Urteil des BVerwG vom 28.01.2005

Sorgfalt, Waffenrecht, Rüge, Patrone

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 6 B 77.04
VGH 21 B 03.2631
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 28. Januar 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. H a h n und V o r m e i e r
beschlossen:
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts-
hofs vom 21. Juli 2004 wird verworfen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache
(§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) gestützte
Beschwerde ist unzulässig, weil sie nicht den Begründungsanforderungen von § 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt.
1. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache ist nicht ausreichend dargelegt.
Eine grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für
die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts
aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsge-
richtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO
setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten
und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts
und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall
hinausgehende Bedeutung bestehen soll (vgl. Beschluss vom 19. August 1997
- BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Dem trägt
die Beschwerdebegründung nicht ausreichend Rechnung. Der Kläger hält es für eine
Frage von grundsätzlicher Bedeutung, "dass bei Einstellung strafrechtlicher Ermitt-
lungs- oder Gerichtsverfahren seitens der zuständigen Behörde und der Verwal-
tungsgerichtsbarkeit Vermutungen und Einschätzungen nicht ausreichend sind, son-
dern objektivierbare Ereignisse festgestellt werden müssen, welche den Betreffenden
auch zuzurechnen sind". Diese Frage würde sich in einem Revisionsverfahren schon
deshalb nicht stellen, weil der Verwaltungsgerichtshof in dem angefochtenen Urteil
nicht etwa Vermutungen und Einschätzungen für die Annahme hat ausreichen
lassen, dem Kläger fehle die waffenrechtliche Zuverlässigkeit. Ausweislich der Ur-
teilsgründe hat er sich vielmehr auf objektive Tatsachen gestützt. So wird in dem Ur-
teil auf Seite 10, 4. Absatz, ausgeführt, Zweifel an der waffenrechtlichen Zuverläs-
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sigkeit des Klägers seien schon deshalb gerechtfertigt, weil anlässlich der Durchsu-
chung seines Zimmers mehrere Patronen unverschlossen aufgefunden worden sei-
en. Zweifel an der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit seien darüber hinaus auch des-
halb gerechtfertigt, weil nach der Einlassung des Klägers in dem polizeilichen Ermitt-
lungsverfahren dieser mindestens eine funktionsfähige Patrone an seinen Bruder
herausgegeben habe (UA S. 11, 2. Absatz). Da das Berufungsgericht die aufgezeig-
ten objektiven Umstände als Grundlage für die Annahme herangezogen hat, der
Kläger werde auch künftig nicht mit der erforderlichen Sorgfalt mit Gegenständen
umgehen, die dem Waffenrecht unterfielen, würde sich in einem Revisionsverfahren
nicht die Frage stellen, ob für die Beantwortung der Frage der waffenrechtlichen Zu-
verlässigkeit Vermutungen oder Einschätzungen ausreichen.
2. Die Voraussetzungen des Zulassungsgrundes einer Divergenz sind ebenfalls nicht
ausreichend dargelegt.
Eine die Revision gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO eröffnende Divergenz ist nur
dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die
Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden
abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtspre-
chung eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte aufgestellten
ebensolchen, die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben
Rechtsvorschrift widersprochen hat. Das Aufzeigen einer fehlerhaften oder unter-
bliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht in sei-
ner Rechtsprechung aufgestellt hat, genügt nicht den Zulässigkeitsanforderungen
(vgl. Beschluss vom 19. August 1997, a.a.O. S. 14). Daran gemessen ist die Rüge
nicht ausreichend begründet. Es fehlt bereits an der Darlegung eines die angefoch-
tene Entscheidung tragenden und angeblich divergierenden abstrakten Rechtssat-
zes. Davon abgesehen erschließt sich auch nicht ansatzweise, warum das Beru-
fungsgericht von den von dem Kläger zitierten Entscheidungen des Bundesverwal-
tungsgerichts (Urteil vom 26. März 1996 - BVerwG 1 C 12.95 - BVerwGE 101, 24;
Beschluss vom 5. März 1986 - BVerwG 1 B 36.86 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 44;
Beschluss vom 2. Oktober 1981 - BVerwG 1 B 684.80 - Buchholz 402.5 WaffG
Nr. 30) abgewichen sein könnte.
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3. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung
des Wertes des Streitgegenstandes auf § 52 Abs. 1 GKG.
Bardenhewer Hahn Vormeier