Urteil des BVerwG vom 05.01.2005

Einheit, Besitz, Sicherheit, Erwerb

BUNDESVERWALTUNGSGERICHT
BESCHLUSS
BVerwG 6 B 67.04
OVG A 2 S 343/96
In der Verwaltungsstreitsache
hat der 6. Senat des Bundesverwaltungsgerichts
am 5. Januar 2005
durch den Vorsitzenden Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. B a r d e n h e w e r und die Richter am Bundesverwaltungsgericht
Dr. H a h n und V o r m e i e r
beschlossen:
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Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der
Revision in dem Urteil des Oberverwaltungsgerichts des Lan-
des Sachsen-Anhalt vom 13. Mai 2004 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdever-
fahren auf 5 000 € festgesetzt.
G r ü n d e :
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Es kann dahinstehen, ob sie wegen Versäumens
der Einlegungsfrist (§ 133 Abs. 2 Satz 1 VwGO) unzulässig ist, oder ob dem Kläger
insoweit Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren ist. Die allein auf den
Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2
Nr. 1 VwGO) gestützte Beschwerde hat jedenfalls deshalb keinen Erfolg, weil ihrer
Begründung ein entsprechender Zulassungsgrund nicht zu entnehmen ist.
Eine grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für
die erstrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts
aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsge-
richtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO
setzt insoweit die Formulierung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten
und für die Revisionsentscheidung erheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts
und außerdem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall
hinausgehende Bedeutung bestehen soll (vgl. Beschluss vom 19. August 1997
- BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Nach der
Zielsetzung des Revisionszulassungsrechts ist Voraussetzung für die Zulassung der
Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung, dass der im Rechtsstreit vorhandene
Problemgehalt aus Gründen der Einheit des Rechts einschließlich gebotener Rechts-
fortentwicklung eine Klärung gerade durch eine höchstrichterliche Entscheidung ver-
langt. Dies ist nach der Rechtsprechung aller Senate des Bundesverwaltungsgerichts
dann nicht der Fall, wenn sich die aufgeworfene Rechtsfrage unter anderem mit Hilfe
der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation und auf dieser Grundlage
ohne weiteres beantworten lässt (stRspr, vgl. z.B. Beschluss vom 11. Oktober 2000
- BVerwG 6 B 47.00 - Buchholz 448.6 § 5 KDVG Nr. 10 S. 6 f. m.w.N.). So liegt es
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hier. Der Kläger hält es für eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung, ob "ein
Bedürfnis i.S. des § 28 WaffG am Erwerb und Besitz eines Mindestbestandes von
Waffen begründet (ist) aus dem berücksichtigenswerten wirtschaftlichen Interesse
eines Bewachungsunternehmers, seinen Gewerbebetrieb ohne empfindliche Be-
nachteiligung gegenüber den etablierten, mit Waffen ausgestatteten Bewachungsun-
ternehmen ausüben zu können". Damit ist eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung
deshalb nicht ausreichend dargelegt, weil sich die Antwort auf die aufgeworfene
Frage ohne weiteres aus dem Gesetz ergibt.
Nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 des Waffengesetzes vom 11. Oktober 2002 (BGBl I S. 3970)
- WaffG 2002 - setzt die Erteilung einer waffenrechtlichen Erlaubnis unter anderem
voraus, dass ein Bedürfnis im Sinne von § 8 WaffG 2002 nachgewiesen ist. § 8
Abs. 1 Nr. 1 WaffG 2002 verlangt für den Nachweis eines Bedürfnisses, dass ge-
genüber den Belangen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung besonders anzuer-
kennende persönliche oder wirtschaftliche Interessen, vor allem unter anderem als
Bewachungsunternehmer, glaubhaft gemacht sind. Es ist nicht zweifelhaft, dass auch
besonders anzuerkennende wirtschaftliche Interessen ein waffenrechtliches
Bedürfnis begründen können, wie das Oberverwaltungsgericht insbesondere unter
Hinweis auf die Hervorhebung solcher Interessen in § 8 Abs. 1 Nr. 1 WaffG 2002 zu
Recht dargelegt hat. § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002 trägt den wirtschaftlichen Inte-
ressen eines Bewachungsunternehmers, seinen Betrieb mit Waffen auszustatten,
dadurch Rechnung, dass bei Vorliegen der Voraussetzungen der Bestimmung der
Nachweis eines Bedürfnisses erbracht ist. Gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002
wird bei einem Bewachungsunternehmer (§ 34 a der Gewerbeordnung) ein Bedürfnis
zum Erwerb, Besitz und Führen von Schusswaffen anerkannt, wenn er glaubhaft
macht, dass Bewachungsaufträge wahrgenommen werden oder werden sollen, die
aus Gründen der Sicherheit einer gefährdeten Person im Sinne des § 19 oder eines
gefährdeten Objektes Schusswaffen erfordern. Während § 8 WaffG 2002 die
Grundnorm für das waffenrechtliche Bedürfnisprinzip darstellt, handelt es sich bei
§ 28 WaffG 2002 um eine Konkretisierung des Bedürfnisses unter anderem mit Blick
auf Bewachungsunternehmen (vgl. Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur
Neuregelung des Waffenrechts, BTDrucks 14/7758 S. 57). Nach dem eindeutigen
Wortlaut von § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002 ist für eine von den Tatbestandsmerk-
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malen unabhängige Berücksichtigung der wirtschaftlichen Interessen des Bewa-
chungsunternehmers, seinen Betrieb mit Waffen auszustatten, kein Raum.
Eine Klärungsbedürftigkeit ist auch insoweit nicht dargelegt, als in der aufgeworfenen
Frage der Gesichtspunkt einer Benachteiligung des Klägers gegenüber anderen Be-
wachungsunternehmen, denen waffenrechtliche Erlaubnisse erteilt sind, angespro-
chen wird. Es versteht sich von selbst und bedarf keiner Klärung in einem Revisions-
verfahren, dass die Auslegung und Anwendung des § 28 WaffG 2002 dem allgemei-
nen Gleichheitssatz von Art. 3 Abs. 1 GG standhalten müssen, so dass eine unter-
schiedliche Behandlung von Bewachungsunternehmen bei der Erteilung von waffen-
rechtlichen Erlaubnissen nur dann gerechtfertigt ist, wenn hinreichende Unterschiede
die Differenzierung legitimieren.
Eine die Revisionszulassung nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO rechtfertigende Frage
von grundsätzlicher Bedeutung ist auch dann nicht ausreichend dargelegt, wenn mit
Blick auf die Erwägung des Klägers auf S. 3, erster Absatz, seiner Beschwerdebe-
gründung davon ausgegangen wird, dass er geklärt wissen möchte, ob es für den
Nachweis eines Bedürfnisses im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002 ausreicht,
dass der Bewachungsunternehmer anstrebt, Bewachungsverträge abzuschließen,
die Schusswaffen erfordern, oder ob bereits entsprechende Verträge oder
Vorverträge geschlossen oder zumindest entsprechende schriftliche Anfragen vorlie-
gen müssen. Diese Frage bezieht sich auf eine Erwägung in dem angegriffenen Ur-
teil, die für die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts nicht tragend war. Das
Oberverwaltungsgericht hat den Nachweis eines Bedürfnisses im Sinne von § 28
Abs. 1 Satz 1 WaffG 2002 nicht als geführt angesehen, weil die Personen, für die der
Kläger Personenschutzaufträge hatte bzw. für die er behauptet hat, dass solche
Aufträge in Aussicht standen, keiner besonderen Gefährdungslage ausgesetzt ge-
wesen seien. Diese Erwägung trägt das angefochtene Urteil selbstständig. Soweit
das Oberverwaltungsgericht hinsichtlich der Personenschutzaufträge, die nach dem
Vorbringen des Klägers in Aussicht gestellt worden seien, auch darauf abgestellt hat,
dass es an der Glaubhaftmachung von Tatsachen fehlt, die für eine Auftragserteilung
sprechen (Vorverträge oder schriftliche Anfragen), handelt es sich um eine zu-
sätzliche Begründung, die hinweggedacht werden kann, ohne das Ergebnis des an-
gefochtenen Urteils zu beeinflussen. Im Falle einer mehrfachen, die Entscheidung
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jeweils selbstständig tragenden Begründung des angefochtenen Urteils bedarf es zur
Zulässigkeit der Beschwerde in Bezug auf jede dieser Begründungen eines geltend
gemachten und vorliegenden Zulassungsgrundes (vgl. Beschluss vom 19. August
1997, a.a.O., S. 15 m.w.N.). Daran fehlt es im vorliegenden Zusammenhang.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Festsetzung
des Wertes des Streitgegenstandes auf § 52 Abs. 1 GKG.
Bardenhewer Hahn Vormeier