Urteil des BVerwG vom 06.01.2012

Stiftung, Bestimmtheit, Rechtsstaatsprinzip, Nichtigkeit

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 6 BN 3.11
VGH 9 S 1387/11
In der Normenkontrollsache
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hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 6. Januar 2012
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht Neumann und
die Richter am Bundesverwaltungsgericht Dr. Möller und Hahn
beschlossen:
Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts-
hofs Baden-Württemberg vom 28. September 2011 wird
zurückgewiesen.
Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdever-
fahrens zu je 1/2.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwer-
deverfahren auf 10 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
1. Die auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssa-
che nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
Grundsätzlich bedeutsam im Sinne dieser Vorschrift ist eine Rechtssache,
wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fall-
übergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revi-
siblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu er-
warten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Wei-
terentwicklung des Rechts geboten ist. Den Darlegungen der Beschwerde lässt
sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt
sind.
Die Antragsteller halten im Hinblick auf das Urteil, mit dem der Verwaltungsge-
richtshof ihren gegen § 24 Satz 2 und 3 der Verordnung des baden-württem-
bergischen Wissenschaftsministeriums über die zentrale Vergabe von Studien-
plätzen durch die Stiftung für Hochschulzulassung (Vergabeverordnung - Ver-
gabeVO - Stiftung BW) vom 23. April 2006 (GBl S. 114) in der Fassung der Än-
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derungsverordnung vom 29. Juni 2009 (GBl S. 309) gerichteten Normenkon-
trollantrag abgewiesen hat, folgende Fragen für grundsätzlich klärungsbedürftig
(S. 19 der Beschwerdebegründung vom 8. Dezember 2011):
„Genügen § 24 Satz 2 und 3 VergabeVO-Stiftung-Baden-Württemberg den An-
forderungen an die verfassungsrechtlichen Anforderungen an Bestimmtheit und
Klarheit einer Norm?
Umfasst die Nichtigkeit (nur) des § 24 Satz 3 VergabeVO-Stiftung-Baden-
Württemberg auch die Regelung der Notwendigkeit einer Bewerbung im Aus-
wahlverfahren der Hochschulen bei der Stiftung für Hochschulzulassung in § 24
Satz 2 VergabeVO-Stiftung-Baden-Württemberg?“
a) In Bezug auf die in der ersten Frage benannten bundesverfassungsrechtli-
chen Anforderungen an die Bestimmtheit und Klarheit einer Norm und deren
Bedeutung als Maßstab für die Gültigkeit der angegriffenen landesrechtlichen
Vorschriften in § 24 Satz 2 und 3 VergabeVO Stiftung BW zeigt die Beschwerde
keinen grundsätzlichen Klärungsbedarf auf.
Der beschließende Senat hat erst kürzlich mit Urteil vom 23. März 2011
- BVerwG 6 CN 3.10 - (NVwZ 2011, 1135) nach umfangreicher Prüfung in ei-
nem Normenkontrollverfahren festgestellt, dass die genannten Regelungen für
die Vergabe von Studienplätzen außerhalb der festgesetzten Kapazität in ihrer
- durch das angefochtene Urteil bestätigten - Auslegung durch den Verwal-
tungsgerichtshof nicht gegen Bundesrecht verstoßen. Er hat unter anderem
ausgeführt (a.a.O. S. 1138), die Normen unterlägen weder unter den von dem
seinerzeitigen Antragsteller formulierten Gesichtspunkten noch in sonstiger
Hinsicht Bedenken im Hinblick auf das in dem bundesverfassungsrechtlichen
Rechtsstaatsprinzip wurzelnde Gebot der hinreichenden gesetzlichen Be-
stimmtheit. Den gleichfalls aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Grund-
satz der Normenklarheit habe der Landesverordnungsgeber ebenfalls nicht ver-
letzt.
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Neue Gesichtspunkte, die die aufgeworfene Rechtsfrage trotz der aktuellen re-
visionsgerichtlichen Entscheidung als klärungsbedürftig geblieben oder wieder
klarungsbedürftig geworden erscheinen lassen, enthält die Beschwerdebegrün-
dung nicht. Solche Gesichtspunkte ergeben sich insbesondere nicht aus den
Darlegungen der Antragsteller zu Fragen der Auslegung von Studienplatzver-
gaberegeln in anderen Ländern.
b) Die zweite von den Antragstellern aufgeworfene Frage lässt den für die An-
nahme einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache erforderlichen Bezug
zum revisiblen Bundesrecht bereits im Ansatz nicht erkennen. Sie bezieht sich
ohne jegliche bundesrechtliche Anknüpfung auf das Verhältnis zwischen dem
zweiten und dem dritten Satz der landesrechtlichen Vorschrift des § 24
VergabeVO Stiftung BW. Im Übrigen ergibt sich vor dem Hintergrund des ge-
nannten Urteils des beschließenden Senats vom 23. März 2011 kein Anhalts-
punkt für die in der Frage unterstellte Nichtigkeit eines Teils der Regelung.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 159 Satz 1 VwGO
i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 47
Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Neumann
Dr. Möller
Hahn
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