Urteil des BVerwG vom 14.11.2002

Anhörung, Verfahrensmangel, Anerkennung, Einheit

B
U
N
D
E
S
V
E
R
W
A
L
T
U
N
G
S
G
E
R
I
C
H
T
BESCHLUSS
BVerwG 6 B 73.02
OVG 7 A 10501/01.OVG
In der Verwaltungsstreitsache
- 2 -
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 14. November 2002
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundes-
verwaltungsgericht Dr. H a h n und Dr. G r a u l i c h
beschlossen:
Die Beschwerde der Kläger gegen die Nichtzulas-
sung der Revision in dem Beschluss des Oberver-
waltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 29. Juli
2002 wird zurückgewiesen.
Die Kläger tragen je die Hälfte der Kosten des
Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außerge-
richtlichen Kosten des Beigeladenen.
Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren
auf 8 000 € festgesetzt.
G r ü n d e:
Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen wer-
den, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
die Berufungsentscheidung von einer Entscheidung des Bundes-
verwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Ge-
richtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab-
weicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrens-
mangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Beru-
fungsentscheidung beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulas-
sung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muss in der
Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung dargelegt
oder die Entscheidung, von der die Berufungsentscheidung ab-
weicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133
Abs. 3 Satz 3 VwGO). Die Prüfung des beschließenden Senats ist
demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe im
Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt.
- 3 -
Die Beschwerde wird allein auf den Revisionszulassungsgrund
der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2
Nr. 1 VwGO) gestützt. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer
Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentschei-
dung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im
Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisi-
onsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des
§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer kon-
kreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheb-
lich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre An-
erkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die
Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revi-
sionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgericht-
lich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen
kann. Die Beschwerde der Kläger führt indes auf keine fall-
übergreifende Problematik.
Die Kläger sind die ehelichen Kinder aus der Ehe ihrer gesetz-
lichen Vertreterin und des Beigeladenen. Sie begehren die Än-
derung ihres Familiennamens in den von ihrer gesetzlichen
Vertreterin wieder angenommenen früheren Namen. Klage und Be-
rufung sind erfolglos geblieben. Das Oberverwaltungsgericht
hat die Berufung unter Hinweis auf das Urteil des Senats vom
20. Februar 2002 - BVerwG 6 C 18.01 - (Buchholz 402.10 § 3 NÄG
Nr. 77 = NJW 2002, 2406) zurückgewiesen. Die Kläger machen
geltend, das Berufungsgericht habe ihre Einlassungen nicht in
dem durch das vorgenannte Urteil geforderten Umfang einer
rechtlichen Würdigung unterzogen und verweisen auf die Umstän-
de ihres Falles, ohne eine in einem Revisionsverfahren zu klä-
rende Rechtsfrage zu formulieren. Damit kann die grundsätzli-
che Bedeutung der Sache nicht dargelegt werden. Die Beschwerde
zeigt auch nicht auf, dass ein Revisionsverfahren zur weiteren
Verfeinerung der in dem angeführten Urteil grundsätzlich ent-
schiedenen Rechtsfrage führen kann. Sie verweist selbst auf
die Vielzahl der "besonderen Konstellationen von Namensände-
- 4 -
rungsfällen". Diese müssen, soweit es wie hier um sog. Schei-
dungshalbwaisenfälle geht, jeweils durch die Tatsachengerichte
gewürdigt werden, lassen sich aber nicht fallübergreifend wür-
digen.
Sollten die Kläger mit dem Hinweis darauf, dass kein Sachver-
ständigengutachten eingeholt und sie nicht angehört worden
seien, einen Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3
VwGO geltend machen wollen, so läge dieser nicht vor. Die Klä-
ger haben nach dem Hinweis des Berufungsgerichts, vor dem Hin-
tergrund des angeführten Urteils des Senats die Berufung als
unbegründet zurückweisen zu wollen, schriftsätzlich Beweis
durch Sachverständigengutachten dazu beantragt, dass "die
zwangsweise Beibehaltung des Namens ... für die Kläger schwer-
wiegende Nachteile" bringe. Dazu haben sie im Kern ausgeführt,
sie führten den Namen ihrer Mutter bereits seit drei Jahren
und wünschten innigst die Namensänderung. Außerdem haben sie
ihre Anhörung angeregt, damit sich das Gericht "ein Bild von
der Ernsthaftigkeit des Namensänderungsbegehrens" machen kön-
ne. Dieses Vorbringen musste das Berufungsgericht nicht zu
weiterer Sachaufklärung veranlassen. Das Verwaltungsgericht,
auf dessen Urteil das Oberverwaltungsgericht verweist, hatte
nach Anhörung der Kläger die Klage abgewiesen, weil es sich
nicht davon überzeugt hatte, dass eine Namensänderung zum Wohl
der Kläger erforderlich sei. Dabei hat es alle von den Klägern
vorgetragenen Umstände gewürdigt. Unter diesen Umständen ge-
nügte die Behauptung schwerwiegender Nachteile durch die Bei-
behaltung des bisherigen Namens nicht, um eine Beweiserhebung
durch Sachverständigengutachten zu veranlassen. Vielmehr hät-
ten die behaupteten schwerwiegenden Nachteile unter Auseinan-
dersetzung mit den Gründen des erstinstanzlichen Urteils genau
bezeichnet werden müssen, zumal das Verwaltungsgericht bereits
darauf hingewiesen hatte, dass derartige Nachteile dem Vortrag
der Kläger nicht hätten entnommen werden können. Der Hinweis
auf die unberechtigte Führung des Namens der Mutter genügte
- 5 -
dazu nicht. Aus einem derartigen Rechtsverstoß können grund-
sätzlich keine schwerwiegenden Nachteile abgeleitet werden.
Der Wunsch der Kläger allein kann eine Namensänderung nicht
rechtfertigen, wie ohne weiteres aus der gesetzlichen Regelung
der Voraussetzungen einer Namensänderung folgt, die einen sol-
chen Wunsch nicht genügen lassen. Eine nach dem Beschwerdevor-
bringen diesen Wunsch verdeutlichende Anhörung brauchte das
Berufungsgericht danach ebenfalls nicht vorzunehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159, § 162
Abs. 3 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Festsetzung des Wertes des
Streitgegenstandes beruht auf § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG, § 5 ZPO.
Bardenhewer Hahn Graulich