einer
von den betrieblichen Kostenrechnungssystemen losgelösten Modellrechnung
(vgl. Groebel, in: Säcker (Hrsg.), TKG-Kommentar, 3. Aufl. 2013, § 34 Rn. 20;
Höffler, in: Arndt/Fetzer/Scherer, TKG, 2008, § 33 Rn. 7), sondern bilden reale
Aufwendungen im Zusammenhang mit der Kündigung der Teilnehmeran-
schlussleitung ab. Dies ergibt sich aus den tatsächlichen Feststellungen, die
das Verwaltungsgericht in dem angefochtenen Urteil getroffen hat. Danach ent-
steht der Beigeladenen in Folge der Kündigung der Teilnehmeranschlussleitung
ein Aufwand, der zum einen administrative Tätigkeiten und zum anderen
Schaltarbeiten nebst den dazu notwendigen Fahrten zu den jeweiligen Einrich-
tungen, wie z.B. dem Hauptverteiler, umfasst. Diese tatrichterlichen Feststel-
lungen hat die Revision nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Der Senat ist
daher gemäß § 137 Abs. 2 VwGO an sie gebunden.
bb) Die Kündigungsentgelte stehen in ursächlichem Zusammenhang mit der
bereitgestellten Leistung.
Entgegen der Auffassung der Klägerin umfasst der Begriff der „bereitgestellten
Leistung“ im Sinne des Entgeltmaßstabs des § 31 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1
TKG nicht nur solche Einzelleistungen, die jeweils für sich genommen unmittel-
bar im Interesse der Zugangsnachfrager liegen. Vielmehr ist schon aus syste-
matischen Gründen auf die dem regulierten Unternehmen durch Regulierungs-
verfügung auferlegte Zugangsleistung abzustellen, auf die sich auch die Ent-
geltgenehmigungspflicht nach § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG bezieht. Aufgrund der
Regulierungsverfügung der Beklagten vom 27. Juni 2007 ist die Beigeladene
verpflichtet, vollständig entbündelten Zugang zum Teilnehmeranschluss in Form
der Kupferdoppelader am Hauptverteiler oder einem näher an der Teilnehmer-
anschlusseinheit gelegenen Punkt, insbesondere am Kabelverzweiger, also zur
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Teilnehmeranschlussleitung zu gewähren. Bei der Gewährung des Zugangs
zum Teilnehmeranschluss gemäß § 21 Abs. 3 Nr. 1 TKG handelt es sich um
einen komplexen Vorgang, der unterschiedliche Aktivitäten umfasst und eine
rechtliche Ausgestaltung voraussetzt. Nach der Legaldefinition in § 3 Nr. 32
TKG ist unter „Zugang“ die Bereitstellung von Einrichtungen oder Diensten für
ein anderes Unternehmen unter bestimmten Bedingungen zum Zwecke der Er-
bringung von Telekommunikationsdiensten zu verstehen. Die Bereitstellung von
Einrichtungen kann insbesondere durch die Überlassung von Mietleitungen er-
folgen, d.h. von permanent festgeschalteten Übertragungswegen, die im Eigen-
tum des bereitstellenden Unternehmens verbleiben und auf Zeit gegen Entgelt
überlassen werden (vgl. Stamm/Roth, in: Scheurle/Mayen, TKG, 2. Aufl. 2008,
§ 41 Rn. 1). Im Zusammenhang mit der Gewährung des Zugangs zum Teil-
nehmeranschluss durch die mietweise Überlassung der Teilnehmeranschluss-
leitung an die zugangsnachfragenden Netzbetreiber beschränkt sich daher der
Begriff der bereitgestellten „Leistung“, an den der Entgeltmaßstab des § 31
Abs. 1 Satz 1 TKG anknüpft, nicht etwa nur auf die Schaffung und Aufrechter-
haltung der technischen Voraussetzungen für die Nutzung der Leitung, sondern
umfasst auch den durch die Beendigung des Mietverhältnisses hervorgerufenen
Aufwand, der etwa in administrativen Tätigkeiten wie Dokumentation und Faktu-
rierung (Rechnungsstellung) oder technischen Maßnahmen wie der Entfernung
oder Änderung von Schaltungen besteht. Wäre dieser Aufwand nicht der dem
regulierten Unternehmen durch Regulierungsverfügung auferlegten Zugangs-
leistung zuzuordnen, entfiele insoweit im Übrigen bereits die Genehmigungsbe-
dürftigkeit der Entgelte.
Geht man davon aus, dass die streitgegenständlichen Kündigungsentgelte den
Aufwand abbilden, der der Beigeladenen durch die Abwicklung der die Überlas-
sung der Teilnehmeranschlussleitung regelnden Mietverhältnisse entsteht, be-
steht mithin zwischen den Kosten, die diesen Entgelten zugrunde liegen, und
der bereitgestellten Leistung der Gewährung des Zugangs zum Teilnehmeran-
schluss der erforderliche ursächliche Zusammenhang, der ihre Berücksichti-
gung im Rahmen des Entgeltmaßstabs der Kosten der effizienten Leistungsbe-
reitstellung grundsätzlich rechtfertigt. Maßgeblich ist insoweit, ob die Kosten
nicht anfallen würden, wenn die Leistung nicht bzw. nicht in dem entsprechen-
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den Umfang bereitgestellt wird. Dies ist hier, wie das Verwaltungsgericht zutref-
fend ausgeführt hat, zweifellos der Fall: Müsste die Beigeladene anderen Un-
ternehmen wie der Klägerin nicht den vollständig entbündelten Zugang zur Teil-
nehmeranschlussleitung gewähren, so würde ihr auch nicht der Aufwand ent-
stehen, der mit der Beendigung des die Zugangsgewährung regelnden Mietver-
hältnisses verbunden ist.
cc) Die den streitgegenständlichen Kündigungsentgelten zugrunde liegenden
Kosten genügen schließlich auch den maßgeblichen Effizienzanforderungen.
Nach der Rechtsprechung des Senats besteht der Sinn des Effizienzmaßstabs
darin, einen Als-Ob-Wettbewerbspreis zu simulieren, d.h. mit dem regulierten
Entgelt den Preis vorwegzunehmen, der sich in einem wirksamen Wettbe-
werbsumfeld durch den Zwang zur optimalen Nutzung der vorhandenen Res-
sourcen aufgrund der Marktkräfte einstellen würde (Urteile vom 24. Juni 2009
- BVerwG 6 C 19.08 - Buchholz 442.066 § 35 TKG Nr. 3 Rn. 18 und vom
25. November 2009 - BVerwG 6 C 34.08 - Buchholz 442.066 § 31 TKG Nr. 1
Rn. 19; sowie zuletzt für das Postregulierungsrecht: Urteil vom 29. Mai 2013
- BVerwG 6 C 10.11 - BVerwGE 146, 325 <338> Rn. 41). Als effizient können
daher grundsätzlich nur diejenigen Kosten anerkannt werden, die für die Bereit-
stellung der Leistung bei kostenminimaler Produktion mit optimalem Faktorein-
satz notwendig sind (vgl. Winzer, in: Geppert/Schütz, Beck`scher
TKG-Kommentar, 4. Aufl. 2013, § 32 Rn. 16; Groebel, in: Säcker (Hrsg.),
TKG-Kommentar, 3. Aufl. 2013, § 32 Rn. 22 f.). Hierauf weist die Klägerin der
Sache nach zutreffend hin. Entgegen dem Revisionsvorbringen hat auch die
Vorinstanz keinen anderen Maßstab zugrunde gelegt. Die Annahme des Ver-
waltungsgerichts, die Beigeladene könne einen Ausgleich für alle diejenigen
notwendigen Aufwendungen geltend machen, die ihr dadurch entstünden, dass
sie den Wettbewerbern den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung zu ermög-
lichen habe, hat gerade nicht zur Folge, dass „faktisch alle geltend gemachten
Kosten und Kostenpositionen der Beigeladenen genehmigungsfähig“ wären und
„bei der Entgeltgenehmigung eingerechnet“ werden müssten. Kosten, die für
die Leistungsbereitstellung nicht notwendig sind, dürfen vielmehr auch nach
Ansicht des Verwaltungsgerichts bei der Entgeltberechnung nicht berücksichtigt
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werden. Können nur die für die Bereitstellung der Leistung (unter Wettbewerbs-
bedingungen) notwendigen Kosten als effizient anerkannt werden, müsste der
in den streitgegenständlichen Kündigungsentgelten abgebildete Aufwand, der
der Beigeladenen nach den tatrichterlichen Feststellungen im Zusammenhang
mit der Abwicklung der die Überlassung der Teilnehmeranschlussleitung re-
gelnden Mietverhältnisse tatsächlich entsteht, bei der Preisbildung außer Be-
tracht bleiben, wenn die Beigeladene unter den Bedingungen eines funktionie-
renden Wettbewerbs auf die Vornahme der fraglichen Tätigkeiten verzichten
würde.
Entgegen der Auffassung der Revision ist die Aufhebung der Schaltung in den
Fällen der Kündigung einer Teilnehmeranschlussleitung ohne gleichzeitige Um-
schaltung des Endkunden keine dem Effizienzkriterium widersprechende Vor-
gehensweise. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht,
eine Aufhebung der Schaltung sei nicht zur Verhinderung einer missbräuchli-
chen Weiternutzung der Teilnehmeranschlussleitung geboten, weil der betref-
fende Zugangsnachfrager eine Kündigung des Vertragsverhältnisses und damit
die Zerstörung seines Geschäftsmodells riskieren würde und sich die Beigela-
dene zudem durch die Regelung einer Vertragsstrafe absichern könnte, über-
dehnt sie den Effizienzmaßstab. Die Beurteilung der Effizienzfrage hängt davon
ab, wie sich das regulierte Unternehmen mutmaßlich verhielte, wenn ein funkti-
onierender Markt für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung bestände (Ur-
teil vom 24. Juni 2009 - BVerwG 6 C 19.08 - Buchholz 442.066 § 35 TKG
Nr. 3). Auch bei der modellhaften Berechnung des unter Wettbewerbsbedin-
gungen zu erwartenden Preises sind im Ausgangspunkt die unternehmerischen
Bewertungen und Entscheidungen des zugangsgewährenden Unternehmens
zugrunde zu legen, solange diese nicht offensichtlich unvertretbar sind (vgl.
Hölscher/Lünenbürger, in: Scheurle/Mayen, TKG, 2. Aufl. 2008, § 31 Rn. 15).
Maßnahmen, die das regulierte Unternehmen für erforderlich hält, um die unbe-
rechtigte Weiternutzung seiner Teilnehmeranschlussleitungen durch einen Zu-
gangsnachfrager nach Beendigung des Mietverhältnisses technisch auszu-
schließen, sind von der Regulierungsbehörde und den Verwaltungsgerichten
bei der Entgeltprüfung hinzunehmen, solange die damit verbundenen Kosten
nicht offensichtlich außer Verhältnis zu diesem Zweck stehen. Anhaltspunkte
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dafür, dass sich die mit der Aufhebung der Schaltung nach den Feststellungen
des Verwaltungsgerichts verbundenen Arbeiten am Hauptverteiler einschließ-
lich der hierzu notwendigen Fahrten nicht in diesem Rahmen halten, liegen
nicht vor.
Die Annahme, dass sich auch ein Unternehmen, welches Teilnehmeranschluss-
leitungen als Vorleistung in einem wettbewerblich geprägten Markt vermietet,
weder auf die Vertrauenswürdigkeit der Zugangsnachfrager noch auf die Mög-
lichkeit straf- oder zivilrechtlicher Sanktionen im Fall von Missbräuchen verwei-
sen lasse, sondern sich gegen die unberechtigte Nutzung seines Eigentums
durch angemessene technische Vorkehrungen schützen würde, kann sich im
Übrigen auf die im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) typisierten Wertungen stüt-
zen. Nach § 546 Abs. 1 BGB ist der Mieter verpflichtet, die Mietsache nach Be-
endigung des Mietverhältnisses zurückzugeben. Die „Rückgabe“ der Mietsache
erfordert grundsätzlich eine vollständige und unzweideutige Besitzaufgabe des
Mieters (vgl. BGH, Urteil vom 19. November 2003 - XII ZR 68/00 - NZM 2004,
98 f.). Im Fall der Überlassung einer Mietleitung setzt dies voraus, dass der be-
treffende Netzbetreiber nach der Beendigung des Mietverhältnisses nicht nur
rechtlich, sondern auch technisch an der Weiternutzung der Leitung gehindert
ist. Die Annahme der Klägerin, bei einer Kündigung der Teilnehmeranschluss-
leitung sei die Mietsache bereits durch die entsprechende Erklärung und die
dann folgende Kennzeichnung einer zurückgegebenen Leitung in den Syste-
men der Beigeladenen ordnungsgemäß zurückgegeben, trifft daher nicht zu.
Erst mit der Aufhebung der Schaltung ist das Erfordernis einer vollständigen
und unzweideutigen Besitzaufgabe des Mieters einer Teilnehmeranschlusslei-
tung erfüllt und eine unberechtigte Weiternutzung des Eigentums des zugangs-
gewährenden Unternehmens technisch ausgeschlossen.
Neben dem Gesichtspunkt der Vermeidung einer missbräuchlichen Weiternut-
zung der Teilnehmeranschlussleitung ist bei der Frage, ob die Aufhebung der
Schaltung im Kündigungsfall dem Effizienzkriterium widerspricht, zu berücksich-
tigen, dass die Rückgabe einer Mietsache typischerweise in dem Zustand zu
erfolgen hat, in dem sich die Mietsache bei der Überlassung befunden hatte
(BGH, Urteil vom 10. Juli 2002 - XII ZR 107/99 - NJW 2002, 3234 f.). Das zu-
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gangsgewährende Unternehmen hat deshalb regelmäßig einen Anspruch da-
rauf, dass die einem zugangsnachfragenden Unternehmen überlassene Mietlei-
tung nach Beendigung des Mietverhältnisses in den Zustand versetzt wird, in
dem sie sich vor der Überlassung befunden hat. Dies umfasst die Entfernung
derjenigen Schaltungen, die die Fremdnutzung der Teilnehmeranschlussleitung
jeweils ermöglicht haben. Werden diese Schaltarbeiten aus technischen Grün-
den durch das zugangsgewährende Unternehmen selbst ausgeführt, sind sie
doch normativ dem Pflichtenkreis des zugangsnachfragenden Unternehmens
zuzurechnen.
Zwar hätte ein im Wettbewerb stehendes Unternehmen theoretisch die Mög-
lichkeit, die Kosten der Leistungsbereitstellung dadurch weiter zu reduzieren,
dass es im Rahmen seiner vertraglichen Gestaltungsfreiheit darauf verzichtet,
bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses die vollständige Rückgabe der Miet-
leitung in ihrem ursprünglichen Zustand, d.h. unter Aufhebung der für die Zu-
gangsgewährung jeweils hergestellten Schaltung zu verlangen. Solche hypo-
thetischen Abweichungen von dem gesetzlich typisierten Modell der Rechtsstel-
lung eines Vermieters müssen im Rahmen der Simulation eines Als-Ob-
Wettbewerbspreises indes nicht berücksichtigt werden. Angesichts der Variati-
onsbreite privatautonomer Gestaltungsmöglichkeiten würde anderenfalls ein
Prüfungsaufwand entstehen, der mit dem qualifizierten Zügigkeitsgebot, dem
die Entscheidung der Bundesnetzagentur unterliegt, nicht vereinbar wäre. Die
das Entgeltgenehmigungsverfahren wesentlich prägende Bedeutung der in § 31
Abs. 6 Satz 3 TKG geregelten zehnwöchigen Entscheidungsfrist hat der Senat
zuletzt in seinem Vorlagebeschluss vom 25. Juni 2014 - BVerwG 6 C 10.13 -
(insbes. Rn. 33 ff.) hervorgehoben. Danach kann sowohl dem Sinn und Zweck
- der möglichst frühzeitigen Schaffung von Rechtssicherheit für alle Marktbetei-
ligten - als auch der inhaltlichen Ausgestaltung der Frist sowie ihrem systemati-
schen Zusammenhang mit den übrigen Regelungen des Entgeltgenehmigungs-
verfahrens entnommen werden, dass das Telekommunikationsgesetz von der
grundsätzlichen Möglichkeit einer abschließenden Entscheidung über Entgelt-
genehmigungsanträge des regulierten Unternehmens innerhalb der Zehn-
Wochen-Frist ausgeht, die allenfalls in besonders gelagerten Ausnahmefällen
hinausgezögert werden darf (vgl. Beschluss vom 25. Juni 2014 - BVerwG 6 C
25
- 15 -
10.13 - juris Rn. 38). Wäre die Bundesnetzagentur verpflichtet, die ohnehin
komplexe Kostenprüfung in der bezeichneten Weise inhaltlich auszudehnen,
dürfte die Einhaltung der in § 31 Abs. 6 Satz 3 TKG geregelten Entscheidungs-
frist in der Praxis kaum zu gewährleisten sein. Das dem § 546 Abs. 1 BGB zu-
grunde liegende Leitbild rechtfertigt daher ohne weitere Prüfung alternativer
Gestaltungsmöglichkeiten die Annahme, dass auch in einem wirksamen Wett-
bewerbsumfeld ein seriös wirtschaftendes Unternehmen nicht im Interesse der
Kostenersparnis auf sein Recht verzichten würde, von seinem Vertragspartner
nach Beendigung des Mietverhältnisses die Aufgabe aller Nutzungsmöglichkei-
ten an einer Mietleitung und die Wiederherstellung des vor der Bereitstellung
bestehenden Zustands zu verlangen.
Soweit die Klägerin darauf hinweist, dass die Beigeladene im Fall der Kündi-
gung durch ihre Endkunden die Schaltung belasse und abwarte, ob ggf. eine
spätere Nutzung erfolge, lässt sich hieraus nicht der Schluss ziehen, dass nur
dieser Ablauf einem „effizienten und kostenvermeidenden Vorgehen“ entspricht.
Denn anders als in den Fällen der Überlassung der Teilnehmeranschlussleitung
als Vorleistung an einen Wettbewerber kann die Weiternutzung des Teilneh-
meranschlusses durch einen eigenen Endkunden der Beigeladenen nach Ver-
tragsbeendigung bereits durch Deaktivierung des Anschlusses in der Vermitt-
lungseinrichtung der Beigeladenen und ohne die Aufhebung der Schaltung si-
cher ausgeschlossen werden. Die Beigeladene hat hierzu in tatsächlicher Hin-
sicht unwidersprochen und plausibel vorgetragen, dass eine Teilnehmeran-
schlussleitung nur bei der Überlassung als Vorleistungsprodukt durch physische
Umschaltung aus dem Netz der Beigeladenen herausgenommen und in das
Netz eines der Wettbewerber integriert wird. Hinzu kommt, dass die Überlas-
sung einer Mietleitung an einen Wettbewerber durch das zugangsverpflichtete
Unternehmen von vornherein eine andere rechtliche Qualität als die vertragliche
Beziehung eines Anbieters von Telekommunikationsdiensten zu seinen End-
kunden hat. In dem zuletzt genannten Fall ist Vertragsgegenstand nicht die
Überlassung einer Mietleitung auf der Vorleistungsebene, sondern ein Vertrag
über die Erbringung von Telekommunikationsdiensten, der zwar die Nutzung
des Teilnehmeranschlusses mit umfasst, aber nicht als Mietvertrag zu qualifizie-
ren ist. Vielmehr handelt es sich um einen Dienstvertrag im Sinne von § 611
26
- 16 -
BGB, durch den sich der Teilnehmernetzbetreiber verpflichtet, dem Kunden den
Zugang zum öffentlichen Telekommunikationsnetz zu eröffnen und zu ermögli-
chen, unter Aufbau abgehender und Entgegennahme ankommender Telefon-
verbindungen mit anderen Teilnehmern eines Telefonfest- oder Mobilfunknet-
zes Sprache oder sonstige Daten auszutauschen (vgl. BGH, Urteile vom
4. März 2004 - III ZR 96/03 - BGHZ 158, 201 = juris Rn. 17 und vom
16. November 2006 - III ZR 58/06 - NJW 2007, 438 ; KG, Urteil vom
28. Juni 2012 - 22 U 207/11 - NJW-RR 2012, 1400). Die aus der Rückgabe-
pflicht des Mieters gemäß § 546 Abs. 1 BGB folgende Verpflichtung zur voll-
ständigen und unzweideutigen Besitzaufgabe sowie Wiederherstellung des Zu-
stands, in dem sich die Mietsache bei der Überlassung befunden hatte, findet
daher bei der Beendigung des Telefondienstvertrages von vornherein keine
Anwendung.
Die den streitgegenständlichen Kündigungsentgelten zugrunde liegenden Kos-
ten verfehlen die maßgeblichen Effizienzanforderungen schließlich auch nicht
aus anderen Gründen. Das Verwaltungsgericht hat angenommen, dass eine
Doppelverrechnung von Kostenansätzen verhindert werde, indem die Beklagte
zwischen einem höheren Kündigungsentgelt in Fällen ohne gleichzeitige Um-
schaltung des Endkunden und einem niedrigeren Kündigungsentgelt in Fällen
mit gleichzeitiger Umschaltung des Endkunden differenziere. Selbst wenn es
bei den Bereitstellungsentgelten wegen der aus Praktikabilitätserwägungen ge-
wählten Mischkalkulation zu Doppelverrechnungen von Kosten für die Aufhe-
bung der Schaltung kommen sollte, würde dies nicht die angefochtenen Kündi-
gungsentgelte berühren. Soweit die Klägerin geltend macht, die zusätzliche Er-
hebung eines Kündigungsentgelts von dem „abgebenden Netzbetreiber“ laufe
auf eine Doppelbezahlung von Schaltarbeiten hinaus, setzt sie sich nicht mit
diesen überzeugenden Erwägungen der Vorinstanz auseinander.
2. Die genehmigten Kündigungsentgelte entsprechen ferner den Anforderungen
des § 28 TKG.
Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 TKG darf ein Anbieter von Telekommunikationsdiens-
ten oder Netzbetreiber, der - wie die Beigeladene auf dem Markt für den Zu-
27
28
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- 17 -
gang zur Teilnehmeranschlussleitung - über beträchtliche Marktmacht verfügt,
diese Stellung bei der Forderung und Vereinbarung von Entgelten nicht miss-
bräuchlich ausnutzen. Diese Generalklausel wird in § 28 Abs. 1 Satz 2 TKG
regelbeispielhaft durch die Tatbestände des Preishöhenmissbrauchs (§ 28
Abs. 1 Satz 2 Nr. 1), des Behinderungsmissbrauchs (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2)
und des Diskriminierungsmissbrauchs (§ 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3) konkretisiert;
zudem wird der Tatbestand des Behinderungsmissbrauchs ergänzt durch die
gesetzlichen Vermutungen des § 28 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 TKG. Der Vorwurf des
Behinderungs- bzw. des Diskriminierungsmissbrauchs entfällt, sofern für die
jeweilige Verhaltensweise eine sachliche Rechtfertigung nachgewiesen ist (§ 28
Abs. 1 Satz 2 a.E.). Entgegen der sinngemäß geltend gemachten Auffassung
der Revision verstoßen die von der Beklagten genehmigten Kündigungsentgelte
weder gegen das Diskriminierungsverbot (a) noch gegen das Verbot des Be-
hinderungsmissbrauchs (b).
a) Nach § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TKG liegt ein missbräuchliches Verhalten ei-
nes Unternehmens mit beträchtlicher Marktmacht bei der Forderung und Ver-
einbarung von Entgelten insbesondere vor, wenn das Unternehmen Entgelte
fordert, die einzelnen Nachfragern Vorteile gegenüber anderen Nachfragern
gleichartiger oder ähnlicher Telekommunikationsdienste einräumen, es sei
denn, dass hierfür eine sachliche Rechtfertigung nachgewiesen wird. Die be-
reits erwähnten Unterschiede in der jeweiligen Vorgehensweise der Beigelade-
nen im Kündigungsfall stellen keine unzulässige Diskriminierung zwischen ihren
Wettbewerbern und Endkunden dar; denn es handelt sich aus den bereits ge-
nannten Gründen um unterschiedliche Sachverhalte, die sowohl in technischer
als auch rechtlicher Hinsicht nicht miteinander vergleichbar sind.
Für die von der Klägerin ebenfalls beanstandete Differenzierung bei der Höhe
des Kündigungsentgelts in den Fällen „ohne gleichzeitige Umschaltung des
Endkunden“ und „mit gleichzeitiger Umschaltung des Endkunden“ besteht eine
sachliche Rechtfertigung; denn nach den tatsächlichen Feststellungen des
Verwaltungsgerichts wird durch die Differenzierung zwischen einem höheren
Kündigungsentgelt ohne gleichzeitige Umschaltung des Endkunden und einem
niedrigeren Kündigungsentgelt mit gleichzeitiger Umschaltung des Endkunden
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31
- 18 -
die Doppelverrechnung von Kostenansätzen im Kündigungsentgelt verhindert.
Gegen die sachliche Rechtfertigung der Differenzierung zwischen Fällen „mit“
bzw. „ohne“ gleichzeitige(r) Umschaltung des Endkunden lässt sich auch nicht
mit Erfolg einwenden, dass es an einer Definition des Begriffs der „gleichzeiti-
gen Umschaltung“ fehle und deshalb für die Klägerin nicht hinreichend deutlich
werde, welche Tätigkeiten die Beigeladene hierbei vornehme. Das Verwal-
tungsgericht hat insoweit in nicht zu beanstandender Weise auf die Ausführun-
gen der Beklagten insbesondere unter Ziffer 4.2.3.1 (S. 21 ff.) des angefochte-
nen Beschlusses verwiesen, aus denen sich für die in diesem Zusammenhang
sachverständige Klägerin hinreichend deutlich ergebe, wann ein Fall der Kündi-
gung „mit“ und „ohne“ Umschaltung beim Endkunden vorliege und welche Akti-
vitäten seitens der Beigeladenen grundsätzlich für die Kündigung einer Teil-
nehmeranschlussleitung erforderlich seien. Hierdurch ist klargestellt, dass für
die Annahme einer „gleichzeitigen Umschaltung“ ein vereinfachter technischer
Ablauf maßgeblich ist, nämlich das Lösen des Schaltdrahtes an der waagerech-
ten Seite des Hauptverteilers und seine Führung („Umschwenkung“) zum neuen
Schaltpunkt, während der Schaltpunkt an der senkrechten Seite des Hauptver-
teilers beibehalten wird. Dieses Verfahren kommt nur in Betracht, wenn der
Beigeladenen bereits im Zeitpunkt der Kündigung ein neuer Bereitstellungsauf-
trag vorliegt. Der Einwand der Klägerin, der Vorgang der „gleichzeitigen Um-
schaltung“ unterliege der „Definitionshoheit“ der Beigeladenen, ist daher nicht
begründet.
Die diskriminierende Wirkung der Kündigungsentgelte lässt sich entgegen der
Auffassung der Klägerin schließlich auch nicht mit der Empfehlung der Europäi-
schen Kommission vom 11. September 2013 über einheitliche Nichtdiskriminie-
rungsverpflichtungen und Kostenrechnungsmethoden zur Förderung des Wett-
bewerbs und zur Verbesserung des Umfelds für Breitbandinvestitionen
(2013/466/EU) (ABl Nr. L 251 vom 21. September 2013 S. 13) begründen. Zwar
unterliegen Empfehlungen der Kommission ungeachtet ihrer fehlenden Verbind-
lichkeit (vgl. Art. 288 Abs. 5 AEUV) einer gesteigerten Berücksichtigungspflicht
durch nationale Behörden und Gerichte, wenn sie Aufschluss über die Ausle-
gung zur Durchführung von Unionsrecht erlassener innerstaatlicher Rechtsvor-
schriften geben oder wenn sie verbindliche gemeinschaftliche Vorschriften er-
32
- 19 -
gänzen sollen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Dezember 1989 - Rs. C-322/88,
Grimaldi - Slg. 1989, 4416 ). Auch eine solche indirekte rechtliche Wir-
kung kommt hier jedoch nicht in Betracht, da die Kommissionsempfehlung vom
11. September 2013 bei Erlass des angefochtenen Beschlusses der Bundes-
netzagentur im Jahr 2010 offensichtlich noch nicht berücksichtigt werden konn-
te. Darüber hinaus lässt sich diesem Dokument auch inhaltlich nicht entneh-
men, dass in Bezug auf die Kündigung einer Teilnehmeranschlussleitung „nur
der gleiche Prozess und das gleiche Entgelt“ zur Anwendung kommen können,
welche die Beigeladene gegenüber ihren eigenen Endkunden praktiziert. Der
von der Klägerin erwähnte Grundsatz der „Gleichwertigkeit des Inputs (EoI)“ ist
schon deshalb nicht maßgeblich, weil es an der - nach Nr. 7 Satz 2 der Empfeh-
lung erforderlichen - ausdrücklichen Auferlegung dieser Form von Nichtdiskri-
minierung in einer Regulierungsverfügung fehlt und eine Verpflichtung des Be-
treibers mit beträchtlicher Marktmacht, Vorleistungen mit herkömmlicher Kupfer-
leitungstechnik über die bereits vorhandenen Systeme auf EoI-Grundlage zur
Verfügung zu stellen, nach der in Erwägungsgrund 15 Satz 1 der Empfehlung
geäußerten Auffassung der Kommission zudem auch nicht verhältnismäßig wä-
re.
b) Ohne Erfolg bleibt die Revision auch, soweit die Klägerin einen Verstoß ge-
gen das Verbot des Behinderungsmissbrauchs gemäß § 28 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2
TKG geltend macht.
aa) Nach § 28 Abs. 2 Nr. 2 TKG wird ein Missbrauch im Sinne von Absatz 1
Nr. 2 vermutet, wenn die Spanne zwischen dem Entgelt, das der Betreiber ei-
nes öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der über beträchtliche Marktmacht
verfügt, Wettbewerbern für eine Zugangsleistung in Rechnung stellt, und dem
entsprechenden Endnutzerentgelt nicht ausreicht, um einem effizienten Unter-
nehmen die Erzielung einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapi-
tals auf dem Endnutzermarkt zu ermöglichen (Preis-Kosten-Schere).
Der Klägerin zufolge soll eine rechtswidrige Preis-Kosten-Schere deshalb vor-
liegen, weil die Beigeladene im Endkundenmarkt kein Kündigungsentgelt erhe-
be, ein solches aber im Vorleistungsmarkt verlange. Das Verwaltungsgericht ist
33
34
35
- 20 -
dem mit der zutreffenden Begründung entgegengetreten, dass das Vorliegen
einer Preis-Kosten-Schere nur im Hinblick auf die zur Genehmigung gestellte
Leistung in ihrer Gesamtheit - hier der Gewährung des Zugangs zur Teilneh-
meranschlussleitung -, nicht jedoch in Bezug auf jeden einzelnen Bestandteil
dieser Leistung zu untersuchen ist. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut
des § 28 Abs. 2 Nr. 2 TKG. Anknüpfungspunkt für die Prüfung einer möglichen
Preis-Kosten-Schere ist danach das „für eine Zugangsleistung“ in Rechnung
gestellte Entgelt. Wie bereits ausgeführt, wird hierdurch grundsätzlich die Ge-
samtheit derjenigen technischen und administrativen Tätigkeiten des regulierten
Unternehmens erfasst, die der Gewährung des Zugangs zu einer bestimmten
Einrichtung - hier der Teilnehmeranschlussleitung - zuzurechnen sind. Die mit
der Kündigung des Mietverhältnisses, das die Überlassung der Teilnehmeran-
schlussleitung regelt, im Zusammenhang stehenden Tätigkeiten der Beigelade-
nen können daher auch im Rahmen der Prüfung einer Preis-Kosten-Schere
nicht isoliert von der Gewährung des Zugangs zur Teilnehmeranschlussleitung
als Gesamtleistung betrachtet werden. Dass bei der Prüfung einer Preis-
Kosten-Schere eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen ist, wird durch die Ge-
setzesmaterialien bestätigt; denn in der Begründung des Gesetzentwurfs der
Bundesregierung wird zu der - damals noch als § 26 bezeichneten - Vorschrift
ausgeführt, dass zur Vermeidung sog. „Preis-Kosten-Scheren“ bei gegebenem
Vorleistungspreis die Endnutzerpreise des Dienstebereichs des Unternehmens
mit beträchtlicher Marktmacht so hoch sein müssten, dass effizienten Unter-
nehmen im Endnutzerbereich eine angemessene Verzinsung möglich sei. Da-
bei sei es nicht notwendig, dass dies für jeden einzelnen Tarif gelte, sofern nur
sichergestellt sei, dass effiziente Konkurrenten des Unternehmens mit beträcht-
licher Marktmacht diese Tarife in Kombination nachvollziehen könnten, ohne
Verluste zu machen (vgl. BT-Drucks 15/2316 S. 67).
Dafür, dass die durch den angefochtenen Beschluss der Bundesnetzagentur
genehmigten Entgelte für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung in ihrer
Gesamtheit, d.h. in der Summe aus monatlichen Überlassungsentgelten und
einmaligen Bereitstellungsentgelten so hoch sind, dass sie die Wettbewerber
der Beigeladenen dazu zwingen, ihren Endkunden für die unter Verwendung
der Teilnehmeranschlussleitung gebildeten Produkte höhere Entgelte zu be-
36
- 21 -
rechnen, als die Beigeladene ihren eigenen Endkunden für entsprechende
Dienstleistungen in Rechnung stellt, bestehen keine Anhaltspunkte. Wie bereits
die Vorinstanz festgestellt hat, fehlt es insoweit an nachprüfbaren Angaben der
Klägerin. Erst recht ist nicht anzunehmen, dass sich eine unzulässige Preis-
Kosten-Schere betragsmäßig gerade aus der Erhebung der streitgegenständli-
chen Kündigungsentgelte ergibt.
bb) Die Genehmigung von Kündigungsentgelten beeinträchtigt den Wettbewerb
auch nicht aus anderen Gründen. Die von der Klägerin geforderte Differenzie-
rung danach, ob die Klägerin oder die Beigeladene die Kündigung erklärt, wäre
nicht systemgerecht. Die Kosten der Vertragsabwicklung sind unabhängig von
den konkreten Umständen der Kündigung der bereitgestellten Leistung der Ge-
währung des Zugangs zur Teilnehmeranschlussleitung zuzurechnen und des-
halb nach dem gesetzlichen Entgeltmaßstab vom Zugangsnachfrager zu tra-
gen. Soweit die Klägerin eine Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsmöglichkeiten
ferner darin sieht, dass die Beigeladene für bisherige Zugangsnachfrager be-
sondere Nachlässe biete, um diese als Nachfrager ihrer IP-Bitstrom-Angebote
zu gewinnen, könnte dieses Vorbringen, zu dem das Verwaltungsgericht im Üb-
rigen keine Feststellungen getroffen hat, allenfalls die - nicht streitgegenständli-
che - Höhe der Kündigungsentgelte, nicht jedoch ihre grundsätzliche Rechtferti-
gung in Frage stellen.
3. Der Genehmigung der streitgegenständlichen Kündigungsentgelte steht auch
§ 35 Abs. 3 Satz 2 TKG nicht entgegen.
Die Genehmigung ist danach zu versagen, soweit die Entgelte mit diesem Ge-
setz, insbesondere mit § 28, oder anderen Rechtsvorschriften nicht in Einklang
stehen. Ohne Erfolg macht die Revision in diesem Zusammenhang einen Ver-
stoß gegen das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geltend. Dabei
kann dahinstehen, ob sich die Überprüfung am Maßstab „anderer Rechtsvor-
schriften“ gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 TKG auf offensichtliche Verstöße be-
schränkt (so etwa Mayen/Lünenbürger, in: Scheurle/Mayen, TKG, 2. Aufl. 2008,
§ 35 Rn. 59; Groebel, in: Säcker (Hrsg.), TKG-Kommentar, 3. Aufl. 2013, § 35
Rn. 47; Masing/Griebel, in: Wilms/Masing/Jochum, TKG, Stand: März 2007,
37
38
39
- 22 -
§ 35 Rn. 27) oder aber ohne eine solche Einschränkung durchzuführen ist (so
etwa Berger-Kögler/Cornils, in: Geppert/Schütz, Beck`scher TKG-Kommentar,
4. Aufl. 2013, § 35 Rn. 59). Denn die Überprüfung von Entgelten am Maßstab
„anderer Rechtsvorschriften“ gemäß § 35 Abs. 3 Satz 2 TKG erstreckt sich je-
denfalls nicht auf die von der Klägerin angeführten Vorschriften der §§ 307 ff.
BGB über die Inhaltskontrolle von Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbe-
dingungen. Dies folgt aus der zivilrechtlichen Rechtsprechung, die der Senat
sich insoweit zu eigen macht.
In seinem Urteil vom 24. Mai 2007 (- III ZR 467/04 - NJW 2007, 3344 <3345>)
hat der Bundesgerichtshof klargestellt, dass die Kündigungsentgeltklauseln der
Beigeladenen nicht der Inhaltskontrolle nach § 9 des Gesetzes zur Regelung
des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBG) (jetzt § 307 BGB)
unterlägen, weil es sich bei dem Zugang zum Telefonfestnetz um einen preis-
regulierten Markt handele. Nach § 8 AGBG (jetzt § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB) gäl-
ten §§ 9 bis 11 AGBG (jetzt § 307 Abs. 1 und 2, § 308, § 309 BGB) nur für
Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechts-
vorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart wür-
den. Dies sei hier nicht der Fall, da die Kündigungsentgelte von der - damals
noch so bezeichneten - Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post
(RegTP) im Rahmen der Entgeltregulierung genehmigt worden seien, so dass
sie für das regulierte Unternehmen verbindlich seien. Zu den Rechtsvorschriften
im Sinne von § 8 AGBG (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB) gehörten nicht nur Gesetze
im materiellen Sinn; vielmehr könne die Inhaltskontrolle von Allgemeinen Ge-
schäftsbedingungen auch dann ausgeschlossen sein, wenn die betreffenden
Bestimmungen in Umsetzung materieller Gesetze behördlich genehmigt seien.
Die Inhaltskontrolle nach §§ 9 bis 11 AGBG (§ 307 Abs. 1 und 2, § 308, § 309
BGB) diene dazu, die einseitige Ausnutzung privatautonomer Gestaltungsmacht
zu verhindern. Soweit der Verwender infolge bindender behördlicher Entschei-
dung über seine Geschäftsbedingungen keinen Spielraum für privatautonome
Gestaltung mehr habe, sei für eine solche Kontrolle kein Raum. So verhalte es
sich bei der Genehmigung von Leistungsentgelten gemäß §§ 35, 39 in Verbin-
dung mit § 25 Abs. 1 des Telekommunikationsgesetzes vom 25. Juli 1996 (TKG
1996). Gemäß § 39 in Verbindung mit § 29 Abs. 1 TKG 1996 dürfe das markt-
40
- 23 -
beherrschende Unternehmen ausschließlich die von der Regulierungsbehörde
genehmigten Entgelte verlangen, solange die Genehmigung nicht aufgehoben
sei, auch wenn sie mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht angefochten
worden sei. Abweichungen nach oben wie nach unten seien unzulässig. Verträ-
ge über Dienstleistungen, die andere als die genehmigten Tarife enthielten, sei-
en nur mit der Maßgabe wirksam, dass das genehmigte Entgelt an die Stelle
des vereinbarten trete. Überdies könne die Regulierungsbehörde die Durchfüh-
rung eines Rechtsgeschäfts untersagen, das ein anderes als das genehmigte
Entgelt enthalte (§ 39 in Verbindung mit § 29 Abs. 2 Satz 2 TKG 1996). Aus
diesen Vorschriften ergebe sich, dass Entgeltvereinbarungen mit von den ge-
nehmigten Tarifen abweichenden Preisvereinbarungen nach § 134 BGB mit der
Maßgabe nichtig seien, dass an die Stelle der Preisvereinbarung das geneh-
migte Entgelt trete. Ein privatautonomer Spielraum des regulierten Unterneh-
mens hinsichtlich der von den Wettbewerbern zu erhebenden Entgelte sei da-
her nicht mehr vorhanden.
Diesen überzeugenden Erwägungen schließt sich der erkennende Senat an.
Sie sind auf die nunmehr geltende Rechtslage nach dem Telekommunikations-
gesetz vom 22. Juni 2004 ohne weiteres übertragbar. Dass die Entgeltgeneh-
migungspflicht nicht mehr unmittelbar aus §§ 35, 39 in Verbindung mit § 25
Abs. 1 TKG 1996 folgt, sondern erst mit der Auferlegung einer entsprechenden
Regulierungsverpflichtung nach § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG 2004 entsteht, berührt
die für die Genehmigung geltenden Maßstäbe nicht. Die aus § 39 in Verbindung
mit § 29 Abs. 1 TKG 1996 folgende Pflicht des marktbeherrschenden Unter-
nehmens, ausschließlich die von der Regulierungsbehörde genehmigten Ent-
gelte zu verlangen, ist nunmehr in § 37 Abs. 1 TKG 2004 geregelt. Der Aus-
schluss der aufschiebenden Wirkung einer Klage vor dem Verwaltungsgericht
ergibt sich nicht mehr aus § 80 Abs. 2 TKG 1996, sondern aus § 137 Abs. 1
TKG 2004. Dass Verträge über Dienstleistungen, die andere als die genehmig-
ten Tarife enthalten, nur mit der Maßgabe wirksam sind, dass das genehmigte
Entgelt an die Stelle des vereinbarten tritt, wird jetzt in § 37 Abs. 2 TKG 2004
inhaltlich übereinstimmend mit § 39 in Verbindung mit § 29 Abs. 2 Satz 1 TKG
1996 geregelt. Zwar kann die Regulierungsbehörde nicht mehr wie früher nach
§ 39 in Verbindung mit § 29 Abs. 2 Satz 2 TKG 1996 die Durchführung eines
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- 24 -
Rechtsgeschäfts untersagen, das ein anderes als das genehmigte Entgelt ent-
hält; dafür ist sie gemäß § 37 Abs. 3 Satz 2 TKG 2004 - eher noch weiter ge-
hend - sogar befugt, die Werbung für ein solches Rechtsgeschäft sowie den
Abschluss, die Vorbereitung und die Anbahnung eines solchen Rechtsge-
schäfts zu untersagen. Auch im Anwendungsbereich des TKG 2004 ist daher
davon auszugehen, dass Entgeltvereinbarungen mit von den genehmigten Tari-
fen abweichenden Preisvereinbarungen nach § 134 BGB mit der Maßgabe
nichtig sind, dass an die Stelle der Preisvereinbarung das genehmigte Entgelt
tritt und ein privatautonomer Spielraum des regulierten Unternehmens hinsicht-
lich der von seinen Wettbewerbern zu erhebenden Entgelte nicht mehr vorhan-
den ist.
Der Einwand der Klägerin, es führe lediglich zu einer „Vorverlagerung“ der
Prüfpflichten auf den Zeitpunkt der Entgeltgenehmigung, wenn die Beigeladene
bei regulierten Verträgen die Vertragsbedingungen nicht einseitig und privatau-
tonom festlegen könne, vermag nicht zu überzeugen. Zwar hat der Bundesge-
richtshof in der genannten Entscheidung ausgeführt, bei der geschilderten
Sachlage bestehe keine Rechtfertigung dafür, dass die „ordentlichen Gerichte“
die genehmigten Tarife nach den Maßstäben des Rechts der Allgemeinen Ge-
schäftsbedingungen überprüften. Eine Prüfung durch die Regulierungsbehörde
und die Verwaltungsgerichte hat er nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Im Zu-
sammenhang mit der Frage der Wahrung der Rechtswegegarantie gemäß
Art. 19 Abs. 4 GG hat der Bundesgerichtshof ferner auf die Beteiligung des zu-
gangsnachfragenden Unternehmers an dem Genehmigungsverfahren für die
Kündigungsentgelte als Beigeladene (§ 74 Abs. 2 Nr. 3 TKG 1996) und die
Möglichkeit hingewiesen, eine etwaige Verletzung ihrer Rechte durch die erteil-
te Genehmigung vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machen. Dies recht-
fertigt jedoch nicht die Annahme, dass die Rechtsprechung des Bundesge-
richtshofs lediglich den „Weg zu den Zivilgerichten versperrt“ und die Prüfungs-
kompetenz für die Einhaltung der Maßstäbe des Rechts der Allgemeinen Ge-
schäftsbedingungen auf die Bundesnetzagentur verlagert habe. Vielmehr geht
der Bundesgerichtshof davon aus, dass diese Vorschriften materiellrechtlich
keine Anwendung finden. Dies ergibt sich aus dem gesamten Begründungszu-
sammenhang des Urteils vom 24. Mai 2007. Im Zusammenhang mit der Mög-
42
- 25 -
lichkeit der Zugangsnachfrager, eine etwaige Verletzung ihrer Rechte durch die
erteilte Genehmigung vor den Verwaltungsgerichten geltend zu machen, weist
der Bundesgerichtshof zudem in einem Klammerzusatz allein auf § 39 in Ver-
bindung mit § 24 TKG 1996, d.h. auf die telekommunikationsrechtlichen Maß-
stäbe der Entgeltgenehmigung hin. Da die im Recht der Allgemeinen Ge-
schäftsbedingungen vorgesehene Inhaltskontrolle nach dem überzeugenden
Ansatz des Bundesgerichtshofs auf telekommunikationsrechtliche Entgeltge-
nehmigungen materiellrechtlich nicht anwendbar ist, kann es auch nicht auf-
grund der Rechtsschutzgewährleistung (Art. 19 Abs. 4 GG) geboten sein, dass
die Bundesnetzagentur und anschließend die Verwaltungsgerichte die bean-
tragten Entgelte unter diesem Gesichtspunkt überprüfen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO. Da
die Beigeladene mit ihrer Antragstellung ein Kostenrisiko eingegangen ist
(§ 154 Abs. 3 VwGO), entspricht es der Billigkeit, ihre außergerichtlichen Kos-
ten für erstattungsfähig zu erklären.
Neumann
Richter am BVerwG Dr. Graulich
Dr. Möller
kann wegen Urlaubs nicht unter-
schreiben.
Neumann
Hahn
Prof. Dr. Hecker
43
- 26 -
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Revisionsverfahren auf 50 000 €
festgesetzt.
Neumann
Richter am BVerwG Dr. Graulich
Dr. Möller
kann wegen Urlaubs nicht unter-
schreiben.
Neumann
Hahn
Prof. Dr. Hecker