Urteil des BVerwG vom 26.07.2006

Partg, Spender, Bauunternehmer, Rücknahme

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
Verkündet
BVerwG 6 C 20.05
am 26. Juli 2006
VG 2 A 84.04
Thiele
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
auf die mündliche Verhandlung vom 26. Juli 2006
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. Bardenhewer und die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Hahn,
Dr. Graulich, Vormeier und Dr. Bier
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Verwal-
tungsgerichts Berlin vom 20. September 2005 wird zu-
rückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.
G r ü n d e :
I
Der Präsident des Deutschen Bundestages stellte mit Bescheid vom 26. Januar
2004 unter Berufung auf § 31c Abs. 1 Satz 3 PartG die sich aus einer von ihm
angenommenen Verletzung des § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 und 6 sowie des § 25
Abs. 2 PartG a. F. ergebende Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung eines Be-
trages in Höhe von 766 937,82 € fest. Außerdem nahm er unter Heranziehung
des § 31a Abs. 1 Satz 1 PartG die für das Jahr 2000 erfolgte Festsetzung der
staatlichen Mittel unter Hinweis darauf zurück, dass im Rechenschaftsbericht
der Klägerin für das Jahr 1999 Zuwendungen in Höhe von zweimal 6 000 DM
(Höchstbetrag anrechenbarer privater Zuwendungen) unrechtmäßig ausgewie-
sen worden seien und dadurch der Betrag der der Klägerin zustehenden staat-
lichen Mittel für das Jahr 2000 unrichtig festgesetzt worden sei. Insoweit setzte
er den Erstattungsbetrag in Höhe von 1 380,91 € fest. Zugleich gab er bekannt,
dass die beiden Beträge (insgesamt 768 318,73 €) mit der ersten Abschlags-
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zahlung auf die staatliche Parteienfinanzierung für das Jahr 2004 zum
15. Februar 2004 verrechnet würden.
Die Klägerin hat gegen diesen Bescheid Klage erhoben, die das Verwaltungs-
gericht durch das angefochtene Urteil abgewiesen hat. Das Verwaltungsgericht
ist von folgendem Sachverhalt ausgegangen:
Im Jahr 1996 wählte der Stadtrat der Stadt W. auf Vorschlag der Sozialdemo-
kratischen Partei Deutschlands (SPD) deren Mitglied Dr. H. K. zum ersten
hauptamtlichen Bürgermeister. Mitte des Jahres 1998 begannen im
SPD-Unterbezirk W. die Wahlkampfvorbereitungen für die Kommunalwahl
1999, die neben der Wahl des Stadtrates erstmals die Direktwahl des Oberbür-
germeisters umfasste. Verantwortlich für die Koordinierung und Durchführung
der Wahlkampfaktivitäten war eine dreiköpfige, vom SPD-Unterbezirk einge-
setzte Wahlkampfkommission. Sie setzte sich zusammen aus dem damaligen
Vorsitzenden des Unterbezirks W. E., dem Geschäftsführer des Unterbezirks
J. B. sowie dem für die Öffentlichkeitsarbeit zuständigen Werbeobmann. Die
Kommission war berechtigt, im Rahmen des vorgesehenen Wahlkampfetats
selbst Ausgaben zu tätigen. Im Vorfeld der Kommunalwahl gewann die W. SPD
auf Grund des aufwändigen Vorwahlkampfes der W. CDU den Eindruck, dass
deren Wahlkampagne nur mit Einsatz einer Werbeagentur wirksam entgegen-
getreten werden könne; angesichts der angespannten finanziellen Lage sei es
zur Finanzierung der Werbekampagne notwendig, Großspender für den Wahl-
kampf zu gewinnen. Der Stadtverordnete und bauplanungspolitische Sprecher
der SPD in W. J. S., der als Berater des Dr. K. in allen wichtigen Baufragen galt,
sprach daraufhin den Bauunternehmer U. C., einen der größten Bauinvestoren
der Stadt, wegen einer Spende an. Dieser hatte bereits zuvor engen Kontakt zu
Herrn S. gehalten, weil es ihm wichtig war, politische Ansprechpartner bei der
Verwirklichung seiner Großbauprojekte zu haben. Der Stadtverordnete hatte
dabei dem Bauunternehmer von den Plänen eines britischen Unternehmens zur
Ansiedlung eines Factory Outlet Centers (FOC) berichtet. Der Bauunternehmer
hielt das Projekt für wirtschaftlich interessant und strebte eine Kooperation mit
dem Unternehmen an. Er trieb das Projekt gemeinsam mit Herrn S. voran,
obwohl Dr. K. im April 1998 öffentlich erklärt hatte, dem Großinvestor eines
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großen innerstädtischen Einkaufscenters zugesichert zu haben, ein FOC zu-
mindest für einen Zeitraum von zehn Jahren nicht zu genehmigen oder eine
Entschädigung zu zahlen, sofern binnen drei Jahren nach Eröffnung des Ein-
kaufscenters ein solches FOC genehmigt werden sollte. Der Bauunternehmer
C., der selbst Mitglied der Christlich Demokratischen Union Deutschland (CDU)
war, zeigte sich im Frühjahr 1998 zu einer Spende grundsätzlich bereit, weil er
wollte, dass Dr. K., dessen investorenfreundliche Politik er schätzte und mit
dessen Amtsführung er „Planungssicherheit“ verband, weiterhin Oberbürger-
meister bleibe. Für sein FOC-Vorhaben erschien es ihm wichtig, dass Dr. K.
wieder gewählt würde. Obwohl dieser sich bereits öffentlich gegen ein derarti-
ges Projekt ausgesprochen hatte, war das Vorhaben aus Sicht des Bauunter-
nehmers C. noch eher unter einem Oberbürgermeister Dr. K. zu verwirklichen.
Er ging davon aus, dass der Gegenkandidat der CDU im Bürgermeisterwahl-
kampf als Prokurist einer überregionalen Einzelhandelskette mit mehreren Filia-
len in W. ein eigenes wirtschaftliches Interesse daran haben müsse, dass es
nicht zur Errichtung eines FOC komme. Seiner Einstellung entsprach es ferner,
dass auch ein klares Nein von offizieller Seite der Stadt noch nicht das Ende
seiner Projekte bedeuten musste. Unbeeindruckt versuchte er, „wenn nicht
durch die Vordertür, dann durch die Hintertür“ zu einer Verwirklichung seiner
Projekte zu kommen. Der Bauunternehmer wusste auch, dass letztendlich nicht
der Oberbürgermeister, sondern andere politische Stellen wie der Stadtrat und
die Bezirksregierung über die Genehmigung des Projektes zu entscheiden hat-
ten. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob in dieser Zeit das Thema FOC in-
nerhalb der SPD noch kontrovers diskutiert wurde.
Auf Initiative von führenden Mitgliedern der örtlichen SPD kam es am
10. November 1998 zu einem Abendessen im Hause C., an dem auf Drängen
seiner Parteifreunde auch Dr. K. teilnahm. Dabei brachte der Bauunternehmer
zum Ausdruck, dass er den Wahlkampf der SPD finanziell unterstützen wolle,
aber Wert darauf lege, dass das Geld nur für den Wahlkampf des Oberbürger-
meisters verwendet werde. Für diesen Wahlkampf, der nach den Worten des
Unternehmers „Bundesligaformat“ haben sollte, bot er darüber hinaus die Mit-
hilfe des für die Öffentlichkeitsarbeit seiner Unternehmensgruppe zuständigen
Mitarbeiters U. B. an. Dr. K. soll nach von der Klägerin bestrittenen Feststellun-
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gen des Landgerichts W. in dem Strafverfahren gegen einige der angeführten
Personen erkannt haben, dass sich der Bauunternehmer auf Grund seiner
dienstlichen Stellung als Oberbürgermeister und seiner investorenfreundlichen
Politik habe engagieren wollen und dass konkrete Projekte des Bauunterneh-
mers C. auch zukünftig Gegenstand seiner Amtstätigkeit sein würden. Dr. K.
reagierte auf die Ausführungen des Bauunternehmers mit dem Hinweis, die
SPD habe bereits eine Werbeagentur beauftragt. Zugleich lehnte er es ab, mit
direkten Zahlungen unterstützt zu werden und befürwortete den „rechtlich vor-
gesehenen Weg“ in Form von Spenden an seine Partei unter Beachtung der
Vorschriften des Parteiengesetzes. Dr. K., der das Treffen vorzeitig verlassen
hatte, war im Weiteren mit der Finanzierung des Wahlkampfes nicht mehr be-
fasst und hatte auch keine Kenntnis von der tatsächlichen Handhabung der von
dem Bauunternehmer C. später an die SPD geleisteten Zahlungen.
Der Bauunternehmer kündigte bei dem angeführten Treffen an, 1 Million DM für
den Wahlkampf von Dr. K. bereitzustellen. Dabei gab er an, für ungenannte
Spender in Vorleistung zu treten und erklärte - so die Behauptung der Klägerin -
soweit dies nicht gelingen würde, würden die Mittel von der Unterneh-
mensgruppe C. selbst aufgebracht werden.
In der Folge fanden verschiedene Besprechungen - die sog. „Rotweinrunde“ -
statt, an der für die Wahlkampfkommission der SPD die Herren E. und B. teil-
nahmen sowie als Vertreter des Spenderkreises Herr Br.
Der Bauunternehmer C., der seine hohe Spendenzusage schon kurz nach dem
Treffen bereut hatte, sich aber an seine Zusage gebunden sah, war mit dem
Ende Dezember 1998 von der Werbeagentur vorgelegten Kostenansatz in Hö-
he von knapp 1 Million DM nicht einverstanden und forderte, dass die Kosten
erheblich reduziert werden müssten. Er hatte nun vor, allenfalls 250 000 DM
selbst an Spenden vorzustrecken, und erwartete wie bisher, dass der Unter-
nehmer H. S. weitere 250 000 DM spenden würde. Daher teilte er Herrn Br. mit,
dass nunmehr lediglich 500 000 DM durch Großspenden aufgebracht werden
könnten. Die SPD, die von Herrn Br. über die geringere Spendenzusage infor-
miert wurde, machte der Werbeagentur daraufhin die Vorgabe, ihre Konzeption
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einer gekürzten Kostenbasis von ca. 600 000 bis 700 000 DM anzupassen.
Entsprechend präsentierte die Werbeagentur im Februar 1999 ihr überarbeite-
tes Konzept mit einem Kostenansatz von über einer halben Million DM. Das
Konzept sah ursprünglich keine Trennung zwischen der allgemeinen Kommu-
nal- und der Oberbürgermeisterwahlkampagne vor. Da der Bauunternehmer C.
den Nachweis forderte, dass seine Gelder nur für den Oberbürgermeisterwahl-
kampf genutzt würden, erstellte die Agentur auf Verlangen der SPD zwei ge-
trennte Konzepte. Der allein auf die Oberbürgermeisterwahlkampagne bezoge-
ne Vertragsentwurf mit einem Kostenansatz von 549 840 DM wurde von dem
Bauunternehmer C. nach Weiterleitung durch Herrn B. abgezeichnet.
Mitte Februar 1999 waren erstmals Zahlungen des Unterbezirks an die Werbe-
agentur zu leisten. Der Geschäftsführer des Unterbezirks B. bat den Vertreter
des Spenderkreises Br., dafür zu sorgen, dass die zugesagten Spendengelder
rechtzeitig in der benötigten Höhe eingingen. Dieser teilte daraufhin mit, der
Bauunternehmer C. habe die Spendensammlung noch nicht abgeschlossen und
die Gelder würden in der jeweils benötigten Höhe daher zunächst über ein
Konto einer zur C.-Gruppe gehörenden Gesellschaft an den Unterbezirk über-
wiesen werden. Namen und Anschriften der noch gewonnenen Spender würden
nach Abschluss der Sammlung an den Unterbezirk übermittelt werden. Im
weiteren Verlauf übersandte der Unterbezirksgeschäftsführer wie zuvor verein-
bart dem Bauunternehmer C. jeweils Kopien von eingegangenen Rechnungen
der Werbeagentur, die den Oberbürgermeisterwahlkampf betrafen. Die Rech-
nungsbeträge wurden von dem Bauunternehmer nach Durchsicht an die SPD
überwiesen und nachfolgend von der Partei an die Agentur weitergeleitet. Am
17. Februar (lt. Revisionsbericht der SPD vom 8. November 2000: 18. Februar),
5. März und 6. April 1999 erfolgten in diesem Zusammenhang Überweisungen
der von dem Bauunternehmer C. kontrollierten Projektgesellschaft W. P.
Fachmarktzentrum II GmbH & Co. KG auf das Konto des Unterbezirks bei der
Stadtsparkasse W. in Höhe von 36 000 DM, 34 800 DM und 185 600 DM. Da-
bei war dem Unterbezirksvorsitzenden und dem Unterbezirksgeschäftsführer
bekannt, dass die Zahlungen aus der Firmengruppe C. stammten. Sie gingen
jedoch gleichzeitig entsprechend der Ankündigung des Bauunternehmers davon
aus, dass er zunächst die Spenden nur vorstreckte und die eigentlichen
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Spender noch nachträglich benannt würden. Der Unterbezirksgeschäftsführer
wies die Buchhalterin der Partei an, die eingegangenen Überweisungen aus der
Firmengruppe C. zunächst unter dem Konto „sonstige Einnahmen“ zu ver-
buchen. Eine nachträgliche Verbuchung auf ein Spendenkonto sollte nach Be-
kanntgabe der Spendernamen erfolgen. Eine Verbuchung auf den Namen C.
kam nach Auffassung des Geschäftsführers nicht in Betracht, da die Spenden
letztlich nicht von dem Bauunternehmer stammen sollten.
In der Vorstandssitzung des Unterbezirks vom 13. April 1999 wurde festgehal-
ten, dass bereits 256 000 DM (richtig: 256 400 DM) an Spenden eingegangen
und insgesamt 600 000 DM zu erwarten seien. Es wurde beschlossen, dass die
Wahlkampfkommission wie bisher die finanziellen Mittel für den Wahlkampf
verwalte und dafür verantwortlich und rechenschaftspflichtig sei. Ferner wurde
im Hinblick auf die Problematik von derartig hohen Großspenden auf die strikte
Beachtung des Parteiengesetzes zur „absoluten legalen Absicherung“ hinge-
wiesen.
Ab Mitte April 1999 verstärkte die Werbeagentur die Wahlkampfaktivitäten für
die SPD. Die nun eingehenden Rechnungen konnten von der Partei jedoch
nicht ausgeglichen werden, da der Bauunternehmer über die geleisteten rund
256 000 DM hinaus zunächst keine weiteren Spendenzahlungen erbrachte. Der
Vertreter des Spenderkreises Br. erklärte gegenüber dem Unterbezirk dazu,
Spenden von Personen, die Zahlungen zugesagt hätten, seien noch nicht ein-
gegangen. Die Werbeagentur kündigte daraufhin die Einstellung ihrer Tätigkeit
bis zum Ausgleich der offenen Rechnungen an. Nachdem der von dem Unter-
bezirksgeschäftsführer eingeschaltete Stadtverordnete S. dem Bauunternehmer
C. deutlich gemacht hatte, dass er seine Zahlungen aufnehmen müsse, wenn
nicht der gesamte Wahlkampf des Oberbürgermeisters und damit auch seine
bereits geleisteten Spendengelder in Frage gestellt werden sollten, erklärte sich
der Bauunternehmer bereit, weitere finanzielle Unterstützung zu leisten. Der
Stadtverordnete teilte daraufhin dem Unterbezirksgeschäftsführer mit, man
müsse sich keine Sorgen machen, da der Bauunternehmer weitere Spender
finden werde. Der Bauunternehmer erklärte in einem Telefonat mit dem Unter-
bezirksgeschäftsführer Anfang Juni 1999, für die weiter zugesagten Beträge
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nötigenfalls in Vorlage zu treten und sich gleichzeitig um weitere Spender zu
bemühen. In der Folge kam es am 2. Juni (lt. Revisionsbericht der SPD:
7. Juni), 25. Juni und 16. August 1999 zu Scheckgutschriften der Projektgesell-
schaft W. P. Fachmarktzentrum II GmbH & Co. KG auf das Konto des Unterbe-
zirks in Höhe von 120 000 DM, 65 078 DM und 58 522 DM. Insgesamt hatte der
Bauunternehmer C. damit 500 000 DM über die Projektgesellschaft W. P.
Fachmarktzentrum II GmbH & Co. KG gezahlt. Mit diesem Geld wurde weitge-
hend der gesamte Kommunalwahlkampf der SPD finanziert.
Der Bauunternehmer verstärkte in der Folge seine Bemühungen, Geschäfts-
partner zu finden, die mit Übernahme von Spenden zu einer Minimierung seines
Anteils beitragen sollten. Seine Anfrage bei dem Architektenbüro E. & Partner
war erfolglos. Einer der Angesprochenen, Herr E. K., knüpfte eine
Spendenzusage in Höhe von 50 000 DM an die Bedingung, im Gegenzug eine
seiner Ehefrau seit Jahren zustehende Summe von 300 000 DM zu erhalten. Zu
einer verbindlichen Übereinkunft und Auszahlung von Geldern kam es jedoch in
diesem Zeitpunkt nicht (sondern erst im Herbst 2002). Der Bauunternehmer C.
bemerkte nun, dass Spendenübernahmen von dritter Seite kaum zu erwarten
waren. Ihm lag jedoch daran, dass er im Rechenschaftsbericht der SPD nicht
mit den gesamten 500 000 DM als Spender aufgeführt wurde. Er wollte
zunächst erreichen, dass er lediglich als Spender von 100 000 DM in Er-
scheinung trat. Dieser Betrag entsprach etwa der Summe von 125 000 DM, die
er im Jahre 1999 der CDU W. zugewandt hatte. Ihm gelang es schließlich, die
Herren H., N. und K. zu veranlassen, sich als Spender von 100 000 DM,
200 000 DM und 50 000 DM benennen zu lassen. Für die übrigen 150 000 DM
sollte als Spenderin die zur C.-Gruppe gehörende C & W Bauträgergesell-
schaft mbH - C & W GmbH - erscheinen.
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Der Unterbezirksgeschäftsführer hatte in der Zwischenzeit wiederholt den Ver-
treter des Spenderkreises Br., den Stadtverordneten S. sowie einen weiteren
Angestellten des Bauunternehmers C., Herrn P., um die Angabe der Spender-
namen gebeten. Er war insoweit unter Zeitdruck geraten, da er die Spender-
namen für den letzten Quartalsbericht des Jahres 1999, der bereits am
19. Februar 2000 vorliegen musste, benötigte.
Am 15. Februar 2000 fand zudem die dem Parteitag vorangehende Sitzung des
Unterbezirksvorstandes statt. Der Vorstand hatte sich seit der Sitzung am
13. April 1999 mit dem Eingang von Spenden nicht mehr befasst. Eine Prüfung
nach dem Parteiengesetz, insbesondere hinsichtlich der tatsächlichen Spender
der angeblich von dem Bauunternehmer C. eingeworbenen Gelder, war nicht
vorgenommen worden. Im Auftrag des Bauunternehmers sandte dessen Ange-
stellter P. am 18. Februar 2000 per Fax an die Geschäftsstelle des Unterbezirks
eine Spenderliste, auf der versehentlich auch die Firma E. & Partner mit einer
Spende von 50 000 DM und die Firma H. GmbH mit 200 000 DM aufgeführt
waren. Kurz nach Eingang des Faxschreibens teilte der Angestellte des
Bauunternehmers telefonisch mit, die Firma E. & Partner sei zu streichen und
die Spende der C & W GmbH entsprechend um 50 000 DM zu erhöhen. Ferner
sei die Spende in Höhe von 200 000 DM nicht von der H. GmbH, sondern von
deren Geschäftsführer, Herrn N., erbracht worden.
Der Unterbezirksgeschäftsführer, der es für möglich hielt, dass die ihm genann-
ten Spendernamen falsch waren, jedoch keine Nachfragen stellten wollte und
froh war, von dem Bauunternehmer endlich Spendernamen genannt bekommen
zu haben, nahm daraufhin folgende Spendenaufteilung in den Quartalsbericht
des Unterbezirks vom 18. Februar 2000 sowie in den an die Bundes-SPD
weiterzugebenden Rechenschaftsbericht für das Jahr 1999 auf:
C & W - GmbH
150 000 DM
M. H.
100 000 DM
F. N.
200 000 DM
E. K.
50 000 DM
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Die Buchhalterin des Unterbezirks buchte am selben Tag die eingegangenen
Spendenzahlungen von dem Buchungskonto „sonstige Einnahmen“ auf ein
Spendenkonto unter Angabe der nun genannten Spender um.
Die Bundes-SPD ließ in der Folge durch ein Wirtschaftsprüfungsunternehmen
routinemäßig bei den sog. Großspendern nachfragen, ob sie tatsächlich ge-
spendet hätten. Während die Herren K. und N. nicht reagierten, offenbarte Herr
H., dass er nicht gespendet habe. Der daraufhin von dem Unterbezirksge-
schäftsführer eingeschaltete, als „Problemlöser“ in Spendenfragen bekannte
Stadtverordnete S. teilte nach Rücksprache mit dem Bauunternehmer C. mit,
Herr H. sei tatsächlich von seiner Spendenzusage zurückgetreten und nunmehr
trete die C & W - GmbH als Spenderin von weiteren 100 000 DM auf. Der Un-
terbezirksgeschäftsführer gab diese Information an die Wirtschaftsprüfungsge-
sellschaft weiter.
Nachdem der Vorstand der Bundes-SPD durch die Wirtschaftsprüfungsgesell-
schaft von dem Rückzug eines Großspenders in W. erfahren hatte, leitete er
eigene Ermittlungen ein. In der Folge gab der Bauunternehmer C. unter dem
13. Oktober 2000 eine Erklärung ab, wonach im Jahr 1999 in seinem Auftrag
über ein Konto seiner Projektgesellschaft W. P. Fachmarktzentrum II GmbH &
Co. KG Spenden in Höhe von insgesamt 500 000 DM an den Unterbezirk wei-
tergeleitet worden seien. Er habe die Summe teilweise selbst gespendet, teil-
weise habe er die Spenden bei Dritten eingesammelt und teilweise sei er für die
zugesagten Spenden von Dritten in Vorleistung getreten. Der Revisionsbericht
der Bundes-SPD vom 8. November 2000 kam zu dem Ergebnis, der zunächst
aufgetretene Eindruck eines möglichen Verstoßes gegen die Vorschriften des
Parteiengesetzes erscheine ausgeräumt. Die SPD W. habe sich in ihrem politi-
schen Handeln nicht durch die Spenden beeinflussen lassen. Daraufhin be-
nannte die Bundes-SPD in ihrem Rechenschaftsbericht für 1999, den sie bei
der Beklagten einreichte, folgende Spender:
C & W - GmbH
250 000 DM
F. N.
200 000 DM
E. K.
50 000 DM
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Im Rahmen der in der Folge eingeleiteten staatsanwaltlichen Ermittlungsverfah-
ren erklärte Herr N., dass er die Spende von 200 000 DM nicht aufgebracht
habe.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Ziel der Aufhebung des Be-
scheides vom 26. Januar 2004 aus folgenden Gründen abgewiesen:
Die Anfechtungsklage sei unbegründet. Der Bescheid der Beklagten sei sowohl
hinsichtlich der „Spendensanktion“ als auch hinsichtlich der teilweisen Rück-
nahme der für das Jahr 2000 gewährten staatlichen Parteienfinanzierung recht-
mäßig.
Rechtsgrundlage für die angefochtene „Spendensanktion“ sei allerdings nicht
der von der Beklagten angeführte § 31c Abs. 1 des Parteiengesetzes i.d.F. des
Art. 2 des 8. Gesetzes zur Änderung des Parteiengesetzes vom 28. Juni 2002
(BGBl I S. 2268), der hier aus Gründen seiner zeitlichen Geltung nicht ange-
wandt werden könne, sondern der gewohnheitsrechtlich anerkannte allgemeine
öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch i.V.m. § 23a Abs. 1 des Parteienge-
setzes i.d.F. der Bekanntmachung vom 31. Januar 1994 (BGBl I S. 149), zuletzt
geändert durch das 7. Gesetz zur Änderung des Parteiengesetzes vom
17. Februar 1999 (BGBl I S. 146) - PartG 1994 -. Die Beklagte habe der Kläge-
rin seit Jahren staatliche Parteienfinanzierungsmittel in Millionenhöhe, u.a. für
das Jahr 2000 in Höhe von mehr als 40 Millionen DM gewährt. In Höhe des von
der Beklagten mit dem angefochtenen Bescheid zur Rückzahlung geltend ge-
machten Betrages in Höhe von 766 937,82 € hätten der Klägerin diese Mittel
nicht zugestanden.
Gemäß § 23a Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 PartG 1994 verliere eine Partei, die Spenden
rechtswidrig erlangt habe, den Anspruch auf staatliche Mittel in Höhe des Zwei-
fachen des rechtswidrig erlangten Betrages. Dieser Anspruchsverlust sei kraft
Gesetzes eingetreten und habe eine unmittelbar entstehende Rückzahlungs-
verpflichtung begründet, ohne dass es einer teilweisen Rücknahme früherer
Bewilligungsbescheide bedurft hätte. Zusätzlich habe die Klägerin gemäß § 23
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Abs. 1 Satz 2 PartG den einfachen rechtswidrig erlangten Spendenbetrag ab-
zuführen.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 23a Abs. 1 Satz 1 und 2 PartG
1994 hätten vorgelegen. Die Klägerin habe Spenden rechtswidrig erlangt. Ge-
mäß § 23a Abs. 2 PartG 1994 hätten als rechtswidrig erlangt gegolten Spenden
im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 PartG 1994, soweit sie entgegen der Vorschrift
des § 25 Abs. 3 PartG 1994 nicht unverzüglich an das Präsidium des Deut-
schen Bundestages weitergeleitet worden seien. Dies sei der Fall gewesen. Die
Klägerin habe unzulässig Spenden im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 2 PartG 1994
angenommen. Nach § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PartG 1994 seien von der
Befugnis der Parteien, Spenden anzunehmen, ausgeschlossen Spenden, so-
weit sie im Einzelfall mehr als 1 000 DM betrügen und deren Spender nicht
feststellbar seien oder bei denen es sich erkennbar um die Weiterleitung einer
Spende eines nicht genannten Dritten gehandelt habe.
Hierzu hätten die von dem Bauunternehmer C. über die W. P. Fachmarktzent-
rum II GmbH & Co. KG getätigten Einzahlungen gehört, die die in der Vorschrift
genannte Bagatellgrenze von 1 000 DM erheblich überschritten hätten. Die
Klägerin habe diese Spenden angenommen, da ihr Unterbezirk mit der Über-
weisung auf das Parteikonto wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Gelder
erhalten habe. Die Beträge seien im Übrigen zu Parteizwecken, der Finanzie-
rung der Wahlkampfwerbekampagne, verwendet worden. Die Spendeneigen-
schaft entfalle nicht dadurch, dass der Bauunternehmer die Spenden nur für
den Wahlkampf des Oberbürgermeisters Dr. K. habe verwenden wollen. Dr. K.
habe die Spenden nicht selbst oder für sich angenommen, sondern gerade
darauf bestanden, dass sie direkt an die SPD entrichtet und nach dem Partei-
engesetz als Spenden behandelt würden. Begünstigt worden sei daher die Par-
tei und nicht Dr. K.
Die Spender seien im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PartG 1994 nicht
„feststellbar“ gewesen. Insoweit komme es auf die Umstände im Zeitpunkt der
Annahme der Spende an. Dies folge bereits aus dem Zusammenhang der Re-
gelung mit Satz 1 der Vorschrift, wonach Parteien berechtigt seien, Spenden
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„anzunehmen“. Satz 2, der hierzu Ausnahmen regele, knüpfe erkennbar an die
Annahme des Geldes an. Auch Sinn und Zweck der Vorschrift forderten, auf
den Zeitpunkt der Annahme abzustellen. Die mit dem Gesetz zur Änderung des
Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1983 (BGBl I
S. 1577) eingeführten Spendenannahmeverbote und Rechenschaftspflichten
bezweckten insbesondere die Transparenz der Parteienfinanzierung. Es solle
für den Bürger durchschaubar sein, welche Einnahmen die Parteien hätten und
von wem diese stammten, wie die Parteien diese Mittel verwendeten und wie es
um ihr Vermögen stehe. Ferner sollten „unerwünschte Wege der Finanzierung“
der Parteien verhindert werden. Damit trage die gesetzliche Regelung dem
verfassungsrechtlich in Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG verankerten Transparenzgebot
Rechnung. Ihr liege ebenso wie der Grundgesetzbestimmung die Erwägung
zugrunde, dass die politische Willensbildung innerhalb einer Partei von
Personen oder Organisationen erheblich beeinflusst werden könne, die den
Parteien im größeren Umfang finanzielle Mittel zur Verfügung stellten. Eine
derartige Verflechtung von politischen und wirtschaftlichen Interessen solle of-
fen gelegt werden. Der Wähler solle über Kräfte unterrichtet werden, welche die
Politik der Parteien bestimmten, und er solle die Möglichkeit haben, die Über-
einstimmung zwischen den politischen Programmen und dem Verhalten derer
zu prüfen, die mit Hilfe finanzieller Mittel auf die Parteien Einfluss zu nehmen
suchten. Diesen Zielen werde nur eine Auslegung gerecht, die bei der Frage,
ob eine Spende unzulässig sei und gar nicht erst angenommen werden dürfe,
auf den Zeitpunkt der Annahme anknüpfe. Anderenfalls könne die Partei unzu-
lässige Spenden erst einmal „parken“ oder gar verbrauchen, mit dem Vorbrin-
gen, die tatsächliche Herkunft und damit die Unzulässigkeit erst später - ggf.
erst zum Rechenschaftsbericht - „endgültig“ zu klären. Bereits in dieser Zeit
könnten die Spenden jedoch ihre „unerwünschte“ Wirkung entfalten, insbeson-
dere verdeckt bzw. missbräuchlich auch auf politische Entscheidungen Einfluss
nehmen. Aus diesen Gründen bedeute „feststellbar“, dass im Zeitpunkt der An-
nahme der Spender zwar nicht unbedingt namentlich bekannt, aber ohne weite-
res ermittelbar sein müsse. Er dürfe nicht „anonym“ sein, d.h., der Spender
müsse bereits konkretisiert sein, wenn auch die genauen Personalien oder die
genaue Firmenbezeichnung nach der Annahme noch ermittelt werden dürften.
Dabei könne dahinstehen, welche Frist im Einzelfall einer Partei hierfür einge-
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räumt werden müsse - einer Partei dürfte eine umso dringlichere Ermittlung
obliegen, je höher die Spende sei -, auf jeden Fall müsse im Hinblick auf die
genannten Zwecke der Vorschrift der konkrete Name unverzüglich ermittelt
werden und ermittelbar sein. Der Hinweis auf § 25 Abs. 4 PartG 2002 führe zu
keiner anderen Beurteilung. Diese Vorschrift sei hier ohne Belang. Im Übrigen
lasse sich ihr nicht entnehmen, dass es für die Frage der Feststellbarkeit auf
den Zeitpunkt des Rechenschaftsberichtes ankomme. Die in der Bestimmung
genannte, bereits nach altem Recht bestehende wesentliche Voraussetzung
der „Unverzüglichkeit“ sei dann sinnlos.
Die „Feststellbarkeit“ im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PartG 1994 bestim-
me sich nach der Kenntnis der Partei. Kenne die Partei den Namen des Spen-
ders, so sei die Spende nicht anonym und dürfe angenommen werden. Kenne
die Partei ihn nicht, so müsse die Spende als anonym zurückgewiesen werden
oder bei Annahme unverzüglich an das Präsidium des Deutschen Bundestages
weitergeleitet werden. Parteien als Organisationen seien selbst nicht „wissens-
fähig“. Daher sei maßgeblich, ob und wann ein „Wissensvertreter“ der Partei
Kenntnis von dem Namen des Spenders erlangt habe. „Wissensvertreter“ sei
jeder, der nach der Arbeitsorganisation des Geschäftsherrn dazu berufen sei,
im Rechtsverkehr als dessen Repräsentant bestimmte Aufgaben in eigener
Verantwortung zu erledigen und die dabei angefallenen Informationen zur
Kenntnis zu nehmen sowie ggf. weiterzuleiten. Er brauche weder zum rechts-
geschäftlichen Vertreter noch zum „Wissensvertreter“ ausdrücklich bestellt zu
sein. Der Geschäftsherr müsse sich seiner im rechtsgeschäftlichen Verkehr wie
eines Vertreters bedienen. Bei juristischen Personen wie der Klägerin gründe
sich die Wissenszurechnung nicht so sehr in der Organstellung oder einer ver-
gleichbaren Position des Wissensvermittlers, sondern im Gedanken des Ver-
kehrsschutzes und der daran geknüpften Pflicht zur ordnungsgemäßen Organi-
sation der gesellschaftsinternen Kommunikation. Voraussetzung für eine Wis-
senszurechnung sei danach die generelle aktenmäßige Speicherbedürftigkeit
und konkrete Erinnerungsbedürftigkeit der betreffenden Information. Danach
kämen als „Wissensvertreter“ einer Partei grundsätzlich in Betracht alle Vor-
standsmitglieder, der Schatzmeister und seine Beauftragten sowie - sofern von
der Partei bestellt - die Geschäftsführung einer Partei.
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Dies alles gelte nicht nur hinsichtlich der für eine Partei auf Bundesebene täti-
gen Personen, sondern auch hinsichtlich der für die nachfolgende Parteigliede-
rung tätigen Funktionsträger. Denn das „Wissen“ einer Parteiuntergliederung
sei grundsätzlich der Bundespartei zuzurechnen. Dies folge bereits daraus,
dass Parteien, die sich nach § 7 Abs. 1 Satz 1 PartG 1994/2002 grundsätzlich
in Gebietsverbände gliederten, von ihren Gebietsverbänden und diese wieder-
um von ihren Untergliederungen repräsentiert würden. Die Klägerin gliedere
sich in Landesverbände, die Gebietsverbände der höchsten Stufe im Sinne des
§ 3 PartG 1994/2002 darstellten. Der Landesverband N.-W. gliedere sich nach
seiner Satzung wiederum in nachgeordnete Gebietsverbände, nämlich die Un-
terbezirke und die Ortsvereine. Die Zurechnung des „Wissens“ einer Parteiun-
tergliederung für die Bundespartei folge auch aus Sinn und Zweck des Partei-
engesetzes. Stelle man allein darauf ab, ob die Bundespartei bzw. deren Wis-
sensvertreter auf Bundesebene Kenntnis von einer unzulässigen Spende hätten
bzw. diese angenommen hätten, würde das Parteiengesetz weitgehend leer
laufen. Es fände nur Anwendung, wenn einer der wenigen Bundesvorstände
bzw. der Schatzmeister der Bundespartei Kenntnis von einer unzulässigen
Spende gehabt oder diese angenommen habe. Der Großteil aller Spenden
werde jedoch an die Untergliederungen bewirkt und insbesondere in Wahl-
kampfzeiten dort auch unmittelbar „verbraucht“.
Relevante Wissensvertreter seien demnach der damalige Vorsitzende des Un-
terbezirks W. der SPD und der damalige Geschäftsführer des Unterbezirks, die
zugleich Mitglieder der für die Koordinierung und Durchführung der Wahl-
kampfaktivitäten eingesetzten dreiköpfigen Wahlkampfkommission gewesen
seien und damit die Befugnis gehabt hätten, Wahlkampfgelder bzw. -spenden
einzunehmen und auszugeben.
Aus deren maßgebender Sicht seien die Spender nach den dargelegten Maß-
stäben im Zeitpunkt der Annahme der Spenden nicht feststellbar gewesen. Am
17. Februar, 5. März und 6. April 1999 sei es zu Überweisungen von dem Bau-
unternehmer C. an die SPD in Höhe von 36 000 DM, 34 800 DM und
185 600 DM sowie am 2. Juni, 25. Juni und 16. August 1999 zu Scheckeinrei-
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chungen des Bauunternehmers an die SPD in Höhe von 120 000 DM,
65 078 DM und 58 522 DM, jeweils über die Projektgesellschaft W. P. Fach-
marktzentrum II GmbH & Co. KG auf das Konto des Unterbezirks gekommen.
Zu diesem Zeitpunkt hätten die Namen des Spenders bzw. der Spender nicht
festgestanden. Es sei auch nicht konkretisiert und ohne weiteres ermittelbar
gewesen, wer Spender gewesen sei. Vielmehr habe der Bauunternehmer be-
reits bei dem ersten entscheidenden Treffen am 10. November 1998 angekün-
digt, im Hinblick auf die versprochene 1 Million DM für den Wahlkampf des
Dr. K. für ungenannte Spender in Vorleistung zu treten. Selbst wenn er auch
erklärt haben sollte, soweit dies nicht gelingen würde, die Mittel durch die Un-
ternehmensgruppe C. selbst aufbringen zu wollen, sei damit im Zeitpunkt der
Annahme der Spende der Spendername nicht feststellbar gewesen. Denn die
Spendereigenschaft hätte erst in der Zukunft - nach einem zeitlich und in der
Sache ungewissen Spendensammlungsversuch des Bauunternehmers - fest-
stehen können. Ein „Ausfallspender“ erfülle aber nach Sinn und Zweck der
Vorschrift - Transparenzgebot und Verhinderung unerwünschter Finanzierun-
gen - nicht die Anforderungen an die Feststellbarkeit eines Spenders. Zudem
habe der Bauunternehmer jedenfalls zunächst nicht als Spender geführt oder
genannt werden wollen. Auch die Bezeichnung „Unternehmensgruppe C.“ sei
keine hinreichende Konkretisierung eines Spenders. Es sei nicht klar gewesen,
in welcher Höhe welches Unternehmen sowie der ebenfalls als Spender vorge-
sehene Herr Sch. Spenden erbringen sollten.
Auch im Anschluss an das Treffen seien die zukünftigen Spender bis zur An-
nahme der Spende nicht genannt oder konkretisiert worden. Der Vertreter des
Spenderkreises Br. habe anlässlich der Mitte Februar 1999 zu leistenden Zah-
lungen des Unterbezirks an die Werbeagentur dem Geschäftsführer des Unter-
bezirks B. mitgeteilt, der Bauunternehmer C. habe die Spendensammlung noch
nicht abgeschlossen und die Gelder würden in der jeweils benötigten Höhe da-
her zunächst über ein Konto einer zur C.-Gruppe gehörenden Gesellschaft an
den Unterbezirk überwiesen. Die Namen und die Anschriften der noch zu ge-
winnenden Spender würden nach Abschluss der Sammlung an den Unterbezirk
übermittelt. Der Unterbezirksvorsitzende und der Unterbezirksgeschäftsführer,
denen bekannt gewesen sei, dass die Zahlungen aus der Firmengruppe C.
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stammten, seien daher davon ausgegangen, dass der Bauunternehmer zu-
nächst die Spenden nur vorstrecke und die eigentlichen Spender noch nach-
träglich benannt würden. Alle Beteiligten seien ersichtlich davon ausgegangen,
dass der Bauunternehmer C. jedenfalls zunächst nicht als Spender habe ge-
führt werden wollen und sollen. Der Unterbezirksgeschäftsführer habe die
Buchhalterin des Unterbezirks angewiesen, die eingegangenen Überweisungen
aus der Firmengruppe C. zunächst unter dem Konto „Sonstige Einnahmen“ zu
verbuchen. Eine nachträgliche Verbuchung auf ein Spendenkonto habe erst
nach Angabe der Spendernamen erfolgen sollen. Eine Verbuchung unter dem
Namen C. sei nach Auffassung des Unterbezirksgeschäftsführers nicht in Be-
tracht gekommen, da die Spenden letztlich nicht von dem Bauunternehmer
stammen sollten. Die Verbuchung unter dem Konto „Sonstige Einnahmen“ sei
zwar nicht maßgeblich für die „Nichtfeststellbarkeit“ der Spender, bestätige je-
doch deutlich, dass dem Unterbezirksgeschäftsführer die eigentlichen Spender
weder bekannt noch konkretisiert worden seien und der Bauunternehmer C.
bewusst nicht als Spender habe geführt werden sollen.
Auch in der weiteren Folge bis zur Annahme der nächsten Spendentranchen
seien die Spender nicht feststellbar gewesen. Nachdem die ab Mitte April 1999
eingehenden Rechnungen der Werbeagentur von der Partei nicht hätten aus-
geglichen werden können, da der Bauunternehmer C. über die geleisteten rund
256 000 DM hinaus zunächst keine weiteren Spendenzahlungen erbracht habe,
habe der Vertreter des Spenderkreises Br. gegenüber dem Unterbezirk erklärt,
Spenden von Personen, die Zahlungen zugesagt hätten, seien noch nicht ein-
gegangen. Nach Einschaltung des Stadtverordneten S. habe sich der Bauun-
ternehmer C. bereit erklärt, weitere finanzielle Unterstützung zu leisten. Der
Stadtverordnete habe daraufhin dem Unterbezirksgeschäftsführer mitgeteilt,
man müsse sich keine Sorgen machen, da der Bauunternehmer weitere Spen-
der finden werde. Der Bauunternehmer selbst habe in einem Telefonat mit dem
Unterbezirksgeschäftsführer Anfang Juni 1999 erklärt, für die weiter zugesagten
Beträge nötigenfalls in Vorlage zu treten und sich gleichzeitig um weitere
Spender zu bemühen. Schließlich seien weitere Zahlungen eingegangen, so
dass der Unterbezirk Spenden von insgesamt 500 000 DM erhalten habe. Dass
auch der Unterbezirksgeschäftsführer zu diesem Zeitpunkt immer noch keine
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Kenntnis von den Namen der Spender gehabt habe, belegten seine nachfol-
genden wiederholten Bitten gegenüber den Angestellten des Bauunternehmers
C., Br. und P. sowie gegenüber dem Stadtverordneten S. um die Angabe der
Spendernamen. Erst am 18. Februar 2000 und damit ein Jahr nach der ersten
Spendenzahlung sowie ein halbes Jahr nach der letzten Spendenzahlung sei
eine Liste mit Spendernamen beim Unterbezirk bzw. dessen Geschäftsführer
eingegangen.
Auch der Vorstand des Unterbezirks habe bis dahin keine Kenntnis von den
Spendernamen gehabt. Er habe sich seit der Sitzung vom 13. April 1999 mit
dem Eingang von Spenden nicht mehr beschäftigt. Eine Prüfung nach dem
Parteiengesetz insbesondere hinsichtlich der Identität der angeblich von dem
Bauunternehmer C. angeworbenen Spender sei nicht vorgenommen worden.
Die Feststellung der Spender hätte jedoch umso dringender erfolgen müssen,
als die eingegangenen Gelder jeweils kurz nach Eingang bzw. Annahme der
Zahlungen verbraucht worden seien. Die Rechnungsbeträge der Werbeagentur
seien von dem Bauunternehmer jeweils nach Durchsicht an die SPD überwie-
sen und nachfolgend von der Partei an die Agentur weitergeleitet worden.
Die Spenden seien auch entgegen § 25 Abs. 3 PartG 1994 nicht an das Präsi-
dium des Deutschen Bundestages weitergeleitet worden.
Auf die weiter zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob die Spenden auch
deswegen nicht hätten angenommen werden dürfen, weil es sich um sog. Er-
wartungsspenden im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 PartG 1994 gehandelt
habe, komme es nicht an. Es könne dahinstehen, ob die Klägerin Spenden
nicht den Vorschriften des Parteiengesetzes entsprechend in dem Rechen-
schaftsbericht veröffentlicht habe.
Die Klägerin habe danach gemäß § 23a Abs. 1 Satz 1 PartG 1994 den An-
spruch auf staatliche Teilfinanzierung in Höhe des Zweifachen der unzulässig
erlangten Spende, also in Höhe von zweimal 500 000 DM = 511 291,88 € verlo-
ren und gemäß § 23a Abs. 1 Satz 2 PartG 1994 den einfachen Spendenbetrag,
also 500 000 DM = 255 645,94 € abzuführen.
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Da die Beklagte somit 766 987,82 € für das Jahr 2000 an die Klägerin ohne
Rechtsgrund gezahlt und dies in der vermeintlichen Annahme getan habe, nach
§ 39 PartG 1994 hierzu verpflichtet zu sein, sei sie berechtigt, diese Leistung
mittels Verwaltungsaktes zurückzufordern.
Die Beklagte habe mit dem angefochtenen Bescheid allerdings eine solche
Rückforderung zu Unrecht gewährter staatlicher Teilfinanzierung aus dem Jah-
re 2000 nicht geregelt. Die Klägerin habe den Bescheid so verstehen müssen,
dass er nicht die Rückforderung einer Leistung aus dem Jahre 2000 regele,
sondern die Feststellung des Verlusts des Anspruchs auf staatliche Teilfinan-
zierung in dieser Höhe für das Jahr 2004. § 23a Abs. 1 Satz 1 PartG 1994 sehe
jedoch nicht vor, dass die Feststellung des Verlusts des Anspruchs auf staatli-
che Teilfinanzierung für die Zukunft erfolge. Es gehe vielmehr um eine Rück-
forderung einer zurückliegenden Gewährung. Der mit diesem Inhalt fehlerhafte
Bescheid sei jedoch gemäß § 47 VwVfG in einen rechtmäßigen Bescheid des
Inhalts umzudeuten, dass die Beklagte die Rückforderung einer Teilleistung von
766 937,82 € aus dem Jahre 2000 geltend mache und ankündige, diese mit der
demnächst fällig werdenden Leistung für das Jahr 2004 zu verrechnen.
Ein fehlerhafter Verwaltungsakt könne gemäß § 47 Abs. 1 VwVfG in einen an-
deren Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerich-
tet sei, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und
Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzun-
gen für den Erlass erfüllt seien. Unter diesen Voraussetzungen seien auch die
Verwaltungsgerichte im Gerichtsverfahren ermächtigt, fehlerhafte Verwaltungs-
akte umzudeuten. Die Voraussetzungen für eine Umdeutung lägen vor.
Die Umdeutung sei auch nicht gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwVfG ausgeschlos-
sen. Die Rückforderung für das Jahr 2000 widerspreche offensichtlich nicht der
erkennbaren Absicht der Beklagten. Auch seien ihre Rechtsfolgen für die Klä-
gerin nicht ungünstiger als diejenige der im streitigen Bescheid getroffenen Re-
gelung.
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Zwar lasse sich die mittels Verwaltungsaktes geltend gemachte Rückforderung
der teilweisen Überzahlung aus dem Jahre 2000 auch dann vollziehen, wenn
die Klägerin für das Jahr 2004 keinen Anspruch auf staatliche Teilfinanzierung
hätte oder geltend machen könnte, während der von der Beklagten ausdrück-
lich geregelte Anspruchsverlust für das Anspruchsjahr 2004 in einem solchen
Falle ins Leere ginge. Diese nur abstrakt ungünstigere Rechtsfolge rechtfertige
den Ausschluss der Umdeutung nicht. Die Klägerin habe auch für das Jahr
2004 einen Anspruch auf staatliche Teilfinanzierung in Millionenhöhe. Deswe-
gen seien ungünstigere Rechtsfolgen infolge der Umdeutung nicht zu besorgen.
Da die Regelung in dem angefochtenen Bescheid für die Klägerin belastend sei,
dürfte die Beklagte sie im Übrigen gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zu-
rücknehmen, so dass auch § 47 Abs. 2 Satz 2 VwVfG der Umdeutung nicht ent-
gegenstehe.
Auch § 47 Abs. 3 VwVfG stehe einer Umdeutung nicht im Wege. Nach dieser
Vorschrift dürfe eine gebundene Entscheidung nicht in eine Ermessensent-
scheidung umgedeutet werden. Bei dem Bescheid vom 21. Januar 2004 han-
dele es sich um eine gebundene Entscheidung der Beklagten. Ermessen habe
sie nicht ausgeübt. Auch die Geltendmachung der auf einem Anspruchsverlust
nach § 23a Abs. 1 Satz 1 PartG 1994 beruhenden Überzahlung von Wahl-
kampfkostenerstattung stehe nicht im Ermessen des Bundestagspräsidenten.
Die Regelung sehe den Anspruchsverlust zwingend vor. Der Bundestagspräsi-
dent sei gehalten, den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch gegenüber
der Partei geltend zu machen und die Überzahlung zurückzufordern.
Rechtsgrundlage für die Rücknahme der zu Gunsten der Klägerin für das Jahr
2000 festgesetzten staatlichen Mittel zur Parteienfinanzierung in Höhe von
1 380,91 € sei nicht der von der Beklagten herangezogene, am 1. Juli 2002 in
Kraft getretene § 31a PartG 2002, sondern § 48 VwVfG.
Die Festsetzung staatlicher Teilfinanzierung zu Gunsten der Klägerin für das
Jahr 2000 sei auch hinsichtlich eines Betrages von 1 380,91 € rechtswidrig. Der
dieser Festsetzung zu Grunde liegende Rechenschaftsbericht der Klägerin für
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das Jahr 1999 sei hinsichtlich zweier Spender falsch. Die Herren N.
(200 000 DM) und K. (50 000 DM) hätten entgegen der Angabe im Rechen-
schaftsbericht der Klägerin nicht gespendet.
Herr N. sei nur „Scheinspender“. Wenn die Klägerin meine, ihr Rechenschafts-
bericht sei gleichwohl nicht unrichtig, weil die objektiv falsche Angabe im Re-
chenschaftsbericht ihr subjektiv nicht zurechenbar sei, sei dem entgegenzuhal-
ten, dass es allein auf die objektive Unrichtigkeit ankomme und nicht darauf, ob
die Unrichtigkeit für den Begünstigten erkennbar gewesen sei. Das Parteienge-
setz 1994 stelle schon nach dem Wortlaut allein darauf ab, ob die Partei eine
rechtmäßig erlangte Spende von einer natürlichen Person tatsächlich erhalten
habe. § 18 Abs. 3 Nr. 3 PartG 1994 stelle nicht darauf ab, ob die Partei in be-
rechtigter Weise davon habe ausgehen dürfen, die Spende von einer natürli-
chen Person erhalten zu haben. Es sei auch schwer vorstellbar, dass der Ge-
setzgeber mit Blick auf den relativ geringen für den staatlichen Parteienfinan-
zierungszuschuss anrechenbaren Betrag pro Spender die nachträgliche Prü-
fung hätte verlangen wollen, ob der Partei die falsche Benennung von natürli-
chen Personen als Spender auch subjektiv zurechenbar sei. Dieses Verständ-
nis würde zu erheblichem Verwaltungsaufwand führen sowie Missbrauch Tür
und Tor öffnen. Das Anknüpfen an eine subjektive Zurechenbarkeit stehe auch
in Widerspruch zu Sinn und Zweck der Vorschrift. Diese knüpfe an die gesell-
schaftliche Verwurzelung der Parteien an und berücksichtige dabei nur Spen-
den einer Größenordnung, wie sie alle Parteien ungeachtet ihrer politischen
Zielvorstellungen verzeichnen und von den Beziehern durchschnittlicher Ein-
künfte auch geleistet werden könnten. Hierfür sei allein die objektiv richtige Zahl
der „natürlichen“ Spender und ihrer Spenden maßgebend und nicht, ob eine
Partei darauf habe vertrauen dürfen, dass ein „Scheinspender“ ein echter
Spender sei.
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Auch die Angabe im Rechenschaftsbericht, dass Herr K. eine weitere Spende in
Höhe von 50 000 DM erbracht habe, sei unrichtig. Zwar habe der Bauunter-
nehmer C. nach den Zahlungen an den Unterbezirk versucht, Herrn K. für die
Nennung seines Namens als Spender zu gewinnen, diese Versuche seien je-
doch zum damaligen Zeitpunkt nicht erfolgreich gewesen. Es sei zwar darüber
verhandelt worden, dass die Ehefrau G. K. sich zu einer Spende von
50 000 DM bereit erkläre, wenn der Bauunternehmer zusage, eine seit Jahren
ausstehende Forderung wegen einer Beteiligungsübernahme auszugleichen.
Zu einer verbindlichen Übereinkunft sei es aber erst im Jahre 2002, drei Jahre
später, gekommen. Im Übrigen sei auch nicht Herr K., sondern seine Ehefrau
als Spenderin anzusehen gewesen. Diese habe entsprechend der 2002 ver-
bindlich getroffenen Übereinkunft die im Rechenschaftsbericht genannten
50 000 DM an den Bauunternehmer C. gezahlt. Im Übrigen seien die fraglichen
Mittel zum Zeitpunkt der Abgabe des Rechenschaftsberichtes ohnehin weder
von Herrn noch von Frau K. entrichtet gewesen.
Wegen des unrichtigen Rechenschaftsberichtes für 1999 sei für die staatliche
Parteienfinanzierung im Jahre 2000 zweimal der nach dem Parteiengesetz ma-
ximal anrechenbare Spendenbetrag von 6 000 DM zu Unrecht berücksichtigt
worden. Daraus ergebe sich ein staatlicher Zuschuss von 0,50 DM auf
2 x 6 000 DM, also insgesamt 6 000 DM. Wegen der „Deckelungsregelungen“
aller staatlichen Mittel zur Parteienfinanzierung nach § 18 Abs. 2 und 5, § 19
Abs. 6 Satz 2 PartG 1994 habe sich hieraus ein Betrag zu Gunsten der Klägerin
von 1 380,91 € ergeben.
Die Klägerin könne sich nicht auf Vertrauensschutz gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1
und 2 VwVfG berufen. Nach dieser Vorschrift dürfe ein rechtswidriger Verwal-
tungsakt, der eine einmalige Geldleistung gewähre, nicht zurückgenommen
werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut
habe und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an
einer Rücknahme schutzwürdig sei. Das Vertrauen sei in der Regel schutzwür-
dig, wenn der Begünstigte gewährte Leistungen verbraucht habe. Die Klägerin
könne sich auf ein solches - eine Rücknahme ausschließendes - Vertrauen
schon deswegen nicht berufen, weil ein Ausnahmetatbestand im Sinne von
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§ 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG vorliege. Der Grundsatz der Chancengleichheit der
Parteien sei ein besonders wichtiges öffentliches Interesse, das den Vertrau-
ensschutz einer Partei, zu Unrecht erhaltene staatliche Mittel zur Parteienfinan-
zierung behalten zu dürfen, überrage. Dies müsse umso mehr gelten, als die
staatliche Parteienfinanzierung nicht nur „zweiseitig“, sondern „mehrseitig“ ges-
taltet sei. Dies folge aus den Obergrenzen staatlicher Parteienfinanzierung.
Zum einen bestehe für das Gesamtvolumen staatlicher Zuwendungen an die
Parteien eine absolute Obergrenze. Zum anderen bestehe eine relative Ober-
grenze für jede einzelne geförderte Partei. Das Gesamtvolumen der staatlichen
Zuwendungen an eine Partei dürfe die Summe ihrer selbst erwirtschafteten
Einnahmen nicht überschreiten. Daraus folge, dass grundsätzlich für die ande-
ren Parteien umso mehr Geld zur Verfügung stehe, je weniger einer bestimm-
ten der zuwendungsberechtigten Parteien zustehe. Mit diesem System sei es
nicht vereinbar, Parteien auch solche staatliche Zuwendungen zu belassen, die
sie zu Unrecht erhalten hätten. Ein Vertrauensschutz scheide jedenfalls auch
deswegen aus, weil ein Fall des § 48 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG vorliege. Hier-
nach könne sich der Begünstigte auf Vertrauen nicht berufen, wenn er den Ver-
waltungsakt durch Angaben erwirkt habe, die in wesentlicher Hinsicht unrichtig
seien. Diese Voraussetzungen lägen hier vor. Die Angabe, Herr H. (gemeint:
Herr N.) und Herr K. seien natürliche Spender gewesen, sei unrichtig gewesen.
Bei dieser Sachlage könne dahinstehen, ob sich die Klägerin auch deswegen
nicht auf Vertrauen berufen könne, weil sie die Rechtswidrigkeit des Rechen-
schaftsberichtes grob fahrlässig nicht erkannt habe und für einen solchen Fall
§ 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG Vertrauensschutz ausschließe.
Die erst mit Kenntnis aller für die Rücknahme maßgeblichen Umstände begin-
nende einjährige Rücknahmefrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG sei im Zeit-
punkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides vom 26. Januar 2004 ge-
wahrt gewesen. Die Beklagte habe erst am 26. März 2003 die mit Verfügung
des Landgerichts W. vom 14. März 2003 übersandte Ausfertigung des Urteils
erhalten. Frühestens zu diesem Zeitpunkt könne eine Kenntnis aller für die
Rücknahme maßgeblichen Umstände angenommen werden.
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Ermessensfehler seien nicht gegeben. Der Grundsatz der Chancengleichheit
der Parteien lasse dem Bundestagspräsidenten keinen Raum für eine Ermes-
sensentscheidung. Er sei verpflichtet, die zu Unrecht erfolgte Festsetzung
staatlicher Mittel zur Parteienfinanzierung zurückzunehmen.
Da die Beklagte ihre Rücknahmeentscheidung auf § 31a PartG 2002 gestützt
habe, Rechtsgrundlage jedoch § 48 VwVfG sei, sei insofern ebenfalls eine Um-
deutung vorzunehmen.
Das Verwaltungsgericht hat in seinem Urteil die Sprungrevision zugelassen.
Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 7. November 2005 - einem Montag - gegen
das ihr am 6. Oktober 2005 zugestellte Urteil Sprungrevision mit dem Ziel der
Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils und des angefochtenen Bescheides
eingelegt. Der Schriftsatz ist am selben Tag als Telefax bei dem Verwaltungs-
gericht eingegangen. Dabei hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Be-
klagte der Einlegung der Sprungrevision schriftlich zugestimmt habe. Die Zu-
stimmungserklärung war ebenfalls per Telefax beigefügt, jedoch nicht mit einer
Unterschrift versehen. Die Klägerin hat in ihrer Revisionsschrift darauf hinge-
wiesen, dass sie die Zustimmung zur Einlegung der Sprungrevision schon un-
mittelbar an das Verwaltungsgericht gesandt habe. Die mit der Unterschrift des
Prozessbevollmächtigten der Beklagten versehene Zustimmungserklärung ist
bei dem Verwaltungsgericht als Telefax am 7. November 2005 und im Original
am 8. November 2005 eingegangen.
Die Klägerin macht geltend, der auf § 31c Abs. 1 Satz 3 PartG 2002 gestützte
Bescheid könne nicht dahin umgedeutet werden, dass ein allgemeiner Erstat-
tungsanspruch geltend gemacht werde. Dem stehe jedenfalls das Verbot der
Umdeutung eines gebundenen Verwaltungsaktes in eine Ermessensentschei-
dung entgegen (§ 47 Abs. 3 VwVfG). Die Geltendmachung des Erstattungsan-
spruchs habe eine Ermessensentscheidung vorausgesetzt, bei der auch ihr
Vertrauen auf den Bestand der Zuwendung hätte berücksichtigt werden müs-
sen. Dieses Vertrauen sei schutzwürdig gewesen, weil sie nicht davon habe
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ausgehen müssen, dass die nachträgliche Benennung von Spendern nicht mit
dem Parteiengesetz vereinbar gewesen sei.
Die Voraussetzungen eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs lägen
zudem nicht vor, weil die Zuwendung auf wirksamen Zuwendungsbescheiden
beruhe. Diese seien nicht zurückgenommen worden, namentlich nicht durch
den hier angefochtenen Bescheid.
Eine Rückzahlungspflicht in Höhe des Zweifachen des Spendenbetrages be-
stehe auch nicht unmittelbar aus § 23a Abs. 1 Satz 1 PartG 1994. Diese Vor-
schrift regele lediglich den anteiligen Verlust des Anspruchs auf staatliche Mit-
tel, nicht jedoch eine Zahlungspflicht kraft Gesetzes. Der in den Zuwendungs-
bescheiden liegende Rechtsgrund für die Zuwendung sei auch nicht wegen
eines immanenten Vorbehalts entfallen, dass ein Anspruchsverlust nach § 23a
Abs. 1 Satz 1 PartG 1994 nicht vorliege. Die gesetzliche Rechtsfolge des § 23a
Abs. 1 Satz 1 PartG sei lediglich ein Anspruchsverlust, aber keine Rückzah-
lungsverpflichtung. Die Wirkung der Zuwendungsbescheide als Rechtsgrund für
die erhaltenen Beträge bleibe davon unberührt. § 23a Abs. 1 Satz 2 PartG 1994
führe nicht zu einem öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch in Höhe auch
nur des Einfachen des Spendenbetrages. Diese Vorschrift regele keine
Rückzahlungsverpflichtung bezüglich einer staatlichen Teilparteienfinanzierung,
sondern nur eine Pflicht zur Abführung einer rechtswidrig erlangten Spende,
ohne insoweit eine Verknüpfung vorzunehmen.
Selbst wenn ein öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch entstanden sei, sei
ihr Vertrauen auf den Bestand der Zuwendung geschützt. Ein Verbot des „Vor-
schießens“ von Spenden und einer nachträglichen Übernahme durch andere
Spender sei keineswegs eindeutig dem Parteiengesetz oder der bisherigen
Praxis der Beklagten, namentlich im „Fall Kohl“, zu entnehmen.
Es fehle auch an einem materiellen Verstoß gegen § 25 Abs. 1 Satz 2 PartG
1994. Bei Annahme der Spendentranchen habe zweifelsfrei festgestanden,
woher das Geld gekommen sei, nämlich von der Projektgesellschaft W. P.
Fachmarktzentrum II GmbH & Co KG. Der hinter dieser Gesellschaft stehende
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Bauunternehmer C. oder eine Gesellschaft seiner Unternehmensgruppe habe
Spender sein sollen, bis, falls überhaupt, ein anderer Spender gefunden würde.
Es sei nie davon die Rede gewesen, dass Herr C. die von ihm zugewendeten
Beträge hätte zurückfordern können, wenn er keine weiteren Spender hätte
finden können. Die gegenteilige Wertung des Verwaltungsgerichts verstoße
gegen Denkgesetze. Im Zeitpunkt der Annahme der Spende habe der Name
des Bauunternehmers noch nicht genannt werden müssen, sondern erst mit
Einreichung des Rechenschaftsberichtes. Es sei auch hinreichend konkret ge-
wesen, dass die Mittel notfalls von der „Unternehmensgruppe C.“ erbracht wür-
den. Die Verbuchung als „Sonstige Einnahmen“ habe an der Feststellbarkeit
der Spender nichts geändert, da diese Position im Rechenschaftsbericht gemäß
§ 27 Abs. 2 Satz 3 PartG 1994 erläuterungsbedürftig gewesen sei, was wegen
der entsprechenden Prüfbedürftigkeit zur Steigerung der Transparenz beitrage.
Die „Feststellbarkeit“ des Spenders sei zum Zeitpunkt des Rechen-
schaftsberichtes zu beurteilen, nicht zu demjenigen der Annahme der Spende.
Das folge aus § 25 Abs. 2 PartG 1994. Danach seien Spenden oberhalb von 20
000 DM im Rechenschaftsbericht zu verzeichnen, also später als im Zeitpunkt
der Annahme. Der Schluss des Verwaltungsgerichts aus dem systematischen
Zusammenhang zwischen § 25 Abs. 1 Satz 1 PartG 1994 und § 25 Abs. 2 Satz
2 PartG 1994 als Ausnahme dazu verkenne den Zusammenhang mit § 25 Abs.
3 PartG 1994, der dahin zu verstehen sei, dass er die Weiterleitung an das
Präsidium des Deutschen Bundestages unverzüglich fordere, was unter Be-
rücksichtigung der Regelung des § 25 Abs. 4 PartG 2002, der die Rechtslage
lediglich klarstelle, dahin zu verstehen sei, dass die Weiterleitung mit Einrei-
chung des Rechenschaftsberichtes noch rechtzeitig sei. Auch die Beklagte sei
in der Vergangenheit von diesem Zeitpunkt ausgegangen, wie der „Fall Kohl“
belege.
Es sei auch nicht ausgeschlossen, Spender nachträglich vor Abgabe des Re-
chenschaftsberichtes auswechselnd zu benennen. Es gebe kein Verbot, dass
bereits getätigte Spenden später durch einen anderen übernommen würden.
Der Transparenz sei Genüge getan, wenn im Rechenschaftsbericht der neue
Spender verzeichnet werde.
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Das angefochtene Urteil stelle sich auch nicht im Ergebnis als richtig dar. Selbst
bei Annahme eines materiellen Rechtsverstoßes bestehe keine Ermäch-
tigungsgrundlage für die von der Beklagten festgestellte Zahlungsverpflichtung.
§ 31c Abs. 1 Satz 1 oder 2 PartG 2002 seien nicht anwendbar, weil sie sich
ausschließlich auf Verstöße gegen § 25 Abs. 2, 3 und 4 PartG 2002 bezögen,
die für Sachverhalte aus den Jahren 1998 bis 2000 nicht anwendbar seien.
§ 23a Abs. 1 Satz 1 und 2 PartG 2002 ermächtigten ebenfalls nicht zu dem an-
gefochtenen Verwaltungsakt. Diese Vorschriften seien bei Erlass dieses Be-
scheides bereits außer Kraft getreten gewesen und hätten zudem einen ande-
ren Regelungsgehalt.
Sie, die Klägerin, habe auch materiell nicht gegen das Parteiengesetz versto-
ßen. Sie habe weder unzulässige Spenden angenommen noch Spenden nicht
ordnungsgemäß veröffentlicht.
Bei den Zahlungen über die Projektgesellschaft W. P. Fachmarktzentrum II
GmbH & Co KG habe es sich nicht erkennbar um Weiterleitungen von Spenden
nicht genannter Dritter im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PartG 1994 ge-
handelt. Im Zeitpunkt der Annahme der Beträge habe es keinen „Dritten“ gege-
ben, und es habe festgestanden, dass bei einer nachfolgenden Übernahme der
Spende durch Dritte diese benannt werden würden.
Die Spenden seien auch nicht im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 PartG
1994 erkennbar in der Erwartung eines bestimmten Vorteils gewährt worden.
Dafür böten weder die Feststellungen und Erwägungen des Verwaltungsge-
richts noch die streitigen Tatsachen eine Grundlage. Das Verwaltungsgericht
habe seine Entscheidung nicht auf einen Verstoß gegen die genannte Vorschrift
gestützt. Soweit entsprechende Erwägungen in strafgerichtlichen Ent-
scheidungen enthalten seien, könnten sie eine Bindung des Revisionsgerichts
nicht bewirken. Die festgestellten Tatsachen ergäben nichts für eine Erwar-
tungshaltung des Bauunternehmers C. in Bezug auf einen bestimmten wirt-
schaftlichen oder politischen Erfolg. Eine investorenfreundliche Politik habe die
SPD bereits vor der Spende betrieben. Es fehle an der Erwartung eines be-
stimmten Vorteils, auch in Bezug auf die Eröffnung eines „FOC“. Dem Bauun-
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ternehmer sei dessen Verwirklichung unter einem Oberbürgermeister Dr. K.
lediglich eher möglich erschienen als unter dessen Gegenkandidaten. Außer-
dem hätten weder Dr. K. noch der SPD-Unterbezirk eine etwaige Erwartungs-
haltung des Bauunternehmers gekannt. Auch im Übrigen bestehe für eine er-
kennbare Erwartungsspende kein Anhalt.
Die Spender seien auch gemäß den Anforderungen des § 25 Abs. 2 PartG
1994 im Rechenschaftsbericht veröffentlicht worden. Die Ausweisung der von
dem Bauunternehmer C. kontrollierten C & W Bauträgergesellschaft mbH mit
einer Spende von 250 000 DM sei korrekt gewesen. Die Ausweisung von Herrn
N. mit einer Spende von 200 000 DM habe sich zwar im Nachhinein als fehler-
haft erwiesen, dies sei aber ihr nicht zuzurechnen. Die Feststellung des Verwal-
tungsgerichts, dass der Unterbezirksgeschäftsführer B. es für möglich gehalten
habe, dass die ihm im Auftrag von Herrn C. mitgeteilten Spendernamen falsch
seien, sei aktenwidrig getroffen und begründe auf Grund der nachfolgenden
Kontrollmaßnahmen auch keine Zurechenbarkeit. Die Ausweisung von Herrn K.
als Spender von 50 000 DM sei korrekt. Er habe die Summe, auch wenn diese
durch seine Ehefrau entrichtet worden sei, wirtschaftlich aufgebracht. Soweit
das Verwaltungsgericht eine verbindliche Einigung über diese Spende und de-
ren Auszahlung über Frau K. erst im Jahre 2002 annehme, trage es dem Um-
stand nicht Rechnung, dass jedenfalls auf Grund der Einigung und Auszahlung
im Jahre 2002 die Spende rückwirkend wirksam durch Herrn K. „übernommen“
worden sei. Herr C. sei bei der Angabe des Herrn K. als Spender im Jahre 1999
zumindest vollmachtloser Vertreter des Herrn K. gewesen, der dann im Jahre
2002 die Spenderdeklaration genehmigt und wirtschaftlich rückwirkend
übernommen habe. Dies sei vor Erlass des angefochtenen Bescheides ge-
schehen. Darüber hinaus habe sie auch insoweit nachträgliche Kontrollmaß-
nahmen vorgenommen, so dass ihr eine etwa objektiv unrichtige Angabe im
Rechenschaftsbericht nicht zugerechnet werden könne.
Auch hinsichtlich der teilweisen Rücknahme der Festsetzung der staatlichen
Parteienfinanzierung für das Jahr 2000 beruhe das angefochtene Urteil auf ei-
ner Verletzung von Bundesrecht. Der von der Beklagten als Rechtsgrundlage
herangezogene § 31a Abs. 1 Satz 1 PartG 2002 könne keine Anwendung fin-
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den, da er sich auf Vorschriften beziehe, die zum streitgegenständlichen Ge-
schehen noch nicht in Kraft gewesen seien. Eine Umdeutung des Bescheides in
eine auf § 48 VwVfG gestützte Rücknahme scheide auch hier aus, weil die
Voraussetzungen einer Umdeutung nach § 47 Abs. 1 und 3 VwVfG nicht vorlä-
gen. Die Voraussetzungen des § 48 VwVfG seien nicht erfüllt, und eine Umdeu-
tung eines gebundenen Verwaltungsaktes in eine Ermessensentscheidung
scheide aus.
Die Zuwendungsfestsetzung sei auch mit Bezug auf die Spenden der Herren K.
und N. rechtmäßig. Herr K. habe letztlich das Geld selbst aufgebracht und sei
daher Spender. Noch vor Erlass des angefochtenen Bescheides sei die Spende
rückwirkend durch Herrn K. „übernommen“ worden. Zudem stelle § 18 Abs. 3
Satz 1 Nr. 3 PartG 1994 lediglich darauf ab, ob irgendeine natürliche Person
einen Betrag bis zu 6 000 DM gespendet habe.
Die Beklagte habe hinsichtlich beider hier interessierender Spenden ihr Ermes-
sen nicht ausgeübt, obwohl eine Abwägung der Chancengleichheit der Parteien
und der Interessen der begünstigten Partei erforderlich gewesen sei. Auch Ver-
trauensschutz stehe der Rücknahme entgegen, was die Beklagte nicht berück-
sichtigt habe. Sie, die Klägerin, habe die Zuwendung verbraucht und auf deren
Bestand vertraut. Sie habe bei Benennung der Herren K. und N. als Spender
auch bei größter Sorgfalt keine Fehler erkennen können.
Die Beklagte tritt der Revision entgegen.
II
Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil stellt
sich im Ergebnis als richtig dar, so dass die Revision zurückzuweisen ist (§ 144
Abs. 4 VwGO).
1. Gemäß § 134 Abs. 1 VwGO steht den Beteiligten gegen das Urteil eines
Verwaltungsgerichts die Revision unter Übergehung der Berufungsinstanz zu,
wenn der Kläger und der Beklagte der Einlegung der Sprungrevision schriftlich
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zustimmen und wenn sie von dem Verwaltungsgericht im Urteil oder auf Antrag
durch Beschluss zugelassen wird. Die Zustimmung zu der Einlegung der
Sprungrevision ist, wenn die Revision - wie hier - im Urteil zugelassen ist, der
Revisionsschrift oder - wenn die Sprungrevision nicht bereits im Urteil des Ver-
waltungsgerichts zugelassen ist - dem Antrag auf Zulassung der Sprungrevision
beizufügen. Das Gesetz geht mithin davon aus, dass der Rechtsmittelgegner
gegenüber dem Rechtsmittelführer in schriftlicher Form die Zustimmung zur
Einlegung der Sprungrevision erklärt; die Erteilung dieser Zustimmung muss
der Rechtsmittelführer dem Gericht nachweisen, indem er das Schriftstück der
Revisionsschrift oder dem Antrag auf Zulassung der Sprungrevision beifügt. Die
Beifügung der schriftlichen Zustimmungserklärung dient demnach dem Nach-
weis, dass die Zustimmung ordnungsgemäß erteilt worden ist.
Im vorliegenden Rechtsstreit hat die Klägerin in ihrer Sprungrevision auf die
gegenüber dem Verwaltungsgericht bereits abgegebene Zustimmungserklärung
der Beklagten hingewiesen, die am 7. November 2005, also innerhalb der Re-
visionsfrist, bei Gericht eingegangen war. Der Hinweis auf eine dem Gericht
bereits vorliegende und den Anforderungen des § 134 Abs. 1 VwGO genügen-
de Zustimmungserklärung durch den Rechtsmittelführer genügt den Anforde-
rungen. Dies ist entschieden worden für den Fall, dass die Zustimmungserklä-
rung im Protokoll über die mündliche Verhandlung des Verwaltungsgerichts
festgehalten ist. Dem Erfordernis, dass bei einer Zulassung der Sprungrevision
im Urteil die Zustimmung zu ihrer Einlegung der Revisionsschrift beigefügt wer-
den muss (§ 134 Abs. 1 Satz 3 VwGO), ist dann dadurch genügt, dass die Zu-
stimmungserklärung Bestandteil der Gerichtsakten geworden ist, die dem Ver-
waltungsgericht bei Eingang der Revisionsschrift (§ 139 Abs. 1 Satz 1 VwGO)
zusammen mit dieser vorgelegen haben (vgl. Urteil vom 23. November 2004
- BVerwG 2 C 28.03 - Buchholz 240 § 13 BBesG Nr. 5 = DVBl 2005, 513). Die-
se Erwägung gilt in gleicher Weise für eine gegenüber dem Verwaltungsgericht
abgegebene und ordnungsgemäße Zustimmungserklärung, wenn der Rechts-
mittelführer in der Revisionsschrift darauf verweist.
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- 31 -
2. Gemäß § 134 Abs. 4 VwGO kann die Sprungrevision nicht auf Mängel des
Verfahrens gestützt werden.
a) Dies steht der Beachtlichkeit der Rüge der Klägerin entgegen, das Verwal-
tungsgericht sei aktenwidrig zu der Feststellung gelangt, dass der Unterbe-
zirksgeschäftsführer B. es für möglich gehalten habe, dass die ihm im Auftrag
von Herrn C. am 18. Februar 2000 mitgeteilten Spendernamen falsch gewesen
seien. Die Rüge aktenwidriger Feststellungen im angegriffenen Urteil ist eine
Verfahrensrüge, die das Gebot der sachgerechten Ausschöpfung des vorhan-
denen Prozessstoffs betrifft (vgl. § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
b) Die Klägerin wirft dem Verwaltungsgericht außerdem vor, gegen Denkgeset-
ze verstoßen zu haben, indem es davon ausgegangen sei, dass im Zeitpunkt
der Annahme der Spenden nicht festgestanden habe, wer diese erbracht habe.
Soweit darin eine Verfahrensrüge liegen sollte, ist auch sie nach dem Gesagten
ausgeschlossen.
3. Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf der Grundlage seiner Feststellun-
gen, von denen der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO auszugehen hat, mit
Recht abgewiesen. Das betrifft den Komplex „Spendensanktion“ mit einem Be-
trag von 766 937,82 € (a) ebenso wie den Komplex „Rückforderung staatlicher
Parteienfinanzierung“ mit einem Betrag von 1 380,91 € (b).
a) Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Komplex „Spendensankti-
on“ mit einem Betrag von 766 937,82 € im Bescheid des Bundestagspräsiden-
ten zu Recht als unbegründet abgewiesen.
aa) Das Verwaltungsgericht hat den Bescheid vom 26. Januar 2004 dahin ver-
standen, dass mit ihm keine Rückforderung für das Jahr 2000 erbrachter staat-
licher Parteienfinanzierung ausgesprochen worden sei, sondern die Feststel-
lung des Verlusts des Anspruchs auf staatliche Parteienfinanzierung für das
Jahr 2004 in Höhe von 766 937,82 €. Diese Auslegung des Bescheides hält
einer Nachprüfung nicht stand. Der Bescheid ist dahin zu verstehen, dass er die
Feststellung der Verpflichtung der Klägerin enthält, den Betrag von
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766 937,82 € zu zahlen, und dass die Beklagte die Erfüllung dadurch bewirken
will, dass sie gegen den Anspruch der Klägerin auf staatliche Parteienfinanzie-
rung für das Jahr 2004 aufrechnet.
Der Inhalt eines Verwaltungsaktes ist entsprechend den zu §§ 133, 157 BGB
entwickelten Regeln zu ermitteln. Die Auslegung auch eines Verwaltungsaktes
richtet sich dabei nicht nach den subjektiven Vorstellungen des Adressaten
oder der erlassenden Behörde. Maßgebend ist entsprechend der Auslegungs-
regel des § 133 BGB der erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver
Würdigung verstehen konnte. Nach diesen Grundsätzen muss der angefochte-
ne Bescheid wie dargestellt verstanden werden. Der Entscheidungssatz des
Bescheides lautet: „Hiermit stelle ich die Verpflichtung zur Zahlung eines Betra-
ges in Höhe von … fest“. Die Verpflichtung zur Zahlung ist etwas anderes als
die Feststellung des Verlusts eines künftigen Anspruchs. Dass der Ausspruch
der Feststellung einer Zahlungsverpflichtung auch so gemeint war, ergibt sich
aus der Begründung des Bescheides. Die auf Seite 8 des Bescheides herange-
zogene Rechtsgrundlage des § 31c Abs. 1 PartG 2002 und der dort genannte
„Zahlungsanspruch in Höhe des Dreifachen des rechtswidrig erlangten Betra-
ges“ weisen in diese Richtung. Aus der auf Seite 1 des Bescheides vorgenom-
menen Verweisung auf „§ 31c Abs. 1 Satz 4 i.V.m. § 31a Abs. 3 Satz 2 PartG“
lässt sich ableiten, dass der Zahlungsanspruch mit der nächsten Abschlagszah-
lung (der staatlichen Parteienfinanzierung) verrechnet werden sollte, also zum
15. Februar 2004. Wortlaut und Begründung des Bescheides führen somit da-
zu, dass eine Zahlungsverpflichtung festgestellt worden ist, deren Erfüllung
durch Verrechnung (Aufrechnung) erfolgen sollte. Dem steht nicht entgegen,
dass die „Unterrichtungen“ der Präsidentin bzw. des Präsidenten des Deut-
schen Bundestages über die Rechenschaftsberichte der Parteien (BTDrucks
13/8888 S. 28 und BTDrucks 14/7979 S. 24) davon sprechen, dass Parteien in
den jeweiligen Folgejahren staatliche Mittel verlieren. Diese Aussage beschreibt
das wirtschaftliche Ergebnis der Sanktionen, nicht die rechtliche Konstruktion.
Der Senat musste nicht von dem vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung
zugrunde gelegten Inhalt des Bescheides vom 26. Januar 2004 ausgehen.
Auch wenn angenommen wird, dass die Feststellung des konkreten Inhaltes
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- 33 -
eines Verwaltungsaktes als Tatsachenfeststellung im Sinne des § 137 Abs. 2
VwGO vom Revisionsgericht grundsätzlich nur eingeschränkt überprüft werden
kann (vgl. Urteil vom 19. Februar 1982 - BVerwG 8 C 27.81 - BVerwGE 65, 61
<68> = Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 45 S. 41 f.; Beschluss vom
24. Januar 1991 - BVerwG 8 B 164.90 - Buchholz 316 § 54 VwVfG Nr. 6 =
NVwZ 1991, 574 <575>; Urteil vom 11. Mai 2006 - BVerwG 5 C 10.05 -
m.w.N.), ist dem Revisionsgericht eine eigene Auslegung jedenfalls dann mög-
lich, wenn das Tatsachengericht in seiner Entscheidung nichts Näheres ausge-
führt und insbesondere sein Auslegungsergebnis nicht näher begründet hat (Ur-
teil vom 9. Juli 1982 - BVerwG 7 C 54.79 - Buchholz 451.171 AtG Nr. 11 = DVBl
1982, 960; vgl. auch Urteile vom 9. Juni 1983 - BVerwG 2 C 34.80 - BVerwGE
67, 222 <234> = Buchholz 238.5 § 26 DRiG Nr. 1 S. 9; vom 23. Mai 1984
- BVerwG 2 C 41.81 - Buchholz 316 § 51 VwVfG Nr. 14 = NVwZ 1985, 181). So
verhält es sich hier. Das Verwaltungsgericht hat sein Auslegungsergebnis nicht
begründet, sondern nur ausgeführt, die Klägerin habe den Bescheid in der von
ihm dargelegten Weise verstehen müssen. Außerdem hat es auf eine
Literaturstelle verwiesen, welche belegen soll, dass die Praxis der Beklagten in
vergleichbaren Fällen so verstanden worden sei. Das Gericht hat damit nicht
nach den dargestellten Regeln, ausgehend vom Wortlaut, den Inhalt des
Bescheides ausgelegt.
bb) Die Beklagte hat ihren Bescheid auf § 31c Abs. 1 des Parteiengesetzes in
der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Januar 1994 (BGBl I S. 149)
- PartG 1994 -, geändert durch Art. 2 des Achten Gesetzes zur Änderung des
Parteiengesetzes vom 28. Juni 2002 (BGBl I S. 2268, 2272) - PartG 2002 -,
gestützt. Nach dieser Vorschrift entsteht gegen eine Partei ein Zahlungsan-
spruch in Höhe des Dreifachen von unter Verstoß gegen § 25 Abs. 2 PartG an-
genommenen und nicht gemäß § 25 Abs. 4 PartG an den Präsidenten des
Deutschen Bundestages weitergeleiteten Spenden. Diese Bestimmung ist ge-
mäß Art. 6 des vorgenannten Änderungsgesetzes am 1. Januar 2003 in Kraft
getreten.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend erkannt, dass diese Regelung auf im
Jahre 1999 erlangte Spenden nicht anzuwenden ist. Bei der Beurteilung der
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- 34 -
Begründetheit einer Klage ist auf die Sach- und Rechtslage abzustellen, auf die
es nach dem Streitgegenstand und dem darauf anwendbaren materiellen Recht
für die Entscheidung ankommt. Danach ergibt sich für die Anfechtungsklage im
Allgemeinen, dass die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behör-
denentscheidung maßgeblich ist, es sei denn, das materielle Recht regelt etwas
Abweichendes (Urteile vom 28. Juli 1989 - BVerwG 7 C 39.87 - BVerwGE 82,
260 <261> m.w.N. und vom 17. August 2005 - BVerwG 6 C 15.04 - BVerwGE
124, 110 = Buchholz 451.31 Wirtschaftsprüfer Nr. 5). Fehlt es an gegenteiligen
gesetzlichen Anhaltspunkten, so ist allerdings von der erwähnten Regel
auszugehen (vgl. Beschlüsse vom 23. November 1990 - BVerwG 1 B 155.90 -
Buchholz 451.20 § 35 GewO Nr. 47 S. 6 und vom 17. Juli 1995 - BVerwG 1 B
23.95 - Buchholz 451.20 § 33i GewO Nr. 19 S. 7). Im Zeitpunkt des Erlasses
des angefochtenen Bescheides war die von der Beklagten als Rechtsgrundlage
herangezogene Vorschrift des § 31c PartG 2002 bereits in Kraft. Aus dem
materiellen Recht folgt jedoch, dass die Bestimmung nicht auf
Spendensanktionen für das Jahr 1999 anzuwenden ist.
§ 31c Abs. 1 PartG 2002 betrifft die Annahme und die Nichtveröffentlichung von
Spenden entgegen § 25 Abs. 2 und 3 PartG 2002. Diese Vorschriften enthalten
Spendenannahmeverbote und Gebote zur Aufnahme von Spenden in den Re-
chenschaftsbericht, die nicht in jeder Hinsicht mit der Regelung des § 25 Abs. 1
Satz 2 und Abs. 2 PartG 1994 übereinstimmen. Das ist u. a. der Fall wegen der
Umstellung von maßgeblichen Beträgen von Deutscher Mark auf Euro, die nicht
exakt dem Umstellungskurs gemäß bestimmt worden sind. Dies gilt aber auch
etwa hinsichtlich der 2002 eingeführten Pflicht zur Ad-hoc-Mitteilung von
Großspenden an den Präsidenten des Deutschen Bundestages. Die in § 31c
Abs. 1 Satz 1 PartG 2002 in Bezug genommene Regelung des § 25 Abs. 4
PartG 2002 über die Weiterleitung verbotener Spenden an den Präsidenten des
Deutschen Bundestages unterscheidet sich mit der Erstreckung der Frist zur
Weiterleitung bis zur Einreichung des Rechenschaftsberichtes für das
betreffende Jahr ebenfalls von der entsprechenden Regelung des § 25 Abs. 3
PartG 1994. Fehlt es für die zurückliegenden Jahre an gleichartigen Pflichten,
so kann nicht angenommen werden, § 31c Abs. 1 PartG 2002 solle dafür Sank-
tionen bestimmen. Darin ist dem Verwaltungsgericht zu folgen.
82
- 35 -
Die Beklagte hält dem entgegen, dass in Bezug auf die Anwendung des Partei-
engesetzes im vorliegenden Verfahren eine Änderung nicht eingetreten sei, weil
sowohl sog. anonyme Spenden im Sinne des § 25 Abs. 2 Nr. 6 PartG 2002 als
auch sog. Einflussspenden im Sinne des § 25 Abs. 2 Nr. 7 PartG 2002 bereits
unter der Geltung des Parteiengesetzes 1994 nach § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5
und Nr. 6 PartG 1994 nicht hätten angenommen werden dürfen. Die Annahme
solcher Spenden sei bereits unter der Geltung des Parteiengesetzes 1994 nach
§ 23a Abs. 1 und 2 PartG 1994 sanktionsbewehrt gewesen. Dem kann nicht
gefolgt werden. Abgesehen davon, dass sich die beiden Regelungen über die
anonymen Spenden der Höhe nach unterscheiden, ist das „Sanktionensystem“
grundlegend umgestaltet worden. Nach § 23a Abs. 1 PartG 1994 führte die
rechtswidrige Erlangung von Spenden zur Pflicht zur Abführung dieser Spenden
(§ 23a Abs. 1 Satz 2 PartG 1994) und zum Verlust des Anspruchs auf staatliche
Finanzierung in Höhe des Zweifachen der Spende (§ 23a Abs. 1 Satz 1 PartG
1994). Demgegenüber entsteht nach § 31c Abs. 1 PartG 2002 ein Anspruch
des Präsidenten des Deutschen Bundestages in Höhe des Dreifachen der
Spende, der durch Verwaltungsakt geltend zu machen ist. Materiell ist dieser
Anspruch nicht an die Parteienfinanzierung geknüpft, wie dies nach dem
Parteiengesetz 1994 der Fall war. Darauf weist auch die Gesetzesbegründung
(BTDrucks 14/8778 S. 20) hin, die auf die zukünftige Zahlungspflicht der Partei
unabhängig von ihrer weiteren Teilnahme an der Finanzierung abhebt. Die
Sanktionen sind daher nicht gleichwertig. Kann somit nicht ausgeschlossen
werden, dass eine Partei nach neuem Recht strengeren Sanktionen unterliegt
als nach altem Recht, so steht dies der Anwendung des neuen Rechts auf
Spendenfälle, die sich unter der Geltung des alten Rechts ereignet haben, auch
insoweit entgegen, als sich das neue Recht in seinen tatbestandlichen Voraus-
setzungen mit dem alten Recht überschneidet. Insbesondere ist es nicht mög-
lich, die Anwendung des neuen Rechts auf Altfälle davon abhängig zu machen,
ob sie im jeweiligen Einzelfall zu einem für die Partei günstigeren oder ungüns-
tigeren Ergebnis führt als die Anwendung des alten Rechts. Vielmehr ist anzu-
nehmen, dass der Gesetzgeber die Verhängung der umgestalteten Sanktionen
nach § 31c Abs. 1 PartG 2002 - dem Wortlaut der Vorschrift entsprechend - nur
für Rechtsverstöße vorgesehen hat, die sich unter der Geltung des neuen
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- 36 -
Rechts ereignen, und es im Übrigen zur Vermeidung einer möglichen Rückwir-
kungsproblematik bei der Anwendung des bisherigen Rechts belassen wollte.
cc) Nach § 23a PartG 1994 begründet die rechtswidrige Erlangung von Spen-
den die Pflicht zur Abführung dieser Spenden (§ 23a Abs. 1 Satz 2 PartG 1994)
und den Verlust des Anspruchs auf Erstattung der Wahlkampfkosten in Höhe
des Zweifachen der Spende (§ 23a Abs. 1 Satz 1 PartG 1994). In Höhe von 500
000 DM hat die Klägerin rechtswidrig Spenden erlangt, so dass die Beklagte
berechtigt ist, einen Gesamtbetrag von 1 500 000 DM, umgerechnet
766 937,82 €, geltend zu machen.
(1) Diese Vorschriften, die die materielle Rechtslage in dem hier maßgeblichen
Zeitraum der Spendenannahme und der staatlichen Parteienfinanzierung in den
Jahren 1999 und 2000 betreffen, sind verfassungsrechtlich unbedenklich, wie
das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 17. Juni 2004 - 2 BvR
383/03 - (BVerfGE 111, 54 <99, 102> = juris Rn. 195, 206) ausgeführt hat.
(2) Die Klägerin hat rechtswidrig Spenden erlangt. Gemäß § 23a Abs. 2 PartG
1994 gelten als rechtswidrig erlangt Spenden im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 2
PartG 1994, soweit sie - wie hier entgegen der Vorschrift des § 25 Abs. 3
PartG 1994 nicht unverzüglich an das Präsidium des Deutschen Bundestages
weitergeleitet werden.
Nach § 25 Abs. 1 Satz 1 PartG 1994 sind Parteien berechtigt, Spenden anzu-
nehmen. Davon sind jedoch die in § 25 Abs. 1 Satz 2 PartG 1994 aufgelisteten
und näher umschriebenen Spenden ausgenommen. Nach § 25 Abs. 2 Nr. 5
PartG 1994 sind von der Befugnis der Parteien, Spenden anzunehmen, solche
ausgenommen, die im Einzelfall mehr als 1 000 DM betragen und deren Spen-
der nicht feststellbar sind. Der SPD W. sind über die W. P. Fachmarktzentrum II
GmbH & Co. KG Beträge für den Oberbürgermeisterwahlkampf des SPD-
Unterbezirks W. zugeflossen, welche die Grenze von 1 000 DM erheblich
überschritten. Es handelte sich um eine Spende „an die Partei“, nicht um eine
sog. Direktspende, die an Abgeordnete und Kandidaten persönlich gerichtet ist,
also deren Arbeit unterstützen soll. Der Rechtsstreit bietet keinen Anlass zu
84
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- 37 -
Überlegungen dazu, ob und unter welchen Voraussetzungen auch Direktspen-
den als mittelbare Parteispenden nach dem Parteiengesetz zu beurteilen sind.
Denn nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts sind die Beträge auf
das Parteikonto des Unterbezirks überwiesen worden. Die Beträge sind zudem
zu Parteizwecken, der Finanzierung der Wahlkampfwerbekampagne, verwen-
det worden. Dr. K. hat die Spende nicht selbst oder für sich angenommen, son-
dern gerade darauf bestanden, dass sie direkt an die SPD bezahlt und nach
dem Parteiengesetz als Spende behandelt wurde. Unter diesen Umständen ist
nicht zweifelhaft, dass die Gelder dem Unterbezirk zugeflossen sind. Sie sind in
seine Verfügungsmacht gelangt, und er hat darüber verfügt.
Die Partei hat die Spende im Sinne des § 25 Abs. 1 PartG 1994 „angenom-
men“. Annahme setzt den Willen voraus, die Spende als solche, nämlich als
Zuwendung für Parteizwecke entgegenzunehmen. Die in Rede stehenden
sechs Teilspenden sind auf dem Unterbezirkskonto verbucht worden und stan-
den damit in der Verfügungsbefugnis desjenigen, der für die Parteifinanzen des
Unterbezirks verantwortlich und zeichnungsberechtigt war. Die Mittel sind als
dem Wahlkampf dienlich behandelt und verwendet worden. Damit sind sie von
der Partei angenommen worden.
Der Tatbestand des § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PartG 1994 setzt weiter voraus,
dass die Spender nicht „feststellbar“ sind. Insoweit kommt es auf die Umstände
im Zeitpunkt der Annahme der Spende an. Das folgt aus dem Wortlaut der Re-
gelung und dem systematischen Zusammenhang des § 25 Abs. 1 Satz 2 PartG
1994 mit Satz 1 der Vorschrift, wonach Parteien berechtigt sind, Spenden "an-
zunehmen". Satz 2, der hierzu Ausnahmen regelt, knüpft daher an die Annah-
me des Geldes an und begründet ein Verbot der Annahme hinsichtlich der
nachfolgend aufgezählten Spendenarten, zu denen auch die Spenden über
1 000 DM gehören, deren Spender nicht feststellbar sind. In Übereinstimmung
hiermit bezeichnet § 25 Abs. 3 PartG 1994 diejenigen Spenden, deren Annah-
me den Parteien verboten ist, als „nach Absatz 1 Satz 2 unzulässige Spenden“
und ordnet an, diese Spenden „unverzüglich an das Präsidium des Deutschen
Bundestages weiterzuleiten“. Das Gesetz geht mithin davon aus, dass die Par-
teien die eingehenden Spenden sogleich nach ihrem Eingang daraufhin über-
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prüfen, ob es sich um eine „unzulässige“, d.h. mit einem Annahmeverbot beleg-
te Spende handelt; ist dies nicht der Fall, dürfen sie die Spenden annehmen;
anderenfalls müssen sie die Spende unverzüglich an das Präsidium des Deut-
schen Bundestages weiterleiten. Die bei der Annahme zu erfüllende Prüfungs-
pflicht erstreckt sich, sofern es sich nicht um eine Kleinspende handelt, insbe-
sondere auch auf die Person des Spenders. Die von der Klägerin in diesem
Zusammenhang aufgeworfene Frage nach der ordnungsgemäßen, namentlich
„unverzüglichen“ Erfüllung der gesetzlichen Weiterleitungspflicht, die nach ihrer
Ansicht noch bis zur Einreichung des Rechenschaftsberichtes für das betref-
fende Jahr erfüllt werden kann, trägt zur Klärung der hier zu beantwortenden
Frage nach den Voraussetzungen für die Annahme einer Spende nichts bei und
ist im Übrigen im vorliegenden Fall deswegen nicht entscheidungserheblich,
weil die Klägerin die umstrittenen Spenden nicht weitergeleitet, sondern für ihre
Zwecke ausgegeben hat.
Auch Sinn und Zweck der Vorschrift, wie sie in dem Bericht des Innenaus-
schusses zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung der Parteienfinan-
zierung vom 24. November 1983 (BTDrucks 10/697) dargelegt sind, führen auf
die Notwendigkeit einer Prüfung der in § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PartG 1994
(nunmehr § 25 Abs. 2 Nr. 6 PartG 2002) bestimmten Annahmevoraussetzungen
nach den Verhältnissen bei der Annahme der Spende. Die mit dem Gesetz zur
Änderung des Parteiengesetzes und anderer Gesetze vom 22. Dezember 1983
(BGBl I S. 1577) eingeführten Spendenannahmeverbote und Rechen-
schaftspflichten bezwecken danach insbesondere die Transparenz der Partei-
enfinanzierung. Es soll für den Bürger durchschaubar sein, welche Einnahmen
die Parteien haben und von wem diese stammen, wie die Parteien diese Mittel
verwenden und wie es um ihr Vermögen steht (BTDrucks 10/697 S. 4). Ferner
sollten „unerwünschte Wege der Finanzierung“ der Parteien, auch durch „ano-
nyme Spenden“ verhindert werden (BTDrucks 10/697 S. 6). Mit dieser Zielset-
zung trägt die gesetzliche Regelung dem verfassungsrechtlichen Gebot des
Art. 21 Abs. 1 Satz 4 GG an die Parteien Rechnung, über die Herkunft und Ver-
wendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft zu ge-
ben. Dieses Transparenzgebot beruht auf der Erwägung, dass die politische
Willensbildung innerhalb einer Partei von Personen oder Organisationen erheb-
90
- 39 -
lich beeinflusst werden kann, die den Parteien im größeren Umfang finanzielle
Mittel zur Verfügung stellen. Eine derartige Verflechtung von politischen und
wirtschaftlichen Interessen soll offen gelegt werden. Der Wähler soll über Kräfte
unterrichtet werden, welche die Politik der Parteien bestimmen, und er soll die
Möglichkeit haben, die Übereinstimmung zwischen den politischen Programmen
und dem Verhalten derer zu prüfen, die mit Hilfe finanzieller Mittel auf die
Parteien Einfluss zu nehmen suchen. Außerdem soll die Öffentlichkeit Kenntnis
über die Herkunft der Mittel der Parteien erhalten, damit ersichtlich ist, wer hin-
ter einer politischen Partei steht (zum Ganzen BVerfG, Urteil vom 9. April 1992
- 2 BvE 2/89 - BVerfGE 85, 264 <319>). Dem Schutzzweck des Art. 21 Abs. 1
Satz 4 GG ist indes nur dann Genüge getan, wenn der Wähler über die Her-
kunft der Mittel einer Partei wahrheitsgemäß unterrichtet wird. Diesem Ziel dient
§ 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PartG 1994 (§ 25 Abs. 2 Nr. 6 PartG 2002), indem er
die Parteien dazu anhält, sich bereits bei der Annahme einer Spende, die einen
bestimmten Bagatellbetrag übersteigt, über die Person des Spenders Gewiss-
heit zu verschaffen, und ihnen die Annahme der Spende versagt, wenn diese
Gewissheit nicht zu erlangen ist (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. April 1992 a.a.O.
S. 323). Die Spende darf mithin von der Partei nur dann entgegengenommen
werden, „wenn dieser der wirkliche Spender bekannt ist“ (BVerfG, Urteil vom
9. April 1992 a.a.O. S. 323 f.); dagegen ist ihr - von Kleinspenden abgesehen -
die Annahme von anonymen Spenden verboten.
Die Vorschrift des § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PartG 1994 (§ 25 Abs. 2 Nr. 6 PartG
2002) ist mithin dahin zu verstehen, dass schon bei der Annahme der Spende
Klarheit über die Person des Spenders bestehen oder zumindest durch einfa-
che Rückfrage herstellbar sein muss. Auf diese Weise wird gewährleistet, dass
die Partei, soweit sie der Öffentlichkeit gegenüber rechenschaftspflichtig ist, in
ihrem Rechenschaftsbericht die Personen, die sie mit einer Spende unterstützt
haben, zutreffend benennt; außerdem werden nachträgliche Manipulationen der
Spendernamen vermieden, wie sie nach den Feststellungen des Verwal-
tungsgerichts auch im vorliegenden Fall vorgekommen sind. § 25 Abs. 1 Satz 2
Nr. 5 PartG 1994 (§ 25 Abs. 2 Nr. 6 PartG 2002) dient demnach dem verfas-
sungsrechtlich vorgegebenen Ziel der Transparenz gegenüber der Öffentlichkeit
durch frühzeitige Herstellung von Transparenz bereits im innerparteilichen
91
- 40 -
Bereich. Die innerparteiliche Transparenz kommt zugleich dem ebenfalls ver-
fassungsrechtlich gebotenen (Art. 21 Abs. 1 Satz 3 GG) Schutz der innerpartei-
lichen Demokratie zugute, deren Zusammenhang mit der Parteienfinanzierung
durch Spenden das Bundesverfassungsgericht hervorgehoben hat (Beschluss
vom 17. Juni 2004 - 2 BvR 383/03 - BVerfGE 111, 54 <90> = juris Rn. 168).
Denn sie kann verhindern, dass durch anonyme Spenden Einflüsse Dritter auf
den Willensbildungsprozess der Partei begründet werden, die nur bestimmten
Führungspersonen bekannt sind und deren Herrschaftsansprüche stärken.
Aus dem soeben Gesagten folgt zugleich, dass die „Feststellbarkeit“ im Sinne
von § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PartG 1994 sich nach der Kenntnis der Partei be-
stimmt. Das Transparenzgebot des Art. 21 Abs.1 Satz 4 GG, dessen einfach-
rechtlicher Umsetzung auch das hier in Rede stehende Spendenannahmever-
bot dient, zielt auch auf die Freiheit der innerparteilichen Willensbildung und die
Erkennbarkeit denkbarer Einflüsse Dritter. Maßgeblich muss auf die Kenntnis
der Personen abgestellt werden, die auf Grund des Organisationsrechts der
Partei oder infolge ihrer parteiinternen Bestellung, ggf. auch nur für bestimmte
Anlässe wie etwa eine Wahlvorbereitung, befugt sind, Spenden entgegenzu-
nehmen, zu verwalten und zu verwenden. Was diesen bei Annahme der Spen-
de bekannt ist, muss sich die Partei insoweit zurechnen lassen. Was solchen
Parteimitgliedern nicht bekannt ist, können sie im Zusammenhang mit der Ent-
scheidung über die Annahme der Spende entweder noch ermitteln oder sie
dürfen die Spende nicht annehmen. Unterlassen sie derartige Nachprüfungen,
so können mögliche Einflüsse Dritter in die Partei transportiert werden, ohne
dass dies den übrigen Mitgliedern erkennbar wird, die sich darauf verlassen
müssen, dass die zur Aufgabenwahrnehmung bestellten Mitglieder der Partei
ordnungsgemäß im gemeinsamen Interesse handeln. Dies gilt nicht nur hin-
sichtlich der für eine Partei auf Bundesebene tätigen Personen, sondern auch
hinsichtlich der für die nachfolgende Parteigliederung tätigen Funktionsträger.
Denn das „Wissen“ einer Parteiuntergliederung ist in Bezug auf die Parteifinan-
zen der Bundespartei zuzurechnen. Dies folgt daraus, dass Parteien sich nach
§ 7 Abs. 1 Satz 1 PartG 1994/2002 regelmäßig in Gebietsverbände gliedern.
Die Klägerin gliedert sich in Landesverbände, die Gebietsverbände der höchs-
ten Stufe im Sinne des § 3 PartG 1994/2002 darstellen. Der Landesverband
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N.-W. gliedert sich nach seiner Satzung wiederum in nachgeordnete Gebiets-
verbände, nämlich die Unterbezirke und die Ortsvereine. Nach § 24 Abs. 1
PartG 1994 sind in den Rechenschaftsbericht der Gesamtpartei auch die Re-
chenschaftsberichte der Landesverbände und der nachgeordneten Gebietsver-
bände aufzunehmen. Entsprechend werden bei der staatlichen Teilfinanzierung
der Gesamtpartei auch die Spenden berücksichtigt, die von Parteiuntergliede-
rungen eingeworben worden sind (§ 18 Abs. 1 PartG 1994). Dem muss auf der
anderen Seite dadurch Rechnung getragen werden, dass auch das „Wissen“
der für die Untergliederungen handelnden Personen der Gesamtpartei zuge-
rechnet wird.
Danach kommt es hier auf das Wissen des Vorsitzenden und des Geschäfts-
führers des Unterbezirks an, die nicht nur als Vorstandsmitglieder, sondern
auch noch durch ihre Wahl in die Wahlkampfkommission, die zur Mittelverwal-
tung befugt war, eine herausgehobene Stellung hatten. Aus deren Sicht waren
die Spender nach den dargelegten Maßstäben im Zeitpunkt der Annahme der
Spenden nicht feststellbar. Bei Gutschrift der Spenden am 17. Februar, 5. März
und 6. April 1999 sowie am 2. Juni, 25. Juni und 16. August 1999 standen die
Namen des Spenders bzw. der Spender nach den Feststellungen des Verwal-
tungsgerichts, von denen der Senat ausgehen muss, nicht fest; sie waren da-
nach nicht einmal konkretisiert und ohne weiteres ermittelbar.
Der Einwand der Klägerin, im Zeitpunkt der Annahme habe festgestanden, dass
Spenderin die W. P. Fachmarktzentrum II GmbH & Co KG gewesen sei,
verkennt, dass nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts aus der Sicht
der Mitglieder der „Wahlkampfkommission“ Herr C. über die genannte Gesell-
schaft lediglich in Vorlage treten wollte und die wahren Spender einschließlich
eines etwaigen Spendenanteils von Herrn C. erst in der Zukunft „nach einem
zeitlich und in der Sache ungewissen Spendensammlungsversuch von Herrn
C.“ feststehen konnten. Das Vorbringen der Klägerin berücksichtigt nicht die
eingehenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Zusammenhang mit
der Suche nach Spendern. Ein Verstoß gegen Denkgesetze liegt insoweit nicht
vor. Die Klägerin hält dem Verwaltungsgericht insoweit in Wahrheit nur vor,
dass auch eine andere Tatsachenwürdigung in Betracht hätte kommen können.
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- 42 -
Damit wird ein Denkfehler in Bezug auf die Anwendung des materiellen Rechts
nicht dargetan.
Die Klägerin hat daher gegen das gesetzliche Verbot der Annahme anonymer
Spenden verstoßen. Dieser Rechtsverstoß ist ihr auch mit der Folge zuzurech-
nen, dass er die Verhängung der Sanktionen nach § 23a Abs. 1 PartG 1994
rechtfertigt. Denn die Vorschrift des § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PartG 1994 (§ 25
Abs. 2 Nr. 6 PartG 2002) lässt mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass
die Annahme von Spenden, bei denen über die Identität der Spender Unge-
wissheit besteht, verboten ist. Die für die Klägerin verantwortlich handelnden
Personen konnten daher ihr Verhalten auf dieses Verbot einrichten und haben,
indem sie gleichwohl die umstrittenen Spenden ohne Kenntnis der Namen der
Spender annahmen, in vorwerfbarer Weise gegen die genannte Vorschrift ver-
stoßen. Sollten sie irrig in gutem Glauben gehandelt haben, so war dieser Irr-
tum jedenfalls vermeidbar.
(3) Infolgedessen hat die Klägerin gemäß § 23a Abs. 1 Satz 2 PartG 1994 den
Spendenbetrag an das Präsidium des Deutschen Bundestages abzuführen.
(4) Der in § 23a Abs. 1 Satz 1 PartG 1994 zusätzlich angeordnete Verlust des
Anspruchs auf staatliche Mittel für das Jahr 2000 in Höhe des zweifachen
Spendenbetrages führt zu einem Zahlungsanspruch in dieser Höhe, weil der
angefochtene Bescheid gemäß § 47 VwVfG als Bescheid über die Rücknahme
des bestandskräftigen Bescheides über die Bewilligung der Mittel gemäß § 48
VwVfG und Geltendmachung des daher aus § 49a VwVfG folgenden Anspruchs
auf Rückzahlung der bewilligten Parteienfinanzierung umzudeuten ist.
Da die Sanktion nach § 23a Abs. 1 Satz 1 PartG 1994 im Gegensatz zu dem
nunmehr geltenden Recht (§ 31c Abs. 1 PartG 2002) in der Weise mit dem An-
spruch der Partei auf staatliche Mittel verknüpft ist, dass dieser Anspruch un-
mittelbar kraft Gesetzes in bestimmter Höhe entfiel, war der Präsident des
Deutschen Bundestages im Falle eines solchen Anspruchsverlusts verpflichtet,
die staatlichen Mittel für die Partei, über deren Höhe er auf der Grundlage des
Rechenschaftsberichtes für das Vorjahr zu entscheiden hatte (§ 19 Abs. 2
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98
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und 3 PartG 1994), um den zweifachen Betrag einer in diesem Jahr rechtswid-
rig angenommenen (oder nicht ordnungsgemäß veröffentlichten) Spende zu
kürzen. Unterblieb - wie hier - eine solche Kürzung, weil dem Präsidenten des
Deutschen Bundestages die rechtswidrige Annahme der Spende im Vorjahr
nicht bekannt war, so war die Bewilligung der Mittel für das laufende Jahr in
Höhe des Kürzungsbetrages rechtswidrig. Daraus folgt jedoch nicht ohne weite-
res ein Anspruch der Beklagten auf Rückzahlung der zuviel bewilligten Mittel.
Vielmehr bildet der rechtswirksame Bewilligungsbescheid trotz seiner (teilwei-
sen) Rechtswidrigkeit den Rechtsgrund für die Gewährung der Mittel. Aus die-
sem Grunde bedarf es zu deren Rückforderung zunächst der Rücknahme des
rechtswidrigen Bewilligungsbescheides gemäß § 48 VwVfG; erst dann ist der
Weg frei für die Geltendmachung des sich daraus ergebenden Anspruchs auf
Erstattung der zuviel gezahlten Mittel gemäß § 49a VwVfG, wobei dieser An-
spruch freilich gleichzeitig mit der Rücknahme geltend gemacht werden kann
(vgl. Morlok, NJW 2000, 761 <768>; Cornils, VerwArch 2000, 327 <346 f.>;
Koch, AöR Bd. 127, 2002, 165 <216>; Edinger, ZParl 2005, 371 <374>). Diese
Grundsätze gelten nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwal-
tungsgerichts zum staatlichen Subventionsrecht allgemein in den Fällen der
rechtswidrigen Bewilligung von Subventionen (vgl. etwa Urteile vom 13. De-
zember 1984 - BVerwG 3 C 79.82 - Buchholz 451.90 EWG-Recht Nr. 52 S. 84
und vom 23. April 2003 - BVerwG 3 C 25.02 - Buchholz 451.55 Subventions-
recht Nr. 104 = NVwZ 2003, 1384); im Parteiengesetz 1994 findet sich keine
abweichende Bestimmung. Mit dem Achten Gesetz zur Änderung des Partei-
engesetzes vom 28. Juni 2002 (BGBl I S. 2268) hat zwar die Rückforderung
von zuviel gewährter Parteienfinanzierung durch Einfügung des hier nicht an-
wendbaren § 31a eine spezialgesetzliche Regelung erfahren, doch geht auch
diese Bestimmung von der Notwendigkeit der Rücknahme des rechtswidrigen
Bewilligungsbescheides aus (§ 31a Abs. 1 PartG 2002).
Demgegenüber ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichts im vorliegenden Fall
die Rücknahme des Bewilligungsbescheides für das Jahr 2000 in Höhe des
zweifachen Betrages der im Jahre 1999 rechtswidrig angenommenen Spenden
deswegen entbehrlich, weil der Bescheid unter dem „immanenten Vorbehalt“
des Nichtvorliegens eines Anspruchsverlusts nach § 23a Abs. 1 Satz 1 PartG
99
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1994 erlassen worden sei und folglich der Geltendmachung des Anspruchsver-
lusts nicht entgegenstehe; zur näheren Begründung verweist das Verwaltungs-
gericht auf den Charakter des Anspruchsverlusts als Sanktion für einen
Rechtsverstoß der Partei. Dem ist nicht zu folgen. Das Verwaltungsgericht ver-
kennt, dass die Sanktion nach § 23a Abs. 1 Satz 1 PartG 1994 anders als die-
jenige nach § 31c Abs. 1 PartG 2002 nicht in einem selbstständig zu verfolgen-
den Zahlungsanspruch, sondern in dem teilweisen Verlust des allgemeinen Fi-
nanzierungsanspruchs der Partei besteht. Ist über diesen Anspruch unter Miss-
achtung des Anspruchsverlusts entschieden und folglich ein zu hoher Finanzie-
rungsbetrag festgesetzt worden, so muss zur Geltendmachung des Anspruchs-
verlusts der Bewilligungsbescheid in der entsprechenden Höhe gemäß § 48
VwVfG zurückgenommen werden, woran sich die Rückforderung des zuviel
gezahlten Betrages gemäß § 49a VwVfG anschließt .
Die Rücknahme kann auch konkludent erfolgen. Bei der Rückforderung ge-
währter Geldleistungen ist regelmäßig anzunehmen, dass die Behörde mit der
Festsetzung der zu erstattenden Leistung auch die Rücknahme des gewähren-
den Verwaltungsaktes erklärt hat, wenn dies hinreichend deutlich zum Ausdruck
kommt (Urteil vom 13. Dezember 1984 a.a.O. S. 89). Der angefochtene
Bescheid kann allerdings nicht dahin ausgelegt werden, dass die Festsetzung
der Finanzierung für das Jahr 2000 zurückgenommen worden ist, soweit es sich
um die hier in Rede stehende „Spendensanktion“ handelt. Der Bescheid
erwähnt insoweit nicht die für das Jahr 2000 festgesetzte Finanzierung. Im Ge-
gensatz dazu wird hinsichtlich der Forderung der weiteren 1 380,91 € auf die
Festsetzung für das Jahr 2000 verwiesen, und es ist insoweit als Anlage eine
„Isolierte Neufestsetzung“ der staatlichen Finanzierung für das Jahr 2000 bei-
gefügt. Daraus muss im Umkehrschluss abgeleitet werden, dass die Festset-
zung im Umfang der „Spendensanktion“ nicht (konkludent) zurückgenommen
werden sollte.
Der Senat sieht sich jedoch in der Lage, den Bescheid in diesem Sinne umzu-
deuten. Nach § 47 Abs. 1 VwVfG kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen
anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel ge-
richtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise
100
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- 45 -
und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Vorausset-
zungen für dessen Erlass erfüllt sind. Nach der Rechtsprechung des Bundes-
verwaltungsgerichts sind unter diesen Voraussetzungen auch die Verwaltungs-
gerichte im Gerichtsverfahren ermächtigt, fehlerhafte Verwaltungsakte umzu-
deuten. Dies gilt auch im Revisionsverfahren, sofern die das Revisionsgericht
bindenden tatrichterlichen Feststellungen (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO) ausreichen,
den Beteiligten hierzu rechtliches Gehör gewährt worden ist und sie in ihrer
Rechtsverteidigung hierdurch nicht beeinträchtigt sind (Urteil vom 23. Novem-
ber 1999 - BVerwG 9 C 16.99 - BVerwGE 110, 111 <114> = Buchholz 402.25
§ 73 AsylVfG Nr. 5 S. 3). Alle diese Voraussetzungen liegen hier vor. Rück-
nahme des Leistungsbescheides und Rückforderung der daher überzahlten
staatlichen Parteienfinanzierung führen zum selben Ergebnis wie der fehlerhaft
auf § 31c PartG 2002 gestützte Bescheid. Für sie als actus contrarius zur Mit-
telgewährung ist ebenfalls der Präsident des Deutschen Bundestages als mit-
telverwaltende Stelle zuständig.
Die Voraussetzungen des § 48 VwVfG für eine Rücknahme des Bescheides
über die Bewilligung der Parteienfinanzierung für das Jahr 2000 in Höhe des
zweifachen Spendenbetrages liegen vor:
Die Bewilligung war insoweit rechtswidrig. Denn die Klägerin hatte nach § 23a
Abs. 1 Satz 1 PartG 1994 in Höhe des zweifachen Spendenbetrages ihren An-
spruch auf staatliche Parteienfinanzierung verloren. Dafür ist es unerheblich, ob
die Klägerin die gewährte Finanzierung für rechtmäßig halten durfte, weil sie
von der Rechtmäßigkeit der angenommenen Spenden ausgegangen ist. Es
kommt auf die objektive Rechtswidrigkeit der Spenden und damit die Erfüllung
des Tatbestandes des § 23a Abs. 1 Satz 1 PartG 1994 an. Das Gesetz hebt
insoweit nicht auf Verschulden ab.
Die Klägerin kann sich nicht auf Vertrauensschutz gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1
und 2 VwVfG berufen. Ein Vertrauensschutz scheidet aus, weil ein Fall des § 48
Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 VwVfG vorliegt. Nach dieser Bestimmung kann sich der
Begünstigte auf Vertrauensschutz nicht berufen, wenn er den Verwaltungsakt
durch Angaben erwirkt hat, die in wesentlicher Hinsicht unrichtig sind. Diese
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Voraussetzungen liegen vor. Denn die Klägerin hat in ihrem Rechenschaftsbe-
richt für das Jahr 1999 gegenüber dem Präsidenten des Deutschen Bundesta-
ges den Eindruck erweckt, dass es sich bei den Spenden in Höhe von insge-
samt 500 000 DM um solche handelte, die der Partei von den im Bericht ge-
nannten Spendern in der üblichen Weise mittels eigener Zahlungen an die Par-
tei zugewendet worden waren. Zu den tatsächlichen Besonderheiten der Geld-
zuflüsse, namentlich zu der Rolle des Bauunternehmers C. als in Vorlage tre-
tender „Spendensammler“ und zur nachträglichen Benennung der Spender
durch diesen, hat sie weder in dem Rechenschaftsbericht noch auf andere
Weise Angaben gemacht, obwohl diese Umstände für die Beurteilung der
Rechtmäßigkeit der Spendenvorgänge offensichtlich von Bedeutung waren. Auf
der Grundlage des Rechenschaftsberichtes musste die Bewilligungsbehörde
zwangsläufig zu der irrigen Überzeugung gelangen, dass die Spenden von der
Klägerin rechtmäßig angenommen worden waren und kein Anspruchsverlust
nach § 23a Abs. 1 Satz 1 PartG 1994 vorlag.
Das der Behörde in § 48 Abs. 1 VwVfG eingeräumte Ermessen ist dahin einge-
schränkt, dass dem Präsidenten keine andere Entscheidung als die Rücknah-
me verbleibt. Der Verstoß gegen das Verbot der Annahme rechtswidriger
Spenden führt zu einem zwingenden Verlust des Anspruchs auf Parteienfinan-
zierung in Höhe des Zweifachen des rechtswidrig erlangten Betrages und zur
Pflicht zur Abführung der rechtswidrig angenommenen Spenden an das Präsi-
dium des Deutschen Bundestages. Dem zwingenden Charakter des § 23a
Abs. 1 PartG 1994 muss auch im Rahmen der Rücknahmeentscheidung Rech-
nung getragen werden (a. A. Morlok, NJW 2000, 761 <768>). Denn das Be-
dürfnis nach Sanktionierung des Rechtsverstoßes ist nicht deswegen geringer,
weil der Rechtsverstoß - wie dies nicht selten der Fall sein wird - erst nach der
Bewilligung der staatlichen Mittel aufgedeckt wird. Das gilt nicht nur für die
Pflicht zur Abführung der rechtswidrig angenommenen Spende, die ohnehin mit
dem Bewilligungsbescheid rechtlich nicht verknüpft ist, sondern auch für den im
Gesetz zusätzlich angeordneten Anspruchsverlust in Höhe des zweifachen
Spendenbetrages. Dementsprechend hat das Parteiengesetz 2002 - wie bereits
erwähnt - den Zusammenhang dieser Sanktionen mit dem Anspruch auf staat-
liche Mittel und deren Bewilligung insgesamt gelöst und einen von der Bewilli-
105
- 47 -
gungsbehörde zwingend zu verfolgenden selbstständigen Anspruch auf Zah-
lung des dreifachen Spendenbetrages begründet. Da die Klägerin in ihrem Ver-
trauen auf den unverminderten Bestand des Bewilligungsbescheides nicht
schutzwürdig ist, hat die Behörde keinen Grund, von der Rücknahme des Be-
scheides in Höhe des zweifachen Spendenbetrages abzusehen. Dass die für
die Annahme der Spenden verantwortlichen Personen nicht etwa ohne Ver-
schulden handelten, ist bereits in anderem Zusammenhang ausgeführt worden.
Die erst mit Kenntnis aller für die Rücknahme maßgeblichen Umstände begin-
nende einjährige Rücknahmefrist des § 48 Abs. 4 Satz 1 VwVfG war im Zeit-
punkt des Erlasses des angefochtenen Bescheides vom 26. Januar 2004 ge-
wahrt. Die Beklagte hat erst am 26. März 2003 die Ausfertigung des Urteils des
Landgerichts W. in dem Strafverfahren gegen Dr. K., C. u.a. erhalten. Frühes-
tens zu diesem Zeitpunkt kann eine Kenntnis aller für die Rücknahme maßgeb-
lichen Umstände angenommen werden, wie das Verwaltungsgericht ausgeführt
hat.
War nach dem Gesagten der mittelverwaltenden Stelle keine andere Entschei-
dung als die Rücknahme des Bescheides über die Bewilligung staatlicher Par-
teienfinanzierung in Höhe des Zweifachen des Spendenbetrages möglich, so
steht § 47 Abs. 3 VwVfG der Umdeutung nicht entgegen. Einer Umdeutung
steht auch § 47 Abs. 2 VwVfG nicht entgegen. Die Umdeutung widerspricht
nicht der erkennbaren Absicht der Behörde, und die Rechtsfolgen sind für die
Klägerin nicht ungünstiger als diejenigen des fehlerhaften Verwaltungsaktes.
Dies gilt auch in Ansehung des nach § 49a Abs. 3 Satz 1 VwVfG bei Rücknah-
me eines auf eine Leistungserbringung zielenden Bescheides grundsätzlich
angeordneten Zinsanspruchs. Denn von der Geltendmachung dieses Zinsan-
spruchs kann nach § 49a Abs. 3 Satz 2 VwVfG abgesehen werden und zwar
auch dann, wenn der dort angeführte Fall nicht vorliegt („insbesondere“). Unter
den Umständen des Falles ist das Ermessen der Beklagten dahin gebunden,
dass sie Zinsen nicht erheben darf. Denn der Präsident des Deutschen Bun-
destages hat in der Vergangenheit, wie auf Grund seiner „Unterrichtungen“
(BTDrucks 13/8888 S. 28 und BTDrucks 14/7979 S. 24) allgemein und auch
dem erkennenden Senat bekannt ist und wie es auch seinem Vorgehen in dem
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- 48 -
vorliegenden Verfahren entspricht, in entsprechenden Fällen lediglich einen
Mittelverlust für die jeweiligen Folgejahre angenommen, aber nicht die Be-
scheide über die staatliche Parteienfinanzierung für die Vergangenheit zurück-
genommen. In der Zukunft kann er, wie sich aus den Vorschriften der §§ 31a
und 31c PartG 2002 ergibt, ebenfalls keine zinsbewehrte rückwirkende Aufhe-
bung einer Mittelbewilligung aussprechen. Es war daher geboten, dass die Be-
klagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, Zinsen nicht
zu erheben.
Die nach § 47 Abs. 4, § 28 Abs. 1 VwVfG gebotene Anhörung ist erfolgt.
Dem Eintritt der Rechtsfolge des § 49a Abs. 1 VwVfG, dass nach der Teilrück-
nahme des Bewilligungsbescheides die entsprechenden Leistungen zu erstat-
ten sind, kann die Klägerin nicht den Wegfall der Bereicherung entgegenhalten
(§ 49a Abs. 2 VwVfG). Denn auch in diesem Zusammenhang muss sie sich
gemäß § 49a Abs. 2 Satz 2 VwVfG die Kenntnis der örtlichen SPD von den
Umständen der Spende entgegenhalten lassen.
dd) Auf sich beruhen kann, ob der Verstoß gegen § 25 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3
PartG 1994, den die Klägerin durch ihre Angaben über die dem Unterbezirk W.
im Jahr 1999 zugeflossenen Spenden begangen hat, zugleich ihren Rechen-
schaftsbericht für das Jahr 1999 wesentlich unrichtig gemacht hat. Sollte diese
Annahme zutreffen, wäre abweichend von den vorangegangenen Ausführun-
gen die Rechtsfolge des § 19 Abs. 4 Satz 3 PartG 1994 (Verlust des Finanzie-
rungsanspruchs, soweit er auf den Zuwendungen an die Partei beruht), wenn
nicht sogar diejenige des § 23 Abs. 4 Satz 3 PartG 1994 (Verlust des gesamten
Anspruchs), eingetreten (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 17. Juni 2004 a.a.O.
S. 103 bzw. Rn. 208). § 19 Abs. 4 Satz 3 PartG 1994 und § 23 Abs. 4 Satz 3
PartG 1994 betreffen solche Fehler des Rechenschaftsberichtes, die so
wesentlich sind, dass sie den Rechenschaftsbericht als Ganzes entwerten
(BVerfG, Beschluss vom 17. Juni 2004 a.a.O. S. 94 ff., 102 bzw. Rn. 186 ff.,
206). § 23a PartG 1994 würde im Fall eines wegen rechtswidrig angenomme-
ner Spenden wesentlich unrichtigen Rechenschaftsberichtes von § 19 Abs. 4
Satz 3, § 23 Abs. 4 Satz 3 PartG 1994 „konsumiert“ (BVerfG, Beschluss vom
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17. Juni 2004 a.a.O. S. 103 bzw. Rn. 207; Heinig/Streit, JURA 2000, 393 <399
f.>; Masing, NJW 2001, 2353 <2357>). Ob der Rechenschaftsbericht für das
Jahr 1999 in dem genannten Sinne wesentlich unrichtig ist und nach welchen
Maßstäben dies zu beurteilen ist, braucht jedoch nicht entschieden zu werden.
Denn die Klägerin wird nicht dadurch in ihren Rechten verletzt, dass der Präsi-
dent des Deutschen Bundestages es unterlassen hat, den Bewilligungsbe-
scheid in Höhe des sog. „Zuwendungsanteils“ oder gar in voller Höhe zurück-
zunehmen, was zu weitaus schlimmeren finanziellen Folgen für die Klägerin
geführt hätte als denjenigen, die der angefochtene Bescheid bewirkt hat. Unter
der Voraussetzung einer wesentlichen Unrichtigkeit des Rechenschaftsberich-
tes wäre der Präsident des Deutsches Bundestages wegen des der Klägerin
zugleich zur Last fallenden Verstoßes gegen das Spendenannahmeverbot min-
destens verpflichtet gewesen, den Bewilligungsbescheid in Höhe des Betrages
zurückzunehmen, der den in § 23a Abs. 1 Satz 1 und 2 PartG 1994 bestimmten
Sanktionen entspricht, also in Höhe des dreifachen Spendenbetrages. Die Vor-
aussetzungen für eine Umdeutung des Bescheides wären auch insoweit erfüllt.
Denn die Beklagte hat ausdrücklich erklärt, dass über die Forderungen nach
Maßgabe des angefochtenen Bescheides hinaus gegen die Klägerin Ansprüche
nicht geltend gemacht werden. Dazu war sie auch angesichts der Ungewissheit
hinsichtlich der Bewertung der Wesentlichkeit der Unrichtigkeit des
Rechenschaftsberichtes berechtigt.
b) Das Verwaltungsgericht hat auch die Klage gegen den Komplex „Rückforde-
rung staatlicher Parteienfinanzierung“ mit einem Betrag von 1 380,91 € zu
Recht als unbegründet abgewiesen.
Als Rechtsgrundlagen für die Rückforderung der staatlichen Teilfinanzierung
sind ebenfalls §§ 48, 49a VwVfG heranzuziehen. Die Klägerin hat auch in Höhe
des Betrages von 1 380,91 € eine staatliche Finanzierung erlangt, die ihr nicht
zustand.
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Denn gemäß § 18 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 PartG 1994 setzt die Parteienfinanzie-
rung nach dem Maßstab des Umfangs der eingeworbenen Spenden voraus,
dass es sich um rechtmäßig erlangte Spenden handelt. Fehlt es an dieser Vo-
raussetzung, darf der entsprechende Geldzufluss nicht als Zuwendung im Sin-
ne des § 18 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 PartG 1994 der Berechnung der staatlichen
Mittel zugrunde gelegt werden. Die im Rechenschaftsbericht als Spenden der
Herren N. (200 000 DM) und K. (50 000 DM) ausgewiesenen Beträge sind
rechtswidrig angenommen worden, weil diese Personen entgegen der Angabe
im Rechenschaftsbericht der Klägerin nicht gespendet haben. Der Einwand der
Klägerin, Herr K. müsse als Spender angesehen werden, weil er „letztlich“ die
Spende aufgebracht habe, verkennt die den Senat bindende Feststellung in
dem angefochtenen Urteil, dass die Geldmittel, die von der Klägerin im Jahre
1999 angenommen und verbraucht worden sind, nicht - auch nicht teilweise -
von Herrn K. stammten. Die nachträgliche „Übernahme“ einer bereits geleiste-
ten Spende durch einen Dritten erkennt das Gesetz nicht an; vielmehr geht es
davon aus, dass die Person des Spenders bei der Annahme der Spende „fest-
stellbar“ ist (§ 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PartG 1994). Aus demselben Grund kann
auch nicht dem weiteren Vorbringen der Klägerin gefolgt werden, § 18 Abs. 3
Satz 1 Nr. 3 PartG 1994 stelle nicht auf eine bestimmte natürliche Person ab,
sondern auf irgendeine natürliche Person. Die Vorschrift knüpft an „rechtmäßig
erlangte Spenden“ an. Deren Voraussetzungen bestimmen sich nach § 25
PartG 1994 und dem darin enthaltenen Verbot der Annahme anonymer Spen-
den. Dass Herr N. nicht gespendet hat, bezweifelt die Klägerin selbst nicht. Ein
etwaiges Vertrauen auf die Richtigkeit einer früheren Spendenzusage schützt
das Gesetz nicht. Es ist allein die objektive Rechtmäßigkeit der Spende maß-
geblich.
In Bezug auf die Rückforderung der staatlichen Parteienfinanzierung in Höhe
von 1 380,91 € ist nicht zweifelhaft, dass die für das Durchgreifen des öffentlich-
rechtlichen Erstattungsanspruchs erforderliche Teilrücknahme der Festsetzung
in dem angefochtenen Bescheid enthalten ist. Insoweit wird unter Verwendung
des Verbs „zurücknehmen“ auf die Festsetzung für das Jahr 2000 Bezug
genommen und eine Neuberechnung der Teilfinanzierung vorgenommen.
Daraus folgt bei verständiger Würdigung, dass an der früheren Festsetzung
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nicht festgehalten werden soll. Einer Umdeutung bedarf es daher insoweit nicht.
Die Klägerin kann sich auch hinsichtlich des Betrages von 1 380,91 € nicht auf
Vertrauensschutz gemäß § 48 Abs. 2 Satz 1 und 2 VwVfG berufen. Dies hat
das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt. Die Einwände der Klägerin hier-
gegen greifen nicht durch. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 Satz 3 VwVfG
liegen vor, denn die Angabe, Herr N. und Herr K. seien Spender gewesen, war
unrichtig. Auf Weiteres kommt es nicht an. Ebenfalls zutreffend hat das
Verwaltungsgericht angenommen, dass dem Präsidenten des Deutschen
Bundestages nicht die Möglichkeit verblieb, von der teilweisen Rücknahme des
begünstigenden Verwaltungsaktes abzusehen. Denn er durfte es nicht
hinnehmen, dass sich die rechtswidrig angenommenen und daher an das
Präsidium des Deutschen Bundestages abzuführenden Spenden in Gestalt
höherer Finanzierungsmittel für die Partei auswirkten. Das folgt aus dem bereits
vom Verwaltungsgericht zu Recht herangezogenen Grundsatz der Chancen-
gleichheit der Parteien und darüber hinaus aus folgender Überlegung: Wie zum
Komplex „Spendensanktion“ dargelegt, hatte der Präsident des Deutschen
Bundestages das Recht und die Pflicht, den im Gesetz bei rechtswidriger
Spendenannahme als weitere Sanktion neben der Abführungspflicht vorgese-
henen Anspruchsverlust in Höhe des zweifachen Spendenbetrages durch teil-
weise Rücknahme des Bewilligungsbescheides geltend zu machen. Unter die-
sen Umständen war es ebenso folgerichtig wie zwingend, dass er zugleich auch
die mit der rechtswidrigen Spendenannahme verbundenen ungerechtfertigten
Vorteile bei der Ermittlung des allgemeinen Finanzierungsanspruchs rückgängig
machte. Auf die vergleichsweise geringe Höhe des in Rede stehenden Betrages
kommt es demnach nicht an.
4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.
Dr. Bardenhewer Dr. Hahn Dr. Graulich
Vormeier Dr. Bier
115
- 52 -
B e s c h l u s s
Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 768 318,73 € festgesetzt.
Dr. Bardenhewer Dr. Hahn Dr. Graulich
Sachgebiet:
BVerwGE:
ja
Recht der politischen Parteien
Fachpresse:
ja
Rechtsquellen:
GG
Art. 21 Abs. 1 Satz 3 und 4
PartG 1994 § 18 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 19 Abs. 4 Satz 3,
§ 23 Abs. 4 Satz 3, § 23a Abs. 1 und 2, § 25 Abs. 1 Satz 1,
Satz 2 Nr. 5
PartG 2002 §§ 31a, 31c
VwVfG
§§ 47, 48, 49a
Stichworte:
Anonyme Spende, Leistungsbescheid, Partei, Parteienfinanzierung, politische
Partei, Rückforderung, Rücknahme eines Leistungsbescheides, Spende, Spen-
densanktion, staatliche Mittel, Teilfinanzierung, Transparenzgebot, Umdeutung,
Verlust des Anspruchs auf staatliche Mittel, „W. Spendenaffäre“.
Leitsatz:
Staatliche Reaktionen auf Spendenfälle, die vor Inkrafttreten des Achten Ge-
setzes zur Änderung des Parteiengesetzes abgeschlossen waren, sind auf das
Parteiengesetz in den vorangegangenen Fassungen zu stützen.
Die Annahme einer Spende setzt den Willen voraus, die Spende als Zuwen-
dung für Parteizwecke entgegenzunehmen.
Für die nach § 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 PartG 1994 erforderliche Feststellung der
Person des Spenders kommt es auf die Kenntnis der zur Entgegennahme,
Verwaltung und Verwendung der Spende berechtigten Personen im Zeitpunkt
der Annahme der Spende an; dies gilt nicht nur hinsichtlich der für eine Partei
auf Bundesebene tätigen Personen, sondern auch hinsichtlich der für die nach-
folgende Parteigliederung tätigen Funktionsträger.
Die Rückforderung zur Parteienfinanzierung gewährter Mittel setzt nach dem
Parteiengesetz in der Fassung von 1994 die Rücknahme der Mittelfestsetzung
voraus; das gilt auch im Falle eines Anspruchsverlusts nach § 23a Abs. 1
Satz 1 PartG 1994.
Unter den Voraussetzungen des § 47 VwVfG sind auch die Verwaltungsgerich-
te im Gerichtsverfahren ermächtigt, fehlerhafte Verwaltungsakte umzudeuten;
dies gilt auch im Revisionsverfahren, sofern die das Revisionsgericht bindenden
tatrichterlichen Feststellungen (vgl. § 137 Abs. 2 VwGO) ausreichen, den
Beteiligten hierzu rechtliches Gehör gewährt worden ist und sie in ihrer Rechts-
verteidigung hierdurch nicht beeinträchtigt sind (wie BVerwGE 110, 111 <114>).
Urteil des 6. Senats vom 26. Juli 2006 - BVerwG 6 C 20.05
I. VG Berlin vom 20.09.2005 - Az.: VG 2 A 84.04 -